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Merkur

Okt 29, 2021

Merkur ist der sonnennächste Planet: Es

ist dort sehr heiß. Der Planet ist klein, ein

wenig wie unser Mond mit Kratern übersät.

Es gibt keine Atmosphäre. Niemand könnte

in dieser lebensfeindlichen Umgebung

existieren. Würden wir dennoch auf eine

besondere Weise geschützt auf dem Planeten

wohnen und könnten die Sonne an

seinem Himmel anschauen, wäre diese etwa

zweieinhalbmal größer, als bei uns zu sehen.

Während einige Planeten gut am Nachthimmel

gefunden werden können, bemerkt man

den Merkur nicht so leicht. Mars, Jupiter und

Saturn, die weit entfernt ihrer Bahn folgen

und, innerhalb der Erde zur Sonne, die Venus

als Abend- oder Morgenstern, können gut

beobachtet werden. Noch weiter draußen

als der Ringplanet Saturn gehören Uranus,

Neptun und Pluto zu uns. Sie sind nur mit

Teleskopen zu sehen. Merkur in Sonnennähe

ist klein, aber vergleichsweise nah dran.

Beim Merkur ist weniger das Problem, kein

Fernglas zur Hand zu haben, sondern der

richtige Zeitpunkt für eine Beobachtung. Natürlich

kann der winzige Planet gerade ein

schwaches Licht sein, und ein Feldstecher

würde helfen. Wichtiger zu begreifen ist,

dass dieser Himmelskörper stets in Sonnennähe

am Firmament steht. Damit kann man

ihn nur in der Dämmerung finden. Schon

kurze Zeit später, wenn es eine Morgensichtbarkeit

ist, geht die Sonne auf. Gibt es

den Planeten am Abend zu sehen, geschieht

es kurz nach Sonnenuntergang. Auch dann

steht er tief unten, knapp über dem Horizont

und wird bald verschwinden, weil dieser

Wandelstern gleich nach der Sonne schon

wieder untergeht.

Nachts ist er nie zu sehen. Wie bei der Venus

muss man sich den Ort, wo sich der Merkur

befindet, links oder rechts relativ in der

Nähe zur Sonne denken. Die Sonne fährt

von der Erde aus betrachtet wie auf einer

Bahnlinie über den Himmel. Wenn sie nicht

so hell strahlte, sähen wir neben und hinter

ihr die bekannten Sterne, die dann des

Nachts scheinen, wenn sich unser Zentralgestirn

woanders aufhält. Nach einem Jahr

ist die Sonne scheinbar einmal durch alle zu

ihrer Spur gehörenden Sternbilder gelaufen.

Das sind diejenigen, die wir als Sternzeichen

unserer Geburt kennen. Wir können Widder

sein, Löwe oder Zwilling. Niemand ist Bootes

oder Kassiopeia, und Orion, das schöne

Wintersternbild, kann genauso wenig unser

Geburtszeichen sein. Dort ist die Sonne nie

zu sehen. Die Linie der Sonnenbahn nennen

wir Ekliptik.

# Woher ich das alles weiß?

Mein Opa Heinz, der eigentlich

gern Großvater genannt werden

wollte, kannte sich aus mit den

Sternen und Planeten. Er ist

Kapitän gewesen, und ich erinnere

mich noch gut an viele gemeinsame

Stunden. Als mein Opa 1991

gestorben ist, war es ihm noch

gelungen, mich mit verschiedenen

Partnern bekannt zu machen, mit

denen er Bücher produziert hat,

so etwa Grafiker Uwe Jarchow

oder die Bürogemeinschaft vom

Kabel Verlag. Das brachte mir den Auftrag

für einen Buchtitel „Aufbruch in die weiße

Wildnis“ (Christine Reinke-Kunze) ein, und

mit Uwe habe ich mehrere Projekte

zusammen gemacht. Ich kenne Heinz

nur als Rentner. Er war vorher am

Deutschen Hydrographischen Institut

beschäftigt, die Seewarte an den Landungsbrücken

in Hamburg mit Blick

auf den Hafen.

Zur Konfirmation bekam ich 1980

einen Sextanten von ihm geschenkt.

Das ist ein Winkelmesser, wie er an

Bord verwendet wird. Genau genommen

habe ich einen „Schinkenknochen“

bekommen, so genannt, weil die

Minutenanzeige zur Feinablesung in

einem kreisrunden Ableseteller am

Ende der Alhidade

daran erinnert. Er

hat kein Fernrohr

wie üblich, sondern

eine runde Platte

mit einer Bohrung,

durch die man

schaut. Im Sommer

habe ich mir den

noch rausgekramt,

um die Sonnenfinsternis

(im Juni)

zu beobachten. Ein Sextant hat verschieden

stark getönte Blenden, die das möglich

machen. Nichtsdestotrotz sagte man bei der

Marine, wenn man eine Bagatelle dem Kapitän

besser verschwiegen hätte: „Da hättest

du den Kieker ja auch an das blinde Auge

setzen können.“ Das hieß ein Objekt (an der

Kimm) auszulassen,

um keine Arbeit mit

etwas Unbequemen

zu haben und

erinnert daran, dass

Seeleute auf dem

zur Sonnenbeobachtung

bevorzugtem

Auge schlecht

sahen.

Für Maritimes,

das Wetter und

Navigation habe

ich mich immer

begeistern können. Tatsächlich verstehe ich

nur Grundsätzliches. Ich habe zwar einige

Prüfungen gemacht, um die entsprechenden

Segelscheine zu bekommen und auch

zahlreiche Fachliteratur illustriert, aber ein

guter Nautiker bin ich keinesfalls. Wenn Piet

und ich im Sommer Dänemark besegelten,

zeichneten wir den Kurs mit Bleistift in die

Karte und steuerten entsprechend. Um mit

einer Jolle auf der Ostsee, die meiste Zeit in

Landsicht, korrekt anzukommen, war es nie

nötig Abweichungen hineinzurechnen. Ich

habe etliches begreifen müssen, um meine

Autoren zu verstehen, wenn Fachliteratur

mit meinen Zeichnungen gestaltet werden

sollte. Aber Rechnen ist keine Stärke von mir.

Ich war in den letzten Schuljahren recht gut

in Mathematik, habe alles wieder vergessen!

Kopfrechnen kann ich beinahe gar nicht.

Die Logik einer Kartenaufgabe macht mir

aber schon Spaß. Auf einer Sommerreise mit

meinem kleinen Boot hatten Kocki, meine

Mitseglerin und ich, einen besonders schönen

Urlaub. 1995 war es nicht eine einzige

Nacht bedeckt oder regnete. Wir ließen das

Persenning immer ein wenig offen, lagen

lange wach nebeneinander in den Kojen

und schauten in den Nachthimmel. Ein ums

andere Mal probierte ich, ihr Sternbilder

oder den Lauf vom Mond zu erklären, mit

nur mäßigem Erfolg. Meine Freundin hatte

Okt 29, 2021 - Merkur 124 [Seite 124 bis 126 ]

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