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forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2017: Tierische Geschäfte

Die nächste Ausgabe von forum Nachhaltig Wirtschaften können Sie ab dem 1. August 2017 für 7,50 EUR direkt hier beim Verlag (auch als pdf) sowie im Buchhandel und an Kiosken erhalten. Wie können wir schützenswerte Tierarten erhalten, ohne sie einzusperren oder in ihren natürlichen Lebensraum einzugreifen? Im Schwerpunkt Tierische Geschäfte berichtet forum von kontroversen Standpunkten zum Schutz von Tieren. Können Arten wirklich geschützt werden, indem sie zum Abschuss freigegeben werden? Begleiten Sie forum in die Steppe Afrikas und nach Zentralasien, um Antworten auf diese Frage zu finden. Im Heft diskutiert wird zudem das heikle Thema Delphinarien. Dag Encke, der eines von zwei verbleibenden Delphinarien in Deutschland betreibt, trifft auf Ulrich Karlowski von der Gesellschaft zur Rettung der Delphine, welcher die Haltung der Meeressäuger mit einer "lebenslangen Haft" vergleicht. Vom Knast in den Chefsessel Um Gefangene geht es unter anderen auch in einer großen Strecke zum Thema Entrepreneurship. Die Initiative Leonhard-Programm bildet in München Häftlinge zu Unternehmern aus. "Es ist unser aller Aufgabe, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen", sagt Philipp Lahm im forum-Interview, der dieses Jahr beim Next Economy Award als Juror teilnimmt. Zu mehr innovativem Unternehmertum ruft die Stiftung Entrepreneurship auf, die forum im Portrait darstellt. Das Wunder in der Wüste Als "verrückt!" bezeichneten die Leute Dr. Ibrahim Abouleish, als er vor 40 Jahren seine Vision verkündete, die Wüste zu begrünen. Doch Abouleish behielt recht und schuf 60 Kilometer nordöstlich von Kairo mit SEKEM ein grünes Wunder. forum setzt dem begnadeten Sozialunternehmer und seinem Werk ein Denkmal. Dazu gibt es im neuen forum weitere inspirierende Beiträge wie zum Beispiel: Die Mutter der Regionalbewegung - Deutschlands geniale Regionalvermarkterin Pflanzen erobern den Himmel - Stadtbegrünung als Mittel gegen Feinstaub Geldanlagen neu Denken - Max Deml, Pionier des Grünen Investments Eine Stimme für die Zukunft - Der Weltzukunftsrat für kommende Generationen forum Nachhaltig Wirtschaften erscheint im ALTOP-Verlag und berichtet vierteljährlich über neue Entwicklungen Trends und Erfolgsbeispiele zu gesellschaftlicher und unternehmerischer Verantwortung. Unter www.forum-csr.net finden sich ergänzende Inhalte sowie aktuelle Nachrichten und Termine.

Die nächste Ausgabe von forum Nachhaltig Wirtschaften können Sie ab dem 1. August 2017 für 7,50 EUR direkt hier beim Verlag (auch als pdf) sowie im Buchhandel und an Kiosken erhalten.

Wie können wir schützenswerte Tierarten erhalten, ohne sie einzusperren oder in ihren natürlichen Lebensraum einzugreifen? Im Schwerpunkt Tierische Geschäfte berichtet forum von kontroversen Standpunkten zum Schutz von Tieren. Können Arten wirklich geschützt werden, indem sie zum Abschuss freigegeben werden? Begleiten Sie forum in die Steppe Afrikas und nach Zentralasien, um Antworten auf diese Frage zu finden. Im Heft diskutiert wird zudem das heikle Thema Delphinarien. Dag Encke, der eines von zwei verbleibenden Delphinarien in Deutschland betreibt, trifft auf Ulrich Karlowski von der Gesellschaft zur Rettung der Delphine, welcher die Haltung der Meeressäuger mit einer "lebenslangen Haft" vergleicht.

Vom Knast in den Chefsessel
Um Gefangene geht es unter anderen auch in einer großen Strecke zum Thema Entrepreneurship. Die Initiative Leonhard-Programm bildet in München Häftlinge zu Unternehmern aus. "Es ist unser aller Aufgabe, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen", sagt Philipp Lahm im forum-Interview, der dieses Jahr beim Next Economy Award als Juror teilnimmt. Zu mehr innovativem Unternehmertum ruft die Stiftung Entrepreneurship auf, die forum im Portrait darstellt.

Das Wunder in der Wüste
Als "verrückt!" bezeichneten die Leute Dr. Ibrahim Abouleish, als er vor 40 Jahren seine Vision verkündete, die Wüste zu begrünen. Doch Abouleish behielt recht und schuf 60 Kilometer nordöstlich von Kairo mit SEKEM ein grünes Wunder. forum setzt dem begnadeten Sozialunternehmer und seinem Werk ein Denkmal.

Dazu gibt es im neuen forum weitere inspirierende Beiträge wie zum Beispiel:

Die Mutter der Regionalbewegung - Deutschlands geniale Regionalvermarkterin
Pflanzen erobern den Himmel - Stadtbegrünung als Mittel gegen Feinstaub
Geldanlagen neu Denken - Max Deml, Pionier des Grünen Investments
Eine Stimme für die Zukunft - Der Weltzukunftsrat für kommende Generationen

forum Nachhaltig Wirtschaften erscheint im ALTOP-Verlag und berichtet vierteljährlich über neue Entwicklungen Trends und Erfolgsbeispiele zu gesellschaftlicher und unternehmerischer Verantwortung. Unter www.forum-csr.net finden sich ergänzende Inhalte sowie aktuelle Nachrichten und Termine.

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Forum<br />

ISSN 1865-4266<br />

EUR 7,50 (D) | EUR 8,- (A) | CHF 12,50 | 3. Quartal <strong>2017</strong><br />

<strong>03</strong>/<strong>2017</strong><br />

<strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

Das Entscheider-Magazin<br />

Das Wunder in der Wüste<br />

Ibrahim Abouleish – einer der<br />

größten Sozialpioniere<br />

<strong>Tierische</strong> <strong>Geschäfte</strong><br />

Schutz durch Schießen?<br />

Entrepreneurship<br />

Aus dem Knast in den Chefsessel<br />

Stadtbegrünung<br />

Grüne Lungen statt graue Straßen<br />

Weltzukunftsrat<br />

Die Stimme für unsere Kinder<br />

Regionalität<br />

Die Vermarktung der Heimat<br />

<strong>03</strong><br />

4 197564 507505


Bio-Pionier seit 1974<br />

SAMBA bleibt SAMBA<br />

45 Prozent Haselnüsse<br />

Damals (fast) revolutionär, heute legendär.<br />

In jedem Glas SAMBA stecken nur die besten Zutaten:<br />

jede Menge frisch geröstete Haselnüsse, Erfahrung und Liebe – seit<br />

25 Jahren mit Sorgfalt selbst hergestellt bei Rapunzel im Allgäu.<br />

Und das schmeckt man!<br />

Wir machen Bio aus Liebe.


Editorial<br />

KOOPERATION DER<br />

ENGAGIERTEN<br />

Der G20 und die Ausschreitungen am Rande des Gipfels zeigten: Die Weltgemeinschaft<br />

ist sich uneins. Dabei wäre es heute mehr denn je angesagt, unsere Zukunft auf dem<br />

wundervollen Planeten Erde mit Freude und Verantwortung gemeinsam zu gestalten.<br />

Weil für uns Kooperation das Paradigma einer neuen Epoche ist, geben wir mit Freude<br />

die Zusammenarbeit mit dem World Future Council (WFC) und der Deutschen Gesellschaft<br />

für <strong>Nachhaltig</strong>es Bauen (DGNB) bekannt. Damit kommen wir unserer Zielsetzung,<br />

engagierten Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ein <strong>forum</strong> zu bieten,<br />

ein weiteres Stück näher.<br />

Schützen durch Schießen<br />

Selten zuvor war unser Schwerpunkt im Heft ein Schauplatz so großer Emotionen und<br />

Widersprüche. Bei Wildtieren und bedrohten Arten sind wir uns angeblich einig: Alle<br />

wollen helfen zu retten! Und dennoch prallen unterschiedliche Welten aufeinander,<br />

wenn Tierschützer unterschiedlicher Meinung sind – sei es beim Schutz durch Nutzung<br />

oder bei der Rettung der letzten Schweinswale…<br />

Auch hier ist es uns ein großes Anliegen ein <strong>forum</strong> zu sein und Raum zu bieten für<br />

divergierende Ansichten und Aktivitäten. Nur durch Kommunikation und Verständigung<br />

können wir uns weiterentwickeln. Voraussetzung ist es jedoch, offen und bereit für den<br />

Dialog zu sein.<br />

Wir gratulieren…<br />

unserem Partner DGNB zu mehr als 1.000<br />

vergebenen Zertifikaten und zum 10-jährigen<br />

Jubiläum. Auf eine gute Zusammenarbeit.<br />

Wir gehen für Sie ins Gefängnis<br />

Wer einen Missstand erkennt, sollte etwas unternehmen. Immer mehr Menschen tun<br />

dies und so können wir Ihnen in diesem Heft wundervolle Initiativen vorstellen, die<br />

durch Unternehmertum für positive Veränderungen sorgen. Wir sind dabei für Sie ins<br />

Gefängnis gegangen und durften die Aufbruchstimmung bei den Häftlingen erleben, die<br />

das Leonhard Programm absolviert hatten. Wir sind wieder für Sie bei den Entrepreneurship<br />

Summits in Berlin und Wien.<br />

Coverfotos: © Benjamin Von Wong | klein: © SEKEM | Foto oben: © DGNB<br />

Ein großes Anliegen ist es, uns von dem begnadeten Unternehmer Ibrahim Abouleish<br />

zu verabschieden. Er hat mit SEKEM ein Wunder in der Wüste vollbracht und vielen<br />

Menschen die Augen und Herzen geöffnet. Danke.<br />

Danke auch an Sie, dass Sie sich für <strong>forum</strong> und unsere gemeinsame Zukunft öffnen<br />

und engagieren.<br />

Viel Spaß beim Lesen und hilfreiche Inspirationen wünschen Ihnen<br />

Prof. Dr. Maximilian Gege<br />

Vorstandsvorsitzender B.A.U.M. e.V.<br />

Fritz Lietsch<br />

Herausgeber <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

f.lietsch@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Prof. Dr. Maximilian Gege (l.) und Fritz Lietsch<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

3


INHALT<br />

18<br />

<strong>Tierische</strong> <strong>Geschäfte</strong><br />

Für und Wider der Delphinarien 30<br />

Pflanzen erobern den Himmel<br />

Wie unsere Städte wieder atmen lernen<br />

3 Editorial<br />

6 Brennpunkt Plastic Mermaid<br />

8 Gute Nachrichten<br />

<strong>Nachhaltig</strong> Bauen und Stadtplanung<br />

30 Pflanzen erobern den Himmel Stadtbegrünung als<br />

Mittel gegen Feinstaub<br />

36 Grüne Welle zum nachhaltigen Bauen<br />

10 Jahre DGNB – wir gratulieren<br />

Schwerpunkt<br />

TIERISCHE<br />

GESCHÄFTE<br />

10 Geboren für die tödliche Kugel<br />

Löwenzucht für den Abschuss<br />

14 Schützen durch Schießen? Schutz durch Nutzung<br />

17 999 Zeichen für die Zukunft …<br />

<strong>Geschäfte</strong> mit Wildtieren<br />

18 Lebenslänglich für Delphine<br />

Oder Rettung durch Zoohaltung?<br />

THEMEN<br />

Sonderveröffentlichung Büro<br />

26 Das Büro der Zukunft<br />

28 Papier im Green Office<br />

40 Love Green Gute Nachrichten rund ums Bauen<br />

Strategie und Unternehmensführung<br />

42 Ein gut aufgestellter Hotelneubau Projektmanagement<br />

mit Systemaufstellungen<br />

46 Tragen globale Marken Verantwortung?<br />

Nach haltigkeit ist einfach lohnend<br />

48 Daten richtig erfassen IT-Infrastruktur für<br />

die CSR-Berichtspflicht<br />

50 Ein heißes Eisen Die Supply Chain in<br />

Entwicklungsländern<br />

52 Die Ritter der Kakaobohne Faire Erzeugung in<br />

Nicaragua<br />

54 Betriebliches Mobilitätsmanagement<br />

Unternehmen in der Mobilitätswende<br />

Mobilität und Tourismus<br />

57 Gut zu wissen Klimafreundlich in den Urlaub<br />

58 Kein Radtourismus ohne intelligente Mobilität<br />

Neue Konzepte für den Alpenraum<br />

60 Island Zwischen Naturschauspiel und<br />

Tourismus-Boom<br />

Fotos v.l.n.r.: © Mathias Orgeldinger | © Patrick Blanc | © Unser Land | © Simone Naumann Fotografie<br />

4 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


INHALT<br />

Mutter der Regionalbewegung<br />

66 Das Geschäft mit der Heimat 70<br />

Entrepreneure hinter Gittern<br />

Für die Freiheit lernen<br />

Regionalwirtschaft und Kulinarik<br />

62 Endlich! Gutes Kulinarische Abenteuer in der Region<br />

66 Die Mutter der Regionalbewegung<br />

Mit Herz und Verstand für die Heimat<br />

Entrepreneurship und Projekte<br />

70 Entrepreneurship hinter Gittern Gefangene<br />

werden zu Unternehmern<br />

74 Art and Science of Entrepreneurship Innovatives<br />

Unternehmertum fördern<br />

78 Vom Fußballer zum Entrepreneur Interview mit<br />

Philipp Lahm<br />

80 Die Magie der Düfte Und wie daraus ein<br />

Unter nehmen entstand<br />

83 Nicht nur gut, sondern gut für etwas<br />

Ein Aufruf zum Entrepreneurship<br />

84 SEKEM Eine Vision erblüht in der Wüste<br />

86 Das Wunder in der Wüste Trauer um einen<br />

geliebten Visionär<br />

88 Flüchtlinge auf dem Weg in die Selbständigkeit<br />

Integration durch Unternehmertum<br />

Geld, Investment und Zukunft<br />

91 Geldanlagen neu Denken Maxl Deml, Pionier<br />

des Grünen Investments<br />

94 Eine Stimme für die Zukunft Der Weltzukunftsrat<br />

für kommende Generationen<br />

96 Voneinander lernen Projekte für die Zukunft<br />

<strong>forum</strong><br />

98 <strong>forum</strong> Junior Das Grüne Küken<br />

Energie und Politik<br />

100 Ist die Energiewende noch zu schaffen?<br />

So kann die Wende noch gelingen<br />

102 Der Kampf um Strom Interview mit Claudia Kemfert<br />

Kunst und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

104 Von Heinrich und anderen lebenden Skulpturen<br />

Kunst macht auf Lebensmittel aufmerksam<br />

108 Die Kraft der Filme Bewegte Bilder mobilisieren<br />

Menschen zum Klimaschutz<br />

SERVICE<br />

111 Filme und Bücher für den Wandel<br />

Die <strong>forum</strong> Medientipps<br />

113 Events in der Vorschau<br />

Veranstaltungstipps und Interviews<br />

116 B.A.U.M. informiert Nachrichten aus dem<br />

Unternehmensnetzwerk<br />

119 <strong>forum</strong> Marktplatz hilfreiche Angebote für<br />

ein erfolgreiches CSR Engagement<br />

120 Tagen und Tourismus Anbieter im Kurz-Portrait<br />

122 Impressum, Nachwort und Ausblick Wir gestalten<br />

mit Ihnen das nächste Heft<br />

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Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

5


6 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


BRENNPUNKT<br />

PLASTIC<br />

MERMAID<br />

Ein Meer aus Plastik<br />

Foto: © Benjamin Von Wong<br />

Knapp 13 Millionen Tonnen Plastik landen Schätzungen zu<br />

Folge jährlich in unseren Ozeanen. Das hat verheerende<br />

Auswirkungen auf das marine Ökosystem und seine Tiere –<br />

aber auch auf den Menschen, denn Mikroplastik sammelt<br />

sich in den Mägen von Fischen und Schalentieren und wird<br />

so über die Nahrungskette weitergegeben.<br />

Um auf das Thema aufmerksam zu machen, sammelte der<br />

kanadische Fotograf Ben Von Wong 10.000 Plastikflaschen –<br />

so viele wie ein durchschnittlicher Amerikaner in 60 Jahren<br />

verbraucht. So entstand dieses ästhetisch eindrucksvolle,<br />

aber gleichzeitig abschreckende Kunstwerk, bei dem Von<br />

Wong eine Meerjungfrau im Plastikmeer schwimmen ließ.<br />

Über seine Arbeitsweise sagt der Fotograf: „Ich stürze kopfüber<br />

in meine Projekte hinein. In diesem Fall wusste ich nur,<br />

dass Plastikmüll ein langweiliges Thema ist und ich einen Weg<br />

finden wollte, um es interessant zu machen und so möglichst<br />

viele Menschen zu erreichen.“<br />

Die Produktion Plastic Mermaid hat bisher mehr als 32 Millionen<br />

facebook Aufrufe. Ein Video über die beeindruckende<br />

Realisierung der Bilderserie Plastic Mermaid, das ökologische<br />

Engagement des Fotografen Benjamin Von<br />

Wong und dessen vollständiger Verzicht auf<br />

Bildbearbeitung und Photoshop finden Sie<br />

unter nebenstehendem QR Code sowie auf der<br />

Website www.vonwong.com<br />

Thank You Ben for your wonderful pictures.<br />

Thank You rad°hub for bringing us together.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

7


GUTE NACHRICHTEN<br />

TRIGOS Österreich <strong>2017</strong> vergeben<br />

© Philipp Lipiarski<br />

Sechs österreichische <strong>Nachhaltig</strong>keitspioniere wurden im Juni in Wien mit dem<br />

TRIGOS-Preis prämiert. MPREIS, MAM Babyartikel, Labonca Biohof, RHI AG,<br />

ARGE Gentechnik-frei sowie Reparatur- und Service-Zentrum R.U.S.Z konnten<br />

sich in den Kategorien Ganzheitliches CSR-Management, Beste Partnerschaft<br />

und Social Entrepreneurship gegen 119 Mitbewerber durchsetzen. Rund<br />

250 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft waren bei der Gala im<br />

Wiener Augarten anwesend. Der TRIGOS Preis wird seit 2004 an Unternehmen<br />

vergeben, die ihre Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft<br />

vorbildlich wahrnehmen.<br />

www.trigos.at<br />

Elektromobilitätsrechner für Unternehmen<br />

© Deutsche Post DHL<br />

Welchen Einfluss hat Elektromobilität auf die Kosten und den CO 2<br />

-Ausstoß von<br />

gewerblichen Fahrzeugflotten? Diese Frage beantwortet ein neues Online-Tool<br />

des Öko-Instituts. Damit können Unternehmen ihre derzeitige Flotte mit einem<br />

optimierten Fuhrpark vergleichen, in dem Elektrofahrzeuge einzelne oder<br />

mehrere konventionelle Kraftwagen ersetzen. Detaileinstellungen zu Fahrzeugkosten<br />

und -eigenschaften, Ladeinfrastruktur, Kraftstoff- und Strompreisen<br />

ermöglichen eine individuelle Analyse der eigenen Flotte. Auch alternative<br />

Mobilitätsangebote wie öffentlicher Verkehr, Carsharing oder E-Bikes können<br />

mit dem kostenfreien Tool in die Analyse mit einbezogen werden.<br />

http://emob-flottenrechner.oeko.de/#/<br />

Fairen Kaffee auf die Schiene bringen<br />

© Fairtrade<br />

Die Regionalstelle Steiermark der NGO Südwind hat eine Petition gestartet,<br />

mit der sie die Österreichische Bundesbahn dazu bewegen möchte,<br />

beim Bordserviceangebot auf Fairtrade-Kaffee umzusteigen. Durch Fairtrade-zertifizierter<br />

Kaffee garantiert den Produzenten einen Mindestpreis<br />

und verbietet Kinderarbeit auf Plantagen. „Die ÖBB können als staatlicher<br />

Akteur Vorbildfunktion einnehmen und einen wichtigen Beitrag für fairen<br />

Handel leisten“, sagt Gerhard Adam, der Regionalstellenleiter von Südwind<br />

Steiermark ist. Die Deutsche Bahn hat seit April <strong>2017</strong> ihr Angebot auf Fairtrade-Kaffee<br />

umgestellt.<br />

www.suedwind.at<br />

Neuer Energiewendeatlas erschienen<br />

© Gustavo Quepon, Unsplash<br />

Die Agentur für Erneuerbare Energien hat den Energiewendeatlas 2<strong>03</strong>0 als<br />

Online-Publikation herausgegeben. Dieser veranschaulicht Schlüsselfragen für<br />

das Gelingen der Energiewende, vom weiteren zügigen Umbau im Stromsektor<br />

bis hin zum Durchbruch der Erneuerbaren im Wärme-und Verkehrsmarkt.<br />

Neben zahlreichen Themenkarten, zum Beispiel zu Potenzialen der Nutzung<br />

von Windkraft, werden Best-Practice-Beispiele vorgestellt: von batteriebetriebenen<br />

Elektrobussen über virtuelle Großspeicher bis hin zur Nutzung der<br />

Windkraft in Frachtschiffen auf hoher See. Dazu finden sich Zahlen und Fakten<br />

zu aktuellen Fragen bezüglich Netzausbau und Speichertechniken sowie Smart<br />

Grids, den intelligenten Stromnetzen der Zukunft.<br />

www.unendlich-viel-energie.de<br />

8 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


GUTE NACHRICHTEN<br />

Größte schwimmende Solaranlage geht ans Netz<br />

© Sungrow<br />

Im chinesischen Huainan ist die weltgrößte schwimmende Solaranlage ans Netz<br />

gegangen. Mit einer maximalen Leistung von 40 Megawatt kann sie rund 15.000<br />

Haushalte mit Strom versorgen. Die Anlage hat auch eine symbolische Wirkung:<br />

Die Solarzellen schwimmen über einem ehemaligen Kohletagebau, der geflutet<br />

wurde. China, weltweit der größte CO 2<br />

-Produzent, setzt vermehrt auf Erneuerbare<br />

Energien: <strong>2017</strong> soll der erste Bauabschnitt des Solarthermie-Kraftwerks Delingha<br />

fertiggestellt werden, das in der Wüste Gobi in Zukunft mit einer Spitzenleistung<br />

von 810 Megawatt Strom erzeugen soll.<br />

www.sungrowpower.com<br />

Siegel für CO 2<br />

-senkende Blockhäuser auf dem Markt<br />

© Fullwood<br />

Seit diesem Jahr gibt es das „Gütezeichen CO 2<br />

-senkende Bauwerke“ (RAL-GZ 425)<br />

für klimafreundliche massive Holzhäuser. Verliehen wird es von der „Gütegemeinschaft<br />

CO 2<br />

-neutrale Bauwerke in Holz e. V.“ an Hersteller massiver Holzbauwerke,<br />

deren „Global Warming Potential“ (GWP) einen Wert kleiner Null aufweist. Prüfung<br />

und Anerkennung erfolgt durch das „RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und<br />

Kennzeichnung e. V.“. Somit garantieren die ausgezeichneten Holzbauwerke einen<br />

wertvollen Beitrag zum Klimaschutz, der die in der Energieeinsparverordnung festgelegten<br />

Werte in Bezug auf die zu vermeidende weitere Erderwärmung übertrifft.<br />

www.wood-co2.eu<br />

25 Jahre UnternehmensGrün<br />

© UnternehmensGrün<br />

Der Verband UnternehmensGrün feiert <strong>2017</strong> sein 25-jähriges Bestehen. Seit<br />

der Gründung in Stuttgart engagiert sich UnternehmensGrün für faire Preise,<br />

nachhaltige Agrarwirtschaft sowie erneuerbare Energien und damit für ein sozial<br />

und ökologisch verantwortungsvolles <strong>Wirtschaften</strong>. Mittlerweile hat der Verband<br />

seinen Hauptsitz in Berlin und vertritt von dort aus seine 220 Mitgliedsunternehmen.<br />

UnternehmensGrün war an der Ausgestaltung vieler richtungsweisender<br />

Regelungen wie dem Erneuerbare-Energien-Gesetz oder der Agro-Gentechniknovelle<br />

beteiligt.<br />

www.unternehmensgruen.org<br />

Wir drucken Ihre individuellen Flyer, Plakate, Postkarten, Visitenkarten und vieles mehr!<br />

Einfach.<br />

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9


Geboren für die<br />

TÖDLICHE<br />

KUGEL<br />

Löwen werden gezüchtet, um dann von „mutigen“<br />

Trophäenjägern gnadenlos abgeknallt zu werden.<br />

Der deutsche Global Nature Fund und der Wildlands<br />

Conservation Trust aus Südafrika kämpfen<br />

gegen diesen Ausverkauf des afrikanischen Löwen<br />

und das gnadenlose Geschäft mit dem König der<br />

Tiere. Und dann gibt es da noch diese freiwilligen,<br />

gutmeinenden Helfer…<br />

Von Fritz Lietsch<br />

Fotos: links: © Blood Lions, Pippa Hankinson | rechts oben: © Global Nature Fund | rechts unten: © Blood Lions<br />

Löwen, gehalten als Stalltiere hinter Gittern. Gezüchtet<br />

für maximalen finanziellen Ertrag und vorgesehen für<br />

die tödliche Kugel.<br />

10 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

11


Mit der Dokumentation „Blood Lions: Bred for the bullet“ und der deutschen Kampagne „Lions for Sale – Aufgezogen für den Abschuss“<br />

setzen die Naturschutzorganisationen auf Aufklärung, um das für Löwen tödliche Geschäft mit Freiwilligenarbeit, Tourismus und Trophäenjagd<br />

zu unterbinden.<br />

Nennen wir sie Tina. Tina gehört zu der Gruppe, die männliche<br />

Biologiestudenten früher despektierlich als „Kuscheltierfraktion“<br />

bezeichneten: junge Frauen, deren Motivation<br />

für Natur- und Artenschutz stark emotional bestimmt ist.<br />

Einmal im Leben Wildtiere – etwa verwaiste Löwenbabys –<br />

mit der Flache großziehen und etwas richtig Gutes für den<br />

Artenschutz tun, das ist ihr großer Traum. Und für so einen<br />

Traum ist Tina sogar bereit, für einige Monate jeden Groschen<br />

auf die Seite zu legen …<br />

Bis zu 2.400 Euro pro Monat knöpfen findige Geschäftsleute<br />

solchen jungen Freiwilligen in südafrikanischen Löwenfarmen<br />

ab. Die Volunteers werden schamlos für ein Geschäftsmodell<br />

missbraucht, das richtig Geld bringt.<br />

Großes Geld im Käfig<br />

Begonnen hatte es vor einigen Jahren damit, dass man Löwen<br />

für die Gatterjagd züchtete. Dabei können zahlungskräftige<br />

Trophäenjäger einen Löwen zum Abschuss im Katalog<br />

bestellen, mit Garantie in wenigen Tagen in einem großen<br />

Freigehege abschießen – Siegerfoto inklusive – und dann<br />

zuhause mit ihren jagdlichen Fähigkeiten prahlen.<br />

Möglich wird dies, weil die Löwen an Menschen gewöhnt<br />

sind und kommen, wenn der Jäger mit einem Stück Fleisch<br />

naht. Wegen der schlechten Käfighaltung können sie eh kaum<br />

laufen und sind nach einigen Tagen im Gatter durch Hunger<br />

geschwächt. Ein leichtes Opfer für tapfere „Löwenbezwinger“.<br />

Noch besser, das haben die Löwenfarmer nach einiger<br />

Zeit gemerkt, funktioniert es, wenn die Löwen von Hand<br />

aufgezogen werden. Und warum sich das nicht auch noch<br />

vergolden lassen? Da sind wir wieder bei Tina …<br />

Sie erfährt natürlich nichts von der Gatterjagd, sondern hört<br />

herzzerreißende Geschichten von verwaisten Löwenjungen,<br />

deren Mütter gewildert wurden und die nach der Handaufzucht<br />

wieder in die Freiheit entlassen werden. „Unwahrheit“<br />

sagt man dazu heute euphemistisch.<br />

Kuscheln und Kuschen<br />

Rund 8.000 Löwen vegetieren in Südafrika in Gefangenschaft.<br />

Männliche Löwen warten unter Haltungsbedingungen, die<br />

man keinem deutschen Industrieschwein wünscht, auf ihre<br />

Gatterjagd – „Ave latro, morituri te salutant“. Die Weibchen<br />

werden als „Legehennen“ missbraucht, die bis zu dreimal im<br />

Jahr werfen und Nachwuchs zum Kuscheln und Abschießen<br />

produzieren.<br />

Das wiederum geht nur, wenn man die Löwenbabys schon<br />

wenige Tage nach der Geburt den Müttern wegnimmt und<br />

isoliert, bis sie ausreichend Hunger haben, um sich von<br />

Freiwilligen wie Tina mit der Flasche füttern zu lassen. Auf<br />

manchen Farmen arbeiten bis zu 30 Freiwillige. Da soll<br />

es keinem der aufgeklärten Westeuropäer auffallen, dass<br />

das etwas dubios ist? Doch, das tut es, und dann wird es<br />

schnell gar nicht mehr kuschelig für junge Leute, die kritische<br />

Fragen stellen. So ein Freiwilligendienst ist schnell<br />

beendet, wenn Beschwichtigungen und sanfte Drohungen<br />

nicht reichen.<br />

Walk on the wild side<br />

Für manche Löwen gibt es eine für dubiose Investoren<br />

praktische und erneut lukrative Zwischennutzung: Löwenspaziergänge,<br />

„Walk with Lions“, sind beliebt bei Südafrikas<br />

Safarianbietern. Fünfzig Euro für ein so „einmaliges“ Erlebnis,<br />

das kann man schon mal machen, wenn auch nicht ganz ungefährlich,<br />

wie Todesfälle zeigen. Und auch wenn am Ende<br />

der finale Schuss des Trophäenjägers den Löwen erlöst, ist<br />

das Geschäft noch nicht zu Ende. Eine Verwertung von der<br />

Wiege bis zur Bahre ermöglicht die Traditionelle Chinesische<br />

Medizin (TCM). Ausgebeint und luftgetrocknet freut sich die<br />

TCM über Ersatzstoffe für wertvolle Tigerknochen. Löwe<br />

oder Tiger – Panthera leo oder Panthera tigris – wer will das<br />

schon unterscheiden, helfen gegen Rheuma und verleihen<br />

Manneskraft. Wer’s nötig hat und dran glaubt, ist bereit, für<br />

Fotos v.l.n.r.: © Blood Lions | © Global Nature Funds, Ian Michler<br />

12 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


TIERISCHE GESCHÄFTE | SCHWERPUNKT<br />

Foto: © Global Nature Fund<br />

Friedhof der Kuscheltiere<br />

<strong>forum</strong> sprach mit Dr. Thomas Schaefer vom Global Nature Fund. Er<br />

ist Leiter der Kampagne „Lions for Sale – Aufgezogen für den Abschuss“,<br />

und kämpft entschieden gegen Gatterjagd und Ausbeutung<br />

jugendlicher Helfer.<br />

Herr Schaefer, warum ist es kein Arten schutz, was die Farmen in<br />

Afrika machen?<br />

Die ausgesetzten Tiere würden im Busch verhungern. Löwen sind<br />

ja Rudeljäger und lernen jahrelang in der Familie, wie man ein<br />

Zebra erlegt. Das ist bei per Hand aufgezogenen Tieren nur mit<br />

aufwändigsten, monatelangen Auswilderungstrainings zu ersetzen.<br />

Das wird in diesen Farmen nachweislich nicht gemacht. Hungrige<br />

Löwen, zumal an Menschen gewöhnt, sind außerdem für die Landbevölkerung<br />

ein tödliches Risiko.<br />

Und Freiwillige aus Deutschland können da nichts helfen?<br />

Doch, natürlich können Freiwillige in Artenschutzprojekten in Afrika<br />

helfen. Aber sobald man mehr als die Anreise und vielleicht Kost<br />

und Logis mittragen soll, sollten sie sich fragen, wieso der Zielorganisation<br />

die Hilfe nichts wert ist.<br />

Was hat denn der Global Nature Fund in der Kampagne Lions for<br />

Sale bisher gemacht?<br />

Na, erstmal haben wir für die Dokumentation „Blood Lions“ deutsche<br />

Untertitel erstellt, damit man den Film in Schulen und Universitäten<br />

zeigen kann. Wir haben 100 Universitäten und Hochschulen<br />

mit biologischen und touristischen Fakultäten angeschrieben und<br />

angeboten, den Film vorzuführen. Wir haben das Projekt auf der<br />

Internationalen Tourismusbörse Berlin vorgestellt und sind seitdem<br />

mit Freiwilligenorganisationen, Reiseveranstaltern und auch dem<br />

Deutschen Jagdverband (DJV) in Kontakt.<br />

Was sagt der DJV dazu?<br />

Naja, Jagd, zumal Trophäenjagd, ist etwas, womit viele Tier- und<br />

Artenschutzbewegte ihre Schwierigkeiten haben. Wir wissen, dass<br />

illegale Trophäenjagd vielen streng geschützten Arten den Garaus<br />

macht. Der DJV positioniert sich sehr deutlich gegen unethische<br />

Jagd, und dazu gehört auch die Gatterjagd. An dieser Stelle wollen<br />

wir anknüpfen.<br />

Was sind die nächsten Schritte der Kampagne?<br />

Aktuell sammeln wir neues Geld für unsere Maßnahmen. Parallel<br />

starten wir eine Online-Petition an die südafrikanische Regierung,<br />

um Gesetze zu ändern, die Blood Lions erst möglich<br />

machen. Sobald wir wieder Geld haben, werden<br />

wir in Lobbyarbeit intensivieren.<br />

Info und Videos unter:<br />

den Tiger im Tank eine Menge zu bezahlen – auch wenn es<br />

nur ein Löwe ist.<br />

Der Kampf beginnt<br />

Die südafrikanische Naturschutzorganisation Wildlands Conservation<br />

Trust ist schon vor einigen Jahren auf diese Praktiken<br />

gestoßen. Der Versuch, diesen im Land selbst mit guten<br />

Argumenten zu begegnen, scheiterte kläglich. Zu eng sind<br />

die Verflechtungen zwischen den Farmern und den Verantwortlichen<br />

in Regierung und Verwaltung. Die Dokumentation<br />

„Blood Lions – bred for the bullet“ brachte die Wende. Das<br />

Team um den Umweltaktivisten und Publizisten Ian Michler<br />

recherchierte ein Jahr lang das Geflecht zwischen Wirtschaft<br />

und Politik, Naturschutzgesetzen und Lücken darin, zwischen<br />

Safarianbietern und Reiseveranstaltern. Entstanden ist eine<br />

Dokumentation, die nichts für zarte Nerven ist. Es geht zur<br />

Sache, und zwar nicht nur mit den Löwen, sondern auch mit<br />

dem Filmteam.<br />

In Südafrika und mit guten Worten, das war bald klar, würde<br />

man nicht weiterkommen. Nach ausgezeichneten Resonanzen<br />

zu „Blood Lions“ in den USA bringt der Global Nature<br />

Fund (GNF) die Kampagne unter dem Namen „Lions for Sale<br />

– Aufgezogen für den Abschuss“ nach Deutschland. Das Ziel<br />

ist, potentielle Freiwillige zu erreichen und zu sensibilisieren,<br />

damit sie solche Reisen nicht machen, sondern echte Artenschutzprojekte<br />

unterstützen. Dort kann man zwar gerade<br />

nicht mit Löwen kuscheln, dafür wird man erwachsen und<br />

tut wirklich etwas für den Arten- und Naturschutz.<br />

Aufklärung ist wichtig<br />

Der GNF wendet sich im Rahmen der Kampagne an Organisationen,<br />

die solche Freiwilligenprogramme anbieten, und<br />

klärt diese, ebenso wie Anbieter von Afrikareisen, über die<br />

Hintergründe auf. Auch mit dem Deutschen Jagdverband<br />

(DJV) gab es Gespräche. Der DJV hält die Gatterjagd und die<br />

damit verbundenen Praktiken für unethisch. Echte Jäger,<br />

auch Trophäenjäger, das haben die Vertreter unzweideutig<br />

klargemacht, machen eine Safari und knallen nicht auf geschwächte<br />

Löwen im Gehege. Noch besser als ein Kadaver<br />

an der Wand, das findet zumindest der Global Nature Fund,<br />

sind einmalige Erinnerungen an den König der Löwen, wild,<br />

frei und quicklebendig. Und wenn schon Schüsse, dann<br />

gelungene, einmalige Schnappschüsse, mit der Kamera auf<br />

Fotosafari. Und dafür muss kein Löwe sterben.<br />

www.globalnaturefund.org<br />

Der GNF braucht Ihre Unterstützung! Bitte spenden Sie auf:<br />

IBAN DE 53 4306 0967 8040 4160 00, Stichwort Bloodlions<br />

THOMAS SCHAEFER<br />

ist Biologe und beim Global Nature Fund zuständig für internationale<br />

Naturschutzprojekte. Als Vater von vier Töchtern ist es ihm<br />

persönlich ein Anliegen, dass jugendliche Freiwillige nur sinnvolle<br />

Projekte unterstützen.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

13


SCHÜTZEN DURCH<br />

SCHIESSEN?<br />

Artenschutz wird häufig mit Reservaten und Nutzungsverboten verbunden. Das ist jedoch zu kurz gedacht.<br />

Die Frage, wie Mensch und Tier biologisch, ökonomisch und soziokulturell im Einklang leben können, wird<br />

vermehrt mit „Schutz durch Nutzung“ beantwortet.<br />

Von Ralf Lohe, Stefan Michel und Thierry Aebischer<br />

„Schutz durch Nutzung“ bedeutet vereinfacht, dass die<br />

„Nutzung“ einer Art oder Population, zum Beispiel durch eine<br />

geregelte Jagd und insbesondere Trophäenjagd, einen effektiven<br />

Anreiz zu deren Schutz und der Erhaltung ihrer Lebensräume<br />

schaffen kann. Einem möglichst kleinen Eingriff sollte<br />

ein möglichst großer positiver Schutzeffekt gegenüberstehen.<br />

Entscheidend ist, dass auch die Menschen in dem jeweiligen<br />

Schutzgebiet von der Nutzung profitieren. Denn damit sinkt<br />

der Anreiz zu einer illegalen und unangepassten Nutzung, wie<br />

sie im schlimmsten Fall durch Wilderei stattfindet.<br />

Nicht jede Region ist geeignet<br />

Sehr effektiv kann auch die Nutzung von Wildtieren im Rahmen<br />

des Foto- oder Naturtourismus sein. So reicht für den<br />

Erhalt des Serengeti-Ökosystems meist der knappe Hinweis<br />

auf die Einnahmen durch die zahlreichen Fototouristen.<br />

Allerdings ist nicht jedes „Naturerlebnisziel“ für diese Art<br />

der Nutzung geeignet: Unangenehmes Klima, monotone<br />

Landschaften oder potenzielle Tropenkrankheiten machen<br />

viele Orte der Erde für den Tourismus uninteressant. So sind<br />

für das Fotografieren von Steinböcken und Wildschafen in<br />

entlegenen Gebirgsregionen signifikante Touristenzahlen<br />

nicht zu gewinnen. An diesen Orten lassen sich, solange<br />

Jäger bereit sind, für den Abschuss zu bezahlen, nur über die<br />

selektive Trophäenjagd „alternative Einnahmesituationen“<br />

in Größenordnungen erzielen, die den Schutz von Art und<br />

Lebensraum finanzieren können.<br />

Wirtschaftlicher Vorteil macht Artenschutz attraktiv<br />

Wenn eine geregelte Nutzung der Wildtiere erfolgt und die<br />

lokale Bevölkerung finanziell direkt davon profitiert, macht<br />

es für sie keinen Sinn, Wildarten zu verdrängen und durch<br />

unwirtschaftlichere Nutzpflanzen und Nutztiere zu ersetzen.<br />

Die Alternativen sind klar: Entweder darf ab und an ein<br />

Trophäenjäger für sehr viel Geld z.B. einen Wildschafbock<br />

schießen und die Population gedeiht, oder aber der Tro-<br />

Foto: © Globus Jagdreisen GmbH<br />

14 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Stolze Jäger mit seltener Beute – sind wohlhabende Jagdgäste vertretbare Schützer von bedrohten Tierarten, wie zum Beispiel dem Markhor<br />

(Bild rechts)?<br />

Foto: © K. Karimov<br />

phäenjäger darf nicht kommen und einheimische Jäger<br />

schießen die Wildtiere für Fleisch und nutzen die Reviere<br />

für ihre Haustiere. Angesichts der kritischen Lage für viele<br />

Arten und Lebensräume stellt sich somit die Frage: Ist in<br />

bestimmten Fällen die jagdliche Nutzung zu akzeptieren,<br />

wenn der Schutzeffekt damit am wirksamsten ist?<br />

Es ist nachvollziehbar, dass einem „Nichtjäger“ angesichts<br />

eines frisch erlegten und gehäuteten seltenen Wildtiers das<br />

Herz schmerzt. Für die Erhaltung von Arten und Populationen<br />

ist aber meist nicht das Einzeltier von Bedeutung. Wenn die<br />

nachhaltige Nutzung zu einem Rückgang der Wilderei führt,<br />

kann die Zahl der von Menschen getöteten Tiere insgesamt<br />

deutlich zurückgehen.<br />

Es gibt einige solcher Projekte, die greifbare Erfolge vorweisen<br />

können. So führte diese Strategie bei Saiga-Antilopen,<br />

die in Russland und Zentralasien vorkommen, zu<br />

beeindruckenden Erfolgen. Der Bestand der Saiga war zur<br />

Zeit des Ersten Weltkrieges völlig zusammengebrochen,<br />

wurde durch geeignete Schutzmaßnahmen wieder auf<br />

Millionenstärke gebracht und jahrelang legal genutzt,<br />

bis sie nach 1990 wegen massenhafter Wilderei wieder<br />

einbrachen. Richtig gemanagt, könnte die bestens an den<br />

extremen Lebensraum angepasste Antilopenart wieder<br />

zum Lebenserhalt der Bevölkerung beitragen, da ihr Fleisch<br />

sowie Hörner nachgefragte und gut bezahlte Produkte<br />

sind. Gleiches gilt für Karibus der arktischen Tundra und<br />

Spießböcke der afrikanischen Trockengebiete. Die Vorteile<br />

der Nutzung von Wildtieren lassen sich gut am Vergleich<br />

der nordafrikanischen Länder und dem im Süden Afrikas<br />

gelegenen Namibia erkennen, denn Biotope und Tierarten<br />

sind hier fast identisch. Während in Nordafrika Säbel- und<br />

Addaxantilopen verschwunden sind und sich Hirten mit der<br />

Zucht von Rindern, Schafen und Ziegen abquälen, werden<br />

in Namibia Nutztiere mehr und mehr abgeschafft, Zäune<br />

entfernt, große Hegegemeinschaften gegründet und statt<br />

Nutztieren heimische Wildarten bewirtschaftet. Das ist<br />

nicht primär dem Naturschutzgedanken geschuldet, sondern<br />

schlichtweg viel wirtschaftlicher.<br />

Raubtiere im Windschatten der Nutztiere<br />

Ein weiterer positiver Effekt optimaler Huftierbestände<br />

liegt in den Wechselwirkungen mit den Raubtieren vor<br />

Ort. Diese halten sich, wenn ihre natürliche Beute knapp<br />

wird, alternativ an Haustiere, was meist zu erheblichen<br />

Mensch-Wildtier-Konflikten führt und nicht geduldet wird.<br />

Die Raubtiere profitieren erheblich davon, wenn die Bestände<br />

ihrer natürlichen Beute wieder erstarken. Dieser Effekt<br />

wurde bei Schneeleopard und Berghuftieren in Tadschikistan<br />

sehr erfolgreich genutzt. Der Schneeleopard gedeiht – ohne<br />

selbst genutzt zu werden – sozusagen „im Windschatten des<br />

Managements der Berghuftiere“.<br />

Entwicklungsarbeit durch Trophäenjagd?<br />

Der Fleischwert eines gewilderten Markhors beträgt etwa<br />

100 Euro, während Teilnehmer einer legalen Markhor-Jagdreise<br />

bis zu 100.000 Euro auf den Tisch legen. Das mag<br />

rational unsinnig erscheinen. Entscheidend ist letztlich,<br />

ob es negative oder positive Folgen hat. Da viele Jagdgebiete<br />

seit Jahrzehnten betrieben werden, ist inzwischen<br />

eine objektive Beurteilung möglich: Das Erschließen eines<br />

Jagdgebietes und dessen Etablierung am Markt erfordern<br />

hohe Investitionen und rechnen sich nur langfristig bei<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

15


Was tun, wenn bedrohte Tiere für die klassische Fotosafari nicht spannend genug sind?<br />

einer nachhaltigen Nutzung. Das ist prinzipiell auch nicht<br />

schwierig, denn von besonderer Bedeutung für die Trophäenjagd<br />

sind in der Regel die wuchtigen Trophäen der<br />

alten Männchen, die bereits ausgiebig an der Reproduktion<br />

beteiligt waren. Ein Eingriff in mittlere Altersklassen<br />

hat nach zwei bis drei Jahren sichtbare Folgen und führt<br />

damit zu unzufriedenen Kunden. Professionelles und auf<br />

langfristigen Nutzen orientiertes Management vermeidet<br />

daher eine Überjagung. Damit ist die Auswirkung der Trophäenjagd<br />

meist unbedeutend für den Bestand. Der typische<br />

Jagdgast jagt fünf bis zehn Tage (Kosten bis zu 2.000<br />

Euro am Tag) und erwartet einen guten Wildbestand, um<br />

eine realistische Chance auf Erfolg zu haben. Im Erfolgsfall<br />

wird noch ein erheblicher Betrag für den Abschuss fällig.<br />

In der Regel wird bei der Trophäenjagd auch das Fleisch<br />

verwendet und oft kostenlos an die angrenzenden Dörfer<br />

abgegeben – ein wirksamer Beitrag gegen Wilderei. Auch<br />

findet durch den organisierten Jagdbetrieb eine ständige,<br />

flächendeckende und für Wilderer eher unkalkulierbare<br />

Kontrolle statt.<br />

Wilderei aus Eigeninteresse nicht geduldet<br />

Besonders zu erwähnen sind die zahlreichen (allein in<br />

Namibia über 50) und sehr erfolgreichen kommunalen Hegegemeinschaften,<br />

die auf lokaler Ebene über die Nutzung<br />

ihrer Wildbestände entscheiden. Allein von den Einnahmen<br />

nicht jagender Touristen könnte kaum eine dieser Hegegemeinschaften<br />

existieren. Erst die lukrative Trophäenjagd<br />

kann die Arbeit der Gemeinde-Wildhüter finanzieren und<br />

Einnahmen für lokale Gemeinschaftsprojekte wie Schulen<br />

und Brunnen generieren. Mit einem bedingungslosen Verbot<br />

der Trophäenjagd – wie es aus unterschiedlichen politischen<br />

Spektren, insbesondere aber aus Tierrechtskreisen und selbst<br />

von verschiedenen Naturschutzorganisationen gefordert<br />

wird – würde diesen Projekten die wirtschaftliche Grundlage<br />

entzogen. Eine bizarre Vorstellung angesichts der Tatsache,<br />

dass andere Maßnahmen sogenannter „technischer und<br />

finanzieller Hilfe“ selbst mit Millionenbeträgen an vielen<br />

Stellen versagen!<br />

Jedenfalls ist man in Namibia – und anderswo – irritiert<br />

über Initiativen gegen die Trophäenjagd und fühlt sich unangenehm<br />

an die Zeit erinnert, als im fernen Europa ohne<br />

Rücksprache mit den Betroffenen entschieden wurde, was<br />

für Afrika oder Asien gut ist. Wer die Natur retten will und<br />

dafür die Trophäenjagd ausnahmslos abschaffen möchte,<br />

muss gegebenenfalls daraus resultierende negative Folgen<br />

für viele Wildarten mitverantworten.<br />

Das Geschäft mit dem Tierschutz<br />

Auch das Geschäft von Tierrechtlern ist eine Art der Nutzung,<br />

nämlich in Form von Kampagnen zur Rettung einzelner Tiere.<br />

Hier werden durchaus viele Menschen erreicht und durch eingeworbene<br />

Spenden Geld erwirtschaftet. In manchen Fällen<br />

versickert jedoch ein Teil des generierten Geldes in der damit<br />

verbundenen Öffentlichkeitsarbeit oder im Verwaltungsapparat<br />

beteiligter Organisatoren, ohne dass beim effektiven Schutz<br />

einzelner Arten nachhaltige Verbesserungen erzielt werden.<br />

Wie so oft im Bereich der <strong>Nachhaltig</strong>keit liegt die Lösung in<br />

der Mitte, also im kompromissbereiten, synergetischen Zusammenwirken<br />

der beteiligten Interessengruppen zum Wohle<br />

aller und insbesondere zum Erhalt der Artenvielfalt. Denn der<br />

Mensch kann nur im Einklang mit der Natur überleben.<br />

www.zgap.de<br />

Hinweis: Die IUCN hat im September 2016 einen<br />

Workshop zum Thema Pro und Contra Jagd<br />

veranstaltet. Ausführliche Hintergrundinformationen<br />

dazu finden Sie unter diesem QR Code.<br />

RALF LOHE, STEFAN MICHEL UND THIERRY AEBISCHER<br />

arbeiten für die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz<br />

e.V. (ZGAP). Ziel der ZGAP ist es, wenig bekannte, bedrohte<br />

Arten sowie deren Lebensräume zu erhalten.<br />

Foto: © fotolia<br />

16 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


TIERISCHE GESCHÄFTE | SCHWERPUNKT<br />

999 ZEICHEN<br />

für die Zukunft … der <strong>Geschäfte</strong> mit Wild-Tieren – wo sind die Grenzen?<br />

Wir zeigen gern mit erhobenem Finger und betroffen nach Afrika und Asien, vor allem<br />

was Wilderei und Handel von Elfenbein betrifft. Ohne dieses brutale Geschäft kleinreden<br />

zu wollen, wir vermeintlich vorbildlichen Deutschen sind meilenweit davon entfernt,<br />

<strong>Geschäfte</strong> mit Tieren zu unterbinden: wir sind eines der wenigen Länder, das Zirkusauftritte<br />

von Wildtieren erlaubt. Delphinarien erfreuen sich großer Beliebtheit, auch diese<br />

Geldmacherei ist in den meisten Ländern längst verboten. Weiters fehlt das überfällige<br />

Importverbot für Jagdtrophäen für Großwildjäger, die sich hierzulande elegant verlogen<br />

„Auslandsjäger“ nennen. Ein Jäger, der in Afrika einen Elefanten oder ein Nashorn schießt,<br />

darf die Trophäe ungehindert nach Deutschland einführen. Das ist in Anbetracht der<br />

Tatsache, dass diese Arten akut vom Aussterben bedroht sind ein Skandal. Dazu kommt<br />

die Massentierhaltung, die mittlerweile so pervertiert betrieben wird, dass Deutschland<br />

sein Fleisch billiger produziert als irgendein anderes Land der industrialisierten Welt.<br />

Hannes Jaenicke, Schauspieler<br />

Der moderne Zoo hat mit <strong>Geschäfte</strong>macherei nichts zu tun, er ist eine wichtige und nachhaltige<br />

Einrichtung für die Erhaltung der Biodiversität. Jährlich besuchen 700 Millionen<br />

Menschen weltweit die Zoologischen Gärten. Dies zeigt, welch großes Potenzial Zoos<br />

haben, um den Menschen die Natur näher zu bringen und bedrohte Arten zu erhalten.<br />

Betrachtet man die Verstädterung der Bevölkerung und ihre daraus resultierende Entfremdung<br />

von der Natur, so wird diese Funktion noch deutlicher: 55% der Weltbevölkerung<br />

lebt in Städten und im Jahre 2050 werden es 85% sein. Die wichtigste Aufgabe der Zoos<br />

ist die Sensibilisierung der Bevölkerung für Natur und Umwelt. Nur wer Tiere kennt wird<br />

Tiere schützen! Moderne Zoos berücksichtigen die Erkenntnisse der Tiergartenbiologie<br />

und beachten das Tierwohl! Das wird auch von der Internationalen Union zur Erhaltung<br />

der Natur und der natürlichen Ressourcen (IUCN) anerkannt. Bestätigt wird dies zudem<br />

durch Überprüfungen durch Behörden und Fachverbände.<br />

Wolfgang Rades, Zoologischer Direktor, Loro Parque Teneriffa<br />

Fotos v.o.n.u.: © Marco Justus Schöler | © Loro Parque | © WWF<br />

Der weltweite Handel mit gefährdeten Arten ist zum Milliarden-Geschäft geworden. Allein<br />

mit Elfenbein oder Nashorn-Horn werden jährlich bis zu 20 Milliarden Euro umgesetzt.<br />

Die Erlöse aus illegaler Abholzung und illegaler Fischerei liegen um ein Vielfaches höher.<br />

Hinzu kommt die zwar legale, aber nicht nachhaltige Nutzung von Arten, die häufig zu<br />

deren Gefährdung führt. Patentrezepte für den Artenschutz gibt es nicht. So lässt sich<br />

das strikte Verbot jeglicher Nutzung gefährdeter Arten in den wenigsten Ländern durchsetzen.<br />

Hier kann es sinnvoller sein, eine nachhaltige und auf Dauerhaftigkeit zielende<br />

Nutzung von Arten zu fördern, weil dadurch ein Anreiz für deren Erhalt gesetzt wird.<br />

Wirtschaftliche Anreize haben jedoch ihre Grenzen dort, wo die Ausrottung von Arten<br />

droht. Die Wilderei auf Elefanten, Nashörner oder Tiger muss mit Verboten und deren<br />

Durchsetzung erreicht werden. Auch hier gilt: Verbote wirken nicht, wo ihr Sinn nicht<br />

verstanden wird. Aufklärung tut Not.<br />

Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz WWF Deutschland<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

17


18 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


LEBENSLÄNGLICH FÜR<br />

DELPHINE – ODER RETTUNG<br />

DURCH ZOOHALTUNG?<br />

Keine andere Tierart bewegt die Menschen so sehr wie Delphine. Seien es die Fernsehserie Flipper aus<br />

den 60er-Jahren, Begegnungen in Delphinarien oder beim Dolphin-Watching oder aber Berichte von Delphinen<br />

als Beifang riesiger Fischfänger. Doch wo sind die ethischen Grenzen im Umgang mit diesen faszinierenden<br />

Tieren? Die Ansichten darüber gehen zum Teil weit auseinander. <strong>forum</strong> fragte nach – bei den<br />

beiden Biologen Ulrich Karlowski von der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. und Dag Encke vom<br />

Nürnberger Tiergarten sowie beim Aktivisten Jürgen Ortmüller vom Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF).<br />

Unser Umgang mit Delphinen: Dürfen wir mit ihnen Forschung<br />

betreiben? Sie als Spielgefährten betrachten? Zulassen, dass sie<br />

sich in Schleppnetzen verfangen?<br />

Foto groß: © fotolia | v.l.n.r.: © Tim Hüttner | © fotolia | © Steve Dawson, Nabu International<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

19


SCHWERPUNKT | TIERISCHE GESCHÄFTE<br />

Ulrich Karlowski ist<br />

Diplom-Biologe und freier<br />

Journalist. Seit 1998 ist<br />

er bei der Gesellschaft<br />

zur Rettung der Delphine<br />

(GRD) aktiv. Er ist im<br />

Vorstand und arbeitet als<br />

freier Mitarbeiter in den<br />

Bereichen Presse- und<br />

Projektarbeit, Online-<br />

Redaktion und Fundraising.<br />

Herr Karlowski, welche Rolle spielen Delphinarien<br />

beim Schutz von Delphinen?<br />

Keine, wenn es um den direkten Schutz geht!<br />

Die Vorführung von gefangenen Delphinen ist<br />

für den Delphinschutz aus Sicht der Gesellschaft<br />

zur Rettung der Delphine e.V. (GRD)<br />

kontraproduktiv. Hier wird das Bild eines ewig<br />

lächelnden Tier-Clowns vermittelt, der vermeintlich<br />

begeistert Kunststücke vorführt, die<br />

nicht aus dem natürlichen Verhaltensrepertoire<br />

der Tiere stammen. Zusätzlich wird der<br />

für die Mensch-Tier-Interaktion in der freien<br />

Wildbahn schädliche und für alle Beteiligten<br />

gefährliche Eindruck vermittelt, dass man<br />

diese Raubtiere bedenkenlos und beliebig<br />

anfassen und mit ihnen schwimmen kann.<br />

Edukative Inhalte zur Biologie und Bedrohungssituation<br />

der Meeressäuger in der<br />

freien Wildbahn spielen – so es sie denn<br />

überhaupt gibt – eine dem Showcharakter<br />

einer Delphinariumsvorführung untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Allenthalben für die Forschung kann die Gefangenschafts-Situation<br />

eine Rolle spielen.<br />

Das so gewonnene Wissen kann helfen, ein<br />

neues, besseres Verständnis für den Schutz<br />

dieser Tierarten herbeizuführen. So hätte<br />

man die Erkenntnis, dass Delphine sich selbst<br />

im Spiegelbild erkennen – nach unserem<br />

Verständnis also über Ich-Bewusstsein verfügen<br />

– kaum aus einer Versuchsanordnung<br />

in der freien Wildbahn gewinnen können.<br />

Viele Menschen fühlen sich Tieren, die wie<br />

der Mensch sich ihrer selbst bewusst sind,<br />

näher und enger verbunden.<br />

Diese Erkenntnis wiederum führte, zusammen<br />

mit zahlreichen aus der Freilandforschung<br />

gewonnenen Ergebnissen zur Kognition<br />

bei Delphinen, dazu, dass man ihnen<br />

auch die „Theory of mind“ zuspricht. Sie sind<br />

sich nicht nur ihrer selbst bewusst, sondern<br />

können sich auch in die Gefühls- und Gedankenwelt<br />

ihres Gegenübers versetzen.<br />

Nimmt man unser bisheriges, immer noch<br />

recht bescheidenes Wissen zur kognitiven<br />

Leistungsfähigkeit dieser Tiere zusammen,<br />

dann ist es nur folgerichtig, dass zahlreiche<br />

Wissenschaftler und nichtstaatliche Organisationen<br />

wie die GRD mittlerweile eine eigene<br />

„Delphin-Ethik“ und die Anerkennung von<br />

Delphinen als „nicht-menschliche Personen“<br />

fordern.<br />

Einige wenige konkrete Schutzbestimmungen<br />

wurden aus diesem neuen Denken über<br />

diese Tiere bereits realisiert: Im August 2012<br />

erklärten die Bewohner der japanischen Insel<br />

Toshima die rund um die Insel lebenden<br />

Großen Tümmler zu Mitbürgern. In Indien<br />

wurden Delphine im Jahr 2013 offiziell als<br />

nicht-menschliche Personen anerkannt, deren<br />

Rechte und Lebensbedürfnisse respektiert<br />

werden müssen. Als direkte Folge dieser<br />

Entscheidung wurden sämtliche Bauvorhaben<br />

für Delphinarien in Indien abgebrochen und<br />

eingestellt.<br />

Wie artgerecht kann die Haltung von Delphinen<br />

gestaltet werden?<br />

Überhaupt nicht! Delphine gehören zu den<br />

Tierarten, die man nicht artgerecht in Gefangenschaft<br />

halten kann. Die grundlegenden,<br />

natürlichen Verhaltensansprüche der Tiere<br />

kann die Gefangenschafts-Situation nicht<br />

erfüllen. Abgesehen von den sich aus der<br />

Habitatnutzung entstehenden physischen<br />

Rahmenbedingungen, wie Tiefe, Weite und<br />

Länge des zur Verfügung stehenden Lebensraumes,<br />

ist hier besonders auf die spezielle,<br />

hochkomplexe Sozialstruktur der am häufigsten<br />

in Gefangenschaft gehaltenen Art Großer<br />

Tümmler (Tursiops truncatus) zu verweisen.<br />

Diese Art lebt in sogenannten Fission-Fusion-Gesellschaften,<br />

die dadurch gekennzeichnet<br />

sind, dass die Mitglieder einer<br />

Gruppe ständig wechseln (können). Lediglich<br />

Mutter-Kind-Gemeinschaften bleiben über<br />

mehrere Jahre konstant zusammen. Neben<br />

einzeln wandernden Tieren – was eher selten<br />

ist – treffen sich in freier Wildbahn Gruppen in<br />

ständig wechselnder Zusammensetzung und<br />

Größe. Diese komplexen Sozialstrukturen, die<br />

wissenschaftlich nur ansatzweise verstanden<br />

und untersucht sind, lassen sich, selbst wenn<br />

man „nur“ den Begriff der „tiergerechten<br />

Haltung“ als Maßstab nimmt, also bei gravierenden<br />

Abstrichen an die sich aus der Habitatnutzung<br />

ergebenden Lebensansprüche,<br />

auch nicht annähernd simulieren.<br />

Die Diskussion um das Thema Gefangenschaftshaltung<br />

von Delphinen geht mittlerweile<br />

weit über die Fragen nach art- oder<br />

tiergerechter Haltung hinaus. Weder namhafte<br />

Wissenschaftler noch ernsthaft mit<br />

dem Schutz dieser Tiere befasste Organisationen<br />

wie die GRD zweifeln noch daran, dass<br />

Delphine zu den Tieren zählen, die über ein<br />

Bewusstsein und eine ausgeprägte, starke<br />

individuelle Persönlichkeit verfügen und dass<br />

wir uns hier unzweifelhaft mit nicht-menschlichen<br />

Personen konfrontiert sehen.<br />

Foto: © Gesellschaft zur Rettung der Delphine<br />

20 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


TIERISCHE GESCHÄFTE | SCHWERPUNKT<br />

Der renommierte Neurobiologe Gerhard Roth definiert Bewusstsein<br />

folgendermaßen: „Bewusstsein ist aus der Sicht<br />

der Hirnforschung eine besondere Art der Informationsverarbeitung,<br />

die dann eingeschaltet wird, wenn das Gehirn<br />

mit neuen und wichtigen Daten konfrontiert wird, die auf<br />

ihre Bedeutung und Zusammenhänge hin überprüft werden<br />

müssen, und ganz allgemein, wenn es um komplexen Sinn<br />

und komplexe Bedeutung geht.“<br />

Welche Auswirkungen hat die Haltung von Delphinen auf<br />

den Wildbestand?<br />

Die Haltung hat hier keine Auswirkungen, eher das, was<br />

vorher passiert, wenn man sich mit der Frage des „woher“<br />

beschäftigt. Fangaktionen wilder Delphine sind mit hohen<br />

Verlusten und schwerwiegenden Zerstörungen innerhalb<br />

freilebender Delphingesellschaften durch die Entnahme aus<br />

Sicht des Menschen besonders „wertvoller“ Tiere verbunden.<br />

Lokal können Wildpopulationen im Bestand geschädigt werden.<br />

Viele Tiere stammen aus den brutalen Massakern vor<br />

der japanischen Küste (Taiji). Die jährliche Abschlachtung<br />

mehrerer Hundert Delphine finanziert sich hauptsächlich aus<br />

dem Verkauf am Leben gelassener Einzeltiere, da das Fleisch<br />

aus der Schlachtung der Meeressäuger in Japan zunehmend<br />

unbeliebter wird.<br />

Erfreulicherweise sehen einige regionale Schutzabkommen,<br />

wie z.B. ACCOBAMS (Abkommen für Cetaceen im Mittelmeer<br />

„Unsere Gesellschaft muss sich der Frage nach der Rechtmäßigkeit nicht<br />

schuldhaft begründeter Gefangenschaft für (Tier-)Persönlichkeiten stellen.“<br />

Prof. Mike Tomasello, Primatenforscher und Leiter des<br />

Max-Planck-Institutes für evolutionäre Anthropologie in<br />

Leipzig ist der Auffassung: „Wie immer man es nimmt, es gibt<br />

keinen fundamentalen qualitativen Unterschied zwischen<br />

Mensch und den anderen Tieren, wenngleich es teilweise<br />

deutliche quantitative Unterschiede gibt, eben im Nachdenken,<br />

in der Handlungsplanung, der Kooperativität oder in der<br />

Sprache.“ Letztgenannte Unterschiede marginalisieren sich<br />

bis hin zur Nivellierung, je stärker ausgeprägt die Tierpersönlichkeit<br />

ist, mit der wir uns konfrontiert sehen.<br />

Für den Psychologen, Wissenschaftsjournalisten und Zoodirektor<br />

Benjamin Mee ist es folgerichtig ein Verbrechen, Delphine<br />

zu töten. Ein Verbrechen, für das man, wie Benjamin<br />

Mee es fordert, ins Gefängnis gehört: „Dann sprechen wir<br />

von einem Mord und von einem Mörder.“<br />

Es gibt nur einen einzigen mit den ethischen Werten der<br />

meisten Gesellschaften übereinstimmenden Rechtfertigungsgrund,<br />

(Tier)Persönlichkeiten wie Delphine in Gefangenschaft<br />

zu halten: Dass diese Tiere gegen Gesetze der Länder, in<br />

denen sie leben müssen, verstoßen haben, was eine lebenslange<br />

Gefangenschaft (und im Delphinarium bedeutet<br />

lebenslang hier fast immer lebenslang) rechtfertigt. Uns<br />

ist kein Fall eines in Gefangenschaft befindlichen Delphins<br />

bekannt, auf den diese Definition zuträfe.<br />

Ganz unabhängig von der Frage der in Delphinarien herrschenden<br />

Lebensbedingungen muss sich unsere Gesellschaft<br />

der Frage nach der Rechtmäßigkeit nicht schuldhaft begründeter<br />

Gefangenschaft für (Tier)Persönlichkeiten stellen – und<br />

das gilt nicht nur für Delphine, sondern auch für Gorillas,<br />

Bonobos, Schimpansen, Orang-Utans oder Elefanten – und<br />

Antworten darauf finden.<br />

und Schwarzen Meer) eine 0-Handelsquote für Große Tümmler<br />

vor, da die fortwährende Entnahme von und Handelsaktivitäten<br />

mit Großen Tümmlern aus dem Schwarzen Meer<br />

für Zoos und Vergnügungsparks sich zunehmend negativ auf<br />

den Bestand auswirkte.<br />

Im Rahmen der Proteste gegen Delphinarien wird unter<br />

anderem die Gabe von Beruhigungsmitteln kritisiert – wie<br />

ist hier die Faktenlage?<br />

Delphine werden unter großem tiermedizinischem Aufwand<br />

bzw. der ständigen Gabe von Medikamenten in Delphinarien<br />

gehalten. So verabreicht man den Tümmlern in Nürnberg<br />

regelmäßig Beruhigungsmittel, z.B. Diazepam. Der Wirkstoff<br />

Diazepam wird angewandt, um körperliche und psychische<br />

Spannungs- und Erregungszustände zu behandeln – es wirkt<br />

angst- und spannungslösend, und man spricht von einem<br />

Psychopharmakon, das bei uns Menschen oft als Schlafmittel<br />

angewandt wird. Grund hierfür ist die unnatürliche<br />

Gruppenzusammensetzung in einem Delphinarium, die für<br />

ein erhöhtes Aggressionspotenzial bei den Tieren sorgt,<br />

welches man mit Beruhigungsmitteln zu schlichten versucht.<br />

In ihrer natürlichen Umgebung haben die Tiere die Chance,<br />

Konflikten auszuweichen, in Gefangenschaft nicht. Der große<br />

veterinärmedizinische Aufwand zeigt, dass diese Tiere in<br />

Gefangenschaft nicht adäquat gehalten werden können –<br />

weder artgerecht, noch tiergerecht.<br />

Welche ethischen oder moralischen Prinzipien sollten Ihrer<br />

Meinung nach die Grundlage für die Haltung von Delphinen<br />

sein?<br />

Eine artgerechte Haltung von Delphinen ist nicht möglich.<br />

Die GRD lehnt die Gefangenschaftshaltung von Delphinen<br />

grundsätzlich ab.<br />

Herr Karlowski, wir bedanken uns für das Gespräch.<br />

Das vollständige <strong>forum</strong>-Interview mit Ulrich<br />

Karlowski finden Sie online unter:<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

21


SCHWERPUNKT | TIERISCHE GESCHÄFTE<br />

Dr. Dag Encke ist seit<br />

2005 Direktor des Tiergartens<br />

in Nürnberg. Der<br />

Sohn des ehemaligen Krefelder<br />

Zoodirektors war<br />

vorher als Kurator im Allwetterzoo<br />

Münster tätig.<br />

In Nürnberg hat Encke<br />

maßgeblich an den neuen<br />

Plänen für die Delphinlagune<br />

mitgearbeitet und<br />

landschaftsgärtnerische<br />

Maßnahmen eingeleitet,<br />

um den Tiergarten attraktiver<br />

für Tiere und Besucher<br />

zu gestalten.<br />

Herr Dr. Encke, welche Rolle spielen Delphinarien<br />

beim Schutz von Delphinen?<br />

Lassen Sie mich zunächst klarstellen: Als<br />

Leiter des Nürnberger Tiergartens kann und<br />

will ich nur für die Delphinarien sprechen,<br />

die den Aufnahmekriterien der Europäischen<br />

Assoziation für Aquatische Säugetiere<br />

(EAAM, European Association for Aquatic<br />

Mammals) und/oder den Aufnahmekriterien<br />

der Europäischen Zoovereinigung (EAZA,<br />

European Association of Zoos and Aquaria)<br />

entsprechen. Alle wissenschaftlich geleiteten<br />

Delphinarien der EAAM und/oder EAZA nehmen<br />

an Forschungsprojekten teil und haben<br />

Bildungsangebote für die Besucher, in denen<br />

über Meeresschutz, die Beifangproblematik<br />

und konkrete Schutzbedarfe einzelner Delphinarten<br />

unterrichtet wird.<br />

Der bei weitem am häufigsten in Delphinarien<br />

gehaltene Große Tümmler ist selbst keineswegs<br />

bedroht. Seine Bestände gelten weltweit<br />

als noch gesichert, auch wenn schon einzelne<br />

lokale Populationen verschwunden sind.<br />

Man geht von einem gesicherten Bestand von<br />

über 600.000 Tieren in den Weltmeeren aus.<br />

Insofern stellt die Zucht und Vermehrung von<br />

Großen Tümmlern in den Delphinarien der<br />

EAAM keinen Beitrag zum Erhalt der Art dar,<br />

sondern stellt lediglich sicher, dass für die<br />

Delphinarien der EAAM/EAZA keine Tiere<br />

mehr den Weltmeeren entnommen werden.<br />

Da die Großen Tümmler überdurchschnittliches<br />

Interesse bei den Besuchern von Zoos<br />

mit Delphinhaltungen hervorrufen, sind<br />

sie ideale „Botschafter“ für den Schutz der<br />

Meere, der Meeressäuger und für nachhaltige<br />

Fischerei.<br />

Direkten Einfluss auf die Rettung von Delphinen<br />

haben die tiermedizinischen Forschungen<br />

und Erfahrungen der Delphinarien, deren Veterinäre<br />

und Biologen weltweit im Einsatz für<br />

gestrandete und verletzte Tiere sind. Ebenso<br />

unverzichtbar ist die Grundlagenforschung,<br />

die in Delphinarien fast alle grundlegenden<br />

Erkenntnisse über Delphine hervorgebracht<br />

hat. Wissenschaftlich geleitete Delphinarien<br />

arbeiten eng mit Freilandbiologen zusammen,<br />

mit denen gemeinsam Schutzkonzepte für<br />

bedrohte oder bedrängte Arten von Meeressäugern<br />

erarbeitet werden. Methoden<br />

fürs Freiland werden in Delphinarien auf<br />

ihre Funktionalität getestet, physiologische<br />

Forschungen, wie die Frage, ob Tümmler über<br />

Elektrorezeption verfügen oder in welchen<br />

Frequenzbereichen die Tiere was und wie<br />

hören, werden in Delphinarien durchgeführt<br />

und im Freiland für Bestandserhebungen oder<br />

Schutzmaßnahmen angewandt.<br />

Ich wiederhole deshalb: Delphinarien sind aus<br />

meiner Sicht der größtmögliche Multiplikator<br />

für eine Sensibilisierung der Bevölkerung für<br />

den Erhalt der Meeressäuger. Gleichzeitig<br />

können viele Schutzaufgaben und –ziele ohne<br />

das Mitwirken der Delphinarien nicht erreicht<br />

werden. Im Zuge der Artenvernichtung werden<br />

mehr und mehr Tierarten in menschliche<br />

Obhut überführt und die Kenntnisse und<br />

Haltungssysteme Zoologischer Gärten und<br />

Delphinarien gewinnen rasant an Bedeutung<br />

im internationalen Artenschutz.<br />

Bei den Delphinen ist im Moment die Rettung<br />

des kalifornischen Schweinswals, von dem<br />

noch 30 Tiere existieren, oberstes Gebot.<br />

Alle verbliebenen 30 Tiere sollen gefangen<br />

und unter menschlicher Obhut vermehrt<br />

werden. Dies wäre ohne die jahrzehntelange<br />

Erfahrung der Delphinarien in der Pflege von<br />

Schweinswalen ein aussichtsloses Unterfangen.<br />

Der Vaquita wäre die zweite Delphinart<br />

binnen eines Jahrzehnts, die ausstirbt, wenn<br />

man sich nicht durchringt, sie zu fangen und<br />

damit vielleicht noch zu retten. Beim Baiji,<br />

dem Chinesischen Flussdelphin, hatte man<br />

sich gegen diese letzte Rettungsmöglichkeit<br />

entschieden. Er gilt seit 2007 als ausgerottet.<br />

Dem neuseeländischen Maui-Delphin geht es<br />

nicht besser: Von ihm gibt es noch vielleicht<br />

60 Tiere. Auch er könnte in diesem oder den<br />

nächsten Jahren für immer verschwinden.<br />

Neuseeland hat keine Delphinarien, kann<br />

diese Tiere also nicht in Obhut nehmen.<br />

Dringend sollten wissenschaftlich geführte<br />

Delphinarien neue Haltungssysteme für noch<br />

unerforschte, gefährdete Arten anstreben.<br />

Wie artgerecht kann die Haltung von Delphinen<br />

gestaltet werden?<br />

Für den Großen Tümmler, Weißseitendelphine<br />

und Schweinswale sind die Lebensbedürfnisse<br />

und die daraus folgenden Haltungsansprüche<br />

gut untersucht und inzwischen<br />

in wissenschaftlich geführten Delphinarien<br />

meist sehr gut umgesetzt.<br />

Der Große Tümmler ist am besten erforscht<br />

und ist auch die meist gehaltene Delphinart.<br />

Er zeichnet sich durch sehr hohe soziale<br />

Anpassungsfähigkeit aus, was ein soziales<br />

Management dieser Art in Delphinarien<br />

erleichtert. Da er sowohl in großen Hochseeschulen<br />

von mehreren hundert Tieren,<br />

Foto: © privat<br />

22 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


TIERISCHE GESCHÄFTE | SCHWERPUNKT<br />

aber auch in kleinen, stationär an den Küsten<br />

lebenden Gruppen von 2 bis 14 Tieren gleichermaßen<br />

zurechtkommt, lässt er sich auch<br />

in Delphinarien in unterschiedlichen sozialen<br />

Konstellationen halten. Gängig sind eine<br />

Zuchtgruppe mit 1 bis 3 Bullen und mehreren<br />

Weibchen, aber auch sogenannte Junggesellengruppen<br />

von 2 bis 10 männlichen Tieren.<br />

Für eine gute Haltung bedarf es sehr guter<br />

Kenntnisse des Verhaltens der Tiere, das für<br />

Laien schwer zu interpretieren ist. Denn die<br />

individuellen Freundschaften oder auch Antipathien<br />

zwischen den Tieren bedürfen einer<br />

genauen Einschätzung, ob und welche Tiere<br />

ihre Gruppe verlassen sollten und wo und mit<br />

wem sie neu sozialisiert werden können. Dafür<br />

ist der Zusammenschluss der Delphinarien<br />

zu Zuchtgemeinschaften, die all ihre Tiere als<br />

Teil einer gemeinsamen Population verstehen<br />

und managen, eine wichtige Voraussetzung<br />

für langfristig gute Delphinhaltung.<br />

Ein zweites wichtiges Kriterium für gute, also<br />

artgerechte, Delphinhaltung ist die Einhaltung<br />

von Mindestgrößen und – viel wichtiger noch<br />

– von einer definierten Anzahl an Becken für<br />

die jeweils vorgesehene Gruppengröße und<br />

-zusammensetzung. Dabei ist weniger die<br />

Schwimmstrecke oder Tauchtiefe für die Tiere<br />

entscheidend, als vielmehr die kritischen<br />

Distanzen, die die Tiere voneinander als wichtiges<br />

soziales Regulativ halten können. Dazu<br />

dienen vor allem die Mehrbeckenkomplexe,<br />

in denen Tiere in benachbarte Becken ausweichen<br />

und damit dem Blick überlegener Tiere<br />

im Konfliktfall entkommen können.<br />

Die jahrzehntelangen Erfahrungen sind in sogenannten<br />

Haltungsrichtlinien fixiert, deren<br />

Nichteinhaltung zu einem Ausschluss aus dem<br />

europäischen Delphinarienverband führt. Obwohl<br />

viele Erkenntnisse der Freilandforschung<br />

stimmige Rückschlüsse auf die Bedürfnisse<br />

der Tiere in Delphinarien zulassen, verändern<br />

sich manche Bedürfnisse auch mit den veränderten<br />

Rahmenbedingungen. So entfällt zwar<br />

das Bedürfnis nach Jagd, weil die Ernährung<br />

sichergestellt ist. Damit verschwinden aber<br />

nicht das Bedürfnis nach mentaler Stimulation<br />

und die physiologische Notwendigkeit von<br />

kurzzeitigen Stressmomenten zur Aktivierung<br />

wichtiger Körperfunktionen. Das Training der<br />

Tiere für medizinische Untersuchungen und<br />

Besucherpräsentationen und die Arbeit der<br />

Tiere in wissenschaftlichen Projekten hat<br />

sich in diesem Fall als eine hervorragende<br />

Win-win-Situation für Tiere, Wissenschaftler,<br />

Tierpfleger und Besucher herausgestellt. Die<br />

Tiere werden mental und physisch gefordert,<br />

liefern dabei wichtige Erkenntnisse an die<br />

Wissenschaft und ermöglichen den Pflegern<br />

ein vertrauensvolles und stressfreies<br />

Arbeiten mit den Tieren, was die Besucher<br />

von Präsentationen wiederum für die Tiere<br />

begeistert und einige sogar animiert, sich für<br />

ihren Schutz einzusetzen.<br />

Welche Auswirkungen hat die Haltung von<br />

Delphinen auf den Wildbestand?<br />

Die wissenschaftlich geleiteten Delphinarien<br />

der EAAM haben sich vor rund 15 Jahren zu<br />

einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm<br />

(EEP) zusammengeschlossen, was zu<br />

einer nachhaltigen und selbsterhaltenden<br />

Population von über 250 Tieren geführt hat,<br />

die seit 20<strong>03</strong> auf keine Tiere aus Wildbeständen<br />

mehr zurückgreift. Dennoch gibt es nach<br />

wie vor eine nennenswerte Nachfrage nach<br />

Delphinen im Unterhaltungssektor in manchen<br />

afrikanischen und asiatischen Staaten<br />

sowie in einigen Ländern der ehemaligen<br />

Sowjetunion. Wie hoch die Anzahl von regulären<br />

plus irregulären Naturentnahmen ist,<br />

ist nicht bekannt. Bekannt ist, dass es durch<br />

diese Naturentnahmen glücklicherweise noch<br />

keinen messbaren Effekt auf die Populationen<br />

der Wildbestände gibt.<br />

Aber die als Kollateralschaden der industriellen<br />

Fischerei entstehenden jährlichen<br />

Verluste von ca. 300.000 Delphinen unterschiedlicher<br />

Arten als Beifang drohen<br />

einige küstennahe Populationen für immer<br />

zu vernichten. Zwei Arten (Vaquita und der<br />

sogenannte Maui-Delphin in Neuseeland)<br />

werden voraussichtlich durch Fischerei ausgerottet<br />

werden. Von beiden Arten gibt es<br />

aktuell nur noch ca. 30 bzw. 60 Individuen.<br />

Auch die Bestände des La PLata-Delphins<br />

an den Küsten Uruguays, Argentiniens und<br />

Brasiliens werden um jährlich rund 5 Prozent<br />

bedrohlich reduziert.<br />

Da die küstennahen Delphinbestände weltweit<br />

zunehmend unter Druck geraten und<br />

einige Arten sogar zeitnah ausgerottet sein<br />

werden, wenn die letzten Tiere dieser Arten<br />

nicht sofort und mutig kontrolliert vermehrt<br />

werden, gewinnen Delphinarien mit ihrem<br />

Wissen und Können in der Haltung von<br />

Meeressäugetieren zunehmend arterhaltende<br />

Bedeutung und Verantwortung. Für<br />

wissenschaftlich geleitete und durch Zuchtprogramme<br />

vernetzte Delphinarien stellt sich<br />

„Die Großen Tümmler<br />

sind ideale „Botschafter“<br />

für den Schutz der Meere,<br />

der Meeressäuger und für<br />

nachhaltige Fischerei.“<br />

„Für uns stellt sich nicht<br />

die Frage ob wir noch<br />

Delphine halten sollten,<br />

sondern welche Arten wir<br />

halten müssen, um sie<br />

noch retten zu können.“<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

23


SCHWERPUNKT | TIERISCHE GESCHÄFTE<br />

nicht mehr die Frage, ob sie noch Delphine halten sollten,<br />

sondern welche Arten sie halten müssen, um sie noch retten<br />

zu können.<br />

Im Rahmen der Proteste gegen Delphinarien wird unter<br />

anderem die Gabe von Beruhigungsmitteln kritisiert – wie<br />

ist hier die Faktenlage?<br />

Aus Tierschutzgründen werden Beruhigungsmittel für Tiere<br />

(Delphine sind hier keine Ausnahme) in solchen Situationen<br />

verschrieben und verabreicht, in denen die Tiere starken<br />

Stressoren ausgesetzt sind, deren Ursache sie selber nicht<br />

beeinflussen können. Typisches Beispiel für eine solche<br />

Situation ist der Transport von Tieren, die Transporte nicht<br />

gewöhnt sind. Das betrifft meist Heim- und Zootiere, da<br />

diese im Unterschied zu Zirkustieren nur sehr selten einen<br />

Transport erleben. Eine Verabreichung von Beruhigungsmitteln<br />

aufgrund sozialer Situationen, die die Tiere selber<br />

und auch das Management der betroffenen Tierhaltung<br />

kurzfristig nicht lösen können, (weil z. B. erst eine neue<br />

geeignete soziale Gruppe gefunden werden muss, alle<br />

Genehmigungen eingeholt werden müssen und die oft<br />

sehr komplexe Transport-Logistik bewerkstelligt werden<br />

muss) kann aus Tierschutzgründen für kurze Zeiträume<br />

tiermedizinisch indiziert sein. Eine systematische Gabe von<br />

Beruhigungsmitteln gibt es in wissenschaftlichen Zoos nicht<br />

und ist auch nicht zulässig.<br />

Welche ethischen oder moralischen Prinzipien sollten Ihrer<br />

Meinung nach die Grundlage für die Haltung von Delphinen<br />

sein?<br />

Die ethische Grundlage aller Zootierhaltungen, die die<br />

Bedingungen der EU-Zoorichtlinie erfüllen, ist eine Verantwortungsethik,<br />

deren grundlegende Prämisse besagt, dass<br />

der Mensch das einzige Wesen auf diesem Planeten ist, das<br />

Verantwortung über seine eigene Art hinaus denken und<br />

wahrnehmen kann. Weiterhin gehört zu der Prämisse, dass<br />

der Mensch maßgebliche Verantwortung für das weltweite<br />

Artensterben hat. Daraus entsteht der ethische Anspruch,<br />

Verantwortung durch Handeln zu übernehmen, um das<br />

Artensterben zu bremsen. Jedes Handeln führt in Abwä-<br />

gungsprozesse, die über Entscheidungsbäume abgearbeitet<br />

werden können. Diese Abwägungen werden grundsätzlich<br />

nicht für Individuen getroffen, sondern für Tierarten und<br />

Populationen.<br />

Für die in Zoos gehaltenen Tierindividuen gilt eine bedürfnisbasierte<br />

Ethik, die auf der Prämisse basiert, dass die meisten<br />

in Zoos gehaltenen Tiere den empfindsamen, also leidensfähigen,<br />

Tierarten angehören. Deren Bedürfnisse müssen<br />

soweit erfüllt werden, wie dies eben möglich ist und – meist<br />

entscheidender – wieweit diese bekannt sind. Dies gilt für<br />

alle Zootierhaltungen gleichermaßen. Das Grundproblem der<br />

öffentlichen und oft polarisierten Debatte um Tierhaltungen<br />

liegt an zwei grundsätzlich unterschiedlichen gesellschaftsphilosophischen<br />

Ansätzen:<br />

Die Tierrechtsethik legt den Würdebegriff für Tiere der Ablehnung<br />

jeglicher Verfügung über Tiere zugrunde, während die<br />

Tierhalter die Verantwortung den Tieren und Tierarten gegenüber<br />

ihren Ansätzen zugrunde legen. Die Tierrechtsethik<br />

führt letztendlich zu einer Unterlassungsforderung, während<br />

die Artenschutzethik zu beherztem Handeln auffordert und<br />

damit zur Verfügung über tierisches Leben.<br />

Der zweite Aspekt liegt in der Unmöglichkeit, tierische<br />

Gefühle umfassend zu messen. Meist sind es Verhaltensbeobachtungen,<br />

die untermauert werden können durch<br />

hormonphysiologische Untersuchungen. Damit kann man<br />

einen Rahmen für ein „normales“ Tierleben definieren, nicht<br />

aber Glück messen.<br />

Herr Dr. Encke, wir bedanken uns für das Gespräch.<br />

Hinweis: Um ein faires <strong>forum</strong> in Sachen Delphinarien, Delphinschutz<br />

und <strong>Geschäfte</strong> mit Delphinen zu bieten, haben wir<br />

den Befragten identische Fragen vorgelegt. Nicht alle Fragen<br />

und Antworten können aus Platzgründen an<br />

dieser Stelle präsentiert werden. Sie finden die<br />

ausführlichen Fragen und Antworten zur komplexen<br />

Thematik online unter www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

sowie nebenstehendem QR Code.<br />

Kurz vor Zwölf für den Vaquita<br />

Der Vaquita ist eine der seltensten aquatischen Säugetierarten<br />

mit dem vermutlich kleinsten Verbreitungsgebiet aller Walarten.<br />

Für das Überleben des extrem gefährdeten Tiers macht sich unter<br />

anderem Oscar-Preisträger Leonardo DiCaprio stark. Doch wie<br />

können die letzten Exemplare gerettet werden?<br />

Der Kalifornische Schweinswal, wie der Vaquita im deutschen<br />

Sprachgebrauch genannt wird, lebt ausschließlich im oberen Bereich<br />

des Golfs von Kalifornien. In den letzten zehn Jahren ist die<br />

Population um 95 Prozent geschrumpft. Laut einem Bericht des<br />

Internationalen Komitees zur Rettung des Vaquitas (CIRVA) gibt es<br />

nur noch 30 Tiere! Schuld an diesem drastischen Rückgang ist die<br />

illegale Fischerei.<br />

Retten durch Fangen?<br />

Hilft in diesem Fall nur noch ein ganz direkter Eingriff des Menschen<br />

um den Vaquita retten? Ein internationales Team unter der<br />

Leitung des Vaquita-Spezialisten Dr. Lorenzo Rojas Bracho und dem<br />

Konsortium Vaquita CPR will ab Oktober <strong>2017</strong> die letzten verbliebenen<br />

Vaquitas fangen, um sie in ein geschütztes und abgeschlossenes<br />

Areal umzusiedeln. Dies ist laut Ansicht einiger Fachleute die<br />

letzte und einzige Chance, diese Art vor der drohenden Ausrottung<br />

zu bewahren. Ein Plan der nicht nur heiß umstritten ist, sondern<br />

auch noch finanzielle Unterstützung braucht.<br />

www.sos-vaquita.de<br />

www.nmmf.org/vaquitacpr.html<br />

24 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


TIERISCHE GESCHÄFTE | SCHWERPUNKT<br />

Foto: © WDSF<br />

Ein Aktivist klagt an<br />

Jürgen Ortmüller von der Organisation Walund<br />

Delfinschutz-Forum (WDSF) äußert sich<br />

besonders kritisch zur Haltung von Delphinen.<br />

Nachfolgend Auszüge seiner Antworten<br />

auf unser Interview mit identischen<br />

Fragestellungen.<br />

Weltweit werden nach Angaben der Tierschutzorganisation<br />

„Born Free“ in über 60<br />

Ländern in 343 Einrichtungen mehr als 2.000<br />

Delphine, 227 Beluga-Wale, 52 Orcas, 17 Schwertwale (Kleine<br />

Schwertwale) und 37 Schweinswale in Gefangenschaft gehalten.<br />

Seit das erste Delphinarium 1938 in den Marine Studios in Florida<br />

gegründet wurde, starben weltweit Tausende der Meeressäuger in<br />

Gefangenschaft. Die meisten der Tiere leiden an der Vereinsamung<br />

in Gefangenschaft. Durch die psychische Labilität, die nachweislich<br />

in den Zoos von Nürnberg und Duisburg mit Psychopharmaka behandelt<br />

wird, können Krankheiten aufgrund von Immunschwächen<br />

entstehen. Todesursachen sind meist Lungenentzündung, Magengeschwüre<br />

und Blutvergiftung; aber auch Fälle von Selbstmord sind<br />

bei Delphinen bekannt, indem sie bewusst ihre Atmung einstellen.<br />

…<br />

Einer der Hauptlieferanten von Delphinen ist das Walmuseum in<br />

Taiji (Japan). Dort werden jährlich Hunderte von Delphinen bei grausamen<br />

und blutigen Treibjagden getötet. Die schönsten Tiere werden<br />

vorab aussortiert und für bis zu 150.000 US-Dollar weltweit verkauft.<br />

Der Rest landet in japanischen Restaurants und Schulkantinen oder<br />

wird als Dosenfutter verwertet. Auch in Deutschland gab es in der<br />

Vergangenheit bereits Delphine aus den japanischen Treibjagden.<br />

…<br />

In Deutschland gab es ursprünglich sechs Zoos, in Berlin, Gelsenkirchen,<br />

Hamburg, Landau, Neunkirchen und Münster und sechs Vergnügungsparks<br />

– Brühl, Groß-Gerau, Hassloch, Rust, Sierksdorf und<br />

Soltau – in denen Delphine gehalten wurden. Die Delphinanlagen<br />

wurden dort aufgrund hoher Todeszahlen und nach Tierschützerprotesten<br />

geschlossen. Die verbliebenen Zoos in Nürnberg und Duisburg<br />

mit Delphinarien befürchten ganz offensichtlich Besucherrückgänge,<br />

wenn sie die Delphinhaltung beenden.<br />

…<br />

Delphinarien sind Auslaufmodelle. Das steigende Bewusstsein in<br />

der Bevölkerung insbesondere durch die Aufklärung in den letzten<br />

Jahren über die Umstände der katastrophalen Delphinhaltung wird<br />

letztendlich dazu führen, dass auch die beiden letzten deutschen<br />

Delphinarien schließen werden. Wir empfehlen, solche Zoos nicht<br />

mehr zu besuchen.<br />

JÜRGEN ORTMÜLLER<br />

ist alleiniger Gründer, Gesellschafter und Geschäftsführer der seit<br />

2008 als gemeinnützig registrierten Tierschutzorganisation WDSF.<br />

Das WDSF wird von einem wissenschaftlichen Beirat mit zwei<br />

Diplom-(Meeres-)Biologen und einem habilitierten Hochschullehrer<br />

der Ruhr-Universität Bochum (praktizierender Gymnasial­<br />

Biologielehrer) unterstützt.“<br />

Das ausführliche <strong>forum</strong> Interview mit Jürgen<br />

Ortmüller finden Sie ebenfalls online unter<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Frosch für saubere Meere<br />

Flaschen aus 100% Altplastik. Rezepturen frei von Mikroplastik.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

25


SONDERVERÖFFENTLICHUNG BÜRO<br />

Attraktive, offene Bürolandschaften ermöglichen konzentriertes und schallgeschütztes Arbeiten.<br />

DAS BÜRO DER ZUKUNFT<br />

Kaum ein anderes Thema beschäftigt Unternehmer<br />

mehr als die Gestaltung und<br />

Organisation der wissensbasierten Kreativprozesse.<br />

Während in den Produktionen die<br />

Vollautomatisierung verfolgt wird, macht<br />

sich in den Büroetagen Unsicherheit breit.<br />

Kühne Begriffe wie „Office 4.0“ geistern<br />

als Modewort durch die Fachpresse und<br />

entzaubern sich bei näherem Hinsehen als<br />

missverstandene oder fehlgedeutete Visionen,<br />

die niemandem weiterhelfen.<br />

Dabei ist die Sache ziemlich einfach und<br />

nachvollziehbar: Wettbewerbsfähigkeit<br />

steht und fällt mit dem Ideenpotential<br />

der Mitarbeiter. Es entsteht zuerst in den<br />

Köpfen und erst danach kann der Kollege<br />

Computer weiterhelfen. Und wer die Nase<br />

vorne hat, entscheiden zuletzt die Faktoren<br />

Kreativität, Geschwindigkeit und Effizienz.<br />

<strong>forum</strong> sprach mit Holger Jahnke, Vorstand<br />

Marketing und Vertrieb der Sedus Stoll<br />

AG über die Anforderungen an zukünftige<br />

Bürowelten.<br />

Herr Jahnke, moderne Büroarbeit verlangt<br />

nach mehr Flexibilität und Mobilität. Wie<br />

werden sich Einrichtungen und Mitarbeiter<br />

in Zukunft verändern?<br />

Menschen und ihre Ideen sind das kostbarste<br />

Produktivkapital, das den Unternehmenserfolg<br />

steuert. Die Verlagerung<br />

von manueller Tätigkeit hin zu Kopf- bzw.<br />

Wissensarbeit ist nicht aufzuhalten und der<br />

Generationswechsel im Büro ist eins der<br />

wichtigsten Themen.<br />

Die Herausforderung besteht darin, fähige<br />

Mitarbeiter zu behalten und neue zu gewinnen,<br />

Alt und Jung, sprich analog gewachsenes<br />

Know-how und frische, digital basierte<br />

Wissensquellen zusammenzubringen und<br />

Lernwelten zu schaffen, die ein Höchstmaß<br />

an Kreativität freisetzen.<br />

Hier gilt es, ergonomisch perfekte Arbeitsbedingungen<br />

zu schaffen, die einen<br />

gesunden Wechsel von Steh- und Sitzarbeit<br />

ermöglichen, ebenso wie Raumkonzepte<br />

umzusetzen, die bewegungs- und kommunikationsfördernd<br />

wirken.<br />

Unter der Marke Sedus ergo+ haben wir<br />

übrigens ein spezielles Dienstleistungspaket<br />

geschnürt, das sowohl Arbeitgeber als auch<br />

Arbeitnehmer dabei unterstützt, im Sinne eines<br />

aktiven Betrieblichen Gesundheits-Managements<br />

wirkungsvolle und nachhaltige<br />

Prävention am Arbeitsplatz zu leisten.<br />

Jede Veränderung bietet auch die Chance,<br />

etwas zu verbessern. Wir sehen keinen<br />

Widerspruch darin, Büroflächen effizienter<br />

zu nutzen und gleichzeitig ein angenehmes<br />

und inspirierendes Arbeitsumfeld zu<br />

schaffen. Das lösen wir mit modernen,<br />

bedarfsgerechten Einrichtungen und intelligenter<br />

Technik.<br />

Wie können Unternehmer ihre Entscheidungen<br />

absichern?<br />

Wer sich mit Sedus Produkten einrichtet,<br />

erhält nicht nur hochwertige Möblierungen<br />

„Made in Germany“. Sedus ist als internationale<br />

Marke in über 50 Ländern vertreten.<br />

Wir kennen die Marktentwicklungen und<br />

helfen Unternehmen dabei, zukunftssichere<br />

Investitionen zu tätigen. Das setzt sowohl<br />

eine Analyse der Arbeitsabläufe und -methoden<br />

voraus als auch das Verständnis<br />

für die Identität und Ziele des jeweiligen<br />

Unternehmens. Erst danach folgt die<br />

maßgeschneiderte Planung. Dazu gehören<br />

selbstverständlich auch Benutzereinweisungen,<br />

Serviceleistungen, Produkt- und<br />

Nachkaufgarantien.<br />

Dieses Gesamtpaket nennen wir „Sedus<br />

Future Proof“, das bedeutet professionelle<br />

Beratung, umfassende Dienstleistungen,<br />

langfristig nutzbare Produkte und die Sicherheit,<br />

für die Zukunft nicht nur gut einsondern<br />

auch ausgerichtet zu sein.<br />

Zum Thema „Büro der Zukunft“ werden<br />

aktuell zahlreiche Studien auf regionaler,<br />

nationaler und internationaler Ebene von<br />

verschiedenen Wissenschaftlern und Instituten<br />

durchgeführt. Angesichts der Fülle<br />

von Informationen können sogar Fachleute<br />

schnell den Überblick verlieren.<br />

26 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


SONDERVERÖFFENTLICHUNG BÜRO<br />

Vorstand Holger Jahnke: „Gute Planungen optimieren die Flächeneffizienz und steigern die Kommunikation“.<br />

Im Sedus Marketing werden die meist<br />

sehr umfangreichen Studienergebnisse<br />

analysiert, bewertet und als konzentrierter<br />

Extrakt in Sedus INSIGHTS veröffentlicht.<br />

Mit dem Untertitel „Trendmonitor für Werte<br />

und Wohlbefinden bei der Arbeit“ werden<br />

aktuelle Zahlen, Daten und Fakten, Fallstudien,<br />

wertvolle Tipps und Expertenaussagen<br />

weitergegeben, sowohl als Print- als<br />

auch als Online-Ausgabe auf der Website<br />

www.sedus.com.<br />

Was macht Sedus eigentlich anders?<br />

Als Büromöbelexperte und Technikpionier<br />

hat Sedus in seiner über 145-jährigen Firmengeschichte<br />

immer wieder Maßstäbe<br />

gesetzt ? vor allem in den Bereichen Ergonomie,<br />

Design und <strong>Nachhaltig</strong>keit.<br />

Schon Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte<br />

Firmengründer Albert Stoll I die ersten<br />

Büroarbeitsstühle, sein Sohn Albert Stoll II<br />

konzentrierte sich auf das Thema Büroergonomie,<br />

zu einer Zeit, als es den Begriff noch<br />

gar nicht gab. Im Jahr 1926 präsentierte er<br />

den „Federdreh“, der heute als Urvater des<br />

modernen Bürostuhls gilt. Auch dem Enkel<br />

Christof Stoll wurde der Erfindergeist in die<br />

Wiege gelegt. Er entwickelte u. a. in den<br />

1970er Jahren die Similarmechanik, die<br />

heute zum weltweiten Standard zählt.<br />

Sedus gehört heute zu den international<br />

führenden Komplettanbietern in der Büromöbelbranche.<br />

Die Marke Sedus steht als<br />

Synonym für Innovation, Technik und Ästhetik<br />

und bereichert die „Lebenswelt Büro”<br />

immer wieder mit neuen Produktideen und<br />

zeitgemäßen Konzepten.<br />

Innovation ist Bestandteil der DNA und in<br />

der eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung<br />

entstehen mit beeindruckender<br />

Regelmäßigkeit neue Produkte und technische<br />

Lösungen, die ihresgleichen suchen<br />

und nicht nur durch ihre Designpreise<br />

überzeugen.<br />

Übrigens lassen wir unsere Neuentwicklungen<br />

vor Markteinführung von der eigenen<br />

Belegschaft testen, denn nicht nur bei unseren<br />

Kunden, sondern auch bei Sedus selbst<br />

gibt es Büroarbeitsplätze …<br />

Was zeichnet zukunftssichere Büromöbel<br />

aus?<br />

Zukunftssichere Möbel müssen flexibel und<br />

„intelligent“ sein. Die meisten Sedus Tischund<br />

Schranksysteme sind ohnehin modular<br />

aufgebaut und ermöglichen im Bedarfsfall<br />

schnelle Neukonfigurationen, die oft durch<br />

Zukauf weniger Ergänzungsteile realisierbar<br />

sind. In Kombination mit leistungsfähigen,<br />

einfach verstellbaren Drehstühlen sind dadurch<br />

langfristig nutzbare und ergonomisch<br />

sinnvolle Basiseinrichtungen garantiert, die<br />

sich auch als Wechselarbeitsplätze eignen.<br />

Seit der Orgatec 2016 haben wir z. B. einen<br />

Konferenzsessel namens Sedus se:line im<br />

Programm, der Größe und Gewicht seiner<br />

Nutzer automatisch in den passenden Anlehndruck<br />

der Rückenlehne umwandelt. Mit<br />

Sedus se:works brachten wir ein Loungemöbelsystem<br />

auf den Markt, das sich an jede<br />

Grundrissänderung anpassen lässt und dazu<br />

noch einen bisher ungekannten Sitzkomfort<br />

bietet. Mit den akustisch wirksamen Screens<br />

und Stellwänden Sedus se:wall können<br />

bestehende Bürolandschaften optisch und<br />

funktional aufgewertet und kurzfristig neu<br />

zoniert werden.<br />

Mit Sedus se:connects haben wir eine neue<br />

Dimension der Konnektivität geschaffen und<br />

kabellose Ladestationen mit modernster<br />

iBeacon-Technologie kombiniert. So erfährt<br />

der Büroarbeiter per Smartphone die Auslastung<br />

einzelner Bürobereiche, erkennt den<br />

nächst erreichbaren, optimal ausgestatteten<br />

Arbeitsplatz und weiß auch, wo er seine Kollegin<br />

oder seinen Kollegen trifft. Dazu erhält<br />

das Facility Management wertvolle und verlässliche<br />

Daten über die Raumnutzung, was<br />

wiederum einer effizienten Büroplanung<br />

und Flächennutzung zugute kommt.<br />

www.sedus.com.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

27


PAPIER IM GREEN OFFICE<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit lohnt sich. Aber wie? Neben<br />

Transparenz und Vertrauen durch <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte<br />

ist die Grundlage vor allem<br />

eines: glaubwürdige Kommunikation. Das<br />

beinhaltet, formulierte Prinzipien auch im<br />

Unternehmensalltag zu leben. Recyclingpapier<br />

ist dabei ein einfacher Schritt auf<br />

dem Weg hin zum „Green Office“.<br />

Außer in Politik und Gesellschaft rückt das<br />

Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit auch in der Geschäftswelt<br />

immer mehr in den Fokus. Corporate<br />

Social Responsibility (CSR) steht als Überbegriff<br />

für das Engagement in den Dimensionen<br />

Ökonomie, Ökologie und Soziales. Viele<br />

Unternehmen haben die darin enthaltenen<br />

Potenziale und Chancen längst erkannt: sie<br />

engagieren sich in vielfältiger Weise und<br />

kommunizieren ergriffene Maßnahmen<br />

sowie erzielte Erfolge. Als Teil einer strikten<br />

Umweltpolitik hat auch der Papiergroßhändler<br />

Papyrus bereits Mitte 2016 seinen ersten<br />

europäischen <strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht für das<br />

Geschäftsjahr 2015 veröffentlicht.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte eignen sich als<br />

zusätzliches Instrument der Kommunikationspolitik<br />

hervorragend dazu, derlei<br />

Bemühungen zu dokumentieren und hochwertig<br />

aufbereitet darzustellen. Ob von der<br />

CSR-Berichtspflicht betroffen oder auf freiwilliger<br />

Basis, vollwertige <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte<br />

wie auch kompakte Umweltberichte<br />

schaffen Transparenz und Vertrauen bei<br />

Stakeholdern.<br />

Eine nachhaltige Bürolandschaft ist<br />

zentra ler Bestandteil einer wirkungsvollen<br />

Umweltstrategie.<br />

Entscheidender Erfolgsfaktor ist dabei die<br />

Glaubwürdigkeit der Kommunikation. Dazu<br />

zählt die konsequente Umsetzung der individuell<br />

formulierten CSR-Strategie über<br />

alle Hierarchieebenen hinweg – von der<br />

obersten Führungsetage bis hinein in den<br />

Unternehmensalltag und die einzelnen Arbeitsplätze.<br />

Eine nachhaltige Bürolandschaft<br />

ist zentraler Bestandteil einer wirkungsvollen<br />

Umweltstrategie. Aus diesem Grund hat<br />

es sich Papyrus zur Aufgabe gemacht, <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

zu einem festen Bestandteil der<br />

eigenen Unternehmenskultur zu machen,<br />

Leitlinien zu etablieren und formulierte Ziele<br />

konsequent zu verfolgen. Dies umfasst alle<br />

Glieder der Wertschöpfungskette, von der<br />

Lieferantenauswahl über die Produktion<br />

bis hin zur Auslieferung – und zwar in allen<br />

Ländern und Regionen.<br />

Eine holistische Betrachtung beinhaltet auch<br />

die internen Kommunikationsprozesse. Der<br />

Begriff „Green Office“ fasst verschiedene<br />

Teilbereiche hinsichtlich eines ressourcenschonenden<br />

Umgangs mit Energien und<br />

das Übernehmen von Verantwortung für<br />

Mensch und Umwelt im Kontext des Büroalltags<br />

zusammen. Dazu zählen „Green Behaviour“,<br />

„Green Building“ oder auch „Green<br />

IT“. Eine zentrale Rolle auf dem Weg hin zu<br />

einer wirklich nachhaltigen Bürolandschaft<br />

spielt jedoch die ganzheitliche Betrachtung<br />

der Papierprozesse. Das verdeutlicht der<br />

deutschlandweite Verbrauch von jährlich<br />

28 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


SONDERVERÖFFENTLICHUNG BÜRO<br />

mehreren hunderttausend Tonnen Büround<br />

Administrationspapieren. Dies beginnt<br />

bei der gewissenhaften Auswahl und Beschaffung,<br />

geht über den bewussten Einsatz<br />

im Tagesgeschäft und reicht bis hin zur<br />

verantwortungsvollen Entsorgung.<br />

Optimierung des Papierverbrauchs<br />

Vollständig papierlose Büros wird es auch<br />

in Zeiten der Digitalisierung nicht geben,<br />

darüber sind sich befragte Wirtschaftsvertreter<br />

einig. Darum ist die richtige Papierwahl<br />

auch künftig elementarer Bestandteil<br />

einer wirkungsvollen Umweltstrategie.<br />

Moderne Recyclingpapiere stehen holzfreien<br />

Primärfaserpapieren in Sachen<br />

Technik, Optik und Haptik in nichts nach<br />

und punkten obendrein mit einer lupenreinen<br />

Umweltbilanz. Dabei handelt es sich<br />

um Papiere, die aus bereits mindestens<br />

einmal genutztem Zellstoff bestehen, der<br />

für den erneuten Gebrauch aufbereitet<br />

wurde. Man spricht auch von Sekundärfaserpapieren.<br />

Unterschieden wird zwischen<br />

Papierqualitäten aus 100 Prozent Altpapier<br />

und Mischfaserpapieren, denen prozentual<br />

frischer Zellstoff beigemischt wird. Recyclingpapiere<br />

aus 100 Prozent Altpapier<br />

überzeugen durch eine besonders gute<br />

Ökobilanz, ohne dass Verbraucher dabei<br />

Abstriche bei der Qualität machen müssen.<br />

Ganz im Gegenteil: Moderne Recyclingpapiere<br />

sind echte Hightech-Produkte, die<br />

auch die Anforderungen hoher Kopier- und<br />

Druckauflagen mit Leichtigkeit erfüllen.<br />

Vorurteile wie ein erhöhter Geräteverschleiß,<br />

stärkere Staubentwicklung oder<br />

auch mindere Bedruckeigenschaften sind<br />

längst überholt.<br />

Recyclingpapier – eine nachhaltige<br />

Visitenkarte und ein klares<br />

Statement<br />

Mit der Steinbeis Papier GmbH<br />

zählt der Betreiber einer der<br />

modernsten Recyclingpapierfabriken<br />

Europas zu den<br />

Zulieferern von Papyrus.<br />

Das auf die Produktion<br />

von umweltfreundlichen<br />

Office-Papieren<br />

spezialisierte Unternehmen<br />

verfolgt<br />

bereits seit 1976 eine<br />

strikte Umweltpolitik und<br />

übernimmt damit seit jeher eine Vorreiterrolle<br />

in der Papierbranche. Mit Spitzenwerten<br />

von bis zu 83 Prozent weniger Wasser, bis zu<br />

72 Prozent weniger Energie und einem um<br />

bis zu 62 Prozent reduzierten CO 2<br />

-Ausstoß<br />

erzielt Steinbeis in der Branche Bestwerte<br />

und setzt damit Maßstäbe. Anerkannte<br />

Umweltlabel wie der Blaue Engel oder auch<br />

das EU Ecolabel kennzeichnen die Einhaltung<br />

höchster Standards und bieten Verbrauchern<br />

Orientierung. Das CSR-Office-Papier Recyconomic®<br />

erfüllt diese strengen Richtlinien.<br />

Das multifunktionale Recyclingpapier ist<br />

ungestrichen, besteht zu 100 Prozent aus<br />

Altpapier und ist die perfekte Wahl für eine<br />

nachhaltige Unternehmenskommunikation.<br />

In vier verschiedenen Weißegraden (ISO 70,<br />

80, 90 und 100) ist das zertifizierte Recyclingpapier<br />

eine nachhaltige Visitenkarte und<br />

ein klares Statement nach innen wie außen<br />

zugleich. Mit CSR-Office-Papier verbessern<br />

Unternehmen Blatt für Blatt ihre Ökobilanz.<br />

Im Rahmen der eigenen CSR-Initiativen<br />

unterstützt Papyrus Anwender mit hilfreichen<br />

Tipps zur Umsetzung rund um die<br />

CSR-Berichtspflicht, die freiwillige <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation<br />

und die Bedeutung<br />

sowie den Weg hin zum Green Office.<br />

Best-Practice-Beispiele geben zudem praxisnahe<br />

Einblicke und Anregungen.<br />

Alle Materialien rund um das Thema Corporate<br />

Social Responsibility und Green Office<br />

stehen zum kostenlosen Download bereit<br />

unter: www.papyrus-deutschland.de/csr<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

29


THEMEN | BAUEN<br />

PFLANZEN EROBERN<br />

DEN HIMMEL<br />

Verdichtung, Hitzeinseln zwischen trostlosen Gebäuden und Schadstoffbelastung in der Luft: Unsere Städte<br />

haben mit Problemen zu kämpfen, die der Klimawandel noch verstärken wird. Stadtplaner suchen nach<br />

Lösungen – und erkennen das große Potenzial von Begrünung.<br />

30 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Die Sicht reicht kaum weiter als einige hundert Meter. Auf<br />

den gespenstisch wirkenden und von Nebel verhangenen<br />

Straßen sind Menschen mit Atemmasken unterwegs, aber<br />

keine Autos. Die Regierung hat Smog-Alarm ausgerufen, es<br />

herrscht Fahrverbot. Schulen werden geschlossen, ganze<br />

Landstriche liegen unter einer grauen Glocke. Was zunächst<br />

anmutet wie Szenen aus einer dystopischen Zukunft oder<br />

dem von Smog geplagten China hat sich so vor etwa 30<br />

Jahren ereignet – und zwar mitten in Deutschland. Den<br />

Smog-Alarm in Nordrhein-Westfalen hat damals vor allem<br />

eine Inversionswetterlage begünstigt. Die Abgase der zahlreichen<br />

Industrieanlagen und Autobahnen, die sonst in höhere<br />

Luftschichten entweichen konnten, wurden so am Boden<br />

gehalten und sorgten für eine erhöhte Konzentration des<br />

Schadstoffes Schwefeldioxid in der Luft.<br />

EU-Kommission bemängelt schlechte Luftqualität in<br />

Deutschland<br />

Auch wenn es seitdem in Deutschland keine Smog-Warnungen<br />

mehr gab und sich die Luftverschmutzung der Industrieanlagen<br />

dank neuer Filtertechnologien und Rückgang der<br />

Schwerindustrie reduziert hat – die Luftqualität in Deutschland<br />

ist alles andere als zufriedenstellend. Obwohl sich bei<br />

den Messwerten für die Luftschadstoffe Feinstaub, Stickstoffdioxid<br />

und Ozon laut Studien des Umweltbundesamtes in<br />

den letzten Jahren eine leichte Verbesserung zeigte, werden<br />

vor allem an verkehrsnahen Messstationen, also in Ballungsräumen,<br />

immer noch die von der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) empfohlenen Grenzwerte überschritten. So<br />

liegen bei einem Viertel aller Messstationen die Feinstaubwerte<br />

im Jahresmittel um 24 Prozent über den von der<br />

WHO empfohlenen Werten. Zuletzt im Februar forderte<br />

die EU-Kommission daher von der Bundesregierung<br />

bessere Maßnahmen zur Luftreinhaltung und<br />

drohte mit einem Verfahren vor dem<br />

Foto: © Oliver Wendel, Unsplash<br />

Grüne Terrassen statt graue Fassade: Das Hochhaus<br />

Bosco Verticale (vertikaler Wald) des italienischen<br />

Architekten Stefano Boeri in Mailand.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

31


Begrünungen lassen sich vielseitig realisieren: an Flachdächern und Fassaden sowie an alter und neuer Bausubstanz. Dabei können sie die<br />

Energieeffizienz eines Gebäudes erheblich steigern.<br />

europäischen Gerichtshof. Die gesundheitlichen Folgen der<br />

Luftverschmutzung sind Atemwegserkrankungen und Herzkreislaufstörungen.<br />

Laut dem Umweltbundesamt sterben<br />

in Deutschland jährlich etwa 45.000 Menschen durch die<br />

Folgen der Feinstaubbelastung.<br />

Was tun gegen Schadstoffe in der Luft?<br />

Gegen die Belastung durch Feinstaub gibt es unterschiedliche<br />

Lösungsansätze. Viele davon greifen den Verkehr als<br />

Hauptquelle des Luftschadstoffs auf und setzen daher an<br />

dieser Stelle an. Umweltzonen in Städten und Partikelfilter<br />

an Dieselfahrzeugen sind bekannte Maßnahmen – die jedoch<br />

zu kurz greifen. Denn die kleinen Schadstoffpartikel<br />

werden nicht nur in den Abgasen des Verkehrs freigesetzt,<br />

sondern entstehen auch in Industrie und Landwirtschaft, in<br />

Kamin- und Holzöfen sowie in Elektrogeräten wie Druckern<br />

oder Kopierern. Natürlich ist die Vermeidung oder Begrenzung<br />

von Emissionen an der Quelle sinnvoll – Stadtplaner<br />

nutzen aber immer öfter auch eine andere Möglichkeit, um<br />

die Feinstaubbelastung zu verringern: Begrünung. Denn<br />

im Gegensatz zu versiegelten Flächen wie asphaltierten<br />

Straßen, gepflasterten Gehwegen und Fassaden tragen<br />

Pflanzen dazu bei, Luftschadstoffe wie Feinstaub zu binden.<br />

Neue Konzepte für Stadtbegrünung werden daher erprobt.<br />

Zum Beispiel von Professor Michael Braungart, der als Geschäftsführer<br />

des wissenschaftlichen Forschungs- und Beratungsinstituts<br />

EPEA in Zusammenarbeit mit Experten für<br />

Hydrokulturen neue Lösungen zur Begrünung entwickelt.<br />

Als Chemiker und Mitbegründer des Cradle to Cradle-Ansatzes<br />

bezeichnete er Feinstaub als Körperverletzung und<br />

fordert stärkere Maßnahmen: „Der öffentliche Sektor muss<br />

seiner Verantwortung für die Gesundheit nachkommen.<br />

Neben Feinstaubfiltern in der Industrie brauchen wir eine<br />

Reduzierung der Belastungen aus dem Verkehr. Neben<br />

solchen aktiven Maßnahmen können wir durch Pflanzen<br />

passiv die Luft reinigen“.<br />

Begrünung hat viele Vorteile<br />

Stadtgärten und Parks tragen zur Verbesserung der Lebensqualität<br />

in Quartieren bei. Die Möglichkeiten der Stadtbegrünung<br />

beschränken sich aber nicht nur auf die Horizontale<br />

– auch vertikal können an Gebäudefassaden grüne Oasen<br />

entstehen. Das hat neben der angesprochenen Verbesserung<br />

der Luftqualität weitere Vorteile. Zahlreiche Studien haben<br />

bewiesen, dass der Anblick grüner Landschaften die Kreativität<br />

und die Gesundheit fördert. Bekannt ist die Studie des<br />

Amerikaners Roger S. Ulrich, der die Genesung von Patienten<br />

im Krankenhaus untersuchte. Eine Hälfte der Probanden hatte<br />

durch die Fenster Ausblick auf grüne Bäume, die andere<br />

nicht. Trotz der gleichen Krankheit brauchten die Patienten<br />

mit Ausblick ins Grüne weniger Schmerzmittel und konnten<br />

das Krankenhaus schneller verlassen. Neben den positiven<br />

Auswirkungen auf das Wohlbefinden hat die Bepflanzung<br />

weitere Vorteile: Eine Fassadenbegrünung dämpft Straßenlärm<br />

und macht durch ihre kühlende Wirkung Hitzetage<br />

erträglicher. So hat eine Studie der TU Darmstadt ergeben,<br />

dass eine Fassadenbegrünung Temperaturspitzen an der<br />

Außenwand von Gebäuden um bis zu 30 Grad Celsius reduzieren<br />

kann. Mit einer Dachbegrünung wurden 40 Prozent<br />

der Strahlungsbilanz der Sonneneinstrahlung in fühlbare<br />

Wärme umgewandelt, bei nicht begrünten Dächern sind<br />

es laut der Studie 90 Prozent. Somit kann Begrünung einen<br />

großen Beitrag zum Energiesparen leisten.<br />

Bundesregierung erkennt Potenziale der Stadtbegrünung<br />

Stadtbegrünung hat Konjunktur. Auch auf der Agenda der<br />

Bundesregierung spielt das Thema eine wichtige Rolle. So<br />

wurde nach dem Kongress „Grün in der Stadt – Für eine<br />

lebenswerte Zukunft“ im Jahr 2015 im Folgejahr das Städtebauförderprogramm<br />

„Zukunft Stadtgrün“ beschlossen, das<br />

im Jahr <strong>2017</strong> mit einem Volumen von rund 50 Millionen Euro<br />

Städte und Gemeinden beim Anlegen von Parks und Grünflächen<br />

sowie der Renaturierung von Wasserläufen unterstützt.<br />

Fotos v.l.n.r.: © optigrün | © Chris Barbalis, Unsplash | © cillas, Wikimedia Commons | © citytree<br />

32 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


BAUEN | THEMEN<br />

Links: Patrick Blanc lässt Fassaden zu Kunstwerken werden, wie hier<br />

am Caixa Forum in Madrid. Rechts: Der Citytree bindet mit einer<br />

Mooswand besonders viele Luftschadstoffe.<br />

In Essen soll eine Dachbegrünung bei Neu- oder Umbauten<br />

in Zukunft sogar vorgeschrieben werden. Gesetzliche Rahmenbedingungen<br />

für Stadtbegrünung wurden auch auf dem<br />

Im Juni erstmals stattfindenden Weltkongress Gebäudegrün<br />

diskutiert. Dieser wurde von der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung<br />

e.V. (FBB) ausgerichtet, das BMUB übernahm<br />

die Schirmherrschaft. Dr. Gunter Mann, Präsident der FBB,<br />

zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden: „Der Weltkongress<br />

Gebäudegrün in Berlin war ein voller Erfolg für die Zukunft<br />

der Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung. Über 800<br />

Teilnehmer und 49 Aussteller diskutierten in 98 Vorträgen<br />

Möglichkeiten der Förderung für Begrünung. Dabei war die<br />

positive und optimistische Stimmung richtig zu greifen – wir<br />

schauen im wahrsten Sinne des Wortes einer grünen Zukunft<br />

entgegen!“<br />

Konzepte zur großflächigen Umsetzung sind noch rar<br />

Politik und Kommunen begrüßen das Konzept der Stadtbegrünung<br />

– aber wie sieht es mit der Umsetzung aus?<br />

Bekannt ist das Gebäude „Bosco Verticale“ (vertikaler Wald),<br />

das Stefano Boeri in Mailand errichtete. Für die beiden<br />

Wohntürme, auf deren 90.000 Quadratmetern Bäume und<br />

Sträucher wachsen, wurde der Architekt 2014 mit dem Internationalen<br />

Hochhauspreis ausgezeichnet. Ein ähnlicher<br />

Gebäudekomplex wird von Boeri gerade für die von Smog<br />

geplagte chinesische Stadt Nanjing geplant.<br />

Wie Kunstwerke wirken die vertikalen Grünflächen, mit denen<br />

der Architekt und Gartenkünstler Patrick Blanc weltweit<br />

Fassaden schmückt. Seine Werke können zum Beispiel in<br />

Berlin, Paris und Madrid bestaunt werden. Und in New York<br />

wurde eine über zwei Kilometer lange, stillgelegte Güterzugtrasse<br />

zu einer öffentlichen Parkanlage umgestaltet: Die<br />

High Line zieht sich wie ein grünes Band an der Westseite<br />

Manhattans entlang. In solchen Pilotprojekten wird weltweit<br />

Begrünung im großen Rahmen erprobt. An Konzepten für<br />

eine flächendeckende Umsetzung und die Massenproduktion<br />

von System-Modulen wird derzeit noch geforscht. Fraunhofer<br />

Umsicht beispielsweise hat auf der Messe BAU <strong>2017</strong> ein<br />

System zur vertikalen Begrünung vorgestellt, das sich an<br />

Gebäudefassaden umsetzen lässt. Es besteht aus einzelnen<br />

Kalksandstein-Modulen, die rinnenförmig aufgebaut sind<br />

und sich beliebig skalieren lassen. Das System wird von oben<br />

bewässert, wobei das Wasser aufgrund der Schwerkraft<br />

durch den Sandstein geführt wird und so alle Schichten erreicht.<br />

Kurzfristig soll das System an Privathäusern oder an<br />

Schallschutzwänden von Autobahnen eingeführt werden,<br />

langfristig aber auch im größeren Rahmen beispielsweise<br />

an der Fassade von Bürogebäuden.<br />

A Building like a Tree – A City like a Forest<br />

Besonders problematisch ist, dass die Feinstaubbelastung<br />

in geschlossenen Räumen deutlich höher ist als im Freien,<br />

während wir einen Großteil unseres Tages im Büro oder in<br />

der Wohnung verbringen. Daher sind auch Konzepte für<br />

eine wartungsarme Begrünung von Innenräumen notwendig.<br />

Zahlreiche Unternehmen bieten bereits Lösungen für<br />

begrünte Bürowände und Wohnungen an. Ein Münchner<br />

Unternehmen hat in Zusammenarbeit mit EPEA ein Hydrokultur-Pflanzsystem<br />

entwickelt, das im Vergleich zu anderen<br />

Lösungen mit weniger Wasser auskommt. Das Pflanzsystem<br />

kann sowohl im Innen- als auch im Außenbereich angewendet<br />

werden. Gleiches gilt für eine besonders pflegeleichte<br />

Begrünungslösung: Moose. Das Berliner Start-up Green City<br />

Solutions etwa bietet mit dem „CityTree“ eine platzsparende<br />

Lösung an, die nicht nur optisch einem Luftfilter für Automobile<br />

gleicht: Das 3,5 Quadratmeter große System bindet<br />

Feinstaube, Stickoxide sowie CO 2<br />

und lässt sich praktisch<br />

überall aufstellen.<br />

Am Gebäude der Zukunft sorgt Begrünung, ob an der Fassade<br />

oder auf dem Dach, für ein angenehmes Stadt-Klima.<br />

Und dank begrünter Räume ist die Feinstaubbelastung und<br />

das Raumklima auch im Inneren leicht zu verbessern. Das<br />

ist die Vision von Michael Braungart. Er vergleicht nach<br />

dem Motto „ein Gebäude wie ein Baum – eine Stadt wie<br />

ein Wald“ Bausubstanz mit der sich regenerierenden Natur:<br />

„Wie ein Baum filtern Gebäude durch Begrünung aktiv<br />

Feinstaub aus der Luft und reinigen das Regenwasser. Wenn<br />

wir zudem qualitativ hochwertige Ressourcen verwenden,<br />

können Gebäude als Materialbanken dienen und Bauteile<br />

rückgewonnen werden.“<br />

www.gebaeudegruen.info | www.epea.com<br />

www.umsicht.fraunhofer.de | www.greencitysolutions.de<br />

Weitere Informationen zur Stadt der Zukunft finden Sie in der<br />

<strong>forum</strong>-Ausgabe 2/2016 und auf www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

33


NACHHALTIG BAUEN<br />

Wie funktioniert das?<br />

Herr Schneider ist Architekt und hat für<br />

Frau Müller ein Bürogebäude entworfen, das nun ein<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitszertifikat bekommen soll.<br />

Frau Fischer ist Auditorin für ein Gebäudezertifizierungssystem.<br />

Ihre Aufgabe ist es, alle Berechnungen und Dokumentationen<br />

durchzuführen, die für die Zertifizierung benötigt werden.<br />

Gebäudezertifizierungssysteme<br />

unterscheiden dafür zwischen<br />

ökologischer, ökonomischer und<br />

soziokultureller Qualität. Für<br />

jeden Bereich gibt es standardisierte<br />

Kriterien für eine systematische<br />

Bewertung der<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit des Gebäudes.<br />

GEBÄUDEZERTIFIZIERUNGSSYSTEM<br />

Ein Beispiel: Der Bauherrin Frau Müller liegt der Umweltschutz<br />

besonders am Herzen. Deshalb ist für sie die öko logische<br />

Qualität ihres Gebäudes entscheidend.<br />

Um diese bewerten zu können, muss Frau Fischer eine<br />

Ökobilanz für das Gebäude erstellen.<br />

Ökobilanz<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Die Ökobilanzierung ist eine international bewährte und genormte<br />

Methode, um potentielle Auswirkungen von Prozessen,<br />

Produkten oder ganzen Bauwerken auf ihre Umwelt zu analysieren<br />

– denn <strong>Nachhaltig</strong>keit lässt sich nicht auf eine einzige<br />

Kennzahl herunterbrechen, wie zum Beispiel die CO 2 -Emissionen.<br />

34 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Damit Frau Fischer eine solche<br />

Ökobilanz erstellen kann, benötigt sie<br />

detaillierte Daten: zu dem Gebäude.<br />

Zu jedem Bauteil. Und zu jedem einzelnen<br />

darin verarbeiteten Produkt oder<br />

Material. Und zwar über den gesamten<br />

Lebenszyklus: von der Rohstoffgewinnung<br />

und Produktion über die<br />

Bau- und Nutzungsphase bis hin zu<br />

Rückbau, Entsorgung und Recycling<br />

des Gebäudes.<br />

All diese Daten zu beschaffen, wäre für<br />

Frau Fischer gar nicht möglich.<br />

Wie also erhält Frau Fischer die Ökobilanzdaten der Produkte,<br />

um eine Gebäude-Ökobilanz über den gesamten Lebenszyklus<br />

berechnen zu können, damit Frau Müllers Bürogebäude<br />

bewertet werden kann?<br />

Die Lösung sind EPDs – die Umwelt-Produktdeklarationen.<br />

In einer EPD werden die relevanten Daten über den Lebenszyklus<br />

eines Produktes in Umweltwirkungskategorien vom Hersteller<br />

ausgewiesen und von unabhängigen Experten geprüft.<br />

Dank EPDs finde ich die<br />

Informationen, die ich für<br />

die Gebäudezertifizierung<br />

benötige!<br />

Systematische<br />

Analyse<br />

Unabhängige<br />

Verifizierung<br />

Frei zugängliche<br />

Informationen<br />

THIRD-PARTY VERIFIED<br />

EPD<br />

ISO 14025 and EN 15804<br />

Sehen Sie selbst – Film ab!<br />

http://ibu-epd.com/service/videos/<br />

www.ibu-epd.com — info@ibu-epd.com<br />

Das Detail im Fokus.<br />

Das Ganze im Blick.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

35


Dieses Gebäude erhielt als weltweit erstes die Auszeichnung „DGNB Diamant“: Das 50 Hertz Netzquartier in Berlin. Die Nutzung von Abwärme<br />

sowie Solar- und Windenergie sorgt dafür, dass der Primärenergiebedarf nur rund die Hälfte der EnEV-Anforderungen beträgt.<br />

GRÜNE WELLE ZUM<br />

NACHHALTIGEN BAUEN<br />

Menschen verbringen heute mehr als 75 Prozent ihrer Lebenszeit in Gebäuden. Bauen ist ressourcenund<br />

energieintensiv, der Betrieb von Gebäuden ebenso. Kein Wunder dass <strong>Nachhaltig</strong>keit zum Schlagwort<br />

der Bauwirtschaft wurde.<br />

Von Fritz Lietsch<br />

Es hat lange gedauert, bis der Bausektor das Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

für sich angenommen hat. Erste Aktivitäten gab es<br />

bereits in den 1970er Jahren, nachdem Erkenntnisse über<br />

Gesundheitsgefahren aus Holzschutzmitteln und Dämmstoffen<br />

die Bürger aufschreckten. Das Buch „Wohngifte“<br />

wurde zu einem Bestseller. Der Ruf „Zurück zur Natur“<br />

wurde laut. In der Folge entstanden in Deutschland Institute<br />

für Baubiologie, kreative Jungunternehmer entwickelten<br />

Alternativbaustoffe und neue Technologien. Der Hype um<br />

Wohngesundheit führte zu spannenden Innovationen, wie<br />

Dämmstoffen aus Zellulose, Wolle, Stroh und Hanf, aber auch<br />

zur Rückbesinnung auf Althergebrachtes wie konstruktiver<br />

Holzschutz, Lehmbaustoffe und passive Nutzung der Solarenergie.<br />

Die Alternativanbieter gewannen zwar immer mehr<br />

Kunden im Privatsektor und präsentierten sich selbstbewusst<br />

als Öko-Partie auf der BAU in München und der DEUBAU in<br />

Essen – doch die industrialisierte Bauindustrie ließ sich davon<br />

wenig beeindrucken und tat dies als Randnotiz ab.<br />

Foto: © DGNB<br />

36 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


BAUEN | THEMEN<br />

Vom Öko-Bau zum Green Building<br />

In den 1990er Jahren kam eine weitere Welle unter dem Motto<br />

„Green Building“ aus dem angelsächsischen Bereich – stark<br />

zugeschnitten auf die Themen Ökologie und Energieeffizienz.<br />

In diesem Zuge wurden die ersten Zertifizierungssysteme für<br />

Gebäude entwickelt, zahlreiche Produkte mit dem Etikett<br />

„Green“ versehen.<br />

Die Systeme waren jedoch für den deutschen Markt wenig<br />

geeignet, weil hierzulande der Stand der Technik weiter war<br />

und die angelsächsischen Systeme auf anderen regulatorischen<br />

Grundlagen basierten. Darüber hinaus verfügten wir<br />

in den deutschsprachigen Ländern über eine ganz andere<br />

Baukultur. Dies erkannte Anfang des neuen Jahrtausends<br />

eine Reihe von Pionieren aus verschiedenen Bereichen der<br />

Bau- und Immobilienwirtschaft: Architekten und Hersteller,<br />

Forscher und andere Vordenker. Ihr gemeinsames Verständnis:<br />

Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, müssen wir<br />

anders ansetzen, ganzheitlich und weiter denken. Aus diesem<br />

Impuls heraus entstand 2007 die Deutsche Gesellschaft für<br />

<strong>Nachhaltig</strong>es Bauen (DGNB) – eine Non-Profit-Organisation<br />

und NGO mit dem Ziel, nachhaltiges Bauen gezielt zu fördern<br />

und in die Breite zu bringen.<br />

Schon bei der Gründung des Vereins standen zwei wesentliche<br />

Säulen, die bis heute die Arbeit der DGNB mitbestimmen,<br />

fest: Ein Zertifizierungssystem für nachhaltige Gebäude sowie<br />

eine Akademie. Denn ohne Experten, die das Wissen in die<br />

Praxis umsetzen können, bringt die beste Idee nichts.<br />

Zertifizierung zur Umsetzung von Qualität<br />

Was folgte, war eine Zeit geprägt von echtem Gründergeist.<br />

In drei großen Workshops beteiligte sich das Who-is-Who<br />

der deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitsszene an der Entwicklung des<br />

Zertifizierungssystems. Dies erfolgte im Schulterschluss mit<br />

dem damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung, das parallel dazu das Bewertungssystem<br />

für <strong>Nachhaltig</strong>es Bauen (BNB) für öffentliche Bauten erarbeitete.<br />

Das Besondere und in der Form vielleicht Einzigartige:<br />

Akteure aller relevanten Branchengruppen, die die<br />

gesamte Wertschöpfungskette im Bauen abbildeten, kamen<br />

gemeinsam an einen Tisch und machten das Ganze zu einem<br />

integral gedachten und umgesetzten Thema – aufbauend<br />

auf gemeinsamen Werten und einem konsensfähigen Verständnis<br />

für die Kriterien, die nachhaltigem Bauen bis heute<br />

eine Kontur geben. Die Zertifizierung sollte dabei nie einem<br />

reinen Selbstzweck, sondern als Planungstool zur Qualitätssicherung<br />

dienen, das den verschiedenen am Bau Beteiligten<br />

ein gemeinsames Verständnis bietet. Statt um eine reine Plakettensammlerei<br />

ging es der DGNB um nachweislich bessere<br />

Gebäude, die ökologisch, ökonomisch und im Hinblick auf<br />

den Menschen als Gebäudenutzer optimiert sind. Und das<br />

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37


Seit 2013 wird der DGNB Preis für <strong>Nachhaltig</strong>es Bauen im Rahmen des Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspreises vergeben. Im Jahr 2016 wurde unter<br />

anderem die Plusenergieschule im bayerischen Diedorf ausgezeichnet.<br />

auf Grundlage von Messbarkeit und Bilanzierbarkeit – weg<br />

vom Behaupten, hin zum Verifizieren.<br />

Das richtige Thema zur richtigen Zeit<br />

Auf der Messe BAU 2009 in München noch als Randnotiz<br />

belächelt, wurden dort die ersten DGNB Zertifikate für<br />

nachhaltige Gebäude vergeben. Bewertet werden seitdem<br />

die Gebäude nach den Kriterien ökologische Qualität,<br />

ökonomische Qualität, soziokulturelle und funktionale<br />

Qualität, technische Qualität, Prozessqualität sowie Standortqualität.<br />

Je nachdem, wie gut ein Gebäude diese Punkte<br />

erfüllt, wird das DGNB Zertifikat in Bronze, Silber, Gold oder<br />

Platin verliehen. Auch die ersten Auditoren schlossen ihre<br />

Fortbildung ab. Damit wurde ein neuer Markt geschaffen,<br />

der heute aus der Wertschöpfung der deutschen Bau- und<br />

Immobilienwirtschaft nicht mehr wegzudenken ist. Die<br />

DGNB erlebte in der Folge Zuspruch aus allen Bereichen.<br />

So gab es einen großen Ansturm auf die Fortbildungsangebote,<br />

und die Mitgliederzahlen schnellten in die Höhe.<br />

Viele der Akteure, die damals die Initialzündung gegeben<br />

haben, sind heute noch dabei. Zum Beispiel Professor<br />

Alexander Rudolphi, der nicht nur aktueller Präsident der<br />

DGNB ist, sondern auch deren Gründungspräsident war.<br />

Mitinitiator Johannes Kreißig ist heute Geschäftsführer der<br />

DGNB GmbH. Auch der DGNB Vizepräsident Martin Haas<br />

zählt zu den Gründungsvätern.<br />

Weltweites Interesse am deutschen Ansatz<br />

Von vornherein mit angedacht war die Zielsetzung auch<br />

international zu wirken. Denn klar ist: Man kann vor der<br />

eigenen Haustür zwar im Kleinen etwas erreichen, doch die<br />

vor uns stehenden Herausforderungen sind globaler Art:<br />

Klimawandel, Ressourcenknappheit und vieles mehr. Daher<br />

schmiedete die DGNB schon früh wichtige strategische<br />

Allianzen, etwa mit dem World Green Building Council, der<br />

globalen Dachorganisation für nachhaltiges Bauen. Partner<br />

aus Ländern wie Österreich, der Schweiz oder Dänemark<br />

entschieden sich dazu, das Zertifizierungssystem der DGNB<br />

für ihre lokalen Märkte zu übernehmen.<br />

Damit wurden auch Begehrlichkeiten aus dem weiteren<br />

Ausland geweckt, oft verbunden mit dem Wunsch nach<br />

einer schnellen, einfachen und billigen Lösung. In dieser<br />

Zeit blieb sich die DGNB treu und folgte diesen Lockrufen<br />

nicht. <strong>Nachhaltig</strong>keit geht nicht von heute auf morgen. Auf<br />

Projektebene heißt das: Es braucht eine ernst gemeinte<br />

Motivation, Überzeugungskraft und langen Atem. Immer<br />

wieder kamen in diesem Zusammenhang auch fehlleitende<br />

Fragestellungen auf: „Ist nachhaltiges Bauen teuer?“ zählt<br />

dazu. Die Frage ist: Womit vergleiche ich das? Was ist die Alternative?<br />

Billig kann sicher nicht die Antwort sein. „Qualität<br />

ist nicht verhandelbar“, so das Credo der DGNB.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>es Bauen serienmäßig<br />

In der Folge reflektierte die Organisation das selbst entwickelte<br />

System, überprüfte es auf die Anwendungsfreundlichkeit<br />

und ob die wichtigen und richtigen Themen aufgeführt sind.<br />

Daraus entstanden Weiterentwicklungen, etwa ein System<br />

für Quartiere und eines für den Gebäudebestand, denn der<br />

Neubau ist wichtig, aber eben auch nur ein Ausschnitt, eine<br />

Phase im Lebenszyklus der gebauten Umwelt.<br />

Die DGNB in Zahlen<br />

• Bisherige Vergabe von mehr als 2.100 Auszeichnungen in über<br />

20 Ländern.<br />

• Marktanteil bei der Zertifizierung von Gewerbeimmobilien 64<br />

Prozent, im Neubaubereich 84 Prozent.<br />

• Marktführend in Europa bei der Zertifizierung von Quartieren<br />

• Seit 2013 werden herausragende Gebäude mit dem DGNB Preis<br />

„<strong>Nachhaltig</strong>es Bauen“ Im Rahmen des Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspreises<br />

prämiert.<br />

• Die DGNB Geschäftsstelle in Stuttgart ist als Living Showroom für<br />

<strong>Nachhaltig</strong>es Bauen ausgebaut und zertifiziert.<br />

Foto: © DGNB<br />

38 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


BAUEN | THEMEN<br />

Für eine größere Breitenwirkung und Skalierbarkeit wurde<br />

eine Mehrfach- oder Serienzertifizierung von baugleichen<br />

oder bauähnlichen Gebäuden entwickelt.<br />

Diskurs zu gesellschaftlich relevanten Themen<br />

Aufbauend auf dem in Deutschland marktführenden und<br />

weltweit anerkannten Zertifizierungssystem hat sich die<br />

DGNB in den vergangenen Jahren verstärkt ihrem originären<br />

Vereinsziel gewidmet und einen offenen Diskurs zu Themen<br />

wie dem Klimaschutz oder der Zukunft des Wohnens gestartet.<br />

Angestoßen wurden Initiativen, die den Stellenwert der<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit in den Mittelpunkt rücken und dieser eine<br />

Stimme im Markt und der politischen Diskussion geben. Sei<br />

es im Zuge der Verschärfung der Energieeinsparverordnung<br />

EnEV bis hin zur Frage, wie gestalterische und baukulturelle<br />

Qualität bewertbar ist.<br />

Heute zählt die DGNB rund 1.200 Mitgliedsorganisationen,<br />

was sie zu Europas größtem Netzwerk für nachhaltiges Bauen<br />

macht. Das enorme Interesse an dem Ansatz der DGNB aus<br />

dem Ausland – wie beispielsweise China, wo die DGNB schon<br />

300 Experten ausgebildet hat – scheint zu belegen, dass der<br />

eingeschlagene Weg der Richtige war. Auch die hohe Überstimmung<br />

der DGNB Kriterien mit den frisch veröffentlichten,<br />

freiwilligen <strong>Nachhaltig</strong>keitsindikatoren der EU bestätigen das.<br />

Wissenstransfer als Schlüssel für mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Für die DGNB ist das Motivation und Verpflichtung zugleich.<br />

Der Wissenstransfer in andere Länder, die noch am Anfang<br />

ihrer <strong>Nachhaltig</strong>keitsroute sind, steht dabei genauso im<br />

Fokus wie die weitere Integration der DGNB-Inhalte in die<br />

universitäre Ausbildung. Mit fast 50 Hochschulen arbeitet die<br />

Non-Profit-Organisation mit Sitz in Stuttgart hier bereits zusammen.<br />

Das übergeordnete Ziel: Das Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Schritt für Schritt in die Grundausbildung von Architekten,<br />

Bauingenieuren und anderen verwandten Disziplinen zu<br />

bringen.<br />

Bei allem Erfolg ist auch klar, dass noch viel Überzeugungsarbeit<br />

vor der DGNB und all ihren Mitstreitern liegt. Vieles,<br />

was in den Köpfen angekommen ist, muss noch den Weg<br />

in die Umsetzung finden. Die DGNB will ihren Beitrag dazu<br />

leisten. Die pünktlich zum zehnjährigen Jubiläum der Organisation<br />

vorgestellte Version <strong>2017</strong> des Zertifizierungssystems<br />

ist hierfür das beste Beispiel.<br />

<strong>forum</strong> gratuliert zu „Zehn Jahren DGNB“ und ermutigt zum<br />

gemeinsamen Weitermachen mit Partnern aus der gesamten<br />

Bau- und Immobilienwirtschaft, der Hochschullandschaft<br />

sowie politischen Entscheidungsträgern – und das im weltweiten<br />

Verbund.<br />

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39


THEMEN | BAUEN<br />

Gute Nachrichten rund ums Bauen<br />

Anregendes aus der Love Green Partnerredaktion<br />

Meeres-Abfall als Ökodämmstoff<br />

Zuhause mit Biomasse heizen<br />

Mit Moos die Luft verbessern<br />

Jedes Jahr werden an den Küsten<br />

Tausende Tonnen Seegras angespült.<br />

Da es jedoch schlecht verrottet und<br />

nicht brennbar ist, muss es teuer als<br />

Sondermüll entsorgt werden. Dabei<br />

ist Seegras ein gutes und vor allem<br />

ein ökologisches Dämm-Material<br />

für Gebäude.<br />

Reststroh, Pflanzenabfälle oder<br />

auch Obstkerne gibt es gerade<br />

in ländlichen Gebieten in großen<br />

Mengen. Das Unternehmen<br />

Biokompakt hat deshalb eine<br />

Biomasse- Heizung für Zuhause<br />

entwickelt, um mit solchen Stoffen<br />

Energie zu erzeugen.<br />

Moose gelten als anspruchslose<br />

Pflanzen, die meistens hübsch grün<br />

aussehen. Doch in den kleinen<br />

Pflänzchen steckt noch mehr. Denn<br />

Moos wirkt gegenüber Feinstaub<br />

wie ein biologisches Mikrofasertuch,<br />

zieht ihn magisch an und<br />

säubert so die Luft.<br />

Grüne Fassade aus Algen<br />

Algen an der Hausfassade. Was sich<br />

zunächst nicht sehr positiv anhört,<br />

gibt es in Hamburg schon seit dem<br />

Jahr 2013. Mit Hilfe des Tages- und<br />

Sonnenlichts wachsen in der Fassade<br />

Mikroalgen und produzieren auf<br />

natürliche Weise Wärme und Biomasse.<br />

Grüne Vorhänge für Gebäude<br />

Der japanische Technologie-Konzern<br />

Kyocera setzt an seinem Hauptsitz<br />

auf grüne Vorhänge aus rankenden<br />

Pflanzen. Sie verbessern die<br />

Raumluft, spenden Schatten und<br />

sorgen auch dafür, dass der Energie-<br />

Verbrauch um bis zu 15 Prozent<br />

gesenkt wird.<br />

Duschen mit Rückgewinnung<br />

Beim Duschen fließt nicht nur viel<br />

Wasser durch den Ablauf, sondern<br />

auch Energie in Form von Wärme.<br />

Mit der Dusche „Joulia“ wird das<br />

warme Abwasser genutzt, um damit<br />

das kalte Frischwasser vorzuwärmen.<br />

Und schlussendlich Energie<br />

zu sparen.<br />

Fußböden aus Bananen-Stauden<br />

Bananen-Stauden speichern große<br />

Mengen CO 2<br />

. Doch meist werden sie<br />

nach der Ernte verbrannt, was wiederum<br />

CO 2<br />

freisetzt. Deswegen hat<br />

„Beleaf“ eine Methode entwickelt,<br />

um aus Fasern der Bananen-Pflanze<br />

hochwertige Bodenbeläge herzustellen.<br />

Alter Baustoff neu entdeckt<br />

Über Jahrtausende wurden Gebäude<br />

mit Lehm gebaut. Doch in der Vergangenheit<br />

ist der Natur-Baustoff ein<br />

wenig aus dem Fokus gerückt. Schade<br />

eigentlich. Denn Wände, Wandputze<br />

oder Wandfarben aus Lehm<br />

fördern ein angenehmes Raumklima<br />

und sorgen damit für Behaglichkeit.<br />

Steine aus Papier-Abfall<br />

Große Mengen an Abfällen aus der<br />

Papier-Industrie landen ungenutzt<br />

auf dem Müll. Indische Wissenschaftler<br />

haben deshalb eine Methode<br />

entwickelt, um aus diesen Abfällen<br />

eine Art Ziegelstein herzustellen. Der<br />

zudem auch noch zur Sicherheit bei<br />

Erdbeben beiträgt.<br />

Fotos v.o.l.n.u.r.: © NOAA Photo Library, CC BY 3.0 DE | © kevin dooley, CC BY 3.0 DE | © electricnude, CC BY-SA 3.0 DE | © jurvetson, CC BY 3.0 DE<br />

© Drongowski, CC BY 3.0 DE | © Diego3336, CC BY 3.0 DE | © quinet, CC BY 3.0 DE | © fotologic, CC BY 3.0 DE | © avrene, CC BY 3.0 DE<br />

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ENERGIEMANAGEMENT<br />

BEI DER DMK GROUP<br />

Hinter der DMK GROUP stehen mehr als<br />

8.600 aktive Milcherzeuger und rund 7.200<br />

Mitarbeiter. Heute verarbeitet DMK 7,3<br />

Milliarden kg Milch an deutschlandweit<br />

16 sowie zwei niederländischen Molkereistandorten.<br />

Weitere 6 Standorte stehen<br />

für die Produktion von Babynahrung,<br />

Eiskrem und Gesundheitsprodukten zur<br />

Verfügung. Dazu kommt der Verwaltungsstandort<br />

in Bremen. Mit einem Umsatz von<br />

5,1 Milliarden Euro gehört DMK zu den<br />

führenden Unternehmen der Milchwirtschaft.<br />

Die Herstellung von Milchprodukten ist<br />

ressourcenintensiv. DMK betrachtet Umweltauswirkungen<br />

entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />

und hat sich verpflichtet,<br />

den betrieblichen Umweltschutz über die<br />

Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften<br />

hinaus kontinuierlich zu verbessern. Ressourcenschutz<br />

ist ein wichtiges Anliegen des<br />

Unternehmens und fest in der <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie<br />

DMK 2020 verankert. Alle<br />

Standorte sind nach ISO 50001, 19 zusätzlich<br />

nach ISO 14001 zertifiziert.<br />

DMK arbeitet seit mehr als sechs Jahren<br />

mit einem Integrierten Managementsystem<br />

(IMS), das die Anforderungen der Systeme<br />

Qualität, Arbeitssicherheit, Umwelt und Energie<br />

kombiniert. Die Energiebeauftragten der<br />

Standorte treffen sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch<br />

über Projekte und Einsparpotenziale.<br />

Die Abteilung Energie unterstützt bei<br />

der Bewertung von Änderungen in Gesetzen<br />

und Verordnungen, unter anderem im Bereich<br />

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)<br />

und Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK),<br />

die erhebliche finanzielle Auswirkungen für<br />

das Unternehmen haben können.<br />

Energiemanagement in der Praxis<br />

Durch die Optimierung bestehender Prozesse<br />

und die Beschaffung energetisch optimierter<br />

Anlagen konnten 2016 insgesamt ca.<br />

51 Millionen kWh Energie eingespart oder<br />

vermieden werden. Einen maßgeblichen<br />

Beitrag dazu leistete u.a. eine Wärmeschaukel<br />

am Standort Zeven. Bei der sogenannten<br />

„Wärmeschaukel“ wird in gekoppelten Wärme-<br />

und Kälteprozessen durch thermische<br />

Zwischenspeicherung Energie eingespart.<br />

Um Umweltauswirkungen zu minimieren,<br />

wendet DMK den sogenannten Produktintegrierten<br />

Umweltschutz (PIUS) an, welcher es<br />

ermöglicht, Umweltbelastungen vorsorgend<br />

bereits an der Quelle zu vermeiden und über<br />

Produktionsprozesse hinweg zu reduzieren.<br />

Dass die Technik funktioniert, zeigt sich am<br />

Standort Altentreptow, wo im Rahmen von<br />

PIUS ein System installiert wurde, das durch<br />

Wärmerückgewinnungsverfahren jährlich<br />

bis zu 25.000 MWh Primärenergie einspart.<br />

Aufgrund der Aktivitäten im Energiemanagement<br />

ist DMK von der Zertifizierungsgesellschaft<br />

DQS in der Kategorie „Energy Effiency“<br />

mit dem „German Award for Excellence“ ausgezeichnet<br />

worden.<br />

In der Verwaltung konnte DMK mit dem<br />

Einsatz energieeffizienter Hardwarekomponenten<br />

und hochmoderner Wärmerückgewinnungssysteme<br />

zur Temperierung der<br />

Serverräume gegenüber dem Vorjahr ca. 21<br />

Prozent Energie einsparen.<br />

Seit 2016 nimmt DMK am Forschungsprojekt<br />

„Kopernikus-Projekte für die Energiewende“<br />

teil, in dem Wissenschaft, Wirtschaft<br />

und Zivilgesellschaft technologische und<br />

wirtschaftliche Lösungen für den Umbau<br />

des Energiesystems entwickeln. Das Unternehmen<br />

engagiert sich im Teilprojekt<br />

„SynErgie“ zum Thema „Cross-Commodity<br />

and Demand Site Management“. Dieses<br />

untersucht, wie Unternehmen mit großen<br />

Erzeugungsanlagen sich in die Netzstabilisierung<br />

einbeziehen lassen.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter<br />

www.dmk.de/nachhaltigkeit/<br />

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41


THEMEN | STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />

Straffe Bauleitung, klare Finanzierung, moderne Architektur und edles Design im neuen Hotel Rosengarten – punktgenau realisiert dank<br />

Organisationsaufstellung.<br />

EIN GUT AUFGESTELLTER<br />

HOTELNEUBAU<br />

Nur ein Jahr hat es gedauert, den Neubau von Schenna Resort mit 60 Zimmern zu planen, zu bauen und<br />

zu eröffnen. Eine Meisterleistung, wenn man bedenkt, dass vorher 7 Jahre verstrichen, mit vergeblichen<br />

Planungen, Bewilligungs- und Finanzierungsanfragen.<br />

Von Romy Gerhard und Fritz Lietsch<br />

42 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Foto: © Schenna Resort<br />

Die Wende kam durch eine Organisationsaufstellung. Genau<br />

genommen waren es gleich zwei entscheidende Aufstellungen<br />

an diesem ersten Anlass im April 2015: die eine<br />

verdeutlichte, dass eine uralte Familiengeschichte sich über<br />

Generationen auswirkte. Die viel verblüffendere Aufstellung<br />

war jedoch jene, die klar aufzeigte, dass der externe Projektleiter<br />

nicht zu diesem Bauvorhaben passte. Die anwesende<br />

Hoteliersfamilie war fassungslos. Sie vertraute dem Projektleiter<br />

und hatte bereits frühere Aufträge an ihn vergeben. Seit<br />

vielen Jahren beschäftigte er sich mit dem Neubauprojekt,<br />

welches immer wieder Verzögerungen erlitt: mal fehlten die<br />

Bewilligungen, dann ließ sich keine Finanzierung finden, es<br />

war einfach der Wurm drin und die Stammgäste mussten<br />

von Jahr zu Jahr vertröstet werden. Die vier Geschwister<br />

und die Eltern, welche beim ersten Aufstellungsanlass alle<br />

anwesend waren, ließen die Frage zum Projektleiter am<br />

selben Tag noch mehrmals aufstellen, auch verdeckt, aber<br />

immer mit derselben Erkenntnis: Es braucht einen anderen<br />

Architekten/Projektleiter für diesen Neubau.<br />

Eine mutige Entscheidung<br />

Parallel zum Aufstellungsergebnis brachte eine umgehend<br />

eingeholte Fachexpertise erhebliche Planungsfehler ans Licht<br />

und machte deutlich, dass mit größeren Kostenüberschreitungen<br />

zu rechnen wäre. Bei einem 15-Mio.-Projekt wird<br />

das für einen Familienbetrieb schnell bedrohlich. Keine zwei<br />

Wochen verstrichen, bis die Familie zum Entschluss kam, die<br />

bisherigen Aufwände zu vergüten und nochmals ganz von<br />

vorne anzufangen.<br />

Die Familie hielt zusammen, wie immer schon. Vater Luis,<br />

ehemaliger Malermeister, und seine Frau Rosa, legten<br />

im Jahre 1968 mit der Frühstückspension Etschblick den<br />

Grundstein zum heutigen Schenna Resort. Drei weitere Hotels<br />

wurden nach und nach erstellt oder dazu gekauft und<br />

stetig weiter entwickelt. Das heutige 4-Stern-Superior-Hotel<br />

befindet sich am Dorfeingang von Schenna, in herrlichster<br />

Aussichtslage mit Blick auf Meran. Es wird von den Hoteliers<br />

Heidi und Stefan geführt. Schwester Priska leitet den Spa- und<br />

Wellnessbereich. Auch Schwester Elisabeth ist eng mit ihren<br />

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43


Organisationsaufstellungen schaffen Einblick und Weitblick. Sie erlauben Begegnungen und Erkenntnisse, wie sie jetzt auch an der neuen<br />

Kaminbar des Hotels möglich sind.<br />

Geschwistern und dem Hotel verbunden, sie führt mit Ihrem<br />

Mann eine eigene Metzgerei im Dorf.<br />

Gemeinsam wurde nun nach passenden Architekten/Projektleitern<br />

gesucht – und glücklicherweise schnell gefunden.<br />

In Windeseile plante das junge Architektenpaar Stefan Marx<br />

und Elke Ladurner aus dem nahen Vinschgau das Hotel neu.<br />

Die zur früheren Projektplanung erstellte Fachexpertise diente<br />

als wertvolle Grundlage für die Neukonzeption.<br />

Prozessbegleitung mittels Organisationsaufstellung<br />

Bereits am ersten Arbeitstag mit Organisationsaufstellung<br />

erkannten die Hotelverantwortlichen wichtige Zusammenhänge<br />

und erhielten einen klareren Blick auf das Gesamtbild.<br />

Die Aufstellungsbilder führten zu neuen Sichtweisen. Die<br />

Inhaber wurden sich ihrer Verantwortung noch bewusster.<br />

Sie erkannten die Handlungsalternativen und trafen Entscheidungen.<br />

Das ins Stocken geratene Bauvorhaben kam<br />

in Bewegung. Den Auftraggebern war schnell klar, dass<br />

die intuitive Methodik als prozessbegleitendes Instrument<br />

einen erheblichen Mehrwert stiften konnte. So kam es, dass<br />

parallel zur fachlichen Begleitung durch die Bauexperten<br />

auch ein Prozess mit Organisationsaufstellung installiert<br />

wurde. Dieser umfasste 8 Aufstellungstage innerhalb eines<br />

Jahres, also bis zur Eröffnung des Hotels. Im Anschluss gab<br />

es noch Optimierungsfragen, welche ebenfalls aufgestellt<br />

wurden, um das vorhandene Potenzial des neuen Schenna<br />

Resorts weitestgehend zu realisieren. Insgesamt fanden zum<br />

Neubauprojekt Schenna Resort etwas mehr als 50 Organisationsaufstellungen<br />

statt.<br />

Die Auswahl der Baufirma<br />

Für ein Hotelbauprojekt dieser Größe ist die passende Baufirma<br />

von grosser Bedeutung. Ob Organisationsaufstellung<br />

dabei helfen könne? Aus einer Gruppe von ca. 10 neutralen<br />

Personen versetzten sich einige als Stellvertreter in die Rollen<br />

des folgenden Settings:<br />

• Schenna Resort,<br />

• Betreiberfamilie,<br />

• Faktor Qualität (Kann die geforderte Qualität sicher gestellt<br />

werden?),<br />

• Faktor Zeit (Wird der Bau fristgerecht fertig?),<br />

• Faktor Kosten (Können die angebotenen Preise eingehalten<br />

werden?)<br />

• Faktor Zusammenarbeit (Gelingt eine angenehme Zusammenarbeit<br />

auf der Baustelle, mit den Partnerfirmen, wie<br />

auch mit den Hoteliers?)<br />

Sie wurden im Raum zu einem Simulationsbild aufgestellt.<br />

Nun gesellte sich der Stellvertreter für die erste mögliche<br />

Baufirma dazu, was sofort Wahrnehmungsveränderungen<br />

bei allen Beteiligten auslöste. Diese wurden systematisch abgefragt<br />

und mit den Wahrnehmungen zu den nacheinander<br />

aufgestellten weiteren Baufirmen verglichen. Es zeigten sich<br />

sehr interessante Bilder, welche von denjenigen Personen,<br />

die die Baufirmen kannten, als treffend beschrieben wurden.<br />

Die jeweiligen Stellvertreter der Baufirmen zeigten sich teils<br />

selbstbewusst, teils eher unsicher, die Faktoren für Qualität,<br />

Zeit, Kosten und Zusammenarbeit reagierten erstaunlich differenziert<br />

und bald war klar, dass es einen absoluten Top-Kandidaten<br />

gab. Allerdings entschied sich die Hoteliersfamilie<br />

entgegen dem klaren Aufstellungsbild für den zweitbesten<br />

Kandidaten, weil die Angebotsdifferenz zwischen den beiden<br />

besten Anbietern einfach zu gross erschien.<br />

„Wie kann es trotzdem gelingen?“ war die Frage der nächsten<br />

Aufstellung. Die Lösung kristallisierte sich Schritt für<br />

Schritt heraus: „Qualität ist oberstes Gebot“, war hier die<br />

Schlüsselerkenntnis. Anschliessend ging es um eine optimale<br />

Zusammenarbeit von bis zu 200 Personen täglich. Später<br />

hatte die Baustelle tatsächlich einen sehr „friedlichen“ Ruf.<br />

Dann kam der Faktor Zeit: hier war es wichtig, von Anfang<br />

an die 1-2 Reservewochen miteinzuplanen und keinen Druck<br />

aufzusetzen, sondern Raum zu lassen. Druck hätte in diesem<br />

Fotos: © Schenna Resort<br />

44 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

Fall, so zeigte es die Aufstellung, vermutlich eine Verzögerung<br />

von erheblichem Ausmass zur Folge gehabt.<br />

Wie auch immer, das neue Schenna Resort konnte pünktlich<br />

6 Monate nach Baubeginn eröffnet werden und das Budget<br />

wurde eingehalten – so wie es der Faktor Kosten bereits viel<br />

früher angezeigt hatte. Heute, nur ein Jahr später, würde der<br />

Bau übrigens durch generelle Preiserhöhungen im Bausektor<br />

um mindestens eine Million teurer! Die effiziente Herangehensweise<br />

hat sich also doppelt gelohnt.<br />

Von der Kinderrutsche bis zur Männerkosmetik<br />

Eine der ersten Fragen war, ob der neue Wellnessbereich<br />

auch für Kinder zugänglich sein sollte. Die Antwort ist deutlich:<br />

der neue Spa-Bereich soll ein Ort des Genusses und der<br />

Erholung für die erwachsenen Gäste sein. Die Simulation<br />

machte auch deutlich, dass der Wellnessbereich in der bereits<br />

bestehenden Hotelstruktur für Kinder geeignet ist, aber<br />

aufgewertet werden soll. Ideen dazu wurden gleich ausgetestet:<br />

so kam das Element „Wasserrutsche“ ins Bild, was sich in<br />

der Aufstellung sehr positiv zeigte. Die Rutsche wurde später<br />

gebaut und die Kinder liebten sie von Anfang an.<br />

Die passende Kosmetiklinie zu finden, war eine besondere<br />

Herausforderung. Die Aufstellungen machten deutlich, dass<br />

männliche Kunden ganz andere Bedürfnisse hatten als weibliche.<br />

Das führte dazu, dass heute im Beauty-Bereich zwei<br />

spezielle Produktlinien und gezielte Angebote für Sie und Ihn<br />

angeboten werden. Männer kommen in Genuss von „Team<br />

Dr. Joseph“, der echten Südtiroler High Tech Naturkosmetik.<br />

Frauen werden mit „Pharmos Natur“ verwöhnt, natürlich<br />

biologisch zertifiziert.<br />

Wasser und Wein, offen oder verdeckt<br />

Etwa die Hälfte aller Fragen wurden verdeckt aufgestellt.<br />

Das hat den Vorteil, dass die Wahrnehmung geschärft ist<br />

und das rationale Denken keine Streiche spielen kann.<br />

Ein Beispiel: Beim Thema „Granderwasser oder Schenner<br />

Quellwasser“ wurden die Rollen auf Zettel geschrieben,<br />

zusammen gefaltet und unter den Stellvertretern verteilt,<br />

so dass niemand wusste, ob er für die Kunden, das Schenna<br />

Resort, die Betreiberfamilie, das Granderwasser oder das<br />

Quellwasser stand. Die Kunden fühlten sich zur Gruppe von<br />

Schenna Resort, Betreiberfamilie und Quellwasser hingezogen,<br />

der Stellvertreter des Granderwassers wandte sich von<br />

selbst ab und sagte: „Mich braucht’s hier gar nicht.“ Eine<br />

Gegenüberstellung von Kunden und Granderwasser weckte<br />

in diesem Falle wenig Interesse. Die Stellvertreterin für das<br />

Quellwasser fühlte sich frisch und munter, den Kunden gefiel<br />

das. Auf die Granderanlage konnte getrost verzichtet werden.<br />

Vorgesehen ist, das frische Quellwasser in schönen Karaffen<br />

in jedem Zimmer anzubieten.<br />

Eng mit dem Hotel verbunden ist auch das Weingut Pföstl.<br />

Innerhalb von nur einem Jahr hat die Marke ein Re-Branding<br />

erfahren, begleitet durch Aufstellungen. Die Produktlinien<br />

und die Rebsorten wurden dem Kundenbedarf gegenüber<br />

gestellt und neu definiert, die Produktionsmengen, das<br />

Pricing und die Vertriebskanäle konnten ausgelotet werden,<br />

sogar das neue Logo und die neuen Etiketten wurden mittels<br />

Organisationsaufstellung verfeinert.<br />

Vielfältig: unterschiedlichste Themen<br />

Hier noch ein paar weitere Beispiele: für jede Saison und<br />

jede Zimmerkategorie wurde ausgelotet, was das Angebot<br />

den Kunden Wert ist. Vom Preis im Businessplan bis zum<br />

möglichen Preis, der verlangt werden kann, liegt eine deutliche<br />

Differenz. Das kann sich auf den potenziellen Gewinn<br />

maßgeblich auswirken. Die Umsetzung erfolgt vorsichtig und<br />

nur schrittweise.<br />

Fragestellungen zur Personalauswahl gab es gleich mehrere<br />

– mit erstaunlich treffenden Aussagen der Stellvertreter,<br />

welche ja die realen Personen nicht kannten.<br />

Mehrfach stellte sich auch die Frage, ob die Praxis Lebensglück<br />

von Schwester Priska ins Schenna Resort integriert<br />

werden könnte. Die auf den ersten Blick attraktive Idee<br />

erwies sich jedoch in allen Aufstellungen als unglücklich und<br />

kräfteraubend für alle Beteiligten.<br />

Dem angedachten Straßenkreisel vor dem Hotel war alles<br />

andere als wohl: „Mir ist es hier viel zu eng!“ sagte der Stellvertreter.<br />

Ein genaues Ausmessen der Situation bestätigte,<br />

v.a. in Anbetracht der Hangneigung, dass eine Straßenführung<br />

ohne Kreisel viel sinnvoller ist.<br />

Erhellend waren die Aufstellungen zu den Seminarräumen:<br />

nicht nur der optimale Bodenbelag konnte so ermittelt<br />

werden, auch die Namensgebung der Räumlichkeiten fiel<br />

klar und eindeutig aus.<br />

Speziell: eine Aufstellung in der Bank<br />

Auch Geld ist wichtig. Für die Finanzierung wurden drei Banken<br />

angefragt und ebenfalls aufgestellt. Keine der Banken stand<br />

im Aufstellungsbild wirklich optimal. Interessanterweise stand<br />

der Vertreter für die Volksbank ganz genau so suboptimal, wie<br />

es die Aufstellungsleiterin Romy Gerhard wenige Tage zuvor<br />

bei einer Volksbank-internen Multichannel-Aufstellung für<br />

Hotelkunden gesehen hatte. Die Hotelverantwortlichen erlaubten<br />

es, diese Erkenntnis mit dem Vertriebschef der Bank<br />

zu besprechen. Gleichzeitig waren die Familienmitglieder auch<br />

dankbar für die Gelegenheit, eine mögliche Partnerschaft mit<br />

der Volksbank vorgängig prüfen zu können.<br />

Die Lösung war schnell und einfach: der Vertriebschef lud zu<br />

einer Organisationsaufstellung in der Bank ein, bei welcher<br />

alle relevanten Funktionen der Bank aufgestellt wurden, genauso<br />

wie das Bauprojekt und die Hoteliersfamilie. Es zeigte<br />

sich ein stimmiges Bild, was auch frühere Bedenken der bei<br />

der Aufstellung anwesenden Geschwister Pföstl ausräumte.<br />

Die Bank nahm diese Aufstellung zum Anlass, ihre Positionierung<br />

gegenüber Corporate Kunden neu zu definieren.<br />

Als dann zu einem späteren Zeitpunkt der neue Businessplan<br />

und die Finanzierungsanfrage bei der Bank eingereicht<br />

wurde, konnte die Genehmigung innerhalb kürzester Zeit<br />

ausgestellt werden. Hotel und Bank hatten dazu gelernt –<br />

angestoßen durch Organisationsaufstellungen.<br />

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45


THEMEN | STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />

TRAGEN GLOBALE MARKEN<br />

VERANTWORTUNG?<br />

Virginie Helias hat Marketing<br />

studiert und mit<br />

29 Jahren Tätigkeit in<br />

Brand Management und<br />

Innovation bei Procter &<br />

Gamble viel Erfahrung<br />

mit globalen Marken. Sie<br />

ist verantwortlich für die<br />

globale <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie<br />

bei Procter &<br />

Gamble.<br />

Globale Konzerne haben weit größere Kommunikations-<br />

und Werbebudgets als Ministerien<br />

oder NGOs. Große Handelsketten können<br />

am Point of Sale punktgenaue Aufklärung<br />

im großen Stil betreiben. Wird dieser Hebel<br />

ausreichend genutzt? <strong>forum</strong> fragt Virginie<br />

Helias, ob der <strong>Nachhaltig</strong>keitsgedanke endlich<br />

in der Markenkommunikation angekommen<br />

ist und wie es gelingen kann, die<br />

Verbraucher für nachhaltigen Konsum zu<br />

gewinnen.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit wird von vielen Unternehmen<br />

als echtes Verkaufsargument bezeichnet.<br />

Sehen Sie das auch so?<br />

Ich bin weit entfernt von <strong>Nachhaltig</strong>keitsromantik.<br />

Wir sehen es als Teil unserer<br />

unternehmerischen und gesellschaftlichen<br />

Verantwortung, uns für mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

einzusetzen. Wir beschäftigen uns intensiv<br />

mit der Frage, wie wir es schaffen können,<br />

die Nachfrage nach nachhaltigeren Produkten<br />

und Dienstleistungen zu erhöhen. Oder anders<br />

formuliert: Was können unsere Marken<br />

tun, um die Menschen zu überzeugen, ein<br />

nachhaltiges Leben zu führen? Wie machen<br />

wir es lohnenswert für Sie, nachhaltiger zu<br />

konsumieren?<br />

Und wie bringt man als Unternehmen<br />

Menschen dazu, mehr auf <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

zu achten?<br />

Ganz einfach: durch kontinuierliche Innovation<br />

und durch unsere eigenen Ambitionen.<br />

Wir müssen dafür Sorge tragen, es Verbrauchern<br />

einfach und erstrebenswert zu machen,<br />

einen nachhaltigen Lebensstil zu führen.<br />

Menschen lassen sich einen nachhaltigen<br />

Lebensstil nicht diktieren. Ein Beispiel zur<br />

Verdeutlichung: Verbraucher wollen ihre Wäsche<br />

bei niedriger Temperatur waschen. Sie<br />

wissen, dass es schonender für ihre Wäsche<br />

ist und viele Menschen wissen auch, dass 80<br />

Prozent des ökologischen Fußabdrucks eines<br />

Waschmittels von der Waschtemperatur<br />

abhängen. Dennoch tun sie es nicht, weil sie<br />

meinen, sie würden nicht alle Flecken herausbekommen.<br />

Unsere Lösung: Wir entwickeln<br />

neue, leistungsstarke Produkte, die bei niedrigen<br />

Temperaturen wirken. Damit lösen wir<br />

das gefühlte Dilemma zwischen Sauberkeit<br />

und <strong>Nachhaltig</strong>keit auf und machen es den<br />

Menschen einfach, nachhaltiger zu waschen.<br />

Kann man nachhaltiger leben, ohne liebgewonnene<br />

Gewohnheiten zu ändern?<br />

Das ist eine gute Frage. Ich denke, hier muss<br />

man differenzieren: In vielen Bereichen müssen<br />

wir für einen nachhaltigeren Lebensstil<br />

wohl unsere Gewohnheiten ändern. Aber es<br />

gibt auch Bereiche, in denen mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

auch ohne wesentliche Veränderungen<br />

der Alltagsgewohnheiten möglich ist: Beim<br />

World Economic Forum in Davos haben wir<br />

eine Shampooflasche bei Head & Shoulders<br />

angekündigt, die zu 25 Prozent aus Plastikabfällen,<br />

die an Stränden eingesammelt wurden,<br />

besteht. Sie kommt im Sommer als limitierte<br />

Edition bei Carrefour in Frankreich in den Handel.<br />

Damit machen wir es den Verbrauchern<br />

einfach, etwas Gutes für die Umwelt zu tun.<br />

Wie trägt ihre Markenkommunikation dazu<br />

bei, den <strong>Nachhaltig</strong>keitsgedanken bei der<br />

Kaufentscheidung in den Vordergrund zu<br />

stellen?<br />

Was ist stärker als ein einzelner Aufruf für<br />

mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit? Globale Marken, die<br />

sich für Veränderung und mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

einsetzen! Hier setzen wir an und<br />

hieran wollen wir uns messen lassen. Unser<br />

klar definierter Anspruch bei allen unseren<br />

Marken ist es, gesellschaftliche Veränderung<br />

zum Positiven zu erreichen. Das gilt für die<br />

Förderung und Gleichstellung von Frauen<br />

ebenso wie für Umweltschutz.<br />

Kampagnen wie #LikeAGirl von always, #We-<br />

SeeEqual oder die Initative „Children‘s Safe<br />

Drinking Water“ gemeinsam mit METRO<br />

Cash & Carry tragen den unternehmerischen<br />

Gedanken der Corporate Responsibility zu<br />

den Kunden.<br />

Foto: © P&G<br />

46 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

Als Unternehmen hält P&G also weiter an<br />

seinen <strong>Nachhaltig</strong>keits- und Klimazielen fest?<br />

Ja, wir sehen uns unverändert den Zielen, zu<br />

denen wir uns klar bekannt haben, verpflichtet.<br />

Das bedeutet konkret, dass wir weiter daran<br />

arbeiten, unser Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen<br />

um 30 Prozent bis 2020<br />

im Vergleich zu 2010 zu erreichen, sowohl<br />

durch verantwortungsvolle und nachhaltige<br />

Abläufe und Prozesse in allen Bereichen des<br />

Unternehmens als auch in der Benutzungsphase<br />

unserer Produkte. Wir wissen, dass vielen<br />

Verbrauchern und vielen unserer Mitarbeiter<br />

der Schutz der Umwelt sehr am Herzen liegt.<br />

Wir bemühen uns daher aktiv darum, die<br />

Treibhausgasemissionen unserer Produktion<br />

zu reduzieren und wir sind der Ansicht, dass<br />

Politik, Wirtschaft und Verbraucher alle zusammen<br />

einen Beitrag zu einer gemeinsamen,<br />

gleichermaßen besonnenen wie kostenwirksamen<br />

Lösung leisten sollten.<br />

Bei einem Ihrer letzten Vorträge haben Sie<br />

gesagt, dass „Glücksmomente nicht klimaschädigend<br />

sein müssen“. Können Sie das<br />

kurz erläutern?<br />

Vor rund zwei Jahren hat sich eine Reihe von<br />

Unternehmen zusammengeschlossen und<br />

ein „Playbook“ für einen nachhaltigen Lebensstil<br />

entwickelt. Inspiriert war das Ganze<br />

von einer globalen Studie von Havas, in der<br />

Verbraucher gefragt wurden, was sie glücklich<br />

macht. Dabei kam heraus, dass Dinge, die<br />

Menschen glücklich machen, oft mit einem<br />

nachhaltigeren Lebensstil einhergehen. Die<br />

allermeisten dieser Glücksmomente sind<br />

dabei nicht klimaschädigend! Es geht vielen<br />

nicht um übermäßigen Konsum oder die<br />

nächste Fernreise. Viel erfüllender ist Zeit<br />

mit der Familie, außerdem steht das Thema<br />

Gesundheit im Fokus. Das hat uns zu denken<br />

gegeben.<br />

Um es abschließend zusammenzufassen:<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit muss einfach sein und muss<br />

sich lohnen?<br />

Ja, das sind wesentliche Elemente. Und<br />

wenn das nachhaltigere Angebot zugleich<br />

das attraktivste ist, dann erreichen wir echte<br />

Veränderung im Lebensstil. Dann begeistern<br />

wir die Menschen für <strong>Nachhaltig</strong>keit. Und<br />

dafür lohnt es sich zu arbeiten. Das sehen<br />

im Übrigen auch viele unserer Forscher und<br />

Wissenschaftler weltweit so.<br />

Wir danken für das Gespräch und wünschen<br />

viel Erfolg mit der globalen <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie.<br />

„Was ist stärker als ein<br />

einzelner Aufruf für mehr<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit?<br />

Globale Marken, die sich<br />

für Veränderung<br />

und mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

einsetzen!“<br />

Berufsbegleitend die Welt retten?<br />

Strategisches<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

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Die Anmeldung www.<strong>forum</strong>-csr.net ist bis Ende Februar und Ende August möglich.<br />

47


CSR-Berichtspflicht<br />

DATEN RICHTIG ERFASSEN<br />

Für große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in Deutschland gilt die<br />

CSR-Richtlinie der EU. Sie müssen regelmäßig Daten erheben und in Form eines Berichts aufbereiten –<br />

angesichts fehlender Prozesse eine große Herausforderung für viele Unternehmen. IT-Infrastruktur kann<br />

für eine nachhaltige und effiziente Berichterstattung sorgen.<br />

Von Niels Giesen<br />

„Es gibt viele gute, aber nur einige wenige sehr gute Berichte.“<br />

– so lautet das Fazit des Instituts für Ökologische<br />

Wirtschaftsforschung (IÖW) im Ranking der <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte<br />

2015. Laut IÖW nehmen zudem bei einigen<br />

etablierten Berichterstattern mit der Zeit Umfang und Tiefe<br />

der <strong>Nachhaltig</strong>keitsinformationen ab. Durch das Inkrafttreten<br />

der CSR-Berichtspflicht stieg beim Ranking auch die<br />

Zahl der Neuberichterstatter. Hier sind die Berichte oft noch<br />

lückenhaft. Das liegt einerseits daran, dass die inhaltlichen<br />

Anforderungen der CSR-Richtlinie nicht besonders konkret<br />

formuliert sind. Zum anderen fehlt es aber auch an den<br />

passenden Prozessen oder die bestehenden Prozesse sind<br />

sehr zeitaufwändig: Daten werden oft über mehrere Standorte<br />

hinweg in Form von Excel-Listen händisch gesammelt<br />

und gepflegt. Das ist nicht nur ein extrem hoher Aufwand,<br />

sondern auch anfällig für Fehler. Da mit Inkrafttreten der<br />

CSR-Berichtspflicht das Thema immer mehr Fahrt aufnimmt,<br />

wird es für Unternehmen wichtiger, die Berichte fehlerfrei<br />

und effizient zu erstellen. Das können sie nur bewerkstelligen,<br />

wenn Datenerhebung, Erfassung und Auswertung automatisiert<br />

ablaufen oder durch entsprechende IT-Systeme<br />

unterstützt werden.<br />

Struktur, Strategie und IT<br />

Unternehmen, die mit der Berichterstattung erst beginnen<br />

oder ihre bisherige Vorgehensweise verbessern möchten,<br />

müssen zunächst ihre Prozesse betrachten und analysieren.<br />

Dabei sollten Unternehmen strukturiert vorgehen:<br />

Wie soll meine Berichterstattung aussehen und wie sieht<br />

sie aktuell aus? Welche Personen sind involviert? Zudem<br />

sollten sie identifizieren, welche Kennzahlen für ihr Unternehmen<br />

wesentlich sind. Hier liefert die CSR-Richtlinie<br />

einige Anhaltpunkte über relevante Bereiche. Um aber<br />

auf Nummer Sicher zu gehen, sollten sich Unternehmen<br />

zusätzlich am Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitskodex (DNK)<br />

oder an der Global Reporting Initiative (GRI) orientieren.<br />

Die beiden Standards machen klare Vorgaben, was ein<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht enthalten muss. Auch gilt es, einen<br />

genaueren Blick auf die Daten zu werfen: Welche benötigten<br />

Daten habe ich bereits in meinem System erfasst?<br />

Welche davon kann ich nutzen? Welche Daten muss ich<br />

noch zusätzlich erheben? Und dann die wichtigste Frage:<br />

Kann ich die Berichterstattung mit meiner internen Infrastruktur<br />

überhaupt abbilden? Wer die letzte Frage mit<br />

„nur teilweise“ oder „nein“ beantwortet, sollte unbedingt<br />

unterstützende Software-Tools implementieren. Diese<br />

werden über Schnittstellen an interne Systeme angebunden<br />

und unterstützen im gesamten Prozess – von der<br />

Datenerhebung, über die Aggregation und Auswertung<br />

bis hin zur Berichterstellung. Aber auch Unternehmen, die<br />

ihre interne Infrastruktur bereits nutzen, können von den<br />

Vorteilen spezieller Lösungen profitieren.<br />

Fotos v.l.n.r.: © everythingpossible, Fotolia | © NicoElNino, Fotolia<br />

48 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

Spezialsoftware – so kann sie unterstützen<br />

Schon bei der Datenerfassung beschleunigt eine entsprechende<br />

IT-Lösung den Prozess, da sie unterschiedliche Daten<br />

integrieren kann – beispielsweise automatisiert über Schnittstellen<br />

aus dem ERP-System (Enterprise Ressource Planning)<br />

oder direkt aus der Aufzeichnung von Sensoren. Dabei spielt<br />

das Format keine Rolle, da das System die Daten zusammenführt<br />

und aggregiert. So müssen vorhandene und neue Daten<br />

nicht mühsam händisch zusammengetragen werden. Auch das<br />

manuelle Erheben von verschiedenen Datenlieferanten lässt<br />

sich mit modernen Reporting-Lösungen in die Berichtsprozesse<br />

einplanen und durchführen. Anschließend findet auch eine<br />

automatisierte Qualitätskontrolle der Daten statt, was nicht<br />

nur die Fehlerquote senkt, sondern auch viel Zeit spart. Durch<br />

die automatische und qualifizierte Zusammenführung aller<br />

Informationen wird eine homogene Datenbasis geschaffen,<br />

mit der Unternehmen effizient weiterarbeiten können. Auch<br />

bei der Verwendung der richtigen Daten für die Berichterstattung<br />

kann eine Spezialsoftware unterstützen: inhaltliche, vom<br />

DNK oder der GRI vorgegebene Indikatoren sind oft schon<br />

als Vorlage in der Software vorhanden, auch rückversichert<br />

durch eine Zertifizierung der jeweiligen Standards. So können<br />

Unternehmen sicher sein, dass sie ihre Daten so verwenden,<br />

wie es die Standards und die CSR-Berichtspflicht verlangen.<br />

Das Ergebnis: Berichte sind künftig vollständig und von hoher<br />

Qualität. Mit einem entsprechenden System ist es zudem<br />

möglich, die <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte zielgruppenspezifisch<br />

aufzubereiten. So können beispielsweise mit wenigen Klicks<br />

ein Bericht für das Management und ein weiterer für den<br />

Konsumenten erstellt werden, was wiederum zu einer einfacheren<br />

Kommunikation mit allen Stakeholdern beiträgt.<br />

Auch die Integration in die Abläufe der Wirtschaftsprüfung<br />

durch entsprechende Belege und Dokumentation kann durch<br />

moderne Reporting-Lösungen erfolgen.<br />

CSR für alle<br />

Das Gesetz verpflichtet derzeit nur große kapitalmarktorientierte<br />

Unternehmen, Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute<br />

sowie Versicherungsunternehmen direkt. Viele Informationen,<br />

die für diese betroffenen Unternehmen wesentlich<br />

– also berichtsrelevant – sind, entstehen aber in der Lieferkette.<br />

Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis auch Lieferanten<br />

und Dienstleister im Bericht aufgenommen werden müssen.<br />

Damit wären auch kleine und mittelständische Unternehmen<br />

(KMU) von der Berichtspflicht betroffen. Sie stehen dann vor<br />

der Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen korrekte<br />

Informationen zu liefern oder vollständige <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte<br />

zu erstellen. Gerade für solche Betriebe ist eine<br />

unterstützende IT-Lösung wichtig, oft sind die Kosten für<br />

neue Software aber sehr hoch. Auch für sie gibt es am Markt<br />

jedoch erschwingliche Lösungen zur <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichterstattung.<br />

Hier gilt es vor allem, einen genauen Blick auf das<br />

Lizenzmodell zu werfen. Teuer wird es, wenn Anbieter nach<br />

der Anzahl der Nutzer oder benötigten Funktion abrechnen.<br />

Für KMUs sind oft Lösungen besser geeignet, die sich bei<br />

der Bepreisung am Umsatz des jeweiligen Unternehmens<br />

orientieren. Zusätzlich hilft ein objektiver, neutraler Test<br />

der jeweiligen Systeme, auch über einen längeren Zeitraum<br />

hinweg. So kann man erkennen, ob die gewünschte mit<br />

der angebotenen Funktionalität über einstimmt. Nicht jede<br />

Funktion wird wirklich benötigt und nicht jedes Demovideo<br />

spielt den betrieblichen Alltag wieder. Das Erstellen eines<br />

herstellerneutralen Anforderungskatalogs vor der Sichtung<br />

der Software kann dabei ein erster Schritt sein.<br />

Damit können auch kleinere Lieferanten und Dienstleister<br />

ihre Berichterstattung durch den Einsatz von unterstützenden<br />

IT-Lösungen effizient gestalten und sind dadurch bestens für<br />

die CSR-Berichtspflicht gerüstet.<br />

NIELS GIESEN<br />

ist seit 2016 Senior Consultant bei abat mit dem Schwerpunkt<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit. Er hat bereits aktiv an zahlreichen nationalen und<br />

internationalen Projekten zu relevanten Anwendungsmöglichkeiten<br />

von IKT-Themen im <strong>Nachhaltig</strong>keitsbereich mitgewirkt.<br />

Compliance auf<br />

höchstem Level.<br />

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49


THEMEN | STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />

EIN HEISSES EISEN…<br />

Die Supply Chain in Entwicklungsländern<br />

In der Serie Der CSR-Manager haben wir Ihnen wertvolle Anregungen, Checklisten<br />

und Best Practice-Beispiele für ein erfolgreiches CSR-Management vorgestellt.<br />

Ab dieser Ausgabe präsentieren wir aktuelle Beispiele aus der Praxis und Portraits<br />

von Vorbildern in Sachen <strong>Nachhaltig</strong>keit.<br />

Von Sebastian Henkes<br />

Public Private Partnership (PPP) ist das Zauberwort, wenn<br />

es um die Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und<br />

Wirtschaft geht. <strong>forum</strong> zeigt ein Beispiel für ein gelungenes<br />

PPP-Engagement in der Lieferkette.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit in die gesamte Wertschöpfungskette zu integrieren,<br />

ist gerade bei großen Unternehmen schwierig. Sie<br />

arbeiten mit einer Vielzahl von verschiedenen Zulieferern<br />

in verschiedenen Ländern. Aufgedeckte Fehler von Subunternehmen,<br />

die etwa ihre Mitarbeiter schlecht behandeln,<br />

knappe Ressourcen wie Wasser oder Energie verschwenden<br />

oder gar schwere Umweltschäden verursachen, schaden<br />

nicht nur dem Image – sie können auch hohe Folgekosten<br />

verursachen. Zulieferer, die über nachhaltiges Energiemanagement<br />

verfügen und gegen Klimarisiken gewappnet sind,<br />

sind verlässliche Partner und gut für die eigene CO 2<br />

-Bilanz.<br />

Vom Wissen zum Handeln<br />

Bisherige Konzepte der Wissensvermittlung, bei denen ein<br />

bilateraler Austausch zwischen Zulieferer im Ausland und<br />

dem produzierenden Unternehmen in Deutschland stattfindet,<br />

sind aufgrund der verzweigten Lieferstrukturen wenig<br />

effizient. Ein deutsches Technologieunternehmen hat daher<br />

einen anderen Ansatz gewählt, um in einem Pilotprojekt bei<br />

mexikanischen Zulieferern für mehr <strong>Nachhaltig</strong>keitsbewusstsein<br />

zu sorgen. Anstatt schlicht zu überprüfen, ob Richtlinien<br />

in Bezug auf <strong>Nachhaltig</strong>keit eingehalten werden oder nicht,<br />

soll vor Ort ein Netzwerk von Experten geschaffen werden,<br />

das die Zulieferer in den drei Kernpunkten Beratung, Workshops<br />

und Trainings unterstützt.<br />

Im ersten Schritt finden bei den jeweiligen Zulieferern<br />

Beratungsgespräche statt, in denen der bisherige Stand<br />

von Umweltschutzmaßnahmen ermittelt und Konzepte zur<br />

Verbesserung erarbeitet werden. Um den Zulieferern zu<br />

verdeutlichen, dass sich nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong> auch<br />

finanziell lohnt, werden Kosten-Nutzen-Analysen von Umweltschutzmaßnahmen<br />

durchgeführt und Energiemanagement-Systeme<br />

konzipiert. Dabei greift das Netzwerk auf die<br />

Umweltmanagementnorm ISO 14001 sowie die Energiemanagementnorm<br />

ISO 50001 zurück.<br />

Um <strong>Nachhaltig</strong>keit in die gesamte Wertschöpfungskette zu integrieren, müssen auch Zulieferer Ressourcen und Energie schonen.<br />

Workshops vor Ort liefern das nötige Know-how.<br />

Fotos: © Continental<br />

50 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

Zur weiteren Wissensvermittlung werden mit den Subunternehmen<br />

Workshops durchgeführt, in denen anhand von<br />

Best Practice-Beispielen die Rolle von <strong>Nachhaltig</strong>keit in der<br />

Wertschöpfungskette hervorgehoben wird. Das Programm<br />

besteht aus bis zu acht Workshops, an denen die Zulieferer<br />

vor Ort teilnehmen. Diese umfassen Themen wie Energieund<br />

Ressourceneffizienz, Abwasser- sowie Müllentsorgung,<br />

erneuerbare Energien und Monitoring von Prozessen.<br />

Veränderung erfolgt durch Training<br />

Das so vermittelte Wissen wird in unternehmensspezifischen<br />

Trainings in der Praxis umgesetzt. Diese sind auf die Gegebenheiten<br />

der einzelnen Zuliefererbetriebe zugeschnitten.<br />

Hier wird vor allem das Umweltbewusstsein der Mitarbeiter<br />

geschult. Daneben findet zur Vernetzung ein gemeinsames<br />

Training aller teilnehmenden Zulieferbetriebe statt. Dort<br />

wird vermittelt, wie <strong>Nachhaltig</strong>keitsziele im Betrieb laufend<br />

kontrolliert und verbessert werden können und wie dabei<br />

der ökologische Fußabdruck auch in der Lieferkette verringert<br />

werden kann.<br />

Gemeinsam am Start<br />

An dem Netzwerk sind neben Continental als federführendem<br />

Unternehmen das develoPPP.de-Programm als<br />

Unterstützer und die Arqum GmbH als Beraterin beteiligt.<br />

develoPPP.de wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ins Leben<br />

gerufen und stellt finanzielle sowie fachliche Unterstützung<br />

für Unternehmen zur Verfügung, die in Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern tätig sind.<br />

www.develoPPP.de | www.continental.de<br />

Das Fachbuch „Der CSR-Manager“<br />

Das Fachbuch „Der CSR-Manager – Unternehmensverantwortung<br />

in der Praxis“<br />

hilft Unternehmen, <strong>Nachhaltig</strong>keit als<br />

neue Denkhaltung und ganzheitlichen<br />

Managementansatz zu gestalten und<br />

davon zu profitieren. Der Praxisbezug,<br />

die anschaulichen Tipps und der kompakte<br />

Inhalt mit zahlreichen Checklisten<br />

erleichtern den Einstieg in das<br />

Thema. Nicht zuletzt deshalb ist das<br />

Buch bereits in einer dritten, aktualisierten<br />

Auflage erschienen.<br />

Sie können „Der CSR-Manager. Unternehmensverantwortung in<br />

der Praxis“, 3. Auflage, ALTOP Verlag 2014, 236 Seiten, EUR 24,90<br />

ISBN 978-3-925646-54-6 im Buchhandel oder direkt unter<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net/csr-manager bestellen.<br />

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APP FEIERT VIERJÄHRIGES<br />

JUBILÄUM SEINER<br />

WALDSCHUTZPOLITIK<br />

Asia Pulp & Paper (APP) befindet sich mittlerweile<br />

im vierten Jahr der Transformation<br />

des Geschäftsmodells auf der Grundlage<br />

seiner Waldschutzpolitik (Forest Conservation<br />

Policy, FCP). Das Ziel dahinter: Eine<br />

Vorreiterposition im Bereich der verantwortungsvollen<br />

Fertigung.<br />

Ein vor kurzem veröffentlichter Bericht zur<br />

FCP bietet einen Rückblick auf die im Jahr<br />

2016 erzielten Fortschritte und zeigt, dass<br />

sich das Unternehmen bei der Einhaltung<br />

seiner ‚Null-Abholzungs‘-Verpflichtungen auf<br />

dem richtigen Weg befindet. Darüber hinaus<br />

unterstreicht der Bericht das anhaltende<br />

Engagement von APP für die vier Grundsätze<br />

der FCP: 1. Einstellung der Rodung natürlicher<br />

Wälder; 2. vorbildliches Management<br />

von Torflandschaften; 3. Partnerschaft mit<br />

lokalen Gemeinschaften und 4. verantwortliches<br />

Management globaler Lieferketten.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Hans Piera, Director Sustainability and<br />

Stakeholder Engagement bei APP, sagte<br />

zu dem Fortschrittsbericht: „Der Transformationsprozess<br />

ist mittlerweile fester<br />

Bestandteil des Unternehmens. Der Bericht<br />

und die Kontrollen, die während der letzten<br />

12 Monate zur Prüfung unserer FCP<br />

durchgeführt wurden, bestätigen, dass wir<br />

als Unternehmen auf dem richtigen Weg<br />

bleiben. Wir treten nun in das fünfte Jahr<br />

ein, in dem wir in unserer gesamten Lieferkette<br />

ausschließlich Fasern nutzen, die wir<br />

von verantwortlich geführten Plantagen<br />

beziehen. Diese Reise wird nie abgeschlossen<br />

sein und wir werden uns kontinuierlich<br />

für die Verbesserung und den Schutz der<br />

Landschaften einsetzen, von denen wir<br />

abhängig sind, und zugleich das Leben<br />

der Gemeinschaften verbessern, die auf<br />

uns vertrauen. Innerhalb und außerhalb<br />

unserer Grenzen.“<br />

APP wird die Erfahrungen aus der Umsetzung<br />

seiner Waldschutzpolitik in den vergangenen<br />

Jahren einsetzen, um Lösungen zu<br />

finden, wie Unternehmen zur Bekämpfung<br />

des Klimawandels beitragen können. „In den<br />

letzten vier Jahren haben wir eine Menge<br />

gelernt“, so Piera. „Wir wussten immer, dass<br />

diese Aufgabe nicht einfach zu bewältigen<br />

sein wird, aber wir werden auch weiterhin<br />

gemeinsam mit unseren Stakeholdern unsere<br />

Zeit und unsere Ressourcen investieren,<br />

um für unser Unternehmen, unsere Branche<br />

und darüber hinaus die richtige Antwort auf<br />

diese Herausforderung zu finden.“<br />

www.asiapulppaper.com<br />

51


THEMEN | STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />

DIE RITTER DER<br />

KAKAOBOHNE<br />

Andreas Ronken hat<br />

Maschinenbau und<br />

Industrial Engineering<br />

in Dortmund und Atlanta<br />

studiert und seinen<br />

MBA-Abschluss in Bremen<br />

gemacht. Er ist seit 30<br />

Jahren in der Lebensmittelindustrie<br />

tätig und seit<br />

2005 Geschäftsführer für<br />

Produktion und Technik<br />

und seit 2015 außerdem<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

von Ritter Sport.<br />

In den Fußstapfen des<br />

Öko-Pioniers Alfred T.<br />

Ritter möchte er <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

in alle Prozesse<br />

des Unternehmens integrieren.<br />

Die Preisentwicklung am Weltmarkt für<br />

Kakao gleicht einer Achterbahnfahrt. Ein<br />

deutscher Schokoladenproduzent will mit<br />

einer eigenen Kakaoplantage die Aufmerksamkeit<br />

vom Preis auf <strong>Nachhaltig</strong>keit lenken<br />

und damit ein Zeichen setzen.<br />

In den letzten zwölf Monaten sind die Preise<br />

für Kakao auf dem Weltmarkt stark eingebrochen.<br />

Damit ist die Lebensgrundlage<br />

für viele Kakaobauern gefährdet. Ritter<br />

Sport, ein deutsches Familienunternehmen,<br />

möchte eigene Erfahrungen mit dem Rohstoff,<br />

den Anbaubedingungen und dem<br />

Lieferantenmarkt machen und hat deshalb<br />

in Nicaragua eine rund 2.500 Hektar große<br />

Brachfläche gekauft, um dort nach sozial und<br />

ökologisch nachhaltigen Standards Kakao<br />

in Agroforstwirtschaft zu kultivieren. Im<br />

<strong>forum</strong>-Gespräch erläutert der Vorsitzende<br />

der Geschäftsführung Andreas Ronken die<br />

Hintergründe für diesen ungewöhnlichen<br />

Schritt in die Lieferkette.<br />

Herr Ronken, kann die Industrie Erzeuger-<br />

Probleme vor Ort lösen, wenn sie selbst den<br />

Anbau übernimmt?<br />

Als einzelnes Unternehmen können wir die<br />

Probleme im Kakaoanbau natürlich nicht<br />

lösen. Das geht nur als gemeinsame Anstrengung<br />

aller Marktteilnehmer. Aber wir<br />

wollen mit unserer Plantage El Cacao zeigen,<br />

dass es möglich ist, Kakao zu ökologisch und<br />

sozial vernünftigen Bedingungen und zugleich<br />

zum Marktpreis anzubauen. Neben der aus<br />

unserer Sicht sinnvollen Anbaumethode der<br />

Agroforstwirtschaft wollen wir vor allem auch<br />

unser westliches und technisches Know-how<br />

für den Kakaoanbau nutzen. Die Mechanisierung<br />

ist ein wichtiger Teil davon. Wir lernen<br />

auf El Cacao viel, wollen aber von unserem<br />

Wissen auch etwas weitergeben.<br />

Kritiker werden Ihnen vorwerfen, dass Sie<br />

den Bauern ihre Lebensgrundlage – das<br />

Land – wegnehmen.<br />

Diese Stimmen mag es geben, sie entsprechen<br />

aber nicht der Realität. Gerade in Mittelamerika<br />

ist Landgrabbing kein Thema. Dort<br />

liegen große Flächen brach. Das war auch in<br />

unserem Falle so. Dort, wo heute El Cacao<br />

entsteht, war bis vor wenigen Jahren Brachland.<br />

Die Fläche ist ehemaliges Weideland,<br />

das aber nicht mehr genutzt wurde und das<br />

wir Großgrundbesitzern abgekauft haben. Die<br />

Wiederaufforstung und nachhaltige Nutzung<br />

ist daher auch unter ökologischen Aspekten<br />

äußerst sinnvoll. Darüber hinaus bieten wir<br />

auf El Cacao inzwischen über 300 Mitarbeitern<br />

gute und sichere Arbeitsplätze.<br />

Wie weit ist Ihre eigene Plantage denn? Läuft<br />

alles planmäßig?<br />

Wir erwarten Ende dieses Jahres die erste<br />

kleine Ernte. Den Kakao werden wir zwar<br />

noch nicht für unsere Schokolade, sondern<br />

zunächst für wichtige Sensorik-Tests nutzen,<br />

aber wir liegen im Plan. In den fünf Jahren<br />

seit dem Landerwerb hat sich allerdings vieles<br />

anders entwickelt, als wir es geplant hatten.<br />

Eine besondere Herausforderung war die fehlende<br />

Infrastruktur. Vom Kakaoanbau kamen<br />

wir auch noch zum Straßenbau und haben<br />

inzwischen über 70 Kilometer Straße und drei<br />

große Brücken gebaut. Dazu mussten wir erst<br />

einmal eigene Steinbrüche erschließen. Das<br />

klingt vielleicht banal, hatte aber durchaus<br />

das Potenzial, das ganze Vorhaben scheitern<br />

zu lassen…<br />

Uns war immer bewusst, dass es ein Risiko<br />

ist, die eigene Wertschöpfungskette zu verlängern<br />

und sich an ein Thema zu wagen,<br />

das man eigentlich nicht beherrscht. Aber<br />

wir haben diese Dinge bislang gut in den Griff<br />

bekommen und viel gelernt. Das hat sicherlich<br />

auch damit zu tun, dass wir sehr gute Mitarbeiter<br />

vor Ort gefunden haben – ein Aspekt,<br />

den wir uns übrigens sehr viel schwieriger<br />

vorgestellt hatten.<br />

Führt die von Ihnen angesprochene Mechanisierung<br />

nicht letztlich zu einer Rationalisierung<br />

und damit zu einem Wegfall von<br />

Arbeitsplätzen im Kakaoanbau?<br />

Diese Kritik führt in die Irre. <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

muss auch menschenwürdige Arbeit bedeuten.<br />

Nehmen Sie das Beispiel Kakaoschneide-<br />

Foto: © Alfred Ritter GmbH<br />

52 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

maschine. Es kann doch nicht im Sinne der <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

sein, dass die Arbeiter die Kakaofrüchte weiterhin mit der<br />

Machete öffnen und sich regelmäßig schwer verletzen –<br />

wie das in den Kakaoanbauregionen ständig passiert. Wer<br />

meint, dass es besser ist 1.000 Leute zu beschäftigen, die<br />

trotz Verletzungsgefahr die Kakaofrüchte mit der Machete<br />

öffnen, statt 300 mit buchstäblich sicheren Arbeitsplätzen,<br />

hat aus meiner Sicht von <strong>Nachhaltig</strong>keit nichts verstanden.<br />

Brauchen wir eine Diskussion darüber, was nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong><br />

in Ländern wie Nicaragua überhaupt bewirken soll?<br />

Wir müssen uns auf jeden Fall von der romantischen Idee<br />

verabschieden, dass nachhaltige Landwirtschaft eine Landwirtschaft<br />

wie vor 100 Jahren ist. Für die Bauern hat das<br />

nämlich nichts Romantisches. Im Kakaoanbau gibt es zwei<br />

grundlegende Probleme: zum einen die fehlende Modernisierung<br />

des Anbaus, zum anderen die mit 2,5 Hektar geringe<br />

durchschnittliche Größe der Anbauflächen. 2015 hat das Südwind<br />

Institut eine Studie zu unserem Cacao-Nica Programm<br />

durchgeführt, mit dem wir seit 27 Jahren nicaraguanische<br />

Kleinbauern beim nachhaltigen Kakaoanbau unterstützen.<br />

Die Studie zeigt, dass unser Ansatz, durch nachhaltigen<br />

Anbau Qualität und Ertrag zu optimieren, einen wichtigen<br />

Beitrag dazu leistet, die Lebenssituation der Bauern zu<br />

verbessern. Sie zeigt aber auch, dass dies nicht zuletzt von<br />

der Größe der verfügbaren Anbaufläche abhängig ist. Die<br />

wirtschaftliche Lage der Kakaobauern wird sich nicht grundlegend<br />

verbessern lassen, wenn der Anbau weiterhin vor allem<br />

auf Kleinstflächen erfolgt. Das ist in etwa so, als hätten wir in<br />

Deutschland wie zu Zeiten unserer Groß- oder Urgroßeltern<br />

jeder seine kleine Landwirtschaft hinter dem Haus. Das kann<br />

langfristig nicht das Ziel nachhaltigen <strong>Wirtschaften</strong>s sein.<br />

Der Eigenanbau auf El Cacao wird immer nur einen Teil Ihres<br />

Kakaobedarfs decken. Was ist mit dem Rest?<br />

Unser Ziel lautet ganz klar Transparenz. Wir wollen wissen,<br />

woher unser Kakao stammt und zu welchen sozialen und<br />

ökologischen Bedingungen er angebaut wird. Das geht<br />

weit über den Bezug von „einfach nur“ zertifiziertem Kakao<br />

hinaus, auch wenn der für uns eine wichtige Rolle spielt.<br />

Wir setzen grundsätzlich auf drei Säulen: den Einkauf von<br />

zertifiziertem Kakao, den Eigenanbau auf El Cacao und den<br />

Direktbezug. Wir gehen daher davon aus, dass wir spätestens<br />

2020 – möglicherweise auch schon früher – vollständig auf<br />

nachhaltig zertifizierten Kakao umstellen können.<br />

Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, um den Kakaoanbau<br />

insgesamt nachhaltiger zu gestalten?<br />

Ich bin davon überzeugt, dass es vor allem der intensiven<br />

Zusammenarbeit von Industrie, den Regierungen der Kakao<br />

produzierenden Länder und den NGOs bedarf – wie sie zum<br />

Beispiel im Forum <strong>Nachhaltig</strong>er Kakao stattfindet. Natürlich<br />

haben diese drei Gruppen eine unterschiedliche Sicht auf die<br />

Dinge. Am Ende kann für die Kakaobauern aber nur etwas<br />

dabei herauskommen, wenn die verschiedenen Perspektiven<br />

zusammenkommen. Aber eines ist klar: Bei den Bauern sollte<br />

einfach mehr ankommen. Dazu muss die Supply Chain im<br />

Kakao erheblich vereinfacht werden: Es gibt viel zu viele<br />

Zwischenhändler, die alle mitverdienen wollen. Die Industrie<br />

hat hier eine ganz klare Verantwortung: Wir müssen<br />

nachhaltig produzierte Rohstoffe einsetzen und damit den<br />

nachhaltigen Anbau fördern.<br />

Gegenwärtig tobt eher der Preiskampf und die Kakaopreise<br />

fallen. Woran liegt das?<br />

Wenn ich das so genau wüsste. Es gibt keine Nachfragekurve,<br />

die den bisherigen eklatanten Anstieg und jetzt das Fallen der<br />

Kakaopreise rechtfertigen würde. Aus meiner Sicht ist das vor<br />

allem spekulationsgetrieben. Der Kakaomarkt ist relativ klein,<br />

da lassen sich die Kurse leicht spekulativ beeinflussen. Für die<br />

Menschen am Ursprung ist das natürlich eine Katastrophe.<br />

Und ich denke auch, es ist aus ethischer Sicht nicht hinnehmbar,<br />

dass mit Lebensmitteln derart spekuliert wird.<br />

Herr Ronken, wir danken für das Gespräch und wünschen<br />

viel Erfolg mit dem Projekt „El Cacao“.<br />

Kakaopreise im freien Fall<br />

Grafik: © ICCO<br />

Der Weltmarkt hatte im Jahr 2016 ein Gesamtvolumen von<br />

etwa 4,5 Millionen Tonnen Kakaobohnen, wovon rund 900.000<br />

Tonnen nach den Gütesiegeln UTZ oder Fairtrade zertifiziert<br />

waren. Zum Vergleich: Das Unternehmen Ritter verbraucht im<br />

Jahr etwa 35.000 Tonnen Kakaobohnen. Richtlinien für nachhaltig<br />

angebauten Kakao sind wichtig, denn der Börsenpreis<br />

am Weltmarkt ist innerhalb der letzten 12 Monate von rund<br />

3.000 auf unter 2.000 US-Dollar pro Tonne gefallen – die Existenz<br />

vieler Kleinbauern ist damit bedroht. Initiativen wie das<br />

Forum <strong>Nachhaltig</strong>er Kakao setzen sich daher für einen sozial<br />

und ökologisch nachhaltigen Kakaoanbau ein. Unter dessen 70<br />

Mitgliedern finden sich neben Unternehmen wie Ritter, Storck<br />

oder Ferrero auch das Bundesministerium für Ernährung und<br />

Landwirtschaft. Weitere Informationen dazu finden Sie auf<br />

www.kakao<strong>forum</strong>.de.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

53


THEMEN | STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />

BETRIEBLICHES<br />

MOBILITÄTSMANAGEMENT<br />

Unsere Mobilität wird sich radikal verändern. Elektromobilität und Digitalisierung eröffnen neue Möglichkeiten,<br />

und Angebote wie das Fahrradleasing erfreuen sich höchster Beliebtheit. Unternehmen spielen<br />

dabei eine große Rolle: Mobilitätsmanagement als betriebliche Strategie wird zum Gewinn für Wirtschaft<br />

und Umwelt.<br />

Von Johannes Auge, B.A.U.M. Consult<br />

Herr Schwarz (Name von der Redaktion geändert) hat ein<br />

Problem: Er ist Inhaber und Geschäftsführer eines mittelständischen<br />

Betriebs im Sauerland, das Geschäft entwickelt sich<br />

gut, über kurz oder lang braucht er eine weitere Produktionsund<br />

Lagerhalle. Aber es fehlt der Platz, das Betriebsgelände<br />

ist mit Verwaltung, Produktion, Lagerhallen bis auf den letzten<br />

Quadratmeter vollständig gefüllt. Vollständig? Nein, um<br />

seinen Mitarbeitern das Parken zu ermöglichen ist ein Teil des<br />

Werksgeländes als Parkfläche belegt. Bereits heute ist dieser<br />

Parkraum nicht ausreichend, mehrere Mitarbeiter weichen<br />

auf benachbarte Wohngebiete aus. Das gefällt den Nachbarn<br />

zwar nicht, wird aber murrend geduldet. Schließlich ist der<br />

Betrieb von Herrn Schwarz ein wichtiger Arbeitgeber am Ort.<br />

Die Situation wird sich weiter verschärfen, wenn der Betrieb<br />

erweitert wird, so viel ist klar. Also was tun?<br />

Parkplatz verkleinern – Neubau realisieren<br />

Schwarz ist begeisterter Fahrradfahrer, der – sofern er nicht<br />

auf Dienstreise ist – die 12 Kilometer von seinem Wohnort<br />

zur Arbeit mit dem Fahrrad zurücklegt. Er überlegt, ob nicht<br />

vielleicht auch Kollegen für den Arbeitsweg das Rad nutzen<br />

könnten. Oder ob es andere Möglichkeiten gibt, die wertvolle<br />

Parkfläche für betriebliche Erfordernisse zu nutzen, indem<br />

Mitarbeiter ohne ihren privaten Pkw zur Arbeit kommen.<br />

Herr Schwarz entwickelt dafür gemeinsam mit seinen Mitarbeitern<br />

verschiedene Angebote: Sie erhalten Betriebsfahrräder,<br />

die sie auch privat nutzen können. Werksbusse<br />

werden eingesetzt, um die Belegschaft aus der Produktion<br />

wohnortnah abzuholen. Eine interne Internetplattform unterstützt<br />

die Bildung von Fahrgemeinschaften und belohnt<br />

diejenigen Mitarbeiter, die auf einen Parkplatz auf dem<br />

Betriebsstandort verzichten.<br />

Was heute immer noch progressiv klingt, ist ein nicht ausgedachtes<br />

Beispiel und etwa zehn Jahre alt. Rückblickend<br />

kann Herr Schwarz sagen: „Die Maßnahmen haben gewirkt:<br />

Wir konnten unseren Betrieb erweitern, die Mitarbeiterzahl<br />

erhöhen, und gleichzeitig den Parkraum reduzieren. Die Mitarbeiter<br />

sind mit den Angeboten hoch zufrieden und unsere<br />

Fluktuation ist extrem gering.“<br />

Mobilität so aktuell wie nie<br />

Herr Schwarz war vor 10 Jahren ein Pionier. Heute liegen<br />

Betriebe, die über neue betriebliche Möglichkeiten der<br />

Mobilitätsgestaltung nachdenken, im Trend. Selbst die<br />

VDI-Nachrichten widmen der Fahrradnutzung im Betrieb<br />

unter der Headline „Im Alltags-Tritt“ das Titelthema und<br />

Fachbeiträge. Mobilität ist zum gesellschaftlichen Dauerthema<br />

geworden, die Diskussionen um Dieselgate, Elektromobilität,<br />

(marode) Verkehrsinfrastruktur und neue Verkehrs- und<br />

Mobilitätskonzepte beschäftigt Journalisten, Politiker, Planer<br />

und Wirtschaftsführer wie nie zuvor. Die intensive Auseinandersetzung<br />

mit nachhaltiger Mobilität hat handfeste Gründe<br />

– nicht zuletzt, da die Autoindustrie für unser Land einen so<br />

hohen Stellenwert besitzt.<br />

Die Mobilitätswende ist nicht mehr aufzuhalten<br />

Der nüchterne Blick auf die Mobilitätsdaten zeigt deutlich,<br />

dass die aktuell vorherrschende Mobilitätsgestaltung in<br />

Deutschland keine Zukunft hat.<br />

Weite Teile des Landes versinken mittlerweile nicht mehr nur<br />

zur Rushhour im Stau. Die Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur<br />

hinkt weit hinter den selbst gesteckten Zielen her.<br />

Die Ballungsräume werden von Blechlawinen überrollt, die<br />

Konzentration an Stickoxiden sowie der zunehmende Lärm<br />

54 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

in Innenstädten gefährden die Gesundheit der dort lebenden<br />

Menschen, so dass die Politik bereits seit einiger Zeit<br />

zu restriktiven Maßnahmen greifen muss („Umweltzonen“).<br />

Die Nutzungsweise des Pkw als Hauptverkehrsmittel hat mit<br />

einem rationalen Verhalten wenig zu tun. Ein Investitionsgut,<br />

das durchschnittlich nur eine Stunde am Tag genutzt wird,<br />

dürfte in einer betriebswirtschaftlichen Rechnung keine<br />

Chance haben. Zudem ist es auch noch im Hinblick auf den<br />

Energieeinsatz höchst ineffizient: Maximal 40 Prozent der<br />

eingesetzten Energiemenge wird für den Antrieb genutzt.<br />

Auch die private Rechnung geht nicht auf: Rund 80 Prozent<br />

der Beschäftigten fahren täglich mit dem Auto zur Arbeit,<br />

wobei der durchschnittliche Pkw-Besetzungsgrad im Berufsverkehr<br />

nur 1,1 bis 1,2 Personen beträgt. Da rund die Hälfte<br />

aller Beschäftigten in einem Radius von zehn Kilometern<br />

um den Betriebsstandort wohnt, ist dieser hohe Grad der<br />

Pkw-Nutzung absolut unverständlich.<br />

Von daher stellt sich die Frage, wie eine Mobilitätswende<br />

gestaltet werden kann, ohne die Mobilitätsbedarfe in Wirtschaft<br />

und Gesellschaft zu gefährden. Dabei werden die<br />

Unternehmen eine entscheidende Rolle spielen.<br />

Betriebliche Mobilitätskonzepte<br />

In den vergangenen 10 Jahren gab es verschiedene Projekte,<br />

mit denen die Möglichkeiten einer zukunftsfähigen<br />

Mobilitätsgestaltung in Unternehmen untersucht worden<br />

sind. 2008 bis 2010 haben Mobilitätsberater im Modellprojekt<br />

Effizient Mobil für rund 90 Betriebe und Einrichtungen<br />

Mobilitätskonzepte erstellt. Darauf aufbauend hat B.A.U.M.<br />

in den Jahren 2012 bis 2016 in regionalen Projektrunden<br />

(Mobil.Pro.Fit.) Mobilitätskonzepte mit rund 80 Betrieben<br />

und Einrichtungen erarbeitet. Dabei wurden alle Formen<br />

der Personenmobilität im Betrieb (Arbeitswege der Mitarbeiter,<br />

Dienstfahrten, Fuhrpark, Kunden-/Besucherverkehre)<br />

analysiert und dabei ermittelt, wie sich Verkehr vermeiden<br />

lässt, indem der Mobilitätsanlass auf andere Weise geregelt<br />

werden kann (z.B. durch den Einsatz von Videokonferenzen<br />

als Ersatz für Fahrten zu Meetings, Home-Office-Lösungen<br />

zur Vermeidung von Arbeitswegen). Wie sich das gewählte<br />

Verkehrsmittel effizienter nutzen lässt (beim Pkw z.B. durch<br />

eine effizientere Fahrweise, durch effizientere Motorentechnik<br />

oder durch eine bessere Auslastung der Fahrzeuge),<br />

welche alternativen Verkehrsmittel genutzt werden können,<br />

um den Mobilitätsbedarf auf umweltfreundlichere Weise zu<br />

befriedigen (z.B. durch die verstärkte Nutzung von Bus, Bahn<br />

und Fahrrad), und wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

dabei so einbezogen werden können, dass sie das betriebliche<br />

Mobilitätskonzept mitgestalten und die Angebote des<br />

Betriebs umfassend nutzen.<br />

Die Arbeiten in den Mobil.Pro.Fit.-Projekten haben deutlich<br />

gemacht, dass es auf dem Weg zu einem funktionierenden<br />

Mobilitätsmanagement drei Hürden gibt, die es zu überwinden<br />

gilt:<br />

1. Zunächst muss ein Betrieb den Nutzen eines betrieblichen<br />

Mobilitätsmanagements erkennen. Nur so können<br />

die erforderlichen Ressourcen (Zeit und Geld) bereitgestellt<br />

werden und Mobilitätmaßnahmen sowie -konzepte<br />

entwickelt werden.<br />

2. Ist der Beschluss zur Einführung eines betrieblichen<br />

Mobilitätsmanagements getroffen worden, müssen<br />

relevante Mobilitätsdaten erhoben und analysiert sowie<br />

Mobilitätsmaßnahmen entwickelt und umgesetzt<br />

werden.<br />

3. Ist ein Maßnahmenprogramm erarbeitet, muss dieses<br />

in die betrieblichen Organisationsstrukturen eingefügt<br />

werden, um dauerhaft Erfolge erzielen zu können.<br />

Herr Schwarz, der bereits seit 10 Jahren an seinem Mobilitätsmanagement<br />

feilt, hat es erkannt: Die Umsetzung und<br />

Weiterentwicklung eines Mobilitätskonzeptes braucht Kontinuität<br />

und regelmäßige Erneuerung. Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

und Technologien verändern sich, auch in der<br />

Belegschaft gibt es Wechsel in Anzahl und Einstellung, so dass<br />

das Mobilitätskonzept regelmäßig angepasst werden muss.<br />

Handlungsfelder und Ansatzpunkte<br />

Dynamikschwellen im betrieblichen<br />

Mobilitätsmanagement<br />

Grafiken: © Mobil.Pro.Fit<br />

Um betriebliches Mobilitätsmanagement erfolgreich umzusetzen, müssen viele Teile ineinander greifen und einige Hürden überwunden werden.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

55


THEMEN | STRATEGIE UND UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />

Aus Erfahrungen lernen und Angebote nutzen<br />

Fazit: Das betriebliche Mobilitätsmanagement ist auf dem<br />

Vormarsch. Alle Rahmenbedingungen sprechen derzeit dafür,<br />

dass vor allem die größeren Unternehmen über kurz oder<br />

lang ein Mobilitätskonzept erstellen müssen. Erfahrungen aus<br />

bisherigen Projekten belegen den internen Nutzen von Maßnahmen<br />

des Mobilitätsmanagements. Mit neuen Angeboten<br />

wie dem Projekt „mobil gewinnt“ (siehe Kasten) stehen den<br />

Betrieben und Einrichtungen attraktive Unterstützungsangebote<br />

zur (Weiter-)Entwicklung ihres Mobilitätsmanagements<br />

zur Verfügung. Herr Schwarz tüftelt übrigens derzeit wieder an<br />

einem neuen Projekt: Die Elektrofahrzeuge, die er bereits im<br />

letzten Jahr gekauft hat, sollen nun den Mitarbeitern auch für<br />

private Fahrten über Nacht und am Wochenende zur Verfügung<br />

gestellt werden. Und auch der Nachbarschaft möchte er<br />

die Nutzung des Fuhrparks anbieten. Den Vorteil haben alle:<br />

Die Fahrzeuge werden besser ausgelastet und damit noch<br />

wirtschaftlicher, und Mitarbeiter und Nachbarschaft testen<br />

die Elektromobilität und können möglicherweise künftig auf<br />

ein eigenes Fahrzeug verzichten. Für die Buchungssoftware<br />

steht Herr Schwarz mit mehreren Anbietern in Kontakt und<br />

am liebsten würde er die Akkus der Autos auch noch in das<br />

Smart Grid seiner Firma einbeziehen. Und wir können sicher<br />

sein: Auch das wird er hinbekommen.<br />

Die Initiative „mobil gewinnt“<br />

Mit der Initiative mobil gewinnt unterstützen<br />

das Bundesumweltministerium<br />

und das Bundesverkehrsministerium<br />

seit Mai <strong>2017</strong> Betriebe und<br />

Einrichtungen, die sich für nachhaltige Mobilität engagieren möchten.<br />

Ganz egal, ob das Unternehmen am Anfang steht oder bereits<br />

ein umfangreiches Mobilitätskonzept entwickelt hat – mobil gewinnt<br />

bietet eine Plattform für alle, die etwas bewegen möchten.<br />

Der Wettbewerb<br />

Wer Engagement zeigt, gewinnt beim zugehörigen Wettbewerb<br />

gleich doppelt: Denn Betriebe, die ein durchdachtes Mobilitätskonzept<br />

einreichen, erhalten die Chance, ihre Ideen umzusetzen. Möglich<br />

macht es eine finanzielle Förderung des Bundesministeriums<br />

für Verkehr und digitale Infrastruktur.<br />

150 kostenfreie Erstberatungen<br />

Betriebe und Einrichtungen, die sich bislang noch nicht intensiver<br />

um Fragen des Mobilitätsmanagements gekümmert haben, können<br />

sich um eine der 150 kostenfreien Mobilitätsberatungen bewerben.<br />

Erfahrene Mobilitätsberater informieren dabei – konkret<br />

auf den Standort und die betrieblichen Anforderungen bezogen –<br />

über mögliche Mobilitätsmaßnahmen und deren Nutzen.<br />

www.mobil-gewinnt.de<br />

MBA Sustainability Management<br />

Ist das nachhaltig,<br />

oder kann das weg?<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit treibt den Strukturwandel in allen Branchen voran! Im MBA<br />

Sustainability Management lernen Sie berufsbegleitend <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

56<br />

durch unternehmerische Entscheidungen umzusetzen!<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

www.sustainament.de/mba


MOBILITÄT | THEMEN<br />

GUT ZU WISSEN<br />

Hurra, der große Urlaub steht vor der Tür! Haben wir uns auch redlich verdient und die Fernreise schon<br />

lange gebucht! OK, beim Langstreckenflug entstehen eine Menge CO 2<br />

-Emissionen, aber beim Urlaub darf<br />

die <strong>Nachhaltig</strong>keit dann doch ein paar Wochen zurückstecken... Wir sind ja sonst schon sehr umweltfreundlich<br />

unterwegs, oder?<br />

Ein Kommentar von Stefan Baumeister<br />

Nun, die Fakten sehen, insbesondere im Bereich Verkehr,<br />

leider noch etwas anders aus: Mit einem Anteil von 18<br />

Prozent an den gesamten CO 2<br />

-Emissionen in Deutschland<br />

im Jahr 2015 ist der Verkehr laut Umweltbundesamt der<br />

einzige Sektor, dessen Emissionen seit 1990 auf gleich hohem<br />

Niveau geblieben sind.<br />

Frau Merkel hat wohl das Ziel eine Million Elektroautos bis<br />

2020 schon aufgegeben und wegen zu hoher Stickoxyd-Werte<br />

bei Diesel-Autos droht ab 2018 ein Fahrverbot in großen<br />

Städten. Die Politik gibt – mit Rücksicht auf die Interessen<br />

der Autoindustrie – den Ordnungsrahmen für nachhaltige<br />

Mobilität nicht mutig genug vor. Und: Sie bietet zu wenig<br />

ambitionierte Anreizsysteme.<br />

China und Norwegen liegen vorn<br />

Schauen wir hier auf Beispiele aus anderen Ländern:<br />

• China investiert laut Roland Berger über dreimal mehr in<br />

die Forschung und Entwicklungsförderung von E-Mobilität<br />

als Deutschland; ab 2019 wird es dort eine vorgeschriebene<br />

Quote von 8 Prozent für Elektro-Autos geben, mit<br />

einem geplanten Anstieg von 2 Prozent jährlich.<br />

• Norwegen fördert E-Autos mehr als jedes andere Land,<br />

das Ergebnis: Im Jahr <strong>2017</strong> eine E-Auto Quote von fast 30<br />

Prozent bei Neuzulassungen.<br />

• Indien plant gar ab 2<strong>03</strong>2 eine 100 Prozent-Elektrifizierung<br />

des kompletten Autoparks.<br />

• Städte wie Kopenhagen und Amsterdam machen uns vor,<br />

wie vorbildliche Radwegesysteme aussehen und wie eine<br />

entsprechende Infrastruktur das Mobilitätsverhalten der<br />

Mehrheit zu ändern vermag.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Mobilität bedeutet eben nicht nur den Umstieg<br />

auf E-Autos, sondern verlangt neben der Energiewende noch<br />

deutlich mehr. Die AGORA Verkehrswende hat kürzlich 12<br />

Thesen formuliert, in denen eindrucksvoll beschrieben wird,<br />

wie eine solche Verkehrswende in Deutschland aussehen<br />

kann.<br />

Und jetzt zurück zum anstehenden Urlaub: Genießen Sie Ihre<br />

Fernreise. Aber meine Anregung: Übernehmen Sie Verantwortung<br />

für die entstehenden CO 2<br />

-Emissionen und kompensieren<br />

Sie diese, es ist ganz einfach. Und vielleicht liegt Ihr<br />

Ferienziel für nächstes Jahr in Europa, in Deutschland. Ich soll<br />

vom Klima ein herzliches Dankeschön ausrichten.<br />

Und wer sich im Urlaub die 12 Thesen zu Gemüte<br />

führen will, findet diese unter folgendem<br />

QR Code<br />

PERFEKT<br />

ZUM SONNE<br />

TANKEN!<br />

BADEURLAUB IN ALASKA<br />

Die Zukunft kommt sowieso. Wie sie aussehen wird, liegt an uns.<br />

Kompensieren Sie Ihre Reiseemissionen mit myclimate.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

57


KEIN RADTOURISMUS OHNE<br />

INTELLIGENTE MOBILITÄT<br />

Radfahren ist ein Megatrend und das Potenzial für den Radtourismus noch wenig erschlossen. Dennoch,<br />

der Boom allein ist noch kein Garant für den touristischen Erfolg.<br />

Von Manuel Demetz<br />

Spätestens seit dem Winter 2016/<strong>2017</strong> läuten in einigen<br />

Ferienregionen in den Alpen die Alarmglocken. Der unzuverlässige<br />

Winter, das sich ändernde Konsumentenverhalten<br />

und die neuen Wettbewerber im Osten machen aus der<br />

einstigen ‚Cashcow‘ Wintersport ein bestenfalls stagnierendes<br />

Geschäft. Die fieberhafte Suche nach Alternativen<br />

hat begonnen. Das Fahrrad scheint eine der naheliegenden<br />

Antworten zu geben, um die Zukunftsfähigkeit des Tourismus<br />

in den Alpen zu sichern.<br />

Die perfekte Welle<br />

Radtourismus hat durchaus das Potenzial, den Sommertourismus<br />

in den Alpen zu stärken. So zeigt die Hochrechnung<br />

einer Studie des Instituts für Regionalentwicklung der EURAC<br />

aus Bozen (2015) ein Marktpotenzial an Radurlaubern von<br />

etwa 70 Mio. Gästen aus den relevanten Kernmärkten.<br />

Der Boom rund um das Thema Radfahren bewegt sich dabei<br />

an der Schnittmenge zu vier globalen Megatrends: Radfahren<br />

ist praktisch, stylish, gesund und ökologisch und gewinnt deshalb<br />

auch im Urlaub zunehmend an Beliebtheit. Es verbindet<br />

Sport und Freizeit, aber auch Mobilität und Genuss – ein<br />

geradezu perfekter Mix für ein gelungenes Ferienerlebnis.<br />

Infolge dessen setzen alpine Destinationen vermehrt auf<br />

das Pferd Radtourismus und Produktmanager sowie Marketingabteilungen<br />

sind intensiv damit beschäftigt, die eigene<br />

Ferienregion für die neue Zielgruppe attraktiv zu machen.<br />

Boom mit Gefahren<br />

Leider erweitern viele Touristiker ihren Blickwinkel noch zu<br />

wenig, um die Marktentwicklungen rund um das Thema<br />

Fahrrad richtig einzuschätzen. Sie landen mit ihren Konzepten<br />

relativ schnell in alten Denkmustern, die der aktuellen<br />

Marktdynamik nicht Rechnung tragen. Eine starre Einteilung<br />

in Rennrad, Mountainbike und Trekkingrad trägt beispielsweise<br />

nicht dazu bei, die Vielfalt der neuen Radtypen zu<br />

berücksichtigen und die entsprechenden Communitys anzusprechen.<br />

Gerade Innovationen und Subkulturen haben<br />

aber das Potenzial, in den sozialen Netzen für Viralität zu<br />

sorgen und so als Multiplikatoren das Eigenmarketing zu<br />

unterstützen.<br />

Eine touristische Produktentwicklung und Marketingkommunikation,<br />

die sich ausschließlich am technisch definierten<br />

Einsatzbereich und austauschbaren Klischees bestimmter<br />

Fahrradkategorien orientiert – Mountainbiker sind die jungen<br />

Wilden, Rennradler die Ausdauertiere, Trekking-Biker<br />

die Senioren – läuft jedoch Gefahr, am Bedarf der Gäste<br />

Foto: © Daniel Reiter, Peter von Felbert<br />

58 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


MOBILITÄT | THEMEN<br />

Fotos: © Ötztal Tourismus | © Daniel Reiter, Peter von Felbert<br />

Kabinenbahnen und Elektroräder erschließen Radlern neue Wege.<br />

vorbeizuplanen. So können millionenschwere Investitionen<br />

zum Beispiel in austauschbare Fun Parks schnell zu einem<br />

finanziellen Fiasko führen.<br />

Innovationen kommen aus der Stadt<br />

Für ein besseres Verständnis der Bike-Trends ist ein Blick über<br />

den alpinen Tellerrand hinaus hilfreich. Denn das Metronom<br />

der Marktentwicklung schlägt in den urbanen Ballungsräumen<br />

von San Francisco bis Tokyo, von Athen bis Oslo. Die<br />

traditionellen Kategorien lösen sich auf und der Markt wird<br />

zunehmend hybridisiert. Das Fahrrad ist nicht nur Freizeitbzw.<br />

Sportgerät, sondern auch Mobilitätslösung und Lifestyle-Objekt.<br />

Die in den Alpen vorherrschende Interpretation<br />

des Fahrrads als reines Sportgerät blockiert die Entwicklung<br />

und Nutzung des Fahrrads als Teil des Mobilitätsangebotes<br />

in der Ferienregion. Und gerade hier gilt es anzusetzen. Das<br />

würde vielen Destinationen auch eine wertvolle Hilfestellung<br />

hin zur Verkehrsverlagerung bzw. Verkehrsvermeidung geben,<br />

denn Staus im Urlaub sind alles andere als ein positiver<br />

Beitrag zu einem gelungenen Erholungserlebnis.<br />

Ganzheitliche Konzepte sind gefragt<br />

Strategien für die Entwicklung des Radtourismus sollten auch<br />

die Anreise sowie die oben genannten Aspekte einer neuen<br />

Radkultur berücksichtigen. Ein Wachstum des Radtourismus<br />

ohne flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen<br />

Radmobilität und der lokal verwurzelten Radkultur<br />

versprechen keinen nachhaltigen Erfolg. Erst durch die gekonnte<br />

Kombination von verschiedenen Maßnahmen kann<br />

sich eine Destination als erfolgreicher Vorreiter positionieren.<br />

Dazu gehören eine attraktive Routenführung für Fahrradurlauber<br />

– eben nicht am Stadtrand in der Nähe des<br />

Gewerbegebietes – die Einbindung von wenig befahrenen<br />

Sekundärstraßen oder sichere und überdachte Parkboxen<br />

für Rad und Gepäck. Weitere wichtige Voraussetzungen für<br />

den Erfolg sind kombinierte Angebote für Bahn und Rad,<br />

Integration der Radmobilität in den regionalen ÖPNV, eine<br />

durchdachte Navigation und Beschilderung und die Sensibilisierung<br />

des motorisierten Verkehrs für Radfahrer. All das<br />

sind wichtige strategische Aktionsfelder, die für alle Radkategorien<br />

gleichermaßen Bedeutung haben. Ein Masterplan für<br />

die allgemeine und touristische Radentwicklung, für dessen<br />

Erfolg ein Schulterschluss zwischen Politik und Tourismus<br />

unabdingbare Voraussetzung ist, sollte als Grundlage für eine<br />

nachhaltige Tourismusstrategie entwickelt werden.<br />

Neue Zielgruppen durch neue Technik<br />

Mit Pedelecs und E-Bikes kann mancher alpiner Topografie<br />

ein Schnippchen geschlagen werden. Diverse Studien zeigen<br />

auf, dass damit neue Zielgruppen zum Radfahren motiviert<br />

werden können. Für die alpinen Regionen ein wahrer Segen,<br />

denn somit können potenzielle Radurlauber, die bislang nur<br />

an den Flussradwegen anzutreffen waren, möglicherweise<br />

auch für einen Aufenthalt in den Bergen begeistert werden.<br />

Bei einer Wachstumsrate in den vergangenen Jahren von fast<br />

20 Prozent p.a. (Daten VDZ 2015) kann man davon ausgehen,<br />

dass E-Biker Teil der alpinen Gästestruktur werden. Es wäre<br />

aber sehr kurzsichtig, sich nur auf den Boom der wachsenden<br />

E-Bike-Community zu konzentrieren. Viele weitere Innovationen<br />

und Trends in den Rad-Communitys bieten interessante<br />

Ansätze, die eigene Region zu differenzieren, für den Sommertourismus<br />

zu internationalisieren und die Gästestruktur zu verjüngen.<br />

Fernrouten, Randonneur, Gravel Bikes, Bikepacking,<br />

self-supported Events, kommentierte Naturerlebnisrouten,<br />

solare Ladestationen und nachhaltige Gesamtgebote sind nur<br />

einige der Trends, um neue Impulse zu setzen.<br />

Schulterschluss diverser Branchen ist gefragt<br />

Aufgrund der erforderlichen infrastrukturellen Investitionen<br />

und des größeren Aktionsradius des Gastes und der<br />

Fragmentierung von Zielgruppen gilt es, die Kooperationskultur<br />

für erfolgreichen Radtourismus in der Destination zu<br />

verbessern. Die Zusammenarbeit der Tourismusakteure mit<br />

den übergeordneten politischen Entscheidungsträgern, mit<br />

den benachbarten Ferienregionen, mit Fachmedien, mit<br />

der Radindustrie und mit angrenzenden Branchen wie etwa<br />

den Energieversorgern, Transportanbietern und auch Naturschutzorganisationen<br />

ist entscheidend. Dabei sollte niemals<br />

vergessen, werden, dass die alpine Natur der eigentliche<br />

Grund ist, warum Gäste zum Radfahren in die Alpen kommen.<br />

Dieses Naturerbe darf nicht zugunsten kurzlebiger Strategien<br />

aufs Spiel gesetzt werden – vor allem nicht, wenn es um das<br />

Radfahren in (intakter) Natur geht.<br />

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MANUEL DEMETZ<br />

ist leidenschaftlicher Radfahrer und Senior Consultant bei Helios,<br />

einer Agentur für nachhaltige Entwicklung und Kommunikation mit<br />

Büros in Bozen und München. Als Senior Researcher bei der EURAC<br />

Bozen hat er an verschiedenen Studien und Produktentwicklungen<br />

für Radtourismus in den Alpen mitgearbeitet.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

59


ISLAND<br />

zwischen Naturschauspiel und Tourismus-Boom<br />

Island liegt als Reiseziel im Trend – spätestens seit der<br />

Fußball-Europameisterschaft. Der Tourismus- Boom stellt<br />

die kleine Insel im Mittelatlantik vor die Wachstumsfrage.<br />

Es gilt, das Gleichgewicht zwischen Öko nomie und nachhaltigem<br />

Tourismus zu wahren. Bei einer mit B.A.U.M. e.V.<br />

gemeinsam organisierten <strong>forum</strong>-Leser reise können Sie einen<br />

exklusiven Blick hinter die Kulissen werfen und lernen<br />

Island von einer Seite kennen, die dem Touristen normalerweise<br />

verborgen bleibt. Unsere Reiseleiter, die auf Island<br />

lebende Kommunikations- und Netzwerkexpertin Claudia<br />

Kerns sowie Autorin und Islandexpertin Marie Krüger geben<br />

spannende Hintergrundinformationen über das Leben im<br />

hohen Norden und wie unsere moderne Zivilisation die<br />

einzigartige Landschaft der Atlantikinsel verändert.<br />

Reiseroute – eine Insel voller Kontraste<br />

Freitag, 01.09.<strong>2017</strong><br />

Ankunft Keflavík Airport 23:55, 1. Übernachtung in Keflavík,<br />

2. Übernachtung in Hveragerði<br />

Nach Übernachtung in Flughafennähe fahren wir in die Hauptstadt,<br />

wo verschiedene Meetings sowie Sightseeing auf dem Programm<br />

stehen. Am Abend führt die Fahrt über die menschenleere Hellisheiði<br />

in den Ort Hveragerði, der am Vulkanmassiv Hengill liegt und<br />

zu einem der aktivsten Erdbebengebiete Islands zählt. Hier wird an<br />

heißen Quellen der Energieüberschuss Islands eindrücklich spürbar.<br />

Samstag, 02.09.<strong>2017</strong><br />

Übernachtung im Kerlingarfjöll<br />

Auch heute werden wir Zeugen der Kräfte, die Island innewohnen –<br />

sei es in Form vulkanischer Aktivität, Geothermie, Wasserkraft oder<br />

als kalbende Gletscher. Zudem steht ein Besuch bei Islands einzigem<br />

aktiven Geysir auf dem Programm. Am Ende des Tages erreichen wir<br />

Kerlingarfjöll, unseren Ausgangspunkt für die Tageswanderung.<br />

Sonntag, 3.9.<strong>2017</strong><br />

Übernachtung im Kerlingarfjöll<br />

Bei gutem Wetter ist die Wanderung auf die imposantesten Gipfel<br />

des Gebirgszuges Kerlingarfjöll geplant. Vielfarbiges Lavagestein<br />

wird uns dabei ein ebenso guter Begleiter sein wie interessante<br />

Gespräche.<br />

Montag, 4.9.<strong>2017</strong><br />

Übernachtung in Sólheimar<br />

Wir werden im Tal Þjórsárdalur den Kontrast aus mittelalterlichem<br />

Island und der Hochtechnologie unserer Tage kennenlernen,<br />

wenn wir zuerst die Ausgrabungen rund um eine<br />

Siedlung aus der Landnahmezeit besichtigen und danach im<br />

Kraftwerk Búrfell Interessantes über die Nutzung von Wasserkraft<br />

erfahren. Dann informieren wir über die Testläufe<br />

zur Nutzung von Windenergie und wandern in die malerische<br />

Schlucht Gjáin.<br />

Eingeschlossene Leistungen<br />

Übernachtung mit Frühstück |4x4-Fahrzeug Mittelklasse | Gourmet<br />

Auftakt-Dinner am ersten Abend | Dinner oder Lunch am 2. & 3. &<br />

4. & 5.9.<strong>2017</strong> | Zugang zu Entscheidungsträgern | persönliche Reise-<br />

Begleitung | Überraschungspaket mit typisch isländischen Produkten<br />

Reisepreis pro Person: 1.800 Euro<br />

Flüge müssen von den Teilnehmenden auf eigene Kosten gebucht<br />

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Dienstag, 5.9.<strong>2017</strong><br />

Übernachtung in Fossatún<br />

Vormittags bekommen wir Einblicke in das Leben im Ökodorf Sólheimar,<br />

das dem Ziel verpflichtet ist, geistig behinderten Erwachsenen<br />

ein normales Leben zu ermöglichen, bevor wir zum Nationalpark<br />

Þingvellir fahren. Nach einer kleinen Wanderung geht es von dort<br />

aus durch das Hinterland über die schöne Piste Kaldidalur vorbei an<br />

einigen Gletschern in das Gebiet des Borgarfjörður. Dann lernen wir<br />

einen Bauern kennen, der Europas wasserreichste Heißwasserquelle<br />

für den Anbau von Gemüse nutzt und ein Thermalbad betreibt.<br />

Mittwoch, 6.9.<strong>2017</strong><br />

Abreise Keflavík Airport 00:40 (7.9.<strong>2017</strong>)<br />

In Reykjavík werden wir zum Abschluss weitere Stakeholder<br />

treffen und etwas Zeit für Gemütlichkeit haben. Je nach Abflugzeit<br />

bietet sich zudem ein Bad in der Blauen Lagune an, die am<br />

Weg zum Flughafen liegt. Hierbei handelt es sich um den Kondenswassersee<br />

eines Geothermalkraftwerkes, der sich aufgrund<br />

besonderer geologischer und biologischer Gegebenheiten blau<br />

gefärbt hat. Es kann keinen erholsameren Abschluss für eine<br />

Islandreise geben.<br />

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THEMEN | REGIONALITÄT<br />

ENDLICH! GUTES<br />

Kulinarische Abenteuer in der Region – vom Odenwald bis zur Bergstraße<br />

Der Begriff „regional“ begegnet uns immer wieder, mittlerweile vor allem im Supermarktregal. Bei aller<br />

globalen Vernetzung – der Konsument sehnt sich scheinbar nach Ursprünglichkeit und regionaler Identität.<br />

Doch was ist das überhaupt? Der Blog Endlich! Gutes. begibt sich auf eine kulinarische Spurensuche.<br />

Von Fritz Lietsch<br />

Alles Gute ist endlich, denn sonst wäre es normal und<br />

nicht der Rede wert – eben nicht gut. Mit diesem Gedanken<br />

stellen Wolfgang Merkle, Michael Frank und Thomas<br />

Hobein im Mai 2015 vor rund einhundert Gästen ihr<br />

Projekt vor: den Blog Endlich! Gutes. Darauf geht es – mit<br />

kulinarischem Fokus – neben der Qualität, dem regionalen<br />

Bezug und der entsprechenden Verarbeitung von<br />

Lebensmitteln – um einen schonenden, wertschätzenden<br />

Umgang mit Ressourcen. Während regionale Produkte<br />

vermehrt im Trend und in den Supermarktregalen liegen,<br />

wollen die Blogger das Phänomen noch genauer unter die<br />

Lupe nehmen, indem sie Schritt für Schritt die regionale<br />

und nachhaltige Kulinarik der Region entdecken und der<br />

Welt davon berichten.<br />

Fotos: © Endlich! Gutes.<br />

62 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Maßarbeit: Reinhard Bitsch betreibt eine Kelterei und kümmert sich persönlich um den Schnitt seiner Apfelbäume.<br />

Die Gäste der Veranstaltung nehmen die Konzept-Präsentation<br />

gut auf, eine lebhafte Diskussion schließt sich an.<br />

Im Brennpunkt stehen dabei sofort die Themen, die sich<br />

fortan durch die Reportagen ziehen: Wie eng muss oder soll<br />

man den Begriff „regional“ ziehen? Sind nur Lebensmittel<br />

nachhaltig produziert, die eines oder mehrere der vielen<br />

Bio-Siegel tragen? Ist „bio“ überhaupt noch eine zeitgemäße<br />

Klassifizierung? Und wie geht man mit dem Spannungsfeld<br />

zwischen Stadt und Land um? Heißt „regional“ automatisch<br />

auch „ländlich“? Odenwald und Bergstraße liegen ja<br />

mitten zwischen den Metropol-Regionen Rhein-Main und<br />

Rhein-Neckar.<br />

Antworten werden an diesem Abend natürlich nicht gefunden.<br />

Aber das ist auch gar nicht das Ziel. Vielmehr wollen<br />

Metzger, Bäcker, Gastronomen, Landwirte, Winzer und andere<br />

in der Region besucht werden. Über die dabei gemachten<br />

eigenen Erfahrungen wollen die Blogger dann auf eine sehr<br />

persönliche Weise auf ihrer Website berichten.<br />

Alles begann in der Werbung<br />

Die Wurzeln des Projektes lassen sich wohl am ehesten<br />

in einer Frankfurter Werbeagentur verorten, deren Mitgründer<br />

und Kreativ-Geschäftsführer Thomas Hobein<br />

war und in der Michael Frank zu den Mitarbeitern zählte.<br />

Ausgangspunkt ist der Umstand, dass die Gründer der<br />

Website wahre Leckermäuler sind, selbst kochen und<br />

sich auch schon immer für gute Lebensmittel interessiert<br />

haben. Die Initialzündung war ein Weihnachtsgeschenk<br />

für Kunden: In der Kreativagentur wollte man nicht einfach<br />

eine beliebige Flasche Wein überreichen, sondern<br />

mit einem persönlicheren Bezug zum Geschenk punkten.<br />

Daraus entstand eine Partnerschaft mit dem Winzerverein<br />

Deidesheim und später mit dem Weingut Acham-Magin in<br />

Forst. Hier leisteten die Agenturmitarbeiter über das Jahr<br />

Feldarbeiten im „Wingert“ oder anders ausgedrückt: Wenn<br />

im Weinberg Arbeit anstand, blieb die Agentur geschlossen.<br />

Das Weihnachtsgeschenk wurde auf diese Weise etwas<br />

wirklich Persönliches.<br />

Vom Wein inspiriert entstand ein Buch zum Riesling und<br />

im hauseigenen Online-Magazin eine Sonder-Ausgabe zum<br />

Thema Wein. Es folgte ein Kochbuch (ausgezeichnet mit<br />

dem Red Dot Award und dem German Design Award) mit<br />

Gerichten, die mittags in der agentureigenen Küche gekocht<br />

wurden. Das Ganze führte so weit, dass im folgenden Jahr<br />

statt einer Weihnachtsfeier unter Anleitung ein Schwein<br />

geschlachtet und fachgerecht verarbeitet wurde. 2012 verließen<br />

Hobein und Frank das Unternehmen, aber ihr Appetit<br />

und ihre Neugier auf regionale Spezialitäten war geweckt.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

63


Angespannt und doch gelassen: Auf einem solidarischen Gartenbauprojekt nahe Ober-Ramstadt wird Ackerbau abseits konventioneller<br />

Gepflogenheiten betrieben.<br />

Aus Lust am Echten in der Region<br />

Endlich! Gutes sollte auf keinen Fall ein reiner Koch-Blog<br />

werden, sondern sich tiefgehender, wenn auch lustvoll,<br />

mit Essen und Trinken in der Region beschäftigen – mit der<br />

Natur, den Menschen und Tieren. Auch inhaltlich haben<br />

die Macher eine klare Abgrenzung zu den handelsüblichen<br />

Landleben-Träumereien im Kioskregal gezogen: Bei Ihnen<br />

steht vor dem Genuss die Arbeit und Deko-Tipps zum Weihnachtsfest<br />

sucht man vergebens.<br />

Es geht um das Echte und das hat nicht nur Sonnenseiten.<br />

Indem die Blogger zeigen, welche Arbeit hinter hochwertigen,<br />

regionalen Produkten steckt, möchten sie diesen ihren<br />

Wert zurückgeben. Dabei überwiegt der positive Grundton<br />

in den Berichten und das Projekt versteht sich als inoffizieller<br />

Botschafter der Region. Und die hat das positive Image<br />

nötig. Dies bedeutet aber nicht, unkritisch zu sein oder ein<br />

allzu romantisiertes Bild des ländlichen Raums zu zeichnen.<br />

Selbstverständlich bleiben Überalterung der Landbevölkerung,<br />

Fachkräftemangel, Schließung von Bäckereien und<br />

Metzgereien, Nachfolgeproblematik in Gastronomie und<br />

Landwirtschaft ebenso wenig unbemerkt, wie Diskussionen<br />

über Windkraft oder Pflanzenschutz. Aber auch zwischen<br />

diesen Problemen des ländlichen Raums findet das Redaktionsteam<br />

Material für positive Berichte, wie etwa über<br />

ein solidarisches Gartenbauprojekt, das die Feldarbeit mit<br />

Pferden verrichtet oder die „Initiative Essbares Darmstadt“,<br />

die sich dafür einsetzt, dass städtische Grünflächen zu öffentlichen<br />

Nutzgärten mit Gemüse und Obst werden. Und<br />

eine Reihe über Nachwuchs in Handwerk, Gastronomie und<br />

Landwirtschaft ist in Arbeit.<br />

Wie eine Reise vor die Haustür<br />

Wolfgang Merkle hat das Projekt mittlerweile verlassen. Sein<br />

Nachfolger, der Spitzenkoch Chris Keylock unterstützt Endlich!<br />

Gutes. mit kulinarischer Kompetenz. Ein- oder zweimal<br />

pro Woche zieht es Keylock, Frank und Hobein nach draußen<br />

zu den Orten und Menschen, über die sie berichten. Oftmals<br />

vereinbaren sie vorab einen Termin, aber sie lassen sich auch<br />

treiben, entdecken zufällig Interessantes und nehmen dann<br />

spontan Kontakt auf. Und die Leute erzählen gerne über<br />

das, was sie tun. Über das Wie und das Warum. Sie freuen<br />

sich, dass sich jemand dafür interessiert, denn das ist bei<br />

Landwirten und kleinen regionalen Produktionsbetrieben<br />

gewiss nicht die Regel. Das war zu Anfang des Projekts nicht<br />

immer so einfach. Da mussten die kulinarischen Abenteurer<br />

erst jedes Mal gründlich erklären, wer sie sind und was sie<br />

wollen. Aber das Misstrauen hat sich längst gelegt.<br />

Ein Wingert entsteht<br />

Um Ihrer Begeisterung auch in gedruckter Form Ausdruck zu geben,<br />

haben die Blogger von Endlich! Gutes ein Buch herausgebracht,<br />

der die Entstehung eines neuen Weinfeldes beschreibt:<br />

Zwei Brachen im Auerbacher Fürstenlager, der Weinlage oberhalb<br />

von Bensheim-Auerbach an der Bergstraße, sollen zukünftig Auxerrois<br />

und Syrah beheimaten. Die Regionalblogger begleiten Winzer<br />

Hanno Rothweiler und Reinhard Steinbacher über nahezu ein Jahr<br />

bei ihrer Arbeit und erzählen, wie „Ein Wingert entsteht“.<br />

DIN A5, quer, 64 Seiten, Hardcover,<br />

Limitierte Auflage 100 Exemplare,<br />

Preis 15,- €<br />

64 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Traditionen neu beleben: Auf einem Blog aus Hessen darf natürlich auch die Frankfurter Grüne Sauce nicht fehlen. Der Sauerteig für das Brot<br />

„lebt“ seit 1867.<br />

Inzwischen hat die werbefreie Website zahlreiche Unterstützer<br />

gefunden, die den Wert der Arbeit dahinter<br />

erkannt haben. Und immer häufiger erreichen Anfragen<br />

nationaler und internationaler Produzenten die Redaktion<br />

– verbunden mit der Bitte um einen Beitrag. Doch da<br />

bleiben sich die Südhessen treu und lehnen höflich ab.<br />

Es ist wie eine Reise vor die eigene Haustür und so soll<br />

es auch bleiben.<br />

Experimente in der Hexenküche<br />

Manchmal treffen sich die Blogger auch einfach nur zu Hause,<br />

kochen zusammen oder probieren Dinge aus, um zu lernen<br />

und zu verstehen. Einige Experimente verlaufen erfolgreich,<br />

wie beispielsweise die Biersuppe mit Hopfenpudding, der<br />

Rumtopf oder das Sauerkraut aus eigener Herstellung (darüber<br />

demnächst mehr an dieser Stelle). Andere scheitern,<br />

was aber als Lernprozess begriffen wird, über den offen<br />

kommuniziert wird. Der Versuch, Schwarze Nüsse herzustellen,<br />

war im letzten Jahr ein solcher Fehlschlag, weil die<br />

Walnüsse schon viel zu reif waren, als die Idee entstand. Aber<br />

wichtig war nicht der Fehlversuch, sondern die Reaktion der<br />

Facebook-Fans. Statt Häme kamen gute Tipps, die dieses<br />

Jahr beim nächsten Versuch berücksichtigt werden sollen.<br />

Weiterhin auf der Agenda für die nächsten Monate stehen<br />

die Röstung eines eigenen Malzkaffees und vieles mehr. Man<br />

darf gespannt sein.<br />

Bleibt die Frage an die Herausgeber des digitalen Magazins,<br />

ob sie sich denn nach mittlerweile einhundert Beiträgen<br />

dem Begriff „Regionalität“ nähern konnten. Die Antwort<br />

gibt stellvertretend Thomas Hobein: „Regionalität hat etwas<br />

mit Identität und Vertrautheit zu tun, die es unbedingt<br />

zu erhalten gilt – durch nachhaltige Qualität, die mit oder<br />

ohne Bio-Siegel überzeugt und schmeckt. Aber nicht durch<br />

kompromisslose Abschottung, schließlich sind Kartoffeln<br />

oder Tomaten auch nur Gemüse mit Migrationshintergrund.<br />

Und wo wären wir ohne die.“<br />

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65


DIE MUTTER DER<br />

REGIONALBEWEGUNG<br />

Schon oft wurde Elsbeth Mickasch als Pionierin der Regionalbewegung geehrt: Zu ihren Auszeichnungen<br />

gehören das Bundesverdienstkreuz und die Bayerische Verfassungsmedaille. Nun kommt mit der Umwelt-<br />

Nana der Umwelt-Akademie München ein weiterer Preis hinzu. Das Rampenlicht hat für Mickasch wenig<br />

Bedeutung – für sie zählt nur die Gemeinschaft.<br />

Von Sebastian Henkes<br />

Fotos: © Unser Land<br />

66 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


REGIONALITÄT | THEMEN<br />

Die Regionalbewegung hat in Deutschland Konjunktur. Regionalität<br />

hat Bio als Trend längst überholt – laut einer Studie<br />

der Unternehmensberatung A.T. Kearney fragen Verbraucher<br />

mittlerweile immer stärker regionale Lebensmittel nach.<br />

Maßgeblich daran beteiligt ist Elsbeth Mickasch, die schon<br />

vor beinahe 25 Jahren in Bayern den Grundstein für den<br />

heutigen Boom der regional erzeugten Lebensmittel legte.<br />

Den Menschen die Region schmackhaft machen<br />

Begonnen hat alles im Jahr 1994 mit einem Landkreis-Brot.<br />

Die gelernte Kauffrau Elsbeth Mickasch hat damals schon<br />

langjährige Erfahrungen im Unternehmertum gesammelt.<br />

Bereits im Alter von 40 Jahren verkauft sie erfolgreich ihren<br />

Vertrieb für Lastwagenteile und arbeitet von nun an<br />

hauptsächlich ehrenamtlich. Als Bildungsbeauftragte des<br />

christlichen Bildungswerkes „Brucker Forum“ engagiert sie<br />

sich voller Überzeugung für die Region Fürstenfeldbruck<br />

in der Nähe von München und damit auch für bäuerliche<br />

Familienbetriebe und Handwerker – „um Verantwortung für<br />

die Schöpfung zu übernehmen“, wie Mickasch sagt. Denn<br />

der Globalisierungstrend bringt Nachteile für lokal erzeugte<br />

Produkte, Mensch und Umwelt mit sich. Der Erhalt regionaler<br />

Wirtschaftskreisläufe hingegen ist nach ihrer Überzeugung<br />

das Fundament für das soziale Miteinander in der Region.<br />

Während ihres Engagements stößt Mickasch auf Gleichgesinnte,<br />

darunter auch einige Landwirte. Ihre Idee ist es,<br />

den Menschen durch lokal erzeugte Lebensmittel den Wert<br />

ihrer Region „schmackhaft“ zu machen und ein Bewusstsein<br />

für die Mitgestaltungsmöglichkeiten von Verbrauchern zu<br />

schaffen. Gemeinsam gründen sie im Jahr 1994 die Solidargemeinschaft<br />

„Brucker Land e.V.“. Das erste Produkt der<br />

Solidargemeinschaft, das Brucker Land Brot, verkörpert die<br />

Prinzipien der Regionalität: Das Getreide stammt von Äckern<br />

aus der Region, wird in Mühlen der Region gemahlen und<br />

anschließend von regionalen Bäckereien verarbeitet.<br />

Zweigleisig für die Region<br />

Das Modell macht schnell Schule und bis zum Jahr 2000<br />

folgen weitere sieben Solidargemeinschaften in Bayern. Sie<br />

alle schließen sich im gleichen Jahr zum Dachverein Unser<br />

Land e.V. zusammen, parallel entsteht eine GmbH. Fortan<br />

arbeiten die Solidargemeinschaften nach einem dualen<br />

System: Unser Land e.V. erfüllt weiterhin vor allem eine Bildungsaufgabe<br />

und sorgt für eine Förderung des Bewusstseins<br />

für Umwelt und Region. So erfahren bei Aktionen wie „Schule<br />

beim Milchbauern“ schon die Jüngsten die Zusammenhänge<br />

zwischen regionalem Konsum und dem Lebensumfeld der<br />

Produzenten. Bei allem sozialen und ökologischen Engagement<br />

steht immer auch die Vermarktung der regionalen<br />

Produkte im Vordergrund.<br />

Ein Getreidefeld im Landkreis Fürstenfeldbruck. Hier begann mit<br />

dem Brucker Land Brot die Geschichte von Unser Land – und damit<br />

die der Regionalvermarktung in Deutschland. Elsbeth Mickasch<br />

(vorne links) und Ministerin Ilse Aigner (Mitte) strahlen um die<br />

Wette bei der Präsentation von Unser Land Produkten.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

67


THEMEN | REGIONALITÄT<br />

Land informieren. Nach dem Motto „Weil wir gemeinsam<br />

stärker sind“ werden die einzelnen Solidargemeinschaften<br />

von den fünf Säulen Kirche, Verbraucher, Handwerk/Handel,<br />

Landwirtschaft sowie Umwelt- und Naturschutz getragen.<br />

Denn auch über die Vermarktung der lokalen Produkte hi-<br />

Der Königsweg: Bio – regional – fair!<br />

Elisabeth Mickasch war Mitbegründerin<br />

und bis zum Jahr 2010 Vorsitzende des<br />

Dachvereins Unser Land e.V. Für <strong>forum</strong><br />

erinnert sie sich an die Wurzeln der Regionalbewegung<br />

zurück.<br />

Was waren für Sie die Anfänge der Regionalbewegung?<br />

Für mich waren die Anfänge in den<br />

Jahren 1989-1993, als ich in meiner ehrenamtlichen<br />

Aufgabe als Katholische<br />

Bildungsbeauftragte unserer Pfarrei Adelshofen eine intensive Bildungsreihe<br />

mit den Verantwortlichen aus Politik, Landwirtschaft,<br />

Handwerk, Kirche, Verbraucher sowie Umwelt/Naturschutz und<br />

natürlich Bürgerinnen und Bürgern zum Thema „Verantwortung für<br />

die Schöpfung“ durchführte und dabei feststellte, wie weit wir uns<br />

alle schon im Globalisierungstrend befanden und Regionales so gut<br />

wie keinen Stellenwert mehr besaß.<br />

Was unterscheidet Regional von Bio?<br />

Regional unterscheidet sich nicht von Bio, weil es regionale Lebensmittel<br />

sowohl aus dem herkömmlichen Anbau, dem integrierten<br />

sowie dem Bio-Landbau gibt. Der Königsweg ist für mich Bio, regional<br />

und fair.<br />

Mickasch ermutigt die Bauern zur Regionalvermarktung und bringt<br />

Städter auf dem Sonnenacker wieder in Kontakt mit Lebensmitteln.<br />

Für diese ist neben Erzeugung und Verarbeitung der Produkte<br />

die Unser Land GmbH zuständig – und die Produktpalette<br />

wächst stetig: Auf das Brot folgen Milch, Honig, Zucker<br />

und Mehl sowie Obst und Gemüse, später auch Käse, Joghurt<br />

und Getränke. Heute besteht Unser Land aus zehn<br />

Solidargemeinschaften in elf Landkreisen. Dort erzeugen<br />

und verarbeiten rund 270 überwiegend landwirtschaftliche<br />

Betriebe über 100 regionale Produkte. Mittlerweile beliefern<br />

die Solidargemeinschaften 750 Supermärkte und <strong>Geschäfte</strong><br />

im Facheinzelhandel.<br />

Regionalität bedeutet mehr als nur Lebensmittel<br />

Die Grundlage für die Vermarktung der regionalen Lebensmittel<br />

ist ein fairer Preis für Erzeuger, Verarbeiter, Handel und<br />

Verbraucher. Und die Grundlage der Erzeugung sind eigene<br />

Richtlinien, die Partnerbetriebe sowie Verbraucher mit größtmöglicher<br />

Transparenz über die Anforderungen von Unser<br />

Woher kommt die neue Liebe zur Region?<br />

Der Heimatbezug wurde im Zuge der steigenden Akzeptanz regionaler<br />

Lebensmittel für viele Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

in der Zeit ab 1995 bis heute immer wichtiger. Wie der Bundesverband<br />

für Regionalbewegung treffend formuliert: Wurzeln in einer<br />

globalisierten Welt. Während der Slogan „Weil wir wissen, wo’s<br />

herkommt“, bei Unser Land nahezu 20 Jahre lang verwendet wurde,<br />

wurde dieser ab <strong>2017</strong> insbesondere von unserer jungen Generation<br />

abgelöst durch „Weil uns Heimat verbindet“.<br />

Hätten Sie bei der Gründung von Brucker Land jemals gedacht<br />

einmal so erfolgreich zu werden?<br />

Bei der Gründung von Brucker Land hatten wir im Entwicklungsteam<br />

bereits ein Haus mit vielen Zimmern geplant. Das 1. Zimmer<br />

wurde mit Brucker Land sehr gut eingerichtet. Die anderen Zimmer<br />

waren von Anfang an bereits für weitere angrenzende Landkreise<br />

und die Landeshauptstadt München vorgesehen. Es wurden aber<br />

auch Zimmer für die Wiedereinrichtung regionaler Infrastrukturen<br />

reserviert sowie insbesondere für Maßnahmen zur Energiewende.<br />

Es freut mich natürlich, dass dies gelungen ist und daraus das Netzwerk<br />

Unser Land entstanden ist.<br />

Was können Sie unseren Lesern raten, um Regionalität zu unterstützen<br />

und zu leben?<br />

Sie sollen sich mit hochwertigen Lebensmitteln aus der Region etwas<br />

Gutes tun, sich über deren Hintergründe informieren, durch<br />

den bewussten Einkauf täglich ein kleines Stück Verantwortung für<br />

die Erhaltung der Lebensgrundlagen in ihrer Heimat übernehmen<br />

und dabei ein gutes Gewissen haben nach dem Slogan „Mit gutem<br />

Gefühl genießen“.<br />

Fotos: © Unser Land<br />

68 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


REGIONALITÄT | THEMEN<br />

naus engagiert sich Unser Land für die Region: Schon 1997<br />

wurde im Projekt Brucker Land Sonnenland der Ausbau<br />

regenerativer Energien gefördert. Aus dem Projekt ging im<br />

Jahr 2000 das Zentrum für innovative Energien im Landkreis<br />

Fürstenfeldbruck: Ziel 21 hervor. Und da die Lebensgrundlage<br />

auf unserer Erde die biologische und regionale Vielfalt ist,<br />

setzt sich Unser Land für Biodiversität ein, etwa durch den<br />

Schutz von Grün- und Ackerflächen sowie strengen Vorgaben<br />

für Düngemittel und Unkrautbekämpfung. Zum Erhalt<br />

der Biodiversität trägt auch der Anbau von ausschließlich<br />

gentechnikfreien Futtermitteln bei. Damit wird dafür gesorgt,<br />

dass die Tiere der Solidargemeinschaften auf nachhaltige<br />

Weise mit regional erzeugtem Futter versorgt werden. Schon<br />

seit zehn Jahren wird erfolgreich bayerisches Soja angebaut,<br />

um damit Hühner und Schweine gentechnikfrei füttern zu<br />

können.<br />

Sonnenäcker für alle<br />

Um die Identität in der Region zu stärken, haben die Solidargemeinschaften<br />

schon lange vor dem Prinzip des Urban Gardening<br />

und anderer Initiativen für Gemeinschaftsgärten die<br />

Sonnenäcker ins Leben gerufen. Dort können Hobbygärtner<br />

von April bis Oktober ein Stück Land pachten und werden<br />

dabei von Landwirten beim Anbau von Obst und Gemüse<br />

unterstützt – natürlich nach den Richtlinien der Solidargemeinschaft,<br />

das heißt: keine Pestizide, keine chemische<br />

Düngung und keine Gentechnik. In der Gemeinschaft wird<br />

Lebensmittelerzeugung in der Region in das soziale Gefüge<br />

zurückgebracht. Ein Zeichen für soziales Engagement setzen<br />

die Solidargemeinschaften auch durch die Unterstützung<br />

kleiner Handwerksbetriebe, die für qualifizierte Arbeitsplätze<br />

in der Region sorgen.<br />

Aus der Region nach Deutschland<br />

Eine umtriebige Unternehmerin wie Elsbeth Mickasch gibt<br />

sich jedoch nicht so schnell mit dem Erreichten zufrieden.<br />

Was lag da näher als die Regionalbewegung auf Bundesebene<br />

zu heben. Und so engagierte sie sich nach Kräften für<br />

einen Bundesverband Regionalbewegung, der schließlich<br />

im Jahr 2005 erfolgreich gegründet wurde, um bundesweit<br />

eine Lobby für regionale Wirtschaftskreisläufe zu schaffen.<br />

Selbstredend war Mickasch auch hier bereit, aktiv im Vorstand<br />

mitzuwirken.<br />

Heute ist die Regionalbewegung längst aus ihren Kinderschuhen<br />

entwachsen. Ein starkes Netzwerk und mittlerweile<br />

über 1.000 Veranstaltungen in ganz Deutschland mit mehr<br />

als einer Millionen Teilnehmern zeigen deutlich, dass Regionalität<br />

als Bewegung auf dem Vormarsch ist.<br />

www.unserland.info | www.regionalbewegung.de<br />

neu<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

69


ENTREPRENEURSHIP<br />

HINTER GITTERN<br />

Vom Drogen- zum Brötchendealer: Das Leonhard-Programm bildet seit sieben Jahren Strafgefangene<br />

erfolgreich zu zukünftigen Unternehmern aus. Das Interesse aus Wirtschaft und Politik ist groß – macht<br />

das Modell bald bundesweit Schule?<br />

Von Sebastian Henkes<br />

Ich bin auf dem Weg ins Gefängnis! Ein mulmiges Gefühl.<br />

Mein Ziel: die Stadelheimer Straße 12 in München, ein von<br />

hohen Mauern umgebenes Gebäude, Stacheldraht, Wachtürme,<br />

Suchscheinwerfer. Es geht ein paar Treppenstufen hinunter<br />

in einen Vorraum, der von doppelten Panzerglasscheiben<br />

eingegrenzt ist. Am Ende des Raumes: eine vergitterte Tür.<br />

Dahinter Personenkontrolle, Metalldetektor und Abgabe<br />

meines Ausweises sowie aller persönlichen Gegenstände.<br />

Es läuft alles glatt und nach der Kontrollschleuse befinde ich<br />

mich im Innenhof der Justizvollzugsanstalt (JVA) München,<br />

die ich zu einem ganz besonderen Anlass besuche: Bei einer<br />

feierlichen Abschlussveranstaltung werden heute 15 Häftlinge<br />

entlassen – vorerst allerdings nur aus dem Leonhard-Programm,<br />

einem Unternehmertraining für Gefangene. Aber das<br />

ist, wie ich später von den Häftlingen erfahren werde, eine<br />

gute Vorbereitung für die wirkliche Entlassung in die Freiheit.<br />

Von Houston nach Landsberg am Lech<br />

Nach drei weiteren Sicherheitsschleusen erreiche ich den<br />

Festsaal, in dem die Entlassungsfeier stattfindet. Bernward<br />

Jopen, der das Entrepreneurship Projekt mit seiner Tochter<br />

ins Leben gerufen hat, ist sichtlich stolz und empfängt die<br />

Gäste. Auch wenn es bereits der elfte Kurs ist, den er heute<br />

abschließt: Es ist immer noch ein ganz besonderes Gefühl<br />

für ihn. Jopen ist promovierter Elektroingenieur und kann<br />

auf eine lange Karriere bei IBM sowie als Gründer und Ge-<br />

Foto: © Leonhard-Programm<br />

70 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

schäftsführer verschiedener Unternehmen zurückblicken. Er<br />

ist ein erfolgreicher, neugieriger „Serial Entrepreneur“, ein<br />

Vollblutunternehmer und hat 20<strong>03</strong> auch das Gründerzentrum<br />

„UnternehmerTUM“ an der Technischen Universität<br />

München ins Leben gerufen.<br />

Im Jahr 2009 erfährt er über einem Zeitungsartikel vom Prison<br />

Entrepreneurship Program, einem Projekt in den USA,<br />

das Häftlinge zu Unternehmern ausbildet. Gegründet wurde<br />

es von der jungen Berkeley-Absolventin Kathleen Hoke.<br />

Begeistert reist Jopen nach Houston, Texas, um sich vor Ort<br />

inspirieren zu lassen – und kehrt mit dem Vorhaben zurück,<br />

die Idee nach Deutschland zu bringen. Jopen stellt das Projekt<br />

seiner Tochter Maren vor. Er erzählt ihr von der Inspiration<br />

durch Kathleen Hoke, hält ihr den Zeitungsartikel über das<br />

Projekt in Texas unter die Nase und schon fängt sie Feuer.<br />

Vater und Tochter setzen das Vorhaben nun eigenständig<br />

um, Maren Jopen gibt ihren Job im Marketing eines Unternehmens<br />

auf und gründet mit dem Vater im Jahr 2010<br />

das Leonhard-Programm. Der Name stammt vom heiligen<br />

Leonhard, dem Schutzpatron der Gefangenen.<br />

Ihr Pilotprojekt starten die Jopens im bayerischen Landsberg<br />

am Lech, die Vorbehalte von allen Seiten sind erst<br />

einmal groß, die anfänglichen Hürden enorm. Aufgeben<br />

kommt für die Jopens jedoch nicht in Frage. Nachdem sie<br />

wegen Umbauarbeiten nicht in Landsberg bleiben können,<br />

versuchen sie es an anderer Stelle noch einmal, in der Landeshauptstadt<br />

München. Dort funktioniert ihre Idee, auch<br />

dank Unterstützung des Justizministeriums, auf Anhieb viel<br />

besser. Seit mittlerweile fünf Jahren wird das Projekt nun in<br />

der JVA Stadelheim in München erfolgreich durchgeführt.<br />

Vom Haftbefehl zum Businessplan<br />

Genau dort sitzen wir nun in einem großen Saal mit hohen<br />

Decken und Stuck. Die Atmosphäre könnte im Vergleich<br />

zur angespannten Einlasskontrolle nicht unterschiedlicher<br />

sein – die Stimmung ist gelöst, es wird immer wieder gescherzt.<br />

Im Publikum sitzt eine bunte Mischung aus Unternehmensberatern,<br />

Studenten, Politikern. Auch ein Musiker,<br />

eine Yoga-Lehrerin und eine Choreografin sind dabei – sie<br />

alle sitzen neben den 16 Häftlingen, die als angehende<br />

Unternehmer ihre Businesspläne vorstellen. In Kurzfassung<br />

haben sie diese auf Plakate gedruckt. Es werden kritische<br />

Fragen gestellt, es wird diskutiert. Wenn man die Gitter vor<br />

den hohen Fenstern ausblendet, könnte man auch in einem<br />

Hochschul- oder Weiterbildungsseminar sitzen. Doch vor<br />

uns stehen keine Studenten, sondern verurteilte Verbrecher.<br />

Und ebenso unterschiedlich wie die Vorgeschichten der 23<br />

bis 58 Jahre alten Teilnehmer sind auch ihre Projekte: Die<br />

Bandbreite reicht von einem digitalen Backshop über eine<br />

Agentur für MPU-Schulungen und einen Installateur von<br />

Photovoltaik-Anlagen in Argentinien bis hin zu einem Social<br />

Business, das Straßenkinder in Nigeria unterstützen möchte.<br />

Als Gewinner des Businessplan-Wettbewerbes wurde<br />

schließlich ein Unternehmenskonzept für individuelle Küchenentwürfe<br />

mit 3D-Visualisierung gekürt. Der Publikumssieger<br />

möchte ein Unternehmen starten, das individuell gefertigte<br />

PC-Möbel herstellt.<br />

Bewerbungstraining und Yoga-Kurse<br />

20 Wochen lang heißt es für die Teilnehmer des Kurses pauken<br />

und die Schulbank drücken – dabei reift ihr Vorhaben<br />

von der Geschäftsidee bis hin zum Businessplan. Unterstützt<br />

werden sie vom fünfköpfigen Leonhard-Team und<br />

einem Kreis von ehrenamtlichen Ausbildern. Als Mentoren<br />

aus der Wirtschaft greifen sie den Teilnehmern unter die<br />

Arme, helfen bei der Kontaktvermittlung zu Unternehmen<br />

oder geben Ratschläge für Bewerbungsgespräche. Für die<br />

Ausarbeitung ihres Businessplans haben die Häftlinge zwar<br />

einen Laptop zur Verfügung – aber keinen Internetzugang.<br />

Studierende der Münchener Hochschulen führen als freiwillige<br />

Businessplan-Berater Recherchen für sie durch und geben<br />

zwischenzeitlich Feedback zur Machbarkeit. Das Programm<br />

ist zweigleisig aufgebaut: Neben Businessplan-Workshops<br />

und Bewerbungstrainings, die die angehenden Unternehmer<br />

auf die Selbständigkeit nach der Haft vorbereiten oder ihnen<br />

eine Anstellung erleichtern sollen, wird ein weiterer Aspekt<br />

gefördert: die Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Hier ist ein ganz besonderer Effekt des Programms: Die<br />

Häftlinge erkennen ihre Schwächen und Stärken und lernen<br />

im Team an ihrem Verhalten zu arbeiten. Die Jopens<br />

sind davon überzeugt, dass die Teilnehmer des Programms<br />

über unternehmerisches Talent verfügen, das aber bislang<br />

fehlgeleitet oder nicht genutzt wurde. Den Häftlingen soll<br />

vermittelt werden, dass es bei unternehmerischer Tätigkeit<br />

auf mehr ankommt, als um die bloße Frage „Wie kann ich<br />

schnell Geld verdienen?“ Dazu wird auf Methoden zurückgegriffen,<br />

die innerhalb von Gefängnismauern wohl selten<br />

Anwendung finden. Neben gängigen Ansätzen wie der „Gewaltfreien<br />

Kommunikation“ nehmen die Häftlinge so auch<br />

an Gedächtnistrainings, Yoga-Workshops oder Meditation<br />

teil – Angebote, die nach anfänglichen Vorbehalten gut<br />

angenommen werden: Das Leonhard-Programm ist das<br />

einzige im Gefängnis, das wirklich auf eine Resozialisierung<br />

abzielt, wie uns ein Häftling erklärt. Das liegt vor allem am<br />

Persönlichkeitstraining. Dass die Dozenten die Kursteilnehmer<br />

und deren Persönlichkeiten während des fünfmonatigen<br />

Kurses genau kennenlernen, zeigt sich bei der Übergabe<br />

der Abschlusszeugnisse. Zu jedem der 16 Kandidaten wird<br />

eine persönliche Widmung vorgelesen, mit Beschreibung<br />

der Charakterzüge und Anekdoten aus der Haftzeit. Dabei<br />

werden auch kleine Schwächen nicht ausgeklammert, denn<br />

aus Fehlern soll man ja auch lernen können.<br />

Hohes Potenzial, wenig Bewerber<br />

Grundsätzlich kann sich für das Programm jeder der etwa<br />

10.400 männlichen Häftlinge in Bayern bewerben. Für<br />

Frauen bietet Leonhard derzeit keine Plätze an, da männliche<br />

Häftlinge mit 92 Prozent den weitaus größeren Anteil<br />

der Strafgefangenen in Bayern ausmachen und damit ein<br />

größerer Bedarf besteht. Ausgeschlossen sind zudem Sexual-<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

71


THEMEN | ENTREPRENEURSHIP<br />

straftäter und notorische Serienbetrüger, denn diese bringen<br />

Herausforderungen mit sich, die von den ehrenamtlichen<br />

Mentoren nicht zu bewältigen wären. Abgesehen von diesen<br />

Einschränkungen kann sich jeder Häftling bewerben, dessen<br />

Resthaftdauer ab Beginn des Programmes nicht mehr als<br />

zwölf Monate beträgt. In einem umfangreichen Bewerbungsprozess<br />

werden die Kandidaten hinsichtlich Motivation und<br />

Verantwortungsbereitschaft geprüft. Trotz der hohen Zahl<br />

an potenziellen Kandidaten und der besonderen Chance für<br />

Häftlinge halten sich die Bewerbungen laut Maren Jopen<br />

allerdings in Grenzen: „Wir haben Plakate in den bayerischen<br />

Gefängnissen aufgehängt, aber diese werden zu wenig beachtet.<br />

Die Häftlinge erkennen leider erst das Potenzial des<br />

Programms, wenn sie tatsächlich daran teilnehmen.“ Um<br />

das zu ändern, schickt Leonhard mittlerweile Absolventen<br />

des Programms als Botschafter in die Gefängnisse, denn<br />

Erfahrungen aus erster Hand sind offensichtlich überzeugender<br />

als Plakate.<br />

Rückfallquote der Absolventen liegt weit unter<br />

Durchschnitt<br />

Die Fortbildung kostet für jeden Häftling 9.500 Euro. Einen<br />

Großteil davon, etwa 80 Prozent, trägt die Arbeitsagentur,<br />

den Rest decken Spenden. Das war nicht immer so: Die ersten<br />

eineinhalb Jahre hat sich das Projekt nur durch eigenes<br />

Engagement, Spenden und Bußgeld-Zuweisungen finanziert.<br />

Das sparsame <strong>Wirtschaften</strong> hat sich ausgezahlt: Heute<br />

rechnet sich das Projekt. Laut einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München bekommt die Gesellschaft für<br />

jeden Euro, den sie in das Leonhard-Programm investiert,<br />

nach drei Jahren umgerechnet 1,70 Euro zurück. Denn die<br />

Erfolgsquote ist hoch: Etwa 60 Prozent der Absolventen<br />

finden nach durchschnittlich 26 Tagen eine Beschäftigung<br />

oder beginnen ein Studium. Etwa ein Drittel wagen den<br />

Sprung in die Selbstständigkeit. „Unser Ziel ist nicht, dass<br />

jeder Teilnehmer sein eigenes Unternehmen gründet. Uns<br />

geht es um die Vermittlung von unternehmerischem Wissen,<br />

denn durch eine Beschäftigung nach der Haft sinkt die<br />

Rückfallquote.“ Dieses Konzept hat Erfolg: nur 12 Prozent der<br />

Leonhard-Teilnehmer werden nach der Haft rückfällig – der<br />

bundesweite Durchschnitt liegt bei 46 Prozent.<br />

Betreuung auch nach der Haft<br />

Der Grund für die hohe bundesweite Rückfallquote ist häufig<br />

eine schlechte Wohnsituation. Ein Eintrag bei der Schufa<br />

oder im Führungszeugnis stehen einem Mietvertrag im Weg<br />

– oft kommen die Häftlinge daher über kurz oder lang bei<br />

Freunden oder alten Bekannten unter. Landen die Häftlinge<br />

nach ihrer Freilassung wieder in einem ähnlichen Umfeld<br />

20 Wochen lang pauken die Teilnehmer des Leonhard-Programms,<br />

bis sie ihre Businesspläne vorstellen können – und so ihrem Ziel ein<br />

Stück näher kommen: der Selbständigkeit in Freiheit.<br />

Fotos v.o.n.u.: © Leonhard-Programm | © Simone Naumann Fotografie<br />

72 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

wie vor der Haft, ist das Potenzial für eine erneute Straftat<br />

hoch. Das Leonhard-Programm unterstützt die Absolventen<br />

daher auch nach Abschluss des Programmes – bei der<br />

Umsetzung ihrer Geschäftsideen, bei der Suche nach einer<br />

Anstellung oder eben nach einer Wohnung. In zwei eigenen<br />

Übergangshäusern haben die Absolventen die Möglichkeit,<br />

direkt nach der Haft für einige Zeit zu wohnen. Auch beim<br />

wohl größten Problem gibt es Hilfestellung, nämlich bei<br />

der Finanzierung der Geschäftsideen. Da dieses Vorhaben<br />

schon für Nicht-Häftlinge schwierig ist, hilft Leonhard den<br />

Absolventen bei Gesprächen mit Banken oder der Suche<br />

nach Business Angels.<br />

Bundesweite Umsetzung geplant<br />

Unter den Gästen in der Stadelheimer Straße ist auch eine<br />

Delegation aus Stuttgart. Denn im Nachbarbundesland gibt<br />

es bereits Gespräche, das Projekt ebenfalls umzusetzen.<br />

„Wir möchten den Strafvollzug in Baden-Württemberg modernisieren<br />

und sehen hier dazu eine gute Möglichkeit“, sagt<br />

Jürgen Filius, Landtagsabgeordneter der Grünen. Die Jopens<br />

haben aber noch größere Ziele: Leonhard beginnt dieses<br />

Jahr die schrittweise Ausweitung der Initiative auf andere<br />

Regionen und Bundesländer. Die Management-Beratung<br />

Oliver Wyman hat bei der Konzeption und Pilotierung des<br />

bundesweiten Rollouts im Rahmen eines Pro-bono-Projekts<br />

unterstützt. Die hohe Erfolgsquote spricht für das Potenzial<br />

des Ansatzes, der Häftlingen deutschlandweit den richtigen<br />

Weg aufzeigen könnte.<br />

„Für mich war der Kurs der Impuls: Du hast wirklich eine<br />

zweite Chance“, erklärt mir einer der Absolventen, kurz bevor<br />

ich wieder in die Freiheit entlassen werde und versichert<br />

selbstbewusst, „ich werde ab sofort hier in der JVA für das<br />

Leonhard-Programm werben und es nach meiner Entlassung<br />

als Sponsor unterstützen“.<br />

Hilfe für den Neustart<br />

Das Leonhard-Programm lebt durch die vielfältige Unterstützung<br />

vieler Menschen und Unternehmen. Ob als Mentor, Arbeitgeber<br />

oder in Form von finanzieller Unterstützung, mehr Informationen<br />

finden Sie unter www.leonhard.eu/mithelfen.<br />

Kontakt<br />

Leonhard gemeinnützige GmbH Unternehmertum für Gefangene<br />

Dr. Bernward Jopen und Maren Jopen, Geschäftsführer<br />

Bussardstr. 5, 82166 Gräfelfing<br />

Telefon: 089 / 85 67 <strong>03</strong> 64<br />

www.leonhard.eu<br />

Verantwortung managen<br />

Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG · Genthiner Str. 30 G · 10785 Berlin<br />

Tel. (<strong>03</strong>0) 25 00 85-265 · Fax (<strong>03</strong>0) 25 00 85-275 · ESV@ESVmedien.de · www.ESV.info<br />

Stiftung&Sponsoring (S&S)<br />

Das Magazin für Nonprofit-Management und -Marketing<br />

Herausgegeben vom DSZ – Deutsches Stiftungszentrum GmbH,<br />

Erich Steinsdörfer, und dem Institut für Stiftungsberatung<br />

Dr. Mecking & Weger GmbH, Dr. Christoph Mecking<br />

20. Jahrgang <strong>2017</strong>, jährlich 6 Hefte mit je ca. 48 Seiten zuzüglich der<br />

Fachbeilage „Rote Seiten“ mit je ca. 16 Seiten, DIN A 4, Jahresabonnement<br />

€(D) 114,–, ISSN 1438-0617. Einzelbezug je Heft € (D) 22,–<br />

Lernen Sie die S&S doch einmal unverbindlich kennen:<br />

www.ESV.info/Stiftung-Sponsoring<br />

Corporate Social Responsibility und<br />

wirtschaftliches Handeln<br />

Konzepte – Maßnahmen – Kommunikation<br />

Von Prof. Dr. James Bruton<br />

2016, VIII, 248 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen und Tabellen,<br />

€ (D) 34,95, ISBN 978-3-5<strong>03</strong>-16622-0<br />

Management und Wirtschaft Praxis, Band 81<br />

Weitere Informationen:<br />

www.ESV.info/16622<br />

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www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

73


ART AND SCIENCE<br />

OF ENTREPRENEURSHIP<br />

Glauben wir der amtlichen Statistik, dann sind etwa elf Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung im deutschsprachigen<br />

Raum selbständig – vom Betreiber einer Würstchenbude bis hin zum Weltmarktführer. Wenige<br />

davon sind innovative Unternehmer, die neue Maßstäbe setzen – also das, was Joseph Schumpeter, der Vater<br />

des Entrepreneurship, „kreative Zerstörer“ nennt. Die Stiftung Entrepreneurship will genau diese fördern.<br />

Von Sebastian Henkes<br />

Viele Menschen fühlen sich dem Feld des eigenen unternehmerischen<br />

Handelns immer noch nicht gewachsen<br />

und glauben ein abgeschlossenes BWL-Studium sowie<br />

möglichst viel Kapital seien eine Voraussetzung, um das<br />

eigene Unternehmen aufzubauen. Hinzu kommt, dass in<br />

der Öffentlichkeit entweder Hightech-Gründungen oder<br />

schnell hochgezüchtete und – bewertete Unternehmen die<br />

Schlagzeilen beherrschen. Dass es auch anders geht, zeigt<br />

die Stiftung Entrepreneurship, die von Prof. Faltin und Prof.<br />

Winterhager 2001 aus eigenen Mitteln gegründet wurde. Die<br />

beiden Professoren sind überzeugt, dass unsere Gesellschaft<br />

Entrepreneure braucht, um die Probleme einer Welt zu lösen,<br />

die derzeit auf Konfrontationskurs mit den Möglichkeiten<br />

dieses Planeten liegt. Es geht darum, eine bessere Welt zu<br />

gestalten – als Entrepreneure, als genügsam Handelnde.<br />

Bescheidener, was den Verbrauch an Ressourcen angeht.<br />

Anspruchsvoller, wenn es um ein geglücktes Leben geht. Es<br />

geht darum, eine Kultur des Unternehmerischen zu fördern.<br />

Entrepreneurship Campus bringt Menschen und Ideen<br />

zusammen<br />

Dafür hat die Stiftung einen Entrepreneurship Campus entwickelt,<br />

in dem verschiedene Angebote gebündelt werden.<br />

Angehende Unternehmer lernen hier Methoden und Techniken,<br />

mit denen sie aus einem ersten Einfall ein tragfähiges<br />

unternehmerisches Konzept entwickeln. Er besteht sowohl<br />

aus E-Learning-Angeboten als auch drei Präsenzphasen –<br />

dem Jahresprogramm, dem Labor für Entrepreneurship und<br />

dem Entrepreneurship Summit – und hält zudem eine umfangreiche<br />

Auswahl von Texten, Podcasts und Videos bereit.<br />

Im Jahresprogramm erfahren die Gründer Unterstützung,<br />

um ihren persönlichen Lern- und Arbeitstyp zu finden. Sie<br />

arbeiten systematisch an ihrem Ideenkonzept und verfeinern<br />

durch Expertenworkshops, Onlinekurse, im Labor für Entrepreneurship<br />

und durch weiterführende Literatur ihr Konzept<br />

und prüfen es schließlich in der Phase „Proof of Concept“.<br />

Im Labor für Entrepreneurship erfahren Gründer, wie andere<br />

ihr Unternehmen konzipiert haben und welche Hürden sie<br />

dabei überwinden mussten. Während der Veranstaltung<br />

werden Interviews mit angehenden Gründern zu Themen<br />

geführt, die allen gemeinsam sind. Die Teilnehmer lernen<br />

Fotos: © Stiftung Entrepreneurship<br />

74 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

dabei Methoden und Techniken zur innovativen Ideenfindung<br />

kennen. Dabei kann das Labor auf bekannte Gründungen wie<br />

die Teekampagne, die Ebuero AG und die Eportrait GmbH<br />

zurückgreifen.<br />

Der Entrepreneurship Summit als fulminanter Höhepunkt<br />

bringt Gründer und erfahrene Entrepreneurship-Experten<br />

zusammen. Die jährlich stattfindende Veranstaltung gehört<br />

mit rund 1.500 Teilnehmern zu den größten ihrer Art in<br />

Europa. Beim Entrepreneurship Summit lernen die Teilnehmer<br />

Methoden des Idea-Development kennen, können sich<br />

von erfolgreichen Gründern inspirieren lassen und von den<br />

Erfahrungen von Serial Entrepreneurs in Impulsgruppen,<br />

Vorträgen, Workshops, Panel Discussions und beim Netzwerken<br />

profitieren. Sie treffen Sparringspartner, Mentoren<br />

und Business Angels, die als Rollenvorbilder und Diskussionspartner<br />

Rede und Antwort stehen.<br />

Das Angebot der Stiftung wird durch die beiden Wettbewerbe<br />

Gründen Live sowie die Youth Citizen Entrepreneurship<br />

Competition vervollständigt (siehe Kasten). Sie stehen<br />

nicht nur Teilnehmern des Campus offen und bestehen aus<br />

einer Trainingsphase, in denen die Ideen überarbeitet und<br />

aktualisiert werden können. In einer zweiten Phase können<br />

Teilnehmer ihre Projekte untereinander kommentieren, bevor<br />

in einer dritten Phase das öffentliche Voting beginnt. Bei<br />

diesem können Sie als Leser über die von Ihnen favorisierte<br />

Idee abstimmen.<br />

Eine intelligentere Ökonomie ist gefragt<br />

Die Arbeit der Stiftung Entrepreneurship zieht bewusst Personen<br />

wie Künstler, Außenseiter oder engagierte Mitmenschen<br />

mit ein, die bisher in der Welt der Wirtschaft weder<br />

für sich Handlungschancen sahen, noch als Anreger oder<br />

„Wir haben die Chance, eine bessere Welt zu bauen. Liebevoller,<br />

witziger, feinfühliger und künstlerischer, als es je zuvor möglich gewesen<br />

ist. Aber wir müssen selbst in den Ring steigen, es selbst in Gang bringen,<br />

es selbst unternehmen. Es nicht den bloßen Gewinnmaximierern<br />

überlassen.“<br />

Günter Faltin<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

75


THEMEN | ENTREPRENEURSHIP<br />

Der Mensch im Mittelpunkt des<br />

Unternehmertums<br />

Angehenden Entrepreneure können ihr Konzept im Wettbewerb<br />

„Gründen Live. Mehr Kopf statt Kapital“ testen und weiterentwickeln.<br />

Hier werden sie mit einem umfangreichen Online-Training<br />

immer wieder ermutigt, das eigene unternehmerische Konzept zu<br />

überarbeiten und Gründen mit Komponenten anzuwenden.<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> unterstützt<br />

Gründen Live mit Sachpreisen im Wert von 15.000<br />

Euro. Weitere Informationen über die Gewinner des<br />

letzten Jahres finden Sie unter folgendem QR-Code.<br />

www.gruenden-live.de<br />

Gründen mit Komponenten<br />

Gerade unsere heutige, hoch arbeitsteilige Gesellschaft bringt spezialisierte<br />

Dienstleister hervor, die man als Gründungskomponenten<br />

bündeln und für die Gründung eines Unternehmens einsetzen<br />

kann. Wer das tut, benötigt weit weniger Kapital als früher, kann<br />

von Anfang an professionell arbeiten und sich auf das konzentrieren,<br />

was den Kern des Entrepreneurship ausmacht: Ein innovatives<br />

Konzept anzudenken, daran zu arbeiten und schließlich zur Praxisreife<br />

zu bringen.<br />

www.komponentenportal.de<br />

Youth Citizen Entrepreneurship Competition<br />

Dieser Wettbewerb richtet sich an junge Nachwuchsunternehmer<br />

im Alter von 15 bis 35 Jahren. Gesucht wurden dabei innovative<br />

Ideen und Projekte im Bereich Social Business, in denen ein Bezug<br />

zu den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen<br />

hergestellt wird. Über Ihre favorisierte Einreichung können Sie<br />

noch bis zum 31. August abstimmen. Dieser People’s Choice Award<br />

wird am <strong>03</strong>. September bekannt gegeben. Die von einer Jury ausgewählten<br />

Gewinner werden dann am 22. Oktober beim Entrepreneurship<br />

Summit ausgezeichnet.<br />

www.entrepreneurship-campus.org<br />

Citizen Entrepreneurship<br />

Gesucht ist der Bürger als Entrepreneur für zivilgesellschaftliches<br />

Engagement im Bereich unternehmerischen Handelns. Die aktuelle<br />

Kampagne der Stiftung Entrepreneurship, die beim Summit am 21.<br />

und 22. Oktober ihren Anfang nimmt, soll dies in einer gemeinschaftlichen<br />

„Citizen Entrepreneurship“ – Aktion zum Ausdruck<br />

bringen.<br />

www.entrepreneurship.de/summit<br />

Österreich:<br />

Entrepreneurship fängt in der Schule an<br />

Entrepreneurship macht Schule – wortwörtlich. Denn in Österreich<br />

gibt es zahlreiche Initiativen, mit denen Schüler und junge Menschen<br />

für innovatives Unternehmertum begeistert werden. So findet<br />

seit 2014 jährlich eine Veranstaltung in Wien statt, um die Gründerszene<br />

zu vernetzen und innovative Ideen zu fördern: der von<br />

der Initiative for Teaching Entrepreneurship (IFTE) ausgerichtete<br />

Entrepreneurship Summit. In rund 25 Workshops sowie Podiumsdiskussionen<br />

und Keynotes dreht sich alles darum, junge Entrepreneure<br />

bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Ideen zu fördern.<br />

In <strong>2017</strong> trifft man sich am 16. November zum Wiener Summit<br />

unter dem Motto „Global Goals“. Die Veranstaltung möchte Entrepreneurship<br />

mit <strong>Nachhaltig</strong>keit und insbesondere den Sustainable<br />

Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen verknüpfen.<br />

Die Jugend ist am Start<br />

Der Kick Off zum BA Ideen- und Businessplan-Wettbewerb: Next<br />

Generation findet traditionell während des Entrepreneurship<br />

Summit Wien statt. Der Wettbewerb erreicht derzeit rund 3000<br />

Jugendliche in der Sekundarstufe II der berufsbildenden mittleren<br />

und höheren Schulen, die sich in Teams zusammenschließen<br />

und gemeinsam einen Businessplan für eine Geschäftsidee entwerfen.<br />

Jedes Team kann durch einen Business Coach unterstützt<br />

werden.<br />

www.ifte.at/nextgeneration<br />

Mit dem Youth Start – Entrepreneurial Challenges liegt erstmals<br />

ein Programm vor, das von der Volksschule bis zur Oberstufe<br />

Lernangebote bietet. Youth Start ist der derzeit größte Feldversuch<br />

seiner Art im europäischen Raum. Es zielt darauf ab, durch<br />

ein praxisbezogenes und schülerzentriertes Unterrichtsprogramm<br />

zu Entrepreneurship die Schlüsselkompetenzen junger<br />

Menschen zu fördern. Dabei wird das seit zwei Jahren laufende<br />

Programm wissenschaftlich begleitet. In Österreich nehmen 71<br />

Schulen am Feldversuch teil. Das Youth Start Programm ist eine<br />

Kooperation der Bildungsministerien in Slowenien, Luxemburg,<br />

Portugal, Dänemark und Bulgarien, der methodische Lead liegt<br />

in Österreich.<br />

www.youthstart.info<br />

Österreich zeigt den Weg<br />

Österreichische Schulen, die Entrepreneurship als Schwerpunkt<br />

setzen, können sich von der e.e.si (Entrepreneurship Education<br />

für schulische Innovationen) zertifizieren lassen. Die e.e.si setzt<br />

sich dafür ein, dass die Einbindung von Entrepreneurship als Unterrichtsprinzip<br />

in österreichischen Schulen Einzug findet. Derzeit<br />

sind 21 Schulen zertifiziert und 37 Schulstandorte im Prozess der<br />

Zertifizierung. Das Bundesland Salzburg wird demnächst eine „Pilotregion“<br />

sein, in der alle kaufmännischen Schulen die Entrepreneuership<br />

Zertifizierung erlangt haben, bzw. sich im Prozess der<br />

Zertifizierung befinden.<br />

www.eesi-impulszentrum.at<br />

Die Plattform „Starte Dein Projekt“ unterstützt Schüler mit Crowdfunding<br />

und Workshops bei der Umsetzung ihrer Schulprojekte.<br />

Schüler oder Klassen können auf der Plattform ihre Ideen und Projektpläne<br />

präsentieren und so Kontakt zu Unterstützern herstellen.<br />

Zudem können dort Lehrer mit ihren Klassen an Workshops zu den<br />

Themen Entrepreneurial Design Thinking, Projektmanagement und<br />

Crowdfunding teilnehmen. Seit 2015 haben 232 Workshops mit<br />

Jungunternehmer/innen stattgefunden und die Rückmeldungen<br />

sind ausgezeichnet. Es wurden rund 50.000,00 Euro für Schüler-<br />

Projekte aufgebracht.<br />

www.startedeinprojekt.at<br />

Entrepreneurship in der Schweiz<br />

In Basel findet am 09. Und 11. November zum zweiten Mal der<br />

Business Idea Summit statt. Die Netzwerk-Tagung wurde von den<br />

Entrepreneurship Summits in Berlin und Wien inspiriert. Sie richtet<br />

sich an kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) sowie<br />

Selbständige und angehende Gründer. Im Jahr <strong>2017</strong> stehen Digitale<br />

Tools im Fokus.<br />

www.businessidea.ch<br />

76 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

Faire<br />

ideen drin!<br />

Auch<br />

faires<br />

geld drauf?<br />

KONTEN & KREDITE<br />

FÜR NACHHALTIGE<br />

UNTERNEHMEN<br />

Akteure geeignet erschienen. Dieses Verständnis von Entrepreneurship geht über<br />

bisherige Traditionen hinaus. Es unterliegt dem Prinzip, dass die wirtschaftliche<br />

und kulturelle Weiterentwicklung der Gesellschaft auch auf unternehmerische<br />

Initiativen angewiesen ist, die nicht ständig nur neue Bedürfnisse herauskitzeln,<br />

sondern auf vorhandene Probleme mit ökonomischer, sozialer aber auch künstlerischer<br />

Phantasie antworten. Und diese benötigen wir dringender denn je. Es<br />

geht darum, eine intelligentere, weniger Zerreißproben provozierende Ökonomie<br />

herbeizuführen. Dazu brauchen wir Gründer, die von anderen Wertvorstellungen<br />

geleitet sind, statt von Expansion zu schwärmen, die eine nachhaltig effizientere<br />

und sozial verträglichere Ökonomie entwerfen und in die Praxis umsetzen.<br />

DIREKT. GÜNSTIG. FLEXIBEL. FAIR.<br />

Günter Faltin – Pionier des Entrepreneurship<br />

Prof. Dr. Günter Faltin ist Professor für Entrepreneurship<br />

und hat den Arbeitsbereich Entrepreneurship der Freien<br />

Universität Berlin aufgebaut. Bereits 1985 gründete er<br />

zusammen mit seinen Studenten die Projektwerkstatt<br />

GmbH mit der Idee der Teekampagne. Seit Mitte der<br />

90er-Jahre ist das Unternehmen Marktführer im Teeversandhandel<br />

in Deutschland und der größte einzelne<br />

Importeur von Darjeeling-Tee in der Welt. Faltin ist<br />

Initiator des Wiederaufforstungsprogramms des World<br />

Wide Fund For Natur (WWF) für Darjeeling/Indien und<br />

engagiert sich als Business Angel in Start-ups, darunter<br />

die Ebuero AG.<br />

Faltin erhielt Einladungen zu Gastprofessuren, wissenschaftlichen Vortragsreihen<br />

und Workshops in mehr als 20 Ländern, unter anderem in den USA, Kanada, Mexiko,<br />

Brasilien, Russland, Ukraine, Japan und Südkorea. 1997 wurde ihm der Award<br />

der Price-Babson-Foundation, Boston, »for Bringing Entrepreneurial Vitality to<br />

Academe« verliehen. 2009 nahm er für die Teekampagne den Deutschen Gründerpreis<br />

entgegen. Als »Pionier des Entrepreneurship-Gedankens in Deutschland«<br />

zeichnete ihn der Bundespräsident 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz aus.<br />

Derzeit lehrt er als Gastprofessor an der Universität Chiang Mai, Nordthailand.<br />

Faltin tritt für eine Kultur des Unternehmerischen ein, die über rein betriebswirtschaftliches<br />

Denken hinausgeht. Er plädiert für unternehmerisches Handeln,<br />

das nicht neue Bedürfnisse herauskitzelt, sondern auf vorhandene Probleme mit<br />

ökonomischer, sozialer und künstlerischer Phantasie antwortet.<br />

www.entrepreneurship.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

EthikBank<br />

F A I R E S G E L D<br />

JETZT<br />

WECHSELN<br />

www.ethikbank.de<br />

77<br />

!


THEMEN | ENTREPRENEURSHIP<br />

VOM FUSSBALLER ZUM<br />

ENTREPRENEUR<br />

Ex-Nationalspieler Philipp Lahm ist mit der Philipp Lahm-Stiftung Jurymitglied des Next Economy Awards.<br />

<strong>forum</strong> fragte nach, welche Rolle Engagement, <strong>Nachhaltig</strong>keit, Investment und Entrepreneurship für ihn<br />

als Fußballer und Unternehmer spielen.<br />

„Der eigene Erfolg bringt immer eine gewisse Verantwortung<br />

mit sich – das gilt für Einzelpersonen genauso<br />

wie für Firmen, Institutionen oder Konzerne.“<br />

Philipp Lahm absolvierte<br />

als Fußballprofi über<br />

einhundert Spiele für die<br />

deutsche Nationalmannschaft<br />

und wurde mit<br />

dieser 2014 Weltmeister.<br />

Schon während seiner<br />

Karriere als Fußballer<br />

engagierte er sich mit der<br />

Philipp Lahm-Stiftung für<br />

sozial benachteiligte Kinder<br />

in Deutschland und<br />

Afrika. Daneben unterstützt<br />

er die AOK-Initiative<br />

„Gesunde Kinder,<br />

gesunde Zukunft“ und<br />

ist Botschafter der Stiftung<br />

Lesen. Nach seiner<br />

Karriere als Fußballprofi<br />

konzentriert er sich nun<br />

verstärkt auf die Themen<br />

Gesundheit, <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

und Unternehmertum.<br />

Herr Lahm, Sie bringen in diesem Jahr Ihre<br />

Expertise in die Suche nach Deutschlands<br />

nachhaltigsten Gründern ein. Warum engagieren<br />

Sie sich für die Pioniere der „Grünen<br />

Wirtschaft“?<br />

Ich finde es sehr spannend und beeindruckend<br />

zusammen mit meinem Stiftungsteam<br />

die unterschiedlichsten kreativen und<br />

innovativen Ansätze kennenzulernen und<br />

zu unterstützen. Ich möchte mit meinem<br />

Engagement vermitteln, dass es Zeit und Vertrauen<br />

braucht, damit sich etwas nachhaltig<br />

entwickeln kann. <strong>Nachhaltig</strong>keit bedeutet für<br />

mich, sich bewusst mit den Gegebenheiten zu<br />

beschäftigen und dann langfristige Lösungen<br />

zu suchen und so gesellschaftliche Verantwortung<br />

zu übernehmen. Deshalb freue ich<br />

mich, beim „Next Economy Award“ Start-ups<br />

auszuzeichnen, die das mit neuen Geschäftsmodellen<br />

tun wollen.<br />

Muss die Wirtschaft mehr Verantwortung für<br />

die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft<br />

übernehmen?<br />

Der eigene Erfolg bringt immer eine gewisse<br />

Verantwortung mit sich – das gilt für<br />

Einzelpersonen genauso wie für Firmen,<br />

Institutionen oder Konzerne. Es ist unser aller<br />

Aufgabe, Verantwortung für die Zukunft zu<br />

übernehmen, damit auch die kommenden<br />

Generationen die Möglichkeit zur Selbstentfaltung<br />

haben – das ist es nämlich, was ich<br />

unter nachhaltiger Zukunft verstehe.<br />

Welche Rolle spielen <strong>Nachhaltig</strong>keit und<br />

Umweltschutz in Ihrem Leben?<br />

Die Möglichkeit zum selbstbestimmten<br />

Leben, die ich als großen Wert und großes<br />

Glück ansehe, verdanke ich nicht nur meinem<br />

stabilen sozialen Umfeld, sondern zu<br />

einem großen Teil auch der sicheren, sauberen<br />

Umwelt, in der ich aufgewachsen bin.<br />

In meiner Stiftung sind daher alle Projekte<br />

langfristig angesetzt und darauf ausgerichtet,<br />

Kindern und Jugendlichen Perspektive<br />

aufzuzeigen, damit sie für sich den Weg<br />

in eine gesunde und lebenswerte Zukunft<br />

entdecken können.<br />

Sie sind bereits während Ihrer Fußballkarriere<br />

als Investor in der Start-up-Szene aktiv<br />

gewesen. Welche Themen und Firmen sprechen<br />

Sie besonders an?<br />

Die Unternehmen, in die ich investiert habe<br />

und die ich unterstütze, stehen für eine<br />

bewusste, selbstbestimmte Lebensführung<br />

und schaffen dafür die nötigen Rahmenbedingungen:<br />

Ein Hersteller für natürliche<br />

Pflegeprodukte, ein Bio- und Naturkosthändler<br />

ein Online-Präventionsanbieter,<br />

eine Beratungsagentur mit großer Expertise<br />

im Gesundheitswesen sowie ein Tech-<br />

Start-up. Ich bin zudem an der Deutschen<br />

Sportlotterie beteiligt. Aus der privilegierten<br />

Situation des Profifußballers setze ich mich<br />

so für die Förderung von olympischen und<br />

paraolympischen Athletinnen und Athleten<br />

Foto: © Nadine Rupp<br />

78 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

ein, die als Vorbilder für die Bedeutung und die Werte des<br />

Sports stehen.<br />

Sie sind bekannt für Ihr starkes gesellschaftliches Engagement<br />

insbesondere für die Jugend. Wie kam es dazu und<br />

welche Hilfestellung möchten Sie Jugendlichen mit auf den<br />

Weg geben?<br />

Ich habe meine Stiftung im Jahr 2007 nach einem Südafrika-Besuch<br />

gegründet. Ich war entsetzt über die Lebensumstände<br />

vieler Kinder dort – so viel Armut, Elend und<br />

völlige Perspektivlosigkeit und beschloss, etwas für Kinder<br />

und Jugendliche zu tun, die es nicht so gut haben wie ich<br />

es gehabt hatte. Weil dafür auch bei uns ein hoher Bedarf<br />

besteht, habe ich meinen Stiftungsfokus auf Deutschland<br />

und Südafrika gelegt. Kinder und Jugendliche werden durch<br />

Projekte in den Bereichen Sport und Bildung gefördert, die<br />

ihnen Lebensperspektive vermitteln und ihre Lebenssituation<br />

nachhaltig verbessern. In Südafrika führt die Stiftung<br />

Fußballprojekte durch, um für das Miteinander wichtige<br />

Werte zu fördern: Teamgeist, Respekt vor Regeln, Fairness,<br />

Toleranz. In Deutschland stehen in meinen zwei Großprojekten<br />

– dem Philipp Lahm Sommercamp und der Philipp Lahm<br />

Schultour – die Themenbereiche Bewegung, Ernährung und<br />

Persönlichkeitsentwicklung im Mittelpunkt.<br />

Fotos v.o.n.u.: © Dariusz Misztal | © Nadine Rupp | © Andreas Acktun<br />

Nach einer wohlverdienten Pause werden Sie sicherlich neue<br />

Projekte in Angriff nehmen. Was ist vom Entrepreneur/<br />

Unternehmer Phillip Lahm als nächstes zu erwarten und<br />

welchen Ratschlag möchten Sie jungen Firmengründern<br />

zum Abschluss mit auf den Weg geben?<br />

Ich werde mich auf meine Stiftung und meine Holding konzentrieren<br />

und mich dort nach und nach einarbeiten, um<br />

neue Aufgabenfelder für mich zu finden. Meine Erfahrungen<br />

als Sportler helfen mir dabei, mich den neuen Herausforderungen<br />

außerhalb des Fußballs ohne Angst zu stellen. Das<br />

ist sicherlich auch für Firmengründer wichtig: Keine Angst<br />

vor Niederlagen oder Rückschlägen. Die Regeln des „Spiels“<br />

verinnerlichen, ein klares Ziel festlegen und eine Idee entwickeln,<br />

wie man es erreichen kann. Wer erfolgreich sein will,<br />

braucht Leidenschaft, Disziplin und Durchhaltevermögen.<br />

Und am Ende auch Glück – das hat niemand in der Hand.<br />

Herr Lahm, wir danken für das Gespräch und wünschen<br />

Ihnen für Ihre kommenden Projekte alles Gute. Wir sehen<br />

uns am 7. Dezember <strong>2017</strong> bei der Preisverleihung in<br />

Düsseldorf.<br />

www.philipp-lahm-stiftung.de<br />

www.nexteconomyaward.de<br />

Oben: Philipp Lahm wird beim diesjährigen Next Economy Award<br />

innovative Start-ups, die gesellschaftliche Verantwortung übernehmen,<br />

auszeichnen.<br />

Mitte und unten: Beim Sommercamp der Philipp Lahm-Stiftung<br />

stehen neben Sport und Bewegung auch Ernährung und<br />

Persönlichkeitsentwicklung im Vordergrund.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

79


DIE MAGIE DER DÜFTE ...<br />

... und wie daraus ein Unternehmen entstand<br />

Vollkornstollen-Bäcker, Verleger und dann Pionier in der Aromatherapie: Axel Meyer hat eine bewegte<br />

Laufbahn in der Bio-Branche hinter und vor sich. Sein nächstes Ziel: die Provence nach Deutschland holen.<br />

Von Simone Ziegler<br />

In seinem Romanklassiker „Das Parfüm“ lässt Patrick<br />

Süskind die Hauptfigur Grenouille mordend durch das<br />

Paris des 18. Jahrhunderts streifen. Die Opfer sind junge<br />

Frauen, deren Duft er konserviert und damit ein einzigartiges<br />

Parfüm kreiert. Etwa 200 Jahre später: Axel<br />

Meyer reist Ende der 1970er Jahre beflügelt vom Geist<br />

der Flower-Power-Bewegung durch Südostasien, Indien<br />

und Südamerika. Auch er lässt sich von seiner feinen Nase<br />

leiten, ist aber nicht auf der Suche nach jungen Frauen,<br />

sondern nach exotischen Pflanzen, balsamischen Hölzern,<br />

tropischen Harzen und Rinden, betörenden Blüten sowie<br />

würzigen Kräutern und Gräsern. Diese Sinneseindrücke<br />

seiner Jugend lassen ihn fortan nicht mehr los. Mit einem<br />

Schatz an Erfahrungen kehrt er in das von Aufbruchsstimmung<br />

geprägte Deutschland zurück, in dem gerade die<br />

Bio- Bewegung an Fahrt aufnimmt.<br />

Vom Stollenbäcker zum Verleger<br />

Zu den neuen Lebensformen, etwa in Landkommunen, gehört<br />

ein neues Verständnis von gesunder Ernährung. Auch<br />

Meyer wird mit Begeisterung ein Anhänger der jungen<br />

Bio-Bewegung. Er mischt Müslis und fängt in einem der<br />

ersten Bio-Läden Deutschlands, dem „Vollkorn“ in Braunschweig,<br />

an zu backen. Zu Weihnachten gibt es, wie könnte<br />

es anders sein, Vollkornstollen. Sie gelingen ihm so gut, dass<br />

er die Nachfrage kaum bewältigen kann. Doch nach Weihnachten<br />

ist der Sättigungsgrad für Vollkornstollen erreicht.<br />

Freunde drängen ihn, seine neuartige Rezeptsammlung an<br />

Vollkornbroten, Stollen, Brötchen und Teilchen in Buchform<br />

zu bringen. Meyer setzt alles auf eine Karte und bringt<br />

1981 im von ihm gegründeten TAOASIS-Verlag das erste<br />

Vollkornbackbuch in Handtypografie auf den Markt: „Die<br />

Kunst des Backens“. Nach wochenlangem Bangen folgt die<br />

Erleichterung: Zahlreiche Nachbestellungen zeugen vom<br />

Erfolg der Veröffentlichung, am Ende wird das Buch über<br />

300.000 Mal verkauft.<br />

Vom Bio-Korn zum Bio-Duft<br />

Fortan als Sachbuchautor vieler Bücher zur gesunden Ernährung<br />

und Lebensform unterwegs, gehört sein „Lexikon der<br />

Düfte“ ebenfalls zu einem der ersten seiner Art und ist seit<br />

über 20 Jahren in Blindenschrift erhältlich. Dieses Buch legt<br />

1991 den Grundstein für die heutige TAOASIS Natur Duft<br />

Manufaktur. Der Sachbuchautor und Verleger wird erneut<br />

Firmengründer, ruft die Erinnerungen seiner Jugend ab und<br />

rückt damit seiner Vision näher, nämlich „wohlriechende Düfte<br />

der Natur als heilsames Kommunikationsmittel zwischen<br />

Natur und Mensch“ einzufangen.<br />

Fotos: © Taoasis<br />

80 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

Ende der 80er Jahre sind hochwertige ätherische Öle in<br />

Deutschland eine Rarität, die Aromatherapie steckt noch<br />

in den Kinderschuhen. Doch Axel Meyer startet durch. Er<br />

produziert ätherische Öle auf hohem Qualitätsniveau und<br />

erkennt eines sofort: Diese komplexen Essenzen der Natur<br />

gehören in die Hände von Experten. Wer könnte sie also<br />

besser auf dem Markt anbieten als erfahrene Pharmazeuten<br />

in der Apotheke? Um diese zu überzeugen, lässt sich<br />

Meyer einiges einfallen: eine spektakuläre „Oase der Düfte“<br />

als Sonderschau auf einschlägigen Messen, das aromaspontane<br />

Theater und das Taomobil – ein doppelstöckiger<br />

Reisebus mit Duftlehrpfad und Riechkino, welches seit<br />

mehr als zehn Jahren durch Deutschland, Österreich und<br />

die Schweiz tourt.<br />

Das duftende Klassenzimmer<br />

Nach 25 Jahren hat Meyer mehr als 12.000 Kunden im Inund<br />

Ausland. Und es verändert sich auch auf dem Feld der<br />

Aromatherapie vieles: Die Düfte, vor allem ihre Wirkung auf<br />

den Menschen und der Riechvorgang selbst werden wissenschaftlich<br />

erforscht. So auch der von Meyer entwickelte<br />

Dufte-Schule-Duft. Unter Alltagsbedingungen in Schulklassen<br />

wird dieser wissenschaftlich getestet und 796 Schüler geben<br />

ihre Eindrücke in Fragebögen an. Das Ergebnis: 41 Prozent der<br />

Schüler können sich im Klassenraum besser konzentrieren,<br />

38 Prozent finden die Stimmung in der Klasse besser und<br />

32 Prozent berichten sogar von weniger Aggressionen im<br />

Klassenzimmer. Meyer fasst die Ergebnisse im Buch „Dufte<br />

Schule – Leichter lernen durch Duftessenzen“ zusammen<br />

und Wissenschaftsmagazine veröffentlichen die Ergebnisse.<br />

Dadurch erfährt die seriöse Aromatherapie mehr Anerkennung<br />

und die Nachfrage an hochwertigen ätherischen Ölen<br />

steigt weiter an. Nicht nur hierzulande verbessert Meyer die<br />

Lernsituation von Schülern: Als einer der Hauptsponsoren<br />

finanziert er mit seinem Unternehmen den Bau einer neuen<br />

Grundschule für über 250 Schüler in Dindou (Togo), um somit<br />

auch Schüler in Afrika zu unterstützen.<br />

Umweltengagement ist Ehrensache<br />

Während die Bio-Verordnungen immer weiter verwässern,<br />

bekommen die ätherischen Öle von Taoasis gleich mehrere<br />

Zertifikate, darunter auch das strenge demeter-Qualitätszeichen.<br />

Die Firma wächst und Axel Meyer kreiert nun auch das<br />

erste Bio-Parfüm in demeter-Qualität. Dabei wird sorgfältig<br />

auf die Herkunft der Duftstoffe und faire, zum Teil persönliche<br />

Lieferantenbeziehungen geachtet. Das Unternehmen pflegt<br />

den Kontakt zu Kleinbauern-Kooperationen in Bulgarien, auf<br />

Sizilien und in Indien.<br />

Das Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

attestiert dem Unternehmen ein jahrzehntelanges<br />

Engagement und lobt 2015 in den Case Studies „Corporate<br />

Social Responsibility in Globalized Market”, <strong>Nachhaltig</strong>keit,<br />

Transparenz und soziales Engagement der “duften” Firma.<br />

Doch für einen Umweltpionier ist das eine Selbstverständlichkeit<br />

und so verwundert es nicht, dass das Unternehmen<br />

Oben: In Detmold entstand 2014 eine Anbaufläche für Bio-Lavendel.<br />

Mitte und unten: Das Taomobil tourt seit zehn Jahren durch<br />

Deutschland, Österreich und die Schweiz. Im Inneren verbirgt sich<br />

unter anderem ein Duftlehrpfad.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

81


THEMEN | ENTREPRENEURSHIP<br />

Bio-Pionier Axel Meyer vor<br />

30 Jahren.<br />

seit nahezu einem Jahrzehnt<br />

klimaneutral arbeitet. Um das<br />

weitreichende, ganzheitliche Engagement<br />

transparent erfassen<br />

und dokumentieren zu können,<br />

werden gegenwärtig umfassende<br />

Daten nach den Kriterien der<br />

Gemeinwohlökonomie erhoben<br />

und zu einer Gemeinwohlbilanz<br />

verdichtet, die im Herbst dieses<br />

Jahres erscheinen soll.<br />

Bio-Lavendel aus Deutschland<br />

Seit 2015 erfahren Besucher des hauseigenen Duft- und<br />

Heilpflanzengartens in Detmold viel über diese besonderen<br />

Pflanzen und deren aromatherapeutische Eigenschaften.<br />

Dies ist der Apothekerin Susanna Färber zu verdanken,<br />

die sich seit Jahren als Seminarleiterin um diesen Bereich<br />

kümmert. Bereits ein Jahr davor – 2014 – eröffnet sich eine<br />

weitreichende Chance: Mit Unterstützung des Bioland-Bauern<br />

Martin Meiwes werden auf zwei Hektar freiem Ackerboden<br />

50.000 Bio-Lavendel-Pflänzchen aus Frankreich in<br />

Detmold gesetzt. Petit Provence in Deutschland! So kommt<br />

es bereits 2016 unter den Augen von Funk und Fernsehen<br />

zur ersten Handernte. Das gewonnene Lavendelöl ist vielversprechend.<br />

<strong>2017</strong> wird in der eigenen 800 Liter-Destille<br />

das kostbare Öl destilliert. Heilsame Düfte der Natur – wie<br />

der von Lavendel – könnten bei weiterhin günstigem Klima<br />

in Zukunft in der „Petit Provence“ direkt vor der Haustüre<br />

eingefangen werden. Meyer, inmitten blühenden Lavendels,<br />

sagt nachdenklich: „Taoasis war in den 80er Jahren nicht<br />

mehr als eine Vision: Mit dem Anbau eigener Pflanzen<br />

direkt am Firmensitz rückt die Natur selbst wieder in den<br />

Vordergrund – zum Wohl aller.“<br />

Alles blüht – und so muss sich der Firmengründer auch um<br />

die Zukunft seines Unternehmens keine Sorgen machen. Sein<br />

jüngster Sohn Govinda gehört seit 2013 der Geschäftsleitung<br />

an und kümmert sich dort nicht nur um die Pflege der<br />

Lieferantenbeziehungen, sondern sorgt auch für eine neue,<br />

einheitliche Ausrichtung des Marketings und der Kommunikation.<br />

Er will dafür sorgen, dass noch mehr Menschen von<br />

der heilsamen Wirkung der Natur erfahren.<br />

www.taoasis.com<br />

ANZEIGE<br />

Fest bei Worlée verankert:<br />

ENERGIE- UND<br />

UMWELTMANAGEMENT<br />

Foto: © Jenner Egberts Fotografie<br />

Als Produzent und Lieferant von natürlichen,<br />

chemischen und kosmetischen<br />

Rohstoffen sind wir uns bewusst, dass sich<br />

unsere Geschäftstätigkeit auf die Umwelt<br />

auswirkt. Klimaschutz und Ressourcenschonung<br />

sind wesentliche Bestandteile<br />

unserer Unternehmensleitsätze. Aus<br />

diesem Grund sind der effiziente Einsatz<br />

von Energie sowie die Reduzierung von<br />

Emissionen und Abfällen<br />

ein großes Anliegen von<br />

Worlée.<br />

Um unsere Ressourceneffizienz<br />

zu erhöhen und so<br />

die Umweltauswirkungen<br />

unseres Handelns auf ein<br />

Minimum zu beschränken,<br />

ergreifen wir im Rahmen<br />

eines umfassenden Energieund<br />

Umweltmanagements<br />

viele verschiedene Maßnahmen zur kontinuierlichen<br />

Verbesserung der Umweltleistung<br />

oder zur Sicherstellung eines effizienten<br />

Energieeinsatzes.<br />

Insgesamt helfen uns unsere Managementsysteme<br />

dabei, für alle wesentlichen Stoffund<br />

Energieströme den In- und Output zu<br />

ermitteln, Prozesse und Verfahrensweisen in<br />

Frage zu stellen und Ziele und Aktionspläne<br />

zu entwerfen, um unsere ökologischen<br />

Auswirkungen immer weiter zu reduzieren.<br />

Darüber hinaus investieren wir jährlich große<br />

Summen in die Verbesserung unserer<br />

Anlagen, engagieren uns in <strong>Nachhaltig</strong>keitsund<br />

Klimaschutzinitiativen und schulen und<br />

motivieren unsere Mitarbeiter zu sicherem,<br />

umweltbewusstem und ressourcenschonendem<br />

Handeln.<br />

Mehr Informationen zu unserem umfassenden<br />

Engagement im Bereich <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

finden Sie in unserem <strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht<br />

unter www.worlee.de.<br />

82 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

NICHT NUR GUT, SONDERN<br />

GUT FÜR ETWAS.<br />

Ein Aufruf zum Entrepreneurship von Hannes Offenbacher<br />

Hannes Offenbacher ist<br />

Inhaber des Ideenstudios<br />

MEHRBLICK und Gründer<br />

von SCHUMBETA, einer<br />

Plattform zur Förderung<br />

von nachhaltigem Unternehmertum<br />

und Innovation<br />

im Alpenraum. Er<br />

zählt zu den Vordenkern<br />

für Zukunftsfähigkeit und<br />

provoziert als Vortragender<br />

neues, interdisziplinäres<br />

Denken jenseits<br />

von alten Konventionen.<br />

Vor zehn Jahren habe ich in den Bergen<br />

Salzburgs ein Ideencamp für nachhaltige Geschäftsideen<br />

organisiert. Heute würde man<br />

es „Eco Start-up Camp“ nennen, damals gab<br />

es diese Wörter im Sprachgebrauch nicht.<br />

Grundsätzlich ernteten wir eher Skepsis für<br />

den Versuch, Probleme der nachhaltigen<br />

Entwicklung im Bereich der Umwelt mit Geschäftsmodellen<br />

zu lösen – und dabei auch<br />

noch unternehmerisch erfolgreich, vielleicht<br />

sogar reich zu werden.<br />

Die große Cleantech Parade für innovative,<br />

ressourcen- und energieschonende Produkte<br />

sollte erst einige Jahre später einmarschieren.<br />

Heute hat Tesla als schöpferischer Zerstörer á<br />

la Joseph Schumpeter einer ganzen Branche<br />

den Teppich unter den Füßen weggezogen.<br />

Noch immer bestreiten das einige, sehen<br />

nicht das große Ganze und nur wenige erkennen,<br />

dass es nicht um die Elektrifizierung<br />

oder Digitalisierung geht, sondern um die<br />

„Smartifizierung“ aller Branchen.<br />

Nicht zuletzt durch den Druck von Klimawandel<br />

und sozialen Unruhen bleibt keine Zeit<br />

mehr, überholte Lösungen und selbstzerstörerische<br />

Verhaltensweisen zu verteidigen.<br />

Zum Glück für die Welt haben viele damit<br />

aufgehört, die Gebetsmühlen der alten Wirtschaftsordnung<br />

zu drehen und zu hoffen, dass<br />

sich doch nicht so viel ändern wird.<br />

Hermann Scheer, Vordenker der Energieautonomie,<br />

prognostizierte in seinen brillanten<br />

Reden schon vor vielen Jahren: Der Durchbruch<br />

kommt, wenn sich der nachhaltige<br />

Wandel auch ökonomisch rechnet. Schade,<br />

dass er es nicht erleben kann, denn – aber<br />

Hallo! – genau da sind wir sind angekommen.<br />

Volvo hat eben erst verkündet, ab 2019 ausschließlich<br />

Elektroautos herzustellen. Elon<br />

Musk hat bestätigt, dass die Produktion des<br />

Massenmodels Tesla 3 erfolgreich gestartet ist<br />

und er ab Dezember schon bei einer monatlichen<br />

Produktionshöhe von 20.000 Stück<br />

liegen wird. Ein lautes „Guten Morgen“ an<br />

alle, die weiterhin Verbrennungsmotoren<br />

optimieren wollen.<br />

Und dennoch, da geht mehr. Vor allem in<br />

der Frage, welchen Fokus ihres Schaffens die<br />

besten Köpfe in unserer Gesellschaft haben.<br />

Wovon träumen junge Ingenieure, Naturwissenschaftler<br />

und Kreative? Welche Werte<br />

dominieren ihr soziales Umfeld? Mag die Karriere<br />

mit All-in Vertrag im Consulting Bereich<br />

schon an Reiz verloren haben, so dominiert<br />

– zumindest medial – derzeit das Bild vom<br />

schnellen Geld durch coole Start-ups. Eine<br />

gute, motivierte Energie durchströmt die<br />

Events der Szene. Doch noch jagen alle das<br />

Einhorn, das superskalierbare Digital- Startup,<br />

das in fünf Jahren für einen aberwitzigen Preis<br />

verkauft wird. Und hier haben wir Korrekturbedarf,<br />

denn die Risikokapitalgeber haben die<br />

letzten Jahren eine erstarkende Gründerszene<br />

mit ihrer Orientierung an schnellen Returns<br />

on Investments und Exits verseucht. Doch Unternehmertum<br />

ist nicht Investment Banking,<br />

es geht nicht nur um Zahlen, um Geld, sondern:<br />

um Wert für die Kunden, das Lösen von<br />

Problemen in der Gesellschaft – und damit<br />

um den ganzheitlichen Sinn seines Schaffens.<br />

Wir brauchen wieder Visionen. Große Visionen,<br />

die das Zeug dazu haben, die Welt zu<br />

verändern. Wir müssen in Möglichkeiten,<br />

nicht in Limitationen denken. Oder wie kann<br />

es sein, dass es im Autoland Deutschland kein<br />

einziges ernstzunehmendes Start-up für Elektroautos<br />

gibt? Es braucht Pioniere, Rebellen<br />

und Verrückte, die das Unmögliche probieren,<br />

um Probleme der nachhaltigen Entwicklung<br />

mit tragfähigen Geschäftsmodellen zu lösen.<br />

Foto: © Fabian Isara<br />

An Engagement, Wissen und Kapital fehlt es<br />

Europa nicht. Nur an der Phantasie.<br />

www.offenbacher.cc | www.mehrblick.at<br />

www.schumbeta.at<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

83


THEMEN | ENTREPRENEURSHIP<br />

SEKEM – EINE VISION<br />

ERBLÜHT IN DER WÜSTE<br />

„Verrückt!“ So nannten die Leute Dr. Ibrahim Abouleish, als er vor 40 Jahren seine Vision verkündete,<br />

die Wüste zu begrünen, um eine nachhaltige Gemeinschaft entstehen zu lassen. Viel Gutes ist seitdem<br />

gewachsen und gibt Hoffnung für die Zukunft.<br />

Von Noha Hussein und Fritz Lietsch<br />

Vom Mercedes auf den Traktor: Der Visionär Abouleish gab eine Karriere in Österreich auf, um in Ägypten eine Vision wahr zu machen.<br />

Der visionäre Gründer begann 1977, die ägyptische Wüste<br />

nachhaltig zu beleben. Heute steht nicht nur das Unternehmen<br />

SEKEM in voller Blüte. Zurückschauend wird deutlich,<br />

dass die Umweltsituation in Ägypten damals zwar bereits<br />

schwierig war, aber noch lange nicht so dramatisch, wie sie<br />

sich heute zeigt: Das Land leidete unter Wasserknappheit,<br />

Wüstenbildung, Klimawandel – die Liste kann noch lange<br />

fortgeführt und mit sozialen Problemen fortgesetzt werden.<br />

Aber gerade weil Dr. Abouleish diese Probleme bereits<br />

damals kommen sah, bestand er darauf seine Vision der<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit zu verwirklichen – und sein Traum wurde<br />

Wirklichkeit: Im Jahr 2015 zeichneten die Vereinten Nationen<br />

seine SEKEM Initiative mit dem „Land for Life Award“ aus.<br />

Das Grün ist die Grundlage<br />

Vor 40 Jahren, 60 Kilometer nordöstlich von Kairo, auf einer<br />

Fläche von 70 Hektar unberührtem Wüstenland, begann<br />

Dr. Ibrahim Abouleish seine Vision zu verwirklichen – mit<br />

unerschütterlicher Zuversicht und biologisch-dynamischer<br />

Landwirtschaft. Dafür musste die Wüste auf nachhaltige<br />

Weise zurückgewonnen werden. Denn nur auf lebendigem,<br />

grünem Boden kann alles beginnen. Dort wachsen nicht nur<br />

Pflanzen und damit Lebensmittel, sondern es entstehen auch<br />

Arbeitsplätze wodurch wiederum eine blühende Gesellschaft<br />

auf den Weg gebracht werden kann.<br />

Die Gemeinschaft wächst<br />

Heute ist dieser Ort, die SEKEM Farm, der Ausgangspunkt für<br />

viele weitere Entwicklungen. Eine lebendige Gemeinschaft ist<br />

dort gewachsen, mit Fabriken, Schulen, einem medizinischen<br />

Zentrum und einem Berufsbildungszentrum für die Jugend.<br />

Weitere SEKEM Farmen sind in Ägypten entstanden: auf<br />

der Sinai-Halbinsel, in der Bahariya-Oase in der westlichen<br />

Wüste und in Oberägypten in Al-Minya. Außerdem hat<br />

SEKEM mehr als 800 Vertragsbauern im ganzen Land, die<br />

ebenfalls unter biologisch-dynamischen Richtlinien arbeiten.<br />

Der SEKEM-Gründer glaubte fest daran, dass eine solche<br />

Entwicklung in Ägypten realisierbar ist und suchte dafür<br />

erfolgreich internationale Mitstreiter und Partner wie die<br />

GLS oder Triodos Bank und setzte ganz besonders auf gute<br />

persönliche Beziehungen.<br />

„Auch die EBDA hat stark von solchen Kooperationen und<br />

Beziehungen profitiert“, sagt Attia Sobhy, heute Direktor der<br />

Ägyptischen Vereinigung für Bio-Dynamische Landwirtschaft<br />

(EBDA). „Ich bin schon seit 1999 in SEKEM als Trainer tätig und<br />

hatte großes Glück von Klaus Merckens lernen zu können. Die<br />

Fotos: 1-4: © SEKEM | © Rainer Kant, BAUM e.V.<br />

84 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

Familie Merckens pflegt eine langjährige Freundschaft mit<br />

der Abouleish-Familie. Und diese enge Verbindung spielte<br />

eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von SEKEMs<br />

landwirtschaftlichen Aktivitäten. Nur durch die Beisteuerung<br />

des großen Fachwissens der Merckens-Familie, konnte<br />

SEKEM weitere Farmen gründen und aufbauen“.<br />

Kompost- und biodynamische Präparate statt Pestizide<br />

In den frühen 1990er Jahre erlebte Ägypten einen großen<br />

Fortschritt in Bezug auf landwirtschaftliche Prozesse und<br />

SEKEM war die treibende Kraft dahinter. Dank der Bemühungen<br />

von SEKEM-Gründer Dr. Abouleish und seinem<br />

Forscherteam, wurde die Besprühung von Baumwollfeldern<br />

seit Generationen gemeinsam mit ägyptischem Rind und Holstein-Kühen.<br />

Heute hat SEKEM 135 Milchkühe und ungefähr<br />

ebenso viele Kälber und Stiere.<br />

Ein Tropfen auf den heißen Stein?<br />

Mehr denn je leidet Ägypten unter wachsender Nahrungsmittelunsicherheit,<br />

Bodenerosionen und Wüstenbildung.<br />

Die ägyptische Bevölkerung übersteigt 90 Millionen und lebt<br />

konzentriert um den schmalen grünen Streifen entlang des<br />

Nils – die einzige natürlich fruchtbare Gegend, die etwa 5%<br />

der Gesamtfläche Ägyptens ausmacht. Die Wüste beherrscht<br />

die Region und die wenigen Grünflächen werden durch katastrophale<br />

Bodenpraktiken immer rückläufiger. Trotzdem<br />

Seitdem wächst der Kreis der weltweiten Unterstützer und der weitsichtige Gründer erhielt zahlreiche Ehrungen und Preise.<br />

mit chemischen Pestiziden aus dem Flugzeug abgeschafft,<br />

nachdem die Effizienz und der hohe Ernteertrag des biologisch-dynamischen<br />

Baumwollanbaus nachgewiesen wurden.<br />

Diese Maßnahme hat dazu geführt, dass die Verwendung<br />

von Pestiziden in der Baumwollproduktion Ägyptens um fast<br />

90% reduziert wurde. Kompost und Bio-Dünger sind seitdem<br />

effiziente Unterstützer für die Landwirte, um die Vitalität<br />

und Biodiversität ihres Bodens zu erhalten und Erosion zu<br />

vermeiden. „Am Anfang wurde der Kompost aus pflanzlichen<br />

Rückständen, Tiermist und biodynamischen Präparaten, die<br />

wir aus Europa importierten, per Hand gemischt“, erklärt<br />

Angela Hofmann, SEKEMs Landwirtschaftskoordinatorin.<br />

„Mittlerweile können wir die Präparate selber herstellen und<br />

an unsere Vertragsbauern weitergeben.“<br />

SEKEM hat dabei schon immer von internationaler Erfahrung<br />

und Unterstützung profitiert. Angela Hofmann zählt wie die<br />

Merckens-Familie zu diesen „Helfern“. Die Landwirtin kam<br />

Anfang der 80er Jahre nach SEKEM, nachdem sie sich von<br />

der Idee „eine Gemeinschaft aus dem Nichts zu schaffen“<br />

anstecken ließ. „Zusammen mit 40 Schweizer Kühen bin<br />

ich von Deutschland nach SEKEM gereist, um dieses Pionierprojekt<br />

zu unterstützen“, erinnert sich die langjährige<br />

SEKEM-Mitarbeiterin. Die Schweizer Tiere leben nun schon<br />

bleibt SEKEM hoffnungsvoll. „Viele Menschen betrachten den<br />

Glauben, die Zukunft positiv gestalten zu können, entweder<br />

als verrückt oder als illusionär. Aber Träume verändern die<br />

Welt“, bekräftigt Helmy Abouleish, Geschäftsführer von<br />

SEKEM, mit der gleichen Bestimmtheit wie vormals sein<br />

Vater. Die blühenden SEKEM-Felder spiegeln nicht nur diese<br />

Hoffnung wieder, sondern beweisen hervorragend, dass eine<br />

verrückte Vision Wirklichkeit werden kann. Es braucht dazu<br />

Mut, Geduld, einen festen Glauben an das Gute und viel<br />

Standhaftigkeit – vielleicht ein wenig so wie die Bäume auf<br />

der SEKEM Farm: Vor 40 Jahren gepflanzt, stetig gewachsen,<br />

stehen sie heute fest und aufrecht, geben Schatten und<br />

brechen selbst stärkste Wüsten-Winde.<br />

www.sekem.com<br />

Hinweis der Redaktion: Erleben Sie Ibrahim<br />

Abouleish und seine wunderbare, zukunftsweisende<br />

Arbeit im aktuellen Film Code of Survival<br />

sowie in dem Film SEKEM – aus der Kraft der<br />

Sonne. www.denkmal.film<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

85


Das Wunder in der Wüste<br />

„Inmitten von Sand und Wüste sehe ich mich vor einer sprudelnden<br />

Wasserquelle. Sorgfältig pflanze ich Bäume, Kräuter sowie Blumen und<br />

befeuchte ihre Wurzeln mit den kostbaren Tropfen. Das kühle Wasser<br />

des Brunnens zieht Menschen und Tiere an, damit sich diese daran erfrischen<br />

können. Bäume geben Schatten, das Land wird grün, duftende<br />

Blumen blühen, Insekten, Vögel und Schmetterlinge zeigen ihre Hingabe<br />

an Gott, den Schöpfer, als ob sie die erste Sura des Qu’rans zitieren. Die<br />

Menschen, die das verborgene Lob Gottes wahrnehmen, kümmern sich<br />

und sehen alles Entstandene als Reflexion des Paradie-<br />

ses auf Erden. Für mich ist diese Idee einer Oase<br />

inmitten einer feindlichen Umgebung wie ein<br />

Bild der Wiederbelebung im Morgengrauen,<br />

nach einer langen Reise durch die<br />

nächtliche Wüste. Ich sah es vor mir<br />

wie ein Modell, bevor die eigentliche<br />

Arbeit in der Wüste begann. Und<br />

doch wollte ich in Wirklichkeit noch<br />

mehr: Ich wollte die ganze Welt<br />

entwickeln.”<br />

Ibrahim<br />

Abouleish<br />

Gründer und<br />

Vorstandsvorsitzender der<br />

SEKEM-Initative in Ägypten<br />

1937–<strong>2017</strong><br />

Gestaltung: © elfgenpick<br />

86 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Trauer um einen geliebten Visionär<br />

Ibrahim Abouleish hatte in Graz Technische Chemie studiert und eine Familie gegründet.<br />

1977 entschied er nach einem Ägypten-Besuch, dass er die großen Probleme des Landes –<br />

Bildungsnotstand, Überbevölkerung und Umweltverschmutzung – nur vor Ort lösen könne.<br />

Noch im selben Jahr kehrte er nach Ägypten zurück, und gründete nordöstlich von Kairo die<br />

Entwicklungsinitiative SEKEM auf 70 Hektar Wüste.<br />

SEKEM (altägyptische Hieroglyphe: „sonnenhafte Lebenskraft“) ist heute Marktführer in der<br />

biologischen Landwirtschaft und mit pflanzlichen Heilmitteln. Das Unternehmen forciert den<br />

landesweiten Einsatz biologisch-dynamischer Anbaumethoden mit einer umweltverträglichen<br />

Schädlingsbekämpfung und engagiert sich stark im Bildungs- und Erziehungssektor – u.a. durch<br />

Gründung einer eigenen Universität. SEKEM beschäftigt heute knapp 2.000 Menschen, mehr als<br />

250 Kleinbauern sind Zulieferer von biologisch angebauten Produkten.<br />

Abouleishs Engagement wurde mit zahlreichen Preisen geehrt. Sein Geschäftsmodell für das<br />

21. Jahrhundert, eine „Wirtschaft der Liebe“, in dem wirtschaftlicher Erfolg in die soziale und<br />

kulturelle Entwicklung der Gesellschaft integriert ist, wurde 20<strong>03</strong> mit dem Right Livelihood Award,<br />

dem alternativen Nobelpreis, ausgezeichnet. Ab 2007 war Abouleish Ratsmitglied im World<br />

Future Council, im Jahr 2011 erhielt er den begehrten B.A.U.M.-Sonderpreis.<br />

Noch im März hatte Ibrahim Abouleish mit Freunden, Familie und Mitarbeitern seinen<br />

80. Geburtstag gefeiert. Er verstarb am 15. Juni <strong>2017</strong>.<br />

„Ibrahim war eine herausragende<br />

Persönlichkeit, mit Blick in die Zukunft.<br />

Kreativ, verantwortungsbewusst, sozial,<br />

zuverlässig, mutig, den Menschen<br />

zugewandt.<br />

So einen Freund zu verlieren hinterlässt<br />

eine große Lücke.<br />

Wir werden Ibrahim in unseren Herzen<br />

bewahren und in seinem Sinne weiter<br />

engagiert arbeiten.“<br />

Professor Dr. Maximilian Gege,<br />

Vorsitzender B.A.U.M. e.V. und das<br />

gesamte B.A.U.M.-Team<br />

„Mit Ibrahim Abouleish verlieren wir<br />

einen großen Visionär und Mittler<br />

im Dialog der Kulturen. Er hat einen<br />

großartigen Beitrag zur Demeter-Landwirtschaft<br />

in Ägypten geleistet und das<br />

Land nachhaltig geprägt.“<br />

Demeter-Vorstandssprecher<br />

Alexander Gerber<br />

„Ibrahim Abouleishs große Initiativen,<br />

SEKEM und die Heliopolis Universität,<br />

sind wegweisende Projekte für eine<br />

friedliche und nachhaltige Zukunft. Als<br />

Gründungsmitglied des World Future<br />

Council werde ich ihn nicht nur wegen<br />

seiner herausragenden Beiträge, sondern<br />

auch als Freund und inspirierende<br />

Persönlichkeit schmerzlich vermissen.“<br />

Jakob von Uexküll, Gründer des World<br />

Future Council und des Right Livelihood<br />

Awards („Alternativer Nobelpreis“)<br />

„Ein großer Visionär und Menschenfreund<br />

ist von uns gegangen. Es ist<br />

jetzt an uns, die Impulse, die von<br />

seinem Handeln ausgingen, zu ergreifen<br />

und uns entsprechend, für eine bessere<br />

und friedvolle Welt einzusetzen.“<br />

Ulrich Walter, geschäftsführender<br />

Gesellschafter von Lebensbaum,<br />

Aufsichtsratsvorsitzender der GLS-Bank<br />

und Vorstandsmitglied der Lebensbaum-Stiftung<br />

„Ich verneige mich tief in Trauer um<br />

Ibrahim Abouleish und ich weiß, dass<br />

er nicht nur Samen gesät hat, um die<br />

Wüste fruchtbar zu machen, sondern<br />

Samen seiner Vision in mich und in<br />

viele, viele Menschen, die von SEKEM<br />

erfahren haben, gesetzt hat. Ein wunderbarer<br />

Mensch ist gegangen – uns<br />

allen vorausgegangen – wie er es so<br />

oft in seinem Leben tat. Er ist zwar<br />

nicht mehr in unserer Runde aber<br />

seine Vision lebt in der SEKEM-<br />

Familie weiter – und in uns Allen.“<br />

Bertram Verhaag, Filmemacher mit<br />

Team<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

87


FLÜCHTLINGE<br />

auf dem Weg in die Selbständigkeit<br />

Sie waren IT-Experten, Architekten oder Familienunternehmer – bis sie durch Konflikte ihre Heimatländer<br />

verlassen und komplett von vorne beginnen mussten. Beruflich in Deutschland Fuß zu fassen ist für Geflüchtete<br />

eine enorme Herausforderung. Das Berliner Projekt Ideas in Motion unterstützt Neuankömmlinge<br />

und hilft ihnen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen.<br />

Von Sebastian Henkes<br />

In Deutschland nimmt die Anzahl der Unternehmen und Gewerbebetriebe<br />

ab. 2016 standen rund 282.000 Gründungen<br />

311.000 Liquidationen gegenüber. Die Zahl der Existenzgründungen<br />

ist in den letzten zehn Jahren um zwei Prozent rückläufig.<br />

Grund ist neben mangelnder Risikobereitschaft der<br />

Deutschen auch eine gute Konjunktur – angesichts sicherer<br />

Arbeitsplätze sehen viele Menschen keinen Anreiz, ein Unternehmen<br />

zu gründen. Schläft die deutsche Gründerszene<br />

langsam ein? Nicht ganz, denn ein echter Hoffnungsschimmer<br />

sind Menschen mit Migrationshintergrund. Sie machten<br />

2016 42,5 Prozent der gewerblichen Gründungen aus und<br />

die Zahl der migrantischen Unternehmen ist in den letzten<br />

zehn Jahren um rund 30 Prozent gestiegen.<br />

Der Weg in die Selbständigkeit ist für Migranten besonders<br />

schwierig<br />

Eine Anstellung zu finden, ist für viele Geflüchtete ein<br />

schwieriges Unterfangen. Das Potenzial für Neugründungen<br />

durch Migranten ist jedoch groß. Für sie schafft<br />

eine selbständige Beschäftigung die Möglichkeit, ein<br />

Auskommen zu finden und ihre Geschäftsideen auf den<br />

Markt zu bringen. Oder ein Unternehmen wieder aufzunehmen,<br />

das sie aufgrund ihrer Flucht aufgeben mussten.<br />

Allerdings haben die Neuankömmlinge dabei – abgesehen<br />

von der Sprache – mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen.<br />

Neben einer für sie unbekannten Unternehmens- und<br />

Geschäftskultur gilt es auch die Hürden der Bürokratie zu<br />

Foto: © ideasinmotion<br />

88 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENTREPRENEURSHIP | THEMEN<br />

bewältigen und ein Regelwerk an Gesetzen und Normen<br />

zu durchschauen, das selbst manchen Muttersprachler an<br />

seine Grenzen bringt. Zudem ist der Zugang zu Startkapital<br />

für die Migranten noch schwieriger als für deutsche<br />

Geschäftsgründer. Viele Banken sehen es schlicht als<br />

zu hohes Risiko an, Geflüchteten Geld zur Verfügung zu<br />

stellen. Das gilt insbesondere für Mikrokredite, die oft<br />

Rückzahlungszeiträume von bis zu sechs Jahren haben,<br />

während viele Menschen mit Migrationshintergrund nur<br />

eine Aufenthaltsgenehmigung über drei Jahre bekommen.<br />

Auch die Finanzierung durch das Jobcenter, das Unternehmensgründern<br />

gegebenenfalls mit Startkapital unter die<br />

Arme greift, erweist sich als schwierig. Das Ziel des Jobcenters<br />

ist es, Menschen möglichst schnell den Einstieg in<br />

den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Da die Unternehmensgründung<br />

durch Flüchtlinge mit vielen Hürden verbunden<br />

ist, versucht das Jobcenter sie eher als Angestellte in den<br />

Arbeitsmarkt zu integrieren.<br />

Umsetzungsphase aufgeteilt. In der ersten Phase werden<br />

Kernkompetenzen vermittelt. Hier lernen die Teilnehmer,<br />

was bei der Gründung eines Unternehmens in Deutschland<br />

zu beachten ist. Zudem werden grundlegende Punkte der<br />

geplanten Geschäftsmodelle in Machbarkeitsanalysen überprüft<br />

und mit Prototypen auf die Probe gestellt. In dieser<br />

zwei Monate andauernden Phase finden wöchentlich drei<br />

Kurse statt. In den restlichen drei Monaten dreht sich dann<br />

alles um die Umsetzung der Geschäftsideen. Dazu werden<br />

Kompetenzen in Marketing, Buchhaltung und Vernetzung<br />

geschult. In den Workshops werden die Entrepreneure in<br />

den gleichen Service-Innovationsmethoden gelehrt, die SI<br />

Labs auch in der Projektarbeit mit DAX Konzernen anwendet.<br />

Außerdem finden zwei „idea parties“ statt, bei denen<br />

jeweils die Hälfte der Unternehmer ihre Ideen vor einem<br />

ausgewählten Publikum vorstellt und diskutiert. So wird<br />

schon vor Abschluss des Programms ein Kontakt zu möglichen<br />

Geschäftspartnern und Kunden hergestellt.<br />

„Ich wollte mich integrieren,<br />

aber wusste einfach nicht wo ich anfangen soll.“<br />

Inkubator-Programm hilft Herausforderungen zu meistern<br />

Durch diese anfänglichen Hürden können viele Neuankömmlinge<br />

ihre unternehmerischen Vorhaben nicht umsetzen –<br />

und damit geht eine Menge kreatives und wirtschaftliches<br />

Potenzial verloren. Ideas in Motion, das erste Inkubator-Programm<br />

mit einem Fokus auf Geflüchtete als Entrepreneure<br />

will das ändern. Das Berliner Projekt ist ein Zusammenschluss<br />

von SINGA Deutschland und Re:Start. Beide Unternehmen<br />

haben das Ziel, Geflüchtete und Einheimische zu<br />

vernetzen und über eine Beschäftigung die Integration zu<br />

erleichtern. Unterstützt werden sie dabei von der Agentur<br />

Service innovation Labs (SI Labs), die sich darauf spezialisiert<br />

hat, innovative Geschäftsideen in nutzerorientierte<br />

Services und Produkte zu übertragen. Der erste Jahrgang<br />

des Programms begann am 01. März <strong>2017</strong> mit sieben Geflüchteten,<br />

die fünf Monate lang bei der Umsetzung ihrer<br />

Geschäftsidee begleitet wurden. Am Projekt Ideas in Motion<br />

sind etwa 30 Personen beteiligt, von denen viele ehrenamtlich<br />

als Mentoren und Trainer arbeiten. Sie unterstützen<br />

die Neuankömmlinge bei bürokratischen Fragen, klären<br />

über die Gesetzeslage bei Steuerrecht und Versicherungen<br />

auf und begleiten die Geflüchteten bei Behördengängen.<br />

Luisa Seiler, Mitgründerin von SINGA Deutschland, stellt<br />

die positiven Aspekte des Projektes in den Vordergrund:<br />

„Deutsche Gründer sind oft junge Menschen ohne vorherige<br />

unternehmerische Erfahrung. Die Teilnehmer unseres Programms<br />

bringen neben jahrelanger Berufs- oder Unternehmererfahrung<br />

auch eine frische Perspektive und innovative<br />

Ansätze aus ihrem Heimatland mit.“ Um dieses Potenzial zu<br />

fördern, ist das Programm in eine Konzeptphase und eine<br />

Von Mode bis IT<br />

Die in der ersten Runde umgesetzten Geschäftsmodelle sind<br />

breit gefächert: Ein syrischer Architekt möchte über eine<br />

digitale Plattform den Wiederaufbau in seiner Heimatstadt<br />

Homs unterstützen. Ein Modedesigner verbindet handwerkliches<br />

Können und Einflüsse seines Heimatlandes mit<br />

Berlins Modeszene. Und ein Duo aus IT-Spezialisten möchte<br />

mit einer Art „Gelbe Seiten“ einen Online-Leitfaden für den<br />

unübersichtlichen Angebots-Dschungel für Neuankömmlinge<br />

entwickeln. „Nach meiner Ankunft in Deutschland habe ich<br />

zehn Monate damit verbracht, Informationen zu suchen.<br />

Ich wollte mich integrieren, aber wusste einfach nicht, wo<br />

ich anfangen soll.“<br />

Auch nach Abschluss des fünfmonatigen Programms ist<br />

eine weitere Begleitung der Teilnehmer geplant. Wie diese<br />

genau aussehen kann, wird derzeit noch diskutiert. Möglich<br />

wäre ein regelmäßiges Treffen der neuen Entrepreneure<br />

oder ein Alumni-Programm. Neben diesen Überlegungen<br />

gilt es, bereits die nächste Runde von Ideas in Motion zu<br />

planen und Lernerfahrungen des Pilotprojektes zu reflektieren.<br />

Die Bewerbungsphase beginnt voraussichtlich Mitte<br />

September <strong>2017</strong>, ab Mitte November soll dann die nächste<br />

Runde starten.<br />

Nominierung für den Deutschen Integrationspreis<br />

„Aufgrund der guten Erfahrungen und der Unterstützung<br />

durch die Hertie-Stiftung möchten wir das Programm beim<br />

nächsten Mal auf 15 Teilnehmer ausweiten“, sagt Luisa<br />

Seiler. Ideas in Motion wird größtenteils über Spenden<br />

von Unternehmen und Privatpersonen sowie durch Stif-<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

89


In Service Design Workshops wurden die sieben angehenden Entrepreneure bei der Umsetzung ihrer Geschäftsidee durch das Team von<br />

Service Innovation Labs unterstützt – dazu gehört auch das individuelle Gespräch unter vier Augen.<br />

tungen finanziert. Das Programm ist für den Deutschen<br />

Integra tionspreis der Hertie Stiftung nominiert, der am<br />

26. Oktober <strong>2017</strong> in Frankfurt vergeben wird. Über eine<br />

Schwarmfinanzierungs-Kampagne des Deutschen Integrationspreises<br />

konnte Ideas in Motion zusätzlich unterstützt<br />

werden. Dennoch ist das Projekt derzeit nur durchführbar,<br />

weil viele der Mentoren und Trainer pro bono arbeiten und<br />

Räumlichkeiten kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.<br />

Langfristig soll das Inkubator-Programm daher spendenunabhängig<br />

werden, zum Beispiel durch eine Gewinnbeteiligung<br />

bei den neu gegründeten Unternehmen.<br />

Neue Perspektiven helfen Gründerszene auf die Sprünge<br />

Bei der Konzeption sind die Macher von Ideas in Motion<br />

mit anderen Programmen in Frankreich, der Schweiz,<br />

Großbritannien und den Niederlanden im Gespräch, um<br />

Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen.<br />

Auch die Bundesregierung hat das Potenzial von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund als Unternehmer erkannt und<br />

zusammen mit den deutschen Wirtschaftsjunioren das vom<br />

BMWi geförderte Projekt „Start-Up Your Future“ ins Leben<br />

gerufen, bei dessen Konzeption die Macher von Ideas in<br />

Motion beratend zur Seite standen. Das Programm soll<br />

Akteure aus der Wirtschaft und Flüchtlinge miteinander<br />

vernetzen und Geflüchtete dabei unterstützen, ein Unternehmen<br />

zu gründen. In Hamburg hat der Verein „leetHub<br />

St. Pauli“ gerade das sechsmonatige Inkubator-Programm<br />

„MoveON“ beendet, das im Herbst in die nächste Runde<br />

gehen soll. Und in Frankfurt richtet sich das das Projekt<br />

„ChancenNutzer“ gezielt an junge, arbeitslose Menschen<br />

mit Migrationshintergrund, die den Sprung in die Selbständigkeit<br />

wagen wollen. Weitere Projekte sind geplant oder<br />

stehen kurz vor dem Beginn, zum Beispiel in München.<br />

Laut Luisa Seiler ist das Interesse aus der Wirtschaft groß:<br />

„Besonders aus der Start-up-Szene kommen viele Menschen<br />

auf uns zu und möchten bei Ideas in Motion involviert sein.<br />

Die Menschen erkennen den Mehrwert in Bezug auf Diversität,<br />

innovative Ideen und neue Perspektiven.“<br />

www.ideasinmotion.de<br />

Spannende Initiativen aus Deutschland<br />

für Afrika<br />

Die Lebenssituation in Afrika verbessern – dieses Ziel haben sich<br />

folgende Entrepreneurship-Initiativen gesetzt:<br />

StartHub Africa nimmt sich der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />

in Uganda an. Die Zahlen klingen unwirklich: 70 Prozent<br />

Jugendarbeitslosigkeitsrate, 50 Prozent der Bevölkerung unter 15<br />

Jahren, jedes Jahr drei Mal so viele Absolventen wie neue Jobs. In<br />

Uganda frisch von der Uni ins Arbeitsleben zu starten – eine schwierige<br />

Angelegenheit. Das aus Münchener Studierenden bestehende<br />

Team von StartHub Africa hat eine auf wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

beruhende, praxisnahe Akademie zu Unternehmertum entwickelt,<br />

die ab August an mehreren Universitäten im Land gehalten<br />

wird. Sie geben so berufssuchenden Studierenden die Möglichkeit,<br />

selbst Arbeitsplätze zu schaffen. StartHub Africa kreiert eine universitätsweite<br />

Gründungsplattform, die Startups durch die ganze<br />

Wachstumsphase hinweg unterstützt. Die Unternehmung startet in<br />

Uganda, expandiert jedoch bereits nächstes Jahr durch den skalierbaren<br />

Ansatz in weitere ostafrikanische Länder.<br />

www.starthubafrica.org<br />

Mit dem deutschlandweiten Young Entrepreneurs Award zeichnet<br />

die Erbacher Food Family Vordenker und Vormacher für eine zukunftsfähige<br />

Ernährung aus. Der YEA würdigt Vorbilder mit besonders<br />

gelungenen zukunftsfähigen Geschäftsmodellen in deutschafrikanischer<br />

Zusammenarbeit, die den Aufbau von lokalen<br />

Wertschöpfungsketten in der Subsahara -Afrika vorantreiben. Mit<br />

dem YEA möchten wir deutsche Start-up-Unternehmer unterstützen,<br />

die in der Lebensmittelbranche eine Verbesserung der Lebensqualität<br />

vor Ort fördern. Local Food Brands statt Import Brands für<br />

eine aufstrebende afrikanische Gesellschaft.<br />

www.YEA-Award.de<br />

Fotos: © SI Labs | © ideasinmotion<br />

90 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


GELD, INVESTMENT UND ZUKUNFT | THEMEN<br />

GELDANLAGEN NEU DENKEN<br />

Ein Vorreiter der grünen Geldanlagen feiert in Wien seinen 60. Geburtstag: Max Deml. Der gebürtige<br />

Oberpfälzer studierte Psychologie und Philosophie. Doch er zerbrach sich lieber den Kopf darüber, wie<br />

man Geld für Mensch und Umwelt sinnvoll anlegt – und machte Grünes Investment vom Nischen- zum<br />

Massenprodukt.<br />

Von Sebastian Henkes<br />

Foto: © Tobias Deml<br />

Als Pionier des nachhaltigen Investments hat Deml schon<br />

1990 das „Handbuch Grünes Geld“ herausgegeben – zu einem<br />

Zeitpunkt, als grüne Geldanlagen im deutschsprachigen<br />

Raum noch ein Fremdwort waren. Doch Deml erkannte das<br />

Potenzial des ethisch-ökologischen Investments und gibt seit<br />

1991 die Zeitschrift „Öko-Invest“ heraus, die bis heute alle 14<br />

Tage erscheint und mit aktuellen Analysen und Übersichten<br />

zu den Themen nachhaltige Fonds sowie Wind-, Solar- und<br />

Wasserkraftbeteiligungen informiert. In dieser Zeit konnte<br />

Deml beobachten, wie sich nachhaltiges Investment von<br />

einem Nischen- zum Massenprodukt entwickelte. So gibt es<br />

heute alleine im deutschsprachigen Raum etwa 300 nachhaltige<br />

Fonds mit einem Gesamtvolumen von 30 Milliarden<br />

Euro, davon 30 Fonds aus Österreich. Dabei mangelt es der<br />

Branche nicht an Innovationen und so erscheint das Handbuch<br />

Grünes Geld mittlerweile in der achten aktualisierten<br />

Ausgabe, inklusive Kapiteln zu neuen Investmentformen wie<br />

Green Bonds und Crowd-Investments.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

91


Behält den Überblick im Chaos der Öko-Fonds: Max Deml in seinem Wiener Büro.<br />

Finanztipps vom Kabarettisten<br />

Seit 1997 nutzt Deml seine Expertise im Bereich Grüne<br />

Geldanlagen mit dem nx-25, einem Index aus 25 ökologisch<br />

agierenden Unternehmen. Mit diesem schaffte er<br />

nach eigener Aussage einen „Gradmesser für die ökonomische<br />

Komponente ökologischer Bestrebungen“. Zudem<br />

führte er mit dem PPVX einen Index von 30 Solar-Aktien<br />

ein. Doch nicht alle Angebote auf dem wachsenden Markt<br />

sind so grün wie sie auf den ersten Blick aussehen. Und<br />

so warnt Deml mit Öko-Invest Verbraucher vor (grün-)<br />

schwarzen Schafen und zeigt auf, wie grün ein Fonds<br />

wirklich ist. Sein Wissen brachte und bringt er nicht nur<br />

in Form einer Zeitschrift und eines Handbuchs an die<br />

Öffentlichkeit, sondern auch auf der Bühne: Zusammen<br />

mit Georg Bauerfeind widmet sich Deml in dem kabarettistischen<br />

Programm „Grünes Geld und frische Blüten. Ein<br />

C(r)ashkurs“ auf humorvolle Weise dem oft so ernsten<br />

Thema Finanzen.<br />

Die Pension im grünen Bereich<br />

Ende 2007 bündelte Deml seine ganze Erfahrung im Bereich<br />

der nachhaltigen Veranlagung und war neben Johannes<br />

Puhr und Erich Schiff Gründungsaktionär der auf Initiative<br />

von Markus Zeilinger gegründeten fair-finance Holding AG.<br />

Max Deml konnte als Mitgründer nicht nur seine Expertise,<br />

sondern auch sein Netzwerk im Bereich nachhaltiger Investoren<br />

einbringen. So ist es nicht verwunderlich, dass auch<br />

die GLS Bank und die Concordia Versicherung, in deren<br />

Anlagebeirat Max Deml sitzt, Mitaktionäre bei fair-finance<br />

wurden. Deml begründet sein Engagement bei fair-finance<br />

vor allem mit der Freude, damit etwas bewegen zu können<br />

und einen direkten und indirekten Beitrag zur Verbesserung<br />

der Lebensbedingungen gegenwärtiger und zukünftiger<br />

Generationen zu leisten. Besonders am Herzen liegt ihm<br />

die fair-finance Vorsorgekasse, denn aus seiner Sicht sollten<br />

betriebliche Vorsorgeeinrichtungen nicht nur eine Vorsorge<br />

für das Alter, sondern auch Vorbild für die nachhaltige Gestaltung<br />

unserer Gesellschaft sein, was laut Deml bei fair-finance<br />

zu einhundert Prozent der Fall ist. Die Vorsorgekasse als<br />

eine auf Fairness, Transparenz und <strong>Nachhaltig</strong>keit spezialisierte<br />

Anbieterin wurde im Rahmen der „Abfertigung Neu“<br />

eingeführt, einem seit 20<strong>03</strong> in Österreich verpflichtenden<br />

Ansparsystem für Einmalzahlungen zum Pensionsantritt.<br />

Nach einem zweijährigen Konzessionsverfahren nahm die<br />

fair-finance Vorsorgekasse 2010 ihre Geschäftstätigkeit auf<br />

und erreichte fünf Jahre später zum ersten Jubiläum planmäßig<br />

ein positives Betriebsergebnis, als dessen Folge allen<br />

Anspruchsberechtigten eine Gewinnbeteiligung – ebenfalls<br />

eine Besonderheit von fair-finance – ausbezahlt wird.<br />

Geldanlagen in die Zukunft gerichtet<br />

fair-finance verwaltet heute für über 250.000 Kundinnen<br />

und Kunden mehr als 450 Millionen Euro – ein Marktanteil<br />

bei den Vorsorgekassen von rund fünf Prozent. Doch<br />

Zahlen stehen nicht unbedingt im Fokus der Entwicklung:<br />

Max Deml mit Vorstandsmitgliedern von fair-finance.<br />

Fotos v.o.n.u.: © Tobias Deml | © fairfinance<br />

92 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


GELD, INVESTMENT UND ZUKUNFT | THEMEN<br />

„Natürlich freut uns das stete Wachstum und ist auch für<br />

die Eigentümer ein wesentlicher Punkt“, so der Vorstandsvorsitzende<br />

Markus Zeilinger, „aber mindestens ebenso<br />

wichtig ist die Vorreiterrolle als visionärer nachhaltiger<br />

Investor“. Dieser Rolle wird das Team um Zeilinger unter<br />

anderem durch ein <strong>Nachhaltig</strong>keitsrating für Immobilien<br />

gerecht. Und auch die Auszeichnung des fair-finance Immobilienfonds<br />

mit dem Österreichischen Umweltzeichen<br />

als erster Immobilienspezialfonds Österreichs unterstreicht<br />

das zukunftsgerichtete und nachhaltige Agieren. Ende 2016<br />

wurde mit der fair-finance Immobilien AG ein weiteres<br />

Unternehmen gegründet, das die Vision und die konkreten<br />

Vorgaben von fair-finance auch im Bereich der Immobilienentwicklung<br />

und -sanierung umsetzen soll. Ein Beispiel<br />

dafür ist das Wohnprojekt „Green Living“, das gerade im<br />

größten Stadtentwicklungsgebiet Österreichs, der Seestadt<br />

Aspern, entsteht.<br />

Auch eine andere, langjährige Idee von Max Deml konnte<br />

durch die Unterstützung von fair-finance umgesetzt werden:<br />

Mit Startkapital des Unternehmens wurde Anfang <strong>2017</strong> der<br />

natura semper nx-25 gegründet, der auf Demls Index aus<br />

dem Jahr 1997 basiert. Er besteht aus 25 nach <strong>Nachhaltig</strong>keitskriterien<br />

ausgewählten Aktien, die nach Ländern und<br />

Branchen gestreut sind. Die 25 Titel sind jeweils gleich (mit<br />

vier Prozent) gewichtet, wobei jährlich zum ersten Dezember<br />

eine Renormierung erfolgt. Der Fonds erfreut sich vergleichbar<br />

dem Index über eine ausgezeichnete Performance, die<br />

seit Auflage am 13. Januar dieses Jahres plus 6,55 Prozent<br />

beträgt.<br />

Wir gratulieren Max Deml zum Geburtstag und wünschen<br />

ihm steigende Kurse für grüne Werte.<br />

www.oeko-invest.net<br />

www.fair-finance.at<br />

Buchtipp<br />

Max Deml, Holger Blisse<br />

Grünes Geld 2020 – Handbuch für nachhaltige<br />

Geldanlagen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Geldanlagen liegen im Trend.<br />

Immer mehr Menschen wollen wissen,<br />

wo und wie ihr Geld eingesetzt wird. Das<br />

Handbuch „Grünes Geld 2020“ bietet dafür<br />

eine wertvolle Orientierung.<br />

Medianet Verlag, 388 Seiten, 24,90 EUR<br />

Goodprint: Was hat Klimaschutz mit Versicherungen und Finanzen zu tun?<br />

Unternehmen und Kunden können auch im Versicherungsbereich erheblich zum Klimaschutz beitragen ‒ vor allem mit<br />

ihrer betrieblichen Altersvorsorge. framtid berät Sie unabhängig zu Versicherungen, Finanzierungen und Geldanlagen.<br />

Wir arbeiten mit Unternehmen zusammen, die nachhaltig wirtschaften und offen sind für Veränderungen.<br />

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93


EINE STIMME<br />

FÜR DIE ZUKUNFT<br />

Umweltzerstörung, Klimawandel und globale Finanzkrise sind klare Anzeichen dafür, dass die Menschheit<br />

auf Kosten ihrer Nachfolger lebt. Die Stiftung World Future Council versteht sich als Stimme zukünftiger<br />

Generationen. Ihr Ziel: Die Schätze dieser Erde erhalten und politische Rahmenbedingungen für eine<br />

gerechte, nachhaltige und friedliche Zukunft schaffen.<br />

Von Sebastian Henkes<br />

Vor genau zehn Jahren wurde der World Future Council<br />

(WFC) – auch Weltzukunftsrat genannt – von Jakob von<br />

Uexküll ins Leben gerufen. Uexküll ist Gründer des Right<br />

Livelihood Awards, besser bekannt als der „Alternative Nobelpreis“.<br />

Mit dem WFC hat er es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

Probleme nicht einfach zu benennen oder gar beschuldigend<br />

mit dem Finger auf politische Entscheidungsträger zu zeigen.<br />

Vielmehr sucht der Rat aktiv nach guten Zukunftslösungen<br />

– mit dem klaren Ziel, die politischen Rahmenbedingungen<br />

für eine gerechte Welt und eine intakte Umwelt zu schaffen.<br />

© Kongresskultur Bregenz. Foto: Dietmar Mathis<br />

94 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


GELD, INVESTMENT UND ZUKUNFT | THEMEN<br />

Brückenschlag zwischen Akteuren der Politik und Zivilgesellschaft<br />

Was diesen Ansatz so effektiv und erfolgreich macht ist, dass<br />

hier politische Entscheidungsträger die zentrale Rolle bei der<br />

Transformation spielen. In Gebieten dieser Erde, in denen<br />

sich politische, ökologische und soziale Probleme häufen,<br />

wird dem politischen System oft vorgeworfen, dysfunktional<br />

zu sein. Doch gerade wenn dem so ist, muss auf politischer<br />

Ebene ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass der<br />

Wandel notwendig und möglich ist. Hier kommt der Druck<br />

häufig von der Zivilgesellschaft, die eine Veränderung des<br />

bestehenden Systems einfordert. Die Gesetze, die durch die<br />

Arbeit des World Future Council auf den Weg gebracht wurden,<br />

sind daher oft ein Brückenschlag zwischen politischen<br />

Entscheidungsträgern, der Zivilgesellschaft sowie anderen<br />

Interessengruppen und Stakeholdern.<br />

Gletscher und Wüsten sind keine Verhandlungspartner<br />

Auch der schlimmste ökonomische Kollaps ist nach einigen<br />

Jahren überwunden, während die Folgen eines Umweltbankrotts<br />

Jahrtausende oder sogar unabsehbar länger dauern<br />

können. Über Geldschulden kann man verhandeln, man<br />

kann sie erlassen, man kann sie stunden – oder die Zahlung<br />

verweigern. Aber schmelzende Gletscher und sich ausbreitende<br />

Wüsten sind nicht verhandelbar, sondern ein nicht<br />

umkehrbarer Prozess. Gerade letztere sind ein anschauliches<br />

Beispiel: Die Ausbreitung der Wüsten (Desertifikation) ist<br />

eine Folge des Klimawandels, und der Klimawandel wird<br />

durch Desertifikation weiter vorangetrieben. Als Folge sind<br />

Millionen Menschen – Schätzungen gehen von 135 Millionen<br />

aus – von Hungerkatastrophen bedroht, welche Konflikte<br />

schüren und ein wichtiger Grund für die Flüchtlingsströme in<br />

den Westen sind. Unverantwortliches Handeln auf politischer<br />

und ökonomischer Ebene hat eine unglaubliche Hebelwirkung<br />

und die Folgen sind enorm. Hier gilt es mit sinnvollen<br />

Gesetzen anzusetzen.<br />

Best Practice-Beispiele ins rechte Licht rücken<br />

Um gute Gesetze und Maßnahmen zu identifizieren und<br />

zu verbreiten, stehen verschiedene Mittel zur Verfügung.<br />

So vergibt der WFC seit 2009 den Future Policy Award, den<br />

„Oscar für zukunftsweisende Gesetze“. Verliehen wird dieser<br />

an Gesetze und Maßnahmen, die <strong>Nachhaltig</strong>keit und Gerechtigkeit<br />

fördern. Jedes Jahr wird ein Politikfeld ausgewählt, in<br />

dem innovative Lösungen besonders wichtig sind. So wurden<br />

beispielsweise Auszeichnungen für die Themen Kinderrechte,<br />

Wälder, Nahrungssicherheit oder Abrüstung vergeben.<br />

In Kooperation mit der Konvention zur Bekämpfung der<br />

Desertifikation der Vereinten Nationen (UNCCD) werden<br />

im Jahr <strong>2017</strong> Gesetze und Maßnahmen ausgezeichnet, die<br />

Wüstenbildung erfolgreich bekämpfen.<br />

Die zweite Säule der Aktivitäten des WFC ist der Globale<br />

Politik-Aktionsplan GPACT: In erster Linie für vielbeschäftigte<br />

politische Entscheidungsträger entwickelt, erleichtert<br />

GPACT als eine Art Baukasten die Umsetzung wegweisender<br />

politischer Reformen und unterstützt so die Einhaltung<br />

internationaler Verpflichtungen im Rahmen der globalen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsziele. Weiterhin organisiert der WFC das<br />

Future of Cities Forum – ein Event, der Bürgermeister, Stadträte,<br />

Stadtplaner, Forscher, Fachleute und Vertreter aus der<br />

Zivilgesellschaft und der Wirtschaft zusammenbringt, um<br />

zentrale Herausforderungen und Lösungen für regenerative<br />

Städte zu diskutieren. Darüber hinaus organisiert der World<br />

Future Council Workshops, Informationsveranstaltungen,<br />

Informationsmaterial und Diskussionsforen. Bei diesen bekommen<br />

die Menschen, die in ihrem Land, ihrer Region oder<br />

ihrer Stadt etwas bewegen können, die richtigen Hilfsmittel<br />

an die Hand. Sie sollen wissen, dass für ihre Probleme bereits<br />

kluge, funktionierende Lösungen existieren und dass diese<br />

bezahlbar sind.<br />

Meilensteine von zehn Jahren Engagement<br />

Der WFC kann heute, im Jahr <strong>2017</strong>, auf ein erfolgreiches Jahrzehnt<br />

zurückblicken. Folgende Eckpunkte zeigen die Bandbreite<br />

des Engagements: Der durch den WFC angestoßene<br />

regelmäßige Austausch zwischen Rüstungskontrollexperten<br />

aus Argentinien und Bosnien-Herzegowina ermöglichte, dass<br />

über 250.000 Schusswaffen zerstört oder abgegeben wurden.<br />

Ebenfalls wurde das Konzept der „regenerativen Stadt“<br />

erfolgreich im internationalen Diskurs zur Stadtentwicklung<br />

etabliert und besonders das von urbaner Umweltverschmutzung<br />

betroffene China dafür begeistert. Die vom WFC gegründete<br />

Afrikanische Allianz für erneuerbare Energien (AREA)<br />

zählt mittlerweile über 2.000 Mitglieder aus 90 Ländern. Das<br />

vom WFC herausgegebene Handbuch über parlamentarische<br />

Maßnahmen zur nuklearen Nichtverbreitung und Abrüstung<br />

wird von Abgeordneten auf der ganzen Welt genutzt und ist<br />

in vier Sprachen erschienen.<br />

Der World Future Council besteht heute aus einem Rat<br />

globaler Changemaker aus Regierungen, Parlamenten, Zivilgesellschaft,<br />

Hochschulen, Kunst und Wirtschaft, sowie<br />

Mitarbeitern in Hamburg, London, Brüssel, Genf und Peking.<br />

Sie alle arbeiten täglich daran, zukünftigen Generationen<br />

eine Stimme zu geben und eine bessere, gerechtere Welt zu<br />

schaffen. Zum Abschluss des zehnten World Future Forums<br />

<strong>2017</strong> in Bregenz veröffentlichte der WFC die „Bregenzer<br />

Erklärung“, in der die Ratsmitglieder den Klimawandel und<br />

nukleare Bedrohungen als existenzielle und akute Gefahr für<br />

die Menschheit sehen. Der Weltzukunftsrat möchte nicht nur<br />

Ziele umsetzen, sondern möglichst viele Menschen für eine<br />

enkeltaugliche Zukunft begeistern.<br />

Jetzt sind Sie gefragt<br />

Der World Future Council finanziert sich durch Spenden. Mit einer<br />

Spende können Sie dabei helfen, die politischen Rahmenbedingungen<br />

für eine gerechte, nachhaltige Welt und eine intakte Natur<br />

zu schaffen! Ihre Spende ist steuerabzugsfähig; Erbschaften und<br />

Vermächtnisse sind steuerlich befreit.<br />

www.worldfuturecouncil.org<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

95


THEMEN | GELD, INVESTMENT UND ZUKUNFT<br />

VONEINANDER LERNEN<br />

Projekte für die Zukunft<br />

Ein Kommentar von Jakob von Uexküll<br />

Umweltzerstörung, Klimawandel,<br />

Kriege und Krisen haben unseren<br />

Planeten und unsere Gesellschaften<br />

nachhaltig erschüttert. Wir können<br />

uns jetzt selbst die Schuld geben<br />

oder mit dem Finger auf andere<br />

zeigen. Aber besser machen – das<br />

zeigen die Erfahrungen der letzten<br />

Jahre – werden wir es trotzdem<br />

nicht. Unser größtes Versagen besteht<br />

daher nicht im Klimawandel<br />

oder anderen globalen Krisen. Vielmehr reagieren wir nicht<br />

angemessen auf diese Herausforderungen, obwohl viele<br />

Lösungen vorhanden sind.<br />

Woran das liegt? Häufige Antworten sind entweder Pessimismus<br />

(„Es ist doch alles zu spät“) oder Optimismus („Die da<br />

oben oder irgendeine technische Erfindung werden uns noch<br />

retten“) – beides bequem, aber unverantwortlich. Denn man<br />

braucht in beiden Fällen nicht aktiv zu werden.<br />

Ich bezeichne mich als einen „Possibilisten“. Ich weiß, dass<br />

Lösungen sich sehr schnell verbreiten können. Seit 35 Jahren<br />

zeigt der Alternative Nobelpreis, was einzelne Menschen und<br />

Initiativen erreichen können, wenn sie eine Weltordnung mit<br />

der Natur statt gegen sie vorantreiben. Der Schweizer Dr.<br />

Hans Herren zum Beispiel, Träger des Alternativen Nobelpreises<br />

2013, hat nach UN-Schätzungen mit seiner biologischen<br />

Schädlingsbekämpfung zur Rettung der Maniok-Wurzel in Afrika<br />

mindestens 20 Millionen Menschen vor dem Hungertod<br />

gerettet. Die Unterstützung von solchen einzelnen „Projekten<br />

der Hoffnung“ reicht jedoch für eine rechtzeitige Wende<br />

nicht aus. Denn Innovationen entwickeln sich nicht in einem<br />

Vakuum. Sie reagieren auf sie umgebende Anreize – und<br />

zwar besonders schnell auf gesetzliche und regulatorische<br />

Rahmenbedingungen. Schon Aristoteles sagte: „Eine gute<br />

Gesellschaft ist auf guten Gesetzen gebaut.“<br />

Wenn dieser Gedanke global weitergedacht wird, kommen<br />

wir zu einem logischen Schluss: Länder, Regionen, Städte und<br />

Gemeinden können – ja, müssen – voneinander lernen, damit<br />

die gesamte Menschheit einen nachhaltigen Wandel vollziehen<br />

kann. Ein Beispiel: Großbritannien hatte vor zehn Jahren,<br />

trotz besserer Bedingungen für die Nutzung von Windkraft,<br />

nur einen Bruchteil der deutschen Windenergie-Leistung.<br />

Hierzulande hatte man zuvor das Erneuerbare-Energien-Einspeisegesetz<br />

(EEG) entwickelt. Daraus hat Großbritannien<br />

gelernt und ebenfalls ein EEG eingeführt. Alleine die aus<br />

den damit geförderten Photovoltaik-Anlagen gewonnene<br />

Energie entspricht der Leistung von fünf größeren Atom- oder<br />

Kohlekraftwerken.<br />

Solche Möglichkeiten inspirierten mich, den World Future<br />

Council (WFC) zu gründen. Dieser internationale Rat informiert<br />

Gesetzgeber weltweit, wo es schon erfolgreiche Gesetze<br />

gibt und hilft ihnen dabei, diese bei sich umzusetzen. Der<br />

WFC hat so eine entscheidende Rolle bei der Einführung von<br />

EEGs in Japan, Südafrika und eben in Großbritannien gespielt.<br />

Wenn wir es schaffen, durch diese Multiplikator-Effekte Entscheidungsträgerinnen<br />

und Entscheidungsträger zu überzeugen,<br />

gute und nachhaltige Gesetze einzuführen, können wir<br />

den Wandel nicht nur schneller vollziehen, sondern deutlich<br />

wirksamer und in viel größerem Maßstab.<br />

Beim Wandel hin zu einer gerechten, fairen und nachhaltigen<br />

Welt sehen wir uns als die Stimme zukünftiger Generationen:<br />

Wenn wir jetzt nicht handeln, dann steuert diese Welt auf<br />

Krisen ungeahnten Ausmaßes zu. Der Klimawandel erzeugt<br />

Naturkatastrophen. Diese wiederum erzeugen Hungerkrisen<br />

und die führen unweigerlich zu Kriegen und Konflikten. Unsere<br />

Kinder vertrauen darauf, dass wir jetzt ernst machen,<br />

sonst werden sie in einer Welt aufwachsen, die nicht (mehr)<br />

lebenswert ist.<br />

Für eine enkeltaugliche Welt<br />

Jakob von Uexküll, geboren 1944 in Uppsala, wurde das Engagement<br />

für benachteiligte Menschen in die Wiege gelegt. Mit seinem<br />

Vater, dem politischen Journalisten Gösta, diskutierte er schon früh<br />

über Hunger und Kriege in der Welt. Und auch die von seinem Vater<br />

geerbte Briefmarkensammlung wird später eine große Rolle in<br />

Uexkülls Leben spielen: 1980 traf er mit seinem Vorschlag, Akteure<br />

im Kampf gegen den Klimawandel zu ehren, bei der Nobelpreis-Stiftung<br />

auf Ablehnung. Kurzerhand gründete Uexküll 1980 auf eigene<br />

Faust – mit dem Erlös seiner Briefmarkensammlung – den Right<br />

Livelihood Award, auch bekannt als „Alternativer Nobelpreis“. Im<br />

Jahr 2007 rief er zudem den World Future Council (Weltzukunftsrat)<br />

ins Leben, mit dem er sich für einen verantwortungsvollen und<br />

enkeltauglichen Umgang mit unserem Planeten einsetzt.<br />

Foto: © Karl Gabor<br />

96 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


GELD, INVESTMENT UND ZUKUNFT | THEMEN<br />

Meldungen vom World Future Council (WFC)<br />

USA treten aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus<br />

Der Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erhitzt die Gemüter. Präsident Trump,<br />

der in der Vergangenheit bereits den Klimawandel leugnete, folgte seiner „America First“-Agenda und<br />

begründete die Entscheidung damit, das Abkommen sei „unfair“ für die USA – welche nun neben<br />

Syrien und Nicaragua eines der wenigen Länder sind, die sich nicht zum Pariser Abkommen bekennen.<br />

Die USA sind nach China zweitgrößter Produzent von CO 2<br />

-Emissionen. Für den WFC ein Anlass, nun<br />

noch enger mit seinen Partnern zusammenzuarbeiten und für den Klima schutz einzustehen.<br />

Fotos v.o.n.u.: © Shutterstock | © Bundesregierung | © Unsplash<br />

Zu G20 Stellung beziehen<br />

Der G20-Gipfel <strong>2017</strong> in Hamburg bot eine Möglichkeit, Stellung zu beziehen! Daher wurde die Foundations-<br />

Plattform (F20) ins Leben gerufen, bei der der WFC die koordinierende Rolle übernimmt. Mehr als 30 Stiftungen<br />

aus acht Ländern haben sich zu einer Allianz für mehr Klimaschutz und eine globale Energiewende<br />

zusammengeschlossen: F20 versteht sich als Brücke zwischen den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern<br />

(G20), der Privat- und Finanzwirtschaft sowie der Zivilgesellschaft. Insgesamt verfügen die Stiftungen<br />

über einen zweistelligen Milliardenbetrag (US Dollar). Rund um den G20-Gipfel fanden in Hamburg<br />

Veranstaltungen der F20-Plattform statt. Mehr Informationen unter www.foundations-20.org<br />

Verwüsten wir die Erde?<br />

Wir dürfen unsere Zukunft nicht austrocknen lassen! Desertifikation ist eine der größten Umweltherausforderungen<br />

unserer Zeit und eines der UN-<strong>Nachhaltig</strong>keitsziele. Laut Schätzungen laufen mehr als<br />

135 Millionen Menschen Gefahr durch Wüstenbildung vertrieben zu werden; auch deshalb sind Trockengebiete<br />

die am meisten konfliktgefährdeten Regionen der Welt. In Koopera tion mit der Konvention zur<br />

Bekämpfung der Desertifikation der Vereinten Nationen (UNCCD) wird der Future Policy Award <strong>2017</strong> Gesetze<br />

auszeichnen, die effektiv gegen Wüstenbildung und Landverödung vorgehen – und gegen die damit<br />

verbundenen Gefahren für die Nahrungssicherheit und Lebensgrundlagen. Die Gewinnergesetze werden<br />

im September <strong>2017</strong> in Partnerschaft mit der UNCCD auf der dreizehnten Staatenkonferenz im chinesischen<br />

Ordos (Innere Mongolei) verkündet.<br />

Ihr Projekt ist nachhaltig<br />

– Ihre Finanzierung auch?<br />

Ganz gleich ob Sie ein ökologisches Projekt umsetzen<br />

wollen oder eine soziale Einrichtung planen, als<br />

Kreditspezialistin unterstützen wir Sie gerne. Seit<br />

mehr als 40 Jahren finanzieren wir Unternehmen<br />

und Projekte aus nachhaltigen Zukunftsbranchen.<br />

Nutzen auch Sie diese langjährige Expertise.<br />

Telefon +49 234 5797 300<br />

www.gls.de/finanzieren<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

97


<strong>forum</strong> JUNIOR<br />

präsentiert:<br />

DAS GRÜNE KÜKEN<br />

Kita-Kinder lernen und leben <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Uns geht es in Deutschland sehr gut. Wir haben genug zu essen, leben in Frieden, um uns herum ist es<br />

grün und wir müssen keine Angst haben. Damit das so bleibt, müssen wir viel über die Umwelt um uns<br />

herum lernen. Und dabei hilft Euch das Grüne Küken!<br />

Von Sebastian Henkes<br />

Hallo Kinder, kennt Ihr schon das Grüne Küken? Es wartet<br />

auf Euch und freut sich, wenn es Euch bald auch in Eurer<br />

Kita besuchen darf. Es will Euch, Eure Erzieher in der Kita<br />

und Eure Eltern informieren, wie Ihr Eure Kita nachhaltiger<br />

machen könnt. Das grüne Küken hat einiges drauf und hilft<br />

Euch mit den vier Ws dabei, clever mit der Erde umzugehen:<br />

Wahrnehmung heißt, mit allen Sinnen die Welt zu entdecken.<br />

Wissen heißt, spannende Dinge über Eure Umwelt und<br />

die Tiere, Pflanzen und Menschen darin zu lernen. Wertschätzung<br />

bedeutet, Euch selbst und Euer Lebensumfeld<br />

zu schätzen. Und Wow steht für die Neugierde, mit der Ihr<br />

als Entdecker und Erfinder in eine bessere Zukunft startet.<br />

Holt Euch das Grüne Küken in Eure Kita!<br />

Eure Erzieher bekommen ein umfassendes Handbuch mit<br />

vielen Beispielen und Umsetzungsideen. Die zahlreichen Materialien<br />

vermitteln Euch die Inhalte spannend und lehrreich,<br />

die für Eure Zukunft wichtig sind. Das Grüne Küken hat zum<br />

Beispiel ein Bilderbuch, ein Hörspiel, eine Handpuppe und<br />

ein eigenes Kükenlied im Gepäck. Mit diesen Spielen und<br />

Übungen lernt Ihr, wie die Natur intakt und Ihr<br />

gesund bleibt. Und weil ein gemeinschaftliches<br />

Miteinander wichtig ist, bringt es<br />

natürlich auch noch seine Freunde wie<br />

Bibi Biene oder Erna Eichhorn mit.<br />

Und so könnt Ihr mitmachen<br />

Eure Kita muss sich als Erstes<br />

beim Grünen Küken anmelden.<br />

Dazu fragt Ihr am besten<br />

einfach einen Eurer Erzieher<br />

oder Eure Eltern. Sie<br />

können dann eine E-Mail an<br />

braun@gruenes-kueken.de<br />

schreiben. Und schon kann<br />

es losgehen! Eure Erzieher nehmen dann am 27.10.<strong>2017</strong> oder<br />

dem 26.01.2018 an einer Schulung teil und bringen anschließend<br />

das Grüne Küken in Eure Kita. Dort zeigt es euch dann, wie Ihr<br />

gut mit Eurer Umwelt umgeht. Denn dann können Tiere, Pflanzen<br />

und Menschen gemeinsam mit Freude auf der Erde leben. Auf<br />

der Webseite www.gruenes-kueken.de erfahren eure Eltern und<br />

Erzieher mehr über die Teilnahmemöglichkeiten am Grünen Küken.<br />

Illustrationen: © Herbie Erb<br />

98 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


<strong>forum</strong> JUNIOR<br />

Daneben wirkt das Grüne Küken auch bei den Kita-Chefs und<br />

hilft ihnen dabei, Ressourcen und Energie einzusparen oder<br />

auf ein nachhaltiges Einkaufsverhalten und Recycling von<br />

Müll zu achten. Das Grüne Küken könnt Ihr natürlich auch<br />

mit nach Hause bringen, Eure Eltern freuen sich sicher schon<br />

darauf, es kennenzulernen! Denn nicht nur Eure Kita kann<br />

sich aktiv am Grünen Küken beteiligen, sondern auch Eure<br />

Eltern können sich einbringen. Und zu Hause könnt Ihr das,<br />

was Ihr vom Grünen Küken gelernt habt, ganz einfach umsetzen.<br />

Werft Euren Müll in den richtigen Mülleimer, schaltet<br />

das Licht aus, wenn Ihr es nicht braucht und motiviert eure<br />

Eltern euch nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad<br />

zum Fußballtraining zu fahren. Vielleicht können Eure Eltern<br />

dann sogar noch etwas von Euch lernen!<br />

Hallo Erwachsene<br />

Eltern, Chefs und andere Erwachsene aufgepasst: Wer das<br />

Grüne Küken in seinem Firmenkindergarten haben oder als<br />

Sponsor unterstützen will, meldet sich ganz schnell. Denn<br />

CSR fängt im Kindergarten an.<br />

Küken Hotline: +49 (0)721 / 35 48 12 20 oder<br />

info@gruenes-kueken.de<br />

Gute Nachrichten nicht nur für Kinder<br />

Dem Plastikmüll auf der Spur<br />

Bei der Jugendaktion „Plastikpiraten – Das Meer beginnt hier!“<br />

im Wissenschaftsjahr Meere und Ozeane haben Jugendliche<br />

von 10 bis 16 Jahren in ganz Deutschland Flüsse auf<br />

Plastikmüll untersucht. Wie echte Wissenschaftler haben<br />

sie zerrissene Tüten oder weggeworfene Plastikflaschen<br />

gesammelt, gezählt und auf einer digitalen Deutschlandkarte<br />

festgehalten. Ihre Ergebnisse werden jetzt durch<br />

ein Team der Kieler Forschungswerkstatt wissenschaftlich<br />

ausgewertet. Die Wissenschaftler wollen so mehr über die<br />

Plastikbelastung der deutschen Flüsse und Bäche erfahren.<br />

Denn alle Flüsse fließen ins Meer und nehmen den Müll mit.<br />

Fotos v.o.n.u.: © BMBF, Wissenschaftsjahr | © www.klasse-klima.de | © Stiftung Lebendige Stadt<br />

Klimaschutz in der Schule<br />

Über 880 Kinder und Jugendliche haben mit ihrer Klasse, AG<br />

oder Jugendgruppe am Wettbewerb von „Klasse Klima –<br />

heißkalt erwischt“ teilgenommen und Treibhausgase eingespart<br />

– durch gemeinsame Radtouren zur Schule statt<br />

im elterlichen Taxi, groß angelegte Baumpflanzaktionen<br />

oder Aufklärungskampagnen und Theateraufführungen.<br />

Das gemeinsame Projekt der Jugendumweltverbände<br />

BUNDjugend, Naturfreundejugend und NAJU bildet mit<br />

einem Aktionsset Schüler zu Klimaschützern aus, die dann<br />

anschließend ihre eigenen Klimaschutzprojekte umsetzen.<br />

Schulhof der Zukunft<br />

Im Rahmen der Bundesinitiative „deinSchulhof“ haben<br />

Schülerinnen und Schüler ihren Schulhof mit eigenen Ideen<br />

umgestaltet. In Berlin, Wiesbaden und Bad Doberan machten<br />

sie sich Gedanken um Stärken und Schwächen ihrer<br />

Schulhöfe. Mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe<br />

und der Stiftung Lebendige Stadt entwickelten sie dann<br />

einen Umsetzungsplan – und wurden anschließend mit<br />

Schaufeln und beim Gärtnern aktiv. Das Ergebnis kann sich<br />

sehen lassen. So macht die Pause noch mehr Spaß!<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

99


IST DIE ENERGIEWENDE<br />

NOCH ZU SCHAFFEN?<br />

Die Einsicht ist da, die Technik ist da. Und doch droht die Energiewende zu scheitern.<br />

Dabei steht Deutschland mit seiner Führungsrolle in der Verantwortung, zu zeigen: Es geht!<br />

<strong>forum</strong> beschreibt, was wir jetzt dringend anpacken müssen, damit die Wende gelingt.<br />

Von Lars Waldmann<br />

Die Energiewende ist eines der größten und herausforderndsten<br />

Projekte, die wir im globalen Maßstab vor uns haben und<br />

endlich werden erste Schritte zur Lösung unserer Umweltund<br />

Klimaprobleme ergriffen. Die notwendige Dekarbonisierung<br />

wird unseren Lebensstil grundlegend verändern: Die<br />

künftige Mobilität setzt auf Wasserstoff und Strom statt auf<br />

Öl, auf intelligente Fortbewegung statt auf Blechlawinen. Wir<br />

ändern die Art, wie wir bauen und wohnen, wie wir Häuser<br />

heizen und kühlen. Die Art, wie wir Energie erzeugen und<br />

verbrauchen. Wir denken globaler und gleichzeitig werden<br />

viele Aktivitäten lokaler und vernetzter.<br />

Es gibt viel zu tun<br />

Heute heißt die Frage nicht mehr: „Wie groß sind die Vorräte<br />

an Kohle, Öl und Gas, die uns noch zur Verfügung stehen?“,<br />

sondern „Wieviel davon dürfen wir noch verbrauchen,<br />

wenn wir das Klima nicht killen wollen?“ Nach dem fünften<br />

Sachstandsbericht des IPCC (Intergovernmental Panel on<br />

Climate Change) von 2015 müssen bis zum Jahr 2100 rund<br />

90 Prozent der Kohle, etwa 60 Prozent des Öls und 60 Prozent<br />

der bekannten Gasvorkommen in der Erde bleiben, wenn<br />

die gesetzten CO 2<br />

-Ziele erreicht werden sollen. Das macht<br />

es den Unternehmen, die in den letzten 100 Jahren mit der<br />

Verwertung fossiler Brennstoffe gutes Geld verdient haben,<br />

schwer, ihr Geschäftsmodell fortzusetzen. Ihr bisheriges<br />

Zögern hat ihnen schon jetzt Milliardenverluste und uns<br />

hohe C0 2<br />

-Emissionen eingebracht. Es wird Zeit, dass sie neue<br />

Perspektiven für sich erarbeiten und erkennenSonne, Wind,<br />

Biomasse und Wasserkraft als Energieträger der Zukunft<br />

erkennen. Und um diese richtig nutzen zu können, braucht<br />

es ein anderes, neues Energiesystem. Das nicht nur CO 2<br />

-frei,<br />

sondern auch noch bezahlbar bleiben soll. Und aus unseren<br />

Steckdosen soll auch dann Strom kommen, wenn kein Wind<br />

weht und die Sonne nicht scheint. Damit das gelingt, müssen<br />

wir jetzt grundlegende Voraussetzungen schaffen.<br />

Haben wir die richtigen Technologien für die Energiewende?<br />

Wir haben keinen Technologie-Engpass in der Energiewende.<br />

Die eingesetzten Technologien sind inzwischen sehr weit entwickelt:<br />

Wir können wirtschaftliche Solaranlagen und Windmühlen<br />

bauen, deren Strom kostengünstiger ist als der aus einigen<br />

konventionellen Kraftwerken. Waren es früher noch wenige,<br />

aber dafür große zentrale Anlagen, die an den Höchstspannungsleitungen<br />

der Übertragungsnetze angeschlossen waren,<br />

sind es heute viele kleinere, die räumlich verteilt sind. Über<br />

1,6 Millionen Anlagen zur Stromerzeugung sind bundesweit<br />

installiert, mehr als 95 Prozent davon in privater Hand. Sie hängen<br />

zu 97 Prozent an den Verteilnetzen. Damit verändert sich<br />

auch die Verantwortung für die Netzsicherheit. Sie wird künftig<br />

viel stärker regional bei den Verteilnetzbetreibern liegen, also<br />

bei den Kommunen und Stadtwerken. Doch das ist alles ohne<br />

größere Probleme steuerbar: Die im ganzen Land verstreuten<br />

Anlagen können über ein Signalnetz miteinander verbunden<br />

und digital gesteuert werden. Dennoch benötigen wir einen<br />

großräumigeren Austausch von Strom und Daten innerhalb<br />

Europas, um Wind und Sonne besser nutzen zu können.<br />

Foto: © iStock, tibu<br />

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ENERGIE | THEMEN<br />

Technische Lösungen müssen eingesetzt werden<br />

Und um den Strom aus den Windanlagen im Norden der Bundesrepublik<br />

zu den Industriestandorten im Süden zu bringen,<br />

benötigen wir neben den geplanten Übertragungsleitungen<br />

eine intelligente Verteilung und koordinierten Einsatz der<br />

regional vorhandenen Energie. Wenn wir also die Klimaziele<br />

der Bundesregierung erreichen wollen und gleichzeitig die<br />

Sektorkopplung, das heisst die Nutzung regenerativer Energien<br />

auch für andere Sektoren wie etwa der Mobilität oder<br />

der Heizung, ernst nehmen, sollten wir die vorhandenen<br />

technischen Lösungen endlich einsetzen. Darüber hinaus<br />

müssen wir dazu auch noch viel mehr erneuerbare Energie<br />

erzeugen, als bislang geplant. Der Jahresverbrauch in der<br />

Bundesrepublik beträgt derzeit weniger als 600 Terawattstunden<br />

Strom. Die aktuellen Prognosen (z.B. V. Quaschning<br />

2016) für die Zukunft kommen auf das Doppelte bis Fünffache,<br />

wenn wir auch den Wärme- und den Transportsektor<br />

vollständig mit erneuerbaren Energien elektrifizieren wollen.<br />

Hier besteht also dringender Handlungsbedarf für die kommende<br />

Legislaturperiode.<br />

Was ist zu tun?<br />

Die vier wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre lauten:<br />

Effizienzziele noch konsequenter umsetzen, erneuerbare<br />

Energien verstärkt ausbauen, Netzstabilität und Versorgungssicherheit<br />

neu strukturieren, tragfähige Marktmodelle<br />

entwickeln.<br />

Effizienzziele umsetzen: Die Bundesregierung hat das Ziel,<br />

bis 2020 den Strombedarf um 10 Prozent (im Vergleich zu<br />

2008) zu senken. Bis 2050 sollen es 40 Prozent Einsparung<br />

sein. Durch eine Elektrifizierung der Heizung und des Autos<br />

werden diese Ziele vor neue Herausforderungen gestellt.<br />

Ausbau erneuerbarer Energien: Der Anteil erneuerbarer<br />

Energien (EE) an Primärenergie liegt heute bei mickrigen 13<br />

Prozent Hier muss nachgesteuert werden. Der Ausbaukorridor<br />

für EE wurde mit der Zielsetzung definiert, bis 2050<br />

rund 85 Prozent EE im Strommix zu haben. Schon der heutige<br />

Zubau reicht nicht aus, um diese Ziele zu erreichen.<br />

Versorgungssicherheit: Die Bundesnetzagentur hat die Aufgabe,<br />

zusammen mit den Akteuren im Energiesektor den<br />

Verantwortungsbereich für die Netzstabilisierung an die<br />

neuen Gegebenheiten anzupassen. Hier ist 2016 ein erbitterter<br />

Machtkampf zwischen den Übertragungsnetzbetreibern<br />

und den Verteilnetzbetreibern entbrannt, den es dringend<br />

zu moderieren und zu lösen gilt.<br />

Marktdesign: Viele der Probleme in der heutigen Energiewirtschaft<br />

kommen aus der Parallelstruktur von verschiedenen<br />

Akteurs- und Marktebenen. Wir haben die Erneuerbaren<br />

nicht in „den“ Markt integriert, sondern zusätzliche Marktsegmente<br />

geschaffen, die neben dem etablierten Marktsystem<br />

der Konventionellen laufen. Hier eine tragfähige Lösung<br />

zu erarbeiten, wird die wichtigste Aufgabe der kommenden<br />

Bundesregierung werden. Die Kernkomponenten einer<br />

neuen Marktstruktur sind:<br />

• Schrittweises Zurückfahren der Terminmärkte für Strom.<br />

Kraftwerke, die über fünf Jahre im Voraus und noch längere<br />

Termine Stromkontrakte verkauft haben, können aufgrund<br />

ihrer Lieferverpflichtung nicht so flexibel auf die aktuelle<br />

Erzeugung reagieren oder ihre Angebote zurückziehen. In<br />

der Folge ist kein Platz in den Stromnetzen und die Erneuerbaren<br />

werden abgeregelt. Das muss geändert werden.<br />

• Konzentration auf einen liquiden Day-Ahead-Markt für alle<br />

Energieträger. Heute werden immer noch die fossilen Kraftwerksleistungen<br />

wie vor 40 Jahren an den Terminmärkten<br />

gehandelt, während Ausgleichsenergie und die Erneuerbaren<br />

auf separaten kurzfristigen Märkten angeboten<br />

werden. Um künftig flexibler auf Erzeugung und Verbrauch<br />

regieren zu können, müssen alle Strommengen auf einem<br />

gemeinsamen Markt jeweils für den kommenden Tag<br />

gehandelt werden. Dann kann der Einfluss von Wind und<br />

Sonne berücksichtigt werden.<br />

• Einbinden lokaler Preissignale, um Netzengpässe und<br />

erforderliche Systemdienstleistungen einzupreisen. Unser<br />

jetziges Marktmodell nimmt an, das die Stromleitungen<br />

beliebig groß sind, wie auf einer Kupferplatte. Diese Annahme<br />

entspricht nicht der Realität. Ein Preis für Engpässe<br />

bringt den Strommarkt näher an die Wirklichkeit und sorgt<br />

für regionale Flexibilität.<br />

• Umstellung auf einen Vollkostenmarkt durch Schaffung einer<br />

marktwirksamen CO 2<br />

-Komponente zur Internalisierung<br />

der externen Kosten. Erst wenn zusätzlich zu den kurzfristigen<br />

betriebswirtschaftlichen Kosten der Stromerzeugung<br />

(z.B. Treibstoff) auch die volkswirtschaftlichen langfristigen<br />

Kosten (z.B. Endlager oder Klimafolgen) in den Marktpreis<br />

eingerechnet werden, können die unterschiedlichen<br />

Energie träger wirklich miteinander konkurrieren.<br />

Die Umsetzung der Energiewende ist jetzt in der dritten<br />

Phase angelangt, der Etablierungsphase. In der Experimentierphase<br />

haben wir alle Technologien entwickelt und auf<br />

ihre Skalierbarkeit geprüft. Durch eine kostendeckende<br />

Vergütung von Strom aus Wind, Sonne und Biomasse haben<br />

die wichtigsten Energieträger in der Expansionsphase<br />

nennenswerte Zuwächse verzeichnet und in Deutschland<br />

die Preiserfahrungskurve durchlaufen. In der dritten Phase<br />

geht es nun darum, die rechtlichen und organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen so anzupassen, dass sich Angebot und<br />

Nachfrage für CO 2<br />

-freie Energie effizient treffen können.<br />

LARS WALDMANN<br />

ist Techniksoziologe und Wirtschafswissenschaftler und seit 30<br />

Jahren in der Energiewirtschaft tätig. Heute ist er Geschäftsführer<br />

von Energiewende Consult, einem international tätigen Beratungsunternehmen<br />

und kämpft mit Leib und Seele für eine enkeltaugliche<br />

Zukunft.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

101


THEMEN | ENERGIE<br />

DER KAMPF UM STROM<br />

Prof. Dr. Claudia Kemfert,<br />

Wirtschaftsexpertin auf<br />

den Gebieten Energieforschung<br />

und Klimaschutz,<br />

leitet seit April 2004<br />

die Abteilung Energie,<br />

Verkehr, Umwelt am<br />

Deutschen Institut für<br />

Wirtschaftsforschung<br />

(DIW Berlin), ist seit April<br />

2009 Professorin für Energieökonomie<br />

und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

an der Hertie<br />

School of Governance<br />

(HSoG) und seit 2013 im<br />

Kuratorium von <strong>forum</strong><br />

<strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>.<br />

Sie erhielt zahlreiche<br />

Auszeichnungen, darunter<br />

den B.A.U.M. Umweltpreis<br />

und wurde 2016 in<br />

den Sachverständigenrat<br />

für Umweltfragen beim<br />

Bundesministerium für<br />

Umwelt, Naturschutz, Bau<br />

und Reaktorsicherheit<br />

berufen.<br />

Frau Kemfert, welche Auswirkungen hat die<br />

EEG-Novelle <strong>2017</strong> für den weiteren Ausbau<br />

Erneuerbarer Energien?<br />

Diese EEG-Reform ist ungeeignet, bis 2050<br />

mindestens 80 Prozent des Energiebedarfs<br />

aus Erneuerbaren Energien (EE) möglichst<br />

kosteneffizient zu erzeugen. Mit der Einführung<br />

von Ausschreibungen wollte man Kostensenkungen<br />

und mehr Planungssicherheit<br />

für den Zubau der Erneuerbaren Energien<br />

erreichen, doch die Erfahrungen aus anderen<br />

Ländern zeigen, dass Ausschreibungen<br />

eher die Kosten erhöhen, die Akteursvielfalt<br />

mindern und Ausbauziele verfehlen. Volkswirtschaftlich<br />

gesehen werden sogar höhere<br />

Kosten erzeugt, da man gegenwärtig Unternehmen<br />

und ganze Sektoren sterben lässt.<br />

Das ist nicht im Sinne der Energiewende und<br />

hat mit Kosteneffizienz nichts zu tun. Statt<br />

Wettbewerb am Markt ist das Planwirtschaft<br />

pur – mit allen ihren Nachteilen.<br />

Warum steigt die EEG-Umlage und damit der<br />

Strompreis weiter an?<br />

Die EEG-Umlage ist vor allem gestiegen, weil<br />

der Strompreis an der Börse niedrig ist. Und<br />

der Strompreis an der Börse ist niedrig, da es<br />

einen Überschuss an Strom gibt, vor allem durch<br />

alte Kohlekraftwerke. Diese sind aufgrund ihrer<br />

Inflexibilität ungeeignet für ein Zusammenspiel<br />

mit Erneuerbaren Energien, die naturgemäß<br />

Schwankungen unterworfen sind, denn sie<br />

können diese Schwankungen nicht sinnvoll<br />

abfedern und schicken damit zu viel Energie in<br />

die Stromnetze. Durch den Stromüberschuss<br />

aus den Kohlekraftwerken wird der Bau weiterer<br />

Netze nötig und das erhöht die Kosten.<br />

Der Strompreis wird somit nicht durch einen<br />

Ausbaudeckel Erneuerbarer Energien gesenkt<br />

werden können. Im Gegenteil. Ein völlig überdimensionierter<br />

Netzausbau, beschlossene<br />

Kohlesubventionen und ein nicht stattfindender<br />

Kohleausstieg werden die Strompreise steigen<br />

lassen. Und zusätzlich erhöhen wir damit auch<br />

noch die Treibhausgasemissionen und gefährden<br />

die in Paris vereinbarten Klimaziele.<br />

Es heißt oft, Strom sei zu teuer. Ist die Diskussion<br />

über den Strompreis nicht vollkommen<br />

überzogen?<br />

Gemessen an den durchschnittlichen Konsumausgaben<br />

eines vierköpfigen Haushalts<br />

machen die Stromkosten mit ca. 3 Prozent<br />

einen vergleichsweise geringen Anteil aus.<br />

Für Mobilität und fürs Heizen zahlt ein einkommensschwacher<br />

Haushalt mehr als 30<br />

Prozent seines Einkommens. Das ist eine<br />

ganz andere Größenordnung – doch darüber<br />

spricht niemand.<br />

„Erneuerbare Energien sind heute schon<br />

ökonomisch günstiger als fossile Energie.“<br />

Wie kommt es, dass sich angesichts des<br />

Klimawandels dennoch so viele Menschen<br />

gegen eine Energiewende wehren?<br />

Die Mythen rund um das Energiethema tauchen<br />

auf wie Graffiti an den Häuserwänden<br />

einer Stadt. Man weiß nicht, wer sie dorthin<br />

gesprüht hat, aber sie sind nicht zu übersehen.<br />

Wie bei einer Werbekampagne wird<br />

den Menschen auf diese Weise der Kopf<br />

verdreht. Ein Ohrwurm heißt „Ökostrom ist<br />

teuer“, ein anderer „Deutschland macht einen<br />

Alleingang und isoliert sich international“.<br />

Die Gegnerschaft der Energiewende ist heterogen.<br />

Sie besteht aus vier verschiedenen<br />

Gruppen; drei verfolgen ökonomische, eine<br />

ideologische Ziele.<br />

Da gibt es zunächst die großen – und bald<br />

nicht mehr ganz so großen – Energieanbieter.<br />

Sie lebten bislang von Atomstrom. Dieses<br />

Geschäft ist in naher Zukunft unwiderruflich<br />

vorbei. Aber sie leben auch von Kohlekraftwerken.<br />

Das ist zwar klimaschädlich, aber<br />

immer noch ein gutes Geschäft und das soll<br />

es bitte auch die nächsten Jahre bleiben.<br />

Zweitens energieintensive Industrien wie<br />

Aluhütten, für die Energiepreise ein wesentlicher<br />

Kostenfaktor sind. Viele betreiben<br />

eigene Kohlekraftwerke und wollen in diesem<br />

Bereich so wenig wie möglich investieren,<br />

um sich nicht die Bilanzen und damit den<br />

Börsenwert zu verhageln.<br />

Drittens die mittelständischen Unternehmen.<br />

Sie kalkulieren so knapp, dass jede Preisverän-<br />

Foto: © Oliver Eltinger<br />

102 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ENERGIE | THEMEN<br />

derung ihr Geschäftsmodell ins Wanken bringt. Energie war<br />

für sie bislang ein Randthema. Die zusätzlichen Investitionen<br />

für Strom oder in Energieeffizienzmaßnahmen sind für sie<br />

lästig – ganz egal, ob sich das langfristig rechnet. Nüchtern<br />

betrachtet sind alle drei ökonomischen Gruppen aus Eigennutz<br />

berechtigterweise daran interessiert, die Energiewende<br />

zu verhindern.<br />

Die vierte, die ideologische Gruppe, besteht aus altgedienten<br />

Konservativen, die mit großer Leidenschaft schon immer<br />

auf Seiten „ökonomischer Vernunft“ gekämpft haben. Sie<br />

befürchten, dass die „Öko-Hippies“ der achtziger Jahre das<br />

Ruder übernehmen und kämpfen mit großer Emotionalität<br />

gegen die vermeintliche Unvernunft. Für uns nüchterne<br />

Wissenschaftler ist die Sachlage jedoch sehr klar: Fossile<br />

Energien haben keine Zukunft. Strom aus Kohlekraft wird<br />

eine enorme Preissteigerung erleben. Der Umstieg auf EE<br />

ist billiger. Die Energie der Zukunft ist erneuerbar.<br />

„Global werden 5,3 Billionen Dollar<br />

allein für die Subventionierung<br />

fossiler Energien ausgegeben.“<br />

Warum wird dann die Kohleindustrie in Deutschland weiterhin<br />

subventioniert?<br />

Die Subventionierung fossiler Energien ist nicht nur in<br />

Deutschland, sondern global ein wesentliches Hemmnis<br />

zur Umstellung auf EE. Der Internationale Währungsfond<br />

IWF hat jüngst veröffentlicht, dass global 5,3 Billionen<br />

Dollar allein für die Subventionierung fossiler Energien<br />

ausgegeben werden, um die Preise für Kohle, Öl und Gas<br />

billig zu halten. Diese Subvention summiert sich auf 6,5<br />

Prozent des globalen Bruttosozialprodukts. In Deutschland<br />

wird allein die Steinkohle mit über 2 Milliarden Euro pro<br />

Jahr subventioniert, zudem wurde kürzlich auch noch eine<br />

„Abwrackprämie“ für alte Kohlekraftwerke genehmigt, die<br />

ebenso teuer werden dürfte. Würde man diese Gelder in<br />

nachhaltige, zukunftsweisende Technologien investieren,<br />

könnte sowohl das Ressourcenproblem gelöst als auch<br />

der Klimawandel gebremst werden. Daher sollten alle Subventionen<br />

in fossile Energien – sowohl in Deutschland als<br />

auch international – abgeschafft werden, um die richtigen<br />

Weichenstellungen für eine nachhaltige Energieversorgung<br />

und Mobilität zu setzen.<br />

„Der Klimawandel kostet uns Geld,<br />

sehr viel Geld.“<br />

Im Film „Power to Change“ sagen Sie: „Ich möchte die<br />

Menschen über die wissenschaftlichen Fakten des EEG informieren<br />

und die Wende so voranbringen.“ Gehört dies zu den<br />

Aufgaben der Wissenschaftler in Zeiten des Klimawandels?<br />

Absolut. Energieökonomie ist schon die letzten zwanzig<br />

Jahre der Schwerpunkt meiner Forschungsarbeit. Ich habe<br />

dazu schon unzählige wissenschaftliche Texte publiziert und<br />

in den letzten Jahren mehrere populärwissenschaftliche<br />

Bücher veröffentlicht. Als Wissenschaftlerin werte ich Zahlen<br />

und Fakten aus und komme dabei zu Ergebnissen. Eines der<br />

Ergebnisse meiner Arbeit heißt: Der Klimawandel kostet uns<br />

Geld, sehr viel Geld. EE sind heute schon ökonomisch günstiger<br />

als fossile Energie. Deswegen bin ich Befürworterin der<br />

Erneuerbaren Energien. Aber ich profitiere persönlich nicht<br />

von der Energiewende. Meine Arbeit als Wissenschaftlerin<br />

ist nicht davon abhängig, ob sich diese oder jene Energieform<br />

durchsetzt. Ich habe zwar eine klare und fundierte Meinung<br />

zu dem Thema, aber keine eigennützigen Interessen. Deshalb<br />

ist es mir ein Anliegen, meine Studienergebnisse einer<br />

breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, damit sie sich<br />

ihr eigenes, vernünftiges Urteil bilden kann.<br />

Die Fragen stellte Dr. Maiken Winter.<br />

Blockheizkraftwerke.<br />

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1<strong>03</strong>


THEMEN | KUNST UND NACHHALTIGKEIT<br />

VON HEINRICH UND ANDEREN<br />

LEBENDEN SKULPTUREN<br />

In der industriellen Wertschöpfungskette von Lebensmitteln hat der Konsument wenig Einblick in die Lieferkette<br />

oder schlicht kein Interesse, über die Herkunft seiner Lebensmittel nachzudenken. Grund für den in<br />

Berlin arbeitenden Künstler Andreas Greiner mit seinen „Living Sculptures“ neue Denkanstöße zu geben.<br />

Von Carsten Baumgarth<br />

Röntgenaufnahmen, DNA-Spektralanalysen, 3D-Druck oder<br />

Rasterelektronenmikroskopie: Diese Begriffe erinnern an<br />

die Ausstattung eines Labors, nicht jedoch an das Werkzeug<br />

eines Künstlers. Der 1979 in Aachen geborene Andreas<br />

Greiner bedient sich jedoch genau dieser Apparate, um seine<br />

Kunstwerke zu schaffen. Nach einigen Semestern Medizin –<br />

vielleicht kommt daher seine Affinität zu ungewöhnlichem<br />

Werkzeug – studierte er an der Universität der Künste Berlin,<br />

unter anderem beim international renommierten Künstler<br />

Ólafur Elíasson. Greiner selbst bezeichnet sich als Bildhauer<br />

und den größten Teil seiner Kunstwerke als Skulpturen. Seine<br />

Arbeitsweise erinnert hingegen eher an wissenschaftliche<br />

Vorgehensweisen und Techniken. In vielen seiner Kunstprojekte<br />

arbeitet er eng mit Wissenschaftlern und wissenschaftlichen<br />

Instituten zusammen. So auch bei den „Living<br />

Sculptures“. Bei diesen Kunstwerken und Performances<br />

stehen Lebewesen im Mittelpunkt, von Mikroorganismen<br />

über Fliegenlarven bis hin zu Masthühnern. Eines haben sie<br />

gemeinsam: Sie machen den Betrachter mal mehr und mal<br />

weniger deutlich auf problematische Zustände aufmerksam.<br />

Zwei seiner aktuellen Arbeiten setzen sich kritisch mit der<br />

industriellen (Hühner)-Fleischproduktion auseinander:<br />

Fotos: © Theo Blitzer | rechts: © Andreas Greiner<br />

104 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

105


Kunst mit wissenschaftlichen Methoden: Neben seinen Living Scultpures, wie dem Masthuhn Heinrich, macht Andreas Greiner so auf die<br />

Herkunft von Lebensmitteln aufmerksam.<br />

Heinrich – Porträt eines Masthahns<br />

Das 2015 begonnene Projekt Heinrich ist ein mehrstufiges<br />

Kunstprojekt über die Identität von Hybridhühnern, die<br />

speziell für die industrielle Geflügelproduktion gezüchtet<br />

werden. Sie setzen entweder besonders schnell Fleisch an<br />

(Masthuhn) oder liefern besonders viele Eier (Legehuhn).<br />

Greiner führte DNA-Analysen einer Hühnerleber durch und<br />

betrachtete hauchdünne Gewebescheiben einer Hühnerbrust<br />

unter dem Mikroskop (histologischer Schnitt), um sich<br />

dem Thema anzunähern. Im Anschluss konzeptualisierte er<br />

das nächste Werk als lebende Skulptur: Heinrich.<br />

Greiner kaufte das Masthuhn im Oktober 2015 für 5 Euro<br />

in der Uckermarck, befreite es damit aus der industriellen<br />

Fleischproduktion und gab es in die Obhut eines Berliner<br />

Kleintierbauernhofs. Der Künstler dokumentierte sein Leben<br />

von nun an regelmäßig. Von der industriellen Zucht<br />

geschwächt, konnte Heinrich sich zunächst kaum selbst<br />

ernähren, da er sich im Futterkampf nicht durchsetzen<br />

konnte. Nur durch seinen angezüchteten Willen, immerzu zu<br />

fressen, behauptete er sich schließlich doch und verbrachte<br />

die letzten fünf Monate seines Lebens in der Hühnergemeinschaft.<br />

Heinrich verstarb am 18. Januar 2016 im Alter<br />

von sechs Monaten. Diese Lebensdauer erscheint kurz, ist<br />

aber im Vergleich zum durchschnittlichen Masthuhn um<br />

ein Vielfaches länger – diese werden meist schon nach fünf<br />

bis acht Wochen geschlachtet. Greiner organisierte nach<br />

Heinrichs Tod eine Obduktion. Die Todesursache: plötzliches<br />

Herzversagen. Das Herz war zu schwach für seinen künstlich<br />

groß gezüchteten Körper. Es bleiben die Fotografien, die<br />

Greiner noch zu Heinrichs Lebzeiten angefertigt hatte. Durch<br />

die künstlerische, an klassische Porträtdarstellungen von<br />

Herrschern und Berühmtheiten angelehnte Darstellung, die<br />

seiner Behandlung als einem dem Menschen gleichgestellten<br />

Lebewesen entspricht, wird aus dem industriell gezüchteten<br />

Fleischstück auf unseren Tellern ein Individuum mit einer<br />

eigenen Identität. Der Künstler durchbricht damit die Anonymität<br />

der industriellen Fleischproduktion und konfrontiert<br />

den Betrachter mit der ethisch höchst fragwürdigen Herkunft<br />

und Züchtung seiner Nahrung – eine Welt, über die manch<br />

einer lieber nicht nachdenken würde.<br />

Monument für die 308<br />

Aufbauend auf diesem Kunstprojekt entwickelte Andreas<br />

Greiner für die Ausstellung „Agentur des Exponenten“, die<br />

von September 2016 bis Februar <strong>2017</strong> in der Berlinischen<br />

Galerie gezeigt wurde, eine monumentale Skulptur: Das<br />

über sieben Meter hohe „Monument für die 308“ erscheint<br />

von Größe und Ästhetik her wie ein Dinosaurierskelett in<br />

einem Naturkunde-Museum. Der Zuschauer betrachtet<br />

jedoch nicht eine lang ausgestorbene Spezies, sondern ein<br />

Masthuhnskelett. Für seine Installation erwarb Greiner ein<br />

Tier, das wegen einer Fraktur eines Fußknochens nach rund<br />

25 Tagen – etwa zehn Tage vor der Schlachtreife – verstorben<br />

war. In Kooperation mit der Charité Berlin ließ der Künstler<br />

die einzelnen Knochen durch Röntgen digital erfassen. Dieser<br />

digitale „Bauplan“ wurde für den 3D-Druck der 20-fach vergrößerten<br />

Knochen umgesetzt und die 123 Bauteile inklusive<br />

des Fußbruchs im Museum zu einem vollständigen Skelett<br />

zusammengefügt.<br />

Der rätselhafte Name „308“ stammt vom meist verkauften<br />

Produkt der US-amerikanischen Firma Aviagen, die als<br />

Weltmarktführer für Masthühner unter der Marke Ross<br />

das Masthuhn Typ 308 anbietet. Im Gegensatz zum Kunstprojekt<br />

Heinrich stellt Greiner mit seinem Monument die<br />

Individualität des Tieres nicht wieder her, sondern zeigt die<br />

Manipulation von Tieren durch den Menschen, die am Ende<br />

zu einer vollständigen und zukünftig eventuell sogar automatisch-maschinellen<br />

Reproduzierbarkeit von Lebewesen führt.<br />

Diesen industrialisierten Umgang mit Lebewesen bezeichnet<br />

der Künstler als charakteristisch für unser gegenwärtiges<br />

Zeitalter.<br />

Beide hier skizzierten Kunstprojekte sind keine mit erhobenem<br />

Zeigefinger oder schockierenden Bildern geführte Kritik<br />

an der industriellen Fleisch- und Lebensmittelproduktion.<br />

Fotos: © Andreas Greiner<br />

106 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


KUNST UND NACHHALTIGKEIT | THEMEN<br />

Diese Kommunikationsmethode ist zwar einfach zu gestalten<br />

und zu verstehen, führt aber regelmäßig zu reflexartigen Abwehrreaktionen<br />

beim Betrachter. Vielmehr erzeugt Andreas<br />

Greiner durch die Offenlegung des Produktionsprozesses,<br />

verbunden mit einer „cleanen“ Ästhetik, beim Betrachter<br />

Neugier und den Impuls, selbstständig über den Themenkomplex<br />

zu reflektieren.<br />

Anerkennung und Zukunft<br />

Besondere Anerkennung und die Möglichkeit, das Projekt<br />

„Monument für die 308“ überhaupt zu realisieren, hat<br />

Andreas Greiner, der auch immer wieder mit der Künstlergruppe<br />

das Numen zusammenarbeitet, durch den Gewinn<br />

des GASAG-Kunstpreises 2016 erhalten. Für die Zukunft hat<br />

der Künstler schon viele neue Ideen: <strong>2017</strong> sind Ausstellungen<br />

in Seoul, Tokio und im Sprengel Museum Hannover geplant.<br />

In einem neuen Kunstprojekt möchte er eine umfangreiche<br />

ästhetische Analyse zu vom Menschen genetisch veränderten<br />

Lebewesen (sogenannte Biofakte) durchführen. Dazu plant<br />

Andreas Greiner die Aufnahme genetisch veränderter Zellen<br />

durch ein Elektronenrastermikroskop, um sie daraufhin per<br />

3D-Druck stark vergrößert zu skulpturalen Portraits werden<br />

zu lassen. Außerdem beschäftigt er sich schon seit längerer<br />

Zeit mit der Gründung eines künstlerischen Start-ups, welches<br />

die verschiedenen Berührungspunkte seiner Kunst mit<br />

vielen anderen Bereichen wie Architektur, Design, Wissenschaft<br />

und ethischen Fragestellungen in einem völlig neuen<br />

Geschäftsmodell jenseits der klassischen Kunstvermarktung<br />

(Galerie – Messe-Verkauf) verbindet.<br />

www.andreasgreiner.com<br />

Wir danken Andreas Greiner ganz herzlich für<br />

die Unterstützung und Hintergrundinformationen.<br />

Bitte beachten Sie zu diesem Thema auch<br />

unsere Berichterstattung über das Zweinutzenhuhn<br />

in <strong>forum</strong> Ausgabe 2/17.<br />

PROF. DR. CARSTEN BAUMGARTH<br />

ist Professor für Marketing, insbesondere Markenführung an der<br />

Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Er beschäftigt sich seit<br />

Jahren mit der Verbindung von Marke und <strong>Nachhaltig</strong>keit sowie den<br />

Verknüpfungen zur Kunst. Speziell die Kooperation von Kunst und<br />

Unternehmen ist ihm ein Anliegen.<br />

www.arts-push-business.de<br />

Die Serie „<strong>Nachhaltig</strong>Kunst“ stellt in jeder Ausgabe einen Künstler,<br />

eine Künstlergruppe und/oder ein Kunstwerk vor, welche die Sphären<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit und Kunst interessant verbinden. Das soll Sie<br />

als Leser berühren und für Kunst begeistern. Es darf aber auch als<br />

Inspiration für Unternehmen, Institutionen und NGOs dienen, sich<br />

mit den Potenzialen von Kunst für die <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation<br />

auseinanderzusetzen.<br />

Magazin für Zukunft und Politik<br />

N o 1<br />

Ausgabe<br />

3/17<br />

Jetzt neu<br />

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taz<br />

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srdJA PoPoviC<br />

ÜBER PRoTEST<br />

reginA sChmeken<br />

ÜBER REVoLUTIoN<br />

JosChkA FisCher<br />

ÜBER KRIEg<br />

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Wie verändert man die Welt?<br />

„Es gibt eine ungeheuer große globale Bewegung, die die<br />

überlebensgerechte Einrichtung der Welt fordert. Sie besteht<br />

aus etwa 65 Millionen Menschen. Und täglich werden es<br />

mehr. Das ist die Flüchtlingsbewegung.“<br />

Harald Welzer, Herausgeber von taz.FUTURZWEI.<br />

taz Verlags- und Vertriebs GmbH, Rudi Dutschke Str. 23, 10969 Berlin<br />

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taz<br />

107


Über 150 Freiwillige unterstützen das größte Umweltfilm-Festival der Schweiz.<br />

DIE KRAFT DER FILME<br />

Vor zehn Jahren sieht Kai Pulfer „An Inconvenient Truth“. Al Gores Film über den Klimawandel ist wie<br />

ein Weckruf. Um möglichst viele Menschen für das Thema zu sensibilisieren, gründet Pulfer den Verein<br />

Filme für die Erde. Mittlerweile organisiert er das größte Umweltfilm-Festival in der Schweiz – und hat<br />

noch größere Pläne.<br />

Von Barbara Naegeli<br />

Eine Bürogemeinschaft mitten in der Winterthurer Altstadt.<br />

Fünf Zimmer im zweiten Obergeschoss, an den Wänden aus<br />

Kalendern ausgeschnittene Landschaftsbilder, am Ende des<br />

Flurs eine kleine Küche, Regale voller DVDs. Das ist das Zuhause<br />

des Vereins Filme für die Erde. Zusammen mit einem<br />

Gamedesigner und zwei Therapeuten teilen sie sich die Bürowohnung<br />

und leben damit im Kleinen, was sie im Großen<br />

propagieren: gemeinsam <strong>Nachhaltig</strong>keit und Bewusstsein<br />

schaffen. Das Team ist überschaubar: vier Festangestellte,<br />

zwei davon für das Fundraising zuständig, sowie der Geschäftsleiter<br />

und die Verantwortliche für Kommunikation und<br />

Administration. Unterstützt werden sie von Praktikantinnen<br />

und einer Arbeitsintegrationsstelle. Das Engagement ist groß;<br />

wer hier arbeitet, erledigt nicht einfach einen Job, sondern<br />

brennt für das Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit und will die Welt jeden<br />

Tag ein kleines Stück besser machen.<br />

Mit einer unbequemen Wahrheit hat alles angefangen<br />

Als Kai Pulfer, heutiger Geschäftsführer von Filme für die<br />

Erde, vor zehn Jahren den Film „An Inconvenient Truth“ sah,<br />

war für ihn klar, dass er nicht mehr untätig zusehen konnte.<br />

Er realisierte, dass der Klimawandel alle Lebewesen auf der<br />

Erde betrifft und unterstützte sodann ein lokales Klimaschutzprojekt.<br />

Doch Pulfer wollte noch mehr Menschen über das<br />

Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit informieren und sie dazu bewegen,<br />

anzupacken und gemeinsam die Welt zu verändern. Bei der<br />

Frage, wie das möglich ist, landete er beim Thema Film. Die<br />

Idee ließ ihn nicht mehr los und so gründete er den Verein<br />

Filme für die Erde, um mit packenden Dokumentarfilmen<br />

Menschen aufzurütteln und aufzuklären. Was als kleiner<br />

Verein begann, wurde mit den Jahren immer größer – die<br />

Gemeinschaft wuchs und konnte immer mehr Menschen<br />

erreichen und zum Umdenken bewegen. So ist Kai Pulfer<br />

Fotos: © Filme für die Erde<br />

108 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


seit zehn Jahren jeden Tag „voll motiviert, das Bewusstsein<br />

zu schaffen, was auf unserem Planeten passiert“. Und er<br />

ergänzt: „Ich möchte dazu beitragen, dass wir das Leben auf<br />

der Erde und damit natürlich auch die Menschheit erhalten<br />

können“. Aber warum Filme? Filme sprechen die Emotionen<br />

an, wie es Kai Pulfer selbst mit „An Inconvenient Truth“ erlebt<br />

hat: „Emotionen helfen, Zusammenhänge zu verstehen und<br />

sie motivieren zu handeln. Deshalb sind Filme eine ideale<br />

Form, um Menschen zu informieren und zu bewegen.“<br />

Das größte Umweltfilm-Festival der Schweiz<br />

Um möglichst viele Menschen auch außerhalb der Wohnzimmer<br />

zu erreichen, führt Filme für die Erde bereits seit<br />

sieben Jahren ein jährliches Festival durch. Immer an einem<br />

Freitag Ende September, immer sechs Filme, immer in über<br />

17 Städten in der Schweiz – das macht das Filme für die<br />

Erde-Festival zum größten Umweltfilm-Festival der Schweiz.<br />

Ein wichtiger Teil des Festivals ist das Schulkino am Vormittag,<br />

an dem drei Filme eigens für Schulklassen ausgewählt und<br />

aufgeführt werden. 2016 wurde es von 10.000 Schülerinnen<br />

und Schülern besucht, Tendenz steigend. „Die Lehrpersonen<br />

schätzen das Angebot sehr und wir bekommen viel positives<br />

Feedback“, sagt Alina Glückstadt, die bei Filme für die Erde<br />

für die Kommunikation verantwortlich ist. „Wir zeigen den<br />

Schulklassen nicht nur die Filme, sondern stellen ihnen auch<br />

Unterrichtsmaterial zur Verfügung und kommen auf Wunsch<br />

zusammen mit unserem Partner myclimate für Impulslektionen<br />

in die Klasse, um so die Themen der Filme aufzugreifen<br />

und zu vertiefen.“<br />

Über das Medium Film hinaus Bewusstsein schaffen<br />

Auch im Abendprogramm des Festivals begnügt sich Filme<br />

für die Erde nicht damit, einfach zwei Filme zu zeigen. Am<br />

Hauptaustragungsort in Winterthur gibt es ein Podiumsgespräch<br />

mit Expertinnen und Experten zum Hauptthema des<br />

Festivals. Das Gespräch wird live an die anderen Standorte<br />

des Filmfestivals übertragen. Zudem wird das Festival von<br />

den Ausstellungen lokaler <strong>Nachhaltig</strong>keits-Pioniere umrahmt:<br />

Über 60 NGOs der Schweiz kommen zusammen und informieren<br />

über Handlungsoptionen, mit denen jeder Einzelne<br />

im Publikum ein nachhaltigeres Leben führen kann. Während<br />

des Apéros, einer guten Gelegenheit zum Netzwerken, verteilt<br />

Filme für die Erde Weitergabe-DVDs. Die Idee ist, dass<br />

die Besuchenden des Festivals die DVDs der Filme mitnehmen,<br />

die sie besonders berührt haben und an ihre Freunde<br />

weitergeben. So sollen die Filme weitere Kreise ziehen und<br />

noch mehr Menschen erreichen.<br />

Die Reichweite des für die Besucher kostenlosen Festivals<br />

lässt sich sehen: Bis jetzt wurde es in den sieben Jahren von<br />

rund 50.000 Personen besucht. „Und wenn man die Weitergabe-DVDs<br />

dazuzählt, erreichen wir pro Festival jeweils<br />

nochmals tausende von Menschen“, betont Alina Glückstadt.<br />

Bei der Durchführung des Festivals wird das Kernteam von<br />

Filme für die Erde von etwa 150 freiwilligen Helfern unterstützt.<br />

Diese führen das Festival in den jeweiligen Städten<br />

selbständig durch, nachdem sie in einem eintägigen Kurs<br />

auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden. Zudem ist der Verein<br />

Filme für die Erde auf die Unterstützung von Sponsoren<br />

angewiesen – zum Beispiel die Swisscom, die seit 2008 als<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

109


Rund 50.000 Menschen besuchten in sieben Jahren das Filme für die Erde-Festival. Und viele mehr wurden durch Übergabe-DVDs erreicht.<br />

Hauptsponsorin die Arbeit von Filme für die Erde wesentlich<br />

unterstützt. Dieses Jahr findet das Festival am Freitag, den<br />

22. September statt, erneut mit einer Auswahl hochkarätiger<br />

und topaktueller Filme.<br />

Botschafter in der Schweiz und Deutschland<br />

Filme für die Erde hat den Bekanntheitsgrad mittlerweile weit<br />

über Winterthur hinaus ausgeweitet. In der ganzen Schweiz<br />

und auch in Deutschland hat der Verein mittlerweile über<br />

400 Mitglieder, die jedes Jahr zwei bis vier Weitergabe-DVDs<br />

zugeschickt bekommen und somit die Botschaft in ihrem Umkreis<br />

verbreiten. Filmabende zu organisieren ist groß im Trend<br />

und so finden über das Jahr um die 50-60 kleinere Filmevents<br />

schweizweit statt. Am jährlichen Earth Day, dem 22. April,<br />

schenkt der Verein allen Mitgliedern eine Filmlizenz und so<br />

kommen allein an diesem Tag über 30 Filmevents zustande.<br />

Der Verein ist sehr dankbar, dass so viele Menschen ihren<br />

Teil zu der Verbreitung des Wissens beisteuern.<br />

Zum Jubiläum ein neues Ziel<br />

<strong>2017</strong> feiert Filme für die Erde das zehnjährige Jubiläum. Ein<br />

Grund zum Feiern, doch sich auf den Lorbeeren auszuruhen<br />

ist nichts für den dynamischen Verein. Das nächste Ziel<br />

steht bereits fest: die Internationalisierung. Die Kompetenz<br />

von Filme für die Erde ist nicht nur in der Schweiz und dem<br />

deutschsprachigen Raum, sondern international relevant.<br />

Denn Filme für die Erde ist die umfangreichste Website zum<br />

Thema Film und <strong>Nachhaltig</strong>keit weltweit. Bereits jetzt können<br />

über 100 der besten Umweltdokumentarfilme gratis oder als<br />

Video on Demand direkt auf der Website angeschaut werden.<br />

Um die Wirkung von Filme für die Erde auch außerhalb der<br />

Schweiz zu entfalten, arbeitet der Verein an einer international<br />

zugänglichen Datenbank. Das Ziel ist, dass Organisationen<br />

auf der ganzen Welt auf die Datenbank zugreifen und mit ihr<br />

arbeiten können.<br />

www.FILMEfürdieERDE.org<br />

Messe für nachhaltige Lebensstile,<br />

Fairen Handel und<br />

gesellschaftliche Verantwortung<br />

www.fair-friends.de<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit als Strategie?<br />

Infos, Ideen und Impulse für Entscheider,<br />

Manager und Handel, die<br />

sich doppelt bezahlt machen.<br />

07.–10.09.<strong>2017</strong><br />

Messe Dortmund<br />

110 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


MEDIENTIPPS | SERVICE<br />

Filmtipps<br />

A Plastic Ocean<br />

Es gibt kaum ein Konsumgut, das<br />

nicht aus Plastik besteht oder in<br />

einer Plastikverpackung verkauft<br />

wird. Und was passiert mit dem<br />

Plastik, nachdem er seinen Zweck<br />

erfüllt hat? Er landet im Abfall – und<br />

danach häufig im Ozean. Dort zerfällt<br />

der Plastikmüll in kleine Partikel und<br />

gelangt in die Nahrungskette. «A<br />

Plastic Ocean» zeigt, was das für die<br />

Natur und schlussendlich auch für<br />

uns bedeutet. Ein eindrücklicher Film, der betroffen macht und<br />

nachdenklich stimmt.<br />

The Borneo Case<br />

Sarawak, Borneo: Die Abholzung<br />

des Regenwaldes schreitet fort, der<br />

Regierungschef bereichert sich daran<br />

und knüpft ein weltweites Netz<br />

aus Korruption und Geldwäscherei.<br />

Dagegen kämpft eine Gruppe von<br />

Aktivisten, die sich für den Schutz<br />

des Regenwaldes einsetzt und Bruno<br />

Mansers Erbe weiterführt. Der<br />

Dokumentarfilm «The Borneo Case»<br />

begleitete diese Aktivisten während<br />

fünf Jahren und zeigt, wie sie dank gründlicher Recherchen,<br />

deren Resultate sie hartnäckig veröffentlichen, Druck aufbauen<br />

und sich Gehör verschaffen. Ein dramatischer Doku-Krimi.<br />

Death by Design<br />

Sweatshop<br />

Smartphone, Tablets, Laptops und<br />

Spielekonsolen sind allgegenwärtig<br />

und bestimmen weitgehend unser<br />

Leben. Einen Alltag ohne sie kann<br />

man sich nur noch schwer vorstellen.<br />

Doch wie und unter welchen<br />

Bedingungen diese Geräte hergestellt<br />

werden, ist kaum bekannt. Der<br />

Dokumentarfilm «Death by Design»<br />

widmet sich diesem Thema und<br />

zeigt die enormen Auswirkungen der<br />

Elektronikindustrie auf Gesundheit<br />

und Umwelt.<br />

Wer näht unsere Kleider und unter<br />

welchen Bedingungen? Wie bestimmt<br />

unser Kleiderkonsum das Leben der<br />

Näherinnen in Ländern wie Kambodscha?<br />

Diese Fragen beantworten drei<br />

junge Fashion-Blogger aus Norwegen,<br />

indem sie in den harten Alltag<br />

der Näherinnen eintauchen, sich in<br />

Kleiderfabriken in Kambodscha an<br />

die Nähmaschinen setzen und mit<br />

drei Dollar pro Tag überleben müssen.<br />

Filme für die Erde-Festival<br />

Das Festival widmet sich am 22. September <strong>2017</strong> dem<br />

Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit und zeigt diese ausgewählten und<br />

hochkarätigen Filme gratis in mehr als 16 Schweizer Städten<br />

gleichzeitig. Mehr zu dem Programm und den Festivalstädten<br />

auf www.FILMEfürdieERDE.org/festival<br />

Weitere Informationen zu den Filmen auf www.FILMEfürdieERDE.org. Diese Website ist weltweit die größte Übersicht zu Film<br />

und <strong>Nachhaltig</strong>keit, mit über 100 Filmen, die direkt online angeschaut werden können.<br />

KONFERENZ <strong>2017</strong><br />

INSPIRATION<br />

FOR IMPACT<br />

Jetzt gratis<br />

anmelden!<br />

DIE ONLINE-KONFERENZ<br />

Unterstützt von<br />

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Audio<br />

E-Book<br />

über<br />

50 h<br />

Videos<br />

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Speaker<br />

❱ Inspiration von Top-Referent*innen<br />

❱ Impulse für persönlichen & sozialen Wandel<br />

❱ Empowerment in Business & Aktivismus<br />

❱ 17. September bis 1. Oktober <strong>2017</strong><br />

❱ Täglich neue Videos kostenlos<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

www.karmakonsum.de/<strong>forum</strong><br />

111


SERVICE | MEDIENTIPPS<br />

Bücher<br />

Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.)<br />

Wirtschaft im Zukunfts-Check<br />

So gelingt die grüne Transformation<br />

„Wir können den Wohlstand von morgen<br />

nur sichern, wenn wir zum Vorreiter bei der<br />

ökologischen Transformation der Industriegesellschaft<br />

werden.“ Ralf Fücks<br />

Das ist die Herausforderung unserer Zeit:<br />

Armut und Arbeitslosigkeit bekämpfen und<br />

gleichzeitig den Klimawandel. Die Energiewende<br />

macht es vor, doch andere Wirtschaftsbereiche<br />

tun sich schwer. Wo liegen<br />

die größten Hemmnisse, und welche Schritte<br />

müssen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Ökonomie als nächstes<br />

gegangen werden? Expertinnen und Experten beschreiben in diesem<br />

Buch die Zukunftsfähigkeit der Mobilität, des Wohnens, der Energie- und<br />

Agrarwirtschaft, der Stahl- und Finanzbranche, der Chemieindustrie und<br />

des Maschinenbaus.<br />

<strong>2017</strong>, 240 Seiten, ISBN-13: 978-3-96006-008-6, 19,95 EUR<br />

www.oekom.de<br />

Gerd Müller<br />

Unfair!<br />

Für eine gerechte Globalisierung<br />

Die Erdbevölkerung wächst so schnell wie<br />

noch nie, gleichzeitig sind aber unsere<br />

Ressourcen endlich, sodass auch Wachstum<br />

nicht grenzenlos sein kann. Und während<br />

der Wohlstand der Globalisierungsgewinner<br />

immer weiter zunimmt, leben immer mehr<br />

Menschen in bitterer Armut. Gerd Müller<br />

ist überzeugt: Wir brauchen einen Paradigmenwechsel<br />

unseres Denkens und Handelns!<br />

Er fordert eine gerechte Globalisierung für<br />

alle mit dem Fokus auf <strong>Nachhaltig</strong>keit – ökonomisch, ökologisch, sozial<br />

und kulturell. Wie das funktionieren kann, was sich ändern muss und<br />

welche Schwierigkeiten überwunden werden müssen, beschreibt der<br />

Bundesminister in seinem Buch – persönlich, kontrovers und jenseits<br />

der parteipolitischen Grenzen. Er findet klare Worte und zeigt sowohl<br />

die Verantwortung Europas auf, nennt aber auch Probleme wie Korruption<br />

und mangelnde Transparenz beim Namen.<br />

<strong>2017</strong>, 192 Seiten, ISBN 978-3-86774-579-6, 19,90 EUR<br />

www.murmann-verlag.de<br />

Eberhard Petzold,<br />

Sebastian Meißner<br />

Güterströme der Welt<br />

The Global Cargo Flow<br />

Kaffee aus Südamerika, Öl aus<br />

Saudi-Arabien, Fernseher aus<br />

China: Schiffe versorgen uns<br />

täglich mit Waren aus aller<br />

Welt. Jedes Jahr transportieren<br />

rund 45.000 Handelsschiffe<br />

fast sieben Milliarden<br />

Tonnen Güter quer über den<br />

Globus. Auf ihren Wegen durchqueren sie verschiedene Kontinente,<br />

Kulturkreise sowie Zeit- und Klimazonen. Handelsschiffe sind das Herz<br />

der Globalisierung. Der druckfrisch erschienene Bild-Textband Güterströme<br />

der Welt von Eberhard Petzold und Sebastian Meißner zeigt<br />

mit spektakulären Fotos und unterhaltsamen Texten, wie die Waren<br />

aus Übersee zu uns kommen.<br />

<strong>2017</strong>, 240 Seiten, 250 Farbfotos, ISBN 978-3-7822-1278-6, 29,95 EUR<br />

www.koehler-mittler-shop.de<br />

Robert Tercek<br />

Vaporisiert<br />

Solide Strategien für Erfolg in einer dematerialisierten<br />

Welt<br />

Wappnen Sie sich für kommende enorme<br />

Veränderungen. Bekannte Charakteristika<br />

der wirtschaftlichen Landschaft, wie Einzelhandelsgeschäfte,<br />

physikalische Produkte,<br />

Kooperationen und sogar menschliche<br />

Arbeiter, sind dabei, zu verdampfen bzw. zu<br />

vaporisieren. Sie werden ersetzt durch digitale<br />

Informationen. In „Vaporisiert“ zeigt uns<br />

Innovationsexperte Robert Tercek, wie der<br />

Prozess der Vaporisierung funktioniert und bringt uns an die vorderste<br />

Front von digitaler Transformation. Tercek bietet einen essentiellen<br />

Leitfaden für diese vaporisierte Welt – mit erprobten Strategien für all<br />

diejenigen, die diesen Prozess meistern wollen.<br />

<strong>2017</strong>, 412 Seiten, ISBN 978-3-527-50917-1, 26,99 EUR<br />

www.wiley.com<br />

Caitlin Shetterly<br />

Genbombe<br />

Wie sich genmanipulierte Lebensmittel<br />

unbemerkt in unser Essen schleichen<br />

Nach jahrelangem Leidensweg mit diffusen<br />

Krankheitssymptomen erhält die Journalistin<br />

Caitlin Shetterly die Diagnose, allergisch<br />

auf genmanipulierten Mais zu sein. Auf<br />

diesen zu verzichten: kein Problem. Oder<br />

doch? Ihre akribische Recherche führt die<br />

Autorin zuerst durch die Kornkammer der<br />

USA, aber auch bald auf die Spur genveränderter<br />

Pollen im Honig nach Brüssel und<br />

Deutschland. Dabei zeigt sich die erschreckende Wahrheit darüber,<br />

wie weit unser Essen, aber auch Lebensmittelverpackungen, Windeln,<br />

Medikamente oder Zahnpasta, darunter auch Bioprodukte, schon von<br />

genmanipulierten Substanzen unterwandert sind. Ein beunruhigender<br />

Blick auf den größten Lebensmittelkampf unserer Zeit, der gerade<br />

erst begonnen hat.<br />

<strong>2017</strong>, 416 Seiten, ISBN: 978-3-453-60428-5, 14,99 EUR<br />

www.randomhouse.de<br />

Hanni Rützler, Wolfgang Reiter<br />

Food Report 2018<br />

Genuss erweitert sich: Fleisch<br />

ist nicht mehr der Mittelpunkt<br />

eines Gerichtes, nach dem sich<br />

die Beilagen richten müssen.<br />

Pflanzen erlangen eine neue<br />

Hauptrolle auf dem Teller. Das<br />

stellt Autorin Hanni Rützler in<br />

ihrem „Food Report 2018“ fest<br />

und analysiert zum fünften Mal<br />

in Folge die wichtigsten Food-<br />

Trendphänomene. Herausgeber<br />

sind das Zukunftsinstitut und die<br />

Lebensmittel Zeitung (dfv Mediengruppe). „Food-Trends lenken die<br />

Aufmerksamkeit vom Neuen zum Sinnvollen“, so Rützler. Die langfristige<br />

Beobachtung zeigt, dass Food-Trends wertvolle ‘Frühwarnindikatoren’<br />

im Food- und Beverage-Markt sind. „Sie signalisieren Veränderungen<br />

und provozieren damit Antworten auf zukünftige Herausforderungen“,<br />

begründet die Autorin ihr jährliches Trend-Update.<br />

<strong>2017</strong>, ISBN 978-3-945647-43-1, 125 EUR<br />

www.zukunftsinstitut.de; www.dfv.de<br />

112 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


EVENTS IN DER VORSCHAU | SERVICE<br />

individuelles Programm zusammenstellen.<br />

www.deutscher-umwelt-kongress.de<br />

7. bis 10. September <strong>2017</strong>, Dortmund<br />

FAIR FRIENDS<br />

Messe für nachhaltige Lebensstile, fairen<br />

Handel und gesellschaftliche Verantwortung<br />

Die FAIR FRIENDS ist die starke Kommunikationsplattform,<br />

um Kunden, Händler,<br />

Jung- und Kleinunternehmer, Hersteller,<br />

Produzenten und Verbände sowie<br />

Fachbesucher wie auch Konsumenten<br />

zur gleichen Zeit an einem Ort zusammenzubringen.<br />

Sie schafft Awareness für<br />

nachhaltige Themen und präsentiert eine<br />

große Auswahl an Produkten und Dienstleistungen,<br />

um fair, sozial und nachhaltig<br />

leben und arbeiten zu können.<br />

www.fair-friends.de<br />

9. und 10. September, Legau/Allgäu<br />

Rapunzel Eine Welt Festival<br />

Die Welt trifft sich bei Rapunzel im Allgäu<br />

– Seien Sie mit dabei!<br />

Das legendäre Rapunzel Eine Welt Festival<br />

bringt <strong>2017</strong> wieder Menschen,<br />

Musik, Kultur und Kulinarisches zusammen:<br />

Mit Anbaupartnern aus aller<br />

Welt, Kochshows, einem hochkarätigen<br />

Vortragsprogramm, Kinderprogramm,<br />

der Grünen Meile und vielem mehr. Besonderer<br />

Höhepunkt: das Sonderkonzert<br />

von Konstantin Wecker.<br />

www.rapunzel.de/festival<br />

12. bis 15. September <strong>2017</strong>, Husum<br />

HUSUM Wind<br />

Treffpunkt für Visionäre und Macher<br />

Das Who‘s Who der Windbranche trifft in<br />

diesem Jahr vom 12. bis 15. September auf<br />

der HUSUM Wind in Schleswig-Holstein<br />

zusammen, um Herausforderungen und<br />

Entwicklungen des nationalen Marktes<br />

zu präsentieren und zu diskutieren. Das<br />

2015 erfolgreich eingeführte Konzept der<br />

Länderpartnerschaft wird <strong>2017</strong> fortgesetzt<br />

– diesjähriges Partnerbundesland ist Nordrhein<br />

Westfalen.<br />

www.husumwind.com<br />

14. und 15. September <strong>2017</strong>, Bad Nauheim<br />

Deutscher Umwelt-Kongress <strong>2017</strong><br />

Das Fach<strong>forum</strong> für nachhaltigen Umweltschutz<br />

Es erwartet Sie erneut ein spannender<br />

Mix aus Praxis- und Fachwissen aus erster<br />

Hand. Das garantiert nicht zuletzt die<br />

hervorragende Expertise der Referenten.<br />

In 35 Vorträgen in 4 unterschiedlichen<br />

Fachforen werden Sie über brandaktuelle<br />

rechtliche Themen informiert und erhalten<br />

direkt anwendbares Praxiswissen.<br />

Dabei können Sie zwischen den einzelnen<br />

Fachforen wechseln und sich somit Ihr<br />

23. und 24. September <strong>2017</strong>, Mainz<br />

fairgoods & Veggienale<br />

Messen für <strong>Nachhaltig</strong>keit & den pflanzlichen<br />

Lebensstil<br />

Auf ins grüne Leben! Wie kann ich im Alltag<br />

nachhaltig leben und mich gesund vegan<br />

ernähren? Am 23. und 24. September<br />

findet in der Halle 45 in Mainz bereits zum<br />

zweiten Mal die Veggienale zusammen mit<br />

der <strong>Nachhaltig</strong>keitsmesse fairgoods statt.<br />

In der alten “Waggonfabrik” werden auf<br />

5.000 m² die Ausstellungsbereiche, Mitmachangebote,<br />

Verkostungen, Workshops<br />

und Bühnenshows rund um das Thema<br />

Veganer Lebensstil präsentiert. Die Messe<br />

findet auch am 21. und 22. Oktober in<br />

Hamburg und am 18. und 19. November<br />

in Köln statt.<br />

www.veggienale.de | www.fairgoods.info<br />

26. September <strong>2017</strong>, München<br />

5. Bayerischer CSR-Tag<br />

Die SDGs aus Sicht der Wirtschaft: Unternehmerische<br />

Chancen und Lösungsansätze<br />

Bayerns größte CSR-Netzwerkveranstaltung<br />

widmet sich in Vorträgen und Workshops<br />

der Frage, wie Unternehmen einen<br />

Beitrag zu den UN-<strong>Nachhaltig</strong>keitszielen<br />

Am 26.9. in München<br />

Anmeldung und Infos unter<br />

ihk-muenchen.de/csr-tag<br />

5.BAYERISCHER<br />

CSR Tag<br />

Die SDGs aus Sicht der Wirtschaft:<br />

unternehmerische Chancen und Lösungsansätze<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

113


SERVICE | EVENTS IN DER VORSCHAU<br />

(SDGs) leisten und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile<br />

und Innovationen generieren<br />

können. Seien auch Sie dabei!<br />

www.ihk-muenchen.de/csr-tag<br />

26. und 27. September <strong>2017</strong>, Berlin<br />

Internationaler Naturkosmetik<br />

Branchenkongress <strong>2017</strong><br />

Das Herbst Highlight der Naturkosmetikbranche<br />

feiert sein 10-jähriges Jubiläum<br />

Naturkosmetik mischt seit Jahren den<br />

Kosmetikmarkt auf, seit Jahren ist ein kontinuierliches<br />

Wachstum zu verzeichnen.<br />

Doch kommerzielle Aspekte drohen Werte<br />

zu vernichten, auf die die Branche lange stolz<br />

war. Was tun in einem turbulenten Markt,<br />

der sich international so ungleich entwickelt?<br />

www.naturkosmetik-branchenkongress.de<br />

26. bis 29. September, Hamburg<br />

Hamburg Sustainable Development<br />

Summit <strong>2017</strong> (HSDS)<br />

Sustainability at Higher Education Institutions<br />

(HEI)<br />

Welche Beiträge können Hochschulen<br />

zur nachhaltigen Entwicklung leisten? Die<br />

TeilnehmerInnen des englischsprachigen<br />

Kongresses interagieren mit Unterstützung<br />

innovativer Problemlösungs- und Kommunikationsmethoden<br />

in Themenräumen<br />

und im Open Space.<br />

www.hsds.uni-hamburg.de<br />

13. und 14. Oktober <strong>2017</strong>, Berlin<br />

Green World Tour Messe Berlin<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit für alle!<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsmesse mit Vortragsprogramm<br />

zu den Themen: neue Technologien,<br />

nachhaltiger Lifestyle, grüne Geldanlagen<br />

sowie sinnstiftende Studiengänge und Karriereperspektiven.<br />

Weitere Messestandorte<br />

sind Stuttgart, München und Wien.<br />

www.autarkia.info<br />

21. und 22. Oktober <strong>2017</strong>, Berlin<br />

Entrepreneurship Summit <strong>2017</strong><br />

Alles für ein gut durchdachtes Gründungskonzept<br />

Darum geht es beim Entrepreneurship<br />

Summit <strong>2017</strong> der Stiftung Entrepreneurship.<br />

Unter dem Motto „Citizen Entrepreneurship“<br />

halten die Keynotes unter<br />

anderem Ernst Ulrich von Weizsäcker,<br />

Gregor Gysi, Thomas Sattelberger und<br />

Günter Faltin. Tickets gibt es ab 75 Euro.<br />

www.entrepreneurship-summit.de<br />

14. November <strong>2017</strong>, Berlin<br />

Wirtschaft.Kultur.Preis <strong>2017</strong><br />

Deutschlands Organisationen schaffen<br />

Kultur<br />

Die Initiative Wirtschaft.Kultur.Preis <strong>2017</strong><br />

gibt der gelebten Organisationskultur erstmals<br />

deutschlandweit eine Bühne. Immaterielle<br />

Werte werden über Befragungen<br />

greif- und nach außen kommunizierbar!<br />

Interesse, sich messen, benchmarken und<br />

auszeichnen zu lassen? Anmeldeschluss:<br />

31.08.<strong>2017</strong><br />

www.wirtschaft-kultur-preis.com<br />

7. und 8. Dezember, Düsseldorf<br />

10. Deutscher <strong>Nachhaltig</strong>keitstag<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit <strong>2017</strong>: Anders denken.<br />

Neu verknüpfen. Kraftvoll umsetzen.<br />

Mit rund 2.000 Teilnehmern ist der Deutsche<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitstag der meistbesuchte<br />

nationale Kongress zur <strong>Nachhaltig</strong>keit. Er<br />

richtet sich an CEOs und <strong>Nachhaltig</strong>keitsexperten<br />

aus Unternehmen und Verwaltung<br />

sowie an Gäste aus Zivilgesellschaft,<br />

Politik, Forschung und Medien. An den<br />

Abenden werden der Next Economy<br />

Award (7.12.) und der Deutsche <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis<br />

(8.12.) vergeben.<br />

www.nachhaltigkeitspreis.de<br />

Österreich und Schweiz<br />

Österreich<br />

16. August bis 1. September <strong>2017</strong>,<br />

Alpbach<br />

Europäisches Forum Alpbach<br />

Demokratie, künstliche Intelligenz und<br />

soziale Innovationen<br />

Vom 16. August bis 1. September <strong>2017</strong><br />

werden hunderte Menschen aus Wissenschaft,<br />

Politik, Wirtschaft, Kultur und<br />

Zivilgesellschaft beim Europäischen Forum<br />

Alpbach das Spannungsfeld zwischen<br />

„Konflikt & Kooperation“ beleuchten. Das<br />

internationale Symposium widmet seine<br />

Schwerpunkte der Stärkung von Demokratie<br />

und Wissenschaft, dem Vorstoß der<br />

künstlichen Intelligenz sowie sozialen und<br />

ökologischen Innovationen.<br />

www.alpbach.org<br />

7. bis 11. September <strong>2017</strong>, Linz<br />

ARS ELECTRONICA<br />

Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft<br />

Von 7. bis 11.9. <strong>2017</strong> wird Linz zum Schauplatz<br />

einer spannenden und umfassenden<br />

Auseinandersetzung mit der Realität und<br />

der Vision von Artificial Intelligence. In<br />

Symposien, Ausstellungen, Performances,<br />

Workshops und künstlerischen Interventionen<br />

werden insbesondere ihre kulturelle,<br />

psychologische, philosophische und spirituelle<br />

Dimension bearbeitet.<br />

www.aec.at/ai/de/<br />

Schweiz<br />

20. und 21. September <strong>2017</strong>, Bern<br />

11. Swiss Energy und Climate<br />

Summit <strong>2017</strong><br />

BOOST – Energiezukunft als Chance<br />

Wenn alle Akteure gemeinsam die nächsten<br />

Schritte einleiten und bereit sind,<br />

Neues zu wagen, steht einer erfolgsversprechenden<br />

Energiezukunft nichts mehr<br />

im Wege. Es gilt nun, die sich bietenden<br />

Chancen zu nutzen und den Übergang<br />

zu einer neuartigen, nachhaltigen Energiewelt<br />

aktiv voranzutreiben – und<br />

zwar jetzt.<br />

www.oebu.ch<br />

114 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


EVENTS IN DER VORSCHAU | SERVICE<br />

Naturkosmetik Branchenkongress <strong>2017</strong><br />

Im September feiert der Naturkosmetik Branchenkongress sein zehnjähriges Jubiläum. <strong>forum</strong><br />

fragte die Veranstalter Elfriede Dambacher und Wolf Lüdge vom naturkosmetik verlag nach<br />

Herausforderungen und Chancen der Branche.<br />

Wo steht die Naturkosmetikbranche heute und in Zukunft?<br />

Lüdge: Vor zehn Jahren war die Branche noch in der Bio-Bewegung und dem<br />

Bio-Fachhandel eingebettet. Die Nachfrage nach Naturkosmetik ist seitdem<br />

aufgrund eines neuen Werteverständnisses gewachsen, denn Alternativen zu<br />

mineralölbasierter Kosmetik sind gefragt. Durch die Digitalisierung können sich<br />

auch kleine Labels präsentieren, starke Handelsmarken besetzen den Preiseinstieg.<br />

Naturkosmetik ist heute ein selbstverständlicher Bestandteil eines jeden Kosmetikangebots.<br />

Ich glaube, dass in den nächsten 10 Jahren die Marktdurchdringung<br />

mit Naturkosmetik weiter voranschreiten wird.<br />

Wird Naturkosmetik also weiterhin wachsen?<br />

Dambacher: Naturkosmetik wird ein vitaler Bestandteil des Kosmetikmarktes<br />

bleiben und weiter wachsen. Der gesamte Kosmetikmarkt wird grüner und damit<br />

erhöhen sich die Anforderungen an die Naturkosmetikmarken. Wie viel Einfluss<br />

zertifizierte Naturkosmetik weltweit haben wird, hängt davon ab, ob die jetzigen<br />

Marktteilnehmer auch wieder mehr Branchenthemen aufgreifen und vorantreiben,<br />

unabhängig von den einzelnen Zertifizierungsansätzen.<br />

Veränderte Werte führen zu verändertem Kundenverhalten. Greift die Branche das auf?<br />

Dambacher: Ja und nein. Die Zahlen zeigen deutlich, wie unterschiedlich Marken wachsen können. Viele gewinnen, manche<br />

etablierte Marken wachsen aber weit unterproportional zum Markt. Viele Marken verharrten zu sehr in ihren gewohnten Marketingkonzepten<br />

und haben meiner Meinung nach die Nähe zum Markt verloren. Das zeigt sich deutlich bei den Innovationen.<br />

Wegweisende Innovationen, die den veränderten Bedarf an modernen, ethisch und ökologisch korrekten Produkten aufgreifen,<br />

kommen eher von Newcomern und Quereinsteigern statt von etablierten Marken.<br />

Wie erleben Sie den internationalen Markt?<br />

Lüdge: Weltweit spielt die Abgrenzung zwischen zertifizierter Naturkosmetik, Naturkosmetik ohne Siegel und naturnaher Kosmetik<br />

keine so große Rolle wie im deutschsprachigen Raum. Die Ansätze, was als Naturkosmetik verstanden wird, sind viel breiter.<br />

Für die an Naturkosmetik interessierten Verbraucher ist es nicht einfach, den Grad an Natürlichkeit zu bestimmen, weil auch die<br />

verschiedenen Siegel zu unbekannt sind. Deshalb wächst der Naturkosmetikmarkt vor allem mit attraktiven Marken ohne Siegel<br />

und im naturnahen Segment.<br />

Der Markt steht vor großen Herausforderungen. Welche Impulse und Lösungsansätze bietet der 10. Naturkosmetik Branchenkongress?<br />

Lüdge: Ein großes Thema ist eine effektive Markenführung im zunehmenden Wettbewerb und welche Herausforderungen die sich<br />

verändernde Customer Journey für den Handel darstellt. Kunden entwickeln sich in ihren Bedürfnissen, junge Kundengruppen<br />

werden erschlossen.<br />

Foto: © naturkosmetik verlag<br />

Was bedeutet das für Kunden-Dialog und die Vermarktungsmodelle der Zukunft?<br />

Dambacher: Neben diesen Marktthemen gehen wir mit weiteren Beiträgen auf die Gestaltung der Produktionskette ein. Wie<br />

können dauerhaft Rohstoffe sichergestellt werden und welche Auswirkungen haben Primär- und Sekundärverpackungen für die<br />

Kundenkommunikation und die Umwelt.<br />

Herr Lüdge, Frau Dambacher, wir danken für das Gespräch und wünschen viel Erfolg mit dem Naturkosmetik Branchenkongress<br />

<strong>2017</strong>.<br />

www.naturkosmetik-branchenkongress.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

115


SERVICE | B.A.U.M.-PREISVERLEIHUNG <strong>2017</strong><br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsengagement mit Vorbildfunktion<br />

"Es ist mir eine Freude, heute auf dieser Preisverleihung zu sprechen und den Preisträgern persönlich zu gratulieren. Auszeichnungen<br />

wie die von B.A.U.M. sind wichtig, um außerordentliches Engagement im Bereich <strong>Nachhaltig</strong>keit zu honorieren,<br />

den Akteuren den Rücken zu stärken und andere durch diese Vorbilder zu motivieren", so Dr. Thomas Holzmann, Vizepräsident<br />

des Umweltbundesamts, der den Festvortrag zur Verleihung des B.A.U.M.-Umweltpreises und des Internationalen<br />

B.A.U.M.-Sonderpreises <strong>2017</strong> hielt.<br />

B.A.U.M. freut sich über die beeindruckenden Preisträgerinnen und Preisträger und gratuliert herzlich.<br />

Internationaler B.A.U.M.-Sonderpreis<br />

Prinzessin Laurentien der Niederlande, Geschäftsführerin<br />

Missing Chapter Foundation<br />

Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Laurentien der Niederlande zielt mit ihrem Engagement für eine<br />

Gesellschaft mit mehr Teilhabe, Mit- und Selbst bestimmung auf einen wichtigen Aspekt sozialer<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit. Die von ihr gegründete Stiftung Missing Chapter Foun dation ermöglicht u. a. durch<br />

die gemeinsam mit UNICEF etablierten Kinderräte Unternehmen und anderen Organisationen neue<br />

Einsichten und fördert soziale Innovation.<br />

Christine von Weizsäcker, Präsidentin<br />

Ecoropa<br />

Christine von Weizsäcker setzt sich seit Jahren sowohl wissenschaftlich als auch publizistisch-politisch<br />

für eine nachhaltige Landwirtschaft weltweit ein. Sie arbeitet gemeinsam mit Bauern, Bürgerinitiativen<br />

und Naturschutzverbänden auf vielen Kontinenten für den Erhalt der biologischen Vielfalt und gegen<br />

die gentechnische Manipulation von Pflanzen, Tieren und Lebensmitteln.<br />

B.A.U.M.-Umweltpreis, Kategorie: Großunternehmen<br />

Martin Risse, Vorstandsmitglied<br />

Stephan Bongwald, <strong>Nachhaltig</strong>keitsbeauftragter<br />

Barmenia Versicherungen<br />

Martin Risse und Stephan Bongwald zeigen gemeinsam mit der gesamten Barmenia-Mannschaft, wie<br />

Umwelt- und <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement in einem Versicherungsunternehmen konsequent umgesetzt<br />

werden kann – nicht nur bei den Gebäuden und in der Verwaltung, sondern auch bei Produkten,<br />

Kapital anlagen und Mitarbeitern.<br />

B.A.U.M.-Umweltpreis, Kategorie: Kleine und mittelständische Unternehmen<br />

Dr. Rolf Hollander, Vorstandsvorsitzender der Neumüller CEWE COLOR Stiftung<br />

CEWE Stiftung & Co.KGaA<br />

Dr. Rolf Hollander nimmt den Preis stellvertretend für das Gesamtunternehmen CEWE entgegen. CEWE<br />

kümmert sich um alle Bereiche der <strong>Nachhaltig</strong>keit; ökologische Themen bilden dabei einen besonderen<br />

Schwerpunkt.<br />

116<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


B.A.U.M.-PREISVERLEIHUNG <strong>2017</strong> | SERVICE<br />

Gianni, Antonio und Bandino Lo Franco, Teilhaber und Verwalter<br />

Fattoria La Vialla<br />

Dank eines koordinierten Systems zur Implementierung von biologisch-dynamischer Landwirtschaft,<br />

Produktion, Verarbeitung und Verkauf ist es der Fattoria La Vialla gelungen, ein nachhaltiges Wachstum<br />

zu erzielen und Vorbildcharakter in der Bio-Branche zu erlangen.<br />

Stefan Voelkel, Geschäftsführer<br />

Voelkel GmbH<br />

Stefan Voelkel zeigt beispielhaft, wie sich in einem Familienunternehmen der ganzheitliche Ansatz der<br />

Gründer beibehalten, an die Anforderungen der heutigen Zeit anpassen und für die Zukunft sichern<br />

lässt: <strong>Nachhaltig</strong>keit im ureigensten Sinne des Wortes.<br />

B.A.U.M.-Umweltpreis, Kategorie: Institutionen<br />

Arne Dunker, Geschäftsführender Gesellschafter<br />

Klimahaus® Bremerhaven 8° Ost<br />

Mit dem Klimahaus® Bremerhaven und der Deutschen KlimaStiftung gelingt es Arne Dunker, Menschen<br />

über emotionale Erlebnisse für den Klimawandel zu sensibilisieren. Damit hat sich das von Bob Geldof<br />

geprägte Bild bestätigt, dass das Klimahaus® ein „Liebesbrief an unseren Planeten“ ist.<br />

B.A.U.M.-Umweltpreis, Kategorie: Wissenschaft<br />

Prof. Dr. Alexander Bassen, Professor für Betriebswirtschaftslehre<br />

Universität Hamburg<br />

Prof. Dr. Alexander Bassen lenkt durch seine Forschungs- und Beratungstätigkeit den Blick konsequent<br />

auf die Rolle von Investoren bei einer nachhaltigen Ausrichtung einzelner Unternehmen sowie des<br />

Wirtschaftssystems insgesamt.<br />

B.A.U.M.-Umweltpreis, Kategorie: Medien<br />

Susanne Bergius, selbstständige Journalistin und Moderatorin<br />

Es ist Aufgabe von Journalisten, Zusammenhänge aufzuzeigen und Verdecktes sichtbar zu machen.<br />

Susanne Bergius befasst sich seit über 30 Jahren mit den Wechselwirkungen von Ökonomie, Ökologie<br />

und Sozialem. Dabei analysiert sie Hintergründe und Auswirkungen nicht-nachhaltigen <strong>Wirtschaften</strong>s,<br />

sie schildert Alternativen, benennt Hürden und Zielkonflikte sowie Lösungen von Anlegern und Unternehmen,<br />

um diese zu überwinden.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

117


SERVICE | B.A.U.M. INFORMIERT<br />

Nachrichten<br />

B.A.U.M. zu Gast in der Commerzbank-Arena<br />

Alle Hebel in Bewegung<br />

Foto: © Rainer Kant/B.A.U.M.<br />

#Erfolgsfaktor<strong>Nachhaltig</strong>keit lautete das Motto der diesjährigen<br />

B.A.U.M.-Jahrestagung am 17./18. Mai in Frankfurt. Neben<br />

thematischen Foren und Podiumsdiskussionen war viel Raum<br />

zum Netzwerken. Im Rahmen der Jahrestagung wurden auch<br />

der B.A.U.M.-Umweltpreis und der Internationale B.A.U.M.-<br />

Sonderpreis verliehen.<br />

B.A.U.M. dankt allen Partnern der Jahrestagung und Preisverleihung<br />

<strong>2017</strong>.<br />

Gastgeber<br />

Den G20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg nahm<br />

B.A.U.M. zum Anlass, Chancen, Möglichkeiten<br />

und Erfolge nachhaltigen <strong>Wirtschaften</strong>s in der<br />

Öffentlichkeit darzustellen. Damit soll ein Diskussionsprozess<br />

jenseits reiner Globalisierungskritik angestoßen<br />

werden. Statements und Informationen finden Sie auf<br />

alle-hebel-in-bewegung.de.<br />

BMUB und BMVI starten gemeinsame Initiative „mobil gewinnt“<br />

Ziel der Initiative ist, das betriebliche<br />

Mobilitätsmanagement in Deutschland<br />

zu stärken und damit einen Beitrag zu<br />

einem modernen und nachhaltigen Verkehrssystem zu leisten.<br />

Das Projekt umfasst einen bundesweiten Ideenwettbewerb<br />

und kostenlose Erstberatungen für Unternehmen. Es wird<br />

durchgeführt von ACE, B.A.U.M. e.V. und B.A.U.M. Consult in<br />

Zusammenarbeit mit DEPOMM. Wettbewerbsbeiträge können<br />

bis zum 15.10.<strong>2017</strong> eingereicht werden (Bewerbungsunterlagen<br />

auf mobil-gewinnt.de). Die Preisverleihung erfolgt am 13.12. im<br />

Rahmen einer Fachtagung in Berlin.<br />

Co-Partner<br />

Unterstützer<br />

Sachsponsoren<br />

Veranstaltungsvorschau<br />

Unternehmertreff „Wirtschaft pro Klima“<br />

(14.9.<strong>2017</strong>, 13:30 - 20:00 Uhr, Klimahaus® Bremerhaven 8° Ost,<br />

Am Längengrad 8, 27568 Bremerhaven)<br />

Die Plattform „Wirtschaft pro Klima“ von B.A.U.M. bringt klimaengagierte<br />

Unternehmen zusammen. Gemeinsam mit dem<br />

Klimahaus und der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung<br />

und Stadtentwicklung (BIS) lädt B.A.U.M. zum<br />

Unternehmertreff ein.<br />

www.tischlerei-kuck.de<br />

Besuchen Sie uns auch im Internet! Unter www.baumev.de<br />

finden Sie aktuelle Nachrichten und Veranstaltungshinweise.<br />

Medienpartner<br />

Kooperationspartner<br />

Die Veranstaltung ist klimaneutral durch<br />

Umwelt<strong>forum</strong><br />

Rhein-Main e.V.<br />

Partner im Netzwerk<br />

Als neue Mitglieder des Förderkreises von B.A.U.M. e. V.* begrüßen<br />

wir:<br />

25ways GmbH, Hamburg | Aquanto GmbH,<br />

Unterföhring | First Climate Markets AG,<br />

Bad Vilbel | JJ Sustainability Consultancy,<br />

München | Johannesbad Holding AG & Co. KG, Bad Füssing |<br />

KAISER+KRAFT EUROPA GmbH, Stuttgart | KlimAktiv Consulting<br />

GmbH, Tübingen | Öko-Institut e.V., Freiburg | Westdeutsche<br />

Lotterie GmbH & Co. OHG, Münster<br />

* Stand zum Redaktionsschluss am 15.06.<strong>2017</strong><br />

118 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


MARKTPLATZ | SERVICE<br />

Forum präsentiert: Organisationen und Dienstleister für ein erfolgreiches CSR-Engagement<br />

Green Office & Produktion<br />

e+m Holzprodukte GmbH & Co. KG<br />

Regensburger Straße 95<br />

D - 92318 Neumarkt<br />

Tel.: +49 (0)9181 / 29 75 75<br />

info@em-holzprodukte.de<br />

www.em-holzprodukte.de<br />

e+m Holzprodukte produziert feine Schreibgeräte und ökologische<br />

Werbe- und Kundengeschenke aus heimischen und FSC®-zertifizierten<br />

Hölzern, Personalisierung durch Druck oder Lasergravur möglich.<br />

eco-INSTITUT Germany GmbH<br />

Schanzenstraße 6-20<br />

Carlswerk Kupferzug 5.2<br />

D - 51063 Köln<br />

Tel.: +49 (0)221 / 931 245 0<br />

info@eco-institut.de<br />

www.eco-institut.de<br />

Seit 30 Jahren führender Anbieter für Emissions- und Schadstoffmessungen<br />

nach nationalen und internationalen Vorgaben; seit<br />

20 Jahren zertifiziert das eco-INSTITUT besonders wohngesunde<br />

Produkte für den Innenraum und zeichnet diese seit 2007 mit dem<br />

international anerkannten eco-INSTITUT-Label aus.<br />

Siemer Verpackung GmbH<br />

In der Beschen 8<br />

D - 30952 Ronnenberg<br />

Tel.: +49 (0)511 / 65 55 91-0<br />

info@siemer-verpackung.de<br />

www.jungeschachteln.de<br />

Siemer Verpackung produziert seit über 110 Jahren ökologische und<br />

ökonomische Verpackungen für Premiumprodukte der Konsumgüterindustrie:<br />

zum Beispiel Faltschachteln für die Kosmetikbranche,<br />

hochwertige Mailings, Displays oder nie dagewesene Sonderkonstruktionen.<br />

Besuchen Sie unsere Internetseite. – Wir freuen uns auf Sie!<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsagenturen und Beratung / CSR<br />

Scholz & Friends Reputation<br />

Litfaß-Platz 1<br />

D - 10178 Berlin<br />

Tel.: +49 (0)30 / 70 01 86 - 840<br />

reputation@s-f.com<br />

www.s-f.com/reputation/<br />

Wir unterstützen Unternehmen dabei, <strong>Nachhaltig</strong>keit und Verantwortung<br />

in die Geschäftstätigkeit zu integrieren und diese<br />

Leistungen glaubwürdig zu kommunizieren. Dies umfasst Strategieentwicklung,<br />

Reporting, <strong>Nachhaltig</strong>keitsmarketing, Stakeholder-<br />

und Lieferkettenmanagement.<br />

www.congressalpbach.com<br />

Green Meeting<br />

ANZEIGEN<br />

<strong>Nachhaltig</strong> tagen im Bergdorf<br />

Zertifizierungen<br />

triple innova GmbH<br />

Hofaue 21<br />

D - 421<strong>03</strong> Wuppertal<br />

Tel.: +49 (0)202 / 42 99 52 0<br />

info@triple-innova.de<br />

www.triple-innova.de<br />

Wir machen Sie fit und lotsen Sie sicher durch: Wesentlichkeit<br />

(„Materiality“), d. h. Fokus auf Ihre wichtigsten Themen / Deutscher<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitskodex (DNK) / Global Reporting Initiative (GRI), z. B.<br />

persönliches GRI-Zertifikat zum aktuellen GRI-Standard. Unser Plus:<br />

Expertise und echte Praxis in unterschiedlichen Branchen.<br />

DQS GmbH -<br />

Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung<br />

von Managementsystemen<br />

August-Schanz-Straße 21<br />

D - 60433 Frankfurt am Main<br />

Tel.: +49 (0)69 / 95 427 0<br />

info@dqs.de<br />

www.dqs.de<br />

Globaler Partner für Audits und Zertifizierungen von Managementsystemen<br />

und Prozessen in Qualität, Umwelt- und Arbeitsschutz,<br />

Energiemanagement und rund 100 weiteren Standards. Mit rund<br />

200 Mitarbeitern und 800 externen Auditoren ist die DQS GmbH<br />

größtes Tochterunternehmen der weltweiten DQS Gruppe.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

119


SERVICE | TAGEN UND TOURISMUS<br />

© Familienparadies Sporthotel Achensee<br />

Herbst am Achensee: Alles, was Kindern und Eltern Berge gibt<br />

Für Kenner ist der Herbst die beste Zeit zum Wandern am Achensee. Und der<br />

„Place to be“ für Eltern kleiner Kinder ist in diesem Fall das Familienparadies<br />

Sporthotel Achensee mit täglich zwölf Stunden Kinderbetreuung. Damit<br />

können Groß und Klein auch einmal getrennte Wege gehen.<br />

Die tief stehende Sonne über dem Achensee, der sich wie ein Fjord zwischen<br />

Rofan und Karwendel schiebt. Die Gipfel zum Greifen nah und über allem ein<br />

Himmel in sattestem Blau: Diese Szenerie tut sich auf, wenn man an einem<br />

schönen Herbst morgen im Familienparadies Sporthotel Achensee **** aus<br />

seinem Zimmer blickt. Vor der Haustür liegt der Naturschutzpark Karwendel,<br />

Tirols größtes Schutzgebiet mit 100 Almen, markanten Kalkgipfeln und zahlreichen<br />

botanischen Raritäten. Oder soll es heute eine fünfstündige Seerunde<br />

um Tirols größten See werden, mit Zwischenstation auf der malerischen<br />

Gaisalm am Westufer – oder einem Abkürzer per AchenseeSchifffahrt und<br />

einem Leihrad aus dem Hotel. Oder wie wäre es mit der geführten Wanderung,<br />

die vom Hotel auf die Beine gestellt wird? Sollten diese Aussichten<br />

nur den Eltern Berge geben, können die Kids locker ihren Tag im und um das<br />

Hotel verbringen. Täglich zwölf Stunden Kinderbetreuung im 700 m 2 großen<br />

Indoor-Abenteuerspielplatz geben den Eltern diesen Freiraum. Außerdem<br />

haben die Kinder ja ihr eigene To-do-Liste: Eine Schnupperreitstunde auf<br />

einem der gutmütigen Haflinger aus dem Reitstall und eine Golfeinheit stehen ja noch auf dem Programm. In der hoteleigenen<br />

Seealm am „kleinen Achensee“ kann dann zwischen Eltern und Kindern „nachbesprochen“ werden, was der Tag gebracht hat<br />

– oder im 1.500 m 2 großen SPA mit Pools und Saunen und einem eigenen Kinder-Wellnessprogramm.<br />

www.sporthotel-achensee.com<br />

© BERGERGUT<br />

„Wo die Liebe den Tisch deckt, schmeckt das Essen am besten“<br />

Im BERGERGUT dreht sich alles um die Liebe. Fernab von Kindern,<br />

Alltags stress und Beruf finden Paare in dem Boutiquehotel Zeit für sich.<br />

Fantasievolle Themensuiten, umfassende Coaching-Angebote, liebevolle<br />

Wellnessmöglichkeiten und perfekter Service garantieren Frühlingsgefühle<br />

das ganze Jahr. Für Verliebte, die Wert auf gute Kulinarik legen,<br />

gibt es tolle Neuigkeiten: Ab sofort punktet das BERGERGUT, ausgezeichnet<br />

mit zwei Hauben von Gault Millau, noch mehr bei verliebten<br />

Feinschmeckern. Im CULINARIAT by BERGERGUT verwöhnt Küchenchef<br />

Thomas Hofer, „eine der größten Hoffnungen der heimischen Koch-<br />

Szene“, die Gourmets mit Spitzenküche. Das CULINARIAT hat er zu einem<br />

einmaligen GenussAtelier gemacht, das große Anerkennung findet. Im<br />

urigen Weinkeller des BERGERGUT lagern die besten Tropfen des Landes.<br />

Oder es darf einmal ein gutes Glas Bier sein? Auch in der nagelneuen<br />

Abendbar spielt die Biervielfalt, begleitet von chilligen Sounds, eine<br />

bedeutende Rolle. Die kulinarische Bierreise – empfohlen vom diplomierten<br />

Biersommelier Tamas – begleitet regionale Schmankerl aus der<br />

BERGERGUT Haubenküche.<br />

Als i-Tüpfelchen wartet eine romantische Wanderung auf die hoteleigene<br />

ALM inklusive zünftiger „Bierjause for 2“. In dem oberösterreichischen<br />

Kuschelhotel finden Verliebte Zeit und Raum, ihre Liebe zu entfalten. In einem großen kulinarischen Wohnzimmer steht jedem<br />

Pärchen vom Check-in bis zur Abreise sein gemütlicher Privatbereich zur Verfügung. Wellness wird im BERGERGUT bei verführerischen<br />

Angeboten zur LOVENESS. Der Romantikpark lädt zum Lustwandeln ein. Schwimmen und Planschen im Außenpool, ein<br />

Drink in der Outdoor-Lounge oder auf der Terrasse, Kuscheln, Schlemmen, sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen – so<br />

schön kann der Sommer zu zweit sein.<br />

www.romantik.at<br />

120 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


TAGEN UND TOURISMUS | SERVICE<br />

Weniger ist oft viel mehr<br />

© Ortners Eschenhof<br />

Tempo raus nehmen, einen Gang zurückschalten – das wird in der heutigen Zeit immer<br />

wichtiger und leider auch schwieriger. In Österreichs sonnigem Süden, in Bad Kleinkirchheim,<br />

nimmt sich die Gastgeberfamilie Ortner in ihrem Ortners Eschenhof****<br />

genau diesem Thema an. Sie hat das Konzept der Alpinen Slowness entwickelt und holt<br />

ihre Gäste aus der „Tretmühle“ des Alltags heraus. Durchdachte Programme für Körper,<br />

Geist und Seele und viel Natur im Biosphärenpark Nockberge verhelfen zu gefühlter<br />

Langsamkeit und ganzheitlicher Entspannung. Dies wird auch in der Küche von Ortners<br />

Eschenhof gelebt. Höchste Ansprüche stellt das Küchenteam an die Qualität der<br />

Produkte – Regionalität, Saisonalität, Frische und Bio werden groß geschrieben. Mehr<br />

als verdient ist somit die Auszeichnung mit der Grünen Haube.<br />

www.eschenhof.at<br />

© MarcusMeyer, Klimahaus<br />

Vom Bergfest bis zur Beachparty – Im Klimahaus Bremerhaven 8° Ost einzigartige Events feiern<br />

Wer mit Freunden oder Kollegen eine Beachparty in der Südsee oder ein<br />

Bergfest in der Schweiz feiern möchte, braucht keine lange Reise anzutreten.<br />

Die einzigartigen Kulissen der Ausstellung im Klimahaus Bremerhaven 8° Ost<br />

bieten den idealen Rahmen für Veranstaltungen jeder Art. Die Kombination<br />

aus klassischen Tagungsformaten und Rahmenprogramm in der Ausstellung<br />

macht den besonderen Reiz des einzigartigen Klimahauses aus. Den perfekten<br />

Ausklang nach einem ereignisreichen Tag bietet beispielsweise das Bergfest in<br />

der „Schweiz“, wo im Schatten eines Felsmassivs gefeiert wird oder die Strandparty<br />

auf „Samoa“: Bei 30 Grad Celsius kommt am feinkörnigen Sandstrand<br />

mit Blick auf die „Lagune“ garantiert Urlaubsstimmung auf.<br />

In der neuen Eventküche können sich kleinere Gruppen kulinarischen Genüssen<br />

widmen. Ob klimafreundliche Ernährung oder Kochduell – an den<br />

modern ausgestatteten Kochinseln ist alles möglich. Außerdem verfügt das Klimahaus über eine eigene Gastronomie, die einen<br />

individuellen Catering-Service anbietet.<br />

Unternehmen nutzen besonders gerne die „Wissens- und Erlebniswelt“ für Tagungen, Seminare und Workshops. Die Veranstaltungsräume<br />

bieten zahlreiche Optionen und sind mit der entsprechenden Veranstaltungstechnik ausgestattet.<br />

Das Klimahaus steht ganzjährig für Veranstaltungen zur Verfügung und bietet den Kunden die Entwicklung kompletter Veranstaltungskonzepte<br />

an. Beratung unter Tel. +49 (0)471 / 90 20 30 - 0<br />

www.klimahaus-bremerhaven.de/events<br />

Neu renovierte Tagungsräume mit Vollholzparkett<br />

Professionelle Ausstattung und Tagungstechnik<br />

Kreativitäts- und konzentrationsfördernde ruhige Lage inmitten der Natur<br />

Zugang zum privaten Seegrundstück<br />

100 % Bio-Küche aus teils eigenem Anbau<br />

Mieten Sie lichtdurchflutete Tagungsräume oder tagen Sie im Schloßpark<br />

Umfangreiches Rahmenprogramm und Wellnessangebote<br />

Tagen an einem<br />

„magischen“ www.<strong>forum</strong>-csr.net Ort<br />

Inspiration<br />

Liegt in<br />

Unserer<br />

Natur!<br />

121


SERVICE | VORSCHAU & IMPRESSUM<br />

Foto: © www.geht-auch-anders.de<br />

Foto: © Charlón Verde, flickr<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

während Sie in <strong>forum</strong> schmökern, bewegen wir uns schon in voller Fahrt auf das<br />

nächste Heft zu, denn in der kommenden Ausgabe dreht sich alles um das Thema (E-)<br />

Mobilität: Wir beleuchten Fortschritt und Trends bei E-Fahrzeugen, zeigen Konzepte zum<br />

Corporate Ridesharing und widmen uns der verkehrsbedingten Gesundheitsbelastung<br />

in Städten. Wir steigen mit Ihnen auf den Sattel und enthüllen die Geheimnisse der 20<br />

fahrradfreundlichsten Städte weltweit und präsentieren die Prognosen der wichtigsten<br />

Thinktanks für Gesellschaftsmodelle jenseits der Autobahnen.<br />

Schaffen wir die Energiewende?<br />

Bleiben die großen Energieversorger<br />

dabei auf der Strecke?<br />

Bleibt es beim Atom- und Kohleausstieg?<br />

Wir beleuchten die<br />

Wende vom Divestment bis<br />

zum neuen Mieterstromgesetz<br />

und zeigen: Der Mittelstand<br />

kann zum Motor der Energiewende<br />

werden!<br />

Warum tun wir nichts, obwohl wir alles wissen?<br />

Wir fragen die Umweltpsychologie: Wo liegt der „Missing Link“ vom Wissen zum Handeln<br />

– wieso wird im Alltag so wenig für eine grüne Zukunft getan, wo doch überall<br />

von <strong>Nachhaltig</strong>keit gesprochen wird? Gehen Sie mit uns auf die Suche nach Ursachen<br />

und Lösungen.<br />

Up in smoke – oder: Don’t<br />

bogart that joint my friend.<br />

Viel mehr als blauer Dunst<br />

steckt im Alleskönner Hanf. Wir<br />

zeigen die wirtschaftlichen und<br />

ökologischen Chancen jenseits<br />

der Nutzung als Droge und nennen<br />

Start-ups, in die Sie schon<br />

jetzt investieren sollten.<br />

Und noch ein „Geschäft“, über<br />

das wenig gesprochen wird: menschliche Ausscheidungen. Auch hier schlummern<br />

Potenziale und Profit von der Phosphatgewinnung bis hin zu Komposttoiletten.<br />

Außerdem führen wir das Thema <strong>Tierische</strong> <strong>Geschäfte</strong> weiter. Nachdem wir uns in<br />

dieser Ausgabe den Wild-Tieren gewidmet haben, betrachten wir im nächsten Heft<br />

die industrielle Nutzung der Tiere, die unsere Ernährung sichern.<br />

Dies und vieles mehr finden Sie in der kommenden Ausgabe von <strong>forum</strong>. Am besten<br />

gleich heute bestellen.<br />

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besonders freuen wir uns über einen dauerhaften Bezug unseres<br />

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Impressum<br />

Herausgeber: ALTOP Verlag GmbH in Kooperation<br />

mit B.A.U.M. e.V.<br />

Redaktion: Fritz Lietsch, Edda Langenmayr,<br />

Bernward Geier, Dr. Maiken Winter, Dorothee<br />

Wimmer, Sebastian Henkes.<br />

Telefon +49 (0)89 / 74 66 11 - 0<br />

redaktion@<strong>forum</strong>-csr.net; www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

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www.altop.de<br />

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München; Handelsregister Nr. 749 25<br />

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Layout und Satz: dtp/layout; www.dtp-layout.de<br />

Preis: 7,50 Euro<br />

Erscheinungsweise: vierteljährlich<br />

ISSN 1865-4266<br />

Printed in Germany <strong>2017</strong><br />

Für die redaktionellen Beiträge von Unternehmen<br />

sowie die Best Practice-Beispiele sind die Unternehmen<br />

selbst verantwortlich. Namentliche oder<br />

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unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die<br />

durch die Herstellung des Magazins verursachten<br />

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kompensiert. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

nur mit Genehmigung des Verlages unter Angabe<br />

der Bezugsanschrift gestattet. Aus Gründen der<br />

besseren Lesbarkeit wurde in der Regel die männliche<br />

Schreibweise verwendet. Wir weisen an dieser<br />

Stelle ausdrücklich darauf hin, dass sowohl die<br />

männliche als auch die weibliche Schreibweise für<br />

die entsprechenden Beiträge gemeint ist.<br />

Kuratorium<br />

Energie Prof. Dr. Claudia Kemfert, DIW; Dr. Axel<br />

Berg, EUROSOLAR Ethischer Konsum Michael<br />

Kuhndt, CSCP Gesellschaft & Zukunft Prof. Dr.<br />

Rolf Kreibich, Institut für Zukunftsstudien und<br />

Technologiebewertung; Stefanie Wahl, Denkwerk<br />

Zukunft Globalisierung & Entwicklung Prof. Dr. Dr.<br />

Franz Josef Radermacher, Universität Ulm; Barbara<br />

Unmüßig, Heinrich-Böll-Stiftung Green Money<br />

Rolf D. Häßler, oekom research AG; Volker Weber,<br />

Forum <strong>Nachhaltig</strong>e Geldanlagen Landwirtschaft<br />

& Ernährung Bernward Geier, COLABORA Medien<br />

Prof. Dr. Torsten Schäfer, Hochschule Darmstadt<br />

Psychologie Prof. Dr. Lenelis Kruse, Universität Heidelberg<br />

Social Business Peter Spiegel, GENISIS Umwelt-<br />

& Ressourcenschutz Prof. Maximilian Gege,<br />

B.A.U.M. Klima & Ozeane Mojib Latif, Geomar<br />

Herzlichen Dank,<br />

Ihre <strong>forum</strong> Redaktion<br />

CO 2<br />

neutral gedruckt mit dem Projekt www.grünesklima.de – ein Produkt der Miller Forest Investment AG. Dauerhafte und ökologisch wertvolle Bindung von Kohlendioxid<br />

durch Mischwaldaufforstung in Südamerika. Inhalt gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk, hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel.<br />

Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH. Umschlag gedruckt auf Satimat Green, hergestellt aus 60prozentigem Anteil an Recyclingfasern sowie 40 Prozent<br />

FSC®zertifizierten Fasern. Ein Produkt der Arjowiggins Graphic.<br />

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Berlin 13./14. Okt. 17<br />

Stuttgart 23./24. Feb. 18<br />

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