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OCG Journal 03-04/2021: Nachhaltigkeit & Ethik in der IT

Mitgliederzeitschrift der OCG, 46. Jahrgang, Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist Nachhaltigkeit und IT

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GI-Dissertationspreis-Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong> Daniela Kaufmann im Gespräch<br />

von Ir<strong>in</strong>a Scheitz<br />

„Manuell müsste man mehr<br />

Zustände überprüfen, als es<br />

Atome im Universum gibt.”<br />

Der GI-Dissertationspreis g<strong>in</strong>g dieses<br />

Jahr an die Österreicher<strong>in</strong> Daniela Kaufmann<br />

von <strong>der</strong> Johannes Kepler Universität<br />

L<strong>in</strong>z. Die Mathematiker<strong>in</strong>, die über<br />

Umwege zur Informatik gestoßen ist,<br />

schrieb ihre Arbeit über Hardware-Verifizierung<br />

mittels Computer Algebra<br />

auf Gröbner Basis. Für das <strong>OCG</strong> <strong>Journal</strong><br />

sprach mit ihr Ir<strong>in</strong>a Scheitz.<br />

Wie s<strong>in</strong>d Sie auf Ihr Doktorarbeitsthema<br />

„Formal Verification of Multiplier Circuits<br />

us<strong>in</strong>g Computer Algebra” gestoßen?<br />

Über Umwege. Ich habe Mathematik<br />

studiert und me<strong>in</strong>e Masterarbeit über<br />

formale Methoden geschrieben. Ich hatte<br />

Interesse an e<strong>in</strong>em Doktorrat, aber an<br />

me<strong>in</strong>em Institut g<strong>in</strong>g das aufgrund von<br />

fehlenden freien Stellen nicht. Ich wurde<br />

an die Informatik verwiesen und habe<br />

mich dort bei Prof. Arm<strong>in</strong> Biere vom Institut<br />

für Formale Modelle und Verifikation<br />

gemeldet. Er me<strong>in</strong>te, er hätte e<strong>in</strong> Thema,<br />

wo Mathematik-Background gut wäre.<br />

Das Thema Formale Verifikation mit Hilfe<br />

von Computer Algebra ist dann aus unseren<br />

unterschiedlichen Interessen entstanden.<br />

Arbeiten das Mathematik- und das Informatik-Institut<br />

öfter zusammen?<br />

Ja, schon, und das war auch das Gute an<br />

me<strong>in</strong>er Doktorarbeit, weil wir dann noch<br />

den Prof. Manuel Kauers vom Institut für<br />

Algebra an Bord geholt haben. So hatte<br />

ich zwei Betreuer, was auch immer wie<strong>der</strong><br />

zu spannenden Diskussionen geführt<br />

hat.<br />

Könnten Sie Ihre Forschung für mich als<br />

Lai<strong>in</strong> noch e<strong>in</strong>mal erklären?<br />

Damit Computer korrekt funktionieren,<br />

müssen sowohl Soft- als auch Hardware<br />

fehlerlos se<strong>in</strong>. Ich b<strong>in</strong> im Bereich Computer<br />

Hardware tätig und dort gibt es<br />

verschiedene Komponenten, die für verschiedene<br />

Anwendungen entwickelt<br />

wurden. Ich beschäftige mich mit den<br />

digitalen Schaltungen, genauer gesagt<br />

Multiplizierern. Ich stelle mit me<strong>in</strong>en Methoden<br />

sicher, dass diese Multiplizierer<br />

korrekt s<strong>in</strong>d, also dass, wenn man e<strong>in</strong>e<br />

Multiplikation von Zahlen durchführt,<br />

100 % richtige Zahlen rauskommen. Was<br />

kann man tun, um die Korrektheit sicherzustellen?<br />

Man kann natürlich sagen,<br />

man führt jede mögliche Multiplikation<br />

durch, aber wir sagen immer, dass wir<br />

dann mehr Zustände überprüfen müssten,<br />

als es Atome im Universum gibt. Das<br />

ist manuell praktisch unmöglich. Mit <strong>der</strong><br />

formalen Verifikation können wir beweisen,<br />

ob digitale Schaltungen wirklich korrekt<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Und ist das jetzt Theorie o<strong>der</strong> gibt es da<br />

schon e<strong>in</strong> praktisches Beispiel?<br />

Wirklich e<strong>in</strong>gesetzt wird das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Computerherstellung.<br />

Bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />

von Prozessoren werden direkt Verifikationen<br />

durchgeführt, aber es ist noch<br />

immer sehr viel manueller Aufwand. Also<br />

wirklich vollautomatisierte Methoden, so<br />

wie wir sie versuchen zu entwickeln, gibt<br />

es bis jetzt noch nicht.<br />

Und ist man davon noch weit entfernt?<br />

Ja, eher schon, denn es ist ja lei<strong>der</strong> nicht<br />

so, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Prozessor diese Schaltungen<br />

e<strong>in</strong>zeln sitzen, son<strong>der</strong>n die s<strong>in</strong>d<br />

auch wie<strong>der</strong> komplex verbaut. Aber wir<br />

hoffen, dass wir unsere Methoden weiterentwickeln<br />

können, so dass sie schlussendlich<br />

hoffentlich irgendwann <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Industrie Anwendung f<strong>in</strong>den.<br />

Was s<strong>in</strong>d die größten Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>in</strong> diesem Forschungsfeld?<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Digitalisierung sämtlicher<br />

Lebensbereiche, Stichwort Cloud Comput<strong>in</strong>g,<br />

ist die größte Herausfor<strong>der</strong>ung, dass<br />

die ganzen Systeme immer komplexer<br />

und kompakter werden. Testsimulationen<br />

alle<strong>in</strong>e reichen e<strong>in</strong>fach nicht, weil Zustände<br />

existieren können, die da nicht abgedeckt<br />

werden und das wollen wir mit unserer<br />

formalen Methode vermeiden.<br />

Das aktuelle <strong>OCG</strong> <strong>Journal</strong> befasst sich<br />

mit dem Thema <strong>Nachhaltigkeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Informatik, wie ist Ihre Me<strong>in</strong>ung zu diesem<br />

Thema?<br />

Wir s<strong>in</strong>d an dem Punkt, wo wir uns dr<strong>in</strong>gend<br />

um das Thema <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

kümmern müssen, sonst fahren wir unseren<br />

Planeten mit Vollkaracho an die<br />

Wand. Ich sehe es problematisch, wenn<br />

wir jetzt überall e<strong>in</strong>fach die Digitalisierungskeule<br />

draufgeben, ohne uns zu<br />

überlegen, woher <strong>der</strong> Strom kommt, den<br />

wir dafür brauchen. E<strong>in</strong> weiteres Problem<br />

sehe ich beispielsweise dar<strong>in</strong>, dass<br />

die Software-Updates für Handys immer<br />

weniger lang angeboten werden. Die<br />

Hardware wäre noch o.k., aber es gibt ke<strong>in</strong>e<br />

Software mehr dafür. Da müsste man<br />

auch dr<strong>in</strong>gend ansetzen.<br />

Wie s<strong>in</strong>d Sie ursprünglich zur Informatik<br />

gekommen?<br />

Def<strong>in</strong>itiv nicht auf dem geradl<strong>in</strong>igsten<br />

Weg. Es war zwar immer das Interesse<br />

für Technik da, aber mit 15 habe ich mich<br />

für die Tourismusschule entschieden.<br />

Ich habe dann eh recht schnell gemerkt,<br />

dass das nicht so me<strong>in</strong>es ist. Es gab dort<br />

8 <strong>OCG</strong> <strong>Journal</strong> | <strong>03</strong>-<strong>04</strong> • <strong>2021</strong>

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