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Das Problem

Dez 5, 2021

Warum querdenken?

Kurz gejammert, schnell geheilt,

könnte das Motto dieser kleinen Erfahrung

sein, die ich hier erzähle. Was ist eigentlich

Freiheit heute, wo immerfort von Solidarität

mit den anderen gesprochen wird? Die

individuelle Entscheidung und Tragweite

müsse jeder der Pandemie hintenanstellen,

verantworten. Das wird verlangt. Wir sollen

einheitlich, vernünftig und exakt geradeaus

denken! Endlich begriffen? Ich vermisse

diese Stimme (in der Politik), die uns sagt:

„Einen Teil der Gesellschaft nehmen wir mit.“

Und zwar breit definiert. Wir nehmen Alte

mit und schützen diese so gut wie möglich.

Wir arbeiten für sie. Das versteht sich von

selbst. Wir ermuntern die Menschen zur

Impfung. Je höher die Quote, desto besser.

Es fehlt eine deutliche, allgemein verständliche

Mahnung, die uns daran erinnert, der

Impfung Unwillige (auch) zu akzeptieren.

„Die nehmen wir mit, wie die Alten“, das

höre ich nicht mehr. Es gilt die Schwachen

zu schützen, aber es ist nötig, die Vielfalt

der Befindlichkeiten ernst zu nehmen. Die

Ansage, jeder könne sich impfen lassen,

dann wäre es gut für alle, beinhaltet Probleme

glattzubügeln. Da wundert man sich

über Gewalt, ich wundere mich nicht. Eine

fehlerfreie Masse könnte geschlossen voran

machen, aber nur in der Theorie.

Keiner geht hundertprozentig sicher und

geradeaus seinen Weg. Genauso ein Land als

Ganzes. Als ließe sich Dummheit verbieten,

könne Egoismus abgeschafft werden,

argumentieren viele, wie sehr sie verstanden

hätten, was wir bräuchten? Gut möglich –

aber selbst, wenn das alles richtig ist: Wir

sehen überall diese Tendenz,

Unbelehrbare auf Linie zu

bringen. Das ist falsch. Die

Zuweisung, hier erwachsene

Menschen wie uneinsichtige

Schüler vor sich zu haben

und die Vorstellung, fehlende

Intelligenz herbei prügeln zu

können, als drohe der Lehrer

mit dem Rohrstock, übertrifft

diese primitive Schule noch.

Anderen die kluge Einsicht

in das Nötige abzusprechen, ist mindestens

dumm, wenn nicht überhebliche, verbale

Gewalt. So wird fleißig Wind auf die Äcker

verstörter Gehirnrinden ausgesät, der

schließlich zum Sturm anwachsen kann.

Man scheint unisono darin übereinzustimmen,

dass, wer gewalttätig handelt ein

Problem habe und sich zu ändern. Das ist

aus verhaltenstheoretischer Sicht falsch.

Die Welt ist nicht gewaltfrei und wird es nie

sein. Das Anprangern und Denunzieren vermeintlich

falsch Handelnder hat Hochkonjunktur.

Verklemmte, angepasste Mitläufer

entwickeln einen stumpfen Block gegen

diejenigen, die spürbar Erfahrungen

machen und die eigentlich Kreativen

der Gesellschaft sind.

Zorn entspringt Angst. Das staatliche

Monopol auf die Gewalt in Stellung

zu bringen, heißt einen Bürgerkrieg

begreifen und niederschlagen zu

wollen. „Er könne keine Spaltung

der Gesellschaft in der Frage der

Impfung erkennen“, meint der designierte

Kanzler Scholz, sondern eine

Mehrheitsempfindung. Wer mit einer

Axt umgehen kann und schon einmal

Anmachholz auf dem Haublock

zerkleinerte oder jemandem dabei

zuschaute, weiß, dass

eine Spaltung nie

exakt in der Mitte

verläuft. Eine Hälfte,

Drittel oder Viertel

sind brauchbare Teile

zum Feuer anmachen

und selbst ein

schmaler Span, den

der Geschickte mit

dem Beil abteilt, kann

einen Nutzen bringen,

um eine kleine

Flamme zum Leben

zu erwecken. Ein

Arzt amputiert den

kranken Fuß, wirft

diesen weg. Bedeutet

unsere aufgewühlte

Gesellschaft und eine

durch die Pandemie

verstörte Haltung,

dass Unbelehrbare

als latent gewalttätig

(und deswegen

dumm) abgespalten

werden können? Sind

diese wie der nicht

zu rettende Fuß oder

wird es Splitter schaffen,

der die Flammen ihrer Wut anfacht; das

wird sich zeigen. An die Idee von Integration

im Sinne von innerer Reparatur glauben nur

wenige. Es stünde der sozialen Partei gut zu

Gesicht. Blasierte Überheblichkeit ist nicht

die ruhige Hand sicherer Führung, auch

wenn es einigen so vorkommt, sondern die

Maske des geübten Scholzomaten.

Existenz bedeutet, ein Mensch muss für

vieles aktiv werden. Manches erledigt sich

jedoch auf eine Weise, die wir nicht so genau

verstehen; ist doch überlebenswichtig.

Das Herz schlägt, wir atmen und das passiert

auch unordentlichen, arbeitslosen und

schlecht organisierten Zeitgenossen. Eine

zu erbringende Leistung wird zum Leben

selbst nicht benötigt. Wir müssen Nahrung

heranschaffen, natürlich. Einen sicheren

Wohnort finden, bezahlen. Körperpflege ist

eine Willensentscheidung, aber die Wundheilung

geschieht automatisch, warum ist

das so? Banale Dinge, von denen jeder weiß:

Normalerweise denken wir nicht darüber

nach. Es sind die kleinen Überraschungen

des Lebens, welche einen Denkanstoß

bedeuten können.

Viele haben von Entropie gehört, in der

Schule vielleicht oder zur Studentenzeit,

während wir jung und in der Ausbildung

gewesen sind, zusammen saßen, philosophierten.

Da gab es jemanden, der erklärte,

alles würde von selbst unordentlich, und

das sei Entropie; die verlorene Socke. Ganz

so einfach scheint die Sache nicht zu sein.

Nur mit fremder, dem System hinzugefügter

Energie, ist es möglich gegenzusteuern.

Umgangssprachlich wäre es das Aufräumen

des Zimmers durch eine neue Kraft. Wer

räumt den Menschen auf? Das System führt

sich Nahrung zu, atmet. Kleinere Verletzungen

und ein leichter Schnupfen bedürfen

kaum unserer Aufmerksamkeit, um nach

überschaubarer Zeit zu verschwinden. Um

anderes, nicht nur die Ordnung in der Wohnung,

muss sich jeder kümmern. Die Tür wird

abends sicher verschlossen. Manche setzen

einen Helm auf, tragen die gelbe Weste,

bevor sie mit dem Fahrrad zu fahren wagen;

man lässt sich gegen das Virus impfen und

tut viel, damit die Inflation

das angesparte Geld

verschont. Wir schließen

Versicherungen ab und

hoffen auf spätere Rente,

medizinische Versorgung

und ein langes, gesundes

Leben. Wir haben nicht

die Wahl, auf das Essen

oder Atmen verzichten zu

können, aber inwieweit

wir angemessen gekleidet

sind und darauf achten, geschickt

die Füße zu setzen,

dürfte interessieren. Und

was passiert, wem egal ist,

wie’s ihm geschieht?

# Eine kleine Geschichte

Beim Einkaufen wird mir

klar, als ich diese Frau in

der goldenen Jacke, den

kurzen Haaren wiedersehe,

dass ich mich täuschte. Ich

spreche die Unbekannte im

Supermarkt einfach an: „Sie

sind nicht Frau K.“, stelle ich

fest. Wir waren draußen parallel

der Straße unterwegs

Dez 5, 2021 - Das Problem 144 [Seite 144 bis 146 ]

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