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forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2014: Smarte Produkte

Schwerpunktthema: Produktverantwortung Autoreifen aus Löwenzahn, Fahrräder aus Bambus, Kaffeemaschinen aus alten CDs?! Was nach Alice im Wunderland klingt, ist fantastisch und doch Realität. forum nimmt Sie mit in die Welt smarter Produkte. Sie entstehen in den Köpfen von Eco-Designern, die den gesamten Lebenszyklus von Konsumgütern nachhaltig denken und gestalten, so dass kein Müll entsteht. Aus alten Skateboards werden dann Ohrringe und aus Teppichen Straßen. Außerdem haben wir uns und anderen Medienmachern wie ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo die Gretchenfrage gestellt: Dürfen Journalisten gleichzeitig Aktivisten sein? Dürfen Sie sich in Zeiten ungebremsten Klimawandels mit Nachhaltigkeit gemein machen? Darüber diskutieren auch forum-Herausgeber Fritz Lietsch und der ehemalige Leiter der Deutschen Journalistenschule, Ulrich Brenner. Wir wünschen eine spannende Lektüre! Außerdem in Forum: Schon kaputt? Todesursache: geplanter Verschleiß Neue Finanzierungsformen für Journalismus Crowdfunding, Genossenschaft und Stiftung auf dem Prüfstand Naturkapital Warum Firmen wie Coca-Cola der Umwelt einen Preis geben Innovationsschmieden In Futurelabs heben Kreative die Welt aus den Angeln

Schwerpunktthema: Produktverantwortung
Autoreifen aus Löwenzahn, Fahrräder aus Bambus, Kaffeemaschinen aus alten CDs?! Was nach Alice im Wunderland klingt, ist fantastisch und doch Realität. forum nimmt Sie mit in die Welt smarter Produkte. Sie entstehen in den Köpfen von Eco-Designern, die den gesamten Lebenszyklus von Konsumgütern nachhaltig denken und gestalten, so dass kein Müll entsteht. Aus alten Skateboards werden dann Ohrringe und aus Teppichen Straßen. Außerdem haben wir uns und anderen Medienmachern wie ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo die Gretchenfrage gestellt: Dürfen Journalisten gleichzeitig Aktivisten sein? Dürfen Sie sich in Zeiten ungebremsten Klimawandels mit Nachhaltigkeit gemein machen? Darüber diskutieren auch forum-Herausgeber Fritz Lietsch und der ehemalige Leiter der Deutschen Journalistenschule, Ulrich Brenner. Wir wünschen eine spannende Lektüre!

Außerdem in Forum:

Schon kaputt?
Todesursache: geplanter Verschleiß
Neue Finanzierungsformen für Journalismus
Crowdfunding, Genossenschaft und Stiftung auf dem Prüfstand
Naturkapital
Warum Firmen wie Coca-Cola der Umwelt einen Preis geben
Innovationsschmieden
In Futurelabs heben Kreative die Welt aus den Angeln

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Forum<br />

EUR 7,50 (D) | EUR 8,- (A) | CHF 12,50 | www.<strong>forum</strong>-csr.net <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>4<br />

ISSN 1865-4266<br />

<strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

Das Entscheider-Magazin<br />

Medien und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Dürfen Journalisten<br />

Aktivisten sein?<br />

Todesursache:<br />

Geplanter Verschleiß<br />

Sozial-Finanzierung<br />

Wie Social Impact Bonds<br />

die Staatskasse schonen<br />

SMARTE PRODUKTE Autoreifen aus Löwenzahn,<br />

Fahrräder aus Bambus, Kaffeemaschinen aus alten CDs:<br />

Wenn Entwickler in Kreisläufen denken.


Alle Banken tun<br />

etwas für die<br />

Vermögensbildung.<br />

Wir tun auch<br />

etwas für Ihre<br />

Finanzbildung.<br />

Übergreifend. Persönlich. Informativ.<br />

Die Finanzbildungsinitiative der HVB.<br />

• Unser Finanzwissensportal im Internet zu den<br />

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praxisnahen Beispielen und Profi-Tipps<br />

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EDITORIAL<br />

Kein schwarz-weiß<br />

Von Tina Teucher<br />

Als Unternehmen Engagement für seine Nachbarschaft zu<br />

zeigen, ist lobenswert, aber noch nicht alles. Selbst eine sponsoringfreudige<br />

Firma wirkt unglaubwürdig, wenn sie nicht<br />

auch hinterfragt, wie nachhaltig ihre <strong>Produkte</strong> hergestellt<br />

sind und wie sie auf Mensch und Umwelt wirken. Das spürte<br />

ich deutlich an der Reaktion des Publikums, als August Oetker<br />

beim Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitstag im November 2<strong>01</strong>3 einen<br />

Vortrag hielt. Der Beiratsvorsitzende des gleichnamigen Konzerns<br />

sprach von der über 120-jährigen Familientradition und<br />

dem Engagement der Firma für seine Heimatstadt Bielefeld.<br />

Dabei verlor er aber kein Wort über die ökologischen und<br />

sozialen Auswirkungen dessen, was er herstellt – etwa, ob<br />

der Thunfisch auf der Pizza vom Aussterben bedroht ist oder<br />

ob die Produzenten der Schokolade im Pudding einen fairen<br />

Lohn bekommen. Oder wie all die Süßwaren und Alkoholika<br />

des Konzerns auf die Gesundheit kleiner und großer Konsumenten<br />

wirken. Den verblüfften Zuhörern empfahl Oetker<br />

zum Schluss seines Vortrags, den Tag mit Vitalis Müsli zu<br />

beginnen, mit Pizza Ristorante und einem Glas Clausthaler<br />

das Mittagessen zu bestreiten, zwischendurch einen Dr.<br />

Oetker Fertigkuchen zu essen und den Abend mit Wodka<br />

Gorbatschow zu begießen. Absurder war nur noch, dass er<br />

das vielleicht nachhaltigste und einst glaubwürdigste Produkt<br />

der Oetker-Konzerngruppe, die Bionade, nicht erwähnte. Von<br />

Gedanken an Produktverantwortung keine Spur.<br />

„verkaufen“ ihre Verantwortung nicht mit, sondern sorgen in<br />

ihrem eigenen Interesse dafür, dass die <strong>Produkte</strong> pflegeleicht<br />

bleiben, damit sie sie leicht warten, aufarbeiten, reparieren,<br />

zerlegen und austauschen können.<br />

Wie stark darf man als Journalist für <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

brennen?<br />

Sollten Journalisten dafür sorgen, dass <strong>Nachhaltig</strong>keit stärker in<br />

die Öffentlichkeit gelangt? Dürfen die, die objektiv berichten<br />

sollen, Anwälte der <strong>Nachhaltig</strong>keit sein? <strong>forum</strong>-Herausgeber<br />

Fritz Lietsch meint: Sie müssen sogar. Denn ohne Zukunft<br />

haben auch die Journalisten nichts mehr zu berichten.<br />

Natürlich würde der ehemalige Tagesthemen-Moderator<br />

Hanns Joachim Friedrichs vehement widersprechen. Von ihm<br />

stammt der Satz, ein Journalist dürfe sich mit keiner Sache<br />

gemein machen, auch nicht mit einer Guten. Wie sieht das<br />

Ulrich Brenner, einst Chef-Ausbilder an der Deutschen Journalistenschule<br />

in der Debatte mit Fritz Lietsch (S. 58)? Wie<br />

sehen das leitende Journalisten wie Giovanni di Lorenzo oder<br />

Bettina Reitz? (S. 62) Wie sehen Sie das? Wir sind gespannt<br />

auf Ihre Meinung – schreiben Sie uns an redaktion@ <strong>forum</strong>csr.net.<br />

Außerdem stellen wir Modelle vor, mit denen sich<br />

Journalismus auch heute noch finanzieren lässt (S. 64) und<br />

zeigen – bislang Ausnahmefälle – <strong>Nachhaltig</strong>keits werbung,<br />

die rockt!<br />

Foto: © Rainer Kant, B.A.U.M. e.V. | Foto Cover: © Parupu / Södra<br />

Wir danken Parupu für die freundliche Genehmigung. Die Ecodesign-Stühle bestehen aus einem<br />

neuen stabilen Papiermaterial (DuraPulp) und sind vollständig kompostierbar. www.sodrapulplabs.com<br />

Es ist nicht leicht, ein ganzes Leben<br />

vorauszusagen<br />

Was aber heißt Produktverantwortung? Das<br />

beleuchtet unser Schwerpunkt ab S. 12. Es geht<br />

darum, den gesamten Lebenszyklus eines <strong>Produkte</strong>s<br />

schon zu Beginn, also wenn es noch nicht<br />

viel mehr als eine Idee ist, auf <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

auszurichten. Das bedeutet z.B., einen Teppich<br />

so herzustellen, dass man seine Materialien nach<br />

der Nutzung für seine Nachfolger wiederverwenden<br />

kann. <strong>Produkte</strong>ntwickler, die in solchen<br />

Kreisläufen denken können, betreiben „Ecodesign“.<br />

Das wird immer wichtiger. Denn viele<br />

Krisen (z.B. um Rohstoffe) machen nachhaltiges<br />

Design profitabel: Es bringt mittelfristig einen<br />

Wettbewerbsvorteil gegenüber denen, die viele<br />

Ressourcen für ihre <strong>Produkte</strong> brauchen. Außerdem<br />

wollen immer mehr Kunden nachhaltige<br />

<strong>Produkte</strong>. Firmen beginnen damit, ihre Waren<br />

zu vermieten, statt sie zu verkaufen – und das<br />

hat Konsequenzen für das Design: Die Hersteller<br />

Fritz Lietsch<br />

CEO ALTOP Verlag, Hrsg.<br />

f.lietsch@eco-world.de<br />

Tina Teucher<br />

Redaktionsleitung<br />

t.teucher@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Prof. Maximilian Gege<br />

Vorsitzender von B.A.U.M. e.V.<br />

Co-Herausgeber<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

3


INHALT<br />

32<br />

Geplanter Verschleiß: Das Geschäft<br />

mit dem Murks 20<br />

Preisgekröntes Ecodesign: Stilvolle<br />

Mode ohne Bekleidungsabfall.<br />

3 Editorial<br />

6 Der glühende Globus Künstler Ingo Günther<br />

visuali siert, wo die Erde in den vergangenen 50<br />

Jahren wärmer und kälter wurde.<br />

8 <strong>forum</strong>-News<br />

9 Aus alten Skateboards werden Sonnenbrillen …<br />

und weitere gute Nachrichten über Ressourcen<br />

10 Unternehmens-News<br />

12 SCHWERPUNKT: Produktverantwortung<br />

14 Das Versagen der Designindustrie Sie motiviert zu<br />

Zerstörung und Verschwendung<br />

20 In Bildern Autoreifen aus Löwenzahn, Fahrräder<br />

aus Bambus: <strong>Produkte</strong> von Designern, die an<br />

morgen denken.<br />

26 Es beginnt im Kopf Wie Designer nachhaltige<br />

<strong>Produkte</strong> entwickeln.<br />

28 Intelligente Verschwendung In Michael Braungarts<br />

Welt ist prassen ok, weil es dort keinen Müll gibt.<br />

32 Schon kaputt? Geplanter Verschleiß lässt Kunden<br />

verzweifeln.<br />

36 Ressourceneffizienz Wie die Wirtschaft Milliarden<br />

Euro sparen könnte.<br />

40 Außen hui Nicht nur die Verpackung entscheidet,<br />

ob der Kunde zulangt.<br />

44 Produktverantwortung Eine Checkliste für<br />

Entscheider<br />

45 SPECIAL: Medien und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

46 Überblick Welche Medien sind federführend und<br />

haben sie eine Zukunft?<br />

48 Intrapreneurship Wie das Tech-Portal WiWo Green<br />

entstand.<br />

52 Stiefkind Warum so selten über <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

berichtet wird.<br />

54 Werbung, die rockt! Kein Greenwashing und<br />

garantiert nicht langweilig<br />

58 Dürfen Journalisten Aktivisten sein? <strong>forum</strong>-Herausgeber<br />

Fritz Lietsch und Ulrich Brenner, Ex-Leiter der<br />

Deutschen Journalistenschule, debattieren.<br />

62 Leserdiskussion Sollten Journalisten für eine Sache<br />

brennen?<br />

64 Bezahlmodelle für Medien Crowdfunding,<br />

Genossenschaft, Werbung oder Stiftung?<br />

66 Checkliste <strong>Nachhaltig</strong>er Journalismus<br />

38 Entscheider in 999 Zeichen Was ist ein nachhaltiges<br />

Produkt?<br />

4 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


INHALT<br />

58/62<br />

Dürfen sich Journalisten mit<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit gemein machen?<br />

82<br />

Immer mehr Unternehmen geben knappen<br />

Ressourcen wie Wasser einen Preis.<br />

67 THEMEN<br />

Innovationsschmieden<br />

68 Serie In Futurlabs heben Kreative die Welt aus den<br />

Angeln.<br />

Unternehmensführung<br />

72 Den Lohn selbst bestimmen? Drei etwas andere<br />

Unternehmen<br />

77 Serie der CSR-Manager Die Bestandsaufnahme<br />

80 Kolumne Wie geht nachhaltige Transformation?<br />

Biodiversität<br />

82 Naturkapital Warum geben Firmen wie Coca-Cola<br />

der Natur einen Preis?<br />

84 Interview Stefan Seidel von PUMA.Safe über die<br />

Umweltkosten des Konzerns<br />

86 Eco-Payment Wie Unternehmen ihre Versorgung<br />

sichern.<br />

Energie & Klima<br />

90 Im Kraftwerk Erde Warum Solarenergie das meiste<br />

Energiepotenzial hat.<br />

<strong>Nachhaltig</strong> Bauen<br />

94 Risikoreiche Gebäude will keiner Doch woran<br />

erkennt man gute Bauprodukte?<br />

Entscheider im Gespräch<br />

98 Was passiert mit unserem Müll? Eric Mendel von<br />

der ALBA Group im Interview<br />

1<strong>01</strong> In 999 Zeichen Was macht Ihre Branche für den<br />

Klimaschutz?<br />

Berichterstattung & Kommunikation<br />

102 Marketing Wie glaubwürdig ist meine Marke?<br />

Bildung<br />

106 UN-Dekade Unternehmen und Bildungseinrichtungen<br />

sollten kooperieren.<br />

Wachstumskritik<br />

108 Doppelinterview Ökonom Tim Jackson will eine<br />

Welt ohne Wirtschaftswachstum. Wirtschaftsethiker<br />

Karl Homann hält das für gefährlich.<br />

Social Business<br />

112 Kuschelhund gegen Vorurteile Der Awauwi andere<br />

neue Geschichten von Afrika.<br />

116 Finanzierung Wie Social Impact Bonds Straftätern<br />

helfen und die Staatskasse schonen.<br />

119 SERVICE<br />

120 <strong>forum</strong> Medientipps<br />

122 B.A.U.M. informiert<br />

124 <strong>forum</strong> Kleinanzeigen<br />

126 <strong>forum</strong> Events im Rückblick<br />

127 <strong>forum</strong> Events in der Vorschau<br />

129 Themenvorschau und Impressum<br />

130 Nina Ruges geteilte Meinung<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

5


BRENNPUNKT<br />

Globale Erwärmung<br />

und Abkühlung<br />

Die globale Erwärmung, ob durch menschliches Tun ausgelöst<br />

oder beschleunigt, ist unbestreitbar. Überschwemmungen,<br />

Anstieg des Meeresspiegels, Verwüstung und Versandung<br />

sind offensichtliche Folgen. Die Ausläufer der Staubstürme<br />

in Peking beeinträchtigen auch Leben und Technik in Tokio.<br />

Selbst geopolitisch verschieben sich die Konstellationen:<br />

China rückt in den Sommermonaten 6.000 km näher an<br />

Europa dank der inzwischen weitgehend eisfreien Nordostpassage<br />

durch russische (EEZ-erweiterte) Hoheitsgewässer.<br />

Das ist 30 Prozent kürzer als die Route durch den Suezkanal.<br />

Schon 2007 montierte Russland seine Nationalflagge in<br />

3.000 m Tiefe auf dem arktischen Meeresboden. Das schmelzende<br />

Eis erlaubt Zugang zu riesigen Ölreserven unter dem<br />

Ozeanboden: Die Erwärmungsspirale scheint unaufhaltsam.<br />

Abbildung:<br />

Der Globus aus einer Installation des in New York lebenden<br />

deutschen Medienkünstlers Ingo Günther zeigt die<br />

Tempera turveränderungen der letzten 50 Jahre. Gebiete<br />

mit einer Temperaturerhöhung von bis zu 4°C sind in roten<br />

Abstufung en dargestellt. Regionen, in denen die Temperatur<br />

sank, sind in Blautönen gekennzeichnet.<br />

Foto: Worldprocessor © 1988 - 2005, Ingo Gunther<br />

6 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


BRENNPUNKT<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

7


NEWS<br />

Peer Review: Wohin soll Deutschlands<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitspolitik gehen?<br />

Das internationale Gutachten zur deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspolitik<br />

erschien Ende 2<strong>01</strong>3. In dem Bericht nehmen<br />

die Experten eine Bestandsaufnahme erzielter Fortschritte<br />

in der <strong>Nachhaltig</strong>keitspolitik seit dem ersten Peer<br />

Review 2009 vor und leiten 15 zentrale Empfehlungen<br />

ab. Als drohendes Manko sehen die Experten nicht etwa<br />

einen Mangel an Zielen oder Gesetzen<br />

in Deutschland. Vielmehr legen sie das<br />

Hauptaugenmerk auf Koordination und<br />

Kompetenz, deren Verbesserung sie<br />

dringlich empfehlen.<br />

www.nachhaltigkeitsrat.de<br />

Deutsche Unternehmen zwischen Mut und<br />

Leichtsinn<br />

Die „TÜV Rheinland-Risikostudie“ stellt die Zukunftsfähigkeit<br />

des deutschen Mittelstands in Frage. Jedes fünfte<br />

Unter nehmen könne gar keine Risiken benennen. Lediglich<br />

48 Prozent der Unternehmen messen und bewerten ihre<br />

Maßnahmen zur Risikominimierung. Sie nähmen hauptsächlich<br />

Faktoren wahr, die unmittelbar auf ihre monetäre<br />

Situation einwirken, wie Wettbewerb, Konjunktur,<br />

Fachkräftemangel und steuerliche<br />

Reglementierungen. Aspekte wie Ökologie<br />

und Soziales spielen bei der Risikoeinschätzung<br />

kaum eine Rolle.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net, Stichwort „Risikostudie“<br />

Roadmovie zur Weltrettung – „Ein neuer Anfang“<br />

etwas an seiner gewohnten Lebensweise. Warum? Oliver<br />

Elias begibt sich als durchschnittlicher Mitteleuropäer auf<br />

die Suche nach Konzepten, welche die Welt retten sollen.<br />

Sein persönlicher Kampf gegen die Unmöglichkeit, so hochgesteckte<br />

Ziele überhaupt erreichen zu können, wirkt wie<br />

ein Roadmovie, mit Augenzwinkern und einer guten Portion<br />

Humor. Geplant ist eine 90-minütige Kino-Dokumentation<br />

mit anschließender TV-DVD- und Internet-Auswertung.<br />

Ich glaub, mich laust der Waschbär: Von A wie Artensterben<br />

bis Z wie Zukunft (ungewiss) sind sich die meisten Menschen<br />

der globalen Probleme bewusst. Aber kaum jemand ändert<br />

Kommunen könnten bei Beschaffung<br />

Milliarden sparen<br />

Die öffentliche Hand könnte Milliarden Euro einsparen und<br />

gleichzeitig Impulse für nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong> setzen.<br />

Wie die Studie „Kommunale Beschaffung im Umbruch“<br />

zeigt, orientieren sich jedoch bislang nur 21 Prozent der<br />

großen Kommunen an übergreifenden Zielsetzungen. Auf<br />

bis zu 480 Milliarden EUR summiert sich das jährliche Beschaffungsvolumen<br />

von Bund, Ländern, Kommunen und<br />

sonstigen öffentlichen Auftraggebern. Nur ein Prozent dieser<br />

Summe würde die öffentlichen Kassen erheblich entlasten,<br />

bei einer Einsparung von dreieinhalb Prozent<br />

könnte Deutschland sogar auf seine<br />

Nettokreditaufnahme verzichten.<br />

Ergebnisse und Handlungsempfehlungen<br />

unter www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Stichwort „Einkaufsverhalten“<br />

Partner gesucht!<br />

Wenn Sie wie <strong>forum</strong> den Film mit seiner Kampagne unterstützen<br />

und als öffentlichkeitswirksames CSR-Projekt für<br />

Ihre <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation nutzen<br />

wollen, schreiben Sie unserer Redakteurin<br />

Maja Tittlbach: m.tittlbach@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

oder unterstützen Sie privat unter:<br />

www.startnext.de/ena.<br />

www.einneueranfang.org<br />

CO 2<br />

-Budget statt 2100 schon 2034 erschöpft<br />

Um die Klimaziele zu erreichen, müsste die CO 2<br />

-Intensität<br />

(das Verhältnis von CO 2<br />

-Emissionen zu realem Bruttoinlandsprodukt)<br />

bis zum Jahr 2100 im Schnitt jährlich um<br />

sechs Prozent sinken. In den vergangenen fünf Jahren ist<br />

die CO 2<br />

-Intensität jedoch nur um 0,7 Prozent pro Jahr gesunken.<br />

Geht das so weiter, ist das vom Intergovernmental<br />

Panel on Climate Change (IPCC) aufgestellte CO 2<br />

-Budget<br />

bis zum Jahr 2100 bereits 2034 aufgebraucht. „Der Klimawandel<br />

hat erheblichen Einfluss auf Wachstum, Ziele<br />

und Kosten von Unternehmen“, warnt Michael Werner,<br />

Leiter Sustainability Services bei PwC.<br />

„Ihn aktiv zu managen, wird zu einer<br />

zentralen Aufgabe“.<br />

Erfolgsfaktoren, Vorreiterländer und Studiendownload<br />

unter<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net, Stichwort „2034“<br />

Foto: © Round-Pictures UG<br />

Mit dem wöchentlichen <strong>forum</strong>-Newsletter immer aktuell informiert sein: www.<strong>forum</strong>-csr.net/service/newsletter<br />

8 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


NEWS<br />

Gute Nachrichten über <strong>Produkte</strong><br />

Anregende Innovationen aus der Love Green Partnerredaktion<br />

Bio-Abfall als Treibstoff nutzen<br />

Wieder-Zurückschick-Flipflops<br />

Engel-Papier hilft der Umwelt<br />

Fotos (v.o.l.n.u.r.): © EmsiProduction – CC BY 3.0 DE | © Okabashi | © quacktaculous – CC BY 3.0 DE | © Bev Goodwin – CC BY 3.0 DE | © DaveNeukirch – CC BY-SA 3.0 DE |<br />

© 96dpi – CC BY 3.0 DE | © ab.photo – CC BY 3.0 DE | © Thomas Tolkien - CC BY 3.0 DE | © Feuerwear<br />

Auf Großmärkten gibt es nicht nur<br />

viel Gemüse und Obst, sondern auch<br />

viel Müll. Am Stuttgarter Gemüsegroßmarkt<br />

produziert eine neuartige<br />

Pilotanlage aus den Bio-Abfällen<br />

einen Treibstoff, der dann Erdgasfahrzeuge<br />

in Fahrt bringt.<br />

© Geomangio auf flickr<br />

Kaufhaus für gebrauchte Dinge<br />

Täglich bekommt das ungewöhnlichste<br />

Kaufhaus Hamburgs fünf bis<br />

sechs LKW-Ladungen voll Ware. Das<br />

Besondere daran: Es handelt sich um<br />

noch gut erhaltene Dinge vom Sperrmüll,<br />

die Interessierte zu günstigen<br />

Preisen erwerben können.<br />

Brillen aus alten Skateboards<br />

Auch Skateboards geben irgendwann<br />

mal ihren Geist auf. Viel zu<br />

schade zum Wegwerfen. Das dachte<br />

sich das australische Unter nehmen<br />

Proof und fertigt daher aus den<br />

alten Skateboard-Decks Gestelle für<br />

Sonnenbrillen.<br />

Die amerikanische Schuh-Marke<br />

Okabashi bietet farbenfrohe<br />

Flipflops an, die die Kunden nach<br />

Gebrauch einfach zurückgeben<br />

können. Anschließend recycelt das<br />

Unternehemen die Schuhe zu 100<br />

Prozent und fertigt aus dem Material<br />

neue Flipflops.<br />

Kunststoff aus Bananenschalen<br />

Tonnen von Bananenschalen landen<br />

jeden Tag im Müll. Das möchte eine<br />

16-jährige Schülerin aus der Türkei<br />

ändern. Und entwickelte in zweijähriger<br />

Arbeit eine Methode, um<br />

aus der Fruchthülle einen Bio-Kunststoff<br />

herzustellen.<br />

Schiffe befreien Meer vom Müll<br />

6,4 Millionen Tonnen Müll gelangen<br />

jedes Jahr in die Weltmeere. Mit<br />

eigens dafür entwickelten Schiffen<br />

wollen zwei deutsche Unternehmer<br />

zunächst den Müll vom Meer abfischen<br />

und anschließend direkt auf<br />

See recyceln.<br />

Alle guten Nachrichten unter www.nachhaltigwirtschaften.loves-green.de<br />

200 Millionen Schulhefte kaufen<br />

Bundesbürger jedes Jahr. Doch<br />

bislang liegt der Anteil von Recycling-Papier<br />

gerade einmal bei zehn<br />

Prozent. Mit der Aktion „Engel-<br />

Papier. Jetzt!“ möchte der Blaue<br />

Engel mehr Bewusstsein für Recycling-Papier<br />

schaffen.<br />

Café aus recycelten Materialien<br />

Aus vermeintlichem Abfall wie alten<br />

Kartons, PET-Flaschen oder Plastiktüten<br />

hat eine Gruppe von Studenten<br />

der englischen Newcastle University<br />

in mehrmonatiger Arbeit die komplette<br />

Inneneinrichtung eines Cafés<br />

gebaut.<br />

Feuerwehrschlauch-Taschen<br />

Feuerwehrschläuche sind nicht nur<br />

für das Löschen von Bränden geeignet.<br />

Aus dem strapazierfähigen<br />

Material ausgemusterter Schläuche<br />

fertigt das in Köln beheimatete<br />

Lifestyle-Unternehmen Feuerwear<br />

robuste Taschen und praktische<br />

Accessoires.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

9


UNTERNEHMENSNEWS<br />

„Good Company Ranking 2<strong>01</strong>3“:<br />

DAX-Konzerne führen in Europa die Liste an<br />

Ein umfassender Vergleich der 70 größten Unternehmen<br />

in puncto CSR in Europa ergibt: Die Branchen Automobil,<br />

Chemie und Pharma liegen vorn, die Finanzdienstleistungsbranche<br />

und die Sektoren Rohstoffe und Energie weit hinten.<br />

Das „Good Company Ranking 2<strong>01</strong>3“ ist Europas größter<br />

unabhängiger CSR-Wettbewerb, den die Hamburger Kirchhoff<br />

Consult AG nach 2005, 2007 und 2009 zum vierten Mal<br />

initiiert hat. Die DAX-Konzerne Bayer, BMW und BASF sind in<br />

den Disziplinen „Personalmanagement“, „Gesellschaftliches<br />

Engagement“, „Umwelt-Management“ und „Finanzielle<br />

Performance und Transparenz“ die besten Unternehmen<br />

Europas. Zu den erfolgreichsten ausländischen<br />

Konzernen zählen die französische<br />

SANOFI auf dem sechsten und der englische<br />

Wettbewerber GlaxoSmithKline auf<br />

dem neunten Rang.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net, Stichwort „Kirchhoff“<br />

BMW i3 erhält ISO-Zertifikat<br />

für seine Ökobilanz<br />

Am 16. November 2<strong>01</strong>3 feierte der BMW i3 seine Markteinführung.<br />

Wenige Tage zuvor bestätigte der TÜV Süd dem<br />

ersten rein elektrisch angetriebenen Modell der BMW Group<br />

das ISO-Zertifikat 14040/14044 für die ökologische Bilanz.<br />

Im Vergleich zu konventionellen Automobilen seiner Größe<br />

und Leistung weist der BMW i3 ein um zwischen rund 30<br />

und mehr als 50 Prozent reduziertes Treibhauspotenzial über<br />

den gesamten Lebenszyklus auf. „Wir haben zum ersten Mal<br />

in der Geschichte der BMW Group für ein neu konzipiertes<br />

Fahrzeug bereits in der frühen strategischen Phase <strong>Nachhaltig</strong>keitsziele<br />

für die gesamte Wertschöpfungskette definiert“,<br />

erläutert Ulrich Kranz, Senior Vice President<br />

BMW i. Von der Rohstoffgewinnung und<br />

der Herstellung über die Nutzung bis zum<br />

Recycling berücksichtige die Bilanz alle<br />

Umweltaspekte im gesamten Lebenszyklus.<br />

www.press.bmwgroup.com<br />

Der Praxis-Tipp<br />

Neumarkter Unternehmen liefert Kühlenergie umweltfreundlich und zum Fast-Null-Tarif<br />

Stellen Sie sich vor, Sie sind Inhaber eines Produktionsbetriebs und daran gewöhnt, im Jahr mehr als 30.000 Euro nur für<br />

die Kühlung von Maschinen oder Gebäuden aufzubringen. Olaf Mundt, dem Geschäftsführer der „OM-Klebetechnik GmbH“<br />

im oberpfälzischen Seligenporten, ging es genauso. Als er allerdings auf Albert Vögerl, den Geschäftsführer der Viatherm<br />

GmbH in Neumarkt und den Europoles Projektleiter Diplom-Ingenieur Michael Biederer traf, sollte sich seine Gewohnheit<br />

von Grund auf ändern. Mit einer geothermischen Lösung und dem von Europoles hergestellten Hochleistungs-Energie-Pfahl<br />

(HEP) reduzierten sich nun die für die Kühlung notwendigen Energiekosten auf<br />

weniger als 180 Euro im Jahr. Eine Lösung, die bald Schule machen könnte. Das Geothermie-System ist an<br />

bereits vorhandene Systeme ganz einfach anzuschließen. Die Industrie- und Handelskammern unterstützen<br />

Programme zur Förderung solcher Anlagen.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net, Stichwort „Kühlenergie“<br />

Ohne Abfall: Steinzeug-Keramo-Rohre jetzt mit Cradle to Cradle®-Zertifizierung<br />

Produzieren, gebrauchen, wegwerfen: Dieses „from Cradle to Grave“-Prinzip prägt den industriellen Alltag. Doch rund 221<br />

Millionen Tonnen Müll pro Jahr in Europa sind reine Verschwendung. Cradle to Cradle – „Von der Wiege bis zur Wiege“ – ist ein<br />

Design- Konzept, das kreislauffähige <strong>Produkte</strong> nach dem Vorbild der Natur definiert und entwickelt. Der Gedanke ist: Von Anfang<br />

an in kontinuierlichen Produktkreisläufen zu denken und damit erst gar keinen Abfall entstehen zu lassen. Alle Inhaltsstoffe<br />

eines Cradle to Cradle®-Produkts müssen grundsätzlich anhand ihrer Chemical Abstracts Service-Nummer (CAS-Nr.) bei der<br />

Prüfung identifiziert werden. Die Steinzeugrohrsysteme der Steinzeug-Keramo GmbH haben diese hohen Anforderungen schon<br />

immer erfüllt. Doch nun bestätigte die EPEA GmbH Hamburg die Einhaltung der Cradle to Cradle-Prinzipien und Prüfkriterien:<br />

Verwendung von umweltgerechten, gesunden und wieder verwertbaren Materialien; Einsatz von regenerativen Energieformen;<br />

verantwortungsvolles Wassermanagement; Verpflichtung zu sozialen Grundsätzen sowie Aspekte des sozialen<br />

Engagements. Steinzeugrohre bestehen zu 100 Prozent aus den natürlichen Rohstoffen Ton, Schamotte<br />

und Wasser, geben keinerlei Schadstoffe an die Umwelt ab und verfügen über eine Nutzungsdauer von weit<br />

mehr als 100 Jahren. Sie sind zu 100 Prozent recyclingfähig und werden zu einem Teil mit Recyclingmaterial<br />

und unter Einsatz von Ökostrom und regenerativen Energien produziert.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net Stichwort „Steinzeug“<br />

10 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


Sparkassen-Finanzgruppe<br />

UNTERNEHMENSNEWS<br />

„Meine Energiewende<br />

steckt voller Ideen.“<br />

Für saubere Energie und mehr<br />

Lebensqualität: Sparkassen fördern<br />

die Energiewende vor Ort.<br />

Ideen bringen die Welt voran: Das gilt besonders für die Energiewende vor Ort. Neben<br />

Tatendrang und Erfindergeist braucht es dafür auch finanzielle Mittel. Die Sparkassen<br />

unterstützen helle Köpfe mit zahlreichen Projekten rund um Erneuerbare Energien vor Ort –<br />

und sind unter Deutschlands Kreditinstituten die Nr. 1 in punkto Energiewendeförderung.<br />

Sparkassen. Gut für Deutschland.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Sparkassen. Gut für Deutschland.<br />

11


<strong>forum</strong> SCHWERPUNKT |<br />

Produktverantwortung<br />

Begehrt werden. Nicht nur Menschen streben danach.<br />

Auch <strong>Produkte</strong> sollen Sehnsüchte in Herz und Kopf der<br />

Konsumenten wecken. Funktioniert das auch mit Stühlen,<br />

Fahrrädern, MP3-Playern, die unter ökologisch und sozial<br />

verantwortungsvollen Gesichtspunkten entstanden sind?<br />

Gibt es so etwas wie „Produktverantwortung“ und wenn ja,<br />

was bedeutet das?<br />

Ein Produkt verantwortungsvoll zu planen und zu gestalten<br />

heißt vor allem, es ganzheitlich zu denken und seinen Lebenszyklus<br />

zu betrachten. Wer braucht es? Wer kauft es? Wer<br />

nutzt es? Wer produziert es? Wer entsorgt es? Dann wird<br />

schnell klar: Es ist Quatsch, ein Produkt zu entwickeln, das<br />

irgendwann kaputt gehen und dann die Müllberge dieser<br />

Welt vergrößern wird. Deshalb denkt man bei Produktverantwortung<br />

oder „Ecodesign“ in Kreisläufen, in denen<br />

alles wieder verwendbar ist und in denen man, wenn<br />

möglich, Ressourcen spart. Wer dann noch Sozialstandards<br />

in seinen Produktionsstätten berücksichtigt – Vergütung,<br />

Arbeitszeiten und Sicherheitsmaßnahmen – der bietet ein<br />

rundum verantwortungsvoll hergestelltes Produkt an.<br />

Dieser <strong>forum</strong>-Schwerpunkt begleitet den Leser durch die<br />

wunderbare Welt smarter <strong>Produkte</strong>. Er nimmt sie mit in die<br />

Köpfe der Designer (S. 26), zu effizienten Herstellern (S. 36)<br />

und dorthin, wo umweltfreundliche Verpackung entsteht<br />

(S. 40) und reinkarniert (S. 28).<br />

Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit<br />

Idee, Produktion, Nutzung und Recycling – vier Schritte, die den<br />

Lebens kreislauf eines Produkts beschreiben. Ein Teppichhersteller<br />

aus den Niederlanden produziert nach dem Cradle to Cradle-Prinzip,<br />

in dem es keinen Müll gibt.<br />

Im Gegensatz zu normalen Bodenbelägen sind diese Teppichfliesen<br />

quasi unsterblich. Mittels zweifachem Trennverfahren lässt sich<br />

das Produkt nach der Nutzung in einzelne Bestandteile zerlegen.<br />

Fasern und Garne kommen nach der Aufbereitung wieder in die<br />

Produktion. Für den Grundstoff Bitumen ist der Weg dann allerdings<br />

beendet – er landet im Straßenbau und der Bedachungsindustrie.<br />

Fotos: © desso<br />

12 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG & ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net 13


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Genug der Hochstapelei: Für Stephan Bohle ist die Designindustrie schuld am<br />

zerstörerischen Konsumismus. Er fordert nicht nur die Verbraucher, sondern<br />

vor allem seine Design-Kollegen auf, einen Beitrag zum Minimalismus zu leisten.<br />

Das Versagen einer Branche<br />

Die Design- und Kommunikationsindustrie motiviert uns zu Zerstörung und<br />

Ausbeutung: „Viel“ und „billig“ sind die Götzen, Ansehen und Status die<br />

Lebensziele. Ein Designer zieht Bilanz.<br />

Von Stephan Bohle<br />

Gesellschaft, Wirtschaft und Politik diskutieren partei- und<br />

branchenübergreifend in Symposien, Konferenzen und in<br />

den Fachgremien, welche Wege wir hin zu einer nachhaltigeren<br />

Entwicklung einschlagen können. Nur bei der Kommunikations-<br />

und Werbebranche scheint das Thema nicht<br />

angekommen zu sein.<br />

Die Design- und Kommunikationsindustrie hat uns zu einem<br />

zerstörerischen Konsumismus angeheizt – Stichwort viel und<br />

billig. Sie hat es geschafft, dass wir uns über Güter und deren<br />

Anhäufung definieren, unser Ansehen und unseren Status in<br />

der Gesellschaft damit ausdrücken. Der Durchschnittsdeutsche<br />

von heute besitzt Waschmaschine, Möbel, Mobiltelefon,<br />

Fernseher, Elektroherd, Digitalkamera, Computer, Bücher,<br />

Auto ... Insgesamt kommen so 10.000 Gegenstände zusammen.<br />

Die Werbemaschine war ziemlich erfolgreich.<br />

Wir Kreativen fördern nicht nachhaltige Praktiken und<br />

<strong>Produkte</strong>. Wir designen tonnenschwere SUVs mit einem<br />

ökologischen Rucksack von 70 Tonnen und bis zu 500.000<br />

Liter Wasserverbrauch – für die Produktion eines einzigen<br />

PKWs. Wir werben für Autos als Freiheitssymbole, die z.B.<br />

zu einem 100-Kilometer-Stau in Beijing geführt haben, der<br />

unglaubliche neun Tage gedauert hat. Wir designen billige<br />

Mode, unter der Mensch und Umwelt zu leiden haben.<br />

Mit einer unverschämten Gelassenheit machen hier die<br />

Protagonisten so weiter, als wäre nichts geschehen. Weder<br />

der Zentralverband der Werbeagenturen (ZAW), noch der<br />

Gesamtverband Deutscher Werbeagenturen (GWA) beteiligt<br />

sich an der Diskussion um die zukünftige Entwicklung unseres<br />

Planeten. Im Gegenteil. So weist der ZAW alle Verantwortung<br />

und Handlungsoptionen von sich. Zitat: „Die massenmediale<br />

Foto: © RAFFIN, Raffinerie AG<br />

14 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

Werbung, namentlich Werbeanzeigen und -spots, sind für<br />

umweltrelevante Informationen nicht der geeignete Ort.“<br />

Und die GWA-Argumente setzen unkritisch auf die Rezepte<br />

längst vergangener Tage: „Kein Marketing – Kein Konsum –<br />

Kein Wachstum“.<br />

Einzig der Berufsverband der Public-Relations-Fachleute<br />

(DPRG) gibt zumindest ein Bekenntnis zur Förderung der Idee<br />

der <strong>Nachhaltig</strong>keit ab. Ob das nur reine Lippenbekenntnisse<br />

sind, kann an dieser Stelle nicht überprüft werden. Dabei hat<br />

die Kommunikations- und Designbranche einen nicht unerheblichen<br />

Anteil daran, dass wir uns in den Industrienationen<br />

einen Lebensstil angeeignet haben, der verschwenderisch<br />

und zerstörerisch ist.<br />

„Konsumiert!“ Das Briefing des Victor Lebow<br />

Das Briefing für die Agenturen schrieb seinerzeit der Ökonom<br />

und Einzelhandelsanalytiker Victor Lebow in den 1950er-Jahren,<br />

nämlich dass man den Kauf und den Gebrauch von<br />

Waren in Rituale verwandeln solle und dass die Menschen<br />

ihr Selbstwertgefühl im Konsum suchen müssen, um die<br />

Fabriken am Produzieren zu halten. In unendlich vielen<br />

Werbebotschaften hat die Werbung dieses Briefing exakt<br />

umgesetzt und über Jahrzehnte für einen destruktiven Konsumismus<br />

gesorgt.<br />

Vance Packard bezeichnete schon in den 1960er-Jahren die<br />

Werbeleute als die „Händler der Unzufriedenheit“, weil sie<br />

die Menschen unter den unablässigen Druck der Unzufriedenheit<br />

gesetzt haben, nämlich ihr Glück ausschließlich an<br />

ihrem materiellen Besitz zu messen. Dass sich daran bis<br />

heute wenig geändert hat, verwundert kaum, wenn man<br />

sich anschaut, wie die Branche auch mit ihrem Nachwuchs<br />

umgeht.<br />

Armer Nachwuchs! Die Ignoranz der Kommunikationsund<br />

Designschulen<br />

Es gibt in ganz Deutschland EINE Professur für Design und<br />

Ökologie (Günter Horntrich, Professor für Design und Ökologie<br />

an der Köln International School of Design) und eine einzige<br />

private Hochschule, die sich ausschließlich dem Thema<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit widmet (die Ecosign in Köln). Die Mehrzahl der<br />

Kommunikations- und Designhochschulen ignoriert fahrlässig<br />

die Notwendigkeit, die jungen kreativen Menschen auf die<br />

Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten und auszubilden.<br />

Stattdessen werden ihnen immer ausgeklügeltere<br />

Techniken vermittelt, die Menschen für einen Güterkonsum<br />

anzuheizen. Dabei könnte die Kommunikationsindustrie eine<br />

wichtige Rolle hin zu einer nachhaltigeren Entwicklung in der<br />

Gesellschaft spielen. Lester Brown vom Worldwatch Institute<br />

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Abfall reduzieren –<br />

und möglichst ganz vermeiden<br />

Das weltweit operierende Cradle to Cradle®<br />

Unternehmen DESSO stellt Teppichböden,<br />

Teppichfliesen und Sportplatzbeläge<br />

her und agiert in mehr als 100 Ländern.<br />

Die hochwertigen Objekt-Bodenbeläge<br />

werden in Unternehmen, im Bildungssektor,<br />

Gesundheitswesen und in der Verwaltung<br />

langjährig eingesetzt. DESSO hat 2008<br />

begonnen Cradle to Cradle ® als Unternehmenskonzept<br />

zu implementieren. Im<br />

Einklang mit den Grundsätzen der Cradle to<br />

Cradle®-Philosophie wurde beispielsweise<br />

ein Teppich-Rücknahmesystem entwickelt:<br />

DESSO Take Back-Programm und Refinity®<br />

sorgen dafür, dass Teppiche auf sichere<br />

Weise recycelt werden können. Das gewonnene<br />

Material dient als wertvoller Rohstoff<br />

für weitere Recycling-Programme und der<br />

Herstellung neuer Teppichböden.<br />

Wichtiges Anliegen von Desso ist es, unvergleichliche<br />

<strong>Produkte</strong> zu entwickeln, die den<br />

Innenraum bezüglich Gesundheit und Wohlbefinden<br />

der Nutzer wesentlich verbessern.<br />

So entstanden innovative bautechnische<br />

Lösungen zur:<br />

• Akustikverbesserung<br />

• DESSO SoundMaster® – verbessert<br />

Schallabsorption und Trittschalldämmung<br />

• Feinstaubbindung<br />

• DESSO AirMaster® – speziell entwickelt<br />

für die Verbesserung der Innenraum-Luftqualität<br />

• Kreislaufwirtschaft<br />

• DESSO EcoBase® – die polyolefin-basierte<br />

Rückenschicht kann aufgrund<br />

ihrer innovativen Zusammensetzung<br />

vollständig im unternehmenseigenen<br />

Produktionszyklus recycelt werden<br />

KONTAKT<br />

Tel. +49 (0)6122 / 58 73 410<br />

service-de@desso.com<br />

www.desso.com<br />

The Floor is Yours<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

15


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

ist sogar der Auffassung, dass die Kommunikationsindustrie<br />

das einzige Instrument sei, welches die Fähigkeit besitzt,<br />

in dem benötigten Ausmaß und in dem gegebenen engen<br />

Zeitfenster, das uns verbleibt, die notwendige Bildung für<br />

eine nachhaltige Entwicklung zu vermitteln. In Gesprächen<br />

mit Agenturvertretern wird aber deutlich, dass diese sich<br />

häufig hinter dem Dienstleistungsargument verschanzen,<br />

da sie ja nur das letzte Glied in der Reihe bildeten. Das ist<br />

zu vergleichen mit dem „Dealer-Argument“, dass solange<br />

eine Nachfrage besteht, man diese eben befriedigt. Aber so<br />

einfach kann sich diese Branche nicht aus der Verantwortung<br />

entziehen.<br />

Immer alles haben müssen? Ein Kulturwandel ist nötig<br />

Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass es für eine nachhaltige<br />

Entwicklung eines Kulturwandels mit geänderten<br />

Werten, Gewohnheiten und Einstellungen bedarf. Wer,<br />

wenn nicht die Kommunikations- und Designindustrie,<br />

kann dazu beitragen, eine Verhaltens- und Einstellungsänderung<br />

bei den Menschen zu erreichen? Wir müssen<br />

die Botschaften ändern, von einem „Immer alles haben<br />

wollen müssen“ hin zu einem „weniger, besser und schöner“.<br />

Wäre es nicht besser, die Statussymbole der Menschen<br />

aus den Industrienationen neu zu definieren und zu<br />

kommunizieren, weg von den Positionierungsgütern, hin<br />

zu einem Status eines „leichteren“ Lebensstils, zu neuen<br />

Luxussymbolen wie z.B. des „Zeithabens“? Voraussetzung<br />

dafür wäre, dass sich die Kommunikations- und Designprofis<br />

fortbilden, dass sie <strong>Nachhaltig</strong>keit in ihrer Komplexität<br />

verstehen lernen. Ich habe bisher nur sehr, sehr selten<br />

Werber und Designer getroffen, die sich kompetent zum<br />

Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit äußern konnten! Auf Basis dieses<br />

Wissens sollten sie kommunikative Lösungen finden, die<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit in Wirtschaft und Gesellschaft vorantreiben<br />

können. Für den kreativen Nachwuchs müssen die<br />

Hochschulen Studiengänge und Module entwickeln, die<br />

nach den Prinzipien einer Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

aufgebaut sind und die den jungen Menschen<br />

eine echte Lösungskompetenz für die Herausforderungen<br />

unserer Zeit vermitteln. Die Branche sollte ihre Chance<br />

endlich wahrnehmen und ihre geistesabwesende Haltung<br />

beenden.<br />

Warum bin ich davon überzeugt, dass Design und Kommunikation<br />

eine große Rolle spielen, um eine nachhaltige<br />

Entwicklung zu unterstützen?<br />

1. Über 80 Prozent des Umwelteinflusses von <strong>Produkte</strong>n,<br />

Gebäuden und Services entscheidet bereits der Designprozess.<br />

2. Design und Kommunikation nehmen Einfluss auf unser<br />

Verhalten, unsere Einstellungen und Werte.<br />

3. Gutes Design hat immer eine hohe Problemlösungskompetenz<br />

(im Gegensatz zu kunstverklärtem Design).<br />

4. Auch der Designer als verantwortungsbewusster Bürger<br />

kann Einfluss nehmen.<br />

Das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung erfordert einen<br />

Wandel, einen Kulturwandel, eine Änderung unserer<br />

Haltungen und Werte, eine umfassende Änderung von<br />

Lebensstilen, Mobilität, Freizeitverhalten, Ernährungsgewohnheiten,<br />

Wohnformen und Bildung (z.B. Erwerb von<br />

Gestaltungskompetenz). Was müssen dann die Ziele von<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsdesign und -kommunikation sein? Sie müssen<br />

diesen Wandel unterstützen und fördern.<br />

Wie kann das konkret aussehen?<br />

Mobilität, Konsum<br />

Der DB-Konzern kommuniziert nicht nur seine <strong>Produkte</strong><br />

oder Services, sondern unterstützt auch nachhaltige Verhaltensweisen<br />

durch Aufklärung und Wissensvermittlung. Der<br />

Carsharing-Anbieter Drive Now betont nicht mehr Besitz,<br />

sondern teilen. Das Statussymbol Auto ist „out“, es entsteht<br />

ein neuer Status im Teilen mit der Gemeinschaft, in der Kooperation,<br />

im Nutzen statt Besitzen. Ein Carsharing-Auto mit<br />

30.000km/Jahr ersetzt sechs bis sieben Autos.<br />

Bildung und Konsum<br />

Die App „Ecochallenge“ fördert Bewusstseinsbildung, Wissensvermittlung,<br />

Handlungsoptionen und Austausch mit dem<br />

sozialen Netzwerk. Die App des Designers Timm Kekeritz<br />

und der FH unterstützt einen nachhaltigeren Lebensstil: Der<br />

User erhält jede Woche zwei neue Herausforderungen und<br />

Informationen zu Themen wie regionales Essen, sauberes<br />

Licht oder Mobilität.<br />

Wohnen und Energie<br />

Schwedische Designer haben die Energy Aware Clock<br />

entwickelt. Das Gerät in Form einer Uhr sammelt Daten<br />

des Energieverbrauchs in der Umgebung und stellt sie auf<br />

einem Display dar. Je größer der Energieverbrauch, umso<br />

weiter schlägt die Grafik aus. Ein schönes Tool, um Kindern<br />

Energieverbrauch und seine Folgen zu erklären.<br />

Die Welt verändert sich so oder so. Noch haben wir die Chance,<br />

gestaltend mitzuwirken. Das Zeitfenster ist noch offen: Bis<br />

2020 brauchen wir den Wandel hin zu einer nachhaltigeren<br />

Entwicklung. Wir alle sollten daran mitwirken, als Privatpersonen,<br />

als Bürger und auch als Designer und Kreative.<br />

STEPHAN BOHLE<br />

ist <strong>Nachhaltig</strong>keits- und Kommunikationsexperte<br />

und Gründer des Think Tanks<br />

„futurestrategy – strategies for sustainability“.<br />

Der Fokus seiner Beratertätigkeit<br />

liegt in der Entwicklung von <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategien<br />

und in der Konzeption von<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation, um eine<br />

nachhaltige Entwicklung in Unternehmen,<br />

Organisationen und Gesellschaft zu unterstützen<br />

und zu fördern.<br />

Das Buch „Cause + Effect – Visualizing Sustainability“ von Stephan<br />

Bohle und Sven Ehmann erschien 2<strong>01</strong>2 im Gestalten Verlag.<br />

16 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG | SCHWERPUNKT<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit bestimmt unser Handeln.<br />

Viessmann Werke · 35107 Allendorf (Eder) · Telefon 06452 70-0<br />

Wir freuen uns über die erneute Auszeichnung!<br />

In diesem Jahr in der Kategorie „Ressourceneffizienz“.<br />

Als Familienunternehmen in dritter Generation stehen<br />

wir nicht nur für hocheffiziente Heiztechnik-Systeme,<br />

wir entwickeln auch Lösungen für eine nachhaltige Zukunft.<br />

Mit unserem <strong>Nachhaltig</strong>keitsprojekt „Effizienz<br />

Plus“ erreichen wir die klimapolitischen Ziele von 2050<br />

bereits heute. Und das mit marktverfügbaren Technologien.<br />

Mehr erfahren Sie unter: www.viessmann.com<br />

Viessmann wurde 2009 mit dem Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis für die<br />

nachhaltigste Produktion, 2<strong>01</strong>1 für die nachhaltigste Marke und 2<strong>01</strong>3 für die<br />

höchste „Ressourceneffizienz“ ausgezeichnet.<br />

Die Kompetenzen der Viessmann Group: Kessel für Öl und Gas, Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmepumpen, Solar- und Holzheizsysteme, Biogasanlagen und Kältetechnik.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

17


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Ressourcenschutz …<br />

Leitbild der BSH<br />

Als Europas führender Hausgerätehersteller<br />

hat sich die BSH Bosch und Siemens<br />

Hausgeräte GmbH zum Umwelt- und<br />

Ressourcenschutz über den gesamten<br />

Lebensweg ihrer <strong>Produkte</strong> hinweg verpflichtet.<br />

Aufgrund der hohen Qualität<br />

und damit verbundenen Langlebigkeit<br />

der Geräte entfallen mehr als 80 Prozent<br />

der Umweltbelastung, die während des<br />

Produktlebenszyklus entsteht, auf die Nutzungsphase<br />

der Geräte in den Haushalten.<br />

Mit supereffizienten Geräten kann dieser<br />

Anteil deutlich verringert werden.<br />

Daher ist die Entwicklung von ressourcenschonenden<br />

<strong>Produkte</strong>n der nachhaltigste<br />

Beitrag der BSH zum Umwelt- und Klimaschutz.<br />

Seine energieeffizienten Geräte<br />

machen den Haugerätehersteller zum Vorreiter<br />

auf diesem Gebiet. Durch technische<br />

Weiterentwicklungen und wegweisende<br />

Innovationen konnten die BSH-Ingenieure<br />

den Strom- und Wasserverbrauch von<br />

Hausgeräten in den vergangenen Jahren<br />

kontinuierlich signifikant senken. Zum<br />

Beispiel sind moderne Wäschetrockner bis<br />

zu 72 Prozent sparsamer als vergleichbare<br />

Geräte noch vor 15 Jahren und supereffiziente<br />

Kühl- und Gefriergeräte der besten<br />

Energieeffizienzklasse A+++ verbrauchen<br />

bis zu 75 Prozent weniger Strom als ähnliche<br />

Kühl-Gefrier-Kombinationen aus dem<br />

Jahr 1998. Die sparsamsten Geschirrspüler<br />

verbrauchen nur noch sechs Liter Wasser.<br />

Dank konsequenten Umweltmanagements<br />

verfügt die BSH heute in allen Produktgruppen<br />

über Geräte mit einer ausgezeichneten<br />

Umweltbilanz.<br />

Bereits 1989 hat die BSH den Umweltschutz<br />

entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />

in ihr Unternehmensleitbild aufgenommen.<br />

Doch nicht nur bei der Entwicklung und Produktion<br />

von umwelt- und ressourcenschonenden<br />

Hausgeräten, sondern auch in der<br />

Logistik hat sich der Hausgerätehersteller<br />

zum Ziel gesetzt, Benchmark der Branche<br />

zu sein. So hat das Unternehmen für die<br />

Distribution und Lagerung Maßnahmen<br />

entwickelt, mit denen es sehr erfolgreich<br />

CO 2<br />

-Emissionen in der Logistikkette reduziert<br />

– auf einigen Transportstrecken bereits<br />

um über 20 Prozent. Langfristiges Ziel ist es,<br />

die CO 2<br />

-Emissionen der gesamten Logistik<br />

bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 2006<br />

zu senken.<br />

Neue Wege im Güterverkehr<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet das<br />

Unternehmen laufend daran, die Warenund<br />

Materialtransporte zu bündeln und<br />

dabei stets den optimalen Transportmittelmix<br />

zu verwenden. Jede Woche fahren<br />

zwei Züge, beladen mit Hausgeräten und<br />

Fertigungsteilen, vom BSH-Fabrikstandort<br />

im baden-württembergischen Giengen nach<br />

Cerkezköy in der Türkei und zurück. Demnächst<br />

sollen auch Ersatzteile transportiert<br />

werden. Von den Seehäfen Hamburg und<br />

Bremerhaven verschifft der Konzern seine<br />

Geräte zusätzlich in die ganze Welt. Auch<br />

beim Straßengüterverkehr geht die BSH<br />

neue Wege und setzt seit Herbst 2<strong>01</strong>2 in<br />

Deutschland erstmals Lang-Lkw ein: Die<br />

neue, 25 Meter lange Fahrzeugkombination<br />

transportiert täglich vom Umschlaglager<br />

Giengen aus rund 280 Großgeräte zu verschiedenen<br />

Standorten in Deutschland.<br />

Der Lang-Lkw bietet 40 Prozent mehr<br />

Transportvolumen und spart im Vergleich<br />

zu üblichen Lastwagen je transportiertem<br />

Gerät 20 Prozent CO 2<br />

ein. Übergeordnetes<br />

Ziel ist es, alle Transportmittel optimal auszulasten<br />

und so umweltbelastende Transporte<br />

zu vermeiden – so zum Beispiel bei<br />

der Beförderung von kleinen Hausgeräten.<br />

Dazu hat die BSH ein spezielles System – „Slip<br />

Tarp“ – entwickelt, um die Containerinhalte<br />

auf ein Mal zu entladen. Slip Tarp ermöglicht<br />

eine bis zu 63 Prozent bessere Nutzung des<br />

Containervolumens als das mit anderen<br />

Verfahren möglich ist.<br />

Klimaschutz und Ressourceneffizienz spielen für die BSH nicht nur bei der Produktion von Hausgeräten<br />

sondern auch in der Logistik eine wesentliche Rolle. Ziel ist es, die CO 2<br />

-Emissionen in der gesamten<br />

Logistik bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 2006 zu senken.<br />

FRIDOLIN WEINDL<br />

Telefon: +49-89-4590-3391<br />

Fridolin.Weindl@bshg.com<br />

www.bsh-group.de<br />

18 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

19


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Natur versus Design?<br />

Die Natur schafft, der Mensch zerstört? Sinn für Produktverantwortung und<br />

kluges Design könnten dieser These ein Ende bereiten. <strong>forum</strong> zeigt <strong>Produkte</strong><br />

und Materia lien, deren Designer und Hersteller schon heute an morgen denken.<br />

Von Kim Schumacher<br />

Naturkautschuk aus der Löwenzahnwurzel<br />

Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut hat der Reifenhersteller<br />

Continental ein Verfahren entwickelt, um aus der Löwenzahnwurzel<br />

Naturkautschuk zu gewinnen. Um Umweltbelastungen und<br />

Logistikaufwand gering zu halten, will Continental nicht nur auf<br />

subtropischen Kautschuk aus dem Gummibaum verzichten, sondern<br />

auch die Felder in die Nähe der Produktionsstandorte legen.<br />

Noch 2<strong>01</strong>4 soll der erste Löwenzahn-Reifen auf deutschen Straßen<br />

rollen.<br />

www.continental-reifen.de<br />

Bild: Reifen: © Continental | Bild: Löwenzahn: ©Grafissimo by istockphoto.com | Bild: Hintergrund © Qmilk<br />

20<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

Windturbine in Regenschirmformat<br />

Energie „to go“ – der Revolver von Frog Design<br />

versorgt Handy, Laptop und Lampe auch<br />

unterwegs mit Strom. Schon eine leichte Brise<br />

genügt, damit die handliche Windturbine<br />

ausreichend Energie produziert. Das Projekt<br />

wurde mit dem Bundespreis Ecodesign 2<strong>01</strong>3<br />

ausgezeichnet.<br />

www.frogdesign.com<br />

Wärme aus Datenheizung<br />

Fotos: oben: © frogdesign | unten: © Aoterra<br />

Was aussieht wie ein Aktenschrank ist tatsächlich ein Datenserver,<br />

der das Haus mit seiner Abwärme umweltfreundlich<br />

heizt. Das vom Dresdner Start-up AoTerra entwickelte Gerät<br />

namens AoHeat lässt die Bewohner auch bei Stromausfällen<br />

nicht im Stich: Ein 24-Stunden-Puffer und eine Elektroheizpatrone<br />

halten das Haus im Notfall warm. Die Anschaffungskosten<br />

sind vergleichbar mit denen von herkömmlichen<br />

Heizsystemen, darüber hinaus übernimmt AoTerra anfallende<br />

Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten.<br />

www.aoheat.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

21


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Staubsauger ohne Schrauben<br />

Nach dem Cradle to Cradle-Prinzip konzipiert kommt dieser Staubsauger<br />

ohne eine einzige Schraube aus. Mit wenigen Handgriffen<br />

kann man den Haushaltshelfer auseinanderbauen. Das heißt: man<br />

könnte! Bislang ist der Staubsauger von Philips nur ein Prototyp.<br />

Einige dieser Ansätze hat das Unternehmen in eine neue Staubsauger-Reihe<br />

„Performer“ eingebracht, die bereits im Handel erhältlich<br />

ist. Sie verwendet recycelte Kunststoffe und die Motoren sind<br />

energiesparend.<br />

www.philips.com<br />

Designer-Kaffeemaschine aus alten CDs<br />

Zu 50 Prozent besteht die Senseo Viva Café Eco aus recycelten<br />

Kunststoffen. Alte CDs und DVDs sind die Basis der Designer-Kaffeemaschine.<br />

Bislang lassen sich nur die äußeren Kunststoffe zu<br />

100 Prozent recyceln, was an der strengen Qualitätskontrolle nach<br />

EU-Richtlinie 282/2008 für recycelte Materialien liegt. Kunststoffe,<br />

die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, wie hier Kaffee und<br />

Wasser, fallen unter diese Richtlinie. Die Senseo Viva Cafe Eco gilt<br />

als ausverkauft und wird nicht nachproduziert. Philips setzt auch<br />

künftig recycelte Materialien für weitere Produktlinien ein. Das Unternehmen<br />

hat die Menge der verwendeten Recycling-Materialien<br />

im Jahr 2<strong>01</strong>3 versechsfacht.<br />

www.pilips.com<br />

Goldgrube Abfall<br />

95 Alu-Dosen stecken in diesem dreiteiligen Tellerset. Das Designlabel<br />

Regenesi vereint in seinen <strong>Produkte</strong>n Schönheit, Ökologie<br />

und Funktionalität. Regenesi produziert in Italien, arbeitet eng mit<br />

Hochschulen zusammen und gibt so jungen Designern die Möglichkeit,<br />

Objekte zu entwerfen.<br />

www.regenesi.com<br />

Fotos: © Philips | unten: © Regenesi<br />

22 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

In der Nuss spielt die Musik<br />

Im getrockneten Zustand ist die kolumbianische Riesenbohne härter<br />

und widerstandsfähiger als der Kunststoff Polycarbonat. Das fand<br />

das Start-up-Unternehmen Cybotanics heraus. Die gleichen Eigenschaften<br />

besitzt die ebenfalls aus Südamerika stammende Steinnuss.<br />

Cybotanics höhlt beide Naturprodukte aus und stattet sie mit der<br />

nötigen Technik aus. Das restliche Material besteht aus biologisch<br />

abbaubaren Polymilchsäuren. Et voilà: Eine Generation Öko-MP3-<br />

Player mit einem zwei Gigabyte großen Speicher ist geboren.<br />

www.cybotanics.com<br />

Fotos: oben: © Cybotanics Ltd. | Mitte: © Bambooride OG | unten: © ecovative<br />

Räder aus Bambus<br />

Das Team von Bambooride stellt ökologische Fahrräder aus Bambus<br />

her. Die Rahmenfertigung übernimmt unter anderem ein Rennrad-<br />

Team aus Uganda. Der Rahmen bindet etwa ein halbes Kilogramm<br />

mehr CO 2<br />

als bei Produktion und Transport entsteht. Zum Vergleich:<br />

Stahl- oder Kohlefaserrahmen verursachen bei Produktion<br />

und Transport mehr als fünf Kilogramm CO 2<br />

-Emissionen.<br />

www.bambooride.com<br />

Hang Loose!<br />

Ecovative verarbeitet das Wurzelgeflecht von Pilzen, sogenannte<br />

Myzele, zu einer Art Schaumstoff. Das Naturmaterial ist ebenso fest<br />

wie leicht und lässt sich hervorragend verarbeiten. Nicht nur Surfer<br />

profitieren von der flexiblen Eigenschaft des Surfbretts, das sich<br />

je nach Züchtung der Pilze hart oder weich fertigen lässt, sondern<br />

auch die Natur: Das Mushroom-Board ist komplett abbaubar. Gezüchtet<br />

werden die Myzele übrigens auf Landwirtschaftsabfällen.<br />

www.ecovativedesign.com<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

23


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Ausgefahren: Alte Skateboards finden<br />

eine schmucke Neuverwendung<br />

Ohrringe, Manschettenknöpfe, Topfuntersetzer –<br />

dies ist nur ein kleiner Auszug der Produktpalette<br />

von zweihundertsieben. Tim Müller und Christoph<br />

Reimers aus Jork in der Nähe von Hamburg fertigen<br />

Unikate aus alten Skateboards. Upcycling mit<br />

Liebe zum Detail.<br />

www.zweihundertsieben.de<br />

Modische Pionierin<br />

Mutig, stark und innovativ ist die Mode von Designerin Esther<br />

Bätschmann. Inspiriert von der Kleidung der Flugpionierinnen aus<br />

den 1920er-Jahren hat Bätschmann ein Modelabel ins Leben gerufen,<br />

dass auf dem Cradle to Cradle-Prinzip basiert. STARTKLAR<br />

erhielt den ersten Preis des Marianne-Brandt-Wettbewerbs in der<br />

Kategorie Cradle to Cradle sowie den Bundespreis EcoDesign in der<br />

Kategorie Nachwuchs.<br />

www.estherbaetschmann.de<br />

Fotos: oben: © zweihundertsieben | unten: © Esther Bätschmann<br />

24 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

Büromöbel-Hersteller sind Vorreiter in Sachen<br />

Wiederverwertung<br />

Das Unternehmen Hermann Miller heimste zahlreiche Designpreise<br />

ein. In zweierlei Hinsicht zu Recht: <strong>Nachhaltig</strong>keit und ansprechendes<br />

Design. Zu 42 Prozent besteht der Bürostuhl Mirra aus recycelten Materialien<br />

und zu 96 Prozent lassen sich seine Materialien recyceln.<br />

Lediglich vier Prozentpunkte fehlen also noch für die perfekte<br />

Umsetzung des Cradle to Cradle-Gedankens. Mirra ist derzeit<br />

eines der ökologischsten <strong>Produkte</strong> am Markt. Die Firma<br />

Wilkhahn, ebenfalls ein Büromöbelhersteller, produzierte<br />

bereits 1992 einen komplett wiederverwertbaren Bürostuhl.<br />

Zudem setzt Wilkhahn auf eine nahezu CO 2 -<br />

neutrale Produktion.<br />

www.hermanmiller.de<br />

www.wilkhahn.de<br />

Fotos: links © Wilkhan | rechts: © Hermann Miller | unten: © Qmilk<br />

Textilien aus Milcheiweiß<br />

1,7 Tonnen Milcheiweiß pro Jahr landen auf dem Müll. Anke<br />

Domaske, Gründerin des Start-ups Qmilk, verarbeitet es lieber<br />

zu Textilien. Das sogenannte Kasein wird erhitzt und in Fäden<br />

gezogen. Die dabei entstehenden Fasern besitzen die gleichen<br />

Eigenschaften wie herkömmliche Textilstoffe und kommen deshalb<br />

nicht nur in der Modebranche, sondern auch in der Autoindustrie<br />

und Medizin zum Einsatz. Die Qmilk ist frei von industrieller<br />

Chemie, stammt von glücklichen Kühen und<br />

ist dank der Proteine hautpflegend.<br />

www.qmilk.eu<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Alles beginnt im Kopf<br />

Wie muss ein nachhaltiges Produkt gedacht sein?<br />

Jede Großstadt kennt das Problem: Aus Bequemlichkeit bringen Getränkekäufer ihre Pfandflaschen nicht zurück, sondern legen sie in, auf<br />

oder neben städtische Mülleimer. Doch fällt die Flasche hinunter, ist der Schaden und Reinigungsaufwand durch die Scherben groß. Mit<br />

dem von Paul Ketz an der Ecosign entwickelten Pfandring können Passanten ihr Pfand so abstellen, dass es nicht durch Bruch aus dem Recycling-Kreislauf<br />

ausscheidet und auch nicht mühsam von Flaschensammlern herausgesucht werden muss.<br />

Von Bernd Draser<br />

An der Designschule ecosign haben wir ein Verständnis von<br />

nachhaltigem Design, das dem unmittelbaren Formgeben<br />

eine sorgfältige Reflexion zugrunde legt. Als Philosoph, der<br />

mit Studenten des <strong>Nachhaltig</strong>en Designs arbeitet, diskutiere<br />

ich mit den jungen Kreativen Fragen wie diese:<br />

Welche Problemstellung soll das neue Produkt zu lösen helfen?<br />

Welches menschliche Bedürfnis liegt dem zugrunde? Ist<br />

dafür wirklich ein Produkt die richtige Lösung? Oder nicht<br />

eher ein Service? Oder sogar eine andere Haltung? Denn<br />

schließlich haben unsere Probleme in Sachen nachhaltiger<br />

Entwicklung viel damit zu tun, dass wir zu viele und nicht<br />

etwa zu wenige <strong>Produkte</strong> haben.<br />

Und handelt es sich überhaupt um ein echtes Bedürfnis,<br />

oder um eine flüchtige Laune, eine Mode? Wenn wir dann<br />

ein neues Produkt haben, wird unser Leben dadurch besser?<br />

Sind wir freier? Oder ist das nur ein flüchtiges Lüstchen, das<br />

sich in biografischen Ballast verwandelt, wenn es abkühlt?<br />

Soll es wirklich ein Objekt sein, dann stellt sich die Frage<br />

nach der Auflagenhöhe, denn davon hängt fast alles ab.<br />

Ein einziges Objekt kann in sich wunderbar funktional sein.<br />

Wie wirkt es aber in Massen? Was bedeutet das für Materialverbrauch<br />

und Infrastruktur? Und wie wirkt es sich auf<br />

Energieverbrauch, Emissionen und Lebensqualität aus? Wie<br />

lang kann ich es gebrauchen?<br />

Will ich mit Marketing erfolgreich sein – oder mit einem<br />

Produkt, das die Menschen wirklich brauchen?<br />

Eine Studie der Europäischen Kommission hat ergeben, dass<br />

rund 80 Prozent der ökologischen Auswirkungen eines Produkts<br />

schon im Entwurfsprozess determiniert werden. Damit<br />

sitzen Designer an einer Schlüsselstelle. Ein Unternehmen,<br />

das sich für ein Primat des Marketings entscheidet, entzieht<br />

sich damit selbst die entscheidenden Kompetenzen. De signer<br />

können hier aber verantwortlich agieren.<br />

Ein Produkt, das nachhaltig werden soll, bedarf dann einer<br />

sorgfältigen Analyse. Welche komplexen Auswirkungen auf<br />

Umwelt und Gesellschaft sind zu erwarten? Wo liegen die<br />

Hauptverursacher von solchen Auswirkungen? An welchen<br />

Stellschrauben kann man folgerichtig drehen, um deutliche<br />

Verbesserungen zu erzielen? Sind es die Materialien oder das<br />

Herstellungsverfahren? Sind es der Gebrauch und die damit<br />

verbundenen Effekte wie Energiekonsum, Emissionen? Oder<br />

passieren die schädlichen Effekte sogar auf der kulturellen<br />

und symbolischen Ebene? Das heißt: Beschädigen sie unsere<br />

Werte, unsere Bildung, unsere Traditionen, unseren Umgang<br />

miteinander?<br />

<strong>Nachhaltig</strong>es Design zeichnet sich dadurch aus, dass es solche<br />

vielschichtigen Überlegungen anstellt, sehr sorgfältig recherchiert<br />

und plant, die komplexen Wechselwirkungen bewertet<br />

und auf einer gut informierten Grundlage gestalterische<br />

Entscheidungen trifft. Und daraus ergibt sich dann auch<br />

die Entscheidung, ob ein Produkt oder eine Dienstleistung<br />

zielführend ist, oder vielleicht sogar der Versuch, kommunizierend<br />

Haltungen zu verändern.<br />

BERND DRASER<br />

lehrt seit 2004 Philosophie und Kulturwissenschaften an der ecosign.<br />

Folglich beschäftigt er sich mit allerlei schönen Themen, u.a. mit der-<br />

Frage, wie eine Ästhetik der <strong>Nachhaltig</strong>keit aussehen könnte und wie<br />

sie sich aus unserer Kulturgeschichte erschließt. Denn <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

ist eine Frage der klassischen Bildung.<br />

www.ecosign.net<br />

Foto: © Paul Ketz<br />

26 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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28<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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Kein Müll<br />

Der Öko-Visionär Michael Braungart arbeitet an einer Zukunft, in der alles wieder<br />

verwertbar ist. Er will eine Welt ohne Abfall, eine Welt zum Prassen. Damit macht<br />

er sich nicht nur Freunde.<br />

Von Alexandra Borchardt<br />

Foto: © Philipp Loepfe<br />

Immer wieder der Kirschbaum. Ob er nicht mal aufhören<br />

könne mit diesem Kirschbaum, ist man versucht, Michael<br />

Braungart zu fragen, wenn man ihm schon öfter zugehört, seine<br />

Bücher, seine Thesen und Texte über ihn gelesen hat. Aber<br />

der Kirschbaum, wie er üppig blüht, mit all seinem Überfluss<br />

an Schönheit und allzu schneller Vergänglichkeit, steht für<br />

Braungarts Arbeit. Seit Kurzem steht er auch für sein Leben,<br />

mehr, als er das je befürchtet haben wird. Aber dazu später.<br />

Und wie sollte es anders sein: Kaum hat man an diesem<br />

sommerschwülen Tag das Haus der Patriotischen Gesellschaft<br />

an der Hamburger Trostbrücke betreten, hat den Fahrstuhl<br />

ignoriert, um durch das kathedralenhafte Treppenhaus bis<br />

unters Dach zu steigen, wird man auch schon von Michael<br />

Braungart durch die vollgestellten Flure seiner Firma vor eine<br />

Wand geschleppt, daran ein kleines Zertifikat: eine spezielle<br />

Sorte des Prunus avium , in Holland kreiert und ihm gewidmet.<br />

„Ein Cradle to Cradle Kirschbaum“, sagt Braungart, und<br />

klingt dabei stolz wie ein Kind, das eine Eins geschrieben hat.<br />

Damit ist er schon im Herzen seiner Theorie, nein, seiner<br />

Praxis angelangt. Bei dem, was ihm am Herzen liegt.<br />

In der Welt von Prof. Michael Braungart, Chemiker und<br />

Verfahrenstechniker, gibt es keinen Müll. Er hat das Umweltprinzip<br />

„Cradle to Cradle“ erfunden. Übersetzt heißt<br />

das „von der Wiege bis zur Wiege“. Man könnte es auch<br />

das Prinzip Wiedergeburt nennen. Das, was neu entsteht,<br />

kann etwas gänzlich anderes sein als das Alte, das zu Grabe<br />

getragen wurde. Aber am Ende stehen immer neues Leben<br />

oder Kunstwerke der Technik. So die Theorie.<br />

Und diese Theorie ist stark. Namhafte Firmen und Institutionen<br />

haben sich Teile davon zu eigen gemacht, der Einzelhandelsgigant<br />

Wal-Mart, die US-Weltraumbehörde Nasa, Procter<br />

& Gamble, Puma und Triumph, um wenige zu nennen. Der<br />

Hollywood-Schauspieler Brad Pitt ist ein Fan.<br />

Alles ist möglich: Prassen, verschwenden, genießen<br />

Was Braungart überall auf der Welt, in Filialen seiner Firma in<br />

15 Ländern, bei Vorträgen und als Professor an drei niederländischen<br />

Hochschulen lehrt, was er 2002 mit dem amerikanischen<br />

Architekten William (Bill) McDonough erstmals in einem Buch<br />

namens „Cradle to Cradle“ beschrieben hat: Wenn die Menschen<br />

nur alle <strong>Produkte</strong> richtig designen, so, dass sie entweder<br />

vollkommen kompostierbar oder vollkommen in wiederverwertbare<br />

Teile zerlegbar sind, können sie Schluss machen mit<br />

dem Ressourcensparen. Vor allem: Schluss mit dem Streben<br />

nach Öko-Effizienz, Schluss mit dem Schuldgefühl. Leben,<br />

prassen, verschwenden, genießen – all das solle wieder möglich<br />

sein, sagt Braungart. Öko-Effektivität sei das Ziel.<br />

„Nehmen Sie die Musik von Mozart, die Bilder von van Gogh,<br />

nehmen Sie Sex“, sagt Braungart, „nichts wirklich Schönes<br />

ist effizient. Die Natur ist nicht effizient.“ Schon gar nicht<br />

der Kirschbaum.<br />

Auch nicht die Liebe, die Leidenschaft, die Literatur, das Leben.<br />

Was wäre, wenn alle wieder all das sorglos tun könnten,<br />

was im Windschatten der Umweltbewegung aufgewachsenen<br />

Menschen zuweilen ein schlechtes Gewissen macht:<br />

lustvolles Shoppen, Wäschetrockner Anschalten, Autofahren,<br />

Wegwerfen, Fleisch Essen, Fliegen in ferne Länder? Aber so<br />

logisch es klingt, einfach von der Natur zu lernen, so einfach<br />

ist es nicht. Und ist das Konzept logisch?<br />

Zumindest hat der normal begabte Mensch einige Schwierigkeiten,<br />

mit Braungart mitzuhalten. Der Mann redet und<br />

redet, Zahlen, Beispiele, Anekdoten reihen sich aneinander<br />

wie kleine, übereinanderschwappende Wellen in einem<br />

Gedankenmeer, während die Locken in seine Stirn fallen.<br />

Seinen Intelligenzquotienten verrät Michael Braungart nicht,<br />

er erwähnt aber durchaus, dass er ihn mal hat messen lassen<br />

(„Man sagte mir damals, für ein Chemie-Studium sei der doch<br />

viel zu hoch“). Nur, dass ihm vier Stunden Schlaf pro Nacht<br />

reichen, und dass er niemals die Zeit umstelle. Zwanzig vor<br />

zehn zeigt seine Armbanduhr, in Hamburg ist es da zehn nach<br />

sechs am Nachmittag.<br />

Und dann jagt er noch durch diese Präsentation, rennt zu<br />

drei Regalen (in Turnschuhen mit kompostierbaren Sohlen),<br />

rafft Broschüren über „Cradle to Cradle“- <strong>Produkte</strong> zusammen<br />

und das neue Buch „The Upcycle“, das er ebenfalls mit<br />

McDonough geschrieben hat. Das Vorwort kommt von Bill<br />

Clinton, der „Bill und Michael“ als Männer preist, für die<br />

das Glas „immer ganz voll“ sei. Im September erscheint die<br />

deutsche Version, der Titel: „Intelligente Verschwendung:<br />

Auf dem Weg in eine neue Überflussgesellschaft“.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

29


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Weniger vom Schlechten ist immer noch schlecht<br />

Die Botschaften der beiden lauten erstens, es geht nicht um<br />

Energie, sondern um Material und Design. „Das Energieproblem<br />

lässt sich lösen“, sagt Braungart. Zweitens, <strong>Produkte</strong><br />

und ihre Einzelteile müssen entweder für die Biosphäre oder<br />

für die Technosphäre entwickelt werden. Sprich: Sie müssen<br />

entweder vollständig aus abbaubaren oder komplett aus<br />

nicht zerfallenden Stoffen bestehen, die wiederverwendet<br />

werden. Hybride sind verboten. Drittens, weniger von etwas<br />

Schlechtem bleibt schlecht, Effizienz bringt also nichts. Der<br />

ökologische Fußabdruck des Menschen dürfe ruhig größer<br />

ausfallen, wenn es denn ein positiver sei. Klingt gut?<br />

Braungart, in jungen Jahren als Greenpeace-Aktivist in<br />

Schlauchbooten vor Chemiefabriken unterwegs, müsste damit<br />

der Held der deutschen Umweltbewegung sein, so wie<br />

McDonough eine Art Held in Amerika ist. Stattdessen ist er ihr<br />

Bulldozer. Weil er ihre Glaubenssätze infrage stellt: Dass alles<br />

um Energie geht, um Sparsamkeit und Effizienz, um weniger<br />

statt mehr. Klimaneutralität – das hält er für Unsinn. „Sie<br />

können nur klimaneutral sein, wenn Sie nicht existieren! Kein<br />

Baum ist klimaneutral.“ Und dann erst das: „<strong>Nachhaltig</strong>keit!“<br />

Braungart redet meist leise, fast wie in einem Singsang, aber<br />

dieses Wort schnauft er heraus. „<strong>Nachhaltig</strong>keit ist langweilig.<br />

Sagen Sie etwa, meine Ehe ist nachhaltig?“ Später wird er<br />

einem eine Stofftasche geben, von einer Tagung aus Taiwan.<br />

Und weil die Veranstalter ihren Stargast zufriedenstellen wollten,<br />

haben sie vor das Wort „Sustainability“ noch schnell ein<br />

„beyond“ gedruckt – über <strong>Nachhaltig</strong>keit hinaus.<br />

„Schade“, sagt Ernst Ulrich von Weizsäcker, Eminenz der<br />

deutschen Umweltpolitik. Seine Bücher „Faktor Vier“ und<br />

„Faktor Fünf“ gründen auf Effizienz und <strong>Nachhaltig</strong>keit.<br />

„Michael ist ein Erfinder, ein Genie. Aber dass er nicht über<br />

Energie redet, ist falsch.“ Das verstöre manche Leute, „das<br />

hat er doch nicht nötig.“ „Cradle to Cradle“ sei ein brillantes<br />

Konzept. „Es würde noch kräftiger, wenn man es mit anderen<br />

Konzepten wie ökologischer Fußabdruck, Energie-Effizienz,<br />

Faktor Fünf zusammenbringen würde“, sagt Weizsäcker.<br />

Aber genau das passt Braungart nicht, es widerspräche<br />

seiner Botschaft. Und viele Menschen lieben genau diese,<br />

strömen zu Auftritten mit ihm, rufen „Ausreden lassen!“,<br />

wenn Moderatoren versuchen, seinen Redefluss zu stoppen.<br />

Sein Hamburger Dachgeschoss ist voller Mitarbeiter, die an<br />

ihn glauben. Mit großer Zuneigung stellt er einem so viele vor,<br />

wie es die Zeit gerade erlaubt, sie kommen aus Frankreich,<br />

Kanada, Deutschland, China, Israel und sonstwo her. Alle<br />

arbeiten für seine Ideen, manch einer Tag und Nacht, manch<br />

anderer nur, „weil’s den Lebenslauf schmückt“, sagt Braungart,<br />

und zeigt auf die Stechuhr am Eingang, die Überehrgeizige<br />

vor sich selbst schützen und andere kontrollieren soll.<br />

Braungart kann man wohl nicht vor sich selbst schützen. Wenn<br />

man ihn begleitet, muss man an die Zeile aus Tim Bendzkos<br />

Song denken: „Muss nur noch kurz die Welt retten“. Und dann<br />

erschrickt man, weil der Text einerseits so gut zu Braungart passt,<br />

und dann wieder ganz und gar nicht. Das Lied beschreibt einen,<br />

der sich nie die Zeit nimmt für das, was wirklich wichtig ist.<br />

Braungart würde sich Zeit nehmen, ganz sicher, nur nützt<br />

es nichts mehr.<br />

Die Welt ist voller Gefahren: Der Schuh, das Passivhaus,<br />

der Öko-Kuchen<br />

24 Jahre alt war sein Sohn, als er im Frühling nach einer Routine-Operation<br />

an einem Krankenhauskeim starb. Blüte und<br />

Vergänglichkeit, so nah beieinander. Das Leben – auch nur<br />

ein Kirschbaum. „Warum ist der Tod eines Kindes über alle<br />

Kulturen hinweg so tragisch?“, heißt es in „The Upcyle“, das<br />

kurz darauf erschien. „Weil das Kind niemals die Gelegenheit<br />

hatte, in allen Facetten zu erblühen, in denen ein Mensch<br />

erblüht.“ Möglichkeiten, Überfluss – alles abgeschnitten.<br />

„Danach flieg’ ich zu dir“, heißt es bei Bendzko.<br />

Aber Braungart hat zwei Töchter, eine Frau. Und er muss weitermachen.<br />

Denn alle sollen begreifen, dass die Menschen<br />

lernen müssen, mit Bakterien zu leben, statt alle auszurotten,<br />

bis nur noch ein paar resistente, hochgefährliche Keime übrig<br />

bleiben. „Terroristen“, nennt Braungart sie.<br />

Tatsächlich ist die Welt aus Braungarts Perspektive betrachtet<br />

voller hochgefährlicher Dinge. Man joggt durch den Park,<br />

und der Sportschuh? Gibt bei jedem Schritt Partikel ab, die<br />

krebsfördernd sein oder die Fruchtbarkeit verringern können.<br />

Man zieht ins Passivhaus. Und weil es so schön dicht<br />

ist, bekommen die Kinder Asthma. „Die Luft in deutschen<br />

Einfamilienhäusern ist drei- bis achtmal schlechter als auf<br />

dem Münchner Marienplatz“, sagt Braungart. Den Öko-Kuchen<br />

backt man in einer Form aus Silikon – „Giftmüll!“.<br />

Gleiches sind auch Barbie-Puppen („500 Chemikalien!“),<br />

Kunststoffflaschen, BHs, wenn es sich nicht gerade um den<br />

aus Braungarts Asservaten-Kammer handelt. „Den ersten<br />

BH für Hautkontakt“, nennt er das schwarze Teil, wenn er es<br />

auf Podien präsentiert.<br />

Am Morgen nach dem Besuch in seiner Firma wird er anrufen,<br />

noch vor neun Uhr. „Das mit dem Giftmüll ist übertrieben“,<br />

sagt er. Kein Kind werde sterben, weil es Kuchen aus Silikon-Backformen<br />

esse oder mit Barbies spiele. „Mir geht es<br />

um die positive Botschaft.“<br />

Dabei hat man die längst verstanden. Spätestens nach einem<br />

Besuch in Braungarts Showroom, einer Altbauwohnung<br />

wenige Schritte entfernt vom Hamburger Rathausmarkt,<br />

vermutet man, dass es ginge. Denn jedes einzelne Teil in<br />

diesem Raum ist ein Wiege-zur-Wiege Produkt, „C2C“ oder<br />

„Kradle tu Kradle“, wie es der 1958 in Schwäbisch-Gmünd<br />

geborene Braungart ausspricht.<br />

Dort kann man durchspielen, wie weit man mit all diesen<br />

Gegenständen kommen würde. Man könnte nach dem<br />

Duschen mit lila-glänzendem C2C-Gel aus der C2C-Flasche<br />

im Bad mit wiederverwertbaren Austauschfliesen in den<br />

schon erwähnten BH schlüpfen, die C2C-Arbeitskleidung<br />

und Sneakers überstreifen, einen voll recycelbaren Rucksack<br />

überwerfen. Das Kind beschäftigt man mit C2C-Spielfiguren,<br />

damit es nicht vor dem komplett verwertbaren Fernseher<br />

sitzen bleibt auf einem Teppich, der die Raumluft reinigt,<br />

statt sie zu verpesten. Ein ähnlicher liegt dann im Büro, als<br />

30 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


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Unterlage für C2C-Möbel. „Sie sitzen hier auf einem Bezug,<br />

den Sie essen können“, sagt Braungart, und deutet auf den<br />

Bürostuhl. Der übrigens lasse sich in 32 Sekunden in wiederverwertbare<br />

Teile zerlegen. Etwa 1300 <strong>Produkte</strong> seien schon<br />

nach dem Prinzip entwickelt worden. Viele Unternehmer und<br />

Manager schätzen die Ideen von Braungart, weil er ihnen<br />

nicht andauernd mit einem „So nicht!“ kommt, sondern mit<br />

einem „So!“ Aber schätzen sie auch ihn?<br />

Ein Mann zwischen genialem Symphoniker und starrsinnigem<br />

Provokateur<br />

Michael Braungart polarisiert. Die einen lieben ihn, weil er sie<br />

begeistert mit seinen Ideen, seiner Leidenschaft für die Sache,<br />

seinem ganz und gar ineffizienten Umgang mit Gefühlen.<br />

Rachel Platin zum Beispiel, wissenschaftliche Direktorin bei<br />

Braungarts EPEA, der Environmental Protection Encouragement<br />

Agency. Die Biologin ist aus Israel nach Hamburg gezogen,<br />

obwohl sie aus einer Familie stammt, in deren Haushalt<br />

noch nicht einmal deutsche <strong>Produkte</strong> erlaubt waren. Sie<br />

erlebte Umweltschützer in ihrer Heimat als zu ideologisch,<br />

wollte endlich handeln. „Es ist eine Freude, mit einem sehr,<br />

sehr, sehr klugen Menschen zu arbeiten“, sagt Platin.<br />

Co-Autor William McDonough natürlich. Die beiden Männer<br />

waren sich 1991 bei der Eröffnung von Braungarts Büro in<br />

New York begegnet. Den ganzen Abend hätten sie geredet,<br />

erzählen beide, und dabei praktisch die Party verpasst. „Was<br />

Michael getan hat, hat die Welt verändert“, sagt McDonough,<br />

der in Charlottesville, Virginia, lebt. Er liebe das Arbeiten mit<br />

Braungart. „Wenn wir kommunizieren, dann geht das hin und<br />

her, das ist wie Musik.“ Man nimmt an, dass McDonough bei<br />

diesem Vergleich nicht an einen seichten Pop-Song denkt,<br />

sondern an eine anspruchsvolle Symphonie. „Er ist wie viele<br />

brillante Menschen: sehr konzentriert und sehr ernsthaft<br />

dabei, was er tut“, sagt McDonough, der Architekt.<br />

Andere nennen das Starrsinn. Er habe „geniale Gedankenblitze“,<br />

sagt einer, der geschäftlich mit ihm zu tun hatte.<br />

Braungart sei ein Provokateur, „schon so ein bisschen ein<br />

verrückter Hund“. Das bedeute aber auch: „Es ist unbequem<br />

und anstrengend, mit ihm zusammenzuarbeiten.“<br />

In der Tat ist Braungart einer dieser Menschen, die Mühe<br />

haben mit der Freiheit des Andersdenkenden. Er entspricht<br />

fast zu sehr dem Klischee eines Genies: unbequem, rastlos,<br />

getrieben, vielleicht auch ein bisschen verkannt.<br />

Damals jedenfalls, daheim im schwäbischen Dorf, der Vater<br />

Schulleiter, mit vier Geschwistern um den Tisch, da hat er wohl<br />

kämpfen müssen, um gehört zu werden. Die beiden Brüder<br />

wurden Geisteswissenschaftler, lehren heute in Tübingen und<br />

Bielefeld. „Das ist das, was bei uns in der Familie zählte“, sagt<br />

Braungart. Er, Michael, war „nur“ Naturwissenschaftler. Hinzu<br />

komme: In seiner Jugend seien Chemiker die Bösen gewesen,<br />

ähnlich den Bankern heute. Die großen Katastrophen, Seveso,<br />

Bhopal, hätten abgeschreckt. „Die ganzen guten Leute gingen<br />

nicht in die Chemie.“ Ihn habe das Fach fasziniert. Rachel<br />

Carsons Bestseller „Silent Spring“, Bibel der amerikanischen<br />

Umweltbewegung, habe er als Zwölfjähriger gelesen.<br />

Dann waren da noch die Frauen. Einer attraktiven blonden<br />

Chemielehrerin habe er gefallen wollen. Und schließlich Monika<br />

Griefahn, Mitgründerin von Greenpeace Deutschland,<br />

später Niedersachsens Umweltministerin. „Monika war die<br />

Königin von Greenpeace“, sagt Braungart, „um sie herum<br />

viele Prinzen.“ Er wurde der ihre. Und als der Kinderwunsch<br />

anstand, sei für ihn klar gewesen: „Ich kümmere mich.“ Es<br />

kamen ein Sohn, zwei Töchter. So manches Mal habe er die<br />

Baby-Schale mit zu Kunden genommen.<br />

Man stellt sich das vor: Er, der schlaksige Lockenkopf, mit<br />

Säugling zwischen den Anzugträgern der Managerwelt. So<br />

einer scheitert entweder am Vorzimmer. Oder er dringt vor.<br />

„Der Mensch braucht keine Waschmaschine, er braucht<br />

nur 3000-mal waschen“<br />

Klar gibt und gab es Rückschläge. Philips zum Beispiel produzierte<br />

den ersten „Cradle-to-Cradle“-Fernseher und verkaufte<br />

dann seine Fernsehproduktion. Bei Puma wechselte<br />

der Vorstandsvorsitzende, das kommt auch anderswo vor.<br />

Und es dauert. Zumal die meisten Firmen das Konzept eher<br />

in Nischen ausprobieren, als den ganzen Betrieb danach<br />

auszurichten.<br />

Und wie viele <strong>Produkte</strong> beherbergt allein ein mittelgroßes<br />

Wohnzimmer? Wie viele Dinge besitzen Menschen? Müssen<br />

sie das? Auch an dieser Stelle will Braungart neues Denken.<br />

Unternehmen sollen nicht nur Besitzer ihrer Produktionsmittel,<br />

sondern auch ihrer Rohstoffe werden. „Der Mensch<br />

braucht keine Waschmaschine, er braucht nur 3000-mal<br />

waschen“, sagt Braungart. Die Hersteller sollten also eine<br />

Dienstleistung verkaufen, die Maschine aber nach getaner<br />

Arbeit zurück- und auseinandernehmen, dem Kunden<br />

stellen sie das neue, bessere Modell in den Keller. Gleiches<br />

gelte für Fenster oder Lösungsmittel in der Industrie.<br />

Viel zu viele wertvolle Rohstoffe landeten heute noch auf<br />

Deponien, in Müllverbrennungsanlagen. „Das ist deutsche<br />

Umweltpolitik, der Export von Verbrennungsanlagen“, sagt<br />

Michael Braungart.<br />

Mit den Deutschen hat es Braungart ohnehin nicht so. Zu<br />

viel Moral, zu viel Schuldgefühl, zu romantisierend gegenüber<br />

„Mutter Natur“, die giftiger sein könne als viele gefährliche<br />

Chemikalien. „Die Holländer oder die Amerikaner<br />

sind viel pragmatischer, die wollen Lösungen finden“, sagt<br />

er. Am besten passe sein Konzept allerdings nach Asien.<br />

Dort denke man in Kreisläufen. Konzept Wiedergeburt eben.<br />

Jetzt aber erst mal: das eine Leben füllen. Noch steht Braungart<br />

auf der Dachterrasse seiner Firma, ein paar Kirschbäume<br />

in Blumentöpfen krümmen sich in der Hitze. Im September<br />

wird er wieder losziehen. Vorträge stehen im Kalender, in<br />

Darmstadt, Amsterdam, Taiwan, Linz und Kopenhagen. „Als<br />

mein Sohn acht war, hat er gesagt: Papa, die Bösen gewinnen<br />

sowieso“, erzählt Michael Braungart. Da wäre noch etwas<br />

zu beweisen.<br />

Der Beitrag erschien zuerst in der Süddeutschen Zeitung, 21.<br />

August 2<strong>01</strong>3.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

31


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

KaufenWegwerfenKaufen<br />

Frühzeitiger Geräteverschleiß sorgt für wachsende Müllhalden, Ressourcenverschwendung<br />

und wütende Kunden. Bauen Hersteller in ihre <strong>Produkte</strong> gezielt<br />

Schwachstellen ein?<br />

Von Anna Gauto<br />

Sie brennt und brennt und brennt. Im Jahr 19<strong>01</strong> machte<br />

jemand das Licht an, seither leuchtet der Kohlefaden der<br />

Glühbirne aus dem kalifornischen Livermore. Rund um die<br />

Uhr filmen Kameras unter www.centennialbulb.org das<br />

Wunder von Livermore, das die Einwohner ehrfurchtsvoll<br />

„Centennial Light“ (Englisch: hundertjähriges Licht) nennen.<br />

Ironischerweise hat die Jahrhundertlampe, die in einer Feuerwache<br />

hängt, bereits drei Webcams überlebt. Weshalb<br />

ist eine greise Funzel so viel robuster als moderne, teure<br />

Technologien?<br />

„Geplante Obsoleszenz“, also der von Herstellern bewusst<br />

herbeigeführte frühzeitige Verschleiß von <strong>Produkte</strong>n, lautet<br />

der Verdacht vieler Verbraucher. Demnach verkürzen Unternehmen<br />

die Lebensdauer ihrer Geräte mutwillig, um den<br />

Konsum anzukurbeln und Masse statt Qualität zu verkaufen.<br />

Die empörte Diskussion um den gewollten Geräteverschleiß<br />

findet derzeit in vielen Medien und Foren statt, ist aber alles<br />

andere als neu.<br />

Schon 1924 beschlossen die führenden Glühlampenhersteller<br />

der Welt, die Lebenserwartung ihrer Birnen zu begrenzen.<br />

Das „Phoebus-Kartell“ wollte den Markt unter sich aufteilen<br />

und den Verbraucher zwingen, möglichst viele Glühbirnen<br />

zu kaufen. Deshalb ließ das Kartell anfälligere Birnen produzieren<br />

und verkürzte ihre Lebensdauer auf 1.000 Stunden.<br />

Brannten die Lampen wesentlich länger, drohten den Mitgliedern<br />

empfindliche Bußgelder.<br />

Für Stefan Schridde, den Betreiber der Plattform „Murks?<br />

Nein danke“, steht außer Frage, dass Unternehmen auch<br />

heute gezielt Schwachstellen in ihre <strong>Produkte</strong> einbauen.<br />

„Warum sonst entscheiden sie sich für das Material, das<br />

schneller kaputt geht, obwohl es bei sonst gleichen Kosten<br />

robustere Alternativen gibt? In einem Konzern passiert nichts<br />

zufällig, alles ist geplant.“<br />

Eine Ursache für die geplante Obsoleszenz sieht Schridde<br />

in der Anreiz-Struktur von Shareholder-Value getriebenen<br />

Unternehmen. Ein Beispiel sei der Konsumgüter-Konzern<br />

Proctor & Gamble. Er gebe das Management seiner Markenartikel<br />

an Menschen, die frisch von der Uni kommen. Der<br />

Produktmanager erfülle seine Zielvorgaben, innerhalb von<br />

wenigen Jahren einen bestimmten Umsatz zu erzielen. Das<br />

Fotos: links: © Gerhard Teucher | rechts: © Fairphone<br />

32<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

funktioniere nun mal besonders gut, wenn der dafür sorge,<br />

dass mehr Artikel gekauft würden. „Da der Produktmanager<br />

seinen Applaus vom Geldgeber und nicht direkt vom Markt,<br />

also von den Kunden bekommt, hat er keinen Grund, auf<br />

Langlebigkeit von <strong>Produkte</strong>n zu setzen“. Nach drei Jahren<br />

verlasse er seinen Posten. Dann beginne das Spiel mit dem<br />

nächsten ehrgeizigen Absolventen von vorn, der wiederum<br />

nur auf die Absatzzahlen achte.<br />

Ob Hersteller ihre <strong>Produkte</strong> gezielt mit künstlichen Achillesfersen<br />

versehen, ist allerdings schwer zu beweisen. Die<br />

Stiftung Warentest findet keinen Beleg für die geplante<br />

Obsoleszenz. Insbesondere Haushaltsgeräte gingen heute<br />

nicht häufiger kaputt als früher. Stefan Schridde kontert,<br />

die Testverfahren seien nicht geeignet, um grobe Unterlassung<br />

bei der Qualität zu erkennen. Die Stiftung Warentest<br />

betrachte nur, wie haltbar das Gerät sei, nicht wie haltbar<br />

es sein könnte. Zudem sei der Testzeitraum ab 2003 zu kurz.<br />

In jedem Fall scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen man<br />

LKWs mit Strumpfhosen abschleppen konnte. „Hersteller<br />

planen, wie lange ein Produkt halten soll“, sagt auch Albert<br />

Albers, Leiter des IPEK Institut für <strong>Produkte</strong>ntwicklung am<br />

Karlsruher Institut für Technologie. „Das Ziel ist, ein Gerät so<br />

gut wie nötig zu bauen, nicht so gut wie möglich“.<br />

Um den Umsatz zu steigern, nutzen Firmen Kniffe wie fest<br />

eingebaute Akkus, hohe Reparaturkosten, fehlende oder<br />

teure Ersatzteile. Diese Erfahrung machte auch die <strong>forum</strong>-<br />

Redaktion. Sie erwarb einen Akku-Bohrschrauber der Firma<br />

Black&Decker für etwa 30 Euro. Als der Akku nicht mehr<br />

funktioniert, erkundigt sich die Redaktion nach den Kosten<br />

für die Reparatur. Vom Kundendienst, den Black&Decker<br />

an einen Dienstleister outgesourced hat, heißt es, kaputte<br />

Akkus würden nicht repariert. Man müsse einen neuen<br />

Akku kaufen, Preis: 41 Euro – mehr also, als das ganze Gerät<br />

gekostet hat.<br />

Auf die Frage, warum Black&Decker defekte Akkus nicht<br />

repariere, antwortet die freundliche Servicekraft: „Das ist<br />

heute so. Wir sind eine Wegwerfgesellschaft.“ So einfach?<br />

Eine weitere Nachfrage bei einem ebenso freundlichen Techniker<br />

ergibt, dass es sicher möglich sei, den Akku zu reparieren.<br />

Nur eben nicht vorgesehen. Ein Zulieferer verkaufe die<br />

Akkus so teuer an Black&Decker, dass „es sich nicht lohnen<br />

würde, Geld für die Reparatur auszugeben“. Black&Decker<br />

ist keine Ausnahme. Auch andere Hersteller bieten keine<br />

Akkureparatur an.<br />

Das Handrührgerät (RG28) und der Multiboy-Universalzerkleinerer<br />

aus der ehemaligen DDR (links) stehen noch heute in vielen ostdeutschen<br />

Küchen: In der Planwirtschaft waren Ressourcen so<br />

knapp, dass Geräte lang halten mussten. Die Metalle, die im Fairphone<br />

stecken (rechts) stammen nicht nur aus zertifizierten Minen.<br />

Seine Bestandteile sind auch reparier- und austauschbar, um eine<br />

lange Lebensdauer zu gewährleisten.<br />

Keine Wegwerfgesellschaft war die DDR. Es fehlte an Bauteilen,<br />

Rohstoffen, Produktionskapazitäten und an Konkurrenz.<br />

Ressourcen waren viel zu knapp, um sie zu verschwenden.<br />

Im Osten baute man daher Geräte, die lange hielten und die<br />

man schnell reparieren konnte. Noch heute finden sich in<br />

vielen ostdeutschen Küchen die berühmten Multiboy Universal-Zerkleinerer.<br />

Muss man gleich zurück zur Planwirtschaft,<br />

um Verschwendung zu vermeiden?<br />

Mit einem zweiten Bohrschrauber aus dem Umfeld der<br />

<strong>forum</strong>-Redaktion geht es zur BATTIV GmbH, der einzigen<br />

Reparatureinrichtung für Akkus in München. Auch bei dem<br />

Akku-Bohrschrauber der Firma Ryobi lahmt der Akku. Das<br />

Gerät hat immerhin 110 Euro gekostet und ist ein solides<br />

Mittelklassegerät. Ein defekter Akku soll diesmal nicht das<br />

Todesurteil sein. Die Kunden von Geschäftsführerin Andrea<br />

Pölert werfen kaputte Geräte nicht einfach weg, da sie keine<br />

billige Massenware kaufen.<br />

„Wenn ich einen Bohrschrauber mit Koffer und Zusatzakku<br />

im Baumarkt für 40 Euro kaufe, dann schrecken mich<br />

Reparaturkosten von 40 Euro natürlich ab“, sagt Pölert. So<br />

jemand kauft dann wieder das nächste Billigprodukt, für<br />

das es keine Ersatzteile gibt. Pölert sagt, sie möchte niemandem<br />

etwas unterstellen. Doch es mache sie skeptisch,<br />

wenn Hersteller Geräte nicht reparieren, weil die Garantie<br />

abgelaufen sei oder sich das Gehäuse nicht öffnen ließe.<br />

„Jeder Bastler kriegt so etwas mit einem kleinen Lötkolben<br />

hin“, meint Pölert.<br />

Eine Woche später stecken im defekten Akku neue, hochwertige<br />

Zellen. Der Effekt: War der Schrauber zuvor ein<br />

Lada, ist er dank des starken Akkus jetzt ein Sportwagen.<br />

Natürlich hat die Reparatur mit 61,10 Euro ihren Preis. Darin<br />

spiegeln sich der teure Standort, die Beratung vor Ort und die<br />

hochwertigen Ersatzteile. Dafür ist die Qualität des Produkts<br />

dank der erhöhten Lebensdauer des Akkus deutlich besser,<br />

Ressourcen und Umwelt wurden geschont. BATTIV hat aus<br />

der Not fehlender Reparaturangebote eine Tugend und ein<br />

funktionierendes Geschäftsmodell gemacht. „Als Verbraucher<br />

würde ich mich aber ärgern“, sagt Pölert.<br />

Tatsächlich fragt man sich, weshalb<br />

viele Menschen die Frustrationstoleranz<br />

von Betonklötzen<br />

haben und<br />

die vielen „Inkompatibilitäten“<br />

und sonstigen<br />

Ärgernisse verzeihen,<br />

mit denen Hersteller wie<br />

Apple Marken-Monokulturen<br />

züchten. „Sie sehen<br />

darüber hinweg, weil für<br />

sie der soziale Nutzen<br />

eines iPhones wichtiger<br />

ist, als seine Funktionalität<br />

oder die Lebensdauer“,<br />

sagt Umweltpsychologe<br />

Andreas Ernst, Geschäfts-<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

33


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Nicht ohne meine Akkubohrer: <strong>forum</strong>-Trainee Kim Schumacher<br />

(rechts) und BATTIV-Geschäftsführerin Andrea Pölert.<br />

führender Direktor am Center for Environmental Systems<br />

Research an der Uni Kassel.<br />

Wegwerfen? Es geht auch anders!<br />

Reparieren.<br />

Reparaturtreffs wie das Repair Café<br />

(repaircafe.de) sind kostenlose Treffen,<br />

bei denen man allein oder gemeinsam<br />

mit anderen alle möglichen Dinge reparieren<br />

kann. An den Orten, an denen<br />

Repair Cafés stattfinden, sind Werkzeug<br />

und Material vorhanden. Reparaturexperten<br />

wie Elektriker, Schneiderinnen,<br />

Tischler und Fahrradmechaniker unterstützen. Ähnliches<br />

bieten der Verbund Offener Werkstätten (offene-werk staetten.org)<br />

und das R.U.S.Z. aus Österreich (rusz.at) an.<br />

Zudem findet man im Netz unter iFixit (ifixit.com) detaillierte Reparaturanleitungen<br />

für sämtliche Geräte, vom Smartphone bis zur<br />

Spielkonsole.<br />

Wer nicht selbst zum Lötkolben greifen will, wende sich an<br />

Liegen geblieben.com oder nutze die Reparatursuchmaschine<br />

www.reparado.de. Sie zeigt Spezialisten vor Ort an, die die Reparatur<br />

übernehmen.<br />

Weiterverwerten.<br />

Der Verein ReUse Computer<br />

(reuse-computer.org) kümmert<br />

sich um die Weiterverwertung<br />

von Computern. Die gemeinnützige<br />

AfB GmbH (afb-group.<br />

eu) haucht jährlich 200.000<br />

IT-Gebrauchtgeräten neues<br />

Leben ein oder entsorgt sie<br />

fachgerecht – und schafft damit<br />

Arbeitsplätze für Menschen mit<br />

Behinderung.<br />

Zudem spiele die Haltbarkeit für Smartphones ohnehin<br />

eine geringe Rolle: „Ihren Lebenszyklus begrenzt nicht die<br />

technische Obsoleszenz, sondern der Innovationszyklus,<br />

also wann das Nachfolgeprodukt erscheint. Das öffnet der<br />

Produktdegradation natürlich Tür und Tor“.<br />

Dennoch können Hersteller von Murks die Reputation<br />

ihrer Marke aufs Spiel setzen oder aber auch durch hohe<br />

Qualität und Rücknahmesysteme Kunden an sich binden.<br />

So hat Apple in Großbritannien das sogenannte „Reuse and<br />

Recycling“-Programm gestartet, das es Nutzern erlaubt, ihr<br />

altes iPhone direkt im Appleshop abzugeben und mit einem<br />

Einkaufsgutschein ein neues iPhone zu erwerben. Viel weiter<br />

geht das Fairphone. Es wird nicht nur unter ethischen Bedingungen<br />

produziert und verwendet Rohstoffe aus zertifizierten<br />

Minen. Seine Macher haben auch auf Reparierbarkeit geachtet<br />

und in das Fairphone Standardanschlüsse integriert.<br />

Kunden sollen vorhandenes Zubehör nutzen, weshalb Fairphone<br />

keine Ladegeräte, Kabel oder Kopfhörer mitliefert.<br />

„Die Haltbarkeit von <strong>Produkte</strong>n führt zur Haltbarkeit von Kundenbeziehungen“,<br />

ist Stefan Schridde überzeugt. Nicht zufällig<br />

heiße es „so wie Miele“. Natürlich seien Miele-<strong>Produkte</strong><br />

teurer. Dennoch sei dieses Image für das Marketing wertvoll,<br />

denn so könne man erfolgreich neue <strong>Produkte</strong> aufbauen.<br />

Ähnliches gelte für Volkswagen. „Einen gebrauchten VW<br />

kann man immer guten Gewissens kaufen. Der ist fast so gut<br />

wie neu und so geplant, dass man ihn gut reparieren kann“.<br />

Am besten natürlich, man produziert gar nichts, was später<br />

einmal auf der Müllhalde landen wird. Intelligente Verschwendung<br />

verheißt das Cradle to Cradle-Konzept (von der<br />

Wiege bis zur Wiege), das Michael Braungart, der Leiter der<br />

Hamburger Beratungsfirma EPEA Internationale Umweltforschung<br />

maßgeblich entwickelt hat (siehe S. 28). Demnach sollen<br />

sich sämtliche Bauteile entweder als Verbrauchsgüter in<br />

biologische oder in technische Kreisläufe überführen lassen.<br />

Kleidung wird so vollständig kompostierbar. Kunden kaufen<br />

keine Waschmaschinen mehr, sondern ihre Dienstleistung,<br />

also 3.000 Mal waschen. Behalten Hersteller ihre Geräte,<br />

haben sie einen großen Anreiz, Materialien einzubauen,<br />

die lange halten.<br />

Dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Denn was gut<br />

für die Umwelt ist, muss nicht zwangsläufig besondere Reize<br />

auf den Verbraucher ausüben. „Öko ist zwar aus dem Birkenstock-Image<br />

raus. Ich habe das Cradle to Cradle-Produkt aber<br />

noch nicht gesehen, das so attraktiv ist, wie ein iPhone“, sagt<br />

Umweltpsychologe Andreas Ernst.<br />

Der Glühbirne von Livermore kann es egal sein. Sie ist<br />

weiter ein leuchtendes Beispiel dafür, wie lange Dinge<br />

halten können, die lange halten sollen. Doch Moment: Die<br />

Webcam zeigt nichts als Dunkelheit. Ist die Lampe nach 112<br />

Jahren nun doch verglüht? Stunden der Ungewissheit muss<br />

die Facebook-Gemeinde der Centennial Bulb am 20. Mai<br />

2<strong>01</strong>3 ertragen. Dann endlich: Entwarnung und kollektives<br />

Aufatmen der Fans. Die Technik hat gezickt. Nicht die der<br />

Glühbirne, versteht sich. Das Notfallaggregat, an dem die<br />

Birne hängt, ist ausgefallen.<br />

Fotos Kasten: oben: © Maksym Yemelyanov, Fotolia.com | Kasten unten: © mekcar, Fotolia.com | Foto oben: © Fritz Lietsch<br />

34 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG | PRODUKTVERANTWORTUNG & ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

OHNE NE-METALLE<br />

KEINE ENERGIEWENDE!<br />

Nichteisen-Metalle:<br />

Werkstoffe, die Zukunft gestalten.<br />

Ohne energieintensive Grundstoffe wie Aluminium, Kupfer, Zink, Blei,<br />

Nickel, Magnesium und andere Metalle wird kein Kraftwerk gebaut,<br />

kein Stromnetz betrieben, kein Strom aus Erneuerbaren produziert<br />

und kein Speicher hergestellt.<br />

www.metalleproklima.de<br />

NE-Metalle<br />

sind modernes<br />

Leben<br />

Das Industrieland<br />

Deutschland stärken<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

35


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Ressourceneffizienz<br />

ist ihren Preis wert!<br />

Mit gezielten Maßnahmen könnte die Wirtschaft Milliarden Euro sparen. Der<br />

Sonderpreis Ressourceneffizienz des Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspreises will<br />

nun die Möglichkeiten sichtbar machen.<br />

Von Fritz Lietsch<br />

Wer einmal als Nominierter auf dieser großen Bühne des<br />

Maritim in Düsseldorf im Rampenlicht stand, weiß, was es<br />

heißt, zu den nachhaltigsten Unternehmen Deutschlands<br />

zu gehören. Alljährlich mischt sich hier das Who’s who der<br />

engagiertesten Firmen mit Prominenten, Wissenschaftlern<br />

und Politikern, um gemeinsam die Fortschritte der zukunftsorientierten<br />

Wirtschaft zu feiern. Auch der neue Sonderpreis<br />

Ressourceneffizienz ist eine Würdigung und zeigt die ökologischen<br />

und wirtschaftlichen Chancen für Unternehmen aller<br />

Größen und Branchen. Wer seinen Ressourcenverbrauch<br />

reduziert, Energie und Material effizient nutzt, seine Produktion<br />

auf innovative Werkstoffe und Recycling ausrichtet<br />

und seine Stoffkreisläufe schließt bzw. miteinander vernetzt,<br />

ist dem Wettbewerb um Längen voraus. Denn ressourceneffiziente<br />

Unternehmen sichern ihre Produktivität langfristig,<br />

erschließen sich neue Marktsegmente und Zielgruppen – und<br />

schöpfen dabei enorme Kostenvorteile ab.<br />

„Effizienterer Umgang mit Ressourcen ist in aller Munde –<br />

jetzt gilt es, innovative Produktionsverfahren zu entwickeln<br />

und die Chancen zu erkennen, die in Stoffkreisläufen liegen“,<br />

sagt Stefan Schulze-Hausmann, Initiator des Deutschen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitspreises. Die neue Sonderauszeichnung in<br />

Kooperation mit Steinbeis Papier, einem der ersten Preisträger<br />

des Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspreises, solle diese<br />

Entwicklung durch Prämierung der Vorreiter unterstützen.<br />

Die Best Practice-Beispiele zeigen, wie Unternehmen hier<br />

bereits erfolgreich arbeiten. Auch die EU macht sich dafür<br />

stark: „Ich bin davon überzeugt, dass Unternehmen, die<br />

nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln, national und<br />

international eine Vorbildfunktion einnehmen werden und<br />

so letztlich auch die Verbreitung von Innovationen fördern<br />

– für nachhaltiges Wachstum ebenso wie für den Umweltschutz“,<br />

so EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, der den<br />

Sonderpreis Ressourceneffizienz am 22. November 2<strong>01</strong>3 in<br />

Düsseldorf übergab.<br />

Wir brauchen drei Erden<br />

Unsere globale Ressourcennutzung hat längst ein Niveau erreicht,<br />

das die Tragfähigkeit der Erde bei Weitem übersteigt.<br />

Experten zufolge wird der menschliche Rohstoffbedarf in<br />

40 Jahren so groß sein, dass wir zur Versorgung knapp drei<br />

Erden bräuchten.<br />

Knapper werdende Ressourcen wirken sich schon heute<br />

stark auf die Preisentwicklung von Energie und Rohstoffen<br />

aus. Zwischen 2002 und 2<strong>01</strong>0 sind die Kosten für Material<br />

und Energie in Deutschland von 577 auf 752 Milliarden Euro<br />

gestiegen (über 23 Prozent). Ihr Anteil an den Gesamtkosten<br />

liegt bereits bei 45,1 Prozent; die viel diskutierten Personalkosten<br />

schlagen demgegenüber lediglich mit einem Anteil<br />

von 17,9 Prozent zu Buche. Schätzungen gehen davon aus,<br />

dass die deutsche Volkswirtschaft hier insgesamt Einsparungen<br />

von bis zu 100 Milliarden Euro realisieren kann.<br />

Jedes Unternehmen sollte das Thema längst auf der Agenda<br />

36 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

Müll oder Rohstoff? Ressourcen effizient einsetzen kann z.B. heißen, Altpapier zu neuen <strong>Produkte</strong>n zu verarbeiten (links). Gewinner des Sonderpreis<br />

Ressourceneffizienz waren die Viessmann Werke (rechts). Das Unternehmen stellt hocheffiziente Wärmeerzeuger her und produziert<br />

selbst so effizient wie möglich. „Wir konnten den Verbrauch fossiler Energieträger um zwei Drittel reduzieren und 80 Prozent des CO 2<br />

-Ausstoßes<br />

vermeiden. Und dies alles mit heute verfügbaren Technologien“, freut sich Joachim Janssen, Chief Financial Officer (CFO) (3.v.r.).<br />

Fotos: links © Steinbeis | rechts: © BerndGabriel<br />

haben, insbesondere weil Deutschland ein rohstoffarmes<br />

Land ist. Doch die Wirklichkeit spricht eine andere Sprache:<br />

„Tatsächlich ist mehr zu tun, als wir oft wahrnehmen“,<br />

meint Dr. Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates<br />

für <strong>Nachhaltig</strong>e Entwicklung. „Ressourceneffizienz kennt<br />

keine Grenze, wohl aber gute Anfänge und Erfolge solcher<br />

Unternehmen, die die Nase als echte Profis der Ressourceneffizienz<br />

seit Langem vorn haben“, so der Vorsitzende<br />

der Jury Deutscher <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis. Die Nominierten<br />

in allen Branchen stünden für den dringend nötigen Aufbruch<br />

von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hin zu einem<br />

schonenderen Umgang mit natürlichen Ressourcen. So ist<br />

etwa „Effizienz Plus“ ein Leuchtturmprojekt des Heiztechnik-Herstellers<br />

Viessmann. EBM-Pabst war nominiert, weil<br />

der Ventilatoren- und Motorenhersteller Werkstoffe aus<br />

nachwachsenden Rohstoffen verwendet und die Effizienz<br />

seiner Produktionsabläufe stetig steigert. Der Multi-Technologiekonzern<br />

3M Deutschland hat zahlreiche Maßnahmen<br />

v.a. zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks in der<br />

gesamten Wertschöpfungskette etabliert.<br />

Ohne Umdenken und Investitionen geht gar nichts<br />

Deutsche Unternehmen schöpfen ihre Ressourceneffizienz-Potenziale<br />

noch lange nicht aus. Dabei belegen Studien<br />

und Fallbeispiele, dass sich mindestens 20 Prozent der<br />

Materialkosten durch Investitionen in Effizienztechnologien<br />

und durch effizientere Produktionsabläufe einsparen lassen.<br />

„Reduzierter Ressourcenverbrauch senkt die Unternehmensrisiken,<br />

die aufgrund von Rohstoffpreissteigerungen und<br />

-schwankungen auftreten“, bestätigt auch Prof. Dr. Christa<br />

Liedtke vom Wuppertal Institut. „Innovationen im Bereich<br />

der Einsparung von Ressourcen tragen zur Sicherung der<br />

Beschäftigung und Schaffung neuer Arbeitsplätze bei.“<br />

Ressourceneffizienz leistet einen wesentlichen Beitrag zur<br />

Zukunftssicherung. Das wusste Steinbeis schon früh für sich<br />

zu nutzen. Der Recyclingpapierhersteller aus Glückstadt in<br />

der Nähe von Hamburg war bis Anfang der 1970er-Jahre noch<br />

ein klassisch energieintensiver Papierfabrikant, der auf den<br />

Einsatz von Primärfasern aus Holz setzte. Dann läutete das<br />

Unternehmen die ökologische Ära ein und übertrug das Prinzip<br />

des umweltschonenden Einsatzes von Ressourcen auf sein<br />

Geschäftsmodell. Sein ökologisch-integriertes Fabrikkonzept<br />

zeichnet sich aus durch den Einsatz von 100 Prozent Altpapier<br />

als Sekundärressource, die Vernetzung von Stoffkreisläufen,<br />

eine hohe Rohstoffeffizienz, ein nachhaltiges Energiemanagement<br />

sowie modernste Umwelt- und Kreislauftechnologien.<br />

Eine erfolgreiche Strategie, aus ökologischer ebenso wie ökonomischer<br />

Sicht: Das Unternehmen hat seine CO 2<br />

-Emissionen<br />

seit 1990 um 68 Prozent gesenkt und sich gleichzeitig zum<br />

europäischen Marktführer für grafische Büro- und Magazinpapiere<br />

aus 100 Prozent Altpapier entwickelt – in einem<br />

durchaus wettbewerbsintensiven Umfeld.<br />

Doch die neue Weichenstellung war mit hohen und langfristig<br />

angelegten Investitionen verbunden. „Ohne diese Investitionen<br />

– allein über 300 Millionen Euro in den letzten zehn<br />

Jahren – hätte Steinbeis es niemals in seine nun führende<br />

Position geschafft und wahrscheinlich hätten wir uns gegen<br />

den enormen Druck des Wettbewerbs in einem sehr schwierigen<br />

und international geprägten Markt nicht behaupten<br />

können“, sagt der Geschäftsführer Michael Söffge. Der Erfolg<br />

des Mittelständlers zeigt, dass ein effizienter Umgang mit<br />

Ressourcen eine Voraussetzung für ein dauerhaftes Bestehen<br />

im Wettbewerb geworden ist.<br />

Gerade deutsche Unternehmen haben hier die Chance,<br />

auch international eine Vorreiterrolle einzunehmen. Denn<br />

Deutschland ist ein hochindustrialisiertes Land, das besonders<br />

durch seinen innovativen Mittelstand geprägt ist. Wer<br />

früh beginnt, seine internen Prozesse auf Ressourceneffizienz<br />

hin zu optimieren, gewinnt einen unter Umständen<br />

entscheidenden Vorsprung im Markt und hat mehr Zeit,<br />

sich auf eine Zukunft mit knapper werdenden Ressourcen<br />

aktiv einzustellen.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

37


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

999 Zeichen für die Zukunft ...<br />

von <strong>Produkte</strong>n<br />

Was macht für Sie ein nachhaltiges Produkt aus?<br />

<strong>forum</strong> fragte Entscheider aus Unternehmen.<br />

Gänsestopfleber<br />

<strong>Nachhaltig</strong> gefertigte <strong>Produkte</strong> ermöglichen den wahren Genuss für reflektierte Menschen. Ich persönlich lege Wert<br />

auf Gegenstände, die funktional und ästhetisch sind. Die Freude an diesen Gegenständen bleibt, wenn die Ästhetik<br />

des Gegenstandes nicht beim Blick auf die Wertschöpfungskette verloren geht – Stichwort: Gänsestopfleber. Lecker,<br />

genussversprechend, aber wie hergestellt? Selbst Erzeugnisse, die mit handwerklicher Sorgfalt und einer klugen<br />

Idee gefertigt wurden, bleiben nur dann schön, wenn auch die Produktionsbedingungen (hoch)wertig sind.<br />

Das gilt auch in der Verpackungsbranche.<br />

Verpackungen schützen das Produkt, präsentieren und repräsentieren es aber auch. Wer mit hochwertigen, nachhaltig<br />

erzeugten Materialien arbeitet, kann mit wenigen Produktionsschritten ein sehr anspruchsvolles Produkt fertigen.<br />

Ziel jeder Produktion sollte es sein, einen zugleich hochwertigen wie auch bezahlbaren Artikel zu schaffen, der<br />

als Gesamtprodukt dazu beiträgt, die Anzahl der reflektierten Genussmenschen zu mehren.<br />

Oliver Hampe, Inhaber Werbegrün<br />

Eine Umweltagenda, die den Wertewandel spiegelt<br />

Die Umbrüche und Krisen der vergangenen Jahre belegen, dass der Wandel der Wirtschaftssysteme sich beschleunigt<br />

und härtere Konsequenzen erfordert. Wir leben in einer zunehmend komplexen und zugleich fragiler werdenden<br />

Welt. Im selben Maße wächst die Sehnsucht nach Orientierung gebenden Werten. Unternehmen bietet<br />

das Leitbild der <strong>Nachhaltig</strong>keit ein tragfähiges Wertefundament. Es steht dafür, Ökonomie, Ökologie und soziale<br />

Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Einklang zu bringen.<br />

Tetra Pak kommt auf diesem Weg sehr gut voran. Wir haben uns mit der „Umweltagenda 2020“ drei ehrgeizige<br />

Kernziele gesetzt: die Entwicklung nachhaltiger Verarbeitungs- und Verpackungslösungen, die Minimierung des<br />

ökologischen Fußabdrucks sowie der Ausbau des Getränkekarton-Recyclings. Damit zeigen wir, dass wir unsere<br />

Verantwortung für den Umweltschutz ernst nehmen – und Verpackungslösungen anbieten, die auch in Zeiten des<br />

ökologischen Wertewandels Zukunft haben.<br />

Dr. Heike Schiffler, Mitglied der Geschäftsleitung Tetra Pak Mid Europe (DACH)<br />

Transparenz für die Kunden<br />

Der bewusste Umgang mit Ressourcen ist ein Anliegen, das immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft teilen.<br />

Hier gibt es einen gesellschaftlichen Konsens. Mit der Umstellung auf umweltschonende Druckprozesse und -produkte<br />

antworten innovative Vorreiter unserer Branche auf dieses Anliegen: Sie bekennen Farbe und die Farbe ist<br />

grün. Man führt sich selten vor Augen, dass ein direkter Weg vom gefällten Baum zur Imagebroschüre führt. Kunden<br />

fordern Transparenz in Sachen Materialbeschaffung, Produktion und Auslieferung – und sie honorieren es. Vor<br />

diesem Hintergrund entwickelt sich das Druckgeschäft zu einer Dienstleistung, in der Werte wie Vertrauen, Engagement,<br />

gesellschaftliche Verantwortung und Nachvollziehbarkeit Qualitätsmerkmale des Produktganzen bilden. Für<br />

die Branche heißt das: Ein authentisches Werte- und Markenprofil entwickeln, das in lebendigem Dialog mit den<br />

Ansprüchen und Bedürfnissen der Kunden steht. Es macht wieder einen Unterschied, wo und wie ich was drucken<br />

lasse.<br />

Matthias Simon, Geschäftsführer der Print Pool GmbH<br />

Fotos: oben: © Elena Wagner Photography | Mitte: © Tetra Pak | unten: © Gabi Kölling, Print Pool GmbH<br />

38 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ANZEIGE<br />

3M vorbildlich in Sachen<br />

Ressourceneffizienz<br />

Welche deutschen Unternehmen kümmern<br />

sich in besonderer Weise um das Thema<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit? Mit dieser Frage beschäftigt<br />

sich der jährliche Wettbewerb der Stiftung<br />

Deutscher <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis. Unter den<br />

rund 600 Unternehmen, die sich in diesem<br />

Jahr beworben hatten, überzeugte die Jury<br />

die vorbildliche Ressourcenschonung bei<br />

der 3M Deutschland GmbH. Das Multi-<br />

Techno logieunternehmen wurde daher am<br />

22. November in Düsseldorf als eines der<br />

TOP 3 Unternehmen in der Sonderkategorie<br />

„Ressourceneffizienz“ geehrt.<br />

3M setze sich ehrgeizige Ziele hinsichtlich<br />

der Verringerung seines ökologischen Fußabdrucks<br />

in der gesamten Wertschöpfungskette,<br />

lautete die Begründung der Jury. Bei<br />

Neuentwicklungen würde die Frage berücksichtigt,<br />

wie Rohstoffe möglichst sparsam<br />

eingesetzt werden. Innovationen von 3M<br />

hätten das Ziel – wo immer möglich – Kunden<br />

in die Lage zu versetzen, effizienter zur<br />

wirtschaften.<br />

„Diese Auszeichnung macht mich stolz“,<br />

erklärte Reza Vaziri, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der 3M Deutschland GmbH.<br />

„Es freut mich, dass wir es schaffen, immer<br />

wieder neue Technologien zu entwickeln<br />

und gleichzeitig unserer Verantwortung für<br />

Mensch und Umwelt gerecht zu werden.“ Es<br />

ist die feste Überzeugung von 3M, dass nur<br />

solche Unternehmen dauerhaft erfolgreich<br />

sein können, die es schaffen, Innovationskraft<br />

und <strong>Nachhaltig</strong>keit miteinander zu<br />

verbinden.<br />

Teil der Unternehmenskultur<br />

Bereits 1975 rief 3M als eines der ersten<br />

Unternehmen weltweit ein globales Umweltschutzprogramm<br />

ins Leben, das bis<br />

heute aktiv ist. Es trägt den Namen 3P<br />

(Pollution Prevention Pays) und basiert<br />

auf der Überzeugung, dass es effektiver<br />

ist, Umweltbelastungen von vornherein zu<br />

vermeiden, als bereits entstandene Schäden<br />

zu beheben, sprich: Umweltschutz zahlt<br />

sich aus.<br />

Ehrgeizige Ziele<br />

Seit 1995 setzt sich 3M alle fünf Jahre<br />

neue, ehrgeizige Ziele, um seine <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

kontinuierlich zu verbessern. Wie<br />

die folgenden Ergebnisse zeigen, hat 3M in<br />

Deutschland bereits zahlreiche Maßnahmen<br />

zur Steigerung der Energieeffizienz und<br />

Ressourcenschonung erfolgreich umgesetzt.<br />

Hierzu zählt eine weltweite Reduktion der<br />

Abfälle in der Produktion seit 1990 um<br />

knapp 70 Prozent. Die Treibhausgas-Emissionen<br />

konnten im gleichen Zeitraum ebenfalls<br />

um über 70 Prozent gesenkt und damit 16<br />

Millionen Tonnen CO 2<br />

vermieden werden.<br />

Den Energieverbrauch konnte 3M zwischen<br />

2000 und 2<strong>01</strong>2 nahezu halbieren.<br />

Über das bereits Erreichte hinaus ist geplant,<br />

bis 2<strong>01</strong>5 den Einsatz von Lösemitteln weltweit<br />

um 15 Prozent, die Abfallmenge um 10<br />

Prozent und den Energieverbrauch um 25<br />

Prozent zu senken.<br />

Strategien für nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong><br />

Um seine <strong>Nachhaltig</strong>keitsziele zu erreichen,<br />

setzt 3M seine spezifische Lean-Six-Sigma-<br />

Methodik (LSS) ein. Bereits in der <strong>Produkte</strong>ntwicklung<br />

werden ökologische Aspekte<br />

über den gesamten Lebenszyklus betrachtet.<br />

Der Fokus liegt auf umweltschonenden<br />

Technologien und Verfahren für die eigene<br />

Produktion und Lieferkette, aber auch auf<br />

<strong>Produkte</strong>n, die den Kunden helfen, ihre<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsziele zu erreichen und ihren<br />

ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.<br />

Auf der Basis seiner vielfältigen Technologieplattformen<br />

bietet 3M unter anderem<br />

Lösungen für die Branche der erneuerbaren<br />

Energien, für die Entwicklung von Smart<br />

Grids (intelligente Stromnetze) sowie<br />

Kompo nenten für leistungsstarke Batterien<br />

oder den Megatrend Leichtbau.<br />

Bereits 2<strong>01</strong>1 hat die Stiftung Deutscher<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitspreis 3M geehrt und für<br />

seine nachhaltige Zukunftsstrategie ausgezeichnet.<br />

Zudem belegt der Konzern seit<br />

Gründung des Dow Jones Sustainability<br />

Index eine Spitzenposition innerhalb des<br />

renommierten Rankings. Der Index gilt als<br />

Indikator dafür, wie gut sich ein Unternehmen<br />

auf aktuelle Trends und künftige Risiken<br />

aus wirtschaftlichen, umweltrelevanten und<br />

sozialen Entwicklungen einstellen kann.<br />

Es nahmen die Auszeichnung für vorbildlichen Ressourcenschutz entgegen: Silvia Havasi, General<br />

Manager Corporate Marketing, Sales &Communications, Manfred Pufahl, Environmental Health &<br />

Safety Manager und Gabriele Baucke, Manager Sustainability Corporate Communication von 3M<br />

Deutschland GmbH (von links).<br />

www.3M.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

39


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Schönheit ist nicht alles<br />

Verpackungen geben <strong>Produkte</strong>n das unverwechselbare Bild, in das wir uns mitverlieben<br />

sollen. Für das Marketing unverzichtbar, ist das Drumherum aus <strong>Nachhaltig</strong>keitssicht<br />

eigentlich unnötig. Worauf muss die Branche achten, um auch anspruchsvolle<br />

Kunden von ihrer CSR zu überzeugen?<br />

Von Tina Teucher und Malte Kolb<br />

Balance-Akt geglückt? Die Verpackungsbranche<br />

schützt mit Materialien wie Glas, Plastik, Pappe<br />

oder Aluminium viele <strong>Produkte</strong> in der Lieferkette.<br />

Beim <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement hat<br />

sie aber noch eine Menge aufzuholen, denn<br />

die meisten Hersteller achten kaum auf die<br />

Herkunft ihrer Rohstoffe und die Sicherheit für<br />

den Kunden. Verbesserungen gab es bei der Getränkedose:<br />

Vor allem in Sachen Recycling und<br />

Materialeinsatz hat sie in den letzten 15 Jahren<br />

große Schritte gemacht, doch sie basiert weiterhin<br />

auf nicht-nachwachsenden Rohstoffen.<br />

Außerdem braucht sie viel Energie für die<br />

Ressourcen gewinnung und beim Recycling, das<br />

es in vielen Regionen der Welt gar nicht gibt.<br />

Foto: © BCME - Beverage Can Makers Europe<br />

40 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

In Plastik verpackte geschälte Bananen? Die Kreativität der<br />

Verpackungsindustrie scheint keine Grenzen zu kennen,<br />

wenn es darum geht, neue <strong>Produkte</strong> anzubieten. Über Sinn<br />

und Unsinn solcher Innovationen lässt sich dagegen streiten.<br />

Selbst wenn sich heute noch Kunden dafür finden, schauen<br />

viele Investoren bereits auf die nachhaltige Ausrichtung<br />

der Verpackungsfirmen, denen sie ihr Geld geben wollen.<br />

Ratingagenturen wie oekom research in München bewerten<br />

deshalb die Leistungen der Branche. Doch wann gilt eine Verpackung<br />

als nachhaltig? Für ihre Einschätzungen betrachten<br />

die Analysten insbesondere drei Bereiche:<br />

1) Wie managt das Verpackungsunternehmen den Lebenszyklus<br />

und das Design seiner <strong>Produkte</strong>?<br />

2) Woher bezieht der Verpacker seine Rohstoffe? Versucht<br />

er von fossilen auf erneuerbare Rohstoffe umzustellen?<br />

3) Was unternimmt der Hersteller für die Sicherheit seiner<br />

Kunden und <strong>Produkte</strong>?<br />

Die meisten Unternehmen achten kaum auf diese Kriterien,<br />

nur drei der insgesamt 16 analysierten Unternehmen konnten<br />

sich für den oekom Prime Status qualifizieren. Er wird<br />

an Unternehmen vergeben, die den von der Rating-Agentur<br />

definierten branchenbezogenen Anforderungen an das<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement genügen. Das einzige deutsche<br />

analysierte Unternehmen, die Gerresheimer AG erreicht die<br />

Note D auf der von A+ bis D- reichenden Skala.<br />

Lebenszyklus und Design:<br />

Die Ökobilanz zählt<br />

Verpackungen beeinflussen die Umwelt über ihren gesamten<br />

„Lebensweg“: Am Anfang brauchen sie Rohstoffe, am Ende<br />

muss man sie als Abfallprodukt entsorgen, dazwischen geben<br />

sie vielleicht sogar Stoffe an das „beschützte“ Produkt ab.<br />

Deshalb müssen Verpackungshersteller bereits beim Design<br />

systematisch <strong>Nachhaltig</strong>keitsaspekte einbeziehen. Dafür eignen<br />

sich insbesondere Ökobilanzen, die den gesamten Lebenszyklus<br />

eines Produkts analysieren. Im Idealfall geben sie detailliert<br />

Auskunft über verwendete Materialien, Ressourceneinsatz in<br />

der Produktion, Transportdistanzen, Verwendung beim Kunden<br />

und die Recycling-Infrastruktur, um aus Umweltsicht besonders<br />

kritische Punkte und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.<br />

Die meisten Verpackungshersteller führen solche Analysen<br />

bereits zumindest rudimentär durch. Deshalb zeichnen sich<br />

besonders nachhaltige Unternehmen dadurch aus, dass sie<br />

die verwendeten Annahmen und Parameter transparent machen<br />

und möglichst alle ihre <strong>Produkte</strong> im Detail untersuchen.<br />

Außerdem sollten sie die Ergebnisse veröffentlichen, ihre Analysen<br />

extern zertifizieren lassen und die Resultate systematisch<br />

verwenden, um die Ökobilanzen ihrer <strong>Produkte</strong> zu verbessern.<br />

Sehr gut schneidet in diesem Bereich lediglich das Unternehmen<br />

Amcor (AU) ab. Die meisten analysierten Unternehmen haben<br />

in diesem wichtigen Bereich noch Nachholbedarf.<br />

Um Ressourcen zu sparen und Verpackungsabfall zu reduzieren,<br />

sollten Unternehmen das Gewicht ihrer Verpackungsprodukte<br />

und den Ressourcenverbrauch pro Verpackungseinheit verringern<br />

– indem sie z.B. auf andere Materialien umsteigen oder<br />

das Produktdesign verändern. Auch wer systematisch mit seinen<br />

Kunden zusammenarbeitet, kann Verpackungen vermeiden,<br />

die für den Transport bzw. Vertrieb nicht notwendig sind. Beim<br />

Ressourcensparen erhält Rexam (GB) eine sehr gute Note, auch<br />

Ball (US) und Amcor erzielen gute Ergebnisse. Der Großteil der<br />

Branche zeigt hier bisher jedoch wenig Engagement.<br />

Rohstoff-Einkauf:<br />

Weiß man, wo das Holz herkommt?<br />

Ein wesentlicher Anteil der Umweltauswirkungen im Lebenszyklus<br />

einer Verpackung entsteht bereits bevor das<br />

Unternehmen überhaupt selbst produziert. Deshalb gehören<br />

Kriterien für die Beschaffung direkt in die <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie.<br />

Im Fokus stehen hierbei Papierverpackungen.<br />

Bestnoten erhalten Unternehmen, die sich in ihren Leitlinien<br />

dazu verpflichten, auf Holz aus Urwäldern sowie aus<br />

illegalem Einschlag zu verzichten und Holz aus (zertifiziert)<br />

nachhaltiger Forstwirtschaft zu verwenden. Darüber hinaus<br />

sollten Unternehmen systematisch sicherstellen, dass sie<br />

Kaum lobenswert: Das Rating für die Verpackungsbranche<br />

Bei <strong>Nachhaltig</strong>keit schneidet die Verpackungsindustrie<br />

schlecht ab. Das<br />

Prime-Logo bekommen nur Unternehmen,<br />

die bestimmten <strong>Nachhaltig</strong>keitskriterien<br />

genügen. Nur drei der 16 (18<br />

Prozent) haben diese Prime-Schwelle<br />

(rechts der grünen Linie, C+ und besser)<br />

erreicht.<br />

Quelle: oekom research AG<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

41


Licht- und luftsicher: Die Produktion von Getränkekartons aus<br />

nachwachsenden Rohstoffen gilt als besonders nachhaltig, einige<br />

Hersteller wie Tetra Pak nutzen sogar Holz aus zertifiziert nachhaltigen<br />

Wäldern (Label „FSC“). Gleichzeitig muss die Branche hier noch<br />

an der Gesundheitsverträglichkeit für die Verbraucher arbeiten:<br />

Bisphenol A, Phthalate und Mineralölrückstände können hier aus<br />

den Materialien in die Lebensmittel gelangen.<br />

Schutz und Verfall ganz nah: Damit Pappbecher und Fast-Food-Verpackungen<br />

nicht durchweichen, sind sie mit einer Kunststoffschicht<br />

überzogen. Das Papier dieses kompostierbaren Trinkbechers namens<br />

Ecovio FS ist dagegen industriell kompostierbar.<br />

ihr Holz nicht aus kontroversen Quellen (z.B. bedrohten<br />

Regenwäldern) beziehen – z.B. durch Traceability-Systeme<br />

(zur Nachvollziehbarkeit), Risikoanalysen, sowie Audits und<br />

Schulungen von Mitarbeitern im Einkauf und Zulieferern.<br />

Hersteller von Plastik- und Aluminiumverpackungen diskutieren<br />

den verantwortungsvollen Bezug von Rohstoffen bisher<br />

kaum; trotzdem sollte auch dieser Sektor solche Zulieferer<br />

bevorzugen, die z.B. umfassende Umweltmanagementsysteme<br />

nutzen. Relativ gut bezüglich der nachhaltigen Holzbeschaffung<br />

schneiden Mayr-Melnhof (AT), Rock Tenn (US)<br />

und Smurfit Kappa (IE) ab. Bei Unternehmen, die andere<br />

Rohstoffe als Holz verwenden, finden sich zu dieser Thematik<br />

so gut wie keine Maßnahmen.<br />

Gute Noten gibt es außerdem für Verpackungen, die<br />

ursprünglich auf fossilen Rohstoffen basieren und diese<br />

nun durch nachwachsende Rohstoffe (insbesondere Holz)<br />

ersetzen. Das Rating bewertet Bioplastikverpackungen<br />

zur Zeit nicht als per se positiv, da die teils kontroverse<br />

Diskussion hierzu noch anhält (z.B. Anbauflächen-Konkurrenz<br />

mit Nahrungsmitteln, strittige Ökobilanzen und<br />

Schwierigkeiten beim Recycling). Wer solche Verpackungen<br />

produziert, sollte transparent machen, dass er die<br />

bestehenden Herausforderungen anerkennt und zu deren<br />

Lösung beizutragen versucht. Ernsthafte Bestrebungen zur<br />

Umstellung des Produktportfolios hin zu auf nachwachsenden<br />

Rohstoffen basierten <strong>Produkte</strong>n sind bei Herstellern<br />

von Plastik- und Aluminiumverpackungen nicht zu<br />

beobachten. Außerdem ist die Produktion von Bioplastik<br />

bei den von oekom research untersuchten Unternehmen<br />

bisher kaum ein Thema.<br />

Bewertung ausgewählter Verpackungsunternehmen im Bereich Produktverantwortung<br />

Deutscher Hersteller ganz hinten:<br />

Gerresheimer äußert sich bisher nicht<br />

öffentlich zum Thema Produktverantwortung<br />

und bekam daher im Rating<br />

null Punkte – wie vier andere Unternehmen<br />

auch.<br />

Quelle: oekom research AG<br />

Fotos: links: © BASF SE; rechts: © FKN e.V.<br />

42 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN | SCHWERPUNKT<br />

Produkt- und Kundensicherheit:<br />

Gesetzliche Vorgaben reichen nicht<br />

Die meisten Verpackungen kommen direkt mit Menschen<br />

in Kontakt. Insbesondere Nahrungsmittelverpackungen sollten<br />

nicht nur sauber sein, sondern auch keine gefährlichen<br />

Chemikalien enthalten, die in den menschlichen Organismus<br />

gelangen könnten. Relevant für gute Noten sind deshalb<br />

insbesondere umfangreiche Sicherheitstests und Hygienemaßnahmen,<br />

gut geplante Rückrufsysteme, umfassende<br />

Mitarbeitertrainings und Forschung bezüglich möglicher Gefahrenstoffe.<br />

Während die Unternehmen Smurfit Kappa und<br />

Amcor hier gute bis sehr gute Bewertungen erhalten, bleibt der<br />

Großteil der Branche bei diesem Thema sehr intransparent.<br />

Mit Blick auf die Gesundheit von Verbrauchern sollen Unternehmen<br />

außerdem bedenkliche Substanzen in ihren <strong>Produkte</strong>n<br />

vermeiden bzw. zumindest schrittweise verringern. Hierzu<br />

gehören vor allem Bisphenol A (insbesondere bei Plastik<br />

und Plastikbeschichtungen) und Phthalate (unter anderem<br />

in Deckeln von Getränkeverpackungen). Außerdem besteht<br />

die Gefahr, dass Mineralölrückstände aus Recyclingkartons<br />

oder Druckfarben in Lebensmittel gelangen. <strong>Nachhaltig</strong>e Unternehmen<br />

sollten den bestehenden Unsicherheiten und Risiken<br />

in diesem Bereich Rechnung tragen und sich bemühen,<br />

bedenkliche Substanzen zu ersetzen. In der Praxis berufen<br />

sich die Unternehmen jedoch größtenteils lediglich auf die<br />

bestehenden gesetzlichen Vorgaben, die jedoch in der Regel<br />

nicht ausreichend sind. So existieren in vielen Ländern so gut<br />

wie gar keine Vorschriften, in anderen sind sie beispielsweise<br />

auf Babyprodukte beschränkt. Gleichzeitig schätzen viele<br />

Experten die existierenden Grenzwerte als zu hoch ein. Die<br />

von den Verpackungsproduzenten ergriffenen Maßnahmen<br />

sind, wenn sie überhaupt existieren, nur von mäßiger Qualität.<br />

Eine Ausnahme ist das Unternehmen Mayr-Melnhof,<br />

das aktiv in diesem Bereich forscht und Lösungen entwickelt.<br />

Über die Einzelergebnisse der analysierten Unternehmen<br />

können Sie sich über die Datenbanklösung ORBIT - oekom<br />

Responsibility Benchmarking & Information Tool oder ganz<br />

klassisch über den englischsprachigen oekom Industry Report<br />

Packaging informieren. Beide geben einen umfassenden<br />

Überblick über die Aktivitäten der Branche.<br />

MALTE KOLB<br />

ist bei der Rating-Agentur oekom research als Analyst für den Bereich<br />

Verpackungsbranche verantwortlich. Dabei ist ihm aufgefallen, dass<br />

der Großteil der Branche weiterhin der Meinung ist, dass ihre Verpackungen<br />

bereits allein deshalb nachhaltig seien, weil sie andere<br />

<strong>Produkte</strong> vor Beschädigung oder Verderben schützen.<br />

TINA TEUCHER<br />

leitet die Redaktion bei <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>. Die plastikverpackte<br />

geschälte Banane hat sie ernsthaft geschockt: Die Natur<br />

bietet doch von sich aus die schönsten und sichersten Verpackungen.<br />

100 PROZENT NATUR.<br />

NUll Müll.<br />

CRAdlE TO CRAdlE ®<br />

Kennen Sie schon Cradle to Cradle ® ?<br />

Unsere <strong>Produkte</strong> sind zertifiziert.<br />

Ein Produktkreislauf mit Zukunft – und ein Gedanke,<br />

den wir seit Beginn unserer Rohr- und<br />

Formstückproduktion konsequent leben: aus<br />

voller Überzeugung. Damit hat sich Steinzeug-<br />

Keramo zum Vorreiter einer Entwicklung gemacht,<br />

deren praktische Umsetzung jetzt mit<br />

einem Zertifikat bestätigt wird.<br />

Cradle to Cradle ® : Auf der Basis dieses Gedankens<br />

stellen wir nach europäischen Standards <strong>Produkte</strong><br />

her, die in der ganzen Welt begehrt sind, sichern<br />

damit Produktionsstandorte und Arbeitsplätze in<br />

Europa.<br />

Steinzeug-Keramo. Created on Nature.<br />

www.steinzeug-keramo.com<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

43


SCHWERPUNKT | PRODUKTVERANTWORTUNG UND ECODESIGN |<br />

Öko designen ist kinderleicht<br />

Eine Checkliste für Entscheidungen im Alltag<br />

Gut vorbereiten<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e <strong>Produkte</strong> ...<br />

sind gesellschaftlich sinnvoll, lösen ein echtes Problem<br />

setzen Ressourcen und Energie effizient und effektiv ein<br />

nutzen zur Herstellung und in der Gebrauchsphase Erneuerbare<br />

Energien wie Sonne, Wasser, Wind, Muskelkraft, Bio-Treibstoffe<br />

sind sicher, risikolos, gesund, ergonomisch, unschädlich für die natürliche<br />

Umwelt (schadstoffrei)<br />

haben eine Lebensdauer, die je nach Funktion kürzer, also „zyklischer“<br />

ist und sind deshalb besser in Kreisläufe rückführbar<br />

genießen die Wertschätzung der Nutzer<br />

sichern die wirtschaftliche Existenz der Anbieter<br />

werden lokal produziert, kurz transportiert, fair hergestellt<br />

So setzen Sie Ihre Ressourcen effizient ein:<br />

passende Rohstoffe auswählen<br />

Miniaturisierung, etwa von raumfüllenden Computern zu Laptops<br />

Virtualisierung, etwa das Eliminieren von analogen Anrufbeantwortern<br />

durch digitale Voicemails<br />

Langlebigkeit (<strong>Produkte</strong> lassen sich leicht wieder reparieren)<br />

Kurzlebigkeit (wo nötig) mit kreislauffähigen Materialien<br />

Transporte und Verpackungen minimieren<br />

ressourceneffizienten Gebrauch ermöglichen<br />

Rücknahme, Re-Use, also Wiederverwendung, Recycling,<br />

Stoffkreisläufe<br />

Zero Waste Design (Planung ohne Abfall)<br />

Dienstleistung statt Produkt<br />

Gut einkaufen<br />

WeGreen<br />

Wie unterscheidet man im Label-Dschungel nachhaltige und nichtnachhaltige<br />

Hersteller? WeGreen bewertet <strong>Produkte</strong> und vergibt<br />

eine Note. Wer will, kann die nachhaltigen Artikel über den Marktplatz<br />

gleich kaufen. www.wegreen.de<br />

Ecotastic<br />

Statt dem Auto das Fahrrad genommen? Die App Ecotastic bietet ein<br />

Gutscheinsystem, das jede nachhaltige Handlung belohnt. Für die<br />

gesammelten Punkte bekommt man bei nachhaltigen Herstellern<br />

Vergünstigungen oder Geschenke. www.ecotastic.de<br />

Aus Müll mach schön<br />

Upcycling-<strong>Produkte</strong> für Haushalt, Wohnen, Mode und das tägliche<br />

Leben www.upcycling-markt.de<br />

Machs doch selbst!<br />

Das Start-up COMAKE Shoes produziert umweltfreundliche Schuhe<br />

aus 99,4 Prozent nachwachsenden Rohstoffen. Kunden können ihre<br />

Schuhe auch selbst fertigen oder reparieren und übernehmen so<br />

„Produktverantwortung“.<br />

www.comake.de<br />

Gut herstellen<br />

Gut planen<br />

Design Thinking<br />

Die richtigen Ideen finden www.hpi.uni-potsdam.de/d_school<br />

Ecodesign PILOT<br />

Tool für Produktdesigner. Stellt die richtigen Fragen.<br />

www.ecodesign.at/pilot<br />

True Price<br />

Adrian de Groot Ruiz und sein Team wollen <strong>Produkte</strong>n<br />

den „wahren“ Preis, also inklusive ihrer<br />

Umwelt- und Sozialkosten, geben. <strong>forum</strong> sprach<br />

mit ihnen darüber, warum das für Firmen interessant<br />

wird. www.<strong>forum</strong>-csr.net Stichwort „Groot“<br />

Gute Materialien wählen<br />

Werkstoffdatenbank<br />

Paradies für <strong>Produkte</strong>ntwickler: Hier finden sich Materialien und<br />

viele umweltfreundliche Alternativen. www.materialconnexion.com<br />

Alternative Rohstoffe<br />

• Fachagentur nachwachsende Rohstoffe (FNR) www.fnr.de<br />

• Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe<br />

www.konaro.bayern.de<br />

• Anbieter von Biokunststoffen, z.B. aus Holz www.novamont.com<br />

Guten Rat finden<br />

• Biomimicry for Creative Innovation (BCI): Erfahrene Design-,<br />

Transformations- und Prozessspezialisten beraten mit Ideen aus<br />

der Natur www.businessinspiredbynature.com<br />

• Rainer Züst: Stellt im Downloadbereich die fünf Schritte zum<br />

Ecodesign mit Praxisbeispielen vor www.zuestengineering.ch<br />

• Gute einführende Texte über Ecodesign<br />

www.sustainableengineering.ch/ecodesign.php<br />

Gut loswerden<br />

Laptop-Recycling<br />

www.labdoo.org<br />

Tablet-Recycling<br />

www.flip4new.de<br />

Zahnbürsten-Recycling<br />

Colgate und das Umweltunternehmen TerraCycle machen aus gebrauchten<br />

Zahnbürsten, oder leeren Zahnpastatuben neue Plastikprodukte<br />

wie Gießkannen oder Parkbänke. www.terracycle.de<br />

PACKMEE – die Kleiderspende im Karton<br />

Das Kleider-Sammelsystem mit der höchsten Spendenausschüttung:<br />

50 bis 80 Prozent der Gewinne fließen an gemeinnützige Organisationen.<br />

Einfach einen Paketschein auf www.packmee.de ausdrucken<br />

und auf einen vorhandenen, möglichst großen Karton kleben.<br />

weitere Infos auf S. 34<br />

44 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


<strong>forum</strong> Special<br />

Medien und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Das Dilemma des Journalisten<br />

Illstration: © Matthias Schwert | schwert@graphic-recorder.eu<br />

Medien sind Meinungsmacher. Sie können Debatten<br />

entfachen und entscheiden, welche Themen sie in die<br />

Öffentlichkeit bugsieren. Müssten sie nicht in Zeiten, in<br />

denen der Klimawandel immer größeren Schaden anrichtet<br />

und politische Abkommen scheitern, wesentlich mehr über<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit berichten – selbst wenn das Thema kein<br />

Quotenrenner ist? Welche Verantwortung tragen Journalisten<br />

und dürfen sie gleichzeitig Aktivisten sein? Darüber<br />

diskutieren <strong>forum</strong>-Chefredakteur Fritz Lietsch und der<br />

ehemalige Leiter der Deutschen Journalistenschule, Ulrich<br />

Brenner. Lesen Sie außerdem, ob sich leitende Journa listen<br />

wie Giovanni di Lorenzo (DIE ZEIT), Bettina Reitz (BR) oder<br />

Marc Winkelmann (enorm) mit <strong>Nachhaltig</strong>keit gemein<br />

machen würden und welche Medien in dem Bereich federführend<br />

sind.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsjournalismus in Deutschland | 46<br />

Stiefkind der Medien? | 52<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Werbung, die rockt! | 54<br />

Debatte: Dürfen Journalisten Aktivisten sein? | 58<br />

Leserdiskussion: Wollen Sie „brennende“ | 62<br />

Journalisten?<br />

Neue Geschäftsmodelle für Medien | 64<br />

Checkliste <strong>Nachhaltig</strong>keitsjournalismus | 66<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

45


=========================<br />

=========================<br />

=========================<br />

SPECIAL | MEDIEN |<br />

Nur wenige Journalisten hinterfragen, weshalb sich Natur katastrophen<br />

wie Überschwemmungen häufen, die unter anderem Dresden im Juni<br />

2<strong>01</strong>3 teilweise unter Wasser gesetzt haben.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsjournalismus<br />

in Deutschland<br />

Naturkatastrophen wie das jüngste Jahrhunderthochwasser spülen <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

und Umweltschutz allmählich auf die Agenden der Journalisten. Welche Medien<br />

sind in der <strong>Nachhaltig</strong>keitsdebatte federführend – und haben sie eine Zukunft?<br />

Von Marie-Luise Braun<br />

enorm<br />

www.enorm-magazin.de<br />

05<br />

Okt. / Nov.<br />

2<strong>01</strong>3<br />

WEITERE THEMEN:<br />

Gut im Rennen? Die<br />

Commerzbank und ihr<br />

Ethik-Versprechen<br />

Kurswechsel:<br />

Reeder setzen<br />

auf Größe und<br />

Umweltschutz<br />

Wachstum von innen:<br />

Warum Unternehmen<br />

Kunden ablehnen<br />

SPECIAL<br />

8 Seiten:<br />

Tipps für das<br />

grüne Büro<br />

Fair<br />

Fashion<br />

Wie nachhaltige Labels<br />

an der Mode der<br />

Zukunft arbeiten<br />

05<br />

Deutschland € 7,50 / BeNeLux € 8,20<br />

Schweiz sfr 14,80 / Österreich € 8,50<br />

Foto: © steve-k by istockphoto.com<br />

46 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Ausgabe 04 | 2<strong>01</strong>3 5,50 Euro<br />

| MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT | SPECIAL<br />

Nach dem so genannten „Jahrhunderthochwasser“ vom<br />

Sommer 2002 war es nur elf Jahre später wieder soweit: Im<br />

Juni 2<strong>01</strong>3 waren weite Flächen in Mitteleuropa überflutet.<br />

Frisch sanierte Gebäude standen erneut unter Wasser, Menschen<br />

und Tiere starben. Und die Medien? Wenige Journalisten<br />

hinterfragten, warum es erneut zu Überschwemmungen<br />

solchen Ausmaßes gekommen war. Diese wenigen benannten<br />

Gründe und sie blickten auf soziale, wirtschaftliche,<br />

ökologische und kulturelle Folgen sowie mögliche Lösungen.<br />

Wenn auch nur in Ansätzen: Lokal wie überregional gab es<br />

ihn, den <strong>Nachhaltig</strong>keitsjournalismus. Dieser findet nicht<br />

nur in Fachpublikationen wie <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

statt. Er muss auch in lokalen Medien zu finden sein. Denn<br />

gerade hier, im Alltag, kann vermittelt werden, was der Einzelne<br />

für eine nachhaltige Entwicklung tun kann.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit?! Noch vor wenigen Jahren war es in einigen<br />

Medien geradezu verpönt, dieses Wort zu benutzen. Galt es<br />

doch als zu sperrig, zu schwer zu erläutern. Mittlerweile taucht<br />

„<strong>Nachhaltig</strong>keit“ geradezu inflationär in manchen Medien<br />

auf. „Der Begriff sollte weniger verwendet werden“, meint<br />

Dr. Thomas Pyhel. Über Umweltthemen werde viel berichtet,<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit komme zu kurz. Dem stellvertretenden Abteilungsleiter<br />

Umweltkommunikation und Kulturgüterschutz der<br />

Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) fehlt oft mindestens<br />

eine Dimension der nachhaltigen Entwicklung in den Berichten<br />

– umfasst diese doch das Zusammenspiel ökologischer,<br />

sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Aspekte.<br />

Die Folgen des menschlichen Einflusses auf die Umwelt<br />

fanden1969 erstmals mediale Aufmerksamkeit, durch die<br />

Regierungserklärung des damaligen Bundeskanzlers Willy<br />

Brandt, das „Sofortprogramm Umweltschutz“ der Bundesregierung<br />

1970 und die Einrichtung des Umweltrates im<br />

selben Jahr. Seither durchliefen Umweltthemen die übliche<br />

mediale Karriere. Nach einem Peak dümpelten sie nur wenig<br />

später weiter unten auf der Agenda. Heute haben sie Eingang<br />

in sämtliche Ressorts gefunden, wie wissenschaftliche<br />

Analysen zum Umweltjournalismus zeigen. Aber was ist<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsjournalismus? Ist er eine Weiterentwicklung?<br />

Ein übergreifender Begriff?<br />

Die Energiewende auf 80 Zeilen ist großes Kino<br />

Viele Journalisten können mit dem Begriff wenig anfangen.<br />

„Als akademischer Ordnungsbegriff ist <strong>Nachhaltig</strong>keit gut, in<br />

der journalistischen Praxis vermeiden wir ihn aber“, betont<br />

Torsten Schäfer, Journalismus-Professor an der Hochschule<br />

Darmstadt und ehemaliger Geo-Redakteur. DBU-Pressesprecher<br />

Franz-Georg Elpers ist ähnlicher Ansicht, zudem<br />

sieht er andere Herausforderungen: „Die Energiewende auf<br />

80 Zeilen zu verdichten, das ist großes Kino“. Das gelte vor<br />

allem für Journalisten, die sich nicht im Schwerpunkt mit<br />

diesen Themen befassen. Es ist also weniger wichtig, über<br />

den Begriff, als über seine Aspekte zu berichten.<br />

In den vergangenen Jahren hat die Berichterstattung über<br />

Umweltthemen zugenommen. Das verdeutlicht auch die<br />

Entstehung neuer Magazine (Landlust), Fernsehformate<br />

(Green 7 von Pro 7), Sonderseiten, Blogs und Kolumnen.<br />

Hinzu kommen neue Internetseiten und Portale (WiWo<br />

Green der Wirtschaftswoche).<br />

Aber die Berichterstattung hat sich auch inhaltlich erweitert,<br />

wie ein Blick in die Zeitschrift „test“ der Stiftung Warentest<br />

zeigt. Lange Zeit testete sie <strong>Produkte</strong> hinsichtlich<br />

verschiedener Umweltaspekte. Seit zehn Jahren nun führt<br />

die Berliner Stiftung auch „CSR-Tests“ durch. Sie prüft, wie<br />

sozial und ethisch Unternehmen handeln, beispielsweise<br />

Hersteller von Jeans, Kaffee oder Lachs. Die CSR-Tests haben<br />

Folgen: Es verträgt sich eben nicht mit dem Image eines<br />

Sportartikelherstellers, wenn er Kinder für sich arbeiten<br />

lässt. Entsprechend ändern Unternehmen ihre Produktion.<br />

In „Finanztest“ berichtet die Stiftung zudem über ethisch<br />

korrekte und grüne Geldanlagen.<br />

Wüsten-Wunder<br />

Dürregebiete werden zu Äckern<br />

Harvard-Lob<br />

US-Vordenker Daniel Yergin zur Energiewende<br />

Finanz-Check<br />

Nicht jede grüne Aktie ist sauber<br />

Besuchen Sie uns auch im Internet unter green.wiwo.de<br />

zeo2 · Magazin für Umwelt, Politik und Neue Wirtschaft · www.taz.de/zeo2<br />

Magazin für Umwelt, Politik und Neue Wirtschaft<br />

Green Data<br />

Hunger, Krankheit, Rohstoffmangel: Wie das Internet hilft,<br />

die größten Probleme der Menschheit zu lösen<br />

Bloß<br />

kein ÖkO-GelABer!<br />

Jugend heute: digital, konkret, umweltbewusst<br />

Wilde rePuBlik<br />

AlBtrAum<br />

deutschlAnd<br />

PArkhAus<br />

Mehr Urwald wagen<br />

Grau raus, bunt rein<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

47


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

Portale wollen Konsum verändern<br />

Ähnlich gehen auch Internetangebote vor, wie utopia.de.<br />

Konzipiert als Aktiengesellschaft will es über Verbraucherverhalten<br />

den Konsum verändern. Eine Kaufberatung ergänzt<br />

umfassende Berichte. wegreen.de bewertet <strong>Produkte</strong> und<br />

Firmen hinsichtlich ihrer nachhaltigen Ausrichtung – Nutzer<br />

können ausgezeichnete <strong>Produkte</strong> direkt bestellen. Auch<br />

das 2<strong>01</strong>2 für den Grimme Online Award nominierte Portal<br />

klimaretter.info bietet seit 2007 eine Orientierungshilfe.<br />

Unterstützt von Experten wie Hartmut Grassl und Claudia<br />

Kemfert publiziert es Nachrichten, Hintergründe und Kommentare<br />

zur Klima- und Energiewende.<br />

Diese Seiten beziehen Position für <strong>Nachhaltig</strong>keit. Aber wie<br />

verträgt sich das mit den Kriterien für einen guten Journalisten,<br />

der sich laut Hanns-Joachim Friedrichs nie mit einer<br />

Sache gemein machen sollte(siehe Seite 58)? Die Debatte<br />

werde zu kurz geführt, klagt Torsten Schäfer. „Subjektivität<br />

ist bei manchem Genre sogar Auftrag“, sagt er mit Blick<br />

auf Kommentare und Reportagen. Friedrichs sei Nachrichten-Journalist<br />

gewesen. Zudem ist es ja auch legitim, wenn<br />

Journalisten eine Haltung hinsichtlich Demokratie, Gender<br />

oder Minderheiten haben. Auch Franz-Georg Elpers hält einen<br />

ethischen Ansatz bei Journalisten nicht für verwerflich.<br />

„Die Umsetzung muss aber objektiv sein.“<br />

Noch einen Schritt weiter geht das Wirtschaftsmagazin<br />

enorm mit seinem „Solution oriented journalism“. Dieser<br />

verfolgt einen Journalismus, der Ideen und Alternativen für<br />

nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong>, ethischen Konsum und soziales<br />

Unternehmertum aufzeigt. „Kritisch und meinungsbildend“<br />

wollen die Redakteure von Zeozwei, einem Magazin der taz,<br />

die Debatte um Umweltschutz und <strong>Nachhaltig</strong>keit befeuern.<br />

Dazu thematisiert es Klima-, Energie- und Verkehrspolitik,<br />

Von der Idee zum Geschäftsmodell<br />

Wie das Tech-Portal „WiWo Green“ entstand<br />

Die grüne Wirtschaft boomt.<br />

Bilden die Medien das auch<br />

ab? Nein, fanden der ehemalige<br />

Wirtschafts woche-<br />

Ressortleiter Sebastian<br />

Matthes und sein Team und<br />

gründeten WiWo Green.<br />

Von Sebastian Matthes<br />

Was wie ein Riesenprojekt klingt,<br />

ist in Wirklichkeit ein kleines<br />

Start-up. WiWo Green muss um<br />

dieselben Dinge kämpfen, wie<br />

andere junge Unternehmen: Aufmerksamkeit,<br />

Geld und ein funktionierendes<br />

Geschäftsmodell.<br />

Der Chefredakteur der Huffington<br />

Post, Sebastian Matthes, zeigt,<br />

wie unternehmerisches Handeln<br />

aus dem Redaktionsbetrieb heraus<br />

entstehen kann. Im <strong>forum</strong>-<br />

Tagebuch beschreibt er, wie er bei<br />

der Wirtschaftswoche das Tech-<br />

Portal WiWo Green gegründet<br />

und daraus ein funktionierendes<br />

Geschäftsmodell gemacht hat.<br />

Die Mission von WiWo Green: Im<br />

Internet zur wichtigsten deutschsprachigen<br />

Informationsquelle für<br />

die Branche der grünen Technologien<br />

werden.<br />

Irgendwann im März 2<strong>01</strong>2<br />

Seit zwei Jahren produzieren wir bei der WirtschaftsWoche das<br />

Magazin „Green Economy“. Wir behandeln darin alle Themen rund<br />

um die grüne Wirtschaft. Das Heft erscheint alle drei Monate und<br />

liegt der WirtschaftsWoche bei. Doch schon länger frage ich mich:<br />

Müssten wir nicht mehr tun, um wirklich zu einer Stimme in der<br />

schnell wachsenden grünen Wirtschaft zu werden? Brauchen wir<br />

nicht ein Internetangebot, das die Meldungen rund um das Themengebiet<br />

tagesaktuell bringt? Die meisten Kollegen sagen: Du bist<br />

irre. Wir sind doch ohnehin schon ausgelastet. Aber unser Chefredakteur<br />

Roland Tichy ermuntert uns, dranzubleiben. Das Thema<br />

Green Economy wird groß, sagt er. „Wir müssen die Entwicklung<br />

wie im Heft mit ökonomischem Sachverstand nach Aufwand und<br />

Nutzen für die Umwelt analysieren“.<br />

Im April: Das Projekt erwacht und schläft wieder ein<br />

Ich spreche mit Kollegen im Verlag. Doch so richtig kommen wir nicht<br />

voran. Wir brauchen eine Vision. Die Idee: eine Art Techcrunch (Blog<br />

über Web 2.0-<strong>Produkte</strong> und Start-ups) für die grüne Wirtschaft zu<br />

entwickeln, kommt schließlich an.<br />

4. August 2<strong>01</strong>2: Bei Würstchen und Bier geht es weiter<br />

Die Verlagsgruppe Handelsblatt, zu der auch die WirtschaftsWoche<br />

gehört, veranstaltet regelmäßig Grillabende. An der Schlange<br />

vor dem Grill stehe ich zufällig hinter unserer Geschäftsführerin<br />

Claudia Michalski. Zu unserer Idee sagt sie: „Toll, legt los“. Einzige<br />

Bedingung: Das Projekt muss von Anfang an profitabel sein. Das<br />

spornt uns an.<br />

Ende August 2<strong>01</strong>2: Funktioniert unser Geschäftsmodell?<br />

Wir arbeiten an drei Säulen. Die wichtigste sind die sogenannten<br />

Premium-Werbepartner, die mit Logo, Bannern und Verlosungsaktionen<br />

auf unserer Seite präsent sind. Zweite Säule: Veranstaltungen<br />

und Konferenzen. Dritte Säule: Eine Job-Rubrik. In den<br />

kommenden Tagen telefoniere ich mein Adressbuch ab. Viele potenzielle<br />

Werbepartner klingen interessiert. Ich präsentiere bei<br />

einem Chemiekonzern, bei Elektronikkonzernen. Die Zeit dafür<br />

räumt uns die Redaktion ein.<br />

4. September: Unser erster Werbepartner!<br />

Abendessen mit dem Geschäftsführer der Unternehmensberatung<br />

Altran. Ich stelle die Idee vor. Er stellt ein paar kritische Fragen und<br />

gibt mir schließlich die Hand. Unser erster Werbepartner! Und<br />

der erste Umsatz in fünfstelliger Höhe. Aber das reicht noch lange<br />

nicht.<br />

28. September: Klappt der Online-Launch im Dezember?<br />

Endlich haben wir einen Programmierer, der auch die Seite designen<br />

wird. Die ersten Kollegen sagen, unser Starttermin, der 1. Dezember,<br />

könne niemals klappen. Aber wir wollen starten. Zur Not<br />

halbfertig.<br />

Fortsetzung auf Seite 50 <br />

Foto: © WiWo<br />

48 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT | SPECIAL<br />

Fragen zu Ressourcen und Biosphäre, Menschen unterschiedlicher<br />

Lebensstile. Das gesamte Spektrum nachhaltiger<br />

Themen beleuchtet das Greenpeace-Magazin mit sehr guter<br />

Qualität. Und auch das Fernsehformat Green 7 auf Pro 7 ist<br />

verbrauchernah.<br />

Aber einfach ist es nicht, nachhaltige Themen zu transportieren.<br />

So ging das <strong>Nachhaltig</strong>keitsportal Glocalist im Herbst<br />

2<strong>01</strong>2 offline. Schon im Sommer 2008 stellte Hubert Burda<br />

Media sein Magazin „Ivy“ wegen „mangelnder Perspektive“<br />

nach wenigen Ausgaben ein. Mit der Marke wollte das Haus<br />

die so genannten „LOHAS“ (Lifestyle of Health and Sustainability)<br />

erreichen. Diese legen – bei hedonistischen Zügen<br />

– Wert auf Gesundheit und <strong>Nachhaltig</strong>keit. Kürzlich hat der<br />

Volontärsjahrgang 2<strong>01</strong>1-13 der Burda-Journalistenschule<br />

das Magazin „Share“ für Menschen entwickelt, die Dienstleistungen<br />

und Geräte teilen möchten. Das Feedback sei<br />

zufriedenstellend, aber ob es für Share weitergeht sei noch<br />

nicht entschieden, teilt das Verlagshaus mit.<br />

Wie nachhaltig sind die Verlage?<br />

Wie jedoch steht es um die nachhaltige Unternehmensführung<br />

von Verlagen? „Wer sich kritischem Journalismus<br />

verpflichtet, muss selbst einer genauen Überprüfung standhalten“,<br />

schreibt der Axel Springer Verlag. Er gibt alle zwei<br />

Jahre einen <strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht heraus. 1994 habe sich<br />

der Verlag Umweltleitlinien gegeben, denen eine Auflistung<br />

des gesellschaftlichen Engagements beigestellt ist.<br />

Unter dem Stichwort „Verantwortung“ fasst der Verlag<br />

Gruner & Jahr sein Engagement hinsichtlich Gesellschaft,<br />

Umwelt und „Compliance“ (ethische Grundlagen) zusammen<br />

und verweist auf einen vielfältigen Umweltjournalismus<br />

in seinen <strong>Produkte</strong>n. Die Mitarbeiter würden auf umweltfreundliches<br />

Verhalten hingewiesen, zudem sei dem Haus der<br />

Austausch mit anderen Unternehmen, Umweltverbänden<br />

und Wissenschaftlern“ ebenso wichtig, wie der mit Lieferanten<br />

und Umweltverbänden. Andere Unternehmen, wie<br />

die Mediengruppe Madsack und Hubert Burda Media, hingegen<br />

verweisen lediglich auf ihr Umweltmanagement, von<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit keine Spur. Verlage engagieren sich offenbar<br />

nur wenig für nachhaltiges Management. Zumal: Überprüfen<br />

lässt sich aus der Ferne natürlich nicht, ob sie die wenigen<br />

Angaben tatsächlich umsetzen oder ob es sich eventuell um<br />

Greenwashing handelt.<br />

Wie geht es weiter?<br />

Die wirtschaftlich klammen Zeiten wirken sich auch auf<br />

den <strong>Nachhaltig</strong>keitsjournalismus aus. Redaktionen haben<br />

weniger Zeit für vertiefte Recherche und investigatives<br />

Vorgehen. Freie Journalisten sollen für geringere Honorare<br />

mehr leisten. Hinzu kommt, dass die meisten Journalisten<br />

DAS NEUE HEFT<br />

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Ein Jahresabo kostet 22 Euro, eine einzelne Ausgabe am Kiosk 5,50 Euro.<br />

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49


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

nur geisteswissenschaftlich vorgebildet sind und es bislang<br />

kaum Ausbildungsangebote für angehende <strong>Nachhaltig</strong>keits-<br />

Journalisten gibt. Eine Ausnahme ist das im Oktober 2<strong>01</strong>2 an<br />

der Leuphana Universität Lüneburg gestartete berufsbegleitende<br />

Zertifikat „<strong>Nachhaltig</strong>keit und Journalismus“ (weitere<br />

Angebote siehe S. 66).<br />

Zudem gibt es praktische Unterstützung, wie auf dem Rechercheportal<br />

www.gruener-journalismus.de, das Anfang 2<strong>01</strong>4<br />

starten soll. Es zeigt sowohl thematisch, als auch hinsichtlich<br />

des journalistischen Handwerkszeugs auf, wie gute Berichte<br />

über grüne und nachhaltige Themen entstehen können.<br />

Die Seite www.medien-doktor.de/umwelt der Technischen<br />

Universität Dortmund bewertet journalistische Beiträge über<br />

Umwelt- und <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen – und bietet damit auch<br />

Verbrauchern eine Orientierungshilfe.<br />

Solche Angebote unterstützen dabei, fundierter über nachhaltige<br />

Entwicklung zu berichten – in jedem Medium, sei<br />

es digital oder analog, sei es lokal, überregional oder international.<br />

Das kann helfen, Zukunft nachhaltig zu gestalten,<br />

damit sich die Bedürfnisse der heutigen und der künftigen<br />

Generationen erfüllen können – gemäß dem Brundtland-<br />

Bericht von 1987.<br />

DR. MARIE-LUISE BRAUN<br />

ist freie Journalistin mit eigener Agentur. Sie schreibt für Tageszeitungen<br />

und Fachmagazine und hat über Umweltjournalismus<br />

promoviert. Sie ist Dozentin und hat das Zertifikatsstudium „Journalismus<br />

und <strong>Nachhaltig</strong>keit“ an der Leuphana Universität Lüneburg<br />

mitent wickelt. Als Kulturwissenschaftlerin beschäftigt sie der Zusammenhang<br />

von <strong>Nachhaltig</strong>keit und Gesellschaft.<br />

Mehr unter www.agentur-wortgewandt.de<br />

16. Oktober: Werbepartner Daimler ist dabei<br />

Unser zweiter Werbepartner Daimler hat für ein Jahr zugesagt. Das<br />

heißt, wir können definitiv starten. Darauf stoßen wir an. In den<br />

Tagen danach kommt auch noch der Energieversorger Eprimo dazu.<br />

2. November: Riskante Wette<br />

Ein erster Entwurf der Seite steht und er ist toll geworden. Aber die<br />

Programmierung hakt. Heute müssen wir entscheiden: Nehmen wir<br />

einen Hinweis zu unserem Start in die nächste Ausgabe der WirtschaftsWoche<br />

Green Economy auf? Dann müssen wir definitiv Ende<br />

November starten. Wir entscheiden uns dafür, ohne wirklich zu wissen,<br />

ob wir es schaffen können. Eine riskante Wette. Auftrieb gibt uns,<br />

dass mit Kyocera ein weiterer Werbepartner unterschrieben hat.<br />

21. November: WiWo Green ist online<br />

Geschafft! Die Seite ist jetzt frei zugänglich im Netz. Wir machen<br />

aber noch keine Werbung. Wir wollen erst testen, ob alles funktioniert.<br />

Die Seitenaufrufe am ersten Tag: 73.<br />

26. November: Der Traffic steigt dank Peter Altmaier<br />

Wir haben ein Exklusivinterview mit Bundesumweltminister Peter<br />

Altmaier auf der Seite. Das Ergebnis: Fast 5.000 Seitenaufrufe. Jetzt<br />

sind wir auch bei Twitter und Facebook aktiv.<br />

31. Dezember: Das Jahr endet gut<br />

Seit Anfang des Monats hatten wir rund 112.000 Seitenzugriffe. Für<br />

2<strong>01</strong>3 haben wir uns noch höhere Ziele gesteckt. Wir wollen Ende<br />

des Jahres im Schnitt 250.000 Seitenabrufe pro Monat haben.<br />

März 2<strong>01</strong>3: Die zweite Einnahme-Säule steht<br />

Die Meta-Jobsuchmaschine Jobturbo wird uns künftig hunderte<br />

Jobs aus der grünen Wirtschaft auf die Seite spielen. Das Geschäftsmodell<br />

ist einfach: Wir stellen die Community, die sich für das Thema<br />

interessiert, Jobturbo zahlt dafür eine Gebühr. Nun arbeiten<br />

wir an weiteren Kooperationen. Dabei gibt es eine strikte Regel:<br />

Anzeigen und Redaktion vermischen wir nicht.<br />

16. April: Das Team wächst<br />

Nun ist auch unser fünfter Premium-Werbepartner an Bord. Die<br />

Investoren des nachhaltigen Finanzdienstleisters UDI. Mittlerweile<br />

arbeiten acht freie Kolleginnen und Kollegen für WiWo Green. Das<br />

Tagesgeschäft läuft immer besser. Oft sind wir bei grünen Themen<br />

genauso schnell wie die großen Nachrichtenseiten.<br />

Juli: Lob aus dem Verlag<br />

Unsere Geschäftsführerin Claudia Michalski präsentiert die Entstehung<br />

von WiWo Green auf einer Mitarbeiterversammlung als gutes<br />

Beispiel für unternehmerisches Denken aus der Redaktion heraus.<br />

Inzwischen nimmt auch die Zahl der WiWo-Kollegen zu, die für das<br />

Portal schreiben. Das zeigt: WiWo Green wird auch hier immer<br />

ernster genommen. Und: Im Juni verpassen wir knapp die 200.000<br />

Seitenabrufe. Wir liegen weit über Plan.<br />

August: Die Zahlen steigen weiter<br />

Fast hätten wir es geschafft: Im August hatten wir knapp 300.000<br />

Seitenabrufe. Damit haben wir unser Jahresziel schon fast erreicht.<br />

30. September: Greentec-Awards in Berlin<br />

WiWo Green ist zusammen mit ProSieben Medienpartner bei den<br />

Greentec-Awards, einem der größten Preise für saubere Technologien<br />

und Innovationen in Europa.<br />

Ende September: Wir planen ein WiWo-Green-Stipendium<br />

Wir denken schon länger darüber nach, ein Stipendium für<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keits-Journalismus aufzusetzen. Jetzt haben wir mit<br />

Christian Preiser vom Forum Qualitätsjournalismus aus Frankfurt<br />

am Main einen kompetenten Partner gewonnen und das<br />

Projekt kann starten. Preiser soll uns helfen, Sponsoren zu finden.<br />

Mit ihnen zusammen wollen wir jungen, ambitionierten<br />

Journalisten Geld für aufwendige Artikel bereitstellen. Das soll<br />

nicht nur den Umweltjournalismus in Deutschland voranbringen,<br />

sondern auch anspruchsvollen Online-Journalismus ermöglichen.<br />

Oktober 2<strong>01</strong>3: Wie geht es weiter?<br />

Die Start-up-Phase ist überstanden. Gerade sprechen wir mit weiteren<br />

Premium-Werbepartnern für das zweite Jahr. Einige neue<br />

Unternehmen werden dazukommen. So wichtig Geldverdienen für<br />

uns ist, es ist nicht unser einziges Ziel. Denn wir glauben, dass wir<br />

in Zukunft nur dann mit mehr Menschen und weniger Ressourcen<br />

auf dieser Erde überleben können, wenn wir radikal auf andere<br />

Technologien setzen: bei der Art wie wir uns fortbewegen, Städte<br />

planen, Energie erzeugen und Fabriken betreiben. Denn nur wenn<br />

sich möglichst viele Menschen mit den Technologien befassen,<br />

werden sie besser.<br />

50 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


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Bitte nicht das Gleiche in Grün<br />

Werbegrün – eine Berliner Manufaktur<br />

zeigt, wie die Produktion von hochwertigen<br />

Verpackungen tatsächlich ökologisch<br />

gestaltet werden kann.<br />

Es gibt kaum ein Thema, welches dauerhaft<br />

so kontrovers diskutiert wird, wie die<br />

Globalisierung. Auch im Bereich der Papierverarbeitung<br />

entstehen stetig neue Möglichkeiten<br />

für grenzenloses, wirtschaftliches<br />

Wachstum und globale Produktion. Wurden<br />

<strong>Produkte</strong> in diesem Bereich zunächst vorwiegend<br />

in den Ländern mit dem größten<br />

Kostenvorteil gefertigt, geht der aktuelle<br />

Trend kontinuierlich in Richtung hochwertiger<br />

und lokal produzierter <strong>Produkte</strong>.<br />

Aufwind für Manufakturen<br />

Kunden legen zunehmend Wert auf Ihr<br />

ökologisches Image: Handarbeit und faire<br />

Produktion an Stelle von Industrieware,<br />

Wiederverwertung an Stelle von Wegwerfkultur.<br />

Trotz globalisierter Märkte steigt die<br />

Nachfrage an regionalen, umweltfreundlichen<br />

und handgefertigten <strong>Produkte</strong>n. Und<br />

so erfahren Manufakturen neuen Aufwind.<br />

Anders als bei einer Online-Massendruckerei,<br />

hat sich werbegrün auf die Entwicklung<br />

und Produktion von hochwertigen und<br />

handgefertigten Werbeprodukten und<br />

Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe<br />

spezialisiert.<br />

Repräsentation von Markenwerten<br />

„Kunden, die mit einer Idee zu uns kommen,<br />

wollen ein maßgeschneidertes Verpackungsdesign<br />

mit einer überzeugenden<br />

technischen Umsetzung und einer fairen<br />

Produktion“, erklärt der werbegrün-Inhaber<br />

Oliver Hampe. „Eine individuelle Verpackungslösung<br />

präsentiert das Produkt in<br />

einer ästhetischen Weise und repräsentiert<br />

dessen Markenwerte. Damit das gelingt, ist<br />

der persönliche Austausch mit dem Kunden<br />

unerlässlich. Der Kunde muss die Aussage<br />

seines Produkts in der von uns gefertigten<br />

Verpackung abgebildet finden“.<br />

Qualitätsanspruch<br />

Die Kunden schätzen die hohe handwerkliche<br />

Qualität der <strong>Produkte</strong>. Werbegrün<br />

konzentriert sich auf umweltfreundliche<br />

Veredelungsmerkmale und hochwertige<br />

Materialien. „Wichtig ist dabei, zu verstehen,<br />

dass ein grünes Produkt nichts mit<br />

langweiliger grauer Pappe zu tun hat“, betont<br />

Hampe. Die verwendeten Faserstoffe<br />

stammen aus kontrollierten Forstbeständen<br />

und werden aus Deutschland und dem<br />

europäischen Ausland bezogen. Gefertigt<br />

wird lokal in eigenen Produktionshallen am<br />

Standort der Firma in Deutschland.<br />

Werbegrün blickt mittlerweile auf fast 30<br />

Jahre bestehende Tradition und Erfahrungen<br />

zurück. Seit 1985 fertigt die Manufaktur<br />

hochwertige Werbeprodukte<br />

aus Papier, Karton, Pappe. Hier vereinen<br />

sich neue Technologien mit sorgfältiger<br />

und hochwertiger Herstellung.<br />

Weitere ausführliche Informationen finden<br />

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51


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit:<br />

Stiefkind der Medien?<br />

Trotz ihrer Aktualität und Relevanz fristet <strong>Nachhaltig</strong>keit ein Schattendasein in der<br />

Gesellschaft. Das liegt auch daran, dass Medien als zentrale Informationsvermittler<br />

das Thema zu selten auf die Agenda setzen.<br />

Von Gesa Lüdecke<br />

Das Prinzip der <strong>Nachhaltig</strong>keit ist nicht neu. Es hat im Kern<br />

zum Ziel, allen Menschen auf Basis gerechter Ressourcennutzung<br />

die gleichen Chancen zu ermöglichen, heute und<br />

in Zukunft. Auch die wissenschaftliche und gesellschaftliche<br />

Debatte über <strong>Nachhaltig</strong>keit in den Medien, ihre Quantität<br />

und Qualität, ist nicht mehr neu. Dennoch ist das Thema<br />

nach wie vor nicht genügend in der Gesellschaft verankert,<br />

obgleich die nationale <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie der<br />

Bundesregierung bereits 2002 verabschiedet wurde. Einen<br />

wichtigen Anteil an diesem Versäumnis tragen die Medien.<br />

Sie sind entscheidende Multiplikatoren, die zu selten und zu<br />

oberflächlich über <strong>Nachhaltig</strong>keit berichten. Vielen Menschen<br />

sagt der Begriff <strong>Nachhaltig</strong>keit nichts. Dies trifft generell auch<br />

auf die Journalisten zu. Kleinere und größere Studien, wie<br />

die bereits im Jahr 2004 vom Grimme-Institut durchgeführte<br />

Untersuchung über die Präsenz von <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen im<br />

Fernsehen zeigen, dass Journalisten das Thema ungern in ihre<br />

Berichterstattung aufnehmen. Zu „komplex“, „anspruchsvoll“<br />

und „unattraktiv“ sei <strong>Nachhaltig</strong>keit und damit „insgesamt<br />

untauglich und sogar hinderlich“ fürs Fernsehen, fassen die<br />

Studienautoren die Haltung der befragten Medienvertreter<br />

zusammen. Für Journalisten ist <strong>Nachhaltig</strong>keit ein „Problemthema“,<br />

da es selten klare Fakten und Bilder liefert, keine<br />

konkreten Themen ausklammert und somit „alles und nichts“<br />

sein kann. Journalisten sind also das Nadelöhr, durch das ein<br />

Thema schlüpfen muss, um in die Öffentlichkeit zu gelangen.<br />

Klimawandel ist für Medien dankbarer<br />

Ist es daher legitim, zu behaupten, die Medien würden<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit stiefmütterlich behandeln? Die Antwort lautet<br />

„Jein“. Das „Ja“ betrifft die weit verbreitete Haltung der<br />

Journalisten, das Konzept der <strong>Nachhaltig</strong>keit sei zu sperrig,<br />

komplex und emotionsfrei, um darüber zu berichten. „Nein“,<br />

weil <strong>Nachhaltig</strong>keit im Zuge der Klimawandeldebatte auf die<br />

mediale Agenda gelangt, wenn zunächst auch nur als Trittbrettfahrer.<br />

Dennoch wird hierbei deutlich, wie <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

in ein brisantes Thema eingebettet sein kann. Schließlich<br />

geht es in der Klimawandeldebatte um eine zentrale<br />

Herausforderung für eine nachhaltige Entwicklung, die auf<br />

sozialer, ökologischer und ökonomischer Ebene entscheidende<br />

Risiken birgt und demnach auch nach neuen Strukturen<br />

auf eben diesen Ebenen verlangt. Der Klimawandel führt<br />

auf ökologischer Ebene zu Umweltschäden, die soziale<br />

Folgen wie Hunger, Missernten, Krankheiten oder Landflucht<br />

(„Klimaflüchtlinge“) nach sich ziehen. Dass sich ökologische<br />

Probleme auch auf die wirtschaftliche Stabilität eines Landes<br />

auswirken, verdeutlichen Ernten, die Starkregen, Hochwasser,<br />

Dürren oder Stürmen zum Opfer fallen oder der Rückgang<br />

von Sommer- und Wintertourismus in Regionen, in denen<br />

der Fremdenverkehr die Haupteinnahmequelle darstellt.<br />

Quantität und Qualität der <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation<br />

Mit Blick auf die Präsenz von <strong>Nachhaltig</strong>keitsdebatten in<br />

den Medien lässt sich festhalten: Sie sind genauso konjunkturabhängig<br />

wie andere Gesellschaftsthemen auch. So kann<br />

ein Erdbeben die Medien wochenlang dominieren, bis ein<br />

neues und aktuelleres Thema wie die Finanzkrise es aus dem<br />

Bewusstsein verdrängt. <strong>Nachhaltig</strong>keit hat es aber zusätzlich<br />

schwer, da häufig die konkreten Ereignisse fehlen, damit sich<br />

das Thema medial durchsetzt. Zwar bieten Umweltkatastrophen<br />

wie ein Ölteppich im Golf von Mexiko oder Atomunfälle<br />

reichlich Nachrichtenwert. Medien reduzieren <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

dann aber lediglich auf die ökologischen oder sozialen Folgen,<br />

die solche Unfälle mit sich bringen. Eine ganzheitliche Sicht<br />

auf <strong>Nachhaltig</strong>keit liefern sie nicht. Stecken in <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen<br />

keine klassischen Nachrichtenwerte, haben<br />

sie also kaum Chance auf Veröffentlichung. Was aber sind<br />

klassische Nachrichtenwerte? Die Medienforschung versteht<br />

darunter die Aktualität oder Neuigkeit, den Identifikationswert<br />

eines Themas für das Publikum bzw. sein Alltagsbezug<br />

und neuerdings auch seinen Unterhaltungswert („Infotainment“<br />

oder „Edutainment“). So verwundert es nicht, dass<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen Eingang in Unterhaltungsformate<br />

wie „Welt der Wunder“ oder „Galileo“ gefunden haben.<br />

Wenn schon <strong>Nachhaltig</strong>keit, dann bitte einfach zu konsumieren.<br />

Darüber hinaus findet sich <strong>Nachhaltig</strong>keit in kleinen und<br />

regionalen Geschichten, die etwa nachhaltigen Konsum oder<br />

die Vermarktung regionaler Bio-Lebensmittel einer Region<br />

52 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT | SPECIAL<br />

beschreiben. Gelegentlich bringen die Medien auch ethische<br />

Debatten, die das Verhalten des Menschen gegenüber der<br />

Umwelt bewerten. Kleinere Studien, die die Inhalte von Tageszeitungen<br />

über kurze Zeiträume analysiert haben, kommen<br />

meist zu dem Ergebnis, dass der Anteil an der Gesamtberichterstattung<br />

gering ist und die Qualität, also auch die Tiefe der<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema stark variiert. Die meisten<br />

Berichte erwähnen den Begriff „<strong>Nachhaltig</strong>keit“, ohne ihn zu<br />

erklären, setzen ihn nicht in Beziehung mit der behandelten<br />

Thematik und setzen damit voraus, dass der Leser oder<br />

Zuschauer ausreichend Hintergrundwissen hat, um die Informationen<br />

selbst in den Kontext der <strong>Nachhaltig</strong>keitsdebatte zu<br />

setzen. Nur wenige Artikel, Formate oder Sendungen erklären<br />

anschaulich und anhand von Beispielen, wie nachhaltiges<br />

Handeln in konkreten Situa tionen aussehen kann.<br />

Quo vadis, <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation?<br />

Die Klimawandeldebatte hat Hochkonjunktur. Das liegt mitunter<br />

daran, dass der Klimawandel, etwa durch die Berichte<br />

des Weltklimarates IPCC und im Gegensatz zum eher abstrakten<br />

Leitbild der <strong>Nachhaltig</strong>keit konkrete Zahlen und Daten<br />

liefert. Doch reichen diese Informationen über die Folgen des<br />

Klimawandels, um eine Entwicklung zu einem nachhaltigeren<br />

Alltag zu erreichen? Wohl kaum. Denn Journalisten beziehen<br />

sich selten oder nie auf den Ursprung des Klimawandels, der<br />

im Kern in einer nicht-nachhaltigen Entwicklung liegt. Genau<br />

das wäre aber nötig, um nicht nur die sprichwörtliche Spitze<br />

des Eisbergs zu beleuchten.<br />

Letztlich haben insbesondere die öffentlichen Rundfunkanstalten<br />

in Deutschland einen Bildungsauftrag zu erfüllen, den<br />

sie nicht verfehlen dürfen und zu dem auch Informationen<br />

über <strong>Nachhaltig</strong>keit gehören.<br />

Ein erster und wichtiger Schritt wäre, die Klimawandel debatte<br />

stärker in den Kontext einer weltweiten nachhaltigen Entwicklung<br />

zu rücken. Man würde also nicht weiter darüber lamentieren,<br />

ob der Mensch einen Einfluss auf das Weltklima hat<br />

oder nicht, sondern würde das grundsätzlich nicht-nachhaltige<br />

Verhalten des Menschen problematisieren und parallel nach<br />

langfristigen Lösungen suchen. Mittels der Klimawandeldebatte<br />

ließen sich konkrete <strong>Nachhaltig</strong>keitsziele definieren, die<br />

sowohl auf struktureller, als auch auf individueller Ebene in<br />

den Alltag einfließen können. Der Alltagsbezug ist dabei von<br />

zentraler Bedeutung, wollen und können wir doch nur das in<br />

unsere Lebenswelt einbeziehen, was sich hier als sinnhaft und<br />

brauchbar erweist. <strong>Nachhaltig</strong> zu handeln muss kein Hexenwerk<br />

sein, solange wir uns von der Komplexität des Konzepts<br />

nicht überwältigen lassen. Hier haben bisher jedoch nicht<br />

nur die Medien mit ihrem Bildungsauftrag geschlafen. Auch<br />

die Wissenschaft hat es versäumt, die mediale <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation<br />

rechtzeitig zu archivieren, zu analysieren<br />

und zu reflektieren und damit die Qualität und Quantität der<br />

Debatte umfassend zu begleiten und auch zu beeinflussen. Es<br />

ist höchste Zeit, diese Versäumnisse nachzuholen.<br />

GESA LÜDECKE<br />

ist promovierte Umweltwissenschaftlerin. Seit ihrem Studium<br />

erforscht sie, wie Medien Menschen zu einem nachhaltigeren<br />

Verhalten motivieren.<br />

Zum Weiterlesen<br />

Lüdecke, Gesa; Schulz, Daniel (2<strong>01</strong>1): (Neue) Medien, Partizipation<br />

und nachhaltige Entwicklung. In: Heinrichs, Harald; Newig, Jens;,<br />

Kuhn, Katina (Hrsg.): <strong>Nachhaltig</strong>e Gesellschaft. Wiesbaden: VS Verlag<br />

für Sozialwissenschaften, S. 132-152<br />

Schäfer, M. S.; Ivanova, Ana; Schmidt, Andreas (2<strong>01</strong>1): Globaler Klimawandel,<br />

globale Öffentlichkeit? Medienaufmerksamkeit für den<br />

Klimawandel in 23 Ländern. In: Studies in Communication/Media 0.<br />

Jg. (1), S. 131-148.<br />

Für 5 Euro im monat<br />

hintEr dEn KulissEn<br />

dEr EnErgiEWEndE<br />

Täglich Hintergründe, Debatten und Nachrichten:<br />

www.KlimAReTTeR.iNFo – DAS jouRNAliSTiScHe oNliNe-mAgAziN<br />

Sichern Sie die Arbeit der Redaktion von Klimaretter.info mit einem Förder-Abo<br />

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Als Förderer erhalten Sie 3 Ausgaben kostenlos<br />

vom Freitag – der unabhängigen wochenzeitung<br />

für Politik, Kultur und Haltung.<br />

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3 Wochen<br />

gratis<br />

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Empfänger: Klimawissen e.V.<br />

Konto: 11 36 85 21 00 / BLZ 430 609 67 / GLS Bank<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

53


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

Werbung, die rockt!<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Werbung muss weder Langeweile noch Greenwashing bedeuten.<br />

Gemeinsam mit Experten aus der Kreativbranche hat <strong>forum</strong> Beispiele aufgespürt,<br />

die zeigen, wie es auch gehen kann: Witzig, unkonventionell und ehrlich.<br />

Von Kim Schumacher und Anna Gauto<br />

„Smart und witzig getextet.<br />

Gutes Bild, tolles Design.“<br />

Die <strong>forum</strong>-Redaktion.<br />

Eine zur Ukulele umfunktionierte Thunfischdose<br />

ist das kreative Zentrum der Kampagne „TUNA-<br />

TUNES“ von followfish. Die Firma vom Bodensee,<br />

die <strong>Produkte</strong> aus nachhaltigem Fisch anbietet,<br />

fragte den Gitarrenbauer Carsten Schnoor,<br />

ob er aus einer Thunfischdose von follow fish<br />

eine Ukulele zimmern könne. So würde auch<br />

die Dose nachhaltig genutzt. Gleichzeitig bat<br />

followfish den Songwriter Duncan Townsend mit<br />

dieser ersten „Tunalele“ der Welt einen Song<br />

aufzunehmen. Eine CD mit dem Lied ging an Einkäufer,<br />

Redakteure und Blogger. „Die Kampagne<br />

schlug Wellen, der Absatz von follo wfish stieg<br />

innerhalb kurzer Zeit von 20.000 auf 100.000<br />

Dosen im Monat. Ein gutes Beispiel für die gelungene<br />

360 Grad-Inszenierung eines nachhaltigen<br />

Produkts“. Hassaan Hakim, Geschäftsführer<br />

von YOOL, Werbeagentur für <strong>Nachhaltig</strong>keit.<br />

54 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT | SPECIAL<br />

Umsetzung der Kampagne: Leagas Delaney, Hamburg<br />

www.leagasdelaney.de | © followfish<br />

Wie entstand die „Tunalele“?<br />

Mehr dazu auf der Kampagnenseite:<br />

www.followfish.de/tunatunes<br />

Kreatives Upcycling: Aus einer<br />

alten Fischdose wird eine<br />

Ukulele – die „Tunalele“.<br />

Der Songwriter Duncan<br />

Townsend produzierte mit<br />

der Tunalele den Song „A<br />

new beginning“ – perfekte<br />

Promo für followfish.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

55


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

Umsetzung: Inhouse<br />

www.ge.com | © GE<br />

„Ein gelungenes Beispiel für <strong>Nachhaltig</strong>keitswerbung<br />

ist die vielfach ausgezeichnete<br />

Imagekampagne von GE. Auch wenn bei einem<br />

Mischkonzern-Riesen wie GE davon auszugehen<br />

ist, dass nicht alles im Unternehmen aus<br />

ökologischer Sicht vorbildlich abläuft, zeigt die<br />

Kampagne dennoch ehrlich und ohne Schönfärberei<br />

die technologischen Errungen schaften<br />

des Unternehmens im Bereich Nach haltigkeit“.<br />

Benedikt Pfeufer, Partner bei Abc&D – Analytical<br />

brand concepts & Design.<br />

„Die Weleda-Printmotive zeigen Schmuck der besonderen<br />

Art. Es sind keine Juwelen oder Brillianten: Clevere Ausschnitte<br />

eröffnen dem Betrachter einen Blick auf das wohl<br />

wertvollste Schmuckstück überhaupt - die menschliche<br />

Haut. Ein gutes Beispiel dafür, wie man ein Bioprodukt aus<br />

dem Hochpreissegment im konventionellen Premiumsektor<br />

positionieren kann“. Hassaan Hakim, YOOL<br />

Umsetzung: Jung von Matt, Stuttgart<br />

www.jvm.com | © Jung von Matt/Neckar GmbH<br />

56 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT | SPECIAL<br />

Umsetzung: Inhouse<br />

www.lemonaid.de | © Lemonaid<br />

Umsetzung: Agentur Kolle Rebbe, Hamburg<br />

www.kolle-rebbe.de | © Kolle Rebbe<br />

Umsetzung: Inhouse<br />

www.premium-cola.de | © Premium Cola<br />

„Limettensaft, Wasser und Rohrzucker:<br />

Das Erfolgsrezept von<br />

Lemonaid klingt einfach. Doch<br />

dahinter steckt ein fantastisches<br />

Branding nebst konsequenter<br />

Markenstrategie. Lemonaid<br />

wurde innerhalb weniger Jahre<br />

vom Biogetränke-Underdog zum<br />

nachhaltigsten Softdrink der<br />

Nation. Es folgt nicht nur fairen<br />

Handels- und Beschaffungsprinzipien,<br />

sondern hat soziales Engagement<br />

in der Unternehmensstruktur<br />

verankert. Inzwischen<br />

gibt es neue Geschmacksrichtungen<br />

und auch den ChariTea,<br />

der sich sinnvoll in die Markenfamilie<br />

integriert. Lemonaid ist<br />

ein Best Practice-Beispiel dafür,<br />

wie ein Produkt kreativ, glaubwürdig<br />

und konsequent gelebt<br />

und vermarktet werden kann“.<br />

Hassaan Hakim, YOOL<br />

„Fast schon ein Klassiker der<br />

LOHAS-Werbung ist Bionade.<br />

Gutes Text- und Bildkonzept,<br />

die gebastelte Optik spricht die<br />

„handmade“-affine, junge und<br />

gebildete Zielgruppe treffend<br />

an“. Benedikt Pfeufer, Partner<br />

bei Abc&D.<br />

Premium-Cola macht bewusst<br />

keine Werbung und verzichtet auf<br />

ein auffälliges Logo und aufwendiges<br />

Design-Branding. Premium-<br />

Cola ist eine kleine Getränkemarke<br />

ohne Büro und verbreitet sich<br />

durch Mund-zu-Mund-Empfehlung.<br />

Ein Internet-Kollektiv vertreibt<br />

das Produkt nach dem<br />

Prinzip der Konsensdemokratie.<br />

„Leise und stilvoll“.<br />

Die <strong>forum</strong>- Redaktion.<br />

Brauchst Du das wirklich?! Diese Anzeige<br />

wurde am 25.11.2<strong>01</strong>1 von Patagonia in der<br />

New York Times geschaltet – unmittelbar<br />

nach dem konsumintensiven Thanksgiving.<br />

Patagonia wirbt darin für den nachhaltigen<br />

Umgang mit Ressourcen (Reduce, Repair,<br />

Reuse, Recycle) und ruft Verbraucher dazu<br />

auf, nur <strong>Produkte</strong> zu kaufen, die sie wirklich<br />

benötigen. „Der Promi aus der NH-Werbung,<br />

ist nach wie vor ein Hingucker mit wichtiger<br />

Botschaft“. Die <strong>forum</strong>-Redaktion.<br />

Umsetzung: LoeschHundLiepold Kommunikation GmbH<br />

www.patagonia.com | © Patagonia<br />

Die Bildstrecke für pfiffige und glaubwürdige <strong>Nachhaltig</strong>keitswerbung entstand<br />

in Zusammenarbeit mit YOOL – Werbeagentur für <strong>Nachhaltig</strong>keit (www.yool.de),<br />

Abc&D – Analytical brand concepts & Design (abc-and-d.com) und Serviceplan<br />

(www.serviceplan.com).<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

57


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

Dürfen Journalisten<br />

Aktivisten sein?<br />

Der „ideale“ Journalist soll sich mit nichts gemein machen. Auch nicht mit <strong>Nachhaltig</strong>keit?<br />

Eine Diskussion zwischen dem Hüter des orthodoxen Journalismus,<br />

Ulrich Brenner, und Aktivist Fritz Lietsch.<br />

Das Gespräch moderierte Marco Eisenack<br />

Herr Brenner, als ehemaliger Leiter der Deutschen Journalistenschule<br />

haben Sie viele hochrangige Journalisten<br />

ausgebildet. In der Lehre halten Sie das Objektivitätsprinzip<br />

hoch. Dazu passt auch das Zitat von Hajo Friedrich, einen<br />

guten Journalisten erkenne man daran, dass er sich nicht<br />

gemein mache mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.<br />

Warum soll man diesem Postulat folgen?<br />

Ulrich Brenner: Mir ist der Begriff Wahrheit lieber als Objektivität,<br />

denn natürlich sind auch wir Journalisten nicht<br />

frei davon, subjektiv an eine Sache heranzugehen. Ich habe<br />

meine Schüler gelehrt, so nah wie möglich an der Wahrheit<br />

zu bleiben. Ich sagte ihnen: Sorgt dafür, nicht einseitig zu<br />

berichten. Denn der Journalist hat in erster Linie die Aufgabe,<br />

zu informieren, und zwar nicht über die eigenen Ansichten.<br />

Der Rezipient soll sich ein eigenes Bild machen können.<br />

Herr Lietsch, mit <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> vertreten<br />

Sie eine andere Position. Sie wollen bewusst Partei ergreifen<br />

die <strong>Nachhaltig</strong>keit. Wo bleibt für die Leser Ihres Magazins<br />

der Raum, selbst Entscheidungen zu treffen?<br />

Fritz Lietsch: Wenn ein Journalist nur darüber berichtet, was<br />

ist, geht die Zukunft leer aus. Daher haben wir uns bei Gründung<br />

des ALTOP Verlages ganz bewusst mit <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

gemein gemacht. Unsere Haltung war und ist noch heute,<br />

dass es an uns liegt, die Zukunft zu gestalten. Vielen Dinge<br />

wie Erneuerbare Energien oder ökologischer Landbau, über<br />

die damals alle gelacht haben, mussten wir den Weg bereiten.<br />

Aber natürlich wollen wir in erster Linie informieren.<br />

Deswegen heißt <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> auch so. Wir<br />

wollen ein Forum bieten, wo viele unterschiedliche Meinungen<br />

zusammenkommen, so dass sich auch die Atomindustrie<br />

neben Ökostromanbietern äußern kann.<br />

Wo versagen die klassischen Medien aus Ihrer Sicht denn?<br />

Lietsch: Sie sind zu profitgetrieben. Agenda-Setting in den<br />

Medien passiert vor einem wirtschaftlichen Hintergrund.<br />

Den Vorwurf mache ich weniger den Journalisten als den<br />

Verlagen. Sie greifen bestimmte Themen wie <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

nicht auf, obwohl sie gesellschaftlich hochrelevant sind. Denn<br />

aus ihrer Sicht lässt sich <strong>Nachhaltig</strong>keit nicht gut genug verkaufen.<br />

Ein großer Münchener Verleger ist damals auf das<br />

Thema LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability, Red.)<br />

aufgesprungen und hat sein Magazin Ivy World nach nur<br />

zwei Ausgaben wieder eingestampft, weil es nicht schnell<br />

genug Geld eingebracht hat. Das Magazin hätte dabei helfen<br />

können, einen neuen Lebensstil zu propagieren.<br />

Brenner: Da will ich Ihnen gar nicht wiedersprechen. Verlage<br />

und Redaktionen, die sich nicht frei machen von wirtschaftlichen<br />

Interessen, sind ein großes Problem. Je länger ich die<br />

Medienlandschaft verfolge, desto mehr sorge ich mich, dass<br />

der ökonomische Druck die Unabhängigkeit der Redaktionen<br />

erfasst. Deshalb sollte man über neue Organisationsformen,<br />

wie Stiftungsmodelle, womöglich sogar öffentlich-rechtliche<br />

Konstruktionen, nachdenken.<br />

Lietsch: Herr Brenner, wir haben uns vor fünf Jahren schon<br />

getroffen und über neue Formen der Medienfinanzierung<br />

gesprochen. Ich bin nicht Journalist und Verleger geworden,<br />

weil ich es unbedingt werden wollte. Es war einfach kein anderer<br />

Verlag bereit, nachhaltige Themen zu transportieren.<br />

Ich habe damals um Ihre Hilfe gebeten, auch um Unterstützung<br />

bei der Deutschen Journalistenschule, um so ein<br />

ambitioniertes Projekt wie <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

zu stemmen. Da kam aber nichts.<br />

Brenner: Ich habe leider niemanden gewonnen.<br />

Lietsch: Es hat sich niemand für das Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

begeistern lassen?<br />

Brenner: Nicht in dem Maße. Die Hefte habe ich ausgelegt<br />

und in meinen Klassen präsentiert. Ich habe den Schülern<br />

gesagt, da könnt ihr mitarbeiten. Aber es hat sich niemand<br />

genug interessiert. Ich habe mich da getäuscht.<br />

Umweltthemen so zu erzählen, dass sie wieder spannend<br />

sind, ist Ihre Herausforderung, Herr Lietsch. Sie machen<br />

Journalismus aus der Perspektive des Aktivisten. Wie zeigt<br />

sich das in der Darstellungsform?<br />

Lietsch: Es geht nicht so sehr um die Darstellungsform, als<br />

um die Player. <strong>Nachhaltig</strong>keit ist aus meiner Sicht ein extrem<br />

spannendes Wirtschaftsthema. Ich betrachte Umwelt als<br />

58 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT | SPECIAL<br />

Als Journalist müsse man Distanz wahren, ist der ehemaligen Leiter der Deutschen Journalistenschule (DJS), Ulrich Brenner, überzeugt (links).<br />

Fritz Lietsch (rechts), Chefredakteur von <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>, macht sich im Gegenteil ganz bewusst mit <strong>Nachhaltig</strong>keit gemein,<br />

weil er verändern will. Moderator der Diskussionsrunde ist Marco Eisenack, Geschäftsführer des Onlineportals klimaretter.info.<br />

Innovationschance. Als etwas, wo neue <strong>Produkte</strong> entstehen,<br />

wo Profite schlummern, und die Entwicklung hat mir Recht<br />

gegeben. Wir berichten über soziale Themen in Form unserer<br />

Social Business-Serie, Muhammad Yunus ist bei uns Kolumnist.<br />

Wir arbeiten mit Menschen, die Veränderung anstoßen.<br />

In meinem Bekanntenkreis sind Leute vom Fernsehen. Wenn<br />

ich die frage, wie läuft’s im Job, sagen die: „Ich mache immer<br />

noch TV für Bekloppte“. Ich frage mich, warum ein Dieter<br />

Bohlen in der besten Sendezeit laufen muss, während wir<br />

genau dann begeisternde, neue Zukunftsvisionen zeigen<br />

sollten? Medien schielen zu sehr auf Quoten und machen<br />

Lietsch: Ja. <strong>forum</strong> ist die Plattform zur gewaltfreien Begegnung<br />

unterschiedlicher Meinungen. Denn so ermöglichen<br />

wir dem Leser, sich selbst eine Meinung zu bilden und nicht<br />

vom Journalisten abhängig zu sein. Journalisten haben<br />

immer seltener die Möglichkeit, tief genug in ein Thema<br />

einzusteigen, zu überprüfen, wie und von wem die Studien<br />

finanziert sind, aus denen sie zitieren. Wir wollen vor allem<br />

denjenigen Raum geben, die sich schwer tun, die Stimme zu<br />

erheben oder die noch sehr visionär sind. Natürlich macht<br />

uns das etwas einseitig, aber es transportiert neue Inhalte<br />

in die gesellschaftliche Diskussion.<br />

Lietsch: „Warum Bekloppten-TV<br />

zur besten Sende zeit?“<br />

Fotos: © Kim Schumacher<br />

daher ein Programm, vom dem sie selbst sagen, es sei für<br />

Doofköpfe. Es ist Aufgabe von uns Medienmachern, neue<br />

Formate zu entwickeln.<br />

Brenner: Auch da stimme ich Ihnen zu. Ihr Heft kann wichtige<br />

Anregungen geben. Es braucht solche Magazine wie <strong>forum</strong><br />

<strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> unbedingt, damit diese in den Journalismus<br />

hineinwirken können.<br />

Was aber ist dann noch die Rolle des Journalisten?<br />

Brenner: Der Journalist muss die Distanz bewahren, auch<br />

wenn er persönlich <strong>Nachhaltig</strong>keit wichtig findet und diesen<br />

Bereich kritisch mit Gegenstimmen begleiten.<br />

Herr Lietsch, kritisch zu hinterfragen heißt bei <strong>forum</strong>, dass<br />

Sie die verschiedenen Positionen nicht in einem, sondern<br />

in mehreren Artikeln zur Verfügung stellen, die aus unterschiedlicher<br />

Richtung kommen. Der Leser muss sich dann<br />

aus vielen Artikeln die Meinung zusammenbauen?<br />

Darf ein Journalist gleichzeitig Aktivist sein?<br />

Brenner: Ich bin seit 30 Jahren Mitglied beim Bund Naturschutz<br />

und war früher Mitglied bei Greenpeace. Als<br />

aktiver Journalist hätte ich nie eine Geschichte gemacht,<br />

bei der es um Greenpeace geht. Eine Haltung gegenüber<br />

der Schöpfung, also der Natur, darf man als Journalist<br />

aber haben. Man darf nur nicht vergessen, dass es viele<br />

verschiedene Ansichten dazu geben kann. <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong><br />

<strong>Wirtschaften</strong>, das sich an Entscheider richtet, kann es aus<br />

meiner Sicht gar nicht anders machen, als verschiedene<br />

Aspekte eines Themas aufzuzeigen. Denn die Entscheider<br />

wollen keine Meinung übergebraten bekommen, die wollen<br />

durch Argumente überzeugt werden. Deswegen finde ich<br />

es gut, wenn Fritz Lietsch sagt, wir lassen viele Parteien<br />

zu Wort kommen. Nur, es ist auch wichtig, zu sehen, wen<br />

man als Zielgruppe hat. Ich finde es legitim, wenn etwa in<br />

Kundenmagazinen einseitig berichtet wird. Aber bei allgemeinen<br />

Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Radio, TV<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

59


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

und Internet, die von Journalisten bespielt werden, darf es<br />

keine Einseitigkeit geben.<br />

Ist Fritz Lietsch aus Ihrer Sicht ein Journalist?<br />

Brenner: Ich würde eher sagen, er ist Publizist.<br />

Und Alice Schwarzer mit der Emma?<br />

Brenner: Auch das ist ein Grenzfall, den ich eher nicht beim<br />

Journalismus verorte.<br />

um glaubwürdig zu sein. Ich verurteile ihn also nicht, genauso<br />

wenig, wie ich den Redakteur einer Kundenzeitschrift<br />

verurteile. Es ist einfach eine andere Art des Publizierens.<br />

Nur sollte man dafür den Begriff des Journalismus nicht<br />

verwenden, eher den des Publizisten oder Propagandisten.<br />

Lietsch: Wir wollen nicht als Propagandisten auftreten,<br />

deswegen der <strong>forum</strong>-Charakter. Wir wollen den Lesern die<br />

Chance geben, verschiedene Seiten zu sehen. Gerade bei<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit gibt es oft kein wahr oder falsch.<br />

Da machen Sie sich das Leben aber leicht. Das macht ja die<br />

Arbeit eines Journalisten so mühsam. Der Verantwortung gerecht<br />

zu werden und das Für und Wider so abzuwägen, dass<br />

der Leser am Ende eine fundierte Entscheidung fällen kann.<br />

Lietsch: Das ist bei <strong>Nachhaltig</strong>keit aber nur bedingt möglich,<br />

weil das Thema unglaublich komplex ist.<br />

Brenner: Ich finde, man darf seinen Lesern ruhig vermitteln,<br />

dass es schwierig ist, eine eindeutige Position zu beziehen.<br />

Die Haltung, dass der Journalist allwissend ist, lehne ich ab<br />

und finde es zum Teil furchtbar, wie Kollegen auftreten.<br />

Wir haben also auf der einen Seite Medien wie <strong>forum</strong>, die<br />

klar Partei ergreifen und auf der anderen Seite den klassischen<br />

Journalismus. Mit Blick auf die Huffington Post und<br />

ihre Gast-Blogger stellt sich die Frage, ob die Berichterstattung<br />

der Zukunft eher parteiisch und meinungsbetont ist?<br />

Brenner: „Leser wollen nicht indoktriniert werden.“<br />

Herr Lietsch, Sie bezeichnen <strong>forum</strong> selbst etwas spielerisch<br />

als Greenwashing-Magazin. Wie begegnen Sie der Kritik,<br />

dass Ihre Leser nicht auch etwas über die schlechten Seiten<br />

der Solar- oder der Dämmstoffindustrie erfahren?<br />

Lietsch: Das sage ich nicht nur spielerisch, sondern provokant<br />

und wundere mich, dass ich den Vorwurf nicht öfter zu hören<br />

bekomme. Ich komme aus der Markt- und Werbepsychologie<br />

und weiß, dass es sinnvoller ist, jemanden, der sich bewegt,<br />

erst einmal zu loben, statt ihn abzuwatschen, weil noch nicht<br />

alles perfekt ist. Ein Beispiel: Lufthansa hat das Green Ticket<br />

entwickelt. Viele Medien, darunter die Süddeutsche Zeitung,<br />

haben die Initiative heftig kritisiert. Daraufhin hat sich Lufthansa<br />

zurückgezogen und wollte zu <strong>Nachhaltig</strong>keit lieber gar<br />

nichts mehr machen. Air Berlin hat sich damals vermutlich<br />

ins Fäustchen gelacht und weiterhin in Sachen <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

nichts unternommen. Ich will die ersten Schritte, die Unternehmen<br />

gehen, würdigen. Der Effekt ist nämlich, dass die<br />

eine Firma, die vorausgeht, die nächste mitzieht.<br />

Brenner: Dasselbe kann in den „normalen“ Medien auch<br />

stattfinden.<br />

Ist da nicht ein Unterschied zwischen Lobbyismus und<br />

Journalismus?<br />

Brenner: Das finde ich in dem Fall nicht. Wenn die SZ das<br />

Green Ticket einfach abtut, finde ich das genauso schlimm,<br />

wie wenn sie es hochjubelt. Der Journalist muss herausfinden:<br />

Ist das nur Propaganda oder hilft so eine Aktion der<br />

Umwelt? Ein Elend des aktuellen Journalismus ist, dass die<br />

Ausstattung der Redaktion dramatisch zurückgeht, besonders<br />

bei den Lokalzeitungen. Der verantwortungsvolle Journalismus<br />

schafft sich gerade selbst ab. Daher nehmen Hefte wie<br />

<strong>forum</strong> dem Journalisten eine Grundrecherche ab. Aber auch<br />

die Inhalte von <strong>forum</strong> darf ich nicht eins zu eins übernehmen,<br />

auch wenn ich dem Medium vertraue.<br />

Sie können Herrn Lietsch auch gar nicht vertrauen, wenn er<br />

offen zugibt, dass er die Lufthansa nicht kritisieren würde,<br />

weil sie womöglich den ersten Schritt in Richtung <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

macht.<br />

Brenner: Was Herr Lietsch mit seinem Heft macht, ist glaubwürdig.<br />

Als Journalist muss ich aber etwas anderes machen,<br />

Brenner: Je größer die Kakophonie an Informationen ist,<br />

desto wichtiger ist eine distanzierte, abgeklärte und um<br />

Wahrheit bemühte Berichterstattung. Diese wird sich aus<br />

meiner Sicht auch langfristig durchsetzen. Leser wollen nicht<br />

indoktriniert werden.<br />

Lietsch: Ich wünsche mir mehr Konstruktivität in Bezug auf<br />

neue Trends und Handlungsmöglichkeiten. Die Sicht „Only<br />

bad news are good news“ ist nicht die meine. Denn wir<br />

machen damit viele Entwicklungen zunichte. Kritisch sein<br />

ist ja richtig und wichtig, aber gleichzeitig kann und soll<br />

Journalismus auch unterstützen.<br />

MARCO EISENACK<br />

arbeitete bei der Süddeutschen Zeitung bevor er die Agentur text:-<br />

bau gründete. Er ist Geschäftsführer des GutWetter Verlags, in dem<br />

klimaretter.info erscheint.<br />

FRITZ LIETSCH<br />

ist Geschäftsführer der ALTOP Verlags- und Vertriebsgesellschaft<br />

für umweltfreundliche <strong>Produkte</strong> mbH in München, in der u.a.<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> und das Alternative Branchenbuch,<br />

ECO-World, erscheinen.<br />

ULRICH BRENNER<br />

ist ehemaliger Schulleiter und Geschäftsführer der renommierten<br />

Deutschen Journalistenschule. Zuvor u.a. Tätigkeiten bei der Stuttgarter<br />

Zeitung, Natur und dem SZ-Magazin.<br />

60 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


AB JANUAR 2<strong>01</strong>4<br />

| DEBATTE | SPECIAL<br />

B.A.U.M. e. V.<br />

Jahrbuch<br />

2<strong>01</strong>4<br />

© Rainer Kant<br />

1984 – 2<strong>01</strong>4 – 2044<br />

30 Jahre nachhaltig <strong>Wirtschaften</strong> – Rückblick und Ausblick<br />

1984 – 2<strong>01</strong>4 – 2044<br />

30 Jahre nachhaltig <strong>Wirtschaften</strong><br />

Sie können das Jahrbuch 2<strong>01</strong>4 von B.A.U.M. e. V. bereits jetzt zum<br />

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E-Mail an: baum-jahrbuch@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

oder unter +49 (0)89 / 74 66 11 - 13<br />

*gilt bis zum 31. Januar 2<strong>01</strong>4 | ISBN 978-3-925646-62-1<br />

30 Jahre nachhaltig <strong>Wirtschaften</strong> – Rückblick und Ausblick.<br />

Sein 30. Jubiläum nimmt B.A.U.M. zum Anlass, in seinem Jahrbuch<br />

2<strong>01</strong>4 zurückzublicken auf die eigene Arbeit der letzten drei Jahrzehnte,<br />

aber auch auf die Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft in<br />

diesem Zeitraum. Zugleich geht der Blick in die Zukunft: Vor welchen<br />

Herausforderungen stehen wir, welche Chancen bieten sich? Pioniere<br />

des Umweltmanagements berichten von ihren ersten Schritten in<br />

diesem Bereich zu einer Zeit, als Ökologie und Ökonomie noch als<br />

unvereinbar galten. Die Autoren zeichnen die Entwicklung vom<br />

Umwelt- zum <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement nach und identifizieren<br />

Zukunftsthemen für nachhaltig wirtschaftende Unternehmen.<br />

Unternehmensvertreter beschreiben, was sie persönlich antreibt<br />

beim Einsatz für eine nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft und<br />

Gesellschaft.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

61


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

Welche Verantwortung<br />

tragen Sie?<br />

Medien sind Meinungsmacher. Ihren Einfluss könnten sie nutzen, um <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

in die Öffentlichkeit zu tragen. Sollten Journalisten ihre Macht stärker einsetzen<br />

und „engagierter“ berichten?<br />

Von Anna Gauto<br />

Bettina Reitz, BR<br />

Giovanni di Lorenzo, DIE ZEIT Marco Eisenack, klimaretter.info Marc Winkelmann, Enorm<br />

Der ehemalige Moderator der Tagesthemen, Hanns Joachim<br />

Friedrichs, würde wohl vehement widersprechen. Er erkennt<br />

einen „guten Journalisten daran, dass er sich nicht gemein<br />

macht mit einer Sache, auch nicht mit einer Guten“ (siehe<br />

S. 58). Gilt das auch in Zeiten, in denen der Klimawandel immer<br />

deutlichere Spuren hinterlässt und nationale Interessen<br />

wichtige Abkommen blockieren? Können Medien überhaupt<br />

völlig unabhängig berichten? Das sagen führende Journalisten<br />

(in gekürzter Form).<br />

„Wir haben über Umweltprobleme und Klimawandel in<br />

der ZEIT sehr viel geschrieben, und wir werden das auch in<br />

Zukunft tun. Wir haben dabei eine erschreckende Erfahrung<br />

gemacht: Unsere Titelgeschichten über Klima oder <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

waren am Kiosk absolute Flops. Ich kann es mir<br />

bis heute nicht erklären, zumal wir eine in diesen Fragen<br />

besonders sensible Leserschaft haben. Grundsätzlich aber<br />

wollen wir auch bei diesen lebenswichtigen Fragen unserem<br />

Leitsatz treu bleiben: Wir möchten den Leser nicht indoktrinieren,<br />

sondern ihm die Mittel an die Hand geben, damit er<br />

sich eine eigene Meinung bilden kann.“<br />

Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur DIE ZEIT<br />

„Medien bezeichnen sich gern als unabhängig. Angesichts<br />

des großen Einflusses, den sich Lobbyisten und Anzeigenkunden<br />

in den personalschwachen Medienhäusern erarbeitet<br />

haben, scheint das jedoch kaum mehr glaubhaft. Kein Wunder,<br />

dass sich die Menschen nach Leuchttürmen sehnen, die<br />

deutlich sichtbar Position beziehen, Lösungen oder Gefahren<br />

aufzeigen und dafür geradestehen. Der Erfolg von Blogs<br />

zeigt: Wir brauchen dringend neue Darstellungsformen und<br />

Medienformate, die sich für eine Sache stark machen – und<br />

sich dazu ehrlich bekennen.“<br />

Marco Eisenack, Geschäftsführer von klimaretter.info<br />

„Journalisten dürfen sich mit einer guten Sache gemein<br />

machen, mitunter sind sie dazu sogar in der Pflicht. In<br />

der Wissen schaft ist es Konsens, dass der Mensch für die<br />

Erwärmung des Klimas verantwortlich ist. In der Berichterstattung<br />

auf Ausgewogenheit zu setzen und diesen Fakt<br />

von sogenannten Skeptikern leugnen zu lassen, halte ich<br />

für grob fahrlässig. Journalisten, die mit nachhaltigen Ideen<br />

sympathisieren, müssen allerdings besonders offen bleiben<br />

für alternative Modelle und Widersprüche – und müssen das<br />

im Zweifel auch thematisieren.“<br />

Marc Winkelmann, Chefredakteur enorm<br />

„Wir vertrauen auf unsere Journalisten und den Wettbewerb<br />

von Themenideen. Hierzu gehört, dass wir uns mit allen Themen,<br />

die in unserer Gesellschaft von Gewicht sind, engagiert<br />

und kritisch auseinandersetzen. Dies schließt die Bereiche<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit und Umweltschutz ein. Ausgewogenheit in<br />

62 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT | SPECIAL<br />

unseren Programmen entspricht dem gesetzlichen Auftrag.<br />

Ebenso ist es unsere journalistische Pflicht, in Kommentaren<br />

Entwicklungen pointiert zu hinterfragen. Basis hierfür ist eine<br />

vertiefte, journalistische Recherche. Unsere Verantwortung<br />

zielt klar auf die Unterscheidbarkeit unserer Angebote ab:<br />

Was ist Nachricht, Bericht oder Kommentar? Beim BR gelten<br />

die klassischen journalistischen Kriterien für Recherche und<br />

Berichterstattung.“<br />

Bettina Reitz, Fernsehdirektorin Bayerischer Rundfunk<br />

„Die Diskussion um die Energiewende ist hitziger denn je.<br />

Journalisten aus konservativen Medienhäusern haben es sich<br />

zur Aufgabe gemacht, die Energiewende zu kritisieren. Andere<br />

betonen ihre positiven Aspekte. Machen sich die Vertreter<br />

beider Seiten deshalb mit der Sache der Industrie oder mit den<br />

Klimaschützern gemein? Nein, denn Befürworter und Gegner<br />

der Energiewende haben gute Gründe für ihre Argumentation.<br />

Kennen Leser beide Seiten, können sie sich eine eigene Meinung<br />

bilden. Schlimm ist es nicht, wenn Journalisten einen<br />

Standpunkt beziehen. Problematisch wird es erst, wenn keiner<br />

diesen Standpunkt kritisiert oder kritisieren kann.“<br />

Benjamin Reuter, Redakteur WirtschaftsWoche/WiWo Green<br />

„Alle Journalisten sind Aktivisten. Sie vertreten doch alle<br />

Interessen und Einschätzungen. Für mich besteht die ent-<br />

scheidende Frage nicht darin, ob ein Journalist eine Meinung<br />

vertritt oder nicht, sondern ob er diese Meinung seinen<br />

Lesern ehrlich mitteilt oder vor ihnen versteckt. Entscheidend<br />

ist, ob die Fakten, die ein Journalist vermittelt, wahr sind.<br />

Glenn Greenwald, zuvor beim Guardian, deckte mit Edward<br />

Snowden den NSA-Skandal auf. Quelle: ZEIT ONLINE<br />

Sollten Journalisten sich stärker für <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen<br />

engagieren? Diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/<br />

<strong>forum</strong><strong>Nachhaltig</strong><strong>Wirtschaften</strong> oder schreiben Sie uns einen<br />

Leserbrief an redaktion@<strong>forum</strong>-csr.net. Einen Ausschnitt der<br />

Diskussion veröffentlichen wir in der kommenden Ausgabe.<br />

Das ist Ihre Meinung zu geplantem Verschleiß<br />

Bauen Hersteller selbst Schwachstellen in ihre <strong>Produkte</strong> ein, damit<br />

sie nicht lange halten? Unsere Leser können ein Lied vom frühen<br />

Tod ihrer Geräte singen und haben uns geschrieben:<br />

„Mir ist ‚Murks‘ schon zwei Mal mit Sony Digitalkameras passiert.<br />

An sich tolle Digitalkameras – schöne Bilder, schneller Auslöser, angemessener<br />

Preis. Doch leider ist nun schon die zweite Kamera um<br />

den Ablauf der Garantiezeit herum kaputt gegangen. Kulanz gab es<br />

bei Sony nicht. Obwohl ich mit den Kameras immer sehr zufrieden<br />

war, überlege ich nun, ob ich mir nochmals eine Sony Digicam kaufe.<br />

Die Tendenz ist klar, nein!“<br />

Leserin , die anonym bleiben will. Einkäuferin aus Berlin.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

63


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

(Neue) Bezahlmodelle<br />

für Medien<br />

Crowdfunding, Genossenschaft, Online-Werbung oder Stiftung: Auf den Medientagen<br />

im Herbst 2<strong>01</strong>3 wurde diskutiert, welche Geschäftsmodelle Journalismus<br />

heute und in Zukunft tragen können.<br />

Von Anna Gauto<br />

Im November 2<strong>01</strong>2 musste die Frankfurter Rundschau<br />

Insolvenz anmelden. Nur einen Monat später erschien die<br />

letzte Financial Times Deutschland. Die Funke Mediengruppe<br />

entkernte ihre Westfälische Rundschau (WR) kurz darauf<br />

derart, dass sie als erste Tageszeitung ohne Journalisten oder<br />

als „Zombie-Blatt“ durch die Medien ging. Lohnt sich Qualitätsjournalismus<br />

noch und welche (neuen) Geschäftsmodelle<br />

können ihn tragen? Das diskutierten Vertreter der Tageszeitung<br />

(taz), der Huffington Post (Huffpo), des ZEIT-Verlags,<br />

der Politik und aus der Blogosphäre bei den Medientagen in<br />

München. <strong>forum</strong> stellt die diskutierten Modelle vor.<br />

Crowdfunding: Der Journalist als Unternehmer<br />

Der prominente Blogger Richard Gutjahr empfiehlt Journalisten,<br />

sich gut zu vermarkten. Wichtig sei es, sich nicht<br />

von nur einer Finanzierungsquelle abhängig zu machen.<br />

So finanziert sich Gutjahr, selbst fester freier Mitarbeiter<br />

beim BR, nicht nur über Journalismus, sondern auch über<br />

Vorträge und Dozententätigkeiten. Für ihn ist Öffentlichkeit<br />

„bares Geld“, weshalb er viel Zeit in soziale Netzwerke und<br />

in seinen gesponsorten Blog steckt. Jede Menge Aufmerksamkeit<br />

bescherte ihm die Plattform lobbyplag.eu, die er<br />

gemeinsam mit Partnern Anfang 2<strong>01</strong>3 gegründet hat. Sie<br />

zeigt, wie EU-Politiker ganze Gesetzesentwürfe unverändert<br />

von Lobby-Papieren übernommen hatten, ohne dies zu<br />

kennzeichnen.<br />

Finanzielle Unterstützung erhielt Gutjahr über die Crowdfunding-Plattform<br />

„Krautreporter“, wo binnen vier Wochen<br />

249 Unterstützer 7.849 Euro für sein Projekt spendeten. Wie<br />

funktioniert Krautreporter, das erste deutsche Crowdfunding-Angebot<br />

für Journalisten? In einem Kurz-Video beschreibt<br />

der Journalist seine Projekt-Idee. Das kann ein Artikel, ein<br />

Film, ein Audiofeature oder eine Fotoreportage sein. Dann<br />

legt er das Budget und die Frist fest, in der das nötige Geld<br />

zusammenkommen muss. Krautreporter basiert auf dem<br />

Alles-oder-Nichts-Prinzip: entweder ein Projekt erreicht den<br />

Zielbetrag in der zu Beginn festgelegten Frist oder es gibt kein<br />

Geld. Auf diese Weise haben auf dem Portal bislang 2.469<br />

Unterstützer rund 136.200 Euro für 30 Projekte gespendet.<br />

Die Erfolgsquote ist hoch: Laut Gründer Sebastian Esser bekommen<br />

70 Prozent der eingereichten Ideen den Zuschlag.<br />

Gute Chancen haben vor allem die Journalisten, die eine<br />

große Community mobilisieren können. Andere Modelle, wie<br />

den Mikro-Bezahldienst „Flattr“, den man als Spenden-Button<br />

unter Artikel einbinden kann, sieht Esser kritisch. So handle<br />

man nicht unternehmerisch oder vermarkte seine Arbeit,<br />

sondern halte lediglich die Hand auf.<br />

Für klar definierte Einzelprojekte mit einem Anfang und einem<br />

Ende kann Crowdfunding also eine gute Finanzierungsmöglichkeit<br />

sein. Weitere allgemeine Crowdfunding-Plattformen sind<br />

„Kickstarter“, „Startnext“ und „indiegogo“. Fotojournalisten<br />

können bei dem US-Portal „emphas.is“ um Gelder werben.<br />

Online-Werbung und Engagement-Plattform:<br />

Die Huffington Post<br />

Bei ihrem Start im Oktober 2<strong>01</strong>3 erlebte die Huffington Post<br />

Deutschland vor allem wegen ihres Angebots, auf der Plattform<br />

unbezahlte Beiträge zu publizieren, viel Widerstand.<br />

Die HuffPo, die unter dem Dach des Burda-Verlags erscheint<br />

und mit FOCUS Online kooperiert, ist ein Hybrid, der zum<br />

einen ein journalistisches und zum anderen ein von nicht<br />

bezahlten Gastbloggern bespieltes Portal umfasst. Für das<br />

journalistische Portal schreiben derzeit 15 fest angestellte<br />

Redakteure. Die „Engagement-Plattform“ richtet sich laut<br />

dem Geschäftsführer der herausgebenden TOMORROW<br />

FOCUS AG, Oliver Eckert, an Menschen, die keine Autoren<br />

oder professionellen Blogger sind und gern mit eigenen Meinungsbeiträgen<br />

aufwarten wollen. Ein Blog-Editor nimmt alle<br />

Gastbeiträge entgegen, prüft die Qualität und stellt sie online.<br />

Die Huffington Post finanziert sich komplett über Online-Werbung,<br />

was laut Eckert so gut funktioniere, „dass es<br />

das Medium bis Ende 2<strong>01</strong>4 in 14 Ländern geben wird“. 800<br />

Redakteure arbeiten für die erst 2005 mit vier Redakteuren<br />

gestartete US-Mutter. Auch FOCUS Online, so Oliver Eckert,<br />

fahre mit einem rein werbefinanzierten Geschäftsmodell<br />

nach drei defizitären Jahren nun zweistellige Umsatzrenditen<br />

ein. Online-Journalismus sei also absolut refinanzierbar und<br />

Geschäftsmodelle stünden dort erst am Anfang.<br />

64 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Crowdfunding erfasst die deutsche Filmindustrie:<br />

Um die Kultfigur „Stromberg“ auch im Kino zu sehen,<br />

brachten Fans eine Million Euro auf. Produzent Brainpool<br />

beteiligt die Kleinanleger an den Kinoeinnahmen.<br />

Am 20. Februar 2<strong>01</strong>4 startet der Film.<br />

Foto: © Brainpool, Willi Weber<br />

Eine Alternative zur HuffPo bietet die Online-Plattform<br />

„Golem“. Sie wendet das Modell einer „erfolgsbasierten<br />

Vergütung“ an: Es bezahlt Autoren nach den Klickzahlen<br />

ihrer Beiträge.<br />

Genossenschaft und „Pay-Wahl“ bei der taz<br />

Bei ihrer Gründung 1978 war die taz ein frühes Crowdfunding-Projekt,<br />

das sich über „Vor-Abos“ von rund 7.000 Personen<br />

finanzierte. Ihre erste große Krise 1992 überlebte die Zeitung,<br />

indem sie eine Genossenschaft gründete. Seither besitzen<br />

13.000 GenossInnen das Produkt, ohne redaktionell Einfluss<br />

nehmen zu können. Das Genossenschaftskapital mache die<br />

taz unabhängiger von der wirtschaftlichen Situation und von<br />

Werbeeinnahmen, die nur zehn Prozent betragen, sagt Produktmanagerin<br />

Aline Lüllmann. Das Modell hat aber auch Nachteile:<br />

Die Mitarbeiter hätten zwar viele Freiheiten, würden aber<br />

unter Tarif bezahlt. Das führe dazu, dass dort vor allem junge<br />

Journalisten tätig seien, die die taz nicht lange halten könne.<br />

Um zusätzlich an Geld zu kommen, nutzt taz.de den Mikro-Bezahldienst<br />

„Flattr“ und startete 2<strong>01</strong>1 zusätzlich die<br />

Kampagne „taz-zahl-ich“. taz-zahl-ich funktioniert nach<br />

dem gleichen Prinzip wie Flattr und brachte im Monat<br />

durchschnittlich 3.000 Euro ein. 2<strong>01</strong>2 führte die taz eine<br />

freiwillige Bezahlschranke, die Pay-Wahl ein, die „aggressiver“<br />

darauf verweist, dass Leser die Artikel honorieren<br />

können. Will er nicht zahlen, schließt sich das Fenster mit<br />

der Bezahlaufforderung und der Nutzer kann den Beitrag<br />

kostenlos lesen. So nimmt die taz im Monat immerhin<br />

10.000 Euro zusätzlich ein, womit sie die Verluste, die das<br />

Online-Portal taz.de jedes Jahr macht, ausgleicht. Zudem<br />

hat sich die taz ein weiteres Geschäftsmodell einfallen<br />

lassen. Durch den Verkauf von Fairtrade-Kaffee und regionalen<br />

<strong>Produkte</strong>n subventioniert die Zeitung die Gehälter<br />

ihrer Redakteure quer. Mit diesen neuen Geschäftsfeldern<br />

hat die taz im Jahr 2<strong>01</strong>2 3,5 Millionen Euro eingenommen.<br />

Qualität ist König: Der ZEIT-Verlag<br />

Qualität ist der Kern und das Geschäftsmodell des<br />

ZEIT-Verlags. Das gilt für seine Medien wie für seine neuen<br />

Geschäftsfelder, also den Verkauf von Büchern, Weinen,<br />

Reisen, Konferenzen. Mit dem journalistischen Kerngeschäft<br />

stehe die ZEIT finanziell „sehr gut“ da, wie der Geschäftsführer<br />

von ZEIT ONLINE Christian Röpke betont. Um die hohe<br />

Qualität zu halten, hat der Verlag die Redaktionsbudgets für<br />

ZEIT ONLINE in den „vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt<br />

und zig neue Stellen geschaffen“, so Röpke. Die neuen<br />

Geschäftsfelder sind eine Art Risikoversicherung, falls der<br />

Journalismus einmal keinen positiven Deckungsbeitrag<br />

mehr erwirtschaften sollte. Mit Blick auf Sparmaßnahmen<br />

bei der Westfälischen Rundschau empfiehlt Röpke, immer<br />

in Qualität zu investieren. Er warnt davor, in eine Spirale<br />

zu geraten, in der man nicht mehr investiere und ein Produkt<br />

kaputtspart. Wer wolle schon ein schwaches Produkt<br />

kaufen?<br />

Hilfe vom Staat: Das Stiftungsmodell in NRW<br />

Der nordrhein-westfälische Staatssekretär für Medien, Marc<br />

Jan Eumann (SPD), möchte bis Ende 2<strong>01</strong>3 die Stiftung für<br />

„Partizipation und Vielfalt“ auf den Weg gebracht haben.<br />

Sie soll Aus- und Fortbildungsangebote sowie Best-Practice<br />

Modelle fördern oder Recherchestipendien für Journalisten<br />

in NRW vergeben. Die Mittel für die Stiftung (jährlich<br />

1,6 Millionen Euro) sollen aus dem öffentlich-rechtlichen<br />

Beitragsaufkommen stammen und zu Lasten des Etats der<br />

Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) gehen.<br />

Bei der LfM und den meisten Verlagen stößt die geplante<br />

Stiftung bislang auf Gegenwehr. Eumann kritisierte auf den<br />

Medientagen, dass sich gut situierte Verleger in Deutschland<br />

nicht nach dem Vorbild der US-Stiftung „ProPublica“ mit<br />

eigenen Vermögensanteilen als Stifter engagieren.<br />

Als Fazit konstatiert die Runde, allen voran Oliver Eckert von<br />

der HuffPo, dass es genug tragfähige Finanzierungsmöglichkeiten<br />

gäbe. Medienunternehmen hätten nur nicht ausreichend<br />

in die Entwicklung und den Ausbau journalistischer<br />

Inhalte und Formen investiert, welche die Grundlage für<br />

wirtschaftlichen Erfolg bilden. Viele Verlage verschwinden<br />

deshalb, „weil sie sich nicht neu orientiert haben“. Gerade<br />

im digitalen Bereich gäbe es reichlich Potenzial.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

65


SPECIAL | MEDIEN UND NACHHALTIGKEIT |<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit und Medien<br />

auf einen Blick<br />

Wo können <strong>Nachhaltig</strong>keitsjournalisten recherchieren oder sich weiterbilden?<br />

Welche Journalistenpreise und alternativen Finanzierungsformen gibt es?<br />

Die <strong>forum</strong>-Checkliste verrät mehr.<br />

Wo studieren?<br />

Im Oktober 2<strong>01</strong>2 startete an der Leuphana Universität<br />

Lüneburg das zweisemestrige berufsbegleitende<br />

Zertifikat „<strong>Nachhaltig</strong>keit und Journalismus“; der Studiengang<br />

„Technikjournalismus“ an der Hochschule FH<br />

Bonn-Rhein-Sieg in St. Augustin wurde kürzlich um den<br />

Schwerpunkt „Umweltjournalismus“ erweitert, der auch<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit thematisiert; Bachelor-Studiengänge für<br />

„Wissenschaftsjournalismus“ kombinieren an der Fachhochschule<br />

Darmstadt und der Universität Dortmund<br />

naturwissenschaftliche Inhalte und Journalismus; die<br />

Fachhochschule Ansbach hat für ihren Studiengang<br />

Ressortjournalismus eine Professur für Umweltjournalismus<br />

ausgeschrieben; in Österreich will die Initiative<br />

www.nachhaltigkeitsjournalismus.at ein ähnliches Angebot<br />

wie die Leuphana anstoßen.<br />

Was erzählen?<br />

Wie man gute Geschichten über <strong>Nachhaltig</strong>keit erzählt,<br />

können Interessenten in Seminaren des Umweltinstituts<br />

unter Leitung von <strong>forum</strong>-Kurator Prof. Dr.<br />

Torsten Schäfer lernen. Recherchetipps und journalistisches<br />

Handwerkszeug bietet das unabhängige Portal<br />

www.gruener-journalismus.de. Das Internetangebot der<br />

TU Dortmund www.medien-doktor.de/umwelt bewertet<br />

die Güte von Artikeln über <strong>Nachhaltig</strong>keit und Umwelt.<br />

Zudem bietet <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> regelmäßig<br />

Storytelling-Workshops an.<br />

Infos unter www.<strong>forum</strong>-csr.net/events.<br />

Wo gewinnen?<br />

Seit 2<strong>01</strong>0 verleiht die Hochschule für Wirtschaft<br />

und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) den mit<br />

insgesamt 2.000 Euro dotierten Journalistenpreis<br />

„ERM-Medienpreis für <strong>Nachhaltig</strong>e Entwicklung“; die<br />

bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken vergeben<br />

drei Journalistenpreise im Gesamtwert von 20.000<br />

Euro; die VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt lobt<br />

den mit 3.000 Euro dotierten „Robert-Mayer-Preis“<br />

aus, der Journalisten für ihre Veröffentlichungen zur<br />

Energietechnik und Energiewirtschaft auszeichnet;<br />

der mit 3.000 Euro dotierte „Deutsche Preis für<br />

Innova tionsjournalismus“ prämiert Qualitätsjournalismus<br />

über gesellschaftliche Veränderungsprozesse.<br />

Weitere Journalistenpreise vergeben die Agentur für<br />

Erneuerbare Energien („unendlich viel Energie“), das<br />

Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik<br />

(„UMSICHT-Wissenschaftspreis“), die Industrie-<br />

und Handelskammern („Ernst-Schneider-Preis“),<br />

Ecosense („econsense Journalistenpreis“) sowie die<br />

Deutsche Umwelthilfe („Umwelt Medienpreis“).<br />

Von wem finanziert werden?<br />

Auf diesen Crowdfunding-Plattformen können Journalisten,<br />

Fotografen und Kreative Gelder für ihre Projekte<br />

einwerben: krautreporter.de, startnext.de, indiegogo.<br />

com, kickstarter.com, emphas.is.<br />

Diese Mikrobezahldienste werden zur Honorierung von<br />

bestehenden <strong>Produkte</strong>n wie Artikeln eingebunden: flattr.<br />

com, kachingle.com, paypal.com, moneybookers.com.<br />

Weitere Informationen zu Crowdfunding und Journalismus<br />

unter: mediafunders.net<br />

Wie nachhaltig publizieren?<br />

Bislang kennen die meisten Verlage den ökologischen<br />

Fußabdruck ihrer <strong>Produkte</strong> nicht. Dabei gibt es im Produktionsprozess<br />

von Büchern und Zeitschriften einige<br />

ökologische Achillesfersen: Zuvörderst bei der Papierherstellung<br />

(Holz, Energieverbrauch) und beim Druck<br />

(umwelt- und gesundheitsschädigende Farben und Bindemittel,<br />

Energieverbrauch, Abwasser und Abfall). Nicht<br />

nur die Umwelt leidet – angesichts knapper Ressourcen<br />

und steigender Preise für Rohstoffe wie Holz und Erdöl<br />

sind Verlage auch aus ökonomischen Gründen gut beraten,<br />

sich mit ihrer Umweltbilanz zu befassen. Der oekom<br />

verlag bietet Verlagshäusern, die nachhaltig publizieren<br />

wollen, die Broschüre „Ideen für grünere Seiten“ und<br />

ein ausführliches Hintergrundpapier zum kostenlosen<br />

Download an.<br />

www.nachhaltig-publizieren.de<br />

66 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


<strong>forum</strong> Themen<br />

Unter Kreativen<br />

Foto: © Herbert Raab Linzer Astronomische Gessellschaft<br />

Wie kommt das Neue in die Welt? Im Rahmen der Innovationsserie<br />

hat sich <strong>forum</strong>-Autor Christoph Santner diesmal<br />

dort umgesehen, wo sich Kreative, aber auch Forscher<br />

treffen, um gemeinsam die Welt aus den Angeln zu heben.<br />

In sogenannten „Future Labs“ wie „der Schmiede“, der „Ars<br />

Electronica“ (siehe Foto) oder der „Morgenstadt“ gebären<br />

sie vielversprechende Protoytpen, Start-ups oder die<br />

Städte der Zukunft. Lesen Sie außerdem, weshalb Firmen<br />

wie Coca-Cola oder Nike damit beginnen, natürlichen Ressourcen<br />

einen Preis zu geben und warum der renommierte<br />

Wirtschaftsethiker Karl Homann viele Thesen aus dem Lager<br />

der Wachstumskritik für gefährlichen Humbug hält.<br />

Serie Innovationsschmieden, diesmal: Future Labs | 68<br />

Gehalt selbst bestimmen? Na klar! | 72<br />

Serie „Der CSR-Manager“: Die Bestandsaufnahme | 77<br />

Der T(h)urmblick: <strong>Nachhaltig</strong>e Transformation | 80<br />

Warum gibt Coca-Cola der Natur einen Preis? | 82<br />

Öko-Zahlsysteme: Firmen sichern ihre Versorgung | 86<br />

Warum die Erde wie ein Kraftwerk funktioniert | 90<br />

<strong>Nachhaltig</strong> bauen: Gute Bauprodukte erkennen | 94<br />

Interview: Was passiert mit unserem Müll? | 98<br />

Was ist ein nachhaltiges Produkt? | 1<strong>01</strong><br />

Wie WERTvoll ist meine Marke? | 102<br />

Wenn Unternehmen und Schulen gemeinsam lernen | 106<br />

Wachstum: Fluch oder Segen? | 108<br />

Social Business: Ein Kuscheltier gegen Vorurteile | 112<br />

Wie Social Impact Bonds Kriminellen helfen | 116<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

67


THEMEN | INNOVATIONSSCHMIEDEN |<br />

Wie kommt das Neue<br />

in die Welt?<br />

Wie sieht Erfinden und Erschaffen heute eigentlich aus? In welchen Hotspots<br />

arbeiten Kreative an der Welt von morgen? Für diese dreiteilige<br />

Serie hat unser Autor in acht Ländern 18 Futurelabs, Co-Creation-Centers<br />

und Thinktanks besucht.<br />

Teil 1: Futurelabs.<br />

Von Christoph Santner<br />

Heimat zum Greifen nahe: Mitten in Linz können Besucher des Ars<br />

Electronica Centers „ihre“ Erde auf einer Projektionsfläche von 16<br />

mal neun Metern in Form eines virtuellen Globus ansehen. Aktuelle<br />

Bilder, Infografiken und Daten in Ultra-HD-Auflösung machen<br />

die Entdeckungsreise des Blauen Planeten zu einem besonderen<br />

Erlebnis. Auch das Magnetfeld der Erde kann man hier beobachten –<br />

ein Ergebnis aus dem Future Lab der Ars Electronica.<br />

Foto: © Martin Hieslmair<br />

68<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| INNOVATIONSSCHMIEDEN | THEMEN<br />

Foto: © Ela Grieshaber<br />

Jedes Jahr im September erwacht die stillgelegte Salzfabrik<br />

in Hallein bei Salzburg zum Leben. Rund 300 Kreative aus der<br />

ganzen Welt quartieren sich hier für zehn Tage ein, um Erstaunliches<br />

zu schaffen. Neben Werkstätten und Küchen, die<br />

das ideenreiche Kreativ-Team rund um die Uhr verköstigen,<br />

werden Labore aufgebaut für Videoproduktion, Musik, Design,<br />

Computing und Gaming. Was sich ganz simpel Schmiede<br />

nennt, ist seit 13 Jahren ein einzigartiges Futurelab. Aus dieser<br />

Ideenschmiede gingen nicht nur hunderte Kulturprojekte<br />

hervor, sondern auch Start-ups, an denen sich Investoren<br />

mit Millionen beteiligten. Mehr als 1.000 „Smiths“, wie sich<br />

die Ideenschmiede aus 40 Nationen nennen, erhalten für<br />

ihre eigenen Projekte vor Ort Unterstützung von Kollegen.<br />

Einfach ausgedrückt: Der Musiker bekommt innerhalb dieser<br />

zehn Tage sein Musikvideo, hilft aber dafür beim Vertonen<br />

eines Avantgarde-Films mit. „Co-Creation at work“ nennt<br />

sich dieses gelebte Konzept. Neben der Werkschau am Ende<br />

dieses „Ausnahmenzustands“, wie der Gründer Rüdiger Wassibauer<br />

die Zusammenkunft liebevoll nennt, bieten mehr als<br />

30 öffentliche Veranstaltungen die Möglichkeit, den Funken<br />

der Kreativität überspringen zu lassen. Viele Unternehmen<br />

nutzen diese Chance zu einer Art Frischzellenkur. „Das ist<br />

jedes Mal pure Euphorie, gepaart mit hoher Produktivität“,<br />

weiß Wassibauer aus Erfahrung. Ideen werden Wirklichkeit.<br />

Für Technologieunternehmen wie Vogrin AV entwickeln und<br />

testen die „Schmiede“ neue Projektionstechniken, für den<br />

Gewürzhersteller Wiberg erfinden sie durch gemeinsames<br />

kreatives Kochen neue <strong>Produkte</strong>, für den Bühnentechnik-Dienstleister<br />

show2go schmieden sie Prototypen und<br />

bringen sie zur Serienreife.<br />

Die Welt scheint sich schneller und schneller zu drehen. Was<br />

gestern noch eine bestaunte Neuheit war, ist heute bereits<br />

ein alter Hut. Innovationszyklen werden immer kürzer. Das<br />

Neue drängt mit Macht in die Welt. 3M zum Beispiel erzielt<br />

40 Prozent der Umsätze mit <strong>Produkte</strong>n, die keine fünf Jahre<br />

alt sind. Bei mehr als 55.000 <strong>Produkte</strong>n ist dies eine enorme<br />

Herausforderung für das exakt 111 Jahre alte Unternehmen.<br />

Innovationstreiber wie Google, Xing, Facebook, Twitter &<br />

Co. sind Phänomene, die selbst kaum ein Jahrzehnt alt sind.<br />

Innovation erlebt ein exponentielles Wachstum, was oft mit<br />

der schnellen, einfachen Kommunikation neuer Ideen durch<br />

unsere modernen Medien erklärt wird. Weniger beachtet,<br />

aber nicht minder wichtig, ist der Paradigmenwechsel vom<br />

Ich zum Wir. Open Source, Co-Creation und Open Innovation<br />

sind Treiber, die in Programmier- und Internet-Communities<br />

wie Linux und Wikipedia wurzeln, heute aber vermehrt zum<br />

Grundprinzip erfolgreichen Entwickelns in allen Disziplinen<br />

werden. Die modernen Futurelabs unserer Tage basieren auf<br />

genau diesem Prinzip.<br />

Lokalaugenschein in Linz an der Donau: Was im 20. Jahrhundert<br />

die Industriestadt Österreichs war, gibt heute mit<br />

den Takt an, wenn es um die Zukunft geht. Prominent an<br />

der Donau steht, am Abend futuristisch beleuchtet, das Ars<br />

Electronica Center, auch Museum der Zukunft genannt. Rund<br />

250.000 Menschen besuchen es jährlich. Seit 1979 gibt es<br />

Co-Creation verlangt Teamplayer. Wo könnte man das besser<br />

einüben als beim spontanen Jammen und Improvisieren?<br />

Das Future Lab „Schmiede“ bringt die Kreativen zusammen.<br />

jeden Sommer das weltführende Festival Ars Electronica<br />

für digitale Kultur. 30.000 Besucher und Vordenker aus der<br />

ganzen Welt strömen dann zusammen, wenn in sieben Kategorien<br />

die Goldenen Nicas vergeben werden, die weltweit<br />

höchstdotierten Preise für digitale Kultur. Das Event zieht die<br />

besten Talente an und schmiedet weltweite Netzwerke – vom<br />

MIT in Boston bis nach Japan, Taiwan und Korea, wo die<br />

asiatischen Zukunftsschmieden mehr und mehr das Tempo<br />

vorgeben. Trends werden hier in Linz lange bevor sie in den<br />

Mainstream gelangen sichtbar.<br />

Gemeinsam nachdenken – und vordenken<br />

Das Futurelab der Ars Electronica ist eine permanente<br />

Einrichtung, in der 25 Wissenschaftler unterschiedlichster<br />

Disziplinen an der Welt von übermorgen bauen. Gerade<br />

kommt das Team aus London zurück: Für die Premiere eines<br />

neuen Paramount Films bestückten die Zukunftslaboranten<br />

30 ferngesteuerte kleine Helikopter mit LEDs, die dann in den<br />

schwarzen Himmel das Star Trek-Logo zeichneten und dreidimensional<br />

bewegten. Die Herausforderung war nicht nur, die<br />

Choreographie zu programmieren und bei starkem Wind zu<br />

realisieren, sondern überhaupt so eine Idee zu generieren.<br />

Das Projekt erhielt riesige Aufmerksamkeit. Denn vieles, was<br />

bisher nur als Computeranimation möglich war, kann nun<br />

real simuliert werden. „Etwa eine Brücke über eine Schlucht<br />

skizzieren. Oder mit einem Schwarm von Quadrocoptern<br />

King Kong am Empire State Building hochklettern lassen“,<br />

denkt Horst Hörtner vor, der das Futurelab seit 1996 leitet.<br />

Egal ob es sich um Autonavigation oder humanoide Roboter<br />

handelt: Das internationale Team hat wiederholt bewiesen,<br />

dass es mit seinen Projekten der Zeit um oft ein Jahrzehnt<br />

voraus ist. Die Industriepartner schätzen dies. Führende<br />

Automobilhersteller, Computer- und IT-Firmen kooperieren<br />

in zukunftsweisenden Projekten, wenn es etwa darum geht,<br />

neue Verkehrsleitsysteme zu entwickeln, die GPS-Daten intelligent<br />

nutzen. So trägt sich dieses Futurelab selbst durch<br />

Einnahmen aus der Wirtschaft. „Wir speisen uns aus Kunst,<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net 69


THEMEN | INNOVATIONSSCHMIEDEN |<br />

Technologie und Gesellschaft und skizzieren mögliche Zukünfte,<br />

die wir selbst mit vorantreiben“, beschreibt Hörtner<br />

sein Erfolgsgeheimnis. „Linz hat es geholfen, zum Fixpunkt<br />

in der Welt von morgen zu werden“.<br />

Es gibt noch weitere Städte, die sich selbst zum Zukunftslabor<br />

erklären. So hat das Freiburg Future Lab den Anspruch, den<br />

gesammelten Erfahrungsschatz zum Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

und Green City weiterzugeben. Konkrete Aufgabenstellungen<br />

von externen Besuchern werden mit den bewährten Strukturen<br />

vor Ort gelöst. So wird Freiburg zum Transmissionsriemen<br />

und zur Werkstatt für innovative Energieversorgung.<br />

„Wir machen das geballte Wissen hier für andere nutzbar.<br />

Denn wir haben vieles realisiert, was anderswo als zu teuer<br />

oder nicht machbar gilt“, erklärt die Politikwissenschaftlerin<br />

und Autorin Astrid Mayer, die Gründerin des Projektes.<br />

Beziehungen statt Räume bauen<br />

Immer wieder treten Futurelabs gerade dann in Aktion,<br />

wenn komplexe Aufgaben zu lösen sind. Morgenstadt ist so<br />

ein Beispiel (<strong>forum</strong> berichtete in Ausgabe 4/2<strong>01</strong>1): Die Initiative<br />

zu diesem vernetzten Leuchtturmprojekt kommt aus<br />

der Fraunhofer-Gesellschaft. Diese ist mit mehr als 20.000<br />

Mitarbeitern Europas größte Organisation für angewandte<br />

Forschung. An 40 deutschen Standorten wird in 60 Instituten<br />

die Welt der Zukunft entwickelt. Im Projekt Morgenstadt<br />

arbeiten nicht nur elf Fraunhofer-Institute von Solarenergie<br />

bis zur System- und Innovationsforschung zusammen. Auch<br />

25 renommierte Industriepartner sind mit dabei. „Es geht<br />

uns um Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit<br />

und darum, die Lebenswelt der Menschen zu verbessern“,<br />

sagt Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger, der bis 2<strong>01</strong>2 Fraunhofer-Präsident<br />

war und Morgenstadt mit auf die Schienen<br />

stellte. In den Modellstädten Singapur, Kopenhagen, New<br />

York, Berlin, Tokyo und – Freiburg! – werden Best Practices<br />

studiert und Neuentwicklungen getestet. Von innovativen<br />

Verkehrsleitsystemen über Öko-Architektur bis zur regenerativen<br />

Gebäudetechnik<br />

Wurden die Städte der Zukunft hier primär von Wissenschaftlern<br />

und Experten erforscht, setzt ein anderes Future Lab<br />

auf Schwarmintelligenz und auf die Kreativität engagierter<br />

Bürger: Das BMW Guggenheim Lab. Ein mobiles, offenes,<br />

vom japanischen Architekten-Team Bow-Wow entworfenes<br />

Lab zieht um die Welt, um das Leben in den Städten zu erforschen.<br />

Das Grundprinzip der visionären Architekten: „Wir<br />

bauen keine Räume, sondern Beziehungen.“ New York, Berlin<br />

und Mumbai waren die bisherigen Stationen. In das offene<br />

Lab kamen täglich durchschnittlich 1.000 Besucher, um in<br />

Workshops und Events die Zukunft auszuloten. Interdisziplinär<br />

und multinational, den Prinzipien von Open-Source<br />

und Do-it-yourself verpflichtet. Eva-Maria Börschlein, die das<br />

Lab-Projekt von BMW-Seite leitet, geht es darum, ein Feld<br />

zu schaffen, in dem sich neue Denkstrukturen manifestieren.<br />

„Denn am Anfang war das Wort, die Idee. Erst später kommt<br />

das Produkt. Wir sind hier radikal experimentell. Unser Lab<br />

ist wie eine Reise mit offenem Ausgang.“ Hier wird diskutiert,<br />

skizziert, gemalt, geschraubt, programmiert und mit Rapid<br />

Prototyping, also dem schnellen Produzieren von Prototypen,<br />

an neuen Lösungen gefeilt. In jeder Stadt werden 100 urbane<br />

Trends definiert, die schließlich eine Show im Guggenheim<br />

Museum in New York präsentiert. Rund 10.000 Artikel sind<br />

bisher über dieses Lab erschienen, der Traffic im Internet ist<br />

hoch. „Dieser Prozess ist menschlich unglaublich bereichernd<br />

Daniel Düsentrieb ist ein Auslaufmodell<br />

Oswald Schröder ist Hauptdirektor Kommunikation des Euro päischen<br />

Patentamtes. Dort arbeiten 4.500 Wissenschaftler als Patentgutachter<br />

und werden so zu Durchlauferhitzern für Neues. Schröder<br />

gibt mit der Studie „Scenarios fort the Future“ auch einen<br />

Führer zur Hand, der auf der Expertise von 150 Vordenkern beruht.<br />

Wie funktioniert heute das Erfinden in Futurelabs?<br />

Die deutsche Vorstellung vom Tüftler in der Garage und im Keller ist<br />

tiefste Vergangenheit. Erfinden ist heute Teamarbeit, oft über 2, 3,<br />

4 Kontinente hinweg. Permanentes Kommunizieren ist dabei zentral,<br />

und die unterschiedlichen Kulturen machen die Sache spannend<br />

und produktiv.<br />

Wie kommen die wirklich neuen Ideen in die Welt?<br />

Sie entstehen organisch, sind nicht wirklich planbar. Erfolgreiche<br />

Unternehmen sind in der Lage, in diesem Fluss der Ideen einfach<br />

mitzuschwimmen. Man kann die Richtung bestimmen, aber nicht<br />

jeden Schritt planen. Im Patentwesen mit seinen unterschiedlichen<br />

Klassen kann ich präzise sehen, wohin es geht. Wer an welchen<br />

Themen forscht. Immerhin haben wir jährlich 250.000 Einreichungen.<br />

So werden wir zum Nährboden für Innovationen. Bei<br />

unserem jährlichen European Inventor Award staunen wir selbst<br />

immer wieder darüber, wie groß das Kreativpotenzial in Europa ist.<br />

Was braucht es denn in Europa, um auch künftig noch im Spitzenfeld<br />

mitzuspielen?<br />

Mehr Risikobereitschaft! Zur Innovation gehören auch Menschen,<br />

die Kapital zur Verfügung stellen. Das geschieht zu zögerlich. Wir<br />

sind z.B. bei Computern und Telekommunikation fast schon draußen,<br />

weil das in Europa praktisch keiner mehr herstellt. Mit der Produktion<br />

gehen auch das Know-how und das Erfinden immer stärker<br />

nach Asien. Mit Windkraft und Photovoltaik sind wir, was die<br />

Patente angeht, aber noch gut mit dabei. Risikobereitschaft heißt<br />

aber auch: Fünf mal auf die Fresse fallen und sechs mal wieder aufstehen.<br />

In den USA ist man dann jemand. In Europa giltst Du als<br />

Looser. Da muss sich noch unser ganzes kulturelles Umfeld ändern!<br />

Foto: © Europäisches Patentamt<br />

70 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

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| INNOVATIONSSCHMIEDEN | THEMEN<br />

Welche Zukunft wollen wir? Das BMW Guggenheim Lab setzt auf Schwarmintelligenz und auf die Kreativität engagierter Bürger – bisher in<br />

New York (links), Mumbai (rechts) und Berlin.<br />

Fotos: links: © Roger Kisby; rechts: © UnCommonSense<br />

und wachstumsfördernd“, stellt Börschlein fest. „Er macht<br />

die Menschen größer und fördert unsere Veränderungskraft.<br />

Darum geht es uns letztlich“.<br />

Dabei betreiben die Bayern auch das BMW Future Lab, in<br />

dem es um technische Innovationen geht. Ob sich die Forschung<br />

dort auch zum Serienangebot entwickelt, steht in den<br />

Sternen. Head-Up Display, Parkassistent und Night Vision<br />

haben diese Hürde aber genommen und finden ihren Platz<br />

in den neuen BMW-Modellen. Um technische Erfindungen<br />

geht es auch im Vodafone Innovation Park in Düsseldorf.<br />

Dort arbeiten 150 Mitarbeiter mit der gleichen Anzahl von<br />

Externen an den Lösungen von morgen. Da reiht sich Raum<br />

an Raum mit riesigen Server-Schluchten, dazwischen immer<br />

wieder kleine Teams von Experten, die in digitales Neuland<br />

vorstoßen.<br />

Schließ die Augen – und sieh!<br />

Die Testumgebung besteht aus hunderten Kilometern von<br />

Kabeln und unglaublichen 20.000 Servern, die die gleiche<br />

Leistung haben wie das gesamte Mobilfunknetz der Schweiz.<br />

In jährlich rund 1.000 Projekten werden hier Innovationen<br />

entwickelt. Immer wieder erarbeitet man mit bestehenden<br />

Kunden und Industriepartnern völlig neue, bisher nicht<br />

verbundene Themenfelder. Auch hier ist Open Innovation<br />

die Zauberformel. Mobile Gesundheit, das intelligente Haus<br />

der Zukunft, M2M (Machine-to-Machine-Communication),<br />

mobile Verkehrs- und Bezahlsysteme werden vorangetrieben.<br />

„Aha-Effekte entstehen immer dann, wenn wir Neuland<br />

betreten und revolutionäre Ideen zulassen, die jenseits der<br />

eigenen Industrie entstehen. Es gibt da keine Blaupausen“,<br />

weiß Dr. Axel Schulz, der Leiter des Innovation Parks. Vieles<br />

wird in eigenen Innovation Days entwickelt, mit eigenen<br />

Kreativitätstechniken. Zum Beispiel auch in „Darkrooms“,<br />

wo man mit geschlossenen schwarzen Brillen die Haptik<br />

und Ästhetik neuer <strong>Produkte</strong> erforscht. Aus dem gewollten<br />

Wildwuchs der Entwürfe und Ideen gilt es schließlich,<br />

brauchbare Geschäftsmodelle zu entwickeln – etwa mit<br />

Handys als Diagnose-Instrumente in der Medizin oder für<br />

die Hauselektrik-Steuerung. Denn seit den Tagen von Edison<br />

und Tesla ist eines klar: Nur wenn Menschen und Märkte<br />

die neuen Angebote auch annehmen, verändert sich das<br />

Gesicht der Welt.<br />

CHRISTOPH SANTNER<br />

„Zukunft ist, was wir gemeinsam draus machen“, ist der Autor,<br />

Redner und Innovations-Berater überzeugt. Für <strong>forum</strong> schreibt er<br />

regelmäßig über Zukunftsfragen. Seit 25 Jahren ist er auf dieses<br />

Thema spezialisiert.<br />

c.santner@nachhaltigwirtschaften.net<br />

Zum Weiterlesen<br />

www.schmiede.ca<br />

www.aec.at/futurelab (Ars Elektronica)<br />

www.morgenstadt.de<br />

www.freiburg-future-lab.eu/<br />

www.bmwguggenheimlab.org<br />

www.vodafone.de/innovationpark/<br />

www.epo.org/service-support/publications/studies/scenarios.html<br />

(Studie „Scenarios for the future“ des Europäischen Patentamts)<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

71


THEMEN | STRATEGIE & UNTERNEHMENSFÜHRUNG |<br />

Das Gehalt selbst bestimmen<br />

Ein Unternehmen, das keine Eigentümer hat; Mitarbeiter, die ihr Gehalt selbst<br />

festlegen – und ein Chef, der Profit für eine „angenehme Begleiterscheinung“ hält.<br />

Drei erfolgreiche Unternehmen, die Wirtschaft neu denken.<br />

Von Ingo Leipner<br />

Zunächst scheint alles normal. Die<br />

Reise zu den wirtschaftlichen<br />

Oasen beginnt in Berlin, wo<br />

die „Neuguss Verwaltungsgesellschaft<br />

mbH“ arbeitet.<br />

Sie ist an<br />

fünf Unternehmen<br />

beteiligt,<br />

verwaltet deren<br />

Kapital und organisiert<br />

eine Zusammenarbeit<br />

zwischen<br />

den Firmen. Zu diesen<br />

Unternehmen gehören<br />

u. a. die „Hans<br />

Stockmar GmbH &<br />

Co. KG“ und der „Bauernhof Neuwerder“, der ein Teil der<br />

ebenfalls beteiligten „alfred rexroth GmbH & Co. KG“ ist.<br />

So reicht die Bandbreite von der Metallverarbeitung bis<br />

zur Landwirtschaft; die Druck- und Energieindustrie spielt<br />

eine Rolle, sowie die Produktion für den pädagogischen<br />

und künstlerischen Bedarf, zum Beispiel Wachsmalstifte<br />

und Pflanzenfarben. Die gesamte Unternehmensgruppe<br />

hatte 2<strong>01</strong>2 einen Umsatz von 41 Millionen Euro, den 330<br />

Mitarbeiter erwirtschaftet haben.<br />

Einer der drei Gesellschafter ist Andrea Valdinoci – ein Bankkaufmann,<br />

der einen „Master of Arts“ in „Social Banking<br />

and Social Finance“ erworben hat. Soweit klingt das alles<br />

nicht ungewöhnlich, aber: Valdinoci hat keinen Anteil am<br />

Gewinn der „Neuguss“, darf seinen Geschäftsanteil nur zum<br />

Nennwert verkaufen (1.000 Euro) – und eine Vererbung ist<br />

ebenfalls ausgeschlossen.<br />

Finanzen im Griff? Das geht auch anders. Demokratische Unternehmen<br />

mit neuen Führungsstrukturen machen vor, wie Mitarbeiter,<br />

Manager und Teams ihre Gehälter selbst festlegen können.<br />

Fotos: © sdart by istockphoto.com<br />

72 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Ein Unternehmen gehört sich selbst<br />

„Wir sind treuhänderische Gesellschafter“, erklärt Valdinoci das ungewöhnliche<br />

Modell, „wir vertreten 100 Prozent der Anteile, obwohl sie uns selbst nicht gehören.“<br />

Konkret heißt das: 99,2 Prozent der Anteile verbleiben im Eigentum der GmbH; „das<br />

Unternehmen gehört sich selbst“, wie es der Gesellschafter ausdrückt. Ihm und seinen<br />

Kollegen geht es um einen Freiraum, damit alle mitwirkenden Menschen unternehmerische<br />

Fähigkeiten entfalten – unabhängig von einem persönlichen Kapitaleinsatz<br />

oder vererbter Firmenanteile. Dabei ist das Prinzip der <strong>Nachhaltig</strong>keit bereits im<br />

Gesellschaftsvertrag verankert: Seit 40 Jahren lautet das Ziel, beim <strong>Wirtschaften</strong><br />

ökologische und soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen.<br />

Warum kann Valdinoci seinen Anteil nur zum Nennwert verkaufen? „Wir kappen an<br />

dieser Stelle die Spekulation“, erklärt der Bankkaufmann. Denn auf diese Weise ist ein<br />

Gesellschafter nicht in der Lage, einseitig vom gestiegenen Wert des Unternehmens<br />

zu profitieren. Die „Neuguss“ bleibt unverkäuflich.<br />

Gewinne werden verschenkt<br />

Was geschieht mit dem Gewinn, wenn er nicht in einen privaten Geldbeutel<br />

fließt? „Rund 50 Prozent reinvestieren wir, rund 30 Prozent sind dazu da, um zum<br />

Beispiel einen neuen Betrieb aufzunehmen – und ungefähr 20 Prozent werden<br />

endgültig verschenkt“, erklärt Valdinoci. Er spricht in diesem Zusammenhang<br />

von „Schenkungsgeld“, das aber „nichts mit moralischer Verpflichtung oder<br />

Gutmütigkeit“ zu tun hat, wie die „Neuguss“ in ihrer „projektzeitung“ schreibt.<br />

Valdinoci sieht in diesem Umgang mit Geld eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit:<br />

„Wir versuchen, den Geldkreislauf in Unternehmen und Gesellschaft<br />

gesund zu gestalten.“ Denn: „Bei stetem Wachstum der Wirtschaftsmärkte<br />

können nicht alle Gewinne in Firmen reinvestiert werden. Überschüsse entstehen,<br />

Geld wird verliehen, es kommt zu Blasen. Zur ‚Marktbereinigung‘, in<br />

der überschüssiges Geld vernichtet wird, gibt es drei Möglichkeiten: Krieg (…),<br />

platzende Blasen, das erleben wir aktuell, oder Schenkungen“, erläutert die<br />

„projektzeitung“.<br />

Die Idee der „Neuguss“: Wer Geld aus der egoistisch getriebenen Finanzwirtschaft<br />

herausnimmt und verschenkt, der bremst die exponentielle Vermehrung privater<br />

Vermögen. Das „Schenkungsgeld“ wird unmittelbar verbraucht und fließt zurück<br />

in den realwirtschaftlichen Geldkreislauf – als Bezahlung für Güter und Dienstleistungen,<br />

die kulturelle oder soziale Initiativen für ihre Existenz benötigen. Dieser<br />

Teil der Gewinne fördert z. B. Kunst und Kultur, Soziales, Erziehung, Gesundheit<br />

oder Bildung und Forschung. Das nutzt auch der Wirtschaft, die auf diese Weise<br />

gesunde und gut ausgebildete Mitarbeiter einstellen kann.<br />

Völlig neue Wege geht auch die Unternehmensberatung „Vollmer & Scheffczyk<br />

GmbH“ (V&S). Ihr Motto lautet: „Schneller besser Maschinen bauen“. V&S unterstützt<br />

seit 1999 Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, wenn<br />

sie ihre operativen Abläufe verbessern wollen. Zurzeit arbeiten 20 Menschen für<br />

V&S, in Stuttgart und Hannover.<br />

Die Beerdigung des Bonusmodells<br />

Soweit klingt wieder alles normal, wenn da nicht die Gehaltsfrage wäre: „Früher<br />

fragte sich ständig ein Mitarbeiter, wie er nicht seinen Bonus vernichtet“, berichtet<br />

Dr.-Ing. Lars Vollmer, einer der zwei Geschäftsführer. Daraus ergab sich eine<br />

paradoxe Situation: Die Höhe des Bonus eines Beraters war abhängig von der Zahl<br />

seiner „fakturierbaren Tage“. So bestand für den Mitarbeiter der (Fehl-)Anreiz,<br />

mit Kunden nur an bezahlten Tagen zu arbeiten. „Es lohnte sich nicht, für den<br />

Kunden einen Extra-Tag draufzusatteln“, so Vollmer. Das sei aber aus strategischen<br />

Erwägungen sehr wichtig, um Kunden langfristig zu binden.<br />

„Daher wollten wir vom Alten weg“, erzählt der Geschäftsführer. Am 10. Dezember<br />

2<strong>01</strong>0 beerdigten seine Mitarbeiter das angestammte Bonusmodell – und betraten<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

73


THEMEN | STRATEGIE & UNTERNEHMENSFÜHRUNG |<br />

Neuland mit der Frage: „Wer kann ein Gehalt am besten<br />

festlegen?“ Die verblüffende Antwort bei V&S: nicht der<br />

Chef, sondern die Beschäftigten selbst! „Unsere Mitarbeiter<br />

wissen am besten, was sie auf die Straße bringen“,<br />

sagt der promovierte Ingenieur. Sie würden natürlich ihren<br />

Marktwert kennen. Außerdem haben sie Einblick in die<br />

Geschäftszahlen von V&S, und das Gehaltsgefüge ist bekannt.<br />

„Alle Gehälter sind bei uns transparent“, berichtet<br />

Vollmer, „denn Transparenz schafft Anstand.“<br />

Wichtig ist eine „Konsultation“. Vollmer: „Jeder muss mit<br />

mindestens drei Kollegen seinen Gehaltswunsch reflektieren.“<br />

Dabei wird weder verhandelt noch versucht, einen<br />

Konsens zu erzielen. Es geht um ein „Fremdbild“, damit<br />

ein Mitarbeiter sein Potenzial besser einschätzt. Über die<br />

Höhe des Gehalts entscheidet er selbst. Und der zweite<br />

Geschäftsführer, Benno Löffler, ergänzt: „Wenn jeder sein<br />

Gehalt selbst bestimmen kann, nehmen wir ein Stück<br />

Macht aus der Hierarchie und legen ein Stück Verantwortung<br />

auf die Schultern der Mitarbeiter“. Daraus erwachse<br />

Leistung – „und da wollen wir hin“, so Löffler.<br />

Auch sein Kollege Vollmer sieht deutliche Vorteile: Durch<br />

die Selbstbestimmung steigt das Engagement, was mit<br />

größerer Wertschätzung verbunden ist. So entsteht mehr<br />

Kreativität, um in Projekten innovative Lösungen zu finden.<br />

Der Geschäftsführer ist sich sicher: „Jeder Mensch ist von<br />

sich aus motiviert. Wir versuchen Demotivation zu verhindern.“<br />

Das hat aber nicht allen Mitarbeitern gefallen:<br />

Einige sind gegangen, weil sie es vorgezogen haben, nach<br />

klaren Regeln zu arbeiten. Dafür kamen neue Köpfe, die<br />

sich für das ungewöhnliche Konzept begeistern konnten.<br />

Verdienen die V&S-Mitarbeiter jetzt mehr als ihre Kollegen<br />

in anderen Beratungen? Vollmer geht davon aus,<br />

dass sein Gehaltsgefüge dem branchentypischen Durchschnitt<br />

entspricht. „Es gibt keine Exzesse“, freut sich der<br />

Geschäftsführer.<br />

„Profit ist kein Unternehmensziel“<br />

Letzte Station der Reise: Lindenfels im schönen Odenwald.<br />

Dort ist die „Kopp Schleiftechnik GmbH“ zu Hause – ein<br />

Hersteller und Servicebetrieb für hochpräzise Zerspanungswerkzeuge,<br />

bei dem 36 Menschen beschäftigt sind. Der<br />

Umsatz des Familienunternehmens lag 2<strong>01</strong>2 bei etwa sechs<br />

Millionen Euro. Soweit auch im Odenwald nichts Neues …<br />

wäre da nicht der Geschäftsführer Achim Kopp, der sagt:<br />

„Profit ist eine angenehme Begleiterscheinung, niemals<br />

darf er zum Unternehmensziel werden.“<br />

Aufgrund dieser Einsicht hat er in seinem Betrieb viele<br />

Maßnahmen ergriffen, um eine „partnerschaftliche<br />

Unternehmenskultur“ zu entwickeln. So will der Geschäftsführer<br />

„Mitdenker“ gewinnen. Er hat bereits viele<br />

Verbesserungsvorschläge aus der Belegschaft umgesetzt;<br />

eine offene Kommunikation sieht er dafür als Grundlage:<br />

Ein Mitarbeiter engagiere sich nur für sein Unternehmen,<br />

wenn er „umfassend und ausgiebig Bescheid weiß“, so<br />

Kopp. Alle sollten jederzeit wissen, wie es um das Unternehmen<br />

steht, welche Veränderungen kommen – und<br />

welche Ergebnisse vorliegen. Für diese innerbetriebliche<br />

Kommunikation lassen sich sehr unterschiedliche Instrumente<br />

einsetzen, z.B. intensive Besprechungen mit den<br />

Mitarbeitern, Schulungen und Workshops. Regelmäßig<br />

erscheint eine Mitarbeiterzeitung; Infotafeln, Intranet<br />

und die Website des Unternehmens informieren über<br />

aktuelle Entwicklungen. Kopp ist in der Fertigung häufig<br />

selbst vor Ort – und ein ständiger Ansprechpartner für<br />

seine Mitarbeiter. Sein Rat: „Schaffen Sie durch eine<br />

offene Kommunikation die Basis für eine gute Zusammenarbeit.“<br />

Bei der Kopp Schleiftechnik nimmt man eine längere Einarbeitungsphase<br />

neuer Mitarbeiter gern in Kauf, so lange<br />

er ein „guter Teamplayer“ ist. Denn hohe Fachkompetenz<br />

ohne soziales Gespür führe nicht zum Erfolg, ist Kopp<br />

überzeugt: „Stellen Sie nicht die besten Leute ein, sondern<br />

die richtigen.“<br />

Seit vielen Jahren gestaltet Achim Kopp diese spezielle<br />

Unternehmenskultur – und sucht den Austausch mit Experten<br />

und anderen Unternehmern. Für dieses Engagement<br />

hat ihm 2<strong>01</strong>1 die „Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in<br />

der Wirtschaft“ (AGP) einen Preis verliehen: die „4 AGP<br />

Sterne“, eine Auszeichnung für „partnerschaftliche Unternehmenskultur“.<br />

Im Vorfeld gab es eine Befragung seiner<br />

Mitarbeiter, die zu einer sehr positiven Einschätzung kamen:<br />

Der Gedanke einer Partnerschaft sei in ihrer Firma fest verankert<br />

– und schlage sich auch deutlich in der Beziehung<br />

zu den Kunden nieder.<br />

Drei Unternehmen – und drei Wege, Wirtschaft neu zu<br />

denken. Schon Erhardt Eppler schrieb 1982 in seinem Buch<br />

„Wege aus der Gefahr“: „Das Neue tritt nicht in Erscheinung<br />

als mitreißendes Programm, als beflügelnde Utopie (...),<br />

schon eher als Zweifel am Herkömmlichen (...), als Streit<br />

um bislang Unbestrittenes, als neuer Wegweiser, auf dem<br />

keine Endstation verzeichnet ist, allenfalls die nächste und<br />

übernächste Ortschaft.“<br />

Könnten sich noch mehr Unternehmen auf diesen Weg machen?<br />

Etwa kleine und mittelständische Betriebe, bis hin zu<br />

großen Aktiengesellschaften? Warum nicht. Entscheidend<br />

ist, ob sich „konstruktive Systeme“ entwickeln, wie es der<br />

Transformations-Coach Roger Dannenhauer in seinem Buch<br />

„Geisteshaltung“ schreibt. Diese Systeme seien gut für die<br />

Gesellschaft, wenn Menschen in führenden Positionen eine<br />

„konstruktive Geistes-Haltung“ ausbilden, „um der eigenen<br />

Verblendung entgegenzuwirken.“<br />

Wer Abschied nimmt vom Shareholder-Value oder der egomanischen<br />

Profit- und Gehaltsmaximierung, kann ähnliche Wege<br />

gehen, wie sie Achim Kopp, Andrea Valdinoci oder Lars Vollmer<br />

eingeschlagen haben. Vielleicht hat Dannenhauer solche Menschen<br />

vor Augen gehabt … denn er schreibt in seinem Buch:<br />

„Leader dieses Formats, eingesetzt in den Schlüsselpositionen<br />

der Wirtschaft und Politik, wären in der Lage, die Transformation<br />

unseres Wirtschaftssystems zu beschleunigen und sie in<br />

konstruktive Bahnen zu lenken.“<br />

74 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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Einfache Datenkonsolidierung über alle Anlagen und Standorte hinweg<br />

Variable Module und flexible Einbindung aller beteiligten Mitarbeiter<br />

Erzeugung relevanter Kennzahlen für <strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht per<br />

Knopfdruck (z.B. GRI-Reports)<br />

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<strong>Nachhaltig</strong>keit im Fokus der<br />

Kirchenbank<br />

auf die Anforderungen der Kunden vorbereitet<br />

und sensibilisiert.<br />

Der Begriff <strong>Nachhaltig</strong>keit hat den Alltag<br />

erobert und ist aus dem Sprachgebrauch<br />

nicht mehr wegzudenken. Der Ruf nach<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit ist unüberhörbar. Auch,<br />

oder insbesondere im Finanzwesen. Die<br />

Verknüpfung von Sozialverträglichkeit,<br />

Generationengerechtigkeit und Ökologie<br />

mit ökonomischen Faktoren stellt dabei<br />

eine große Herausforderung dar. Denn<br />

die <strong>Nachhaltig</strong>keitsanforderungen der<br />

Investoren gehen Hand in Hand mit den<br />

Anforderungen an Rentabilität, Sicherheit<br />

und nicht zuletzt Liquidität. In diesem<br />

Spannungsfeld agiert erfolgreich schon<br />

seit über 40 Jahren die Evangelische Darlehnsgenossenschaft<br />

eG (EDG) aus Kiel.<br />

1968 gegründet, baut die EDG seit ihrer<br />

Gründung auf christliche Werte und damit<br />

auch <strong>Nachhaltig</strong>keit. Für die Kirchenbank<br />

aus dem Norden bedeutet das – kurz gesagt<br />

– solide Sicherung der zukunftsfähigen<br />

Entwicklung: wirtschaftlich, ethisch und<br />

ökologisch.<br />

Nur ein Marketing-Thema?<br />

Das Thema nachhaltige Geldanlage ist für<br />

die EDG mehr als nur ein Marketing-Thema.<br />

Die Bank integriert konsequent sozial-ethische<br />

und umweltbezogene Aspekte des<br />

Leitbildes „<strong>Nachhaltig</strong>keit“ in ihr Kerngeschäft<br />

– von der Gestaltung nachhaltiger<br />

Finanzprodukte und Dienstleistungen<br />

bis hin zur persönlichen Beratung ihrer<br />

Kunden. Das Ziel der Bank ist es, ihren<br />

Kunden eine breite Auswahl an Dienstleistungen<br />

und Bankprodukten anzubieten,<br />

die nachhaltige Faktoren berücksichtigen.<br />

Die Kundenbetreuer der EDG verfügen<br />

dabei nicht nur über ein entsprechendes<br />

Finanz-Know-how, sondern auch über ein<br />

Spezialwissen im Bereich der nachhaltigen<br />

Geldanlage. Inzwischen haben die meisten<br />

von ihnen den von der UNESCO ausgezeichneten<br />

Fernlehrgang zum Eco-Anlageberater<br />

erfolgreich absolviert. Dank dieser Fortbildung<br />

sind sie bei dem wichtigen Thema der<br />

nachhaltigen Investments noch gezielter<br />

Prime-Status im nachhaltigen<br />

Anlage segment<br />

Aufgrund ihrer nachhaltigen Ausrichtung erreichte<br />

die EDG bei einem Corporate Rating<br />

von oekom research – einer der weltweit<br />

führenden Ratingagenturen im nachhaltigen<br />

Anlagesegment – den so genannten<br />

„Prime“-Status. Damit gehört die EDG zu<br />

einem der führenden Unternehmen der<br />

Finanz branche im Bereich <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

und zeichnet sich durch überdurchschnittliches<br />

Engagement in Sachen Umwelt<br />

und Soziales aus. Insbesondere das breite<br />

Angebot an nachhaltigen Geldanlagemöglichkeiten<br />

und die hierzu erreichte Qualifizierung<br />

der EDG-Anlageberater wurden<br />

positiv beurteilt.<br />

Finanzpartner für nachhaltiges<br />

<strong>Wirtschaften</strong><br />

Die <strong>Nachhaltig</strong>keit im Kerngeschäft unterstreicht<br />

die EDG auch durch ihre Kreditvergabepraxis<br />

an alle Institutionen und<br />

Menschen, die sich für Generationengerechtigkeit,<br />

Sozialverträglichkeit und Ökologie<br />

einsetzen.<br />

EVANGELISCHE<br />

DARLEHNSGENOSSENSCHAFT<br />

Herzog-Friedrich-Straße 45<br />

24103 Kiel<br />

+49 (0)431 / 66 32 - 0<br />

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76 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| STRATEGIE & UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

Erfolgreiches CSR-Management<br />

Stufe 1: Die Bestandsaufnahme<br />

Der vierte Teil der <strong>forum</strong>-Serie „Der CSR-Manager“ zeigt, warum eine erste<br />

Bestandsaufnahme so wichtig ist, wie Sie Ihre Anspruchsgruppen einbinden und<br />

die Verantwortungsposition Ihres Unternehmens bestimmen können.<br />

Serie: Der CSR-Manager<br />

In fünf Stufen zum professionellen CSR-Management: Erste Stufe – die Bestandsaufnahme<br />

In der vergangenen <strong>forum</strong>-Ausgabe haben wir einen Überblick<br />

erhalten, wie man in fünf Stufen zum gewinnbringenden<br />

CSR-Management gelangt. Die folgenden Ausgaben werden<br />

die einzelnen Stufen in den Blick nehmen.<br />

Auf der ersten Stufe, der Bestandsaufnahme, ist es Ihre<br />

Hauptaufgabe sich einen umfassenden Überblick über das<br />

bestehende Engagement zu verschaffen, dieses einzuordnen<br />

und zu bewerten. Denn wahrscheinlich setzen Sie in<br />

Ihrem Unternehmen schon Maßnahmen um, die unter dem<br />

Stichwort „CSR“ kommuniziert werden. Vielleicht gibt es<br />

auch schon ein Leitbild, das CSR-Aspekte beinhaltet. Die Bestandsaufnahme<br />

sollte nicht alleine das CSR-Team machen.<br />

Sie sollte unter Mitarbeit und in ständigem Dialog mit den<br />

wichtigsten Anspruchsgruppen, allen voran den Mitarbeitern,<br />

entstehen. Die Stakeholder systematisch einzubinden, ist<br />

über den kompletten CSR-Prozess hinweg ein entscheidender<br />

Erfolgsfaktor der nachhaltigen Unternehmensführung<br />

und wird auch als CSR-Marketing bezeichnet. Wer sind Ihre<br />

Stakeholder und was wollen sie?<br />

Wer will was? – Die Stakeholder-Analyse<br />

Für eine Stakeholder-Analyse reichen Spekulationen über<br />

die Erwartungen Ihrer Anspruchsgruppen nicht. Sie sollten<br />

diese ganz direkt befragen. Dafür bieten sich gemeinsame<br />

Workshops oder Interviews an, in denen Sie die relevanten<br />

Ansprüche gemeinsam herausarbeiten. Dabei gilt es, Anliegen<br />

abzufragen und auch Kritik offen zu begegnen.<br />

Neben Workshops und Interviews sind auch Web 2.0-Kanäle<br />

wirksam, um kostengünstig, schnell und effizient mit den<br />

Stakeholdern in einen Dialog zu treten – etwa über ein Online-Portal<br />

oder ein Forum, auf dem die Stakehoder eigene<br />

Erfahrungen bezüglich des CSR-Engagements weitergeben.<br />

Der Hausgerätehersteller Miele etwa befindet sich im kontinuierlichen<br />

Dialog mit allen relevanten Interessensgruppen.<br />

Regelmäßig finden Mitarbeiterinterviews und interne Feedbackgespräche<br />

statt. Über das betriebliche Vorschlagswesen<br />

bringen kreative Mitarbeiter eigene Ideen ein. Ein weiteres<br />

Instrument für den Dialog sind Kundenbefragungen.<br />

Die Erwartungen und Interessen der Stakeholder fließen<br />

also direkt in die CSR-Strategie von Miele ein. Im Rahmen<br />

ihrer Fortentwicklung fand im Sommer 2<strong>01</strong>1 neben einer<br />

großangelegten Kundenbefragung mit über 2.000 Teilnehmern<br />

zur Wahrnehmung der <strong>Nachhaltig</strong>keit von Miele eine<br />

telefonische Befragung von 22 Experten aus den Bereichen<br />

Forschung und Wissenschaft, Öffentlichkeit, Politik, Mitarbeiter,<br />

Geschäftspartner statt. Die Experten-Stakeholder<br />

bewerteten die aktuelle Leistung von Miele im Bereich<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit und gaben Feedback zu relevanten Trends<br />

sowie den Chancen und Risiken für das Unternehmen Miele.<br />

Wie funktioniert eine effiziente Stakeholder-Analyse?<br />

Für eine übersichtliche und effiziente Stakeholder-Analyse<br />

empfehlen wir Ihnen ein zweistufiges Vorgehen:<br />

Zunächst verschaffen Sie sich einen groben Überblick. Sie tragen<br />

alle Anspruchsgruppen zusammen, die Ihren langfristi gen<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

77


THEMEN | STRATEGIE & UNTERNEHMENSFÜHRUNG |<br />

Serie: Der CSR-Manager<br />

Unternehmenserfolg beeinflussen und auch diejenigen, die<br />

Ihre Unternehmensaktivitäten in irgendeiner Weise tangieren.<br />

Wichtig ist es, neben den externen Stakeholder auch<br />

interne Anspruchsgruppen zu berücksichtigen. Vermerken<br />

Sie, welcher Kontakt besteht und welche Meinungen und<br />

Erwartungen die jeweiligen Stakeholder gegenüber Ihrem<br />

Unternehmen haben. Hierfür bietet sich eine Mind-Map<br />

an. Unterschiedliche Farben, Formen oder Größen markieren<br />

eine erste Bewertung über die Relevanz der jeweiligen<br />

Stakeholder.<br />

Dann folgt die Detailplanung. Da nicht alle Stakeholder für<br />

Ihr Unternehmen gleich wichtig sind, sollten Sie sich im<br />

zweiten Schritt die jeweilige Relevanz genauer anschauen.<br />

Dafür bietet sich eine Matrix an, die die Bedeutung der<br />

Anspruchsgruppen nach den Kriterien Beeinflussung durch<br />

und Einfluss auf Ihr Unternehmen abbildet (siehe Abbildung<br />

S. 58 im CSR-Manager).<br />

Das Verantwortungsfenster – Wo stehen wir?<br />

Mit der umfassenden Bestandsaufnahme anhand des<br />

CSR-Navigators definieren Sie Ihre momentane Verantwortungsposition.<br />

Zur besseren Visualisierung und zur einfachen<br />

Ableitung von Handlungsanweisungen empfehlen wir die<br />

Einordnung das Verantwortungsfenster (siehe Abbildung<br />

S. 63 im CSR-Manager). Anhand des Verantwortungsfensters<br />

können Sie das bisherige Engagement bewerten sowie grafisch<br />

einordnen und Handlungsoptionen zur Zielerreichung<br />

ableiten. Man unterscheidet zwischen reaktiver, philanthropischer,<br />

kosmetischer und strategisch-konsequenter CSR.<br />

Letztere ist das langfristige Ziel jeder CSR-Strategie.<br />

Klare Bewertung statt bloßer Spekulation<br />

Der gesellschaftliche, ökologische und soziale Mehrwert<br />

lässt sich über die Analyse zu gewichtender Kriterien in<br />

den Bereichen Gesellschaft & Umwelt sowie Mitarbeiter<br />

im CSR-Navigator bestimmen. Diese Erfolgskriterien können<br />

Sie aus ISO-Normen wie der ISO 26000, Rankings wie<br />

dem Good Company-Ranking des Manager Magazins oder<br />

CSR-Leitfäden wie den GRI-Richtlinien individuell auswählen<br />

und zusammenstellen.<br />

Der Weg ist das Ziel<br />

Über das Verantwortungsfenster können Sie sich bewusst<br />

machen, an welcher Stelle Ihr Unternehmen momentan<br />

steht. Das langfristige Ziel ist, ganz klar, eine stringente CSR<br />

Strategie. Um diesen zu erreichen, muss jedes Unternehmen<br />

einen individuellen Weg gehen, der wesentlich von den<br />

strategischen Leitthemen der CSR-Strategie beeinflusst wird.<br />

Wie Sie zu der für Ihr Unternehmen passenden CSR-Strategie<br />

gelangen, erfahren Sie in der nächsten <strong>forum</strong>.<br />

Eine Arbeitsvorlage für Ihren persönlichen CSR-Navigator<br />

sowie Ihr Verantwortungsfenster senden wir Ihnen gern zu.<br />

Nehmen Sie auf www.benefitidentity.com mit uns Kontakt<br />

auf.<br />

Das Fachbuch „Der CSR-Manager“<br />

Das Fachbuch „Der CSR-<br />

Manager – Unternehmensverantwortung<br />

in<br />

der Praxis“ hilft Unternehmen,<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

als neue Denkhaltung<br />

und ganzheitlichen<br />

Ma na gementansatz zu<br />

gestalten und davon zu<br />

profitieren. Der Praxisbezug, die anschaulichen<br />

Tipps und der kompakte Inhalt mit<br />

zahlreichen Checklisten erleichtern den Einstieg<br />

in das Thema. Nicht zuletzt deshalb ist<br />

das Buch bereits in einer zweiten, aktualisierten<br />

Auflage erschienen.<br />

Sie können „Der CSR-Manager. Unternehmensverantwortung<br />

in der Praxis“, 2. Auflage, ALTOP<br />

Verlag 2<strong>01</strong>1, 236 Seiten, EUR 24,90, ISBN 978-<br />

3-925646-53-9 im Buchhandel oder direkt unter<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net/csr-manager bestellen.<br />

Das <strong>forum</strong>-Praxisseminar<br />

Wegen vielfacher Anfrage bietet <strong>forum</strong> nun<br />

mehr auch ein Praxisseminar „Der CSR-<br />

Mana ger – Unternehmensverantwortung professionell<br />

gestalten“ an.<br />

Das Seminar ist modular nach verschiedenen<br />

Schwerpunktthemen aufgebaut. Pro Quartal<br />

findet ein Modul (ein Tag) jeweils bei einem<br />

Gastgeber–Unternehmen statt. Die Module<br />

können einzeln oder als Gesamtpaket gebucht<br />

werden. Modul vier schließt mit einer<br />

Prüfung zum „Zertifizierten CSR-Manager“<br />

ab.<br />

Referenten:<br />

Dr. Dennis Lotter, Jerome Braun,<br />

Jana Hepperle, Fritz Lietsch, Tina Teucher<br />

Anfragen dazu bitte direkt an<br />

f.lietsch@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

oder buchen Sie Ihre Teilnahme direkt online<br />

unter www.<strong>forum</strong>-csr.net/events<br />

Die Autoren<br />

DR. DENNIS LOTTER und JEROME BRAUN<br />

begleiten mit ihrer Agentur Benefit Identity<br />

Unternehmen und Organisationen seit mehr<br />

als zehn Jahren bei der Gestaltung ihrer<br />

Marken integrität durch eine verantwortliche<br />

Betriebsführung. Darüber hinaus sind sie<br />

gefragte Fachautoren und Vortragsredner.<br />

www.benefitidentity.com<br />

78 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


ANZEIGE<br />

Werte teilen,<br />

um Werte zu schaffen<br />

Ferrero versteht Ethik, soziale Verantwortung<br />

und <strong>Nachhaltig</strong>keit weniger<br />

als modernes CSR-Konzept als vielmehr<br />

unternehmerische Grundhaltung. „Lavorare,<br />

creare, donare“ (Arbeiten, aufbauen,<br />

zurückgeben) – so der Leitgedanke, der bei<br />

Ferrero von Beginn an Anspruchshaltung<br />

und Orientierung für verantwortungsvolles<br />

Handeln ist. Das belegt auch der 4. CSR-<br />

Report der Ferrero-Gruppe.<br />

Die Grundhaltung des Unternehmens basiert<br />

auf Respekt und Verantwortung, Loyalität<br />

und Vertrauen, Integrität und Ernsthaftigkeit<br />

sowie Forschung und Innovation.<br />

Diese Werte sind tief im familiengeführten<br />

Traditionsunternehmen verwurzelt. CEO<br />

Giovanni Ferrero betont, wie wichtig die<br />

Ferrero-Gruppe ihren ethischen Anspruch<br />

und die damit verbundenen Ziele nimmt – sei<br />

es die nachhaltige Beschaffung der verwendeten<br />

Rohstoffe, die Bekämpfung missbräuchlicher<br />

Kinderarbeit oder der Schutz der<br />

Umwelt und die Schonung von Ressourcen.<br />

Es wird nicht nur Verantwortung für die<br />

heutige Gesellschaft übernommen, sondern<br />

auch an zukünftige Generationen gedacht.<br />

Ferrero hat sich daher feste Ziele im Hinblick<br />

auf einen bewussten Umgang mit landwirtschaftlichen<br />

Rohstoffen und natürlichen<br />

Ressourcen gesetzt.<br />

Zielerreichung nach Plan<br />

In Sachen Rohstoffbeschaffung zeigt der<br />

CSR-Report 2<strong>01</strong>2 eine erfreuliche Zwischenbilanz:<br />

Die gesteckten Ziele bezüglich<br />

nachhaltiger Quellen und lückenloser<br />

Rückverfolgbarkeit können planmäßig und<br />

teilweise schneller als geplant realisiert<br />

werden. So wird beispielsweise bis Ende<br />

2<strong>01</strong>4 ausschließlich als nachhaltig zertifiziertes,<br />

segregiertes Palmöl bezogen werden<br />

– ursprünglich war eine Umstellung bis<br />

Ende 2<strong>01</strong>5 geplant (siehe Tabelle unten).<br />

Aufgrund seiner vorbildlichen Palmöl-Einkaufspolitik<br />

erreichte Ferrero als eines<br />

der wenigen Unternehmen weltweit die<br />

Höchstpunktzahl (12 Punkte) beim Palmöl-Check<br />

2<strong>01</strong>3 des World Wide Fund for<br />

Nature (WWF).<br />

Auch im Bereich Umweltschutz kann die<br />

Ferrero- Gruppe positive Ergebnisse verzeichnen:<br />

Die seit 2<strong>01</strong>0 erzielten Einsparungen<br />

an CO 2<br />

-Emissionen (fast 33.000 Tonnen)<br />

entsprechen der Jahresgesamtemission von<br />

circa 14.000 Mittelklassewagen. Der Energieverbrauch<br />

pro <strong>Produkte</strong>inheit konnte um<br />

5% gegenüber 2009 reduziert werden, der<br />

Wasserverbrauch um 20 Prozent.<br />

Neue CSR-Plattform online<br />

Der 4. Ferrero CSR-Report wurde auf Basis<br />

der Parameter der Organisation GRI (Global<br />

WERTE TEILEN,<br />

UM WERTE ZU SCHAFFEN<br />

Soziale Verantwortung<br />

des Unternehmens<br />

Kurzversion<br />

des Berichtes 2<strong>01</strong>2<br />

Reporting Initiative) erstellt. Die externe<br />

Prüfung des Berichts wurde von Deloitte<br />

durchgeführt. Im zweiten Jahr in Folge hat<br />

die Ferrero-Gruppe das höchste GRI-Reportinglevel<br />

erreicht, das Level A+, welches ein<br />

Höchstmaß an Transparenz bedeutet.<br />

Alle Informationen zum Engagement von<br />

Ferrero finden sich auf der neuen weltweiten<br />

CSR-Plattform: www.csr.ferrero.com.<br />

Auf dieser Website finden sich nützliche<br />

Informationen über CSR, Besucher können<br />

bereits veröffentlichte Berichte ansehen<br />

und herunterladen oder sich bei einem<br />

interaktiven Rundgang einen Überblick<br />

über die Aktivitäten und Ziele der Gruppe<br />

verschaffen.<br />

Ziele für eine nachhaltige Rohstoffbeschaffung<br />

Rohstoff Ziele Termin Status<br />

Milch 30 % aus integrierter Lieferkette 2<strong>01</strong>2 Erreicht<br />

K a ff e e 100 % als nachhaltig zertifiziert 2<strong>01</strong>3 Wird etwa zwei Jahre früher erreicht<br />

Eier 100 % der Eier aus Bodenhaltung 2<strong>01</strong>4 Im Zeitplan<br />

Palmöl 100 % als nachhaltig zertifiziert 2<strong>01</strong>4 Wird etwa ein Jahr früher erreicht<br />

Kakao 100 % als nachhaltig zertifiziert 2020 Im Zeitplan<br />

Haselnüsse 100 % der Haselnüsse rückverfolgbar 2020 Im Zeitplan<br />

FERRERO DEUTSCHLAND GMBH<br />

D-60624 Frankfurt/Main<br />

Tel.: +49 (0)69 / 68 05 - 22 60<br />

E-Mail: presse@ferrero.com<br />

www.ferrero.de<br />

Rohrzucker 100 % aus nachhaltiger Lieferkette 2020 Neu<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

79


THEMEN | STRATEGIE & UNTERNEHMENSFÜHRUNG |<br />

Der T(h)urmblick<br />

Die Reise zum Nordstern<br />

Wie geht „nachhaltige Transformation“? Wie Firmen einen Bewusstseinswandel<br />

für mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit in der Unternehmenskultur anstoßen können.<br />

Von Ralph Thurm<br />

In der letzten Kolumne des T(h)urmblicks (4/2<strong>01</strong>3) ging<br />

es um „wirklich nachhaltige Innovation“. Der Titel „Raus<br />

aus der Kuschelecke“ forderte den Mut zu radikaleren<br />

Denkmodellen. Effizienzprogramme und Produktinnovation,<br />

wie wir sie kennen, schaffen kurzzeitigen<br />

finanziellen, aber nur selten nachhaltigen Mehrwert.<br />

Auch fehlt es an Anreizen und „wahren“ Preisinformationen.<br />

Märkte arbeiten deshalb nicht<br />

nachhaltig, das Dilemma zwischen Kurz- und<br />

Langfristerfolg bleibt bestehen. Und doch gibt<br />

es Unternehmen, die erkennbare Fortschritte<br />

machen und sich nicht mehr hinter diesen<br />

Rahmenbedingungen verstecken wie die<br />

Masse ihrer Wettbewerber.<br />

In den letzten Monaten haben wir von<br />

Unternehmen wie z.B. British Telecom, Kingfisher<br />

oder IKEA in erstaunlicher Offenheit ein<br />

Bekenntnis zur Langfristfokussierung auf „Net<br />

Positive Impact“ (positive <strong>Nachhaltig</strong>keitswirkung)<br />

vernommen. Schon länger wissen wir<br />

von Interface, Unilever, Nestlé, Natura, Nike,<br />

Puma u.a., dass sie eigentlich auch darauf<br />

abzielen, aber noch nie war das auch so<br />

deutlich artikuliert worden. Sehen wir nun<br />

doch endlich eine erste Generation von<br />

Unternehmen, die begriffen hat, was eine<br />

„Green & Inclusive Economy“ eigentlich<br />

meint – nämlich mindestens, dass Wachstum<br />

ohne ökologische und soziale Schäden<br />

funktionieren kann (Zero Impact Growth),<br />

noch besser aber positive Auswirkungen<br />

auf Umwelt und Gesellschaft haben sollte<br />

(Net Positive Impact Growth). Nun, alle<br />

genannten Unternehmen geben zu, dass sie noch einen<br />

weiten Weg vor sich haben, sowohl bei der Leistung, als<br />

auch bei der Messung. Aber der „Nordstern“ – also ein<br />

unabdingbares Langfristziel – ist gesetzt.<br />

Um sich von diesem „Nordstern“ leiten zu lassen, bedarf<br />

es zweier grundsätzlicher Bausteine: einer Unternehmenskultur,<br />

die die Bewusstseins änderung<br />

fördert, sowie eines systemischen Ansatzes sich<br />

als Unternehmen zu positionieren. Bei den bereits<br />

genannten Unternehmen sind diese zwei<br />

Grundvoraussetzungen konkret zu erkennen.<br />

Erst mit einem gewissen Reifegrad wird der<br />

„Nordstern“ mehr als nur ein Traum und<br />

erst dann ist es sinnvoll, sich über „wirklich<br />

nachhaltige“ Produkt-, Service-, Prozessund<br />

Netzwerkinnovationen Gedanken zu<br />

machen.<br />

Erfolgsfaktoren: Unternehmenskultur und<br />

systemisches Denken<br />

Sehen wir uns diese zwei Grundvoraussetzungen<br />

etwas näher an: Eine nachhaltig innovationsfreundliche<br />

Unternehmenskultur<br />

ist in den meisten Fällen einer entsprechenden<br />

Führungskultur zu verdanken;<br />

Unternehmenslenker wie Ray Anderson,<br />

Paul Polman, Ian Cheshire, Jochen Zeitz und<br />

Richard Branson sind Beispiele hierfür. Sie<br />

haben im Sinne des langfristigen Unternehmenserfolgs<br />

auch über das Gedankengut<br />

der <strong>Nachhaltig</strong>keit hinaus ihren eigenen<br />

„Nordstern“ gefunden. Ihnen ist gemein,<br />

dass sie im Sinne der Spiral Dynamics The-<br />

Foto: © freshidea, Fotolia.com<br />

80 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| STRATEGIE & UNTERNEHMENSFÜHRUNG | THEMEN<br />

orie eine Organisationstruktur im Unternehmen schaffen, die<br />

ihrem Bewusstseinsniveau gleicht: mehr offene Strukturen,<br />

Team organisation, Innovation Labs, Collaborative Innovation,<br />

Crowdsourcing, eine holistische Erfolgsmessung, transparentere<br />

Bericht erstattung, etc.<br />

Diese wiederum führt uns direkt zur zweiten Grundvoraussetzung:<br />

der Fähigkeit, sich und das Unternehmen<br />

systemisch zu sehen und zu verankern. Viele der heute<br />

erfolgreichen Unternehmen kamen irgendwann einmal in<br />

eine Schocksituation, die den Lernprozess unumkehrbar<br />

machte. Nike, IKEA und Unilever wissen das nur zu gut. Die<br />

Systemdenker arbeiten heute mit Szenarien (einer immer<br />

noch viel zu wenig eingesetzten Methode), die die Ursachen<br />

und damit auch die Möglichkeiten der Unternehmensausrichtung<br />

sichtbar machen und eben nicht auf Symptomebene<br />

stecken bleiben, wie all diejenigen, die z.B. eine <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie<br />

als eine reine CO 2<br />

-Verminderungsstrategie<br />

sehen. Nordstern-Unternehmen dage gen arbeiten – zu ihrem<br />

Vorteil – mit „Big Data“ (also der gezielten Analyse großer<br />

Datenmengen) und Systemtheorie ansätzen. Stakeholder<br />

werden Teil des Business Modells, statt nur ruhigzustellende<br />

Gruppen mit anstrengenden Ansprüchen. Die Suche nach<br />

Messmöglichkeiten hin zu einem „Net Positive Impact“ ist<br />

eine notwendige Herausforderung und wird eben nicht als<br />

„nicht machbar“ abgelehnt. Diesen Unternehmen leuchtet<br />

die Erkenntnis ein: So steinig der Weg auch ist, eine Umkehr<br />

ist nicht möglich. Deshalb muss man die Umweltauswirkungen<br />

messbar machen.<br />

Wenn Sie sich also demnächst mit Unternehmensvertretern<br />

über Innovation unterhalten und Sie sofort die neuesten<br />

innovativen <strong>Produkte</strong> angepriesen bekommen, seien Sie<br />

vorsichtig. Die wirklich nachhaltig innovativen Unternehmen<br />

erzählen meistens erst einmal etwas von ihrer Philosophie<br />

und wie sie Innovation im Sinne der Langfristigkeit definieren.<br />

Da lohnt es sich aufzuhorchen; nichts ist so spannend wie<br />

eine Reise zum „Nordstern“!<br />

RALPH THURM<br />

ist Gründer und Managing Director von<br />

A|HEAD|ahead.<br />

Für <strong>forum</strong> schreibt er regelmäßig die<br />

Kolumne „Der T(h)urmblick“.<br />

ralph.thurm@kpnmail.nl<br />

Blog: www.aheadahead.wordpress.com<br />

HANNOVER MESSE 2<strong>01</strong>4<br />

Erfolgsfaktor Innovation<br />

Die weltweit wichtigste Industriemesse.<br />

Ein Besuch viele Vorteile:<br />

■ Globaler Marktüberblick<br />

■ Premieren innovativer Technologien<br />

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Weitere Informationen erhalten Sie unter: Tel. +49 511 89-0 • hannovermesse@messe.de<br />

81


THEMEN | BIODIVERSITÄT |<br />

Naturkapital: Unternehmen<br />

geben der Natur einen Preis<br />

Firmen wie Coca-Cola, Disney oder Nike beginnen damit, natürlichen Ressourcen<br />

einen ökonomischen Wert zu geben. Das sichert ihre Wirtschaftsgrundlage und ist<br />

gut fürs Geschäft.<br />

Von Anna Gauto<br />

Um seinen Wasserbedarf zu sichern, investiert „FEMSA“, der<br />

größte Getränkehersteller Mexikos, in Wasserfonds in ganz<br />

Lateinamerika. Das Bild zeigt die Iguazú-Fälle in Argentinen.<br />

82<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| BIODIVERSITÄT | THEMEN<br />

Fotos: links: © R_K_by_Bildpixel_pixelio.de; rechts: © Tony Heald – Nature Picture Library<br />

Zarte 30 Jahre war Jochen Zeitz, als er 1993 den Vorstandsvorsitz<br />

bei der PUMA AG übernahm. Damit ist er der<br />

jüngste CEO, der je auf dem Chefsessel eines deutschen<br />

börsennotierten Unternehmens Platz genommen hat. Was<br />

ihn außerdem bekannt machte: Unter seiner Ägide gab der<br />

Sportartikelhersteller die erste ökologische Gewinn- und<br />

Verlustrechnung heraus.<br />

PUMA berechnete also, was neben Gummi, Leder und Farbe<br />

noch in seinen Turnschuhen steckt. Heraus kam: jede Menge<br />

Treibhausgasemissionen, Wasser und das Land, auf dem die<br />

Tiere für die Lederproduktion des Konzerns grasen. Diese<br />

Umweltkosten, auch Externalitäten genannt, bezifferte der<br />

Konzern auf 145 Millionen Euro.<br />

Damit hat Zeitz, der den Vorstandsvorsitz mittlerweile abgegeben<br />

hat, Revolutionäres geleistet. Denn bis dahin galt die Natur<br />

zwar als wertvolles Gut. Weil ihre Ökosystemleistungen, wie<br />

frisches Wasser, saubere Luft, Bestäubung, oder Klimaregulierung<br />

nichts kosteten, kümmerte ihr Verbrauch jedoch wenig.<br />

Doch schon der selige Milton Friedman wusste: There is no<br />

such thing as a free lunch. Auch die Natur und ihre Ressourcen<br />

sind kein all-you-can-eat-Buffet. Nur sind die Kosten für<br />

Umweltschäden häufig nicht sichtbar und bleiben so am<br />

Steuerzahler kleben. Was der Raubbau an der Natur die<br />

Gesellschaft tatsächlich kostet, zeigt eine aktuelle Studie der<br />

Britischen Unternehmensberatung Trucost im Auftrag der Natural<br />

Capital Coalition. Sie schätzt die Top-100-Umwelteffekte<br />

von Unternehmen auf 4.700 Milliarden US-Dollar pro Jahr.<br />

Der Erhalt der Natur wird zur Existenzgrundlage<br />

Dazu zählen die Autoren Wasser- und Bodennutzung,<br />

Treibhausgasemissionen, Abfall sowie Luft-, Wasser- und<br />

Bodenverschmutzung. Kohlekraftwerke in Ostasien und die<br />

Rinderzucht in Südamerika verursachen die größten Schäden.<br />

Würde man auf die durchschnittliche Gewinnmarge<br />

die Kosten für Naturkapital vor Steuern aufrechnen, wäre<br />

keiner der 20 wichtigsten Wirtschafts-Sektoren profitabel,<br />

konstatiert die Studie.<br />

Dennoch folgen immer mehr Firmen dem Beispiel von<br />

PUMA und beginnen damit, Naturgütern einen ökonomischen<br />

Wert zuzuschreiben. Aus ökologischen Ressourcen<br />

wird „Naturkapital“. Warum wollen Unternehmen jenseits<br />

von Imagegründen aufzeigen, welche Kosten ihre <strong>Produkte</strong><br />

wirklich verursachen? „Unternehmen geht es um ihre Existenzgrundlage“,<br />

sagt Marion Hammerl, die Präsidentin des<br />

Global Nature Fund.<br />

Naturkapital wie Wälder, die CO 2<br />

kompensieren und die<br />

gleichzeitig die für die Pharmaindustrie wichtigen Pflanzen<br />

sowie Mikroorganismen lieferten, sei nun einmal begrenzt.<br />

„Ihnen wird zunehmend bewusst, dass sie ihre Wirtschaftsgrundlage<br />

schützen müssen“. So gibt es für Greg Koch, Leiter<br />

der Global Water Stewardship-Initiative, die Coca-Cola gemeinsam<br />

mit dem World Wildlife Fund (WWF) durchführt,<br />

„wirklich kein wichtigeres Thema, als sicherzustellen, dass<br />

die Wasserressourcen der Welt für unser Geschäft gesichert<br />

werden“. Damit Firmen kalkulieren können, was Schutzmaßnahmen<br />

im Vergleich zu Nicht-Handeln kosten, geben sie den<br />

Dienstleistungen der Natur ein Preisschild.<br />

Ein weiterer Grund, weshalb Unternehmen den Wert ihrer<br />

Kernressource kennen und ihren Erhalt sichern sollten, ist<br />

Risikomanagement in Bezug auf Investoren und politische<br />

Entscheidungen. Die nationale Biodiversitätsstrategie der<br />

Bundesregierung peilt die „verstärkte Berücksichtigung der<br />

biologischen Vielfalt bei Umweltmanagement- und Zertifizierungssystemen“<br />

an.<br />

Knappe Öko-Ressource Wasser: Versiegt sie, so wie hier in<br />

Namibia, geht es bald auch Unternehmen an die Existenz.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

83


THEMEN | BIODIVERSITÄT |<br />

„Wir brauchen eine faire Branchenlösung“<br />

Stefan Seidel, Stellvertretender Leiter PUMA.Safe, im Interview<br />

Die Fragen stellte Tobias Hartmann<br />

Die Veröffentlichung seiner ökologischen<br />

Gewinn- und Verlustrechnung<br />

(EP&L) machte PUMA 2<strong>01</strong>1<br />

zum Pionier. Auch über zwei Jahre<br />

später ist die Resonanz noch groß.<br />

Überrascht Sie das?<br />

Wir hatten uns erhofft, eine internationale<br />

Diskussion zu dem Thema<br />

anzustoßen. Trotzdem waren<br />

wir uns nicht sicher, wie die Reaktionen<br />

nach der Veröffentlichung<br />

ausfallen würden. Wir würden uns<br />

freuen, wenn nun andere Unternehmen<br />

nachziehen würden, so<br />

dass die Debatte eine breitere Basis<br />

erhielte.<br />

Noch hat kein anderes Unternehmen in Deutschland damit begonnen,<br />

seine Umweltauswirkungen, also Externalitäten, zu erfassen.<br />

Woran liegt das?<br />

Immerhin hat unsere französische Mutter Kering angekündigt, bis<br />

2<strong>01</strong>6 eine gruppenweite EP&L zu veröffentlichen. Wir haben einige<br />

Anfragen zur EP&L von namhaften deutschen Unternehmen erhalten<br />

und hoffen weiter, dass andere Unternehmen folgen werden. Eine<br />

Herausforderung ist sicher die Komplexität der <strong>Produkte</strong> und Lieferketten,<br />

die in anderen Industrien noch höher ist als in der Sportartikelindustrie.<br />

Außerdem fehlt eine standardisierte Berechnungsmethode,<br />

was Unsicherheit bei den Ergebnissen schafft.<br />

Wie ist PUMA für seine EP&L mit dem Thema Lieferkette umgegangen?<br />

Wir haben mit modellierten Daten aus umweltökonomischen Input-<br />

Output-Modellen gearbeitet, wo wir keine Primärdaten zur Verfügung<br />

hatten. Davon abgesehen haben wir uns auf die wichtigsten<br />

<strong>Produkte</strong> und deren Materialien konzentriert. Schließlich muss klar<br />

sein, dass der Anspruch einer EP&L zum derzeitigen Zeitpunkt nicht<br />

sein kann, exakte Daten zu liefern, sondern vielmehr Größenordnungen<br />

abzubilden.<br />

Ein häufiger Kritikpunkt in der Diskussion um die ökonomische Bewertung<br />

ist, dass man zwar weiß, wie hoch die Umweltkosten in<br />

etwa sind, aber nicht, was Unternehmen mit der Information machen.<br />

Wie hat PUMA die Ergebnisse verwendet?<br />

Wir haben unsere wichtigsten Umweltkosten genauer unter die Lupe<br />

genommen. Dabei haben wir festgestellt, dass Recyclingmaterialien<br />

unter ökologischen Gesichtspunkten besser abschneiden als biologisch<br />

angebaute Materialien. Außerdem haben wir nach der EP&L<br />

irrelevante Ziele, wie den Wasserverbrauch in PUMA-Büros zu verringern,<br />

aufgegeben und beschäftigen uns nun detaillierter mit den<br />

Färbereien und Gerbereien, die einen signifikanten Umwelteinfluss<br />

innerhalb unserer Lieferkette haben.<br />

* S.A.F.E. steht für Social Accountability and Fundamental<br />

Environmental Standards<br />

PUMA arbeitet derzeit daran, die Methodik der ersten EP&L zu verbessern<br />

und zu überarbeiten. Wo sehen Sie das größte Verbesserungspotenzial<br />

und was genau macht PUMA?<br />

Die Greenpeace Detox-Kampagne hat uns auf das Thema Gewässerverschmutzung<br />

aufmerksam gemacht. Wir arbeiten derzeit mit unserer<br />

französischen Mutter Kering an der zweiten EP&L. Nähere Details<br />

werden wir bekanntgeben, wenn diese fertig ist.<br />

Welche Rolle spielt für die weitere Entwicklung der Naturkapitalbilanzierung<br />

das <strong>Nachhaltig</strong>keits-Reporting, insbesondere die neuen<br />

Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI4) [siehe Infokasten]?<br />

Der größere Fokus von GRI G4 auf die Lieferkette hilft sicherlich, allerdings<br />

erwarten wir nicht, dass aufgrund von GRI G4 sofort eine größere<br />

Anzahl von Unternehmen eine EP&L veröffentlicht.<br />

Sie haben die Umweltkosten auch für Schuhe und T-Shirts auf das<br />

Produkt heruntergebrochen. Haben Sie schon mit dem Gedanken gespielt,<br />

diese „wahren“ Kosten dem Kunden direkt per Preisschild zu<br />

kommunizieren?<br />

Mit dem Gedanken gespielt ja – aber bevor wir so etwas realisieren<br />

können, muss die Methode noch etwas robuster werden. Schließlich<br />

gibt es verbindliche Standards für „Environmental Product Declarations“,<br />

die wir einhalten müssten. Davon abgesehen würde eine EP&L<br />

für einige wenige <strong>Produkte</strong> nur geringe Auswirkungen haben. Wenn<br />

wir aber alle <strong>Produkte</strong> bilanzieren, wäre der Aufwand dafür erheblich.<br />

Daher warten wir momentan ab, was sich im Rahmen des „Product Environmental<br />

Footprinting“-Projekts der Europäischen Kommission zur<br />

Erfassung der Umweltauswirkung von <strong>Produkte</strong>n tun wird. Auch der<br />

neue HIGG Index der Sustainable Apparel Coalition, mit dem die Umweltleistung<br />

von Kleidungsstücken messbar und vergleichbar gemacht<br />

werden soll, ist in diesem Zusammenhang interessant.<br />

Das langfristige Ziel wäre natürlich, dass man die externen Kosten<br />

internalisiert und einen Schadensausgleich zahlt. Haben Sie hierzu<br />

Pläne oder ist dies Aufgabe des Staates?<br />

Einen ersten Schritt in diese Richtung haben wir ja bereits gemacht,<br />

indem wir unsere eigenen CO 2<br />

-Emissionen seit 2<strong>01</strong>0 kompensieren. Allerdings<br />

wäre eine Kompensation aller externalisierten Umweltkosten<br />

aus ökonomischer Sicht nicht leistbar, wenn wir das als Einzelunternehmen<br />

angehen würden. Dazu müsste es schon eine Branchenlösung<br />

geben, die man wettbewerbsneutral umsetzen kann.<br />

PUMA will neben den ökologischen auch die sozialen Externalitäten<br />

erfassen. Welche Fortschritte konnten Sie bisher machen?<br />

Ehrlich gesagt sind wir hier noch nicht wirklich weitergekommen. Das<br />

Thema ist so komplex, dass wir uns erst einmal auf die Fortführung der<br />

ökologische Gewinn- und Verlustrechnung fokussieren. Wir würden<br />

uns aber freuen, wenn ein anderes Unternehmen im sozialen Bereich<br />

die Führung übernähme.<br />

GRI4<br />

Die Global Reporting Initiative (GRI) entwickelt<br />

einen Rahmen für die <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichterstattung<br />

von Unternehmen, Regierungen<br />

und Nichtregierungsorganisationen. Im Mai<br />

2<strong>01</strong>3 legten die international Mitwirkenden die<br />

vierte Version des Leitfadens vor.<br />

Eine Übersicht über die wichtigsten Inhalte und<br />

Neuerungen finden Sie unter www.<strong>forum</strong>-csr.net,<br />

Stichwort „Neuer Leitfaden“.<br />

Foto: © Puma<br />

84 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| BIODIVERSITÄT | THEMEN<br />

Frisch und sauber soll es sein: Wasser ist die für Mensch und Wirtschaft wohl wertvollste<br />

Ressource. Entsprechend setzt der Getränkehersteller Coca-Cola im Rahmen seines „Water<br />

Stewardship“ Programms den Wasseraufbereiter „Slingshot“ ein. Das Gerät vom Segway-<br />

Erfinder Dean Kamens soll den Menschen in Gebieten mit Wasserknappheit helfen – wie<br />

hier an einer Schule in Ghana – und Coca-Cola den Nachschub sichern.<br />

In diese Richtung bewegt sich auch die Europäische Kommission.<br />

In ihrem Fahrplan für ein ressourcenschonendes<br />

Europa heißt es: „Neue politische Strategien sollten dazu<br />

beitragen, die Preise von Ressourcen wie Wasser, saubere<br />

Luft, Ökosysteme, Biodiversität und Meeresressourcen, deren<br />

Wert auf dem Markt nicht angemessen berücksichtigt<br />

wird, anzupassen.“ Zudem arbeitet die Kommission derzeit<br />

an einer Direktive, die Unternehmen ab einer bestimmten<br />

Größe verpflichtet, neben den finanziellen künftig auch über<br />

soziale und ökologische Kennzahlen zu berichten. Ein Thema,<br />

dass auch die Grünen in ihrem letzten Wahlkampfprogramm<br />

aufgenommen haben.<br />

Zudem befassen sich immer mehr Kreditinstitute und Versicherungen<br />

damit, wie gut Firmen auf Umweltrisiken und<br />

daraus resultierende politische Reformen vorbereitet sind.<br />

„Unternehmen, die Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen<br />

bewerten und in ihre Strategie integrieren,<br />

sind am besten auf die Zukunft vorbereitet“, sagt Andrew<br />

Liveris, der CEO von Dow. Wohl dem also, der den Wert<br />

der Natur kennt.<br />

Foto: © Coca-Cola<br />

Warum die Natur in Geldwerten beschreiben?<br />

Von Tobias Hartmann<br />

Die monetäre Bewertung von Natur hilft Unternehmen, wirtschaftlichere<br />

Entscheidungen zu treffen, etwa bei der Wahl zwischen unterschiedlichen<br />

Produktionstechnologien oder bei der Abwägung<br />

zwischen technischen und ökologischen Lösungen für den Umweltschutz.<br />

Dow Chemical beispielsweise vergleicht so, welche Maßnahme<br />

besser ist, um Wasserknappheit entgegenzuwirken. Auch ist<br />

die Naturkapitalbilanzierung ein Instrument, um Schwerpunkte zu<br />

bestimmen. Sie bringt unterschiedlichste Umweltauswirkungen wie<br />

Luftemissionen oder Landverbrauch auf einen Nenner und macht sie<br />

so vergleichbar. Initiativen, die Schadwirkungen mindern, können<br />

dann gezielt auf den größten <strong>Nachhaltig</strong>keitseffekt ausgerichtet werden.<br />

Als Resultat will die PUMA SE daher die Lieferkette für Leder<br />

optimieren. 90 Prozent des Leders in PUMA-<strong>Produkte</strong>n stammt aus<br />

Gerbereien, die von der „Leather Working Group“ zertifiziert wurden.<br />

Denn der Konzern hat herausgefunden, dass seine Lederproduktion<br />

der größte Umweltsünder in der Wertschöpfungskette ist.<br />

Beim World Business Council for Sustainable Development (WBCSD),<br />

der im Jahr 2<strong>01</strong>1 ein Handbuch zur unternehmerischen Bewertung<br />

von Ökosystemleistungen veröffentlicht hat, finden Firmen Unterstützung.<br />

14 Unternehmen, von Hitachi über Rio Tinto bis Veolia,<br />

haben es bislang genutzt. Für Unternehmen ist die Bewertung auch<br />

deshalb attraktiv, weil sie die berechneten Werte in Instrumente wie<br />

die Kosten-Nutzen-Analyse integrieren und so externe Umweltkosten<br />

bei einer Investitionsentscheidung auf einer Ebene mit anderen<br />

Kosten wie Zinszahlungen oder Arbeitskosten diskutieren können.<br />

Allerdings stecken die derzeit angewandten Methoden noch in<br />

den Kinderschuhen. Dies führt dazu, dass Unternehmen verschiedenste<br />

Monetarisierungs-Ansätze verfolgen und unterschiedliche<br />

Werte für die gleichen Ökosystemdienstleistungen ansetzen. Es ist<br />

also (noch) nicht möglich, die <strong>Nachhaltig</strong>keitsperformance von Unternehmen<br />

zu vergleichen. Eine Harmonisierung bei der Erfassung<br />

von Umweltauswirkungen und ihrer monetären Bewertung tut daher<br />

Not, sowohl im Hinblick auf ihre Kraft als Entscheidungshilfe,<br />

als auch für die Bilanzierung.<br />

Weiterführende Informationen<br />

Am 21.1.2<strong>01</strong>4 veranstaltet der Global Nature Fund in Bonn eine Konferenz<br />

zu der Frage, wie Unternehmen Naturkapital erfassen und bilanzieren<br />

können. Mehr dazu unter www.naturkapitalbilanzierung.de<br />

Die Seiten zur ökonomischen Bewertung von Naturkapital werden gefördert von<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

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85


THEMEN | BIODIVERSITÄT |<br />

Unbezahlbare Leistung: Kolibris sind für 80 Prozent der Bestäubung im südamerikanischen<br />

Urwald verantwortlich. Ohne sie könnte innerhalb einer Generation ganz Südamerika sterben.<br />

Immer mehr Unternehmen erkennen diesen Wert und finanzieren freiwillig Projekte,<br />

die solche „Ökosystemleistungen“ erhalten und fördern.<br />

Wer zahlt, der bleibt<br />

„Natur zum Nulltarif“ geht nicht mehr lange gut. Unternehmen versuchen deshalb<br />

ihr „Naturkapital“ sicherzustellen – z.B. mit freiwilligen Zahlungssystemen, den<br />

Payments for Ecosystem Services (PES).<br />

Von Udo Censkowsky<br />

Allein Insekten leisten laut der so genannten „TEEB-Studie“<br />

weltweit einen volkswirtschaftlichen Nutzen von 110 Milliarden<br />

Euro an Bestäubungsdiensten – pro Jahr. Viele unternehmerische<br />

Existenzen hängen direkt von sogenannten<br />

Ökosystemleistungen ab, da sie z.B. sauberes Grundwasser,<br />

fruchtbare Böden oder naturnahe Landschaften nutzen.<br />

Offensichtlich ist dies bei der Holz- oder der Nahrungsmittelindustrie.<br />

Aber beispielsweise auch die Automobil-, die<br />

Textil-, die Kosmetikindustrie sowie die Tourismuswirtschaft<br />

benötigen „Naturkapital“, um wirtschaften zu können.<br />

Doch was keinen Wert hat, findet sich auch nicht in den<br />

Bilanzen. Deshalb haben Unternehmen und Umweltorganisationen<br />

spezielle Zahlungssysteme entwickelt: Payments<br />

for Ecosystem Services (PES). Die Zahlungen finanzieren<br />

bestimmte Landnutzungsformen, durch die eine entsprechende<br />

Ökosystemdienstleistung dauerhaft erhalten wird.<br />

Damit stellen Unternehmen benötigtes „Naturkapital“<br />

langfristig sicher. Ende 2<strong>01</strong>2 veranstaltete das Bundesamt<br />

für Naturschutz (BfN) im Rahmen der <strong>Nachhaltig</strong>keitskonferenz<br />

SusCon einen Expertenworkshop zur Frage, wie<br />

internatio nal über freiwillige Zahlungen von Unternehmen<br />

mehr Biodiversi tätsschutz verwirklicht werden kann. Projektbeispiele<br />

aus der ganzen Welt zeigten, dass die Erhaltung von<br />

Ökosystemleistungen häufig auch einen Zusatznutzen für die<br />

biologische Vielfalt bringt.<br />

Das Spektrum an PES-Projekten ist sehr breit und vielfältig.<br />

Im Kern bestehen diese darin, dass ein „Verkäufer“ (z.B. eine<br />

Gruppe von Landwirten) eine eindeutig definierte Ökosystemleistung<br />

dauerhaft sicherstellt (z.B. Bodenschutz) und dafür<br />

vom „Käufer“ (z.B. einem Unternehmen) Geld bekommt.<br />

Erst Lieferkette verbessern, dann für Ökosysteme zahlen<br />

Interessierte Unternehmen in Deutschland sollten in einem<br />

ersten Schritt prüfen, wo in ihren Lieferketten negative Auswirkungen<br />

auf die Ökosysteme oder die biologische Vielfalt<br />

zu verorten sind, um dann gezielt Maßnahmen zu ergreifen<br />

und so ihre Beschaffungssicherheit zu erhöhen. So unterstützt<br />

die Rewe AG bei der Beschaffung von Tafelobst aus<br />

Foto: © Steve Byland, istockphoto.com<br />

86 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| BIODIVERSITÄT | THEMEN<br />

Workshop-Beispiele<br />

Dr. Danièle Perrot-Maître (UNEP, IUCN) erläuterte das ‚Vittel<br />

water management project’. Die Landwirte in den Trinkwassereinzugsgebieten<br />

bekommen Ausgleichszahlungen dafür, dass<br />

sie die hohe Grundwasserqualität bei ihrer Bewirtschaftung erhält.<br />

Auf diesem Weg sichert Vittel die Wasserqualität, reduziert<br />

Trinkwasseraufbereitungskosten und macht das Abfüllgeschäft<br />

von Vittel langfristig profitabler. Das Projekt integriert heute<br />

auch Natur- und Artenschutz als Zusatznutzen.<br />

Foto: © Philipp Ledényi/SusCon 2<strong>01</strong>2<br />

Aus dem Bereich Touristik stellte Prof. Dr. Ines Carstensen,<br />

Futouris e.V., ein „Whale Watching Project“ in Teneriffa vor. Eine<br />

lokale NGO erhält über den Futouris e.V. Zahlungen von zwei<br />

großen Tourismus-Gesellschaften für ein Wal-Schutzprogramm.<br />

Die zahlenden Unternehmen sichern so eine touristische Attraktion<br />

und damit ihr Kerngeschäft. Im geschilderten Fall haben<br />

Wettbewerber ihre Aktivitäten durch einen Verein gebündelt<br />

und können so für sich, aber auch für den Walschutz mehr Wirkung<br />

erzielen.<br />

Alexa Morrison stellte die Plan Vivo Foundation vor, die PES-<br />

Projekte gemeinsam mit Gemeinden in Entwicklungsländern<br />

initiiert. Lokale Gemeinden erhalten aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten<br />

(carbon credits) an Unternehmen über die<br />

Stiftung Geld, um Aufforstungen zu finanzieren. Die Unternehmen<br />

kompensieren auf diese Weise ihre unvermeidbaren Emissionen.<br />

Damit sichert das Projekt nicht nur die Artenvielfalt,<br />

sondern bindet auch Kohlenstoff und schafft vor allem Einkommensmöglichkeiten<br />

in marginalisierten Regionen.<br />

Guilherme Zaniolo Karam, Fundação Grupo Boticário de Proteção<br />

à Natureza (Brasilien), stellte das OASIS Projekt vor. Landbesitzer<br />

in Trinkwassereinzugsgebieten erhalten durch die Stiftung<br />

Zahlungen für die Aufforstung und den Schutz von Wäldern<br />

auf ihren Ländereien und tragen so zum Schutz der städtischen<br />

Trinkwasservorkommen bei. Die Stiftung ist für das Fundraising<br />

bei Unternehmen und Stadtverwaltungen für die zielgerechte<br />

Investition der Gelder verantwortlich. Der Nutzen für die Unternehmen<br />

entsteht z.B. bei Wasserversorgern durch niedrigere<br />

Aufbereitungskosten für das Grundwasser, oder durch einen<br />

Imagegewinn als regionaler Arbeitgeber. Verwaltungen, die z. B.<br />

Einnahmen aus Bußgeldern hierfür einsetzen, verbessern oder<br />

sichern so die Trinkwasserversorgung ihres Verwaltungsbezirks.<br />

Natur- und Biodiversitätsschutz ist ein Zusatznutzen des OASIS<br />

Projekts.<br />

Ein weiteres Zahlungssystem brachte Tobias Dierks von der Gesellschaft<br />

für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in die Diskussion<br />

ein: Access and Benefit Sharing (ABS). Lokale Gemeinschaften<br />

(oder auch Staaten) erhalten Geld für die Sicherstellung<br />

der nachhaltigen Nutzung einer bestimmten genetischen Ressource<br />

(z.B. einer Wildsammlung). Das Geld wird vom Nutzer<br />

der Ressource (z.B. Pharma- oder Kosmetikunternehmen, die<br />

einen bestimmten Pflanzenwirkstoff für die Herstellung eines<br />

<strong>Produkte</strong>s nutzen) gezahlt. Access bedeutet dabei, dass die Unternehmen<br />

Zugang zur genetischen Ressource erhalten, Benefit<br />

Sharing, dass sie für diesen Zugang einen finanziellen Beitrag<br />

zur Erhaltung der Ressource leisten. Prinzipiell definiert der<br />

ABS-Mechanismus einen durch den Staat (oder auch indigene<br />

Gemeinschaften) kontrollierten Zugang zu genetischen Ressourcen<br />

und wurde im Rahmen der „Konvention zur Erhaltung der<br />

biologischen Vielfalt“ entwickelt.<br />

Für Wale, Trinkwasser und Heilpflanzen: Beim SusCon Expertenworkshop<br />

stellten Projektvertreter vor, wie Unternehmen ihre Ausgleichszahlungen<br />

für Biodiversitätsleistungen gestalten können.<br />

der Bodenseeregion, dass Blühpflanzen zur Verbesserung<br />

des Nahrungsangebotes für Bienen angelegt werden. Die<br />

Bodensee-Stiftung tritt dabei als fachlich versierter Mittler<br />

zwischen der Rewe AG und den Obstbauern auf.<br />

Da die Integration von Aspekten der biologischen Vielfalt ins<br />

Management für viele Unternehmen weiterhin eine große<br />

Herausforderung darstellt, starteten das Bundesumweltministerium,<br />

Wirtschafts- und Naturschutzverbände im Jahr<br />

2<strong>01</strong>3 das Projekt „Unternehmen Biologische Vielfalt 2020“.<br />

Dieses wird langfristig den Austausch zwischen Verbänden<br />

aus Wirtschaft und Naturschutz unterstützen. Das Projekt<br />

soll außerdem die Entwicklung unternehmensrelevanter und<br />

praxisgerechter Lösungen für den Biodiversitätsschutz und<br />

somit den Schutz der Wirtschaftsgrundlagen von Unternehmen<br />

voranbringen.<br />

UDO CENSKOWSKY<br />

ist Mitbegründer der Organic Services GmbH sowie Mitveranstalter<br />

der <strong>Nachhaltig</strong>keitskonferenz SusCon. Biodiversitätsschutz<br />

in Wertschöpfungsketten berücksichtigen, macht ihm nicht nur<br />

Freude, sondern gehört immer wieder zu seinen handelsbezogenen<br />

Beratungsprojekten.<br />

u.censkowsky@organic-services.com<br />

Zum Weiterlesen<br />

Die Workshopdokumentation finden Sie<br />

unter www.suscon.net<br />

Website der Plattform „Unternehmen<br />

Bio logische Vielfalt 2020“<br />

www.biologischevielfalt.de/ubi_2020.html<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

87


C NACHHALTIGE<br />

TIPPS | ANZEIGEN<br />

Sehestedter Naturfarben machen es möglich<br />

Wir sind ein Unternehmen, das es sich zur Aufgabe<br />

gemacht hat, den Bauherrn, Handwerker und Heimwerker<br />

mit Rat und Produkt zu unterstützen, die Oberfläche<br />

des Hauses, die “dritte Haut” des Menschen,<br />

sinnvoll und ökologisch zu renovieren, sanieren oder<br />

neu zu gestalten.<br />

Unsere Devise lautet: Bauphysik und Bauchemie muss<br />

ökologisch stimmen, dann lebt es sich auch wieder<br />

gesund in unseren Häusern.<br />

Unser Bestreben ist, Ursprüngliches zu erhalten. Die<br />

Hektik unserer Zeit, sowie das auf Umsatz und Gewinn<br />

ausgerichtete Denken hat leider die Kunst des ursprünglichen<br />

Bauens im Handwerk vergessen lassen.<br />

Und gerade deshalb machen sich Menschen auf die<br />

Suche nach dem Natürlichen und Altbewährten und<br />

lassen abseits der Hochkonjunktur das ursprüngliche<br />

Handwerk weiterleben.<br />

und Kleber in Schleswig-Holstein ein komplettes<br />

Programm von Naturprodukten<br />

unter dem Namen Sehestedter Naturfarben.<br />

<strong>Nachhaltig</strong> weil ...<br />

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Rohstoffen<br />

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Sehestedter Naturfarben<br />

Inh. Marten Riedl<br />

Alte Dorfstr. 35, D-24814 Sehestedt<br />

Tel. +49 (0)4357 / 10 49, FAX: +49 (0)4357 / 7 50<br />

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Mit unseren <strong>Produkte</strong>n möchten wir sie unterstützen<br />

Wir produzieren auf dem Gebiet der Fußbodenöle<br />

(Fußboden-Hartharzöl), Farben, Öle, Wachse, Lacke<br />

Die Idee für Ideen: Das nachhaltige Whiteboard<br />

Whiteboards sind nichts Neues. Sie sind<br />

praktisch, aber noch nicht vollendet: Häufig<br />

unflexibel in der Nutzung, im Design wenig<br />

an ästhetischen und an <strong>Nachhaltig</strong>keitskriterien<br />

orientiert. Das Out of the Box Whiteboard<br />

ist unsere Antwort darauf.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>: Es besteht aus Re-board,<br />

einem sehr leichten und stabilen Hightech<br />

Verbundstoff auf Papierbasis. Zu<br />

80 Prozent aus recycelten Materialien<br />

hergestellt, ist es selbst wiederverwertbar<br />

und spart im Herstellungsprozess CO 2<br />

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Emissio nen ein.<br />

Flexibel: Unsere Whiteboards sind perfekt<br />

angepasst an die Anforderungen der<br />

Wissensarbeit. Die austauschbaren „Disketten“<br />

– beidseitig mit Whiteboardfolie<br />

beschichtete, leichte Re-boardplatten –<br />

machen das Whiteboard vielseitig: Whiteboard-Notizen<br />

werden mobil und sind nicht<br />

an der Wand fixiert.<br />

Ästhetisch: Das minimalistische Design des<br />

Whiteboards und die offene Kantenführung<br />

erzeugen eine angenehme Arbeitsatmosphäre.<br />

Das Board wurde so gestaltet, dass<br />

es Spaß macht!<br />

Interesse? Für <strong>forum</strong>-Leser gibt es bis<br />

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88 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


C<br />

| ANZEIGEN | NACHHALTIGE TIPPS<br />

edding EcoLine: Für die Welt von morgen<br />

Wer im Büro oder zu Hause umweltbewusst<br />

schreiben oder Texte markieren möchte,<br />

kommt an edding nicht vorbei. Mit der Entwicklung<br />

der EcoLine Produktreihe trägt edding<br />

zu einer umweltfreundlichen Büroausstattung<br />

bei. Zur Serie gehören Permanent-,<br />

Whiteboard- und Flipchartmarker, deren<br />

Kunststoffteile mindestens zu 90 Prozent aus<br />

recyceltem Material bestehen. Ergänzt wird<br />

die EcoLine durch einen Highlighter, dessen<br />

Kappe und Schaft zu mindestens 90 Prozent<br />

aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.<br />

Dies konnte nur durch konsequente Forschung<br />

und Entwicklung erreicht werden.<br />

Ein Beispiel dafür, wie edding die Serie im<br />

Das Kanne-Konzept<br />

Wir haben es uns zum Ziel gemacht, durch<br />

unsere Arbeitsweise möglichst viel zum<br />

Wohle von Mensch, Tier und Natur beizutragen.<br />

Das Kanne-Konzept beinhaltet<br />

ganzheitliches ökologisches Denken und<br />

Handeln.<br />

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Sinne der Umweltverträglichkeit kontinuierlich<br />

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energiesparender Bauweise. Und<br />

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89


THEMEN | ENERGIE & KLIMA |<br />

Wie viel Energie steckt im<br />

„Kraftwerk Erde” wirklich?<br />

Sonne, Wind und Wellen können den Energiehunger der Menschheit stillen? Nicht<br />

ganz. Denn die Erde funktioniert wie ein Kraftwerk: Die meiste Energie können wir<br />

gar nicht nutzen – das meiste Potenzial hat die Solarenergie.<br />

Von Axel Kleidon<br />

Die Erde versorgt uns kostenlos mit Erneuerbaren Energien<br />

wie Wind, Wasser und Sonnenlicht und das auch noch unbegrenzt.<br />

Tatsächlich? Stoßen die Erneuerbaren nicht auch an<br />

Grenzen? Doch. Gemeint sind nicht technische Grenzen. Es<br />

geht um die natürlichen Energieumsätze der Erde. Sie erzeugt<br />

aus Sonnenlicht die Energieformen, die in Wind, Wasser und<br />

Wellen stecken und die wir als erneuerbare Energiequellen<br />

nutzen können. Dabei folgt sie den gleichen Regeln wie ein<br />

Kraftwerk, leider können wir auch im Falle des Kraftwerks<br />

Erde die meiste Energie nicht nutzen.<br />

Die Erde funktioniert wie ein Kraftwerk<br />

Betrachten wir die Erde also als Kraftwerk, um zu verstehen,<br />

warum nur ein Teil der Energie nutzbar ist. Ein Kraftwerk<br />

erzeugt nutzbare Energie aus einem Brennstoff wie Kohle<br />

oder Gas. Die erste Regel besagt, dass Energie erhalten<br />

bleibt. Bei der Verbrennung wandelt sich die Energie, die in<br />

der Kohle steckt, zum einen in Abwärme um, also in nicht<br />

nutzbare Energie, die durch den Schornstein verschwindet.<br />

Zum anderen in die erzeugte, nutzbare Energie. Die zweite<br />

Regel beschreibt, dass man Abwärme nicht vermeiden kann.<br />

Das hat zur Folge, dass nur ein Teil der Energie, die aus dem<br />

Brennstoff fließt, in nutzbare Energie umgewandelt werden<br />

kann. Anders ausgedrückt: Der Wirkungsgrad ist weniger als<br />

100 Prozent. Typischerweise liegt der beste Wirkungsgrad<br />

in einem Kohlekraftwerk bei um die 60 Prozent. Mehr geht<br />

nicht, und zwar nicht wegen der technischen Möglichkeiten,<br />

sondern weil wir an grundlegende physikalische Grenzen<br />

stoßen. Die gleichen Regeln gelten auch für die Energieumwandlungen<br />

der Erde: Energie bleibt erhalten und es gibt<br />

unvermeidbare Verluste. Die Wirkungsgrade bei der Erde sind<br />

anders als bei einem Kraftwerk sehr viel geringer. Warum?<br />

Aus Sonnenenergie entstehen Wind, Wellen und<br />

Meeresströmungen<br />

So wie ein Kraftwerk aus Brennstoff nutzbare Energie gewinnt,<br />

erzeugt das „Kraftwerk Erde” aus Sonnenlicht die<br />

Energie, die in Wind, Wellen und Meeresströmungen steckt.<br />

Das einfallende Sonnenlicht erwärmt die verschiedenen<br />

Regionen der Erde unterschiedlich stark. Diese Temperaturunterschiede<br />

sind dafür verantwortlich, dass in der<br />

Atmosphäre Luftbewegungen entstehen, die versuchen,<br />

diese Unterschiede auszugleichen. Dabei entsteht Bewegungsenergie,<br />

die sich in Form von Wind zeigt. Der<br />

Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Sonnenlicht in<br />

Windenergie ist dabei gering: Aus den gewaltigen 175.000<br />

Billionen Watt Sonnenlicht, die auf die Erde einstrahlen,<br />

erzeugen nur etwa 1.000 Billionen Watt die Winde der<br />

Atmosphäre. Das ist immer noch sehr viel, entspricht<br />

aber einem Wirkungsgrad von weniger als einem Prozent.<br />

Der Wirkungsgrad ist so niedrig, da die Temperaturunterschiede<br />

auf der Erde viel geringer sind, als die, die bei<br />

der Verbrennung im Kraftwerk entstehen. Wiederum die<br />

Hälfte der Windenergie geht in der Atmosphäre in Form<br />

von Wärme verloren, die andere Hälfte erreicht die Erdoberfläche.<br />

Dort schafft der Wind über dem Ozean die<br />

Wellen und erzeugt, mit weiteren Verlusten, Wellenenergie.<br />

Jetzt sind es nur noch 0,04 Prozent vom Sonnenlicht,<br />

die die Wellen des Ozeans erzeugen. Die Wellen schaffen<br />

die Strömungen der Weltmeere. Wieder kommt es zu<br />

Verlusten bei der Umwandlung. Lediglich eine Billion Watt<br />

sind es letztendlich, die die Strömungen der Weltmeere<br />

aufrechterhalten.<br />

Um diese gigantischen Zahlen in Proportion zu setzen: Die<br />

gesamte Menschheit verbrauchte 2<strong>01</strong>2 im Mittel etwa 17<br />

Billionen Watt an Energie. Das heißt, wir verbrauchen 17<br />

Mal mehr, als die Energie, die die Weltmeere in Bewegung<br />

hält. Das liegt daran, dass sich Sonnenlicht mehrfach mit<br />

Energieverlust umwandelt. Es geht so viel Abwärme verloren,<br />

dass das Energievolumen dem riesigen Energiebedarf<br />

der Menschheit nicht standhalten kann. Im Gegensatz zu<br />

Wellenkraft haben daher Solar- und Windenergie ein sehr<br />

großes Potenzial, nachhaltig erneuerbare Energien zu liefern.<br />

Denn die Solarenergie speist sich direkt aus der gigantischen<br />

Quelle – der Sonne – während bei der Windenergie das<br />

Sonnenlicht nur einmal umgewandelt wurde.<br />

90 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

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| ENERGIE & KLIMA | THEMEN<br />

* Bislang wird Solarenergie noch<br />

nicht über Ozeanen gewonnen<br />

** geschätzt<br />

Wolken und Eis reflektieren<br />

30% zurück ins Weltall<br />

Solare Einstrahlung<br />

175 000 Billionen Watt<br />

<br />

Einstrahlung an der Oberfläche<br />

122 500 Billionen Watt<br />

Ein Teil des Sonnenlichts<br />

ist als Energiequelle nicht nutzbar,<br />

so wie die Abwärme in einem Kraftwerk<br />

Globales Potential Solarenergie<br />

(max. nutzbarer Anteil)<br />

98 000 Billionen Watt<br />

Über Land* nutzbar<br />

24 500 Billionen Watt<br />

<br />

Umwandlung von Sonnenlicht in<br />

die Bewegungsenergie der Winde<br />

Erzeugung von Winden<br />

1 000 Billionen Watt<br />

<br />

Ein Großteil der Bewegungsenergie wird<br />

durch Reibung in Wärme umgewandelt<br />

und ist nicht nutzbar<br />

Globales Potential Windenergie<br />

(max. nutzbarer Anteil)<br />

190 Billionen Watt<br />

Über Land mit Windturbinen nutzbar<br />

48 Billionen Watt<br />

<br />

Umwandlung von der Bewegungsenergie<br />

der Winde in Wellenenergie<br />

Erzeugung von Wellen<br />

63 Billionen Watt<br />

<br />

Wellenenergie ist mit Bewegung und<br />

Reibungsverlusten verbunden,<br />

die zu “Abwärme” führen.<br />

Potential Wellenenergie<br />

(maximal nutzbarer Anteil**)<br />

21 Billionen Watt<br />

Die Grafik ist stark vereinfacht.<br />

Ein Bruchteil der Windenergie ist wirklich nutzbar<br />

Aber selbst bei der Windenergie ist das Potenzial nicht so<br />

gewaltig, wie es zunächst aussieht. Von den 1.000 Billionen<br />

Watt, die die Winde antreiben, gelangt nur etwa ein Achtel<br />

an die Landoberfläche, wo Windturbinen sie einfangen<br />

können. Aber auch bei dieser Umwandlung gibt es Verluste.<br />

Jede Turbine entzieht dem Wind einen Teil seiner Energie.<br />

Das führt zu Windschatten, also ausgebremster Luft hinter<br />

der Turbine, die die Atmosphäre erst wieder auffüllen muss.<br />

Bei einer einzelnen Turbine spielt dieser Effekt keine Rolle.<br />

Aber je mehr Turbinen dem Wind Energie entziehen, desto<br />

stärker wächst die Bedeutung des Windschattens. Es gelten<br />

die Regeln eines Kraftwerks: Die Turbinen können nicht die<br />

gesamte Windenergie nutzen und die Energie im erzeugten<br />

Strom der Turbinen fehlt dem Wind. Die Physik zeigt uns,<br />

dass Windturbinen nur 38 Prozent der Energie, die die Atmosphäre<br />

an die Erdoberfläche bringt, nutzen können. Die 1.000<br />

Billionen Watt, die die Atmosphäre erzeugt, schrumpfen<br />

zu 48 Billionen Watt, die Windturbinen auf Land maximal<br />

Energie in Zahlen<br />

• 1 Watt: entspricht einem Verbrauch von einem Joule (physikalische<br />

Einheit für Energie) pro Sekunde, Watt beschreibt also<br />

Energieverbrauch pro Zeit<br />

• 25 Watt verbraucht eine Energiesparlampe<br />

• 100 Watt entsprechen einer 2000 Kilokaloriendiät<br />

• etwa 830 Watt verbrauchte der Bundesbürger an Strom im Jahr<br />

2<strong>01</strong>2<br />

• 5200 Watt verbrauchte er 2<strong>01</strong>2 an Primärenergie, also Energie<br />

die direkt aus Trägern wie Kohle, Kernkraft, Öl und Erneuerbaren<br />

Energieträgern fließt<br />

• Etwa 428 Milliarden Watt verbrauchten die Deutschen im Jahr<br />

2<strong>01</strong>2<br />

• 1 Billion Watt treiben die Meeresströmungen an: Etwa doppelt<br />

so viel wie der Energieverbrauch der Deutschen 2<strong>01</strong>2<br />

• 17 Billionen Watt verbrauchte die gesamte Menschheit 2<strong>01</strong>2<br />

• 48 Billionen Watt bleiben maximal an Windenergie an Land übrig,<br />

die durch Turbinen in Strom umgewandelt werden können<br />

• 1.000 Billionen Watt treiben die Winde weltweit an<br />

• 175.000 Billionen Watt schickt uns die Sonne – so viel wie eine<br />

Million Energiesparlampen pro Mensch<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

91


THEMEN | ENERGIE & KLIMA |<br />

Im Kraftwerk Erde: Obwohl auch Wellen große Mengen an Energie bereit stellen, ist die Sonne der mit Abstand mächtigste Energielieferant.<br />

nutzen können. Das ist zwar immerhin noch das Dreifache<br />

des gegenwärtigen Energieverbrauchs. Das hieße aber auch,<br />

dass die gesamte Erde mit Windturbinen bepflastert wäre.<br />

Auf die Fläche Deutschlands übertragen, erhielten wir ein<br />

Potenzial für die Windenergie von 225 Milliarden Watt. Im<br />

Jahr 2<strong>01</strong>2 verbrauchten die Bundesbürger im Mittel aber 428<br />

Milliarden Watt. Windkraft kann deshalb zwar einen guten<br />

Anteil für die Energieversorgung beitragen, den Bedarf aber<br />

nicht vollständig bewältigen.<br />

Nur die Solarenergie hat ein gewaltiges Potenzial<br />

Sonnenlicht liefert das meiste Potenzial, da dort am wenigsten<br />

Energie bei der Umwandlung verloren geht. Die Pflanzen<br />

machen es uns vor: Sie verwenden Sonnenlicht direkt für die<br />

Photosynthese, ohne dass sie es vorher in andere Energieformen<br />

umwandeln. Aus der Sonnenenergie produzieren<br />

Pflanzen Kohlenhydrate und erzeugen damit die Energie,<br />

die das Leben auf dem Planeten erhält. Der Wirkungsgrad<br />

beträgt bei der Photosynthese etwa 10 Prozent. Da es der<br />

Photosynthese in vielen Regionen aber an Wasser oder Nährstoffen<br />

mangelt, wandelt sie letztendlich nur 0,1 Prozent des<br />

einfallenden Sonnenlichts in Kohlehydrate um. Solarzellen<br />

sind erfolgreicher. Sie erzielen bereits Wirkungsgrade von bis<br />

zu 44 Prozent. Rein theoretisch sind sogar mehr als 80 Prozent<br />

möglich. Auch Solarkraftwerke, die Sonnenlicht durch<br />

Spiegel konzentrieren und dann über Turbinen Energie erzeugen,<br />

sind ähnlich effizient. Sie brauchen aber wolkenfreie<br />

Bedingungen, um das Sonnenlicht bündeln zu können. Das<br />

beschränkt die Nutzung auf besonders trockene Regionen.<br />

Für den Planeten ergibt sich mit dem theoretisch möglichen<br />

Nutzungsgrad ein gewaltiges Potenzial der Solarenergie von<br />

98.000 Billionen Watt. Es ist bei weitem das größte Potenzial<br />

aller erneuerbaren Energien. Das ist sehr viel mehr als der<br />

Energieverbrauch der Menschheit von heute und in den<br />

nächsten 100 Jahren. Auf Deutschland reduziert, ergibt sich<br />

ein ebenso gewaltiges Potenzial von 33 Billionen Watt, das<br />

die Möglichkeiten der Windenergie um mehr als das Hundertfache<br />

schlägt. Dies sagt zwar nichts über die gegenwärtige<br />

technische Machbarkeit aus, aber es zeigt auf, wie eine<br />

nachhaltige Energieversorgung aus erneuerbaren Energien<br />

langfristig ausgerichtet sein muss. Sie muss sich auf die Nutzung<br />

von Sonnenlicht konzentrieren. Andere erneuerbare<br />

Energien können zwar ihren Beitrag leisten, werden aber in<br />

absehbarer Zukunft an ihre Grenzen stoßen. Das bedeutet<br />

konkret: Größere Windturbinen und wachsende Windparks<br />

können nur dann effektiv erneuerbare Energien liefern,<br />

wenn der Effekt des Windentzuges in die Planungen des<br />

Ausbaus einfließt. Gegenwärtig wird dieser wissenschaftlich<br />

gesicherte Effekt oft ignoriert, was dazu führt, Windenergie<br />

zu überschätzen. Es gilt, der Solarenergie den Vorrang im Ausbau<br />

zu geben. Aber es gibt auch Forschungsbedarf: Während<br />

Windturbinen bereits nahe des maximalen Wirkungsgrads<br />

operieren, hält die Solarenergie ein noch unerschlossenes<br />

Potenzial im Wirkungsgrad bereit. Der Sonne dieses Potenzial<br />

zu entlocken, lohnt sich. Denn langfristig kann nur das<br />

Sonnenlicht ohne große Nebenwirkungen den Energiehunger<br />

der Menschheit – auf der Erde, aber auch in Deutschland –<br />

nachhaltig decken.<br />

Der Physiker DR. AXEL KLEIDON erforscht mit seiner Arbeitsgruppe am<br />

Max-Planck-Institut für Biogeochemie die Grundlagen von Energieumwandlungen<br />

im Erdsystem. Dieser physikalische Ansatz wird in<br />

der Forschung angewendet, um das Klima und die Kreisläufe von<br />

Wasser und Kohlenstoff im Erdsystem sowie deren Änderungen im<br />

Klimawandel besser verstehen zu können, aber auch, um die natürlichen<br />

Grenzen erneuerbarer Energien zu ermitteln.<br />

Zum Weiterlesen<br />

“Kraftwerk Erde”, MaxPlanckForschung 2/2<strong>01</strong>2, 71-77.<br />

http://www.mpg.de/5896055/W005_Umwelt-Klima_070-077.pdf<br />

„Was leistet die Erde? Thermodynamische Grenzen des Erdsystems<br />

und deren Bedeutung für eine nachhaltige Zukunft”, Physik in<br />

unserer Zeit, 3/2<strong>01</strong>2, 136-144.<br />

www.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/piuz.2<strong>01</strong>2<strong>01</strong>294/abstract<br />

Foto: © fotolia | Zacarias da Mata<br />

92 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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EDMS<br />

Energieverbrauch<br />

auf einen Blick<br />

Mit einem professionellen Energiedaten-Managementsystem<br />

können Energieverbrauch<br />

und –kosten nachhaltig<br />

optimiert und langfristig gesenkt werden.<br />

Kein aufwendiges IT-Projekt, sofort einsetzbar,<br />

maßgeschneidert und ausbaufähig<br />

Das ENTEGA Energiedaten-Managementsystem<br />

(EDMS) kommt ohne umfangreiches<br />

IT-Projekt oder Software-Einführung aus. Es<br />

basiert auf einer internetgestützten Monitoring-Lösung,<br />

welche die Verbrauchsdaten<br />

im Unternehmen erfasst und verschlüsselt<br />

überträgt.<br />

Im Rahmen eines Initialprojektes werden die<br />

unternehmensspezifischen Anforderungen<br />

an Kennzahlen, Auswertungen und Berichte<br />

definiert und die EDMS-Monitoring-Lösung<br />

an die Parameter des Betriebes angepasst.<br />

Wichtige Energieabnehmer und kritische<br />

Messpunkte werden über ein individuelles<br />

Messkonzept erfasst und branchenspezifisch<br />

ausgewertet: Eine Großbäckerei etwa<br />

möchte den Energieeinsatz der Produktion<br />

optimieren und die Energiekosten der<br />

Lieferfahrzeuge auf die Produktionskosten<br />

umrechnen, eine Wohnbaugesellschaft<br />

benötigt qualifizierte Aussagen über den<br />

Wärmeinsatz und die Energieeffizienz der<br />

Gebäude.<br />

Kurze Amortisierungsdauer, Verbrauchskosten<br />

sinken bis zu 30 Prozent<br />

Die Daten machen den tatsächlichen Verbrauch<br />

transparent, verdeutlichen Schwachstellen<br />

sowie Unregelmäßigkeiten in der<br />

Energieversorgung und decken Wechselwirkungen<br />

verschiedener Energieverbraucher<br />

auf. So konnten z.B. in einem kunststoffverarbeitenden<br />

Betrieb Wärmeerzeugung und<br />

-einsatz optimiert werden, nachdem eine<br />

Korrelation zwischen Wärmeproduktion<br />

und Produktqualität identifiziert wurde. Das<br />

Ergebnis: Der Produktionsausschuss wurde<br />

reduziert und die Betriebszeiten der Maschinen<br />

durch kürzere Reinigungszeiten verlängert<br />

- bei gleich bleibendem Energiebedarf.<br />

Diese Auswertung fließt in eine Optimierungsstrategie<br />

ein, die auch für die<br />

Zertifizierung notwendig ist. Eckelemente<br />

sind etwa definierte Energieziele, ein Energieberichtswesen,<br />

ein Soll-Ist-Abgleich, die<br />

Steuerung von Verbrauchern anhand der<br />

Energiedaten sowie die technische Umsetzung<br />

energetischer Verbesserungen. Ziel<br />

ist eine optimale Energiebereitstellung mit<br />

deutlichen Einsparungen bei den Energieverbrauchskosten<br />

– bis zu 30 Prozent sind<br />

möglich. Durch die kontinuierliche Datenerfassung<br />

ergeben sich zudem Ansatzpunkte<br />

für weitere Einsparpotenziale.<br />

Zertifizierung Basis von<br />

Steuerleichterungen<br />

Mit dem EDMS können zusätzlich auch die<br />

Energienebenkosten, etwa die EEG-Umlage<br />

oder die Stromsteuer, reduziert werden.<br />

Eine Zertifizierung nach den Energienormen<br />

DIN EN ISO 500<strong>01</strong> bzw. DIN EN 16247-1 ist<br />

als Voraussetzung dazu unumgänglich. Die<br />

ENTEGA Monitoring-Lösung ist die perfekte<br />

Unterstützung: ENTEGA begleitet die Unternehmen<br />

mit erfahrenen Energieberatern<br />

durch den gesamten Auditierungs- und<br />

Zertifizierungsprozess – von der Einführung<br />

des Energiedaten-Managementsystems bis<br />

zur Umsetzung verbrauchsoptimierender<br />

Einsparmaßnahmen.<br />

Für Unternehmen und Kommunen<br />

Die Konfigurierbarkeit und der geringere<br />

Einführungsaufwand machen das EDMS zu<br />

einer optimalen Lösung kleinere und mittlere<br />

Unternehmen. Sie erhalten bei ENTEGA<br />

von der technischen Verbrauchsoptimierung<br />

bis zur Vorbereitung der Zertifizierung alle<br />

Dienstleistungen aus einer Hand. Ferner<br />

sind Unternehmen und Kommunen mit<br />

einem Energiedaten-Managementsystem<br />

bestens auf künftige gesetzliche Änderungen<br />

vorbereitet. Persönliche Beratung zum<br />

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93


THEMEN | NACHHALTIG BAUEN |<br />

Bauprodukte für<br />

nachhaltige Gebäude<br />

Bauherren aus Bund, Kommunen, Kirchen und Unternehmen sind sich einig:<br />

Risikoreiche Gebäude wollen sie nicht mehr. Sie setzen verstärkt auf nachhaltiges<br />

Bauen. Doch woran erkennt man gute Bauprodukte?<br />

Von Martin Blumberg und Matthias Brinkert<br />

Gebäudezertifizierungen für nachhaltiges Bauen werden<br />

immer beliebter. Kein Wunder: Nach Untersuchungen der<br />

OECD und von UNEP sind Bauwerke weltweit verantwortlich<br />

für rund 40 Prozent der CO 2<br />

-Emissionen, 40 Prozent des<br />

Energieverbrauchs und für etwa ein Drittel des Ressourcenverbrauchs.<br />

Politik und Investoren verlangen daher von der<br />

Baubranche, sich zukunftsfähig aufzustellen.<br />

Von politischer Seite bekommt der Sektor vor allem die Klimaschutzaktivitäten<br />

der Europäischen Union zu spüren – wie<br />

beispielsweise den EU-Aktionsplan „Sustainable Consumption<br />

and Production and Industrial Policy”, die Novellierung<br />

der europäischen Bauproduktenverordnung (BauPVO) oder<br />

die aktuelle europäische Abfallrahmenrichtlinie. Nun setzen<br />

immer mehr Immobilieninvestoren auf nachhaltige Immobilien.<br />

In einer von Union Investment Real Estate GmbH im<br />

Jahr 2<strong>01</strong>1 durchgeführten Befragung kündigten 60 Prozent<br />

der Investoren (u.a. Versicherungen und Pensionskassen)<br />

an, zukünftig deutlich mehr in nachhaltige Immobilien investieren<br />

zu wollen.<br />

Vorbild oder Umweltkiller? Ob ein Gebäude<br />

als nachhaltig gilt, hängt maßgeblich von den<br />

verwendeten Baustoffen ab. Das Bild zeigt ein<br />

Bürogebäude mit Fassadenkassetten aus 90%<br />

Recycling-Aluminium des Herstellers Metawell.<br />

Foto: © Mari Nakani-Mamasakhlisi<br />

94<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| NACHHALTIG BAUEN | THEMEN<br />

Auch immer mehr öffentliche und kirchliche Immobilien werden<br />

unter nachhaltigen Kriterien realisiert. Neubauten des<br />

Bundes mit einer Investitionssumme von über zwei Millionen<br />

Euro brauchen die Auszeichnung mit dem Bewertungssystem<br />

<strong>Nachhaltig</strong>es Bauen für Bundesgebäude (BNB). Viele Kommunen<br />

folgen bereits diesem Beispiel und stellen nun ebenfalls<br />

Anforderungen an die <strong>Nachhaltig</strong>keit ihrer Gebäude.<br />

Wann ist ein Gebäude nachhaltig?<br />

Zur Bewertung der <strong>Nachhaltig</strong>keitsleistung von Bauten<br />

nutzen Bauherren meist freiwillige Gebäudezertifizierungssysteme.<br />

Zu den bekanntesten zählt das in England im Jahr<br />

1990 entwickelte und damit älteste Zertifizierungssystem für<br />

nachhaltiges Bauen BREEAM (Building Research Establishment<br />

Environmental Assessment Method). Nach BREEAM<br />

wurden weltweit bereits über 200.000 Bauten zertifiziert. An<br />

zweiter Stelle steht das US-amerikanische Zertifizierungs-System<br />

LEED (Leadership in Energy und Environmental Design)<br />

mit ca. 36.000 Zertifizierungen. In Deutschland gründete sich<br />

im Jahr 2006 die DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges<br />

Bauen), die bislang rund 750 Objekte bewertet und<br />

ausgezeichnet hat.<br />

Grundlage aller Gebäudebewertungs-Systeme bilden internationale<br />

Normen, die definieren, nach welchen Kriterien<br />

die <strong>Nachhaltig</strong>keitsleistung von Bauten zu bewerten sind .<br />

Neben Ökologie- und Energiethemen bestimmen soziale<br />

Kriterien, Funktionalität, technische Qualität und vor allem<br />

die Wirtschaftlichkeit die <strong>Nachhaltig</strong>keitsleistung eines Gebäudes.<br />

Dabei betrachtet man immer den gesamten Lebenszyklus<br />

und dokumentiert alles genau zur Nachweisführung<br />

– auch die Prozesse, wie den koordinierten Planungs- und<br />

Bauvorgang. Für die Bauschaffenden, also Projektsteuerer,<br />

Architekten, Handwerker und Baustofflieferanten, bringen<br />

die Zertifizierungen neue Anforderungen an Qualität und<br />

Dokumentation des gesamten Planungs- und Bauprozesses.<br />

Baustoffe: Billig kostet später mehr<br />

Die Baustoffe eines Gebäudes und ihre Verarbeitung bestimmen<br />

wesentlich die <strong>Nachhaltig</strong>keitsauswirkungen.<br />

Beispiel ökologische Gebäudeleistung bei DGNB- und<br />

BNB-Projekten: Hier berechnet man über die einzelnen<br />

Ökobilanzen der geplanten bzw. verbauten Baustoffe eine<br />

Ökobilanz für das gesamte Gebäude. Die Gebäudeökobilanz<br />

ermittelt, wie viel Energieaufwand und wie viele Ressourcen<br />

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95


THEMEN | NACHHALTIG BAUEN |<br />

notwendig sind, um das Gebäude zu erstellen, zu nutzen<br />

und nach der Nutzung wieder zurückzubauen. Und wie viele<br />

Emissionen, also z.B. wie viel CO 2<br />

, dabei über den gesamten<br />

Gebäudelebenszyklus entstehen. Deshalb bevorzugen<br />

nachhaltig orientierte Bauschaffende solche Baustoffe, die<br />

ressourcenschonend hergestellt wurden und sich am Ende<br />

ihres Lebenswegs gut recyceln lassen.<br />

Die soziale Gebäudeleistung ermittelt den Beitrag der verwendeten<br />

Bauprodukte zur Wohngesundheit: Enthalten die<br />

Baustoffe Schadstoffe, die zu gesundheitlichen Problemen<br />

führen könnten, wie beispielsweise Lösemittel, flüchtige<br />

Weichmacher, Farbstoffe in Bodenbelägen, die sich während<br />

der Nutzung in die Raumluft freisetzen? Steigern sie die Innenraumhygiene?<br />

Machen sie den Raum angenehm warm<br />

und bieten eine gute Akustik?<br />

Zur Ermittlung der ökonomischen Gebäudeleistung betrachtet<br />

man alle Kosten, die für Bau, Nutzung und Rückbau/<br />

Entsorgung eines Gebäudes erforderlich sind. Damit soll<br />

verhindert werden, dass durch „billige“ Bauweisen später<br />

hohe Folgekosten entstehen – etwa wenn die Entsorgung<br />

von Wärmedämmverbundsystemen als Sondermüll ansteht.<br />

Baustoffe tragen aber auch zur technischen und funktionalen<br />

Gebäudeleistung bei. Jedes Gebäude muss bestimmte<br />

Anforderungen an Brandschutz, Schallschutz, Reinigungsund<br />

Instandhaltung sowie Rückbaubarkeit erfüllen. Für die<br />

Realisierung nachhaltiger Bauten benötigen Bauherren,<br />

Architekten, Ingenieure und Zertifizierer deshalb Antworten<br />

auf folgende Fragen:<br />

• Welchen Beitrag leisten die verwendeten Bauprodukte zur<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit des Gesamtgebäudes?<br />

• Wie kann ich sicher sein, ein Bauprodukt zu nutzen, das<br />

auch verlässlich auf seine <strong>Nachhaltig</strong>keitsleistung geprüft<br />

wurde?<br />

• Wie kann ich Bauprodukte im Hinblick auf ihre <strong>Nachhaltig</strong>keitsleistung<br />

miteinander vergleichen?<br />

Antworten auf diese Fragen liefert die Umwelt-Produkt-Deklaration<br />

(Environmental Product Declaration, EPD).<br />

Weil sich die verschiedenen Green Building-Zertifizierungssysteme<br />

stetig weiter entwickeln, wird die EPD für<br />

Bauproduktehersteller immer wichtiger. Sie müssen für die<br />

Bewertung und Auszeichnung nachhaltiger Gebäude alle<br />

relevanten Daten eines Bauprodukts in einem allgemein und<br />

international gültigen Format bereitstellen.<br />

Umwelt-Produkt-Deklaration schafft Wettbewerbsvorteile<br />

Kern der Umweltproduktdeklaration ist eine Ökobilanz,<br />

die neutral, transparent und verlässlich überprüfbar die<br />

Eigenschaften eines <strong>Produkte</strong>s entlang seines gesamten<br />

Lebenswegs offenlegt. Um nachhaltiges Bauen zu bewerten,<br />

braucht man eine den Baustoff begleitende, umfassende<br />

Produktaussage, die von der Rohstoffgewinnung über die<br />

Herstellung und Nutzung bis hin zum Recycling den gesamten<br />

Lebenszyklus des Produkts genau analysiert und in Bezug<br />

auf international vereinbarte Umweltwirkungen berechnet.<br />

„Die Erstellung von EPDs für unsere <strong>Produkte</strong> hat für uns<br />

handfeste Vorteile,“, so Herbert Fährrolfes, Geschäftsführer<br />

der METAWELL GmbH, Hersteller reinmetallischer Sandwichplatten<br />

aus Aluminium. „Zum einen verschaffen wir uns in<br />

Vergabeprozessen Vorteile gegenüber Mitbewerbern, die<br />

keine EPD vorweisen können. Zum anderen liefern uns die<br />

Ergebnisse der Ökobilanzen konkrete Anhaltspunkte für die<br />

kontinuierliche Optimierung unserer <strong>Produkte</strong> und Produktionsprozesse<br />

unter <strong>Nachhaltig</strong>keitsgesichtspunkten. Denn<br />

jedes Produkt, das wir neu entwickeln, muss seinen Vorgänger<br />

ökonomisch und ökologisch übertreffen.“<br />

Neben den Unternehmen, die Umwelt-Produkt-Deklarationen<br />

(EPDs) für ihre <strong>Produkte</strong> erhalten, profitieren auch Bauherren,<br />

Architekten und Auditoren: Die EPD stellt sicher, dass bereits bei<br />

der Planung und Auftragsvergabe auf Klimaschutzziele und eine<br />

sparsame Verwendung von Ressourcen geachtet werden kann.<br />

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| NACHHALTIG BAUEN | THEMEN<br />

Welche Zertifizierung verlangt was?<br />

Die Zertifizierungssysteme BREEAM, LEED, DGNB und BNB<br />

setzen in ihren Bewertungskategorien und der Punkteverteilung<br />

jeweils unterschiedliche Schwerpunkte. Im Falle von<br />

LEED erhalten Energie und Emissionen sowie der Einfluss des<br />

Gebäudes auf die lokale Umwelt die stärkste Gewichtung.<br />

Bei BREEAM haben ökologische Aspekte, Gesundheit und<br />

Nutzerkomfort einen hohen Stellenwert. Das DGNB- und<br />

BNB-System gewichtet dagegen ökologische, ökonomische,<br />

soziale und technisch-funktionale Gebäudeeigenschaften<br />

zu gleichen Teilen.<br />

Alle Systeme belohnen den Einsatz nachhaltiger Materialien<br />

und Bauprodukte. Unter ökologischen Gesichtspunkten<br />

präferieren sie Bauprodukte, die schadstoffarm sind, geringe<br />

Treibhausgasemissionen und einen hohen Recyclinganteil<br />

sowie eine gute Rückbaufähigkeit aufweisen. Die Nutzung<br />

zertifizierter <strong>Produkte</strong> – beispielsweise Holz aus nachhaltiger<br />

Forstwirtschaft (FSC) oder blauer Engel – und nachwachsender<br />

Rohstoffe, vorzugsweise aus regionalem Bezug, wirkt sich<br />

positiv auf die <strong>Nachhaltig</strong>keitsbilanz und den Punktestand in<br />

den betrachteten Bewertungssystemen aus.<br />

Am Ende hängt es vom Masseanteil des Produkts am Gebäude<br />

ab, wie viel ein Bauprodukt zu der Gesamtbewertung<br />

der Gebäudenachhaltigkeit beiträgt. Darüber hinaus<br />

können sich Bauprodukte wesentlich in ihren ökologischen,<br />

sozialen, ökonomischen und technisch-funktionalen Eigenschaften<br />

unterscheiden. Das lässt sich nun auf Basis von<br />

EPDs evaluieren.<br />

MARTIN BLUMBERG<br />

ist Geschäftsführer und Leiter des Fachbereichs Klima- und Ressourcenschutz<br />

der brands & values GmbH. Als akkreditierter Partner des<br />

Institut Bauen und Umwelt e.V. erstellt brands & values sustainablility<br />

consultants für Unternehmen der Bauwirtschaft Produktökobilanzen<br />

und Umweltprodukt-Deklarationen.<br />

martin.blumberg@brandsandvalues.com<br />

MATTHIAS BRINKERT<br />

ist Senior Berater und Experte für nachhaltiges Bauen bei der brands<br />

& values GmbH.<br />

matthias.brinkert@brandsandvalues.com<br />

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Massivholzhäuser = Klimaschutz<br />

Die tatsächliche Klimaschutzwirkung von<br />

Wohngebäuden wird mit den Nachweisen<br />

nach EnEV und KfW nur unzureichend<br />

dargestellt. Dort werden lediglich die<br />

Auswirkungen auf den Klimaschutz während<br />

der Nutzungsphase eines Gebäudes<br />

erfasst. Die Materialeigenschaften und<br />

Produktionsprozesse für die Gewinnung,<br />

Umwandlung, Verwendung und Entsorgung<br />

von Baustoffen haben aber ebenfalls<br />

einen sehr großen Einfluss auf die Klimaschutzwirkung<br />

– sie werden allerdings in<br />

den aktuell geforderten Nachweisen nicht<br />

berücksichtigt.<br />

Holz wandelt während des Wachstums CO 2<br />

in Biomasse um. Dabei werden für jeden Kubikmeter<br />

verbautes Holz 0,9 Tonnen CO 2<br />

in<br />

Sauerstoff und Biomasse umgewandelt. Der<br />

dabei gespeicherte Kohlenstoff wird auch<br />

im verbauten Zustand nicht vom Holz freigegeben.<br />

Ein durchschnittliches Wohnhaus<br />

aus Massivholz, mit beispielsweise 145 m²<br />

Wohnfläche, benötigt etwa<br />

48 Kubikmeter Bauholz und<br />

speichert somit rund 43,2<br />

Tonnen CO 2<br />

. Eine Pellets-Heizung<br />

würde 35 Jahre benötigen,<br />

um ebenso viel CO 2<br />

wieder auszustoßen.<br />

Auf Veranlassung des „Deutschen<br />

Massivholz- und<br />

Blockhausverbandes e.V.“<br />

(DMBV) können Massivholzhäuser<br />

als DMBV“aktivhaus“<br />

zertifiziert werden.<br />

Die Überprüfung der hierfür geltenden,<br />

strengen Vorschriften wird von unabhängigen<br />

Sachverständigen durchgeführt. Die<br />

Vergabe des Zertifikats erfolgt durch die<br />

„Gütegemeinschaft Blockhausbau e.V.“ (GB).<br />

Jedes DMBV“aktivhaus“ wird nach höchsten<br />

ökologischen Standards konzipiert und ist<br />

ein aktiver Beitrag für nachhaltiges Bauen<br />

und Klimaschutz.<br />

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97


THEMEN | ENTSCHEIDER IM GESPRÄCH |<br />

Kenner der Kreisläufe: Eric Mendel ist Mitglied des Vorstands<br />

der ALBA Group und verantwortlich für das Vorstandssegment<br />

Services, zu dem auch die Marke Interseroh gehört. Die ALBA<br />

Group ist mit rund 200 Tochter- und Beteiligungsunternehmen<br />

in Deutschland und Europa sowie in Asien und den USA aktiv.<br />

Mit insgesamt knapp 9.000 Mitarbeitern erwirtschaftet sie ein<br />

jährliches Umsatzvolumen von rund 2,9 Milliarden Euro (2<strong>01</strong>2).<br />

Die Unternehmensgruppe bietet sowohl Abfallmanagement-Beratung<br />

und Verpackungslizenzierung, als auch Recyclinglösungen<br />

und Sortiertechnologien sowie Logistikkonzepte und <strong>Produkte</strong>ntwicklung.<br />

98<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| ENTSCHEIDER IM GESPRÄCH | THEMEN<br />

„<strong>Nachhaltig</strong>keit vom<br />

Pathos befreien“<br />

Wiederverwenden, vermeiden, recyceln – der Umweltdienstleister und Rohstoffversorger<br />

ALBA Group hat das abfallpolitische Credo zum Businessmodell<br />

gemacht. Um knappe Ressourcen in Kreisläufe zu führen, muss man die gesamte<br />

Wertschöpfungskette betrachten, erklärt Vorstand Eric Mendel im <strong>forum</strong>-Interview.<br />

Ein Interview von Tina Teucher<br />

In welchem Umfang Recycling zum Klimaschutz beiträgt, ist<br />

kaum bekannt. Doch in den letzten 15 Jahren hat allein die<br />

Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaftsbranche ein Viertel<br />

der deutschen CO 2<br />

-Reduktionen erzielt. Stecken in unserem<br />

Abfall so viele Treibhausgase?<br />

Eric Mendel: In der Tat. Aktuelle Studien zeigen, dass es<br />

deutlich energie- und ressourcenschonender und damit<br />

klimafreundlicher ist, Recyclingmaterialien im Produktionsprozess<br />

einzusetzen, als Primärmaterialien zu nutzen. Allein<br />

wir als ALBA Group konnten durch die Wiederaufbereitung<br />

von über sieben Millionen Tonnen Wertstoffen im Jahr<br />

2<strong>01</strong>2 rund 7,1 Millionen Tonnen CO 2<br />

-Äquivalente einsparen<br />

– das entspricht immerhin knapp einem Prozent des<br />

gesamtdeutschen CO 2<br />

-Fußabdrucks. Gleichzeitig konnten wir<br />

über 41 Millionen Tonnen Primärressourcen einsparen. Den<br />

Klimaschutzeffekt lassen wir bereits seit mehreren Jahren<br />

von Fraunhofer UMSICHT analysieren. Im vergangenen Jahr<br />

haben wir die Untersuchung auf die in der Natur verbleibenden<br />

Rohstoffe ausgeweitet, die sogenannten abiotischen<br />

Rohstoffe. Das Ergebnis zeigt, dass Recycling messbar dazu<br />

beiträgt, die Industrie in erheblichem Maße unabhängiger<br />

von Primärrohstoffen zu machen. Und: Eine nachhaltige<br />

Bewirtschaftung unseres Lebensraumes ist möglich, wenn<br />

wir Produkt-, Logistik- und Materialkreisläufe schließen.<br />

Die Deutschen sind Weltmeister im Abfalltrennen. Trotzdem<br />

herrscht oft Unklarheit darüber, was dann mit unserem Abfall<br />

passiert. Ist die Branche intransparent oder kompliziert?<br />

Im Gegenteil. Wir dokumentieren Recyclingmengen und<br />

-wege detailliert. Bei Verpackungsabfällen aus dem Gelben<br />

Sack schreibt das sogar der Gesetzgeber vor. Das ist vielleicht<br />

in der breiten Öffentlichkeit nicht so bekannt, obwohl die<br />

Medien heute schon gute Aufklärungsarbeit leisten. Es gibt<br />

zum Beispiel im Fernsehen immer häufiger Sendungen, die<br />

sich mit dem gesamten Recyclingprozess beschäftigen und<br />

so vermitteln, welche Wertstoffe im Müll stecken. Auch beim<br />

Konsumverhalten registrieren wir einen Paradigmenwechsel.<br />

Immer mehr Menschen beziehen die Recyclingfähigkeit von<br />

<strong>Produkte</strong>n in ihre Kaufentscheidung ein oder greifen direkt<br />

zu Recyclingprodukten.<br />

Sie werben explizit mit <strong>Nachhaltig</strong>keit. Wie viel Überzeugungs-<br />

und Aufklärungsaufwand betreiben Sie bei neuen<br />

Geschäftsbeziehungen?<br />

Wir gehen an jede Geschäftsbeziehung mit dem Anspruch<br />

heran, den Kunden, sein Geschäftsmodell und seine Wertschöpfungskette<br />

genau zu verstehen. So können wir unsere<br />

Leistungen am Bedarf des Unternehmens ausrichten, immer<br />

mit dem Ziel, Verbesserungspotenziale zu heben und<br />

ökonomisch wie ökologisch einen Mehrwert zu schaffen.<br />

Ein Beispiel hierfür ist das Ver- und Entsorgungszentrum<br />

am Potsdamer Platz in Berlin. Mit einer Gesamtgrundfläche<br />

von 4.500 Quadratmetern und fünf Kilometern Versorgungswegen<br />

gewährleisten wir, dass die dort ansässigen<br />

Unternehmen, Hotels und Büros effizient versorgt und ihre<br />

Abfälle unauffällig, verursachergerecht und umweltschonend<br />

entsorgt werden.<br />

Wo hat Ihre Branche bei <strong>Nachhaltig</strong>keit noch immer die<br />

größten Schwierigkeiten in der Umsetzung?<br />

Ein nachhaltiges Stoffstrom- und Ressourcenmanagement<br />

muss ganzheitlich sein und die gesamte Wertschöpfungskette<br />

betrachten. Das erfordert einen hohen Kooperations- und<br />

Abstimmungsaufwand zwischen Vorlieferanten, Herstellern<br />

und Handel. Die Erfahrung mit unseren Kunden, und das gilt<br />

branchenübergreifend, zeigt, dass erst langsam das Bewusstsein<br />

dafür wächst, dass einmal genutzte Materialien wieder<br />

zurück in den Produktionsprozess fließen können. Angefangen<br />

vom Marketing- und Produktmanager über Logistiker<br />

und Werksleiter bis zum Meister an der Spritzgussmaschine<br />

müssen wir alle für die Idee gewinnen, dass der Einsatz von<br />

Recyclingmaterial sinnvoll ist. Am überzeugendsten sind<br />

die Materialien selbst: Wenn sie testweise an der Maschine<br />

problemlos laufen und auch für anspruchsvolle Aufgaben<br />

stabil genug sind, lösen sich die Vorurteile in Luft auf. Das<br />

ist etwas zeitaufwendig, aber wenn es einmal läuft, haben<br />

wir es mit einem ebenso eingeschliffenen Prozess zu tun wie<br />

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99


THEMEN | ENTSCHEIDER IM GESPRÄCH |<br />

beim Einsatz von Primärware. Unser Kunde Curver ist ein<br />

gutes Beispiel dafür. Die Teams von Curver sind so überzeugt<br />

von Recyclingmaterialien, dass sie eine eigene Produktlinie<br />

„Ecolife“ entwickelt und erfolgreich am Markt etabliert<br />

haben, die sie aus unserem Kunststoffgranulat herstellen.<br />

Diese Designlinie wurde sogar mit dem „Best Recycled Endconsumer<br />

Product 2<strong>01</strong>2“-Preis ausgezeichnet.<br />

Aber schwächt solche freiwillige Verantwortungsübernahme<br />

nicht die eigene Wettbewerbsfähigkeit?<br />

Wenn wir einmal das Pathos in der <strong>Nachhaltig</strong>keitsdebatte<br />

beiseite lassen, sprechen in erster Linie harte wirtschaftliche<br />

Gründe für eine umfassende Wiederverwendung von<br />

<strong>Produkte</strong>n und Wiederverwertung von Materialien. Beispiel<br />

Kunststoffrecycling: Wir sind heute in der Lage, unterschiedlichste<br />

Kunststoffarten aus dem Gelben Sack zu trennen und<br />

die entstehenden Sekundärrohstoffe über ein spezielles Aufbereitungsverfahren<br />

– wir nennen es recycled-resource – zu<br />

einem 100-prozentigen Neuwarensubstitut zu verarbeiten.<br />

Der Recyclingkunststoff mit dem Markennamen Procyclen<br />

ist weniger preissensibel, weil nicht vom Erdölpreis abhängig<br />

und zugleich langfristig verfügbar. Und der Einsatz von<br />

Procyclen in der Produktion spart entlang des gesamten<br />

Gewinnungsprozesses sehr viel Energie- und Logistikkosten<br />

und damit Treibhausgase ein.<br />

Ein Tag Gesetzgeber sein. Was würden Sie ändern oder<br />

einführen, um die Verbreitung der <strong>Nachhaltig</strong>keit in Ihrer<br />

Branche zu erleichtern?<br />

Man sollte die Produktverantwortung der Hersteller mehr in<br />

Richtung Kreislaufführung entwickeln. Wenn es nach mir ginge,<br />

würden wir die stoffliche Verwertung von Abfällen noch<br />

stärker als die energetische Verwertung fördern. Gleichzeitig<br />

würde ich die Recyclingquoten erhöhen und den Anteil von<br />

Recyclingmaterial in der Produktion steigern. Aber ich bin<br />

kein Freund von Überregulierung. Ich würde vielmehr Anreize<br />

und Impulse für die Wirtschaft schaffen, um den bereits<br />

laufenden Umdenkprozess zu forcieren. Denkbar wäre, dass<br />

die Hersteller eigene Sammelsysteme bei ihren Händlern<br />

installieren, die gesammelten <strong>Produkte</strong> oder Verpackungen<br />

in enger Kooperation mit Verwertungsspezialisten aufbereiten<br />

und so die Sekundärrohstoffe am Ende wieder in ihren<br />

Produktionsprozess zurückführen. Dann könnte die Industrie<br />

tatsächlich Einfluss darauf nehmen, dass die Stoffströme<br />

dorthin gehen, wo die Hersteller ihre Rohstoffe beschaffen.<br />

Welche Kooperationen – mit Unternehmen, NGOs oder<br />

Politik – waren besonders hilfreich für Ihr auf Langfristigkeit<br />

angelegtes <strong>Wirtschaften</strong>?<br />

Die Kooperationen mit unseren Kunden. Ein herausragendes<br />

Beispiel ist die REWE Group. Von der Verpackungsrücknahme<br />

über die Filialentsorgung bis zur Entwicklung neuer <strong>Produkte</strong><br />

aus Recyclingmaterial haben wir unsere Zusammenarbeit<br />

immer weiter intensiviert und zu einer echten Wertschöpfungspartnerschaft<br />

ausgebaut. Bei ALDI Süd haben wir die<br />

Einweg-Kartonage für Obst und Gemüse durch eine ebenso<br />

effiziente wie umweltfreundliche Mehrwegtransportlogistik<br />

ersetzt. Solche Leuchtturmprojekte besitzen eine starke<br />

Strahlkraft für die gesamte Branche am Standort Deutschland.<br />

Eric Mendel privat: Wie setzen Sie <strong>Nachhaltig</strong>keit um?<br />

Ich treibe viel Sport, koche und esse gesund und versuche,<br />

meinen Kindern Werte zu vermitteln. Ich finde es wichtig,<br />

dass sie bewusst mit ihrem Spielzeug umgehen, es nicht<br />

gleich wegwerfen, sondern an andere weitergeben. Natürlich<br />

wissen unsere Kinder, wie man Müll trennt, nicht nur zu<br />

Hause, sondern auch, wie es in einer Anlage funktioniert.<br />

Sie haben Spaß daran, und ich glaube, dass wir noch viel<br />

mehr tun müssen, um die nachwachsende Generation an<br />

einen bewussten Umgang mit unseren Ressourcen heranzuführen.<br />

Kongress<br />

Burnout und Resilienz<br />

Bewusstseinskompetenz für Wirtschaft und Gesellschaft<br />

22. bis 25. Mai 2<strong>01</strong>4<br />

Bad Kissingen, Regentenbau und Heiligenfeld Kliniken<br />

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Diskutieren Sie mit Top-Referenten wie Eugen Drewermann, Pater Anselm Grün, Joachim Galuska, Werner<br />

Tiki Küstenmacher, Niko Paech, Karlheinz Ruckriedel, Friedrich Wilhelm Schwartz, Sylvia Kéré Wellensiek uvm.<br />

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Papier GmbH.


| ENTSCHEIDER IM GESPRÄCH | THEMEN<br />

999 Zeichen für die Zukunft<br />

des Klimas<br />

<strong>forum</strong> fragte Entscheider aus der Wirtschaft, was<br />

ihre Branche zum Klimaschutz beitragen kann.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit zu Ende gedacht: „the blue way“<br />

Immobilien prägen unsere Lebensräume auf lange Zeit. Dabei wird es immer wichtiger, mit Ressourcen schonend<br />

umzugehen und regenerative Energien einzusetzen. Wir verstehen unter <strong>Nachhaltig</strong>keit wesentlich mehr als reine<br />

Energieeinsparmaßnahmen. Um sich langfristig durchzusetzen, müssen die Spannungsfelder Funktionalität und Gestaltung,<br />

Prozessorientierung und Wohlbefinden, Technik und Gesundheit und vor allem Ökonomie und Ökologie<br />

auf hohem Niveau in Einklang gebracht werden. Dieser so genannte „blue way“ beinhaltet auch die Optimierung<br />

der Lebenszykluskosten, beispielsweise mittels effizienten Gebäudebetriebs. Generell gilt es, neben den erforderlichen<br />

Energieeinsparmaßnahmen die Notwendigkeit zur Ressourcenschonung von baulichen Rohstoffen wieder in<br />

den Blick zu nehmen. Diese nach Abriss des Gebäudes neu einzusetzen, ist sowohl umweltfreundlich ressourcenschonend,<br />

als auch langfristig wirtschaftlich: Der Wert von Kupfer beispielsweise steigt weiter an.<br />

Peter Tzeschlock, Vorstandsvorsitzender der Drees & Sommer AG<br />

Bilanzierungssoftware hilft Klimaschutz aktiv zu gestalten<br />

Die Auswirkungen des Klimawandels sind bedrohlich. Politik und Wirtschaft, aber auch sämtliche Privatpersonen<br />

sind dazu aufgerufen, konkrete Maßnahmen zum Schutz des Klimas zu treffen. Allerdings wirkt diese Forderung<br />

selten beflügelnd auf die entsprechenden Akteure, sondern wird eher als notwendiges Übel betrachtet, das hohe<br />

Aufwände und Zusatzkosten verursacht. Es geht aber auch anders! Die Firma ECOSPEED widmet sich voll und ganz<br />

dem Klimaschutz und hat sich zum Ziel gesetzt, den weltweiten Energieverbrauch und CO 2<br />

-Ausstoß nachhaltig zu<br />

reduzieren. Wir helfen Behörden, Unternehmen und Privatpersonen, mit einzigartigen Softwarelösungen schnell<br />

und kostengünstig eine Klimabilanz zu erstellen und sich über die eigenen Auswirkungen auf das Klima bewusst zu<br />

werden. Mit gezielten Maßnahmenvorschlägen unterstützen wir sie dabei, sich für kommende Herausforderungen<br />

zu wappnen sowie am Markt nachhaltig erfolgreich zu agieren. Deshalb können wir guten Gewissens sagen, dass<br />

das größte Risiko beim Klimaschutz darin besteht, nichts zu tun, Chancen zu verpassen und anderen die Zukunft zu<br />

überlassen.<br />

Fotos (v.o.n.u.): © Drees & Sommer AG | © ECOSPEED AG| © Metalle pro Klima<br />

Christoph Hartmann, Geschäftsleiter ECOSPEED AG<br />

Eine innovationsstarke Industrie<br />

Viele Innovationen, die für den Klimaschutz wirken, basieren auf Nichteisenmetallen: vom Kupfer-Stecker für Elektroautos<br />

über Aluminium-Karosserien und Alu- oder Magnesium-Motorblöcke im Automobilbau, korrosionsfest verzinkten<br />

Baumaterialien und Lithium-Ionen-Akkus bis hin zu recycelten Blei-Starterbatterien. Windräder, Solar zellen,<br />

Kraftwerke, Energiespeicher und Elektromobile funktionieren dank energieintensiv erzeugter Grund- und Werkstoffe.<br />

Die Initiative Metalle pro Klima zeigt, was wir schon jetzt für Klimaschutz, Energie- und Ressourcen effizienz<br />

leisten. Die Industrie ist die Herz-Kreislaufmaschine Deutschlands. Sie sichert Arbeitsplätze, trägt zum gelungenen<br />

Umbau der Energieinfrastruktur bei und erschließt neue Märkte, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des<br />

Landes zu wahren. Infrastruktur wird im 21. Jahrhundert zur Gemeinschaftsaufgabe von Politik, Wirtschaft und<br />

Gesellschaft. Die NE-Metallindustrie hat mit ihren geschlossenen Materialkreisläufen und ihrer Materialkompetenz<br />

eine Schlüsselfunktion für die Infrastruktur.<br />

Oliver Bell, Präsident WirtschaftsVereinigung Metalle, Vorsitzender Metalle pro Klima<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

1<strong>01</strong>


THEMEN | BERICHTERSTATTUNG & KOMMUNIKATION |<br />

Wie WERTvoll ist meine Marke?<br />

„Marketing funktioniert nicht mehr“, provoziert ausgerechnet Marketing-Papst<br />

Philip Kotler. Er will sagen: Kunden setzen immer weniger auf „schneller, billiger,<br />

bunter“, sondern auf die Glaubwürdigkeit von Marken und Unternehmen.<br />

Von Dennis Lotter und Jerome Braun<br />

Marketing-Verantwortliche stehen vor neuen Herausforderungen,<br />

die wir in unserer Beitrags-Reihe zum Integritätsmarketing<br />

näher beleuchten möchten. Wir wollen Werkzeuge<br />

und Tipps für die verantwortungsvolle und glaubhafte Gestaltung<br />

von Produkt- oder Unternehmensmarken an die<br />

Hand geben und erfolgreiche Beispiele aus der Unternehmenspraxis<br />

beleuchten.<br />

Was ist Integritätsmarketing überhaupt?<br />

Wir verstehen Integritätsmarketing als eine Form der marktorientierten<br />

Unternehmensführung, die sich nicht mehr<br />

allein auf die Kunden, sondern auf die Erfüllung der Erwartungen<br />

aller relevanten Anspruchsgruppen ausrichtet. Es<br />

gilt, eine einzigartige Markenpersönlichkeit zu entwickeln,<br />

die diesen Ansprüchen gerecht wird und gleichzeitig ein<br />

begeisterndes Markenerlebnis für Kunden, Mitarbeiter, Partner<br />

und gesellschaftliche Gruppen schafft. Die klassischen<br />

Handlungsfelder des Marketings betrachten wir dabei aus<br />

dem Blickwinkel aller Anspruchsgruppen und erweitern sie.<br />

„Findet unser neues Produkt genügend Abnehmer?“ ist<br />

längst nicht mehr die einzige Frage, die sich Marketingstrategen<br />

stellen. Vielmehr berücksichtigen sie zunehmend<br />

auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen entlang<br />

des kompletten Produktlebenszyklus vom Rohstoff bis hin<br />

zu Verbrauch und Wiederverwertung.<br />

Verbraucher zu nachhaltigem Konsum motivieren<br />

Henkel bewertet bereits während der <strong>Produkte</strong>ntwicklung,<br />

in welcher Phase des Produktlebenswegs welche Umweltauswirkungen<br />

in welchem Ausmaß anfallen. Bei Waschund<br />

Spülmitteln liegt der Hauptenergiebedarf in der Anwendungsphase.<br />

Darum will Henkel das Bewusstsein für<br />

nachhaltigen Konsum bei seinen Kunden fördern. Der Persil<br />

Waschkosten-Rechner zeigt dem Verbraucher sein Sparpotenzial,<br />

wenn ausschließlich bei 30° C gewaschen würde.<br />

Zudem will Henkel nicht bedingungslos den reinen Absatz<br />

in den Vordergrund stellen, sondern den Verbrauchern<br />

klar kommunizieren, dass meist eine geringere Menge an<br />

Waschmittel genügt, als man üblicherweise einsetzt. Denn<br />

die Preispolitik im Integritätsmarketing berücksichtigt nicht<br />

nur die unternehmenseigenen Kosten, sondern die Kosten,<br />

die für alle relevanten Anspruchsgruppen bei Produktherstellung<br />

und -verwendung entstehen.<br />

Austausch auf Augenhöhe statt Werbespots<br />

Die Distribution sollte die ressourceneffiziente Gestaltung<br />

von Transport und Logistik der <strong>Produkte</strong> auf die Agenda<br />

setzen. Ebenso spielt jedoch der faire Umgang mit den<br />

Mitarbeitern in diesen Unternehmensbereichen eine Rolle.<br />

Das Familienunternehmen Habermaaß GmbH (u.a. HABA,<br />

JAKO-O) stellt z.B. seinen LKW-Fahrern am eher dezentral<br />

gelegenen Standort Bad Rodach eigens eingerichtete Sanitäranlagen<br />

mit Duschmöglichkeit kostenlos zur Verfügung – 365<br />

Tage pro Jahr, 24 Stunden am Tag.<br />

Die Zeiten, in denen Werbespots und -anzeigen genügten, um<br />

Sympathie und Vertrauen zu wecken, gehören längst der Vergangenheit<br />

an. Statt einseitiger Werbeversprechen suchen<br />

die Verbraucher den Austausch auf Augenhöhe. Hessnatur<br />

kam diesem Bedürfnis mit einer außergewöhnlichen Kampagne<br />

nach. In einem Social Media Contest lud der Hersteller<br />

von Naturtextilien Kunden ein, als „hessnatur Botschafter“<br />

weltweit zu Lieferanten und Produktionsbetrieben zu reisen<br />

und damit alle Arbeitsschritte bis hin zum fertigen Kleidungsstück<br />

hautnah mitzuerleben. Die klare Markenbotschaft: Ein<br />

Unternehmen wie hessnatur kann es sich erlauben, Kunden<br />

als Botschafter zu Lieferanten vor Ort zu schicken.<br />

Die 7 Ps des Integritätsmarketing<br />

Mit der Erweiterung des Blickwinkels im Integritätsmarketing<br />

um relevante Anspruchsgruppen geht eine inhaltliche<br />

102 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| BERICHTERSTATTUNG & KOMMUNIKATION | THEMEN<br />

Markenerlebnis mit allen Sinnen: Der Textilhersteller hess natur hat<br />

Kunden wie Katharina Albert als „Botschafter“ die Produktionsstätten<br />

in Peru besichtigen lassen. Auf der Alpaka-Farm fühlte sie sich sichtlich<br />

wohl und beschrieb ihre Erlebnisse im Blog des Unternehmens.<br />

Faire Lieferkette? Glaubwürdigkeit spielt in der Markenkommunikation<br />

eine wichtige Rolle. Die hess natur-Kundinnen konnten sich von<br />

der nachhaltigen Wolltextil-Produktion in Peru durch eine Führung<br />

von Standortbetreuer Matthias Hess (im Vordergrund) selbst überzeugen.<br />

Fotos: © hess natur<br />

Erweiterung der klassischen 4 Ps – Product, Price, Place und<br />

Promotion – um weitere 3 Ps einher. Es handelt sich dabei um<br />

die Handlungsfelder Process, People und Physical Presence.<br />

Ebenso wie sich das klassische Marketing weg von einer<br />

Abteilungslösung hin zu einer unternehmensweiten<br />

Denkhaltung im Sinne der Kunden entwickelt hat, verlangt<br />

auch das Integritätsmarketing eine ganzheitliche, unternehmensweite<br />

Verankerung. Fragen nach der Beschaffung<br />

biologisch angebauter Rohstoffe oder nach möglichst<br />

energieeffizienter Produktion betreffen nicht alleine die<br />

Marketingabteilung. Deshalb muss man Absprachen treffen<br />

sowie Verantwortlichkeiten und Prozesse genau definieren.<br />

Im Idealfall geschieht das mit Hilfe eines integrierten<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagementsystems wie es zum Beispiel<br />

der Versandhändler für nachhaltige Büroartikel memo AG<br />

einsetzt.<br />

Mitarbeiter als Botschafter der Marke<br />

Ebenso relevant ist die Verankerung in der Unternehmenskultur,<br />

sprich: in den Köpfen und Herzen der Menschen, die<br />

für und mit der Marke arbeiten. Mitarbeiter, die sich mit den<br />

<strong>Produkte</strong>n und den Werten des Unternehmens identifizieren<br />

und ihrer Arbeit mit Freude und Motivation nachgehen, sind<br />

die besten Markenbotschafter. Eine Anekdote aus dem Hause<br />

Porsche berichtet von Unternehmensberatern, die bei dem<br />

schwäbischen Autobauer an einem wackelnden Stehtisch auf<br />

einen Termin warteten. Darum baten sie einen Mitarbeiter<br />

um einen Bierdeckel. Dieser rückte mit einem Schraubenschlüssel<br />

an und justierte den Tisch aufs Genauste mit der<br />

Aussage „Wir bei Porsche arbeiten nicht mit Bierdeckeln“.<br />

Eine hohe Qualität der <strong>Produkte</strong>, aber ebenso ein hoher<br />

Wohlfühlfaktor am Arbeitsplatz sind zentrale Treiber für die<br />

Mitarbeiteridentifikation.<br />

Markenwerte sicht- und greifbar machen<br />

Um die Marke zum Erlebnis zu machen, eignet sich auch<br />

das Handlungsfeld „Physical Presence“ der 7 Ps. Die Gegenstände<br />

oder Räumlichkeiten des Unternehmens „berühren“<br />

die Anspruchsgruppen mit allen Sinnen. Wie sind die<br />

Arbeitsplätze für die Mitarbeiter ausgestattet? Finden sich<br />

zentrale Markenwerte wie ökologische Verantwortung in<br />

der Gestaltung der Filialen und Firmengebäude wieder? Der<br />

Schwarzwälder Maschinenbauer Schmalz, Hidden Champion<br />

für Vakuum-Technologie, hat einen eigenen Öko-Lehrpfad an<br />

ihrem Stammsitz eingerichtet, um die Umweltschutzmaßnahmen<br />

für Anspruchsgruppen greifbar zu machen. Auf der<br />

kostenlosen Tour, die von Mitarbeitern geführt wird, können<br />

die Teilnehmer die Umweltschutzmaßnahmen hautnah erleben<br />

und erhalten anhand von Modellen und Infotafeln mehr<br />

Hintergrundinformationen zu Themen wie Solarenergie und<br />

Wärmerückgewinnung.<br />

Im Marketing der Zukunft geht es nicht mehr nur um bunte<br />

Bilder und griffige Claims, sondern darum, die innersten<br />

Überzeugungen und Werte des Unternehmens im Umgang<br />

mit allen Anspruchsgruppen sichtbar zu machen. Mit welchen<br />

Instrumenten und Methoden dies im Tagesgeschäft<br />

gelingen kann, erklären wir in den Folgebeiträgen zu jedem<br />

der sieben Handlungsfelder des Integritätsmarketing anhand<br />

von Best Practice-Beispielen und Interviews mit Fachexperten<br />

und Praktikern.<br />

DR. DENNIS LOTTER und JEROME BRAUN<br />

begleiten mit ihrer Agentur Benefit Identity Unternehmen und<br />

Organisationen seit mehr als zehn Jahren bei der Gestaltung ihrer<br />

Markenintegrität durch eine verantwortliche Betriebsführung.<br />

Darüber hinaus sind sie gefragte Fachautoren und Vortragsredner.<br />

www.benefitidentity.com<br />

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103


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Germany 2<strong>01</strong>3<br />

Herzlichen Glückwunsch<br />

den GREEN BRANDS<br />

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104 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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Das erste, zweijährige Auszeichnungsverfahren<br />

der GREEN BRANDS Germany<br />

fand am 27. November 2<strong>01</strong>3 seinen<br />

feierlichen Abschluss. Im Rahmen der<br />

Festveranstaltung wurde neben 36 ausgezeichneten<br />

Marken auch Dr. Franz Alt<br />

als GREEN BRAND Germany 2<strong>01</strong>3 Persönlichkeit<br />

geehrt.<br />

Das Scandic Berlin Potsdamer Platz – selbst<br />

ausgezeichnete GREEN BRAND - war Schauplatz<br />

der ersten Abschlussfeier für die<br />

GREEN BRANDS Germany.<br />

Norbert Lux, COO der internationalen Organisation,<br />

überreichte zusammen mit Dr.<br />

Friedrich Hinterberger, dem Präsidenten<br />

des internationalen, wissenschaftlichen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsinstituts SERI (Wien) über<br />

30 Unternehmensvertretern das Zertifikat<br />

bzw. die GREEN BRANDS Trophy in Form<br />

einer geprägten Baumscheibe.<br />

Fritz Lietsch, Herausgeber von <strong>forum</strong>, führte<br />

als Moderator durch das Abendprogramm.<br />

Zudem gehört er der zehn-köpfigen Jury an.<br />

Mit seiner Laudatio konnte Fritz Lietsch auch<br />

die GREEN BRAND Germany Persönlichkeit<br />

2<strong>01</strong>3 würdigen: Dr. Franz Alt bekam die Auszeichnung<br />

für sein Lebenswerk überreicht.<br />

Bekannt für flammend heiße Reden für die Energiewende und eiskalte Antarktis-Recherchen: Der<br />

Journalist Dr. Franz Alt freut sich über die Auszeichnung als GREEN BRAND Germany Persönlichkeit.<br />

Fotos: oben: © Bigi Alt | unten: © Green Brands<br />

In Vertretung von Prof. Dr. Maximilian Gege,<br />

dem Vorstandsvorsitzenden des B.A.U.M.<br />

e.V., überbrachte er auch das Grußwort des<br />

Vereins und würdigte dabei die Leistungen<br />

aller ausgezeichneten Marken. „Mit GREEN<br />

BRANDS wurde ein wichtiges und einzigartiges<br />

Zertifikat geschaffen, das Unternehmen<br />

ermöglicht, ihre ‚grünen Marken‘ öffentlich<br />

zu präsentieren, dadurch ihre Absätze zu<br />

steigern und gleichzeitig einen wertvollen<br />

Beitrag zum Wandel hin zu einer nachhaltigen<br />

Gesellschaft zu leisten. Darum unterstützt<br />

der Bundesdeutsche Arbeitskreis für<br />

Umweltbewusstes Management dieses<br />

Engagement und die Publikation nach besten<br />

Kräften“.<br />

„Ich freue mich“, so Norbert Lux, der Initiator<br />

von GREEN BRANDS, dass sich das<br />

Verfahren nun – nach Österreich – auch in<br />

<strong>forum</strong>-Herausgeber Fritz Lietsch moderierte die<br />

feierliche Auszeichnung der Green Brands 2<strong>01</strong>3.<br />

Deutschland etabliert hat und von vielen<br />

Firmenvertretern höchste Anerkennung<br />

erhält. Gerade begann in Österreich das<br />

zweite Verfahren. In Deutschland startet<br />

im Frühjahr 2<strong>01</strong>4 eine neue Nominierungsrunde<br />

für das nächste Verfahren. Weitere<br />

europäische Länder werden folgen.<br />

KONTAKT<br />

GREEN BRANDS ORGANISATION LIMITED<br />

Unit 38, Tudor Close<br />

Ashbourne, County Meath, Ireland<br />

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105


THEMEN | BILDUNG |<br />

Miteinander lernen<br />

Sollen Unternehmen die Erde retten? Oder muss man viel früher ansetzen – bei<br />

den Bildungseinrichtungen? Am besten, beide kooperieren in der gegenwärtigen<br />

UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2<strong>01</strong>4).<br />

Von Gabriele Mante<br />

Bei der UN-Dekade geht es vor allem darum, die Denkstile<br />

und die konkreten Lebensweisen der Menschen zu beeinflussen,<br />

möglichst viele mit dem Gedanken der <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

vertraut zu machen und sie durch Wissensangebote und<br />

Öffentlichkeitsarbeit zum Handeln zu bewegen.<br />

194 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben sich<br />

verpflichtet, das Bildungskonzept zur <strong>Nachhaltig</strong>keit in allen<br />

Bereichen ihres Bildungswesens zu verankern. Die deutschen<br />

Können wir etwas bewirken?<br />

Es ist schwierig zu beurteilen, ob wir den Status quo unserer<br />

gegenwärtigen ökologischen und sozialen Situation<br />

deutlich verbessern oder lediglich anhalten können, so<br />

dass es nicht zu weiteren Verschlechterungen kommt.<br />

Was wir jedoch ohne Zweifel vorantreiben und verbreiten<br />

können, ist das Wissen um den Zustand unserer Umwelt<br />

und Gesellschaft und um alternative Wege, das Handeln<br />

erst ermöglicht.<br />

Unternehmerisches Bildungsengagement<br />

fördert die Kunden- und Mitarbeiterbindung.<br />

Aktivitäten zur UN-Dekade werden von der Deutschen UN-<br />

ESCO-Kommission koordiniert und vom Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung gefördert. Akteure aus Politik,<br />

Zivilgesellschaft und Wirtschaft arbeiten in Deutschland<br />

gemeinsam daran, dieses Konzept im Bildungssystem zu<br />

verankern und bekannt zu machen.<br />

Im Februar 2<strong>01</strong>2 richtete die Deutsche UNESCO-Kommission<br />

den internationalen Workshop „Horizont 2<strong>01</strong>5“ aus. Darin<br />

forderten 50 Experten aus fünf Kontinenten die Vereinten<br />

Nationen auf, die Fortsetzung der Initiative über 2<strong>01</strong>4 hinaus<br />

sicherzustellen und bald eine Resolution zu verabschieden.<br />

Wie Roland Becker, Generalsekretär der Deutschen UNES-<br />

CO-Kommission und Gerhard de Haan, Vorsitzender des<br />

Nationalkomitees der UN-Dekade, betonen, können trotz<br />

der großen Erfolge nicht alle Ziele bis 2<strong>01</strong>4 erreicht werden.<br />

Deshalb könne die gegenwärtige UN-Dekade nur der Auftakt<br />

zu einer lang angelegten Strategie sein.<br />

In diesem Sinne hat die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“ (2005-2<strong>01</strong>4) bereits jetzt zu messbaren Erfolgen<br />

geführt. Allein in Deutschland wurden 1.500 Initiativen<br />

als Projekte dieser Dekade ausgezeichnet. Über die Auszeichnung<br />

der Bildungsprojekte entscheidet eine Experten-Jury.<br />

Bedingung ist, dass sie auf herausragende Weise Wissen und<br />

Kompetenzen aus den <strong>Nachhaltig</strong>keitsdimensionen Wirtschaft,<br />

Soziales und Umwelt vermitteln. Zudem müssen sie<br />

einen innovativen Charakter haben, in die Breite wirken und<br />

Kooperationen mit anderen eingehen. Mit einer Urkunde,<br />

einer Fahne und dem Logo der UN-Dekade werden sie als<br />

offizielles Dekade-Projekt anerkannt. Der Titel wird für eine<br />

Dauer von zwei Jahren verliehen; danach können sich die<br />

Initiativen erneut bewerben. Auch Kommunen, Maßnahmen<br />

und Einzelbeiträge können ausgezeichnet werden.<br />

Ein Beispiel für ein UN-Dekade-Projekt ist das Berliner Internetportal<br />

RESET – For a Better World. Als Informations- und<br />

Aktionsplattform zu nachhaltigen Themen vermittelt sie<br />

106 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| BILDUNG | THEMEN<br />

Fotos: © Vikram Raghuvanshi - iStockphoto<br />

seit 2007 tagesaktuelle News zu ökologischen und humanitären<br />

Fragen und verknüpft diese mit Hintergründen und<br />

Informationen zu ausgewählten Projekten sowie direkten<br />

Handlungsmöglichkeiten. Die Plattform fördert außerdem<br />

den kommunikativen Austausch der User, stellt unterstützenswerte<br />

Projekte aus der ganzen Welt in einem virtuellen<br />

Spendenguide vor und gibt Tipps in allen Fragen eines nachhaltigen<br />

Lebensstils.<br />

Möglichkeiten für Unternehmen<br />

Mit dem Bewusstsein einer Corporate Social Responsibility<br />

sind die Unternehmen von heute bereits weit gekommen.<br />

Ein besonderes Feld ist jenes der UN-Dekade „Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung“, für das Unternehmen in vielfältiger<br />

Hinsicht maßgebliche Beiträge leisten können. So sind die<br />

Deutsche Bahn, die Deutsche Telekom und der Deutsche<br />

Sparkassen- und Giroverband aktive Mitglieder im Nationalkomitee<br />

der Dekade, welches Ansprechpartner, Projekte<br />

und Initiativen zusammenführt und eine Gesamtstrategie<br />

entwickelt.<br />

Der einfachste und schnellste Weg für eine aktive Beteiligung<br />

von Unternehmen ist es, eines der von der UN ausgezeichneten<br />

Projekte mit einem Sponsoring-Beitrag zu unterstützen.<br />

Die Homepage www.bne-portal.de gibt hierfür mit einer<br />

Datenbank eine Übersicht der ausgezeichneten Initiativen.<br />

Die zweite Möglichkeit führt über eine Zusammenarbeit von<br />

Bildungsprojekten und Unternehmen auf inhaltlicher Ebene.<br />

Dies eignet sich zudem gut für die Einbindung und Motivation<br />

der Kunden und/oder Mitarbeiter eines Unternehmens. So<br />

wurde im November 2<strong>01</strong>1 eine einzigartige Initiative des<br />

dm-drogerie markt mit dem Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis<br />

ausgezeichnet. Seit 2008 engagierte sich das Unternehmen<br />

in Kooperation mit der Deutschen UNESCO-Kommission<br />

mit dem Wettbewerb „Ideen Initiative Zukunft“ vorbildhaft.<br />

Hierfür hatten sich im Sommer 2<strong>01</strong>0 mehr als 4.500 <strong>Nachhaltig</strong>keitsprojekte<br />

beworben – vom ökologischen Schulgarten<br />

über Initiativen zum schonenden Umgang mit Ressourcen<br />

bis zur Schüler-GmbH für fair gehandelte <strong>Produkte</strong>. Anfang<br />

2<strong>01</strong>1 stimmten dann deutschlandweit 600.000 Kunden in<br />

dm-Märkten über die besten Ideen ab.<br />

Die Handelskette unterstützte mit dem Wettbewerb „Ideen<br />

Initiative Zukunft“ insgesamt 2.800 <strong>Nachhaltig</strong>keitsprojekte<br />

mit einer Fördersumme von mehr als 1,5 Millionen Euro.<br />

Ein weiteres Beispiel ist das von der UN-Dekade ausgezeichnete<br />

Projekt „Unternehmen Biosphärenreservat“ des<br />

Familienunternehmens Bionade, das Kindern, Jugendlichen<br />

und Erwachsenen die Wertschätzung und das Bewusstsein<br />

um das Miteinander von Mensch, Natur und Umwelt<br />

nahebringen möchte. Im bayerischen Biosphärenreservat<br />

Rhön gelegen, macht es in öffentlichen Bildungsangeboten<br />

Wissen über die Zusammenhänge von ökologischem,<br />

ökonomischem und sozialem Handeln konkret erfahrbar.<br />

Anhand von praktischen Beispielen wird vermittelt, wie die<br />

Wechselwirkungen und Zusammenhänge zwischen naturbelassenem<br />

Schutzgebiet und dem Einfluss des Menschen<br />

auf die Natur aussehen.<br />

Auch durch die Einstellung speziell geschulten Führungspersonals<br />

können Unternehmen die Ziele und Botschaften der<br />

UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in Unternehmen<br />

vermitteln. Die Absolventen spezieller Studiengänge<br />

– etwa des Studiengangs Sustainability Management<br />

der Leuphana-Universität Lüneburg – können Themen der<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit in jeder Hinsicht professionell kommunizieren<br />

und umsetzen.<br />

Der Erhalt unserer Umwelt und das Wohl unserer Gesellschaft<br />

unter dem Aspekt der <strong>Nachhaltig</strong>keit hängen davon ab,<br />

dass sich bei den Entscheidungsträgern unserer Unternehmen<br />

immer mehr das Selbstverständnis durchsetzt, das auch<br />

Bionade-Geschäftsführer Peter Kowalsky reflektierte: „Ich<br />

glaube, dass es möglich ist, mit Anstand Geld zu verdienen:<br />

Anstand gegenüber der Natur, der Umwelt, den Mitarbeitern<br />

und sich selbst.“<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

107


THEMEN | WACHSTUMSKRITIK |<br />

„Wir wachsen oder<br />

wir kollabieren“<br />

Ein System, das Wachstum um jeden Preis brauche, hat die Welt 2008 in die Wirtschaftskrise<br />

gestürzt. Wie sich der britische Ökonom Tim Jackson eine Welt ohne<br />

Wirtschaftswachstum vorstellt.<br />

Ein Interview von Joseph Gepp<br />

Tim Jackson ist ehemaliger<br />

Umweltberater der<br />

britischen Regierung<br />

und Professor für <strong>Nachhaltig</strong>e<br />

Entwicklung an<br />

der University of Surrey<br />

in England. Jackson<br />

studierte Mathematik,<br />

Philosophie und Physik.<br />

Sein Bestseller „Wohlstand<br />

ohne Wachstum“<br />

erschien 2009 und sorgte<br />

beim UN-Klimagipfel<br />

in Kopenhagen für Aufsehen.<br />

Herr Jackson, Ihrer Ansicht nach hat das<br />

Streben nach Wirtschaftswachstum zur<br />

Wirtschaftskrise seit 2008 geführt. Was hat<br />

die Krise mit dem Wachstum zu tun?<br />

Vordergründig lösten deregulierte Finanzmärkte<br />

die Krise aus. Aber wir müssen uns<br />

fragen, warum wir sie dereguliert haben. Die<br />

wichtigste Antwort lautet: um das Wachstum<br />

anzutreiben. Die Konsumenten sollten<br />

weiter Dinge kaufen, die Firmen expandieren.<br />

Deshalb sorgte man dafür, dass eine<br />

deregulierte Finanzindustrie massenhaft<br />

Kredite zur Verfügung stellt. Deshalb gab es<br />

so viel Liquidität, eine derartige Expansion<br />

der Verschuldung.<br />

Die Verschuldung sollte den Konsum am<br />

Laufen halten?<br />

Die Wirtschaft braucht den Konsum, sonst<br />

wird sie instabil. Steuereinnahmen sinken,<br />

die Staatsverschuldung steigt. All dies kann<br />

nur durch Wirtschaftswachstum verhindert<br />

werden. So ist das System: Wir wachsen oder<br />

wir kollabieren.<br />

In Ihrem Buch beschreiben Sie, dass der Wettbewerb<br />

die Wirtschaft insgesamt effizienter<br />

macht. Immer weniger Menschen können<br />

immer mehr produzieren. Im selben Ausmaß<br />

muss das System jedoch auch wachsen, sonst<br />

werden die Leute arbeitslos.<br />

Ja, und jetzt stößt das Modell an seine Grenzen.<br />

In Großbritannien werden wir voraussichtlich<br />

um das Jahr 2040 ein Nullwachstum<br />

erreichen. Uns bleibt nur die vage Hoffnung,<br />

dass alles weitergeht wie bisher: zwei bis drei<br />

Prozent BIP-Wachstum pro Jahr im Westen,<br />

fünf bis acht in den Entwicklungsländern.<br />

Aber das ist Selbsttäuschung.<br />

Es gibt genug Potenzial in Ländern wie China<br />

oder Indien. Kann sich das Wachstum nicht<br />

einfach verlagern?<br />

Man kann die Konsummuster des Westens<br />

nicht einfach auf die Schwellenländer<br />

übertragen, dafür fehlen dem Planeten die<br />

Ressourcen. Außerdem geht es am Wesentlichen<br />

vorbei, sich weiter auf Wachstum und<br />

Materialzuwachs zu richten. Die sozialen,<br />

altruistischen Teile unserer Persönlichkeit sind<br />

essenziell für unser Wohlbefinden, kommen<br />

aber in der Wachstumsgesellschaft unter die<br />

Räder. Wir müssen stattdessen überlegen,<br />

wie wir das System prinzipiell reformieren<br />

können.<br />

Wie denn?<br />

Wir brauchen einen Begriff von Wohlstand,<br />

dem die Wirtschaft dient: Sie soll Dienste<br />

zuliefern, die unsere Lebensqualität verbessern.<br />

Dies erreicht man nicht allein durch<br />

kurzfristige Investments, sondern auch durch<br />

solche, deren Gewinne auch sozialer und<br />

ökologischer Natur sind.<br />

Das klingt sehr allgemein. Wachstumskritiker<br />

wie Sie schlagen kürzere Arbeitszeiten<br />

oder Alternativen zum BIP vor. Auch das<br />

sind eher fragmentarische Maßnahmen.<br />

Warum gibt es keine große Theorie des<br />

Post-Wachstums?<br />

Wir stehen vor der Herausforderung, diese<br />

zu erarbeiten. Sie müsste die theoretischen<br />

Grundlagen für einen beschäftigungsintensiven<br />

Firmensektor, ein langfristiges Finanzierungssystem<br />

und eine Neuorganisation von<br />

Arbeit und Arbeitszeit schaffen. Dafür braucht<br />

man geeignete Institutionen und eine makroökonomische<br />

Funktionsweise. Trotzdem<br />

Lesen Sie weiter auf Seite 110<br />

Foto: © Tim Jackson (University of Surrey) CC-BY-SA-3.0<br />

108 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| WACHSTUMSKRITIK | THEMEN<br />

„Ohne Wachstum gibt es<br />

keinen Umweltschutz“<br />

Von den Thesen Tim Jackons hält er wenig und eine De-Globalisierung, wie sie<br />

Postwachstumsökonomen forderten, ist für Wirtschaftsethiker Karl Homann sogar<br />

„gefährlich“. Gerade um die Umwelt zu schützen, müsse man wachsen.<br />

Ein Interview von Anna Gauto<br />

Foto: © Roman Herzog Institut<br />

Karl Homann promovierte<br />

in Philosophie<br />

und in Volkswirtschaftslehre.<br />

1990 wurde er<br />

erster Professor in<br />

Deutschland für Wirtschafts-<br />

und Unternehmensethik.<br />

1999<br />

wurde er als Professor<br />

für „Philosophie unter<br />

besonderer Berücksichtigung<br />

der philosophischen<br />

und ethischen<br />

Grundlagen der Ökonomie“<br />

an die Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München berufen und<br />

2008 pensioniert. Er ist<br />

„Spiritus Rector“ und<br />

Stiftungsratsvorsitzender<br />

des Wittenberg-Zentrums<br />

für Globale Ethik.<br />

Der britische Ökonom Tim Jackson meint,<br />

dass es nur vordergründig deregulierte<br />

Finanzmärkte waren, die uns in die Wirtschaftskrise<br />

getrieben haben. Schuld sei<br />

unser Streben nach Wachstum. Hat er Recht?<br />

Nein. Es gibt mindestens ein Dutzend Ursachen<br />

für die Krise, wie die Geldpolitik der<br />

US-Notenbank, der Wunsch der Regierung<br />

Clinton, jedem sein Eigenheim zu ermöglichen,<br />

zu wenig an Regulierung, eine zu niedrige<br />

Eigenkapitalquote der Banken usw. Was<br />

Tim Jackson fordert, ließe sich wohl nur mit<br />

diktatorischen Maßnahmen, die dann auch<br />

noch global greifen müssten, durchsetzen.<br />

Wachstumskritiker würden argumentieren,<br />

dass die Ursachen, die Sie nennen, nur Symptome<br />

sind. Die Krankheit sei ein System, dass<br />

uns zwinge, zu wachsen und zu konsumieren.<br />

Wachstumskritiker wie Tim Jackson verwenden<br />

den Begriff Wachstum viel zu undifferenziert.<br />

Wissenschaftlich ist damit keineswegs<br />

nur materielles Wachstum gemeint. Denn<br />

alles, was einen Preis hat, geht in die Berechnung<br />

des Bruttoinlandsprodukts (BIP)<br />

ein und hat so Einfluss auf das Wachstum.<br />

Das sind also auch Gesundheitsleistungen,<br />

Bildungsinvestitionen oder Investitionen zur<br />

Schonung natürlicher Ressourcen. Natürlich<br />

verkraftet die Welt nicht, wenn China und<br />

Indien die gleiche Autodichte wie die USA<br />

oder Westeuropa erlangen, jedenfalls nicht<br />

mit dem Schadstoffausstoß vergangener<br />

Jahrzehnte. Aber gerade weil wir Emissionen<br />

reduzieren wollen, brauchen wir Wachstum.<br />

Außerdem lebt knapp eine Milliarde Menschen<br />

von weniger als einem Dollar pro Tag<br />

und hungert. Was soll ihnen denn anderes<br />

helfen als Wachstum? Wie soll man außer-<br />

dem ohne Wachstum die Staatsschulden<br />

begleichen?<br />

Ist das nicht ein Teufelskreis? Machen wir<br />

nicht immer neue Schulden, um einen mitunter<br />

verschwenderischen Lebensstandard<br />

zu finanzieren?<br />

Natürlich finanzieren wir Wachstum größtenteils<br />

über Kredite, also über Schulden. Werden<br />

diese Kredite für Investitionen verwendet, verbessern<br />

sich die Lebensverhältnisse der Menschen.<br />

Allerdings muss man die Erfolgsaussichten<br />

der Investitionsprojekte gründlich prüfen.<br />

Gründen die Kredite spekulativ auf steigenden<br />

Immobilienpreisen wie in den USA geschehen,<br />

entsteht eine Blase, die irgendwann platzt. Das<br />

ging auf die Finanzinstitute und die Weltwirtschaft<br />

über. Verstärkt hat sich die Finanzkrise,<br />

weil die Mindestreservepflicht der Banken<br />

umgangen wurde und Staatsschulden von der<br />

Mindestreservepflicht ganz ausgenommen<br />

waren. Der Staat musste sog. systemrelevante<br />

Banken mit hunderten Milliarden Euro retten,<br />

um noch größere Schäden für die Bürger in<br />

Form einer weltweiten Depression abzuwehren.<br />

Es sind haarsträubende Fehler gemacht<br />

worden. Doch was heißt verschwenderisch?<br />

Würden wir alle gemeinsam ab morgen auf<br />

alles verzichten, was nicht unbedingt zum<br />

Leben nötig ist, hätten wir bald ein Ausmaß<br />

an Arbeitslosigkeit, das sich niemand vorstellen<br />

kann.<br />

Aber wo kommt das Geld für neue Kredite<br />

her? Müssen Banken nicht immer mehr Geld<br />

drucken, was letztlich zu Inflation führt?<br />

Natürlich: Eine Vermehrung der Geldmenge<br />

führt langfristig zu Inflation. Allerdings kann<br />

sogar eine unkontrollierte Erhöhung der<br />

Lesen Sie weiter auf Seite XYZ<br />

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109


THEMEN | WACHSTUMSKRITIK |<br />

Immer weiter, immer höher. Glaubt man dem Ökonomen Tim Jackson, hat der Zwang zu wachsen, die Wirtschaftskrise ausgelöst. Dem widerspricht<br />

Wirtschaftsethiker Karl Homann (siehe S. 109) entschieden. Er hält viele Thesen der Wachstumskritiker für „gefährlichen Humbug“.<br />

sind Modelle immer nur so gut wie ihre dahinterliegenden<br />

Annahmen.<br />

Könnte das Zeitalter nach dem Wachstum auch einfach so<br />

beginnen, ohne Theorie?<br />

Ja, vielleicht. Regierungen werden schließlich gewählt, um<br />

Wohlstand zu schaffen. Langfristig werden sie nur solange<br />

auf Wachstum setzen, solange Wachstum auch Wohlstand<br />

hervorbringt.<br />

Um das Wachstum abzuschaffen, müssen Sie an eine Wurzel<br />

des Kapitalismus gehen: den Wettbewerb. Kann es Kapitalismus<br />

ohne Wachstum überhaupt geben?<br />

Begreift man Selbst- und Konkurrenzbezogenheit als die alleinige<br />

Basis des Kapitalismus, sprechen wir tatsächlich von<br />

seinem Ende. Aber die kapitalistische Realität ist nuancierter.<br />

Es gibt etwa den chinesischen und den schuldengetriebenen<br />

Kapitalismus sowie die sozialen Marktwirtschaften. Zwar<br />

steckt in diesen Formen durchaus das Element des Wettbewerbs.<br />

Aber man muss ja nicht alles gleich wegwerfen.<br />

Die beiden vielleicht friedlichsten Epochen der Weltgeschichte<br />

waren das 19. Jahrhundert und die Zeit nach<br />

1945. In beiden expandierten Handel und weltwirtschaftliche<br />

Verflechtung massiv. Wenn die Globalisierung zurückgeht<br />

– wie kann dann der Frieden bewahrt werden?<br />

In manchen Bereichen wird die Globalisierung in dieser neuen<br />

Vision des Wohlstands, wie ich sie hier skizziere, sicher<br />

zurückgehen – etwa in der Finanzwirtschaft. Aber diese Bereiche<br />

schaffen ja ihrerseits Instabilität. Es ist schon richtig,<br />

dass eine potenzielle Gefahr des Wandels die Entstehung isolierter<br />

Gemeinschaften möglicherweise feudalen Zuschnitts<br />

ist. Nur gibt es diese Gefahr auch jetzt schon – denken<br />

Sie nur an die horrende Jugendarbeitslosigkeit. Sollte das<br />

Wirtschaftssystem kollabieren, müssen wir sowieso zurück<br />

zu isolierten Gemeinschaften. Da ist es das kleinere Übel,<br />

vorher eine Struktur zu errichten, die den Crash vielleicht<br />

noch abwendet – etwa indem sie Arbeitslose auffängt und<br />

somit die Grundlage für Konflikte entschärft.<br />

Foto: © Andrea Damm - pixelio.de<br />

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| WACHSTUMSKRITIK | THEMEN<br />

Geldmenge durch die Banken kurzfristig durchaus Konjunktur-<br />

und Wachstumsimpulse geben. Grundsätzlich ist es<br />

auch möglich, dass die Banken nach Rückzahlung durch die<br />

Schuldner das geschöpfte Geld wieder zum Verschwinden<br />

bringen. Aber das tun sie nicht. Vielmehr nutzen sie den<br />

wiedergewonnenen Spielraum für neue Geldschöpfung. So<br />

kommt es mittel- bis langfristig zur Geldentwertung – sei<br />

es durch Inflation, sei es durch die partielle Enteignung der<br />

Sparer bei negativen Realzinsen wie gegenwärtig infolge<br />

der Geldflutung durch die Zentralbanken. Um Inflation zu<br />

vermeiden, müsste man die Geldschöpfung durch die Banken<br />

stärker kontrollieren.<br />

Wie das?<br />

Indem man die Mindestreservesätze erhöht und auch für<br />

Staatsanleihen Mindestreserven Pflicht werden. Außerdem<br />

kann man die Leitzinsen und damit die Schuldzinsen erhöhen<br />

und die faktische Bestandsgarantie für die „systemrelevanten“<br />

Banken zurücknehmen und für sie ein geregeltes<br />

Insolvenzverfahren einführen.<br />

Zurück zum Wachstum: Jackson sagt, „wir wachsen, oder<br />

wir kollabieren“.<br />

Eine schöne Floskel. Natürlich kollabieren wir, wenn wir stehen<br />

bleiben. Die Resonanz auf solche Thesen ist in meinen<br />

Augen ein Anzeichen für ein müde gewordenes Europa, das<br />

den Wettbewerbsdruck und den Wachstumsstress leid ist.<br />

In anderen Erdteilen sehen die Menschen das völlig anders.<br />

Denen einen Wachstumsstopp zu predigen, empfinden sie<br />

als Zynismus und Kulturimperialismus. Diese Menschen brauchen<br />

nachhaltiges Wachstum, um ein menschenwürdiges<br />

Leben führen zu können.<br />

Sie haben eben das Wort nachhaltig gebraucht. Was verstehen<br />

Sie unter Wachstum?<br />

Klassisch ist Wachstum nichts anderes als die Steigerung des<br />

BIP. Und gerade durch die Beseitigung von Umweltschäden<br />

und neue Umweltschutzmaßnahmen wachsen wir enorm.<br />

Der Umbau der Industrie hin zu erneuerbaren Energien,<br />

das alles schlägt sich in Wachstum nieder. All diese riesigen<br />

Überlandleitungen, die Elektroautos – das wäre ohne<br />

Wachstum gar nicht zu machen. Dass die archaische Form<br />

der Industrialisierung nicht mehr funktioniert, dämmert<br />

mittlerweile auch den Chinesen.<br />

Das BIP wächst aber auch, wenn etwa nach Kriegen Neuaufbau<br />

ansteht. Warum ist Wachstum des BIP ein guter<br />

Indikator?<br />

Kriege und Katastrophen sind das Gegenteil von Wachstum.<br />

Sie zerstören Wohlstand, auch wenn sie danach Wachstum<br />

wieder ankurbeln. Es gibt auch andere wichtige Indikatoren<br />

für Wohlstand, wie die durchschnittliche Lebenserwartung;<br />

manche Forscher nehmen die Körpergröße der Menschen<br />

als Indikator, weil sie davon ausgehen, dass gut ernährte<br />

Menschen größer werden. Auch mit Glück versucht man zu<br />

arbeiten. Das BIP pro Kopf ist allerdings immer noch der beste<br />

Indikator für den Wohlstand einer Gesellschaft, will man sich<br />

nur auf einen Indikator beschränken. Natürlich muss man<br />

sich fragen, wie man wachsen will. Wachstum geht auch mit<br />

Kokainanbau, mit Fracking, aber eben auch mit Erneuerbaren<br />

Energien. Wie eine Gesellschaft ihr Wachstum ankurbeln will,<br />

muss sie für sich entscheiden. Dann braucht es die entsprechenden<br />

Anreize, damit es in die richtige Richtung geht.<br />

Kritiker sagen, unendliches Wachstum könne auf einem<br />

Planeten mit endlichen Ressourcen nicht funktionieren.<br />

Wer mit globaler Ressourcenknappheit für einen Wachstumsstopp<br />

argumentiert, missachtet die Probleme, vor denen<br />

Milliarden Menschen in den nächsten 50 Jahren stehen.<br />

Natürlich können wir den Planeten nicht einfach ausbeuten,<br />

ohne die ökologischen Risiken im Blick zu haben. Modernes<br />

Wachstum läuft darauf hinaus, Ressourcen zu schonen.<br />

Gerade deshalb und um Wachstum nachhaltig zu machen,<br />

muss man wachsen.<br />

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?<br />

Nehmen Sie die Wiederverwertung: Wir werden irgendwann<br />

unsere alten Mülldeponien umgraben, weil wir die Werkstoffe<br />

darin benötigen.<br />

Der Arbeitslohn, die Maschinen, die neuen Technologien,<br />

die wir dafür brauchen, den Müll umzuschichten: Das ist<br />

Wachstum und dafür braucht man Wachstum. All das führt<br />

zu einer Steigerung des BIP. Gegen diese Art von Wachstum<br />

wird man doch nicht polemisieren können.<br />

Nein, aber dagegen, zu produzieren, nur um zu wachsen.<br />

Das geschieht nicht wegen des Wachstums, sondern um die<br />

Versorgung der Menschen sicherzustellen. Wachstum ist kein<br />

Selbstzweck. Wir werden die Millenniumsziele der Vereinten<br />

Nationen ohne Wachstum meilenweit verfehlen.<br />

Mit einer De-Globalisierung wie sie Niko Paech in seiner<br />

Postwachstumsökonomie fordert, braucht man Ihnen vermutlich<br />

nicht zu kommen.<br />

Ich halte die Idee einer De-Globalisierung für gefährlichen<br />

Humbug. Das erinnert an die Dependenztheorien aus dem<br />

1970er-Jahren, wo den sogenannten Entwicklungsländern<br />

die Abkopplung von den Industrieländern empfohlen<br />

wurde, ein Rückzug von den Märkten also. 20 Jahre später<br />

mussten diese Wissenschaftler ihre Theorien widerrufen:<br />

Die Länder, die sich dem Weltmarkt geöffnet hatten, wiesen<br />

höhere Pro-Kopf-Einkommen und größeren Wohlstand auf<br />

als die, die dieser Empfehlung gefolgt waren. Das Zurück<br />

in die schöne heile Welt, die so heil gar nicht war, hatten<br />

wir also schon.<br />

Kann es also keinen Wohlstand ohne Wachstum geben?<br />

Nein, die Idee eines stationären Zustands ist eine Illusion!<br />

Es gibt in der Wirtschaft langfristig nur Wachstum oder<br />

Rückschritt.<br />

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111


THEMEN | SOCIAL BUSINESS |<br />

Mrs Social und Mr Business<br />

Komm mit – ich zeig Dir Afrika!<br />

Ein Kuscheltier, das (Schul-)Kindern Geschichten aus Afrika erzählt? Genau.<br />

Der „Awauwi“ zeichnet ein anderes Bild vom Kontinent und hilft so, Vorurteile<br />

abzubauen.<br />

Mrs Social und Mr Business sitzen vor dem<br />

Fernseher und schauen Nachrichten.<br />

Im Kongo tobt der Bürgerkrieg,<br />

Somalia ist in der Hand<br />

der Islamisten. AIDS radiert in<br />

Mali ganze Dörfer aus und vor<br />

Lampedusa ist wieder ein Schiff<br />

mit afrikanischen Flüchtlingen gekentert. „Warst<br />

Du schon einmal in Afrika?“, fragt Mrs Social ihren<br />

Partner. „Nein“, sagt Mr Business und ich bin<br />

auch nicht sicher, ob ich da hinwill. Diese Reaktion<br />

überrascht Mrs Social nicht, macht sie aber traurig. Denn<br />

sie kennt Afrika aus vielen Reisen von einer ganz anderen<br />

Seite. Duftend, freundlich und unfassbar reich an Kultur und<br />

Traumlandschaften. „Komm, wir fliegen nach Togo“, sagt sie.<br />

„Du kannst mir helfen, andere Geschichten von Afrika zu<br />

erzählen und dabei Geld zu verdienen.“<br />

Aus Togo brachten sie einen Stoffhund mit, der sich gern<br />

selbst vorstellen möchte: Mein Name ist „Awauwi“. Das ist<br />

eine Mischung – genau wie ich. Was gemischt wurde? Togo<br />

in Westafrika und Deutschland. Ich bin in beiden Ländern<br />

zu Hause. In Togo heißen kleine Hunde „Awouwi“ – und in<br />

Deutschland sagen Kinder zu einem Hund „Wauwau“. Man<br />

nehme von jedem Wort etwas und was kommt dabei heraus?<br />

„Awauwi“! Ich bin stolz auf meinen Namen, denn so heiße<br />

nur ich alleine auf der Welt.<br />

Die Schwestern Anke Angelike und Heike Eggers haben mich<br />

erfunden und erzählen in <strong>forum</strong>, warum es mich gibt.<br />

Weihnachten 2005<br />

Heike und Anke, meine beiden Promotoren, unterstützen<br />

ein Schulprojekt in Togo. Daraus entsteht der Verein „ana<br />

yi africa – Brücken nach Afrika e.V.“. Freunde, Familie und<br />

Grundschulen im Umfeld beginnen, sich darin zu engagieren.<br />

April 2007: Anke macht eine Skizze von mir<br />

Anke hat während eines Familienurlaubs eine Idee. Sie skizziert<br />

während einer Autofahrt einen Hund auf die Rückseite<br />

einer Zirkus-Eintrittskarte. Dieser Hund soll Flecken haben,<br />

die Afrika und Europa darstellen und Geschichten aus dem<br />

Leben von Kindern erzählen. Der Hund, das bin ich. Das ist<br />

meine Geburtsurkunde. Das Bild mailen die beiden Schwestern<br />

nach Togo mit der Idee, mich dort nähen zu lassen. Ich<br />

bekomme auch meinen Namen, Awauwi.<br />

Irgendwann 2008: Ich sehe aus wie ein Freak!<br />

Mein in Togo genähtes Abbild trifft ein – ein Schock für die<br />

Schwestern! Nachdem sie so lange auf mich gewartet haben,<br />

wissen sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollen.<br />

Ich bin nicht nur hässlich, ich bin mit irgendetwas gefüllt.<br />

Nie wäre es in Deutschland erlaubt, mich als Kuscheltier zu<br />

verkaufen. Es folgt der Abschied von der Idee, mich in Togo<br />

nähen zu lassen.<br />

„Komm mit – ich zeig Dir Afrika“: Der Awauwi<br />

Die beiden Schwestern Anke Angelike und Heike Eggers engagieren<br />

sich seit Jahren ehrenamtlich für eine gerechtere Welt. Sie haben<br />

den Verein ana yi africa – Brücken nach Afrika e.V. gegründet.<br />

www.anayiafrica.de<br />

Ihre Erfahrungen in Entwicklungs- und Bildungsarbeit brachten sie<br />

auf die Idee, einen Kuschelhund zu erfinden, der Flecken in Form<br />

von Afrika und Europa trägt und Geschichten erzählt.<br />

www.awauwi.de<br />

Ziel ist es, Kindern das Leben in Afrika näherzubringen und die Bilder<br />

zu ändern, die sie im Kopf haben. Der Awauwi fördert Begegnungen<br />

und inspiriert dazu, aufeinander zu hören und voneinander<br />

zu lernen. Er hilft zu erkennen, dass Vielfalt Reichtum ist und dass<br />

die Dinge, von Nahem betrachtet, oft ganz anders aussehen. Der<br />

Hund soll kindliche Neugierde wecken und erhalten.<br />

Der Hund und die Geschichten – als Social Business gedacht –<br />

sollen Schulprojekte fördern, nicht nur in Afrika, sondern auch in<br />

Deutschland.<br />

Bestellen kann man den Awauwi unter: heike@anayiafrica.de<br />

Illustration: © Norbert Stanczak<br />

112 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| SOCIAL BUSINESS | THEMEN<br />

Der Awauwi: Ein Kuscheltier, das Kindergeschichten aus Afrika erzählt und so Schulprojekte in Togo finanzieren will.<br />

Fotos: links: © Heike Eggers<br />

Januar 2009: Wir haben den richtigen Hersteller gefunden<br />

Die Firma Heunec hat uns einen Musterhund gefertigt und<br />

alle unsere Fragen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen<br />

genau beantwortet. Heunec produziert zwar in China, ist<br />

aber Mitglied beim ICTI CARE-Prozess für faire Arbeitsbedingungen<br />

und der Business Social Compliance Initiative,<br />

die sich zum Ziel gesetzt hat, die Arbeitsbedingungen in<br />

Fabriken und Farmen weltweit zu verbessern. Wir wollen<br />

nur mit einem Hersteller zusammenarbeiten, der fair produziert<br />

und erstklassige Materialien verwendet. Es folgt<br />

die nächste Hürde: Mindestbestellmenge 2.400 Stück –<br />

Kostenpunkt 15.000 Euro. Wow, bin ich teuer. Wo soll so<br />

viel Geld herkommen?<br />

2009 vergeht<br />

Nach einer gemeinsamen Afrika-Reise der Schwestern<br />

beginnt der Awauwi über das Leben in Togo zu berichten.<br />

Ich erzähle authentische, wahre Geschichten aus Afrika, die<br />

jeder auf der Webseite www.awauwi.de lesen kann. Solche<br />

Geschichten gibt es sonst nicht.<br />

Mai 2<strong>01</strong>0: Meine Produktion wird vorfinanziert<br />

Heike gewinnt eine vermögende Hamburgerin dafür, meine<br />

Produktion vorzufinanzieren. Ihr gefällt die Awauwi-Idee<br />

und sie glaubt an mich. Heike kann mich jetzt bestellen!!!<br />

Ich bin nun nicht mehr nur eine Idee auf einem Stück Papier.<br />

Juni 2<strong>01</strong>0: Meine Geschichten sind online<br />

Ein Logo und die ersten Geschichten gibt es jetzt auf meiner<br />

Webseite.<br />

Herbst 2<strong>01</strong>0: Kooperation mit der Lebenshilfe<br />

Ich werde an eine Behindertenwerkstatt der Lebenshilfe geliefert,<br />

von wo aus der Versand erfolgen soll. Die Behinderten<br />

sind begeistert von mir. Jetzt warte ich darauf, verschickt zu<br />

werden.<br />

2<strong>01</strong>0 und 2<strong>01</strong>1: Awauwi auf der Spielwarenmesse?<br />

Vorsprechen bei Stiftungen und Spielzeughändlern. Es heißt,<br />

ich werde auf der Spielwarenmesse in Nürnberg vorgestellt,<br />

aber die zunächst zugesagte Förderung wird gestrichen.<br />

Enttäuschung.<br />

Ende 2<strong>01</strong>1, Anfang 2<strong>01</strong>2: Ich bin voll finanziert<br />

Meine Erfinderinnen können den Kredit an die Hamburgerin<br />

aus eigener Tasche zurückzahlen, so dass ich voll finanziert<br />

bin. Mit meinem Verkauf wollen wir langfristig Schulprojekte<br />

in Afrika und Deutschland finanzieren, denn Awauwi ist ein<br />

Social Business. Meine Gründerinnen wollen die Lern- und<br />

Lebensbedingungen von Kindern nachhaltig verbessern<br />

und das funktioniert am besten mit einer wirtschaftlichen<br />

Herangehensweise. Eine zweite Einnahmequelle sind Abonnements.<br />

Wenn wir Schulen als Abonnenten gewinnen,<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

113


THEMEN | SOCIAL BUSINESS |<br />

bekommen sie einen besonderen Zugang auf der Webseite<br />

und haben so immer aktuelle Geschichten.<br />

April 2<strong>01</strong>2: Fotosession im Cockpit<br />

Ein Pilot nimmt mich mit und macht eine Fotosession mit<br />

mir im Flugzeug. Die Aufnahmen sind für das Cover eines<br />

Buches mit meinen Geschichten, das meine Erfinderinnen<br />

planen. Die beiden bewerben sich mit dem Buchprojekt bei<br />

fünf Verlagen. Ein Verlag ist begeistert aber wir haben nicht<br />

genug Geld, um das Buch verlegen zu lassen. Schade, ich habe<br />

mich und meine Geschichten schon in Buchhandlungen und<br />

Spielzeuggeschäften gesehen.<br />

Mai 2<strong>01</strong>2: Der Bundespräsident findet mich niedlich<br />

Die Roncallischule, die seit sieben Jahren eine Bildungskooperation<br />

mit einer Partnerschule in Togo hat, gewinnt den mit<br />

5.000 Euro dotierten Schulpreis des Bundespräsidenten und<br />

schickt das Geld nach Togo. Der Schulpreis war dem Motto<br />

gewidmet „alle für eine Welt für alle“. Die Kinder der Roncallischule<br />

kennen und lieben meine Geschichten, denn die Schule<br />

ist ein Projekt unseres Vereins ana yi africa – Brücken nach<br />

Afrika e.V. Also darf ich mit zur Preisverleihung ins Schloss<br />

Bellevue in Berlin und Anke sendet dem Bundespräsidenten<br />

drei Awauwis für seine Enkel, weil er mich so niedlich fand.<br />

Mai 2<strong>01</strong>2: Awauwi auf dem Vision Summit<br />

Ich bin auf dem Vision Summit und höre Vorträge, wie<br />

man das Bildungssystem erneuern kann. Ich bin begeistert,<br />

möchte mitmachen.<br />

Oktober 2<strong>01</strong>2: Rückkehr aus Togo<br />

Heike kommt aus Togo zurück und bringt viele neue Eindrücke<br />

mit. Ich möchte nun auch über andere afrikanische Länder<br />

berichten und gesellschaftskritisch über Europa.<br />

November 2<strong>01</strong>2: Awauwi als Hörbuch?<br />

Heike lernt einen Schauspieler kennen, der auch Hörbücher<br />

macht. Er bietet spontan an, ein Hörbuch mit mir zu sprechen.<br />

Wie sich zeigt, ist er aber total ausgebucht. Die Idee<br />

behalten wir als mögliches Geschäftsmodell im Hinterkopf.<br />

Mai 2<strong>01</strong>3: Schulprojekt in Kamerun<br />

Wir lernen Leute aus Kamerun mit einem neuen Schulprojekt<br />

kennen. Es klingt alles gut und vielversprechend.<br />

August 2<strong>01</strong>3: Auf nach Kamerun<br />

In Kartons reisen viele Awauwis nach Kamerun. Ich darf nun<br />

von dort berichten!<br />

September 2<strong>01</strong>3: Awauwi in <strong>forum</strong><br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> meldet sich bei Heike und<br />

will mehr über mich und meine Geschichten wissen. Die<br />

Redakteurin wurde durch eine alte E-mail-Anfrage von Heike<br />

aus dem Jahr 2<strong>01</strong>0 auf mich aufmerksam.<br />

24. Oktober 2<strong>01</strong>3: Bertelsmann klopft an<br />

Die Bertelsmann Stiftung hat heute einen Awauwi angefragt.<br />

Vielleicht promoten sie ihn sogar über ihren Newsletter!<br />

2<strong>01</strong>3/2<strong>01</strong>4: Die Reise hat begonnen<br />

Wie geht es weiter? Es gibt nun 2.400 fertig produzierte<br />

Awauwis, eine Website und erste spannende Geschichten,<br />

die ich erzählen will. Meine Erfinderinnen sind jetzt auf der<br />

Suche nach dem passenden Vertriebssystem. Sie haben<br />

mit Schulen gesprochen, Spielzeugherstellern, Verlagen,<br />

Investoren und Lesementoren und hatten einige Absagen<br />

zu verdauen. Aber wir lassen uns nicht entmutigen. Bislang<br />

kann man mich einzeln unter heike@anayiafrica.de für 15<br />

Euro kaufen. Schulen und Kindergärten können mit mir arbeiten<br />

und immer neue Geschichten abonnieren. Ich kann<br />

mir auch vorstellen, Schulen zu besuchen und dort mit den<br />

Kindern einen Afrikaprojekttag zu machen. Auf jeden Fall<br />

will ich endlich raus aus dem Karton, am liebsten im Kombipack<br />

mit einem Buch. Ich freue mich also sehr, wenn Ihr mir<br />

schreibt und dabei helft, dass ich mit meinen Geschichten<br />

viele Kinder erreichen kann.<br />

Band 1<br />

Band 2<br />

Berit Sandberg / Christoph Mecking<br />

Vergütung haupt- und<br />

ehrenamtlicher Führungskräfte<br />

in Stiftungen<br />

Die Ergebnisse der Vergütungsstudie<br />

1. Auflage, 149 Seiten,<br />

Broschur, Euro 149,90<br />

ISBN 978-3-9812114-0-5<br />

Berit Sandberg (Hrsg.)<br />

Nachfolge im<br />

Stiftungsvorstand<br />

Herausforderungen und<br />

Handlungsempfehlungen für<br />

das Gremienmanagement<br />

1. Auflage, 276 Seiten,<br />

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ISBN 978-3-9812114-1-2<br />

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web 2.0 profitieren<br />

Ausgabe 4|2<strong>01</strong>3<br />

Das magazin für nonprofitmanagement<br />

und -marketing<br />

in Zukunft online:<br />

DAS internet veränDert<br />

Den Sektor<br />

GeSpräch<br />

AktuelleS<br />

Schwerpunkt<br />

Betterplace-Gründerin Joana<br />

Zehn Jahre Malteser Stiftung: Ob Crowdfunding, Affiliate<br />

Breidenbach zur Idee des Sozi-<br />

Wie die Dachstiftung und ihre Marketing, webbasierte Softalunternehmertums<br />

und zur<br />

Treuhandstiftungen das Stiftungsvermögen<br />

hundertfach chern vermehrt die Stiftungsarals<br />

für den Dritten Sektor<br />

vermehren konnten<br />

beit und -kommunikation<br />

ware: Digitale Optionen berei-<br />

Schöpfung digitalen Potenzi-<br />

Fachmagazin<br />

Stiftung&Sponsoring<br />

Immer auf dem Laufenden,<br />

alle 2 Monate neu<br />

• Aktuell, anschaulich,<br />

und fundiert<br />

• Praxisbeispiele<br />

• Fachartikel<br />

• Anregungen<br />

• Kurze, prägnante Beiträge<br />

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aus Wissenschaft<br />

und Praxis<br />

Alle wichtigen Themen<br />

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114 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

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„Für uns als mittelständisches Unternehmen<br />

ist das der effektivste Weg, maximalen<br />

Einfluss auf die ökologischen und sozialen<br />

Bedingungen im Kakaoanbau zu nehmen“,<br />

erklärt Alfred T. Ritter, Inhaber und Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung von Ritter<br />

Sport. „Eine permanente Kontrolle der<br />

Anbau- und Arbeitsbedingungen weltweit<br />

ist für uns weder finanziell noch personell<br />

möglich“.<br />

Süße Sünde<br />

und gutes Gewissen<br />

Schokolade ist der Deutschen liebste Süßigkeit.<br />

Rund 9,5 kg isst im Durchschnitt<br />

jeder pro Jahr. Dafür werden fast 5000<br />

Kakaobohnen benötigt. Ein Kakaobaum<br />

trägt pro Jahr rund 30 Früchte mit jeweils<br />

circa 50 Kakaobohnen und ist überaus<br />

anspruchsvoll.<br />

Inzwischen ist nicht nur vielen Verbrauchern<br />

bewusst, dass die ökologischen<br />

und sozialen Bedingungen im Kakaoanbau<br />

häufig problematisch sind, auch viele Schokoladeproduzenten<br />

haben den Handlungsbedarf<br />

erkannt. Als einer der ersten hat<br />

vor rund 25 Jahren Ritter Sport begonnen,<br />

sich für nachhaltigen Anbau von Kakao zu<br />

engagieren.<br />

Um nachhaltigen Kakao für die bunten<br />

Ritter Sport Quadrate zu gewinnen, geht<br />

das Familienunternehmen ungewöhnliche<br />

Wege: Im Osten Nicaraguas hat Ritter Sport<br />

rund 2.000 Hektar Land erworben und steigt<br />

selbst in den nachhaltigen Kakaoanbau ein.<br />

Insgesamt investiert das Unternehmen<br />

jährlich rund 5 Millionen Euro in „El Cacao“<br />

und weitere Projekte. Gemessen am Umsatz<br />

des vergleichsweise kleinen Unternehmens<br />

eine beachtliche Summe.<br />

Integrierte Landwirtschaft:<br />

Plantage mit Modellcharakter<br />

Bei dem erworbenen Land handelt es sich<br />

um ehemals als Weideflächen genutztes<br />

Brachland. 1.300 Hektar werden nach den<br />

Gesichtspunkten der agroforstwirtschaftlichen<br />

Landwirtschaft aufgeforstet. Die<br />

Bewirtschaftung folgt den Prinzipien der<br />

integrierten Landwirtschaft, zu denen Energieeffizienz,<br />

die Vermeidung klimarelevanter<br />

Emissionen, nachhaltige Bodenfruchtbarkeit<br />

und Biodiversität zählen. Letzterer trägt<br />

der Erhalt vorhandener Waldbestände und<br />

Feuchtgebiete Rechnung, die 700 Hektar<br />

ausmachen.<br />

Faire und sichere Arbeitsbedingungen<br />

Vor allem der soziale Aspekt ist der zentrale<br />

Beweggrund für Ritter Sport, selbst aktiv zu<br />

werden. Deshalb erhalten die Mitarbeiter<br />

in Nicaragua zum gesetzlichen Mindestlohn<br />

einen Aufschlag von fast 30 Prozent sowie<br />

nicht-monetäre Leistungen wie ärztliche<br />

Versorgung oder Weiterbildungsangebote.<br />

Hohe Sicherheitsstandards, die über die<br />

geltenden Vorschriften hinausgehen, dienen<br />

dem Schutz der Arbeiter. Auch aufgrund<br />

dieses Engagements in Nicaragua hat Ritter<br />

Sport im letzten Herbst das Zertifikat für<br />

den „ZNU-Standard nachhaltig <strong>Wirtschaften</strong><br />

Food“ erhalten. Ein echter Beleg für nachhaltiges<br />

Handeln.<br />

„In der El Cacao“-Baumschule wachsen die<br />

Kakaobäume heran, die künftig nachhaltigen<br />

Kakao für Ritter Sport Schokolade liefern.<br />

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115


THEMEN | SOCIAL BUSINESS |<br />

Social Impact Bonds (SIBs) können soziale Dienstleistungen effektiver<br />

machen. Ein Pilotprojekt in England testet das Modell anhand<br />

der Resozialisierung von Gefängnisinsassen. Der Staat bezahlt<br />

die über die SIBs finanzierten Eingliederungsmaßnahmen nur im<br />

Erfolgsfall, also wenn die Rückfallquote sinkt. So kommen die SIBs<br />

auch dem Steuerzahler zugute.<br />

Die Revolution der<br />

Sozial-Finanzierung<br />

Aus England schwappt ein Modell nach Deutschland, das auf smarte Weise<br />

die Lösung gesellschaftlicher Probleme finanziert. Wie Social Impact Bonds<br />

die Kriminalität senken können.<br />

Von Barbara Scheck und Anna Katharina Höchstädter<br />

Englische Häftlinge, die weniger als ein Jahr im Gefängnis<br />

verbracht haben, erhalten nach ihrer Entlassung kaum<br />

Unterstützung. Da überrascht es nicht, dass 60 Prozent<br />

innerhalb eines Jahres wieder rückfällig werden. Diese<br />

Abwärtsspirale aus Straftat und Gefängnisaufenthalt verursacht<br />

nicht nur dem Steuerzahler beträchtliche Kosten.<br />

Sie hat auch schwerwiegende Folgen für die Betroffenen<br />

– Opfer wie Täter – und ihre Familien. Versuche, dieses<br />

Problem zu lösen, blieben bisher weitestgehend erfolglos.<br />

Nun verspricht ein sogenannter „Social Impact Bond“ (SIB)<br />

Hoffnung – nicht nur in England und nicht nur für das Problem<br />

rückfälliger Straftäter.<br />

Wenn Kapital und soziale Hilfe kooperieren: Was ist ein<br />

Social Impact Bond (SIB)?<br />

Aktuell finanzieren staatliche Einrichtungen, zivilgesellschaftliche<br />

Träger und teilweise private Geldgeber gemeinsam<br />

Angebote für die Lösung sozialer Probleme. So werden beispielsweise<br />

viele Projekte der Kinder- und Jugendarbeit von<br />

verschiedenen staatlichen Einrichtungen auf kommunaler,<br />

regionaler oder nationaler Ebene auf Basis von gesetzlichen<br />

Grundlagen (u.a. Sozialgesetzbuch) gefördert. Zusätzlich<br />

werben diese Einrichtungen jedoch auch private Mittel in<br />

Form von Spenden, Darlehen oder Garantien ein und sind<br />

auf das Engagement ehrenamtlicher Kräfte angewiesen. Der<br />

Kapitalmarkt für soziale Dienstleistungen, d.h. die Akquise<br />

und Verteilung von Mitteln, scheint jedoch ineffektiv zu sein,<br />

da soziale Organisationen unabhängig von ihrer Wirkung<br />

Schwierigkeiten haben, Mittel einzuwerben. Das macht SIBs<br />

besonders attraktiv.<br />

Bei einem SIB arbeiten vier wesentliche Akteure zusammen:<br />

Ein Finanzintermediär wirbt Gelder von privaten Investoren<br />

ein und stellt sie sozialen Organisationen zur Verfügung.<br />

Damit decken diese ihre Betriebskosten. Die öffentliche<br />

Hand verpflichtet sich vertraglich, bei Erreichung der mit<br />

dem Intermediär vorab vereinbarten Ziele die Kosten für die<br />

Dienstleistungen der sozialen Organisationen und eine finanzielle<br />

Rendite für die privaten Investoren zu übernehmen.<br />

Der Finanzintermediär kann als gemeinnützige Organisation<br />

kostendeckend agieren oder als privates Unternehmen an<br />

einer Vergütung der Steuerungstätigkeit interessiert sein.<br />

Die Abbildung illustriert dieses Beziehungsgeflecht.<br />

116 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| SOCIAL BUSINESS | THEMEN<br />

Je größer die soziale Wirkung, desto höher ist die finanzielle<br />

Rendite. Insofern handelt es sich bei einem SIB um eine<br />

Form der erfolgsabhängigen Vergütung (engl. payment by<br />

results), nicht aber um eine klassische Anleihe, denn eine<br />

solche würde eine garantierte Rendite auszahlen. Bei einem<br />

SIB verliert der private Investor sein gesamtes Kapitel, wenn<br />

das soziale Problem nicht im angestrebten Ma?e gelöst wird.<br />

Der Peterborough-SIB: Die Rückfallquote von Kurzzeithäftlingen<br />

verringern<br />

Was heißt das konkret für das Gefängnisbeispiel? Ziel des<br />

2<strong>01</strong>0 lancierten und weltweit ersten SIBs ist es, die Rückfallquote<br />

von männlichen Kurzzeithäftlingen im englischen<br />

Peterborough-Gefängnis zu senken. Dafür haben 17 private<br />

Investoren (vornehmlich philanthropische Organisationen<br />

wie die Rockefeller-Stiftung) fünf Millionen britische Pfund<br />

für acht Jahre zur Verfügung gestellt.<br />

Ein eigens für den SIB gegründeter Intermediär, „One Service“,<br />

beauftragt und koordiniert die Dienstleistungen verschiedener<br />

Sozialunternehmen (u.a. St. Giles Trust, Ormiston<br />

Trust und SOVA). Diese resozialisieren die Insassen schon<br />

heute, etwa indem sie sie für den Arbeitsmarkt qualifizieren.<br />

Neu ist das Zusammenspiel der Sozialunternehmen.<br />

So erhalten der Inhaftierte und seine Familie aufeinander<br />

abgestimmte Betreuungsmaßnahmen vor und nach der<br />

Entlassung. Das schafft einen größeren Mehrwert als die<br />

Summe der einzelnen Dienstleistungen. Gelingt es den Sozialunternehmen,<br />

die Rückfallrate der betreuten Häftlinge<br />

um ein Mindestniveau zu senken, müssen das englische<br />

Justizministerium und der Big Lottery Fund (der staatliche<br />

britische Glücksspielanbieter) den privaten Investoren das<br />

investierte Kapital inklusive einer vom Zielerreichungsgrad<br />

abhängigen Rendite (max. 13 Prozent) auszahlen. Das Geld<br />

fließt über eine Zweckgesellschaft (engl. special purpose<br />

So funktionieren die Social Impact Bonds (SBI)<br />

öffentliche Gelder<br />

private Gelder<br />

PRIVATE INVESTOREN<br />

DIENSTLEISTUNGS-<br />

ERBRINGER<br />

1 Kapital<br />

Rückzahlung und<br />

Rendite (bei Erfolg)<br />

4<br />

2<br />

Finanzierung der<br />

3<br />

erfolgsabhängige<br />

Betriebskosten PRIVATER<br />

FINANZINTERMEDIÄR<br />

Bezahlung<br />

ÖFFENTLICHE HAND<br />

Mit dem Geld privater Investoren (1) finanziert der Finanzintermediär soziale Dienstleistungen (2). Sind sie erfolgreich, erhalten die Investoren<br />

das Geld von der öffentlichen Hand zurück. (Darstellung der Autorinnen nach Liebmann, 2<strong>01</strong>1).<br />

Struktur des Peterborough-SIBs<br />

INVESTOREN<br />

£5 Mio.<br />

erfolgsabhängige<br />

Rendite<br />

SOCIAL IMPACT<br />

PARTNERSHIP<br />

erfolgsabhängige<br />

Bezahlung<br />

MINISTRY OF JUSTICE,<br />

BIG LOTTERY FUND<br />

ST GILES TRUST ORMISTON TRUST SOVA<br />

WEITERE<br />

INTERVENTIONEN<br />

reduzierte<br />

Rückfallquote<br />

3.000 KURZZEIT-HÄFTLINGE (< 12 MONATE)<br />

Die Rückfallquote der Social Impact Bonds-geförderten Häftlinge sank, während sie Großbritannien-weit stieg. Ein Grund könnte das abgestimmte<br />

Zusammenspiel zwischen Investoren, sozialen Organisationen und Staatslotterie sein (Darstellung der Autorinnen, nach Cabinet<br />

Office, 2<strong>01</strong>3).<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

117


THEMEN | FINANZIERUNG VON NACHHALTIGKEIT |<br />

vehicle) namens Social Impact Partnership gestaffelt (mit<br />

Auszahlungen im vierten, sechsten und achten Jahr) an die<br />

Investoren. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die<br />

Rückfallquote zwischen 2<strong>01</strong>0 und 2<strong>01</strong>2 kurzfristig bereits<br />

um sechs Prozentpunkte sank (im Vergleich zu einem nationalen<br />

Anstieg in Großbritannien um zehn Prozentpunkte<br />

im Vergleichszeitraum). Die Abbildung gibt einen Überblick<br />

über die Struktur des Peterborough-SIBs.<br />

Investitionen mit Wirkung: Die Vorteile von SIBs<br />

Ein SIB birgt diverse Vorteile für alle beteiligten Organisationen:<br />

• Er versetzt staatliche Einrichtungen in die Lage, erst dann<br />

Kosten rückwirkend zu erstatten, wenn ein Projekt erfolgreich<br />

war. So können sie ihre begrenzten Mittel effizienter<br />

einsetzen und soziale Zwecke wirkungsbasiert fördern. Da<br />

das finanzielle Risiko beim Investor liegt, können staatliche<br />

Einrichtungen mit neuen innovativen Interventionen experimentieren.<br />

Zudem ermöglichen SIBs die Förderung von<br />

Präventivmaßnahmen, die angesichts knapper öffentlicher<br />

Kassen häufig zu kurz kommen.<br />

• Private Investoren können ihr Kapital gewinnbringend in<br />

den Dritten Sektor einspeisen und somit Investitionen mit<br />

der Lösung gesellschaftlicher Probleme verbinden. Zudem<br />

bieten SIBs eine Möglichkeit zur Portfolio-Diversifikation.<br />

• Soziale Organisationen können aufgrund einer gesicherten<br />

Finanzierungsbasis ihre Arbeitszeit auf das Projekt<br />

fokussieren und verlieren keine Zeit bei der Mittelakquise.<br />

Zudem erleichtern es SIBs sozialen Organisationen, die an<br />

ähnlichen Problemstellungen arbeiten, sich zu koordinieren<br />

und effektiv zusammenzuarbeiten.<br />

Daneben gibt es aber auch eine Reihe von Herausforderungen,<br />

die bei der Lancierung eines SIBs bewältigt werden<br />

müssen:<br />

• Staatliche Einrichtungen müssen erst noch lernen, erfolgsabhängige<br />

Verträge auszuhandeln. Sie müssen Leistungsvorgaben<br />

setzen, veranschlagen, was das Erreichen dieser<br />

Leistungsvorgaben kosten darf und eine Rendite festlegen,<br />

die gleichzeitig angemessen und für private Investoren<br />

attraktiv ist.<br />

• Des Weiteren müssen die staatlichen Einrichtungen einen<br />

Bereich identifizieren, in dem der Nutzen groß genug ist,<br />

um eine attraktive Rendite für private Investoren auszahlen<br />

zu können. Die Erfahrung zeigt, dass eine Vielzahl von<br />

sozialen Projekten nicht die angestrebte Wirkung erzielt.<br />

Deshalb muss man davon ausgehen, dass auch einige<br />

der SIBs nicht die Leistungsvorgaben erfüllen werden.<br />

Dementsprechend sollte die Zielrendite für den privaten<br />

Investor das Risiko eines Totalausfalls des investierten<br />

Kapitals einpreisen.<br />

• Außerdem müssen die Ergebnisse verlässlich und glaubhaft<br />

messbar sein und die Zielgruppe klar definiert. Dafür<br />

bedarf es einer validen Vergleichsbasis, die man mit Hilfe<br />

einer Kontrollgruppe unter möglichst gleichen Rahmen-<br />

bedingungen erheben müsste. Die soziale Wirkung zu<br />

messen ist insbesondere dort schwierig, wo die Betroffenen,<br />

etwa die Straftäter, bereits an einem Sozialprogramm<br />

teilnehmen oder man Ergebnisse nur schwer auf einzelne<br />

Maßnahmen zurückführen kann.<br />

Privatkapital für Soziales: Was können SIBs künftig leisten?<br />

Angesichts der immer knapperen staatlichen Mittel und<br />

limitiertem philanthropischem Engagement sind SIBs eine<br />

gute Möglichkeit, um privates Kapital für soziale Zwecke zu<br />

mobilisieren, ohne den Staat von seiner Verantwortung zu<br />

entbinden. SIBs könnten somit einen ersten Schritt hin zu<br />

einem breiteren Kapitalangebot für soziale Zwecke und zu<br />

einer besseren Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen<br />

Förderern darstellen. Eine wirkliche Herausforderung ist<br />

jedoch, den konkreten sozialen Erfolg zu bestimmen. Das<br />

gilt besonders für Projekte, deren Wirkung man nicht so<br />

einfach erfassen kann wie die Rückfallquote von ehemaligen<br />

Häftlingen in England.<br />

Es besteht aber Hoffnung: Mittlerweile sind dem Peterborough-SIB<br />

vierzehn weitere SIBs gefolgt; zwölf in Großbritannien,<br />

einer in Australien und einer in den USA. Und auch in<br />

Deutschland sind SIBs in Planung. So arbeitet die Benckiser<br />

Stiftung Zukunft unter dem Namen Juvat („es wirkt“) an<br />

einem solchen Finanzierungsinstrument im Bereich der Jugendförderung.<br />

Die Zukunft wird zeigen, ob und in welchen<br />

Feldern sich SIBs hierzulande durchsetzen können.<br />

PROF. DR. BARBARA SCHECK<br />

ist Inhaberin einer Juniorprofessur für BWL, insbesondere Social<br />

Investment, an der Universität Hamburg. Sie beschäftigt sich mit<br />

der Finanzierung von sozialen Organisationen und Fragen der wirkungsorientierten<br />

Berichterstattung.<br />

ANNA KATHARINA HÖCHSTÄDTER<br />

promoviert zum Thema Impact Investing an der Universität Hamburg.<br />

Gleichzeitig arbeitet sie als Rockefeller Foundation Fellow an einer<br />

Praxisstudie zum deutschen Impact Investing Markt.<br />

Zum Weiterlesen<br />

Cabinet Office. (2<strong>01</strong>3). The Knowledge Box: http://data.gov.uk/<br />

sib_knowledge_box/knowledge-box<br />

Nicholls, A. & Tomkinson, E. (2<strong>01</strong>3). The Peterborough Pilot Social<br />

Impact Bond. Oxford: University of Oxford.<br />

Liebmann, J.B. (2<strong>01</strong>1). Social Impact Bonds. A promising new financing<br />

model to accelerate social innovation and improve government<br />

performance. Washington, D.C.: Center for American<br />

Progress.<br />

Social Finance, Inc. (2<strong>01</strong>2). A New Tool for Scaling Impact: How Social<br />

Impact Bonds Can Mobilize Private Capital to Advance Social<br />

Good. Boston: Social Finance, Inc.<br />

118 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


<strong>forum</strong> Service<br />

Medientipps | 120<br />

B.A.U.M. informiert | 122<br />

Kleinanzeigen | 124<br />

Events im Rückblick | 126<br />

Events in der Vorschau | 127<br />

Vorschau & Impressum | 129<br />

Nina Ruges geteilte Meinung | 130<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

119


MAX SCHÖN<br />

PRÄSIDENT DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT CLUB OF ROME<br />

UND VORSTAND DER STIFTUNG 2°<br />

Gut, dass die Geschichte des <strong>Nachhaltig</strong>en Designs aufgeschrieben wurde. In einer Zeit, in der<br />

sich insbesondere Politiker darin überbieten, den Begriff der <strong>Nachhaltig</strong>keit zu weiten, zu<br />

verfremden, zu verbiegen – ja regelrecht zu verfälschen – ist es mehr als wichtig für Klarheit<br />

zu sorgen. Gerade Designerinnen und Designer müssen im Bereich der <strong>Nachhaltig</strong>keit wissen,<br />

worüber sie reden und was genau sie entscheiden, wenn sie ein Produkt, ein Bild, einen Text<br />

gestalten.<br />

Sehr viele politische Menschen sprechen in unserem Alltag schon von nachhaltig wenn sie<br />

eigentlich nur über die Finanzen des zweiten Halbjahres sprechen. Glauben sie tatsächlich<br />

selbst an das, was sie da sagen?<br />

Viele Produzenten sprechen von nachhaltigen <strong>Produkte</strong>n, wenn nur das Produktionsmaterial<br />

physikalisch wieder verwertbar ist. Denken sie wirklich, dass es so einfach ist?<br />

Viele Bürger verwenden gerne Bio-<strong>Produkte</strong> und essen weniger Fleisch, sammeln Papier<br />

und fahren etwas mehr Bahn. Ist das genug, oder erst ein kleiner Anfang, um von einem<br />

<strong>Nachhaltig</strong>en Lebensstil sprechen zu können?<br />

Es ist gar nicht so einfach. Dabei ist es bei allen Entscheidungen, im Privatleben, wie auch<br />

in Wirtschaft, Politik, Bildung u.v.a., das Wichtigste, aktiv etwas zu ändern, hin zu einem<br />

Mehr an <strong>Nachhaltig</strong>keit. Es geht in unserem Leben vor allem darum, sich auf den Weg zu<br />

machen. Die im Buch genannten Persönlichkeiten und ihre Biografien sind gute Beispiele,<br />

wie schwierig diese Entscheidungen und Auseinandersetzungsprozesse im <strong>Nachhaltig</strong>keitsbereich<br />

sind. Sie zeigen aber auch, wie faszinierend und großartig die Aufgaben sind, denen sie<br />

sich auf ihren Wegen gestellt haben.<br />

Für Designerinnen und Designer vermittelt dieses Buch ganz sicher eine Vielzahl von Erkenntnissen<br />

und Anregungen, um die eigene Arbeit und die eigenen Entwürfe zu verbessern<br />

und nachhaltiger zu gestalten. Auf die Leserinnen und Leser wartet nach dem Lesen also eine<br />

Menge Gedanken- und Gestaltungsarbeit.<br />

Doch man kann das Buch ja auch Kapitel für Kapitel lesen.<br />

Es ist wirklich gut, dass es jetzt dieses Buch gibt …<br />

klimaneutral<br />

natureOffice.com | DE-179-976936<br />

gedruckt<br />

ISBN 978-3-88864-521-1<br />

9 783888 645211<br />

DIE<br />

GESCHICHTE<br />

DES<br />

NACHHALTIGEN<br />

DESIGNS<br />

KARIN-SIMONE FUHS<br />

DAVIDE BROCCHI<br />

MICHAEL MAXEIN<br />

BERND DRASER<br />

(HERAUSGEBER)<br />

KARIN-SIMONE FUHS, DAVIDE BROCCHI,<br />

MICHAEL MAXEIN & BERND DRASER (HRSG.)<br />

Welche Haltung<br />

braucht Gestaltung?<br />

SERVICE | MEDIENTIPPS |<br />

Ville Suhonen, Kim Saarniluoto (Regie)<br />

WUNDER DES WALDES<br />

Der finnische Wald birgt viele Geheimnisse und<br />

alte Sagen um seine unzähligen Bewohner: Bären<br />

und Elche, Schlangen und Eulen, aber auch Ameisen,<br />

Frösche und fliegende Eichhörnchen leben<br />

an rauschenden Bächen zum Gezwitscher einer<br />

vielseitigen Vogelwelt mit uralten Vogelarten wie<br />

dem sibirischen Häher oder der<br />

Lappland Eule. Die kleinen und großen Tiere des<br />

Waldes, sie sind die Hauptdarsteller des Films.<br />

Die faszinierende Natur-Doku für die ganze<br />

Familie gibt es ab 06.02.2<strong>01</strong>4 auf DVD, BLU-RAY<br />

+ 3D BLU-RAY sowie als<br />

Video on Demand!<br />

2<strong>01</strong>3, 73 Minuten, EUR 12,99<br />

EAN-Code DVD: 4041658228954<br />

EAN-Code BD: 4041658298957<br />

EAN-Code 3D BD: 4041658278959<br />

www.sunfilm.de<br />

Nur gut, dass es jetzt<br />

dieses Buch gibt …<br />

Karin-Simone Fuhs et al. (Hgg.)<br />

Die Geschichte des nachhaltigen Designs<br />

<strong>Nachhaltig</strong>es Design verlangt nach einem<br />

Bewusstwerden der eigenen Kommunikationsund<br />

Gestaltungsleistung – und ihrer Wirkung<br />

auf Gesellschaft und Umwelt. <strong>Nachhaltig</strong>es<br />

Design unterscheidet sich von konventionellem<br />

durch die Tatsache, dass es den ökologischen,<br />

sozialen, kulturellen und emotionalen Kontext in<br />

die Designkonzeption und -planung einbezieht<br />

und sich nicht allein auf die Objektgestaltung<br />

konzentriert. Es vermittelt zwischen Menschen<br />

und Umwelt und betrachtet das Subjekt der<br />

Gestaltung nicht als übergeordnet. Mit diesem<br />

Buch wird ein trans- und interdisziplinärer Ansatz<br />

verfolgt. Unter den Autoren sind nicht nur<br />

Designerinnen, Designhistoriker, -theoretiker<br />

und -kritikerinnen, sondern auch Sozial- und<br />

Kulturwissenschaftler, Künstlerinnen, Ethnologen,<br />

Biologinnen und Ingenieure.<br />

2<strong>01</strong>3, 519 Seiten, EUR 29,80<br />

ISBN: 978-3-7316-1043-4<br />

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Hans-Christoph Binswanger<br />

et al. (Hgg.)<br />

Jahrbuch <strong>Nachhaltig</strong>e<br />

Ökonomie<br />

2<strong>01</strong>3/2<strong>01</strong>4<br />

In den vergangenen<br />

fast 250 Jahren stand<br />

die maximale Steigerung<br />

der Gewinne und<br />

Güterproduktion im<br />

Mittelpunkt der Ökonomie,<br />

sowohl in der<br />

Wirtschaft als auch im<br />

herrschenden Theorie- und Lehrsystem. Das eklatante<br />

Marktversagen in den drei Dimensionen<br />

einer zukunftsfähigen Entwicklung (ökologische,<br />

ökonomische, sozial-kulturelle) wurde ausgeklammert<br />

oder systematisch unterschätzt. Um<br />

unter den veränderten Umweltbedingungen<br />

auch in 30 Jahren wettbewerbsfähig sein zu<br />

können, müssen Unternehmen schon heute<br />

mit dem systematischen Umbau ihrer <strong>Produkte</strong><br />

und Produktionsabläufe beginnen. Die dritte<br />

Ausgabe des Jahrbuchs <strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie<br />

widmet sich im Schwerpunkt dem Thema <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

und zeigt auf, welche<br />

Lösungsmöglichkeiten die betriebswirtschaftliche<br />

Theorie und Praxis bietet.<br />

2<strong>01</strong>3, 519 Seiten, EUR 29,80<br />

ISBN: 978-3-7316-1043-4<br />

www.jahrbuch-nachhaltige-oekonomie.de<br />

www.metropolis-verlag.de<br />

anders denken<br />

anders leben<br />

… macht Utopien konkret.<br />

ist ein Magazin über gemeinschaftliches Leben und<br />

Handeln, lebensfördernde Gesellschaftsmodelle, Sinnsuche und<br />

Lebensqualität jenseits der Konsumkultur.<br />

berichtet vielfältig und lebensnah über die vielen<br />

Initiativen, Projekte, Netzwerke, Bürger foren und indivi duellen<br />

Lebenswege der kulturkreativen Bewegung.<br />

behandelt die Themen Perma kultur und Tiefen ökologie,<br />

Bildungs freiheit, regionale Wirtschaftskreisläufe, Soziales<br />

Unternehmertum sowie viele weitere kultur kreative Themen.<br />

erscheint alle zwei Monate in einem frischen, lebendigen<br />

Layout mit starken Fotos auf ökologischem Papier.<br />

Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeheft!<br />

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120 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| MEDIENTIPPS | SERVICE<br />

B.A.U.M. e. V.<br />

Jahrbuch<br />

2<strong>01</strong>4<br />

1984 – 2<strong>01</strong>4 – 2044<br />

30 Jahre nachhaltig <strong>Wirtschaften</strong> – Rückblick und Ausblick<br />

Nils Aguilar (Milpafilms)<br />

Voices of Transition<br />

Die Mut machende Dokumentation zeigt<br />

anhand positiver Beispiele aus verschiedenen<br />

Ländern, wie wir unsere Felder und Städte auf<br />

die doppelte Herausforderung von Klimawandel<br />

und Erdölknappheit vorbereiten können. Das<br />

kubanische Beispiel beeindruckt am meisten:<br />

Anfang der 90er suchte die Tropeninsel eine<br />

katastrophale Wirtschaftskrise heim. Heute ist<br />

das Land zum weltweiten Vorreiter in urbaner<br />

Ökolandwirtschaft avanciert.<br />

Die Vision des Films: Wenn wir mit der Natur<br />

zusammenarbeiten, tun sich ungeahnte Chancen<br />

auf… Nun gilt es, diese zu nutzen!<br />

2<strong>01</strong>4, EUR 14,90<br />

ISBN: 978-3-00-043981-0<br />

www.voicesoftransition.org<br />

Roland Düringer, Clemens G. Arvay<br />

Leb wohl, Schlaraffenland<br />

Die Kunst des Weglassens<br />

Ohne Handy, ohne Internet, ohne Supermärkte,<br />

ohne Fernreisen … Wäre die Welt wieder langsam<br />

und überschaubar wie in den 1970er-Jahren,<br />

wären wir dann glücklicher? Der österreichische<br />

Schauspieler Roland Düringer wollte es wissen.<br />

1963 geboren, lebt er seit einem Jahr wieder<br />

mit den Rahmenbedingungen seiner Kindheit.<br />

Was kostet mich ein Schritt zurück und was<br />

bekomme ich dafür? Im Gespräch mit Clemens<br />

G. Arvay erzählt Roland Düringer von seinem<br />

Selbstversuch, ein Leben wie früher zu führen<br />

und dabei die Zukunft zu gewinnen.<br />

2<strong>01</strong>3, 256 Seiten, EUR 19,95<br />

ISBN: 978-3990<strong>01</strong>0655<br />

www.edition-a.at<br />

B.A.U.M. e.V. (Hg.):<br />

1984 – 2<strong>01</strong>4 – 2044<br />

30 Jahre nachhaltig <strong>Wirtschaften</strong> – Rückblick<br />

und Ausblick<br />

Sein 30. Jubiläum nimmt B.A.U.M. zum Anlass,<br />

in seinem Jahrbuch 2<strong>01</strong>4 zurückzublicken auf die<br />

eigene Arbeit der letzten drei Jahrzehnte, aber<br />

auch auf die Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft<br />

in diesem Zeitraum. Zugleich geht der<br />

Blick in die Zukunft: Pioniere des Umweltmanagements<br />

berichten von ihren ersten Schritten in<br />

diesem Bereich zu einer Zeit, als Ökologie und<br />

Ökonomie noch als unvereinbar galten.<br />

Jetzt zum Subskriptionspreis* von EUR 14,90:<br />

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*gilt bis zum 31. Januar 2<strong>01</strong>4<br />

ISBN: 978-3-925646-62-1<br />

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121


SERVICE | B.A.U.M. INFORMIERT |<br />

Mit Energie ins neue Jahr<br />

Zwei neue Großprojekte für B.A.U.M.<br />

Im vierten Quartal 2<strong>01</strong>3 konnte B.A.U.M. die Arbeit an zwei<br />

lange geplanten Projekten beginnen: zwei Herzensanliegen,<br />

die die Arbeit des Netzwerks in den kommenden Jahren<br />

entscheidend weiterbringen werden. Der Projektträger Jülich<br />

fördert die Durchführung eines Pilotprojekts zur Umsetzung<br />

des B.A.U.M. Zukunftsfonds auf regionaler Ebene. Dabei finanzieren<br />

Privatanleger Klimaschutz- und Effizienzmaßnahmen in<br />

Betrieben, kommunalen Einrichtungen und Privathaushalten.<br />

Zudem schaffen Veranstaltungen und eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit<br />

verstärkte Aufmerksamkeit für die Potenziale<br />

der Energieeffizienz.<br />

Viele Kommunen haben kaum noch finanziellen Spielraum. Gerade<br />

vor diesem Hintergrund kann ein regionaler Zukunftsfonds<br />

für die Kommune neue Möglichkeiten erschließen, die Energiewende<br />

mit umzusetzen. Am Beispiel von drei unterschiedlich<br />

großen Kommunen wird B.A.U.M. das Modell in der Praxis<br />

erproben und verfeinern. Die Erkenntnisse aus den Pilotregionen<br />

sollen später der Anwendung des Konzepts in anderen<br />

Kommunen und Regionen bzw. bundesweit zugutekommen.<br />

Der Zukunftsfonds basiert auf dem Konzept der eingetragenen<br />

Genossenschaft. So erhalten alle gesellschaftlichen Gruppen<br />

und Institutionen sowie Einzelpersonen die Möglichkeit einer<br />

direkten Beteiligung und können die positiven Eigenschaften<br />

dieser Rechtsform nutzen. Die noch zu gründenden Genossenschaften<br />

akquirieren Kapital bei Privatanlegern und bei<br />

Kapitalsammelstellen in der jeweiligen Pilotregion. Damit<br />

lassen sich dann in der jeweiligen Kommune/Region wieder<br />

Energie- und Ressourceneffizienzmaßnahmen sowie Energiesparmaßnahmen<br />

bei öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen<br />

und Privathaushalten finanzieren.<br />

An letztere richtet sich das zweite Großprojekt: B.A.U.M. hat<br />

die Umsetzung der Teilkampagne „Anlagentechnik/Erneuerbare<br />

Energien“ im Rahmen der neuen gewerkeübergreifenden<br />

Kampagne „Die Hauswende“ zur energetischen Sanierung von<br />

Ein- und Zweifamilienhäusern übernommen. Diese Kampagne<br />

der Deutschen Energie-Agentur (dena) und der Allianz für<br />

Gebäude-Energie-Effizienz (geea) wurde 2<strong>01</strong>4 offiziell gestartet.<br />

Finanziert wird die Teilkampagne u. a. aus Mitteln des Bundesministeriums<br />

für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

(BMU), des Bundesindustrieverbands Deutschland Haus-,<br />

Energie- und Umwelttechnik e. V. (BDH) und weiterer Unternehmenspartner.<br />

Ziel der Kampagne ist es, Hauseigentümer<br />

dazu zu motivieren, jetzt eine energetische Optimierung ihres<br />

Gebäudes vorzunehmen und damit den Sanierungsstau bei der<br />

energetischen Gebäudesanierung aufzulösen. Dazu soll den<br />

Hauseigentümern u. a. in von B.A.U.M. organisierten Regionalveranstaltungen<br />

aufgezeigt werden, wie sich welche Investitionen<br />

bezahlt machen. Hierzu werden technische Möglichkeiten,<br />

Fördermöglichkeiten und kompetente Ansprechpartner in den<br />

jeweiligen Regionen vorgestellt.<br />

Nachrichten<br />

Die Idee des B.A.U.M. Zukunftsfonds wurde mit dem SPD Innovationspreis<br />

2<strong>01</strong>3 ausgezeichnet. Sebastian Wenzel, Vorstand der B.A.U.M. Zukunftsfonds<br />

eG (2. v. l.) und B.A.U.M.-Vorstandsmitglied Kristina Kara (4. v. l.) nahmen stellvertretend<br />

für Prof. Dr. Maximilian Gege den Preis entgegen.<br />

Marktplatz für nachhaltige Geschäftspartner<br />

Mit einem neuen Online-Portal bietet B.A.U.M. seinen Mitgliedsunternehmen<br />

die Möglichkeit, sich mit ihrem Produktund<br />

Dienstleistungsportfolio zu präsentieren, um auf diese<br />

Weise neue Geschäftskontakte zu knüpfen und neue Kunden<br />

zu gewinnen. Vor allem soll der „Marktplatz“ dem Aufbau von<br />

Geschäftskontakten unter den B.A.U.M.-Mitgliedern dienen.<br />

www.marktplatz-nachhaltigkeit.de<br />

Foto: © SPD<br />

122 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| B.A.U.M. INFORMIERT | SERVICE<br />

Fotos: oben: © Querdenker | unten: © Fritz Lietsch<br />

B.A.U.M.-Vorsitzender für den<br />

QUERDENKER-Award 2<strong>01</strong>3 nominiert<br />

Prof. Dr. Maximilian Gege war einer von fünf Fina listen in der<br />

Kategorie „Vordenker“ für den QUERDENKER-Award 2<strong>01</strong>3. Der<br />

Mitgründer und langjährige Vorsitzende von B.A.U.M., der das<br />

Netzwerk nachhaltig wirtschaftender Unter nehmen zur größten<br />

Ini tiative seiner Art in Euro pa gemacht hat, freute sich über diese<br />

Anerkennung seiner Leistung.<br />

Bei der Verleihung des QUERDENKER-Award 2<strong>01</strong>3 (v. l.): Peter Maffay, Prof. Dr.<br />

Maximilian Gege, Günther Jauch.<br />

<strong>Nachhaltig</strong> unterwegs<br />

In zahlreichen Gesprächen und bei Veranstaltungen treibt<br />

B.A.U.M. aktuelle Themen wie Energiewende und Klimaschutz<br />

voran. So hielt der B.A.U.M.-Vorsitzende Prof. Dr. Maximilian<br />

Gege z. B. am 13.11.2<strong>01</strong>3 in Berlin einen Vortrag zu „Bürgerbeteiligung<br />

als Garant für Energiewende, Klimaschutz und eine<br />

nachhaltige regionale Entwicklung“ und nahm am 4.12. in Hamburg<br />

an einer Podiumsdiskussion im Rahmen der 2. Deutschen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitskonferenz Logistik teil.<br />

Vorstandsmitglied Martin Oldeland vertrat B.A.U.M. Anfang<br />

November beim sogenannten Verbändegespräch mit Staatssekretar<br />

Jürgen Becker im Bundesumweltministerium. Informationen<br />

zu weiteren Begegnungen und Gesprächen finden Sie auf<br />

www.baumev.de unter „Aktuelles“.<br />

Das B.A.U.M.-Gipfelgespräch hat als besondere Veranstaltungsform bereits<br />

Tradition. Im September 2<strong>01</strong>3 fand es unter ungewohnten Umständen statt:<br />

im Allgäuer Schnee.<br />

Veranstaltungsvorschau<br />

„Green Office Day“ auf der Paperworld<br />

(28.1.2<strong>01</strong>4, 10:00 - 16:00 Uhr, Messe Frankfurt a. M.)<br />

Die Preisverleihung des Wettbewerbs<br />

„Büro & Umwelt“ 2<strong>01</strong>3 ist<br />

der Höhepunkt eines Thementags<br />

zum nachhaltigen Büro, den<br />

B.A.U.M. in Kooperation mit der<br />

Messe Frankfurt jährlich durchführt.<br />

Inhaltlicher Schwerpunkt<br />

ist in diesem Jahr die Vergabepraxis bei öffentlichen Ausschreibungen.<br />

Gleichzeitig wird der Wettbewerb 2<strong>01</strong>4 gestartet, bei<br />

dem wieder die umweltfreundlichsten Büros Deutschlands<br />

gesucht werden.<br />

Die Teilnahme ist kostenlos, eine Messeeintrittskarte ist jedoch<br />

erforderlich. Diese können bis zum 15.1. angemeldete Teilnehmer<br />

aus B.A.U.M.-Mitgliedsfirmen sowie die Wettbewerbsteilnehmer<br />

aus dem Jahr 2<strong>01</strong>3 kostenfrei per Post erhalten – solange der<br />

Vorrat reicht. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.<br />

www.buero-und-umwelt.de<br />

B.A.U.M.-Jahrestagung und Preisverleihung 2<strong>01</strong>4<br />

(29.9. - 30.9.2<strong>01</strong>4, Handelskammer Hamburg)<br />

2<strong>01</strong>4 kann B.A.U.M. gemeinsam mit seinen Mitgliedern sein<br />

30. Jubiläum feiern! Auch die Jahrestagung im September wird<br />

aus diesem Anlass ein großes Event. Zum Thema „Mehr als Effizienz:<br />

Zukunftsperspektiven für Unternehmen, Konsumenten<br />

und Politik“ erwarten Sie anregende Vorträge und spannende<br />

Diskussionen. www.baumev.de/umweltpreis<br />

Besuchen Sie uns auch im Internet! Unter www.baumev.de<br />

finden Sie aktuelle Nachrichten und Veranstaltungshinweise.<br />

Partner im Netzwerk<br />

Als neue Mitglieder des Förder kreises<br />

von B.A.U.M. e. V.* begrüßen wir:<br />

Bistum Würzburg, Würzburg | DeTec<br />

GmbH, Detmold | Diakonisches Werk im<br />

Kirchenkreis Recklinghausen e. V., Recklinghausen | Dr. Ausbüttel<br />

& Co. GmbH, Witten-Annen | DR. SCHNELL Chemie GmbH,<br />

München | Ernst A. Geese GmbH, Henstedt-Ulzburg | Flughafen<br />

Köln/Bonn GmbH, Köln | Grüner Strom Label e. V., Bonn | Klaster<br />

Zrownowazona Infrastruktura, Krakow/Polen | Landwirtschaftliche<br />

Lehranstalten Triesdorf, Weidenbach | Regenbogenkreis,<br />

Lübeck | Scholz & Friends Reputation, Berlin | Süddeutscher<br />

Verlag onpact GmbH, München | SuperBioMarkt AG, Münster |<br />

Ulrich Müller GmbH, Waldenburg | Wagner & Team, München<br />

* Stand zum Redaktionsschluss am 8.11.2<strong>01</strong>3<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

123


SERVICE | KLEINANZEIGEN |<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Veranstaltungen<br />

greenstorming ist Ihre Agentur für die Konzeption und Realisierung<br />

von nachhaltigen Veranstaltungen. Wir setzen unsere Sachkenntnis<br />

und Ideen ein, damit Ihr Event ressourcenschonend umgesetzt wird<br />

und nachhaltig Wirkung entfaltet. Von der Vorbereitung bis zur<br />

Durchführung erhalten Sie alles aus einer Hand.<br />

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Agentur für nachhaltiges Veranstaltungsmanagement<br />

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Women Speaker Foundation<br />

Die Women Speaker Foundation hat mit über 400 Rednerinnen-/<br />

Mode ratorinnen-Profilen den größten Frauenpool im deutschsprachigen<br />

Raum. Das Ziel: Frauen, die etwas zu sagen haben, auf die<br />

Bühnen vermitteln und damit die öffentliche Wahrnehmung der<br />

Frauen stärken.<br />

Kirchenstr. 21<br />

81675 München<br />

Tel. +49 (0)89 / 4 47 00 91<br />

info@women-speaker-foundation.de<br />

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evolve steht für die Entwicklung von Bewusstsein und Kultur.<br />

evolve stellt Fragen: Was hat wirklich Wert, was macht letztlich Sinn?<br />

evolve denkt: rational, philosophisch, spirituell.<br />

evolve lebt: integral und evolutionär.<br />

evolve verbindet: Menschen auf der Suche nach einer progressiven Spiritualität.<br />

124<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

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Sie sind an einer<br />

Kooperation interessiert?<br />

Bitte wenden Sie sich an die<br />

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125


SERVICE | EVENTS IM RÜCKBLICK |<br />

Gründer, Powerfrauen und Kinder<br />

Unternehmer meines Lebens<br />

Am 15. November 2<strong>01</strong>3 drehte sich am Tegernsee für 100 Unternehmer,<br />

Selbstständige und Führungskräfte beim 3. UML-Kongress<br />

alles um das Thema „Gemeinsam tun“ und „Individualität“.<br />

Highlights des Tages waren u.a. die inspirierenden Vorträge von<br />

Christian Felber, dem Begründer der „Gemeinwohl-Ökonomie“,<br />

von der Anthropologin und Gründerin des Gemeinschaftsprojektes<br />

„Living Gaia“ in Brasilien, Alexandra Schwarz-Schilling und<br />

von dem Anthroposophen Sebastian Gronbach. Vegetarischbiologische<br />

Verpflegung, Yoga- und Wahrnehmungsübungen,<br />

das Errichten einer Jurte im Kongressaal sowie das gemeinsame<br />

Trommeln rundeten das ganzheitlich ausgerichtete<br />

Tagesprogramm ab. Nach positiver<br />

Resonanz ist bereits der nächste Kongress 2<strong>01</strong>4<br />

in Vorbereitung. Das Thema: „Alles im Fluss!“<br />

www.unternehmermeineslebens.de<br />

Deutscher <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis<br />

Deutschlands <strong>Nachhaltig</strong>ste Marken<br />

(v.l.n.r.): DR.SCHNELL Chemie, SPEICK Naturkosmetik<br />

Walter Rau, Rapunzel Naturkost.<br />

ebm-papst, die HSE<br />

AG und SPEICK gehören<br />

zu „Deutschlands<br />

nachhaltigsten<br />

Unternehmen“. Am<br />

22.11.2<strong>01</strong>3 übergaben<br />

ihnen EU-Umweltkommissar<br />

Janez<br />

Potočnik und andere<br />

Prominente in Düsseldorf<br />

den Deutschen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitspreis.<br />

Die Weltpolitikerin Gro Harlem Brundtland, eine der wegweisenden<br />

Persönlichkeiten des <strong>Nachhaltig</strong>keitsgedankens,<br />

Soul-Diva Dionne Warwick und Popstar Anastacia wurden mit<br />

Ehrenpreisen gewürdigt.<br />

3. KiKA Kinder-<strong>Nachhaltig</strong>keitstag<br />

„Wie unsere Zukunft aussieht, bestimmen wir!“<br />

Von Karin Burger<br />

Mitdenken, mitreden, mitmischen!<br />

So lautete das Motto<br />

des 3. KiKA Kinder-<strong>Nachhaltig</strong>keitstag<br />

am 22.11.2<strong>01</strong>3 in<br />

Düsseldorf. An diesem lebendigen<br />

Event des öffentlichrechtlichen<br />

Kindersenders<br />

nehmen jedes Jahr 50 kleine „Zukunftsmacher“ teil.<br />

Es war wieder faszinierend, als stiller Zuschauer zu erleben, wie<br />

ernsthaft Kinder zwischen neun und 15 Jahren komplexe Themen<br />

diskutieren und wie klar ihre Forderungen an die Erwachsenen<br />

sind: altersgerechte AGBs von facebook, ein Universal-Logo für<br />

fair gehandelte Waren, abschreckende Bilder auf Frischfaserpapier<br />

– etwa von abgeholzten Regenwäldern, Bürgermeister<br />

und Chefs von Unternehmen sollen einmal pro Jahr eine Woche<br />

im Rollstuhl verbringen. Unter großem Beifall übergaben die<br />

Kinder am Ende ihre Forderungen selbstbewusst in einer eigenen<br />

Deklaration an Dr. Günther Bachmann, dem Generalsekretär<br />

des Rats für <strong>Nachhaltig</strong>e Entwicklung. Auf der großen Bühne,<br />

vor über 800 Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net Stichwort KiKa<br />

Im Interview beschreiben die KiKa-Macher<br />

Michael Stumpf und Felix Seibert-Daiker, was<br />

Kinder sich von Entscheidern wünschen.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net Stichwort „Seibert“<br />

Die Preisträger 2<strong>01</strong>3<br />

• <strong>Nachhaltig</strong>ste Unternehmen: ebm-papst Unternehmensgruppe;<br />

Top 3: apetito AG und Lebensbaum/Ulrich Walter GmbH<br />

• <strong>Nachhaltig</strong>ste Marken: SPEICK Naturkosmetik Walter Rau<br />

GmbH & Co. KG Speickwerk, Top 3: DR.SCHNELL Chemie GmbH<br />

und Rapunzel Naturkost GmbH<br />

• <strong>Nachhaltig</strong>ste Zukunftsstrategien (Konzern): HEAG Südhessische<br />

Energie AG (HSE); Top 3: SAP AG und Vaillant GmbH<br />

• <strong>Nachhaltig</strong>ste Zukunftsstrategien (Kleines/mittelständisches<br />

Unternehmen): IWAN BUDNIKOWSKY GmbH & Co. KG; Top 3:<br />

Ihr Bäcker Schüren und Thomas Becker - Atelier für Schmuck<br />

• <strong>Nachhaltig</strong>ste <strong>Produkte</strong>/Dienstleistungen: HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft<br />

mbH, Top 3: MEWA Textil-Service AG<br />

& Co. Management OHG und Otto GmbH & Co. KG<br />

• Blauer Engel-Preis: HELLER-LEDER GmbH & Co. KG; Top 3:<br />

Telekom Deutschland GmbH und Unify GmbH & Co. KG<br />

• Sonderpreis „Ressourceneffizienz“: Viessmann Werke GmbH<br />

& Co. KG; Top 3: 3M Deutschland GmbH und ebm-papst Unternehmensgruppe<br />

• Forschungspreis „<strong>Nachhaltig</strong>e Entwicklungen“: „VIP - Vorpommern<br />

Initiative Paludikultur“ (Universität Greifswald);<br />

Top 3: „GLOWA Jordan River“ (Universität Tübingen) und<br />

„Ressourcenschonendes Leichtbauverfahren für Betondecken<br />

üblicher Deckenstärke“ (TU Kaiserslautern)<br />

• Sonderpreis „<strong>Nachhaltig</strong>es Bauen“: Kunstmuseum Ravensburg;<br />

Top 3: Bischöfliches Jugendamt Don Bosco (Mainz) und<br />

Woodcube (Hamburg)<br />

• Ehrenpreise 2<strong>01</strong>3: Anastacia; Dr. Gro Harlem<br />

Brundtland; Dionne Warwick<br />

www.nachhaltigkeitspreis.de<br />

Fotos: oben: © Marc Darchinger | unten: © KiKA/Melanie Grande<br />

126 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| EVENTS IN DER VORSCHAU | SERVICE<br />

14. bis 17. Januar 2<strong>01</strong>4<br />

in Berlin<br />

Green Fashion &<br />

Beauty<br />

Freunde „grüner“<br />

Mode- und Beauty-<br />

Trends aufgepasst!<br />

Anlässlich der Berliner<br />

Fashion Week können<br />

Sie sich von drei spannenden<br />

Events inspirieren<br />

lassen. Vom 14. bis<br />

16. Januar öffnet das<br />

ewerk im Rahmen der<br />

Ethical Fashion Show<br />

seine Tore. Die internationale<br />

Fachmesse<br />

für eco-faire Street- & Casualwear ist<br />

Fachbesucher-Treffpunkt für zeitgemäßes<br />

Design und alternative Wirtschaftsmodelle.<br />

Lifestyle Brands aus dem Mode- und<br />

Beautybereich, die Wert auf faire und regionale<br />

Produktion, nachhaltige Materialien,<br />

Transparenz und soziales Engagement legen,<br />

finden Sie auch vom 14. bis 16. Januar<br />

im Greenshowroom im Kronprinzenpalais<br />

am Prachtboulevard „Unter den Linden“<br />

und vom 15. bis 17. Januar im facettenreichen<br />

Programm des lavera Showfloors<br />

im Umspannwerk Alexanderplatz, wo die<br />

Shows für alle Besucher zugänglich sind.<br />

www.ethicalfashionshowberlin.com<br />

www.green-showroom.net<br />

www.lavera-showfloor.de<br />

11.-13.2.2<strong>01</strong>4<br />

ESSEN/GERMANY<br />

www.e-world-essen.com<br />

11. bis 13. Februar 2<strong>01</strong>4 in Essen<br />

E-world energy & water 2<strong>01</strong>4<br />

Mit über 600 Ausstellern, 20.000 Besuchern<br />

und einer Ausstellungsfläche von<br />

50.000 qm gilt die E-world energy &<br />

water als Leitmesse der Energiewirtschaft<br />

in Europa. Vertrieb, Handel, Marketing<br />

stehen dabei im Vordergrund – genauso<br />

wie die Topthemen Erneuerbare Energien,<br />

Energieeffizienz, Smart Energy und Energiewende.<br />

Das Rahmenprogramm richtet<br />

sich an ein qualifiziertes Fachpublikum, das<br />

an direktem und intensivem Austausch in<br />

Konferenzen, Workshops, Foren und auf<br />

Messeständen interessiert ist.<br />

www.e-world-essen.com<br />

12. bis 15. Februar 2<strong>01</strong>4 in Nürnberg<br />

BioFach 2<strong>01</strong>4<br />

Schwerpunkt Organic 3.0 – Die ökologische<br />

Land- und Lebensmittelwirtschaft<br />

von morgen<br />

Zum 25-jährigen Jubiläum der BIOFACH<br />

blicken Bio-Branche und Messe gemeinsam<br />

in die Zukunft und rufen Organic 3.0<br />

als Schwerpunktthema aus. Inspirierende<br />

Ansichten, Ideen und mögliche Antworten,<br />

nicht nur zu den drei Kernaspekten Ressourcen,<br />

Wirkung und Transparenz, gibt es<br />

vom 12. bis 15. Februar in Nürnberg. Rund<br />

2.400 Aussteller und mehr als 40.000 Fachbesucher<br />

werden zum Messe-Duo BIO-<br />

FACH, Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel,<br />

und VIVANESS, internationale Fachmesse<br />

für Naturkosmetik, erwartet.<br />

www.biofach.de<br />

6. bis 8. März 2<strong>01</strong>4<br />

in Stuttgart<br />

CEB® CLEAN<br />

ENERGY BUILDING<br />

Herausforderung Energieeffizienz in der<br />

Praxis<br />

Die CEB® Clean Energy Building ist die<br />

führende internationale Fach- und Kongressmesse<br />

für energieeffiziente Gebäude,<br />

technische Gebäudeausrüstung und regenerative<br />

Energieerzeugung. Unter dem<br />

Slogan „Think Future“ liegt ihr Fokus neben<br />

den drei inhaltlichen Schwerpunkten auf<br />

Innovationsthemen wie Speichertechnologien,<br />

Beleuchtungstechnik und grüne<br />

Dienstleistungen. Die CEB® entwickelte<br />

in den vergangenen Jahren als zentraler<br />

Branchentreffpunkt und Innovationsmotor<br />

aktuelle Themen und Trends rund um<br />

den Bereich Gebäude und erneuerbare<br />

Energien weiter.<br />

www.ceb-expo.de.<br />

21. und 22. März 2<strong>01</strong>4 in Oldenburg<br />

zukunftsenergien nordwest<br />

Deutschlands größte Job- und Bildungsmesse<br />

zu erneuerbaren Energien und<br />

Energieeffizienz<br />

Die zukunftsenergien nordwest ist der<br />

Branchentreffpunkt für Aussteller und die<br />

Karriereplattform für engagierte Jobsuchende<br />

speziell zum Thema erneuerbare<br />

Energien und Energieeffizienz. Angebote<br />

zu Qualifizierung, Weiterbildung und Studium<br />

informieren neben Branchenworkshops,<br />

Vorträgen und Exkursionen über die<br />

Branche. Der Eintritt zur Messe sowie das<br />

Rahmenprogramm sind kostenfrei.<br />

www.zukunftsenergien-nordwest.de<br />

2. bis 4. April 2<strong>01</strong>4 in Berlin<br />

Deutscher Fundraising Kongress<br />

Der Deutsche Fundraising Kongress ist<br />

das Branchentreffen für die Kultur des<br />

Gebens. In zahlreichen Workshops, Seminaren,<br />

Table Sessions und mehr bietet der<br />

Kongress in Berlin Erfahrungsaustausch,<br />

Praxis berichte und Networking für FundraiserInnen<br />

aller Erfahrungsstufen.<br />

www.fundraising-kongress.de<br />

10. bis 13. April 2<strong>01</strong>4<br />

in Stuttgart<br />

FAIR HANDELN<br />

Die FAIR HANDELN ist<br />

eine Messe für alle,<br />

die sich engagiert für ein global verantwortungsvolles<br />

und nachhaltiges Handeln<br />

einsetzen. Sie stellt einen Marktplatz für<br />

den Fach- und Einzelhandel, der fair gehandelte<br />

<strong>Produkte</strong>, Nahrungsmittel, Textilien,<br />

Kosmetik, Blumen, Kunst etc. im Angebot<br />

hat. Darüber hinaus sind CSR, nachhaltiger<br />

Tourismus und Entwicklungszusammenarbeit<br />

vorrangige Themen, die vorgestellt<br />

und in zahlreichen Bildungsveranstaltungen<br />

und Forumsbeiträgen beleuchtet<br />

und diskutiert werden.<br />

www.messe-stuttgart.de/fairhandeln<br />

11. bis 13. April 2<strong>01</strong>4, Messe Freiburg<br />

Gebäude.Energie.Technik 2<strong>01</strong>4<br />

Die führende Messe für Energieeffizienz<br />

und erneuerbare Energien im Südwesten<br />

Die Gebäude.Energie.Technik ist die<br />

führende Messe für private und gewerb-<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

127


SERVICE | EVENTS IN DER VORSCHAU |<br />

liche Bauherren, Immobilienbesitzer und<br />

Bauträger sowie Architekten, Planer,<br />

Fachhandwerker, Energieberater und kommunale<br />

Energiebeauftragte im Südwesten.<br />

Neben rund 200 Ausstellern bietet die<br />

Messe ein erstklassiges Rahmenprogramm<br />

mit dem Marktplatz Energieberatung, Vorträgen,<br />

Seminaren und Messerundgängen.<br />

www.getec-freiburg.de<br />

Abwasser ausgezeichnet. Die Initiatoren<br />

Marco Voigt und Sven Krüger werden auch<br />

dieses Mal viele Persönlichkeiten aus der<br />

Wirtschaft und der Film- und Fernsehwelt<br />

auf dem Grünen Teppich begrüßen.<br />

www.greentec-awards.com<br />

des Buchungs-Codes „14-<strong>01</strong>F“ erhalten<br />

<strong>forum</strong>-Abonnenten auf der Webseite<br />

www.dokeo.de/f4-teilnahme zehn Prozent<br />

Rabatt auf alle Buchungen.<br />

www.csr<strong>forum</strong>.eu<br />

04. Mai 2<strong>01</strong>4, München<br />

GreenTec Awards<br />

Europas größter Umwelt- und Wirtschaftspreis<br />

Zum ersten Mal finden die GreenTec<br />

Awards im Rahmen der weltweit größten<br />

Umwelttechnologiemesse IFAT (5. bis<br />

9. Mai 2<strong>01</strong>4) in München statt. Auf der<br />

glamourösen Preisverleihung werden die<br />

besten nachhaltigen Ideen in den zehn Kategorien<br />

Automobilität, Bauen & Wohnen,<br />

Energie, Galileo Wissenspreis (ProSieben),<br />

Kommunikation, Lifestyle, Luftfahrt,<br />

Produktion, Recycling sowie Wasser &<br />

7. und 8. Mai 2<strong>01</strong>4 in Ludwigsburg<br />

10. Deutsches CSR-Forum<br />

Internationales Forum für <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

und Zukunftsfähigkeit<br />

Zukunftsfähigkeit – Compliance – Gesellschaftliche<br />

Verantwortung – <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

sind die Themen des Jubiläums<strong>forum</strong>s.<br />

Über 15 Vorstandsvorsitzende von großen<br />

Unternehmen und KMU sowie viele Vorstände<br />

und Vertreter des Middle Managements<br />

und NGO-Chefs erklären, wie sie es<br />

damit halten und wie es weitergehen soll.<br />

Außerdem: Die Verleihung des Deutschen<br />

CSR-Preises 2<strong>01</strong>4. Ein Muss für jeden<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keits-Bewegten. Bei Angabe<br />

23. bis 25. Mai 2<strong>01</strong>4 in Friedrichshafen<br />

eMOBILITY WORLD<br />

6. Messe für nachhaltige Mobilität<br />

Elektromobilität muss erfahren werden!<br />

Deutschlands erste Messe für nachhaltige<br />

Mobilität bietet Herstellern und Marktteilnehmern<br />

zum sechsten Mal die optimierte<br />

B2C-Plattform zur Ansprache interessierter<br />

Endverbraucher. Die Besucher erfahren<br />

hier, was der Markt zur Elektro-, Hybridund<br />

Wasserstoffmobilität zu bieten hat<br />

und können das neue Fahrgefühl direkt<br />

vor Ort bei einer Testfahrt ausprobieren.<br />

www.e-mobility-world.de<br />

WAVE: Ohne Sprit zum Weltrekord<br />

Voller Tatendrang: Die Rallye-Teilnehmer erwartet<br />

1.800 Kilometer elektrischer Fahrspaß. 2<strong>01</strong>4 sind<br />

sogar 500 Elektroauto-Fans am Start.<br />

Von Stuttgart via Franken bis ins Alpenland<br />

starten am 30. Mai 2<strong>01</strong>4 bereits zum<br />

vierten Mal hunderte Elektrofahrzeug-<br />

Begeisterte zur WAVE (World Advanced<br />

Vehicle Expedition). Auf der 1.800 km<br />

langen Tour fahren die Teams mit unterschiedlichen<br />

Auto-Modellen in neun Tagen<br />

von Stuttgart via München in die Schweiz.<br />

Rund 75 Teams legen gemeinsam über<br />

150.000 km zurück: Die WAVE ist die<br />

größte Elektroauto-Rallye der Welt. Unternehmen,<br />

Universitäten und Private sind<br />

herzlich eingeladen, ebenfalls mit dabei zu<br />

sein. Ob mit Serienmodellen oder Eigenbauten:<br />

Hauptsache mit Elektroantrieb.<br />

„Die Rallye-Teilnehmer wollen zeigen,<br />

dass Erdöl als Fahrzeug-Treibstoff nicht<br />

mehr nötig ist. Denn Elektroautos in allen<br />

Größen und Preisen kann man sich heute<br />

schon leisten. Und mit erneuerbaren<br />

Energien angetrieben sind sie eine zuverlässige,<br />

saubere und preiswerte Form der<br />

Mobilität, die enorm Spaß macht!“, so der<br />

Tour-Direktor und Initiator der WAVE, der<br />

Schweizer Louis Palmer.<br />

Der große Elektroauto-Test<br />

Doch bei der WAVE geht’s um mehr, als<br />

nur um eine grüne Welle. Die Fahrzeuge<br />

werden in zehn Städten einem strengen<br />

Alltagstauglichkeits-Test unterzogen, z.B.<br />

in Sachen Slalom-Fahren, Komfort oder<br />

Öko-Bilanz. Das Team mit dem alltagstauglichsten<br />

Fahrzeug gewinnt am Schluss die<br />

begehrte „WAVE Trophy“.<br />

Zum Start der WAVE 2<strong>01</strong>4 ist jedes elektrisch<br />

betriebene Auto willkommen. Ziel ist<br />

es, am Start den Weltrekord für die größte<br />

Elektroauto-Parade der Welt aufzustellen<br />

und damit eindrücklich zu zeigen, wie alltagstauglich<br />

die verschiedenen Arten der<br />

Elektromobilität schon heute sind.<br />

www.wavetrophy.com<br />

Foto: © Wave<br />

128 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| VORSCHAU & IMPRESSUM | SERVICE<br />

Fotos v.o.l.n.u.: © Genisis Institute | © Brammo Inc, USA<br />

Vorschau<br />

Das erwartet Sie in Ausgabe 2/2<strong>01</strong>4 von<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> (erscheint am 1.4.2<strong>01</strong>4):<br />

Schwerpunkt Sustainable-Entrepreneurship:<br />

Hype oder Wachstumstreiber?<br />

In Deutschland sprießen nachhaltigkeitsorientierte Start-ups. Was macht einen<br />

erfolgreichen Öko- oder Sozialunternehmer aus und wie kann man den<br />

Social Impact – die gesellschaftliche Wirkung eines Unternehmens – messen?<br />

Die zehn erfolgreichsten Sozialunternehmer Deutschlands +++ Start-up-<br />

Förderung: Von Sustainable Business Angels bis Ashoka +++ Leidenschaft:<br />

Was Sustainable Entrepreneurs erfolgreich macht +++ Debatte: Warum<br />

„Kopf schlägt Kapital“ nicht reicht +++ Wachstum: Finanzierungs-Modelle<br />

von Crowdfunding bis Social-Franchise<br />

Themen:<br />

Energie: Innovationen für die Wende<br />

<strong>Nachhaltig</strong> Bauen & Sanieren – im<br />

Themenjahr 2<strong>01</strong>4!<br />

Special Mobilität & Logistik:<br />

Was bewegt uns 2<strong>01</strong>4?<br />

Der Fuhrpark 2<strong>01</strong>4: Hier lohnt es<br />

sich, zu investieren +++ Wer setzt<br />

sich eher durch: Elektoantrieb oder<br />

Brennstoffzelle? +++ Lautlos mit 240<br />

Sachen: Warum Motorrad-Rennfahrerin<br />

Shelina Moreda auf elektrisch<br />

abfährt +++ Effizient: So sieht die<br />

LKW-Flotte 2<strong>01</strong>8 aus +++ Spritspartraining<br />

und faire Löhne: Das ist moderne,<br />

nachhaltige Logistik<br />

Innovationsschmieden: Warum<br />

Unternehmen wie Telekom, Daimler,<br />

DHL und Henkel sich von Thinktanks<br />

inspirieren lassen.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: ECO-World by ALTOP in Kooperation<br />

mit dem Bundesdeutschen Arbeitskreis für<br />

Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V.<br />

Redaktion: Tina Teucher, Fritz Lietsch, Anna Gauto,<br />

Edda Langenmayr, Kim Schumacher, Maja Tittlbach,<br />

Uta Dobler, Daniela Gschnaidner, Jennifer Staniulis,<br />

Sebastian Gfäller, Sonja Schneider<br />

Telefon +49 (0)89 / 74 66 11 - 0<br />

redaktion@<strong>forum</strong>-csr.net; www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Verlag: ALTOP Verlag, Gotzinger Str. 48, 81371<br />

München, Telefon +49 (0)89 / 74 66 11 - 0 Fax +49<br />

(0)89 / 74 66 11 - 60, info@altop.de; www.altop.de<br />

Geschäftsführer: Fritz Lietsch; Gerichtsort München;<br />

Handelsregister Nr. 749 25<br />

Anzeigenbetreuung: <strong>forum</strong> Büro Nord, Dagmar<br />

Hermann, Sonja Hermann, Hugo Quenzer und<br />

Maximilian Römer, d.hermann@<strong>forum</strong>-csr.net,<br />

Telefon +49 (0)4532 / 2 14 02<br />

Abonnentenbetreuung: Jennifer Staniulis, abo@<br />

<strong>forum</strong>-csr.net, Telefon +49 (0)89 / 74 66 11 - 10<br />

Marketing: Maja Tittlbach, m.tittlbach@<strong>forum</strong>-csr.<br />

net, Telefon +49 (0)179 / 5 <strong>01</strong> 49 40<br />

Vertrieb: IPS Pressevertrieb GmbH Postfach 12<br />

11 53334 Meckenheim; Telefon +49 (0)2225 / 88<br />

<strong>01</strong> - 0 Fax +49 (0)2225 / 88 <strong>01</strong> - 1 99; info@ipspressevertrieb.de<br />

Bezug auch direkt unter<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Datenbankprogrammierung: info@oneworld.de,<br />

www.oneworld.de<br />

Layout und Satz: dtp/layout; www.dtp-layout.de<br />

Preis: 7,50 Euro<br />

Erscheinungsweise: vierteljährlich<br />

ISSN 1865-4266<br />

Printed in Germany 2<strong>01</strong>3<br />

Für die redaktionellen Beiträge von Unternehmen<br />

sowie die Best Practice-Beispiele sind die Unternehmen<br />

selbst verantwortlich. Namentliche oder<br />

anders gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die<br />

durch die Herstellung des Magazins verursachten<br />

Treibhausgase werden durch Klimaschutzmaßnahmen<br />

kompensiert. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

ist nur mit Genehmigung des Verlages unter Angabe<br />

der Bezugsanschrift gestattet. Aus Gründen<br />

der besseren Lesbarkeit wurde in der Regel die<br />

männliche Schreibweise verwendet. Wir weisen an<br />

dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass sowohl<br />

die männliche als auch die weibliche Schreibweise<br />

für die entsprechenden Beiträge gemeint ist.<br />

Kuratorium<br />

Energie Prof. Dr. Claudia Kemfert, DIW; Dr. Axel<br />

Berg, EUROSOLAR Ethischer Konsum Michael<br />

Kuhndt, CSCP Gesellschaft & Zukunft Prof. Dr.<br />

Rolf Kreibich, Institut für Zukunftsstudien und<br />

Technologiebewertung; Stefanie Wahl, Denkwerk<br />

Zukunft Globalisierung & Entwicklung Prof. Dr. Dr.<br />

Franz Josef Radermacher, Universität Ulm; Barbara<br />

Unmüßig, Heinrich-Böll-Stiftung Green Money<br />

Rolf D. Häßler, oekom research AG; Volker Weber,<br />

Forum <strong>Nachhaltig</strong>e Geldanlagen Landwirtschaft<br />

& Ernährung Bernward Geier, COLABORA Medien<br />

Prof. Dr. Torsten Schäfer, Hochschule Darmstadt<br />

Psychologie Prof. Dr. Lenelis Kruse, Universität Heidelberg<br />

Social Business Peter Spiegel, GENISIS Umwelt-<br />

& Ressourcenschutz Prof. Maximilian Gege,<br />

B.A.U.M. Klima & Ozeane Mojib Latif, Geomar<br />

CO 2<br />

-neutral gedruckt mit dem Projekt www.grünesklima.de – ein Produkt der Miller Forest Investment AG.<br />

Dauerhafte und ökologisch wertvolle Bindung von Kohlendioxid durch Mischwaldaufforstung in Südamerika.<br />

Inhalt gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk, hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH. Umschlag<br />

gedruckt auf Satimat Green, hergestellt aus 60-prozentigem Anteil an Recyclingfasern sowie 40 Prozent FSC®-zertifizierten Fasern. Ein Produkt der Arjowiggins Graphic.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

129


Geteilte Meinung<br />

Warum Nina Ruge<br />

am liebsten<br />

mit Angela Merkel<br />

philosophieren würde<br />

Diesmal teilt die Fernsehmoderatorin Nina Ruge<br />

ihre Meinung mit <strong>forum</strong>. Bekannt wurde sie durch<br />

Nachrichten sendungen wie das heute-journal und das<br />

Boule vardmagazin Leute heute. Ihr Talkshow-Motto<br />

„Alles wird gut“ macht sie in vielfältigen Engagements<br />

wahr: für Kinder als UNICEF-Repräsentantin, als<br />

Schirmherrin eines Netzwerks für behinderte Frauen,<br />

aber auch als „Botschafterin des Hundes“ oder für das<br />

Jane-Goodall-Institut Deutschland. Ob Fliegen oder<br />

Bahnfahren besser ist, darin ist sie selbst auch noch<br />

geteilter Meinung...<br />

Was machen Sie gern selbst, statt es zu kaufen?<br />

Gemüse! Eier! Im Sommer verspeise ich sozusagen step by<br />

step unseren Gemüsegarten – und bedanke mich morgens<br />

bei den sechs Hennen, dass sie auch noch meinen Eiweißbedarf<br />

decken. Glücklicherweise sagt mir ja die moderne<br />

Medizinforschung, dass das Ei meinem Cholesterin gar nicht<br />

schaden kann ...<br />

Was teilen Sie gern?<br />

Lebensfreude!<br />

Wo informieren Sie sich über nachhaltige<br />

Lösungen?<br />

Allein aufgrund meiner Kongress- und Event-Moderationen<br />

stolpere ich ständig über Neues zum Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit,<br />

das ist toll!<br />

Ihre Ökosünde: Sie haben eine Schwäche für ...<br />

Fliegen statt Bahnfahren! Aber die Bahn wird immer schneller,<br />

bald nimmt sich das zeitlich nichts mehr. Dann steige ich um!<br />

Wer wäre Ihr Traumpartner, um über Sinn und<br />

Unsinn des Lebens zu philosophieren?<br />

Angela Merkel! Zu dem Thema hört man sonst nichts von ihr ...<br />

Welches <strong>Nachhaltig</strong>keitsthema geht Ihnen<br />

auf die Nerven?<br />

Alles, was gegen den Markt erzwungen wird.<br />

Sie gründen morgen ein (neues) Business.<br />

Welches Bedürfnis stillt es?<br />

... das Bedürfnis nach vegetarischem Essen! Eine vegetarische<br />

Imbiss- und Delivery-Kette, mit Eins-a-Qualität.<br />

130 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Weil sich Fairness<br />

einfach durchsetzt.<br />

Was unsere Kunden seit langem schätzen, bestätigt nun die repräsentative<br />

Studie von FOCUS-MONEY: Baufritz ist eines der fairsten Fertighaus-<br />

Bauunternehmen. In <strong>Nachhaltig</strong>keit & Verantwortung, Kundenservice<br />

und -kommunikation, Preis-Leistungs-Verhältnis sowie im Gesamturteil<br />

erhielten unsere ökologischen und wohngesunden Architektenhäuser die<br />

Note „sehr gut“.<br />

Im Test: Die 16 größten<br />

Fertigbauunternehmen in Deutschland<br />

Ausgabe 45/2<strong>01</strong>2<br />

Eine ebenso einzigartige Leistung sind unsere über 50 Mehrwert-Vorteile,<br />

die Sie so nur bei Baufritz bekommen. Mehr dazu erfahren Sie in Ihrem<br />

persönlichen Baufritz-Katalog. Jetzt gleich anfordern!<br />

5-mal Kundenurteil: sehr gut<br />

www.baufritz-eco.de


Bei diesem Papier<br />

sind sich Politik<br />

und Wirtschaft<br />

einfach einig.<br />

Recyclingpapier mit dem Blauen Engel genießt bei Wirtschaft<br />

und Politik gleichermaßen großes Ansehen. Denn als vielseitig<br />

und in hohen Mengen eingesetztes Kommunikationsmedium<br />

erfüllt es vorbildlich die Ansprüche an Umwelt- und Klimaschutz,<br />

Energie- und Ressourceneffizienz. Aber auch an Qualität, Leistung<br />

und Performance. So erklärt es sich, dass immer mehr Unternehmen<br />

ihre Recyclingpapierquoten steigern * und Politiker<br />

den Einsatz von nachhaltigem Papier als ressourceneffiziente<br />

Maßnahme fördern und fordern. ** Mehr zu Steinbeis Papieren<br />

mit dem Blauen Engel erfahren Sie unter: www.stp.de<br />

* Quelle: A.T. Kearney/IPR: Zukunftstrends:<br />

Recyclingpapier und ökologische <strong>Nachhaltig</strong>keit, Studie, September 2<strong>01</strong>0<br />

** Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.):<br />

Deutsches Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess), Beschluss des Bundeskabinetts vom 29.02.2<strong>01</strong>2<br />

www.stp.de

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