Blogtexte2021_1_12
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Zu vermitteln, einen Platz für individuelles
Entdecken persönlicher Vorlieben zu finden,
der dem Druck der anderen gewachsen ist,
und zwar früh, wenn die eigene Persönlichkeit
noch Perspektiven entwickeln kann,
sollte wichtiger genommen werden, als uns
zu bedrängen, was gut für alle und deswegen
richtig sei. Die Schwierigkeit besteht
nicht darin, zu wissen, dass Kreativität oder
geniale Sportlichkeit befriedigen. Das Problem
ist ein individuelles Wunschbild, wer
man sein möchte zu entwickeln – und den
existentiellen Platz dafür zu finden. Finden
ist das Ergebnis von suchen und der Verzicht
auf einen unnötigen Kampf. Somit wäre
der Respekt anderer Meinungen erst die
darauf folgende Erkenntnis. Die modernen
Kirchen scheinen diese Reihenfolge, erst
merke ich, was ich möchte und schaue, wo
ich es finde, dahingehend umzukehren (wie
es vernünftigerweise jeder Staatsmann von
seinen Bürgern fordert), dass auch sie das
Allgemeinwohl über das Selbst stellen. Im
„Römer“ heißt es noch: „Stellt euch nicht der
Welt gleich“; aber das ist ja auch lang her.
Das kollektive, sozial bindende Anprangern
(und denunzieren) böser Nachbarn,
unredlicher Firmen usw. erklingt aus jeder
öffentlichen Stimme. Dabei wird ein ums
andere Mal vergessen, dass die Toleranz
anderer vernünftigerweise dem Selbstschutz
dienend anzuwenden ist. So herum wird
jemand als Egoist verschrien, aber wen
das nicht stört, der kann bemerken, dass
jede Existenz zunächst für sich selbst zu
sorgen hat und sich nur deswegen sozial
verhält, weil es dann eleganter läuft. Um
gekonnt durchs Leben zu schwimmen, wird
man nicht umhin kommen, anfangs auf das
Wasser einzuschlagen, bis man merkt, wie es
leichter geht. Sozialer Verhaltensdruck kann
Menschen (zunächst unbemerkt) zu emotionalen
Krüppeln machen. Sie probieren,
Auseinandersetzungen und jegliche Gewalt
zu vermeiden, so zu empfinden wie es
richtig gehöre. Man kann gut voran kommen,
funktionieren als ein Teil vom Ganzen, dabei
die eigene Funktionalität erst schmerzhaft
bemerken, wenn unverständlicherweise die
eigene Leistung einbricht.
# Burnout ist ein neues Wort für den späten
Kollaps
Der moderne Staat hat sehr gut gelernt, was
gut für die Menschen im Land ist. Unsere
Politik, die Kirchen und alle Gruppierungen
passen sich zur gemeinsamen Mitte hin an.
Gebote des Sollens werden lauter als die
des Wollens, Möchtens oder Könnens propagiert.
Die Kanten der Härtesten werden
scheinbar gebrochen. So darf der Einzelne
nicht vergessen, es den Größeren von uns
gleich zu tun und muss seinen individuell
gepflegten, autistisch und narzisstisch
verbrämten Egoismus lernen, ihm einen
salonfähigen Namen verpassen.
Der gesunde Mensch spaziert vernünftigerweise
bruchsicher kantig oder smart auf Teflonbasis,
dickfellig oder alternativ glibschig,
wendig wie unfassbar aalglatt nach Talent
und Naturell herum.
Sonst gibt’s immer Stress.
:)
Sep 16, 2021 - Zu spät für dich 103 [Seite 100 bis 103 ]