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forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2013: Städte von morgen

Mülleimer komprimieren Abfall selbstständig. Taxis wissen ohne die Zentrale, wann und wo Passanten warten. Kühe grasen in energieautarken Hochhäusern, nur eine Etage über den Büroflächen. Was sich wie Science Fiction liest, ist entweder schon Realität oder wird in naher Zukunft Alltag in unseren Städten sein. Das Entscheider-Magazin forum Nachhaltig Wirtschaften stellt in der Aprilausgabe die Metropolen von morgen vor: Sie sind smart, sozial, klimaneutral und energieeffizient. So wie das Gwanggyo Power Center, eine vertikale Stadt, mit begrünten Dächern und Terrassen, die neben Wohnungen für rund 70.000 Einwohner auch Büroflächen und genügend Raum für Einkauf, Bildung, Freizeit und Kultur bereithält. Zukunftsmusik? Nein, denn schon heute arbeitet die Stadt Seoul in Südkorea an der Umsetzung im 35 km südlich gelegenen Techno Valley. Auch wer im "Bionic Arch" arbeitet, kann sich glücklich schätzen. Durch die Räume flutet Licht, hängende Gärten spenden ideales Klima. Windturbinen machen den Turm energieautark, der schon 2016 in Taipeh zu bestaunen sein wird. Asien blickt aber auch nach Deutschland. Besser gesagt die Weltstadt Tokio auf Dardesheim. Das Städtchen in Sachsen-Anhalt versorgt sich und die Region vollständig mit Strom aus regenerativen Quellen. Das Projekt läuft so erfolgreich, dass japanische Wissenschaftler nach dem Tokioter Atomausstieg in den Harz reisten, um von Dardesheim zu lernen, wie die Energiewende in Japan gelingen kann. Außerdem: "Wir haben den Urbanisierungstrend unterschätzt" Interview mit dem Zukunftsforscher Matthias Horx Nachhaltiges Glück So entstanden Starbucks und die Carmina Burana Grün und langweilig CSR-Reklame bringt Werber ins Schwitzen Mehrgenerationenwohnen Mörder, Alkoholiker und Familien leben unter einem Dach Ohne Kommunikation keine Stromtrasse Wie sehen erfolgreiche Bürgerdialoge aus?

Mülleimer komprimieren Abfall selbstständig. Taxis wissen ohne die Zentrale, wann und wo Passanten warten. Kühe grasen in energieautarken Hochhäusern, nur eine Etage über den Büroflächen. Was sich wie Science Fiction liest, ist entweder schon Realität oder wird in naher Zukunft Alltag in unseren Städten sein. Das Entscheider-Magazin forum Nachhaltig Wirtschaften stellt in der Aprilausgabe die Metropolen von morgen vor: Sie sind smart, sozial, klimaneutral und energieeffizient.

So wie das Gwanggyo Power Center, eine vertikale Stadt, mit begrünten Dächern und Terrassen, die neben Wohnungen für rund 70.000 Einwohner auch Büroflächen und genügend Raum für Einkauf, Bildung, Freizeit und Kultur bereithält. Zukunftsmusik? Nein, denn schon heute arbeitet die Stadt Seoul in Südkorea an der Umsetzung im 35 km südlich gelegenen Techno Valley. Auch wer im "Bionic Arch" arbeitet, kann sich glücklich schätzen. Durch die Räume flutet Licht, hängende Gärten spenden ideales Klima. Windturbinen machen den Turm energieautark, der schon 2016 in Taipeh zu bestaunen sein wird.

Asien blickt aber auch nach Deutschland. Besser gesagt die Weltstadt Tokio auf Dardesheim. Das Städtchen in Sachsen-Anhalt versorgt sich und die Region vollständig mit Strom aus regenerativen Quellen. Das Projekt läuft so erfolgreich, dass japanische Wissenschaftler nach dem Tokioter Atomausstieg in den Harz reisten, um von Dardesheim zu lernen, wie die Energiewende in Japan gelingen kann.

Außerdem:
"Wir haben den Urbanisierungstrend unterschätzt"
Interview mit dem Zukunftsforscher Matthias Horx
Nachhaltiges Glück
So entstanden Starbucks und die Carmina Burana
Grün und langweilig
CSR-Reklame bringt Werber ins Schwitzen
Mehrgenerationenwohnen
Mörder, Alkoholiker und Familien leben unter einem Dach
Ohne Kommunikation keine Stromtrasse
Wie sehen erfolgreiche Bürgerdialoge aus?

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<strong>02</strong>/<strong>2013</strong><br />

ISSN 1865-4266<br />

ForumDas Entscheider-Magazin<br />

<strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

Metropolen der Zukunft<br />

Gemeinsam gegen<br />

Klimakatastrophen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>es Glück<br />

So entstanden Starbuck‘s<br />

und die Carmina Burana<br />

Grün und langweilig<br />

CSR-Reklame bringt<br />

Werber ins Schwitzen<br />

<strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong><br />

Wo Kühe in<br />

Hochhäusern grasen,<br />

alte Menschen nicht vereinsamen,<br />

und smarte Systeme Energie einfangen.


<strong>Nachhaltig</strong>keit ist kein<br />

Teil unserer Firmenpolitik.<br />

Es ist unsere<br />

Firmenpolitik.<br />

Bei allem, was wir tun, schauen wir auf die Zukunft<br />

unserer Erde. Der Wettlauf gegen den Klimawandel erfordert<br />

den gemeinsamen Einsatz <strong>von</strong> Unternehmen,<br />

Bürgern und Politik. Als Bank leisten wir unseren wichtigsten<br />

Beitrag für die Umwelt mit unseren Produkten:<br />

Wir finanzieren erneuerbare Energien, beteiligen uns<br />

am europäischen Emissionshandel und ermöglichen<br />

nachhaltige Geldanlagen. Und unsere Kunden profitieren<br />

<strong>von</strong> kostenloser Energieberatung und günstigen<br />

Krediten für die Immobiliensanierung. Dabei gehen wir<br />

mit gutem Beispiel voran: Wir setzen Rohstoffe effizient<br />

ein und führen unsere eigenen Gebäude klimaneutral –<br />

sowie bald den gesamten Bankbetrieb.<br />

Weitere Informationen finden Sie auf hvb.de<br />

Im Banken-Rating <strong>von</strong> oekom research (2011) belegt die HypoVereinsbank erneut Platz 1 unter den weltgrößten Geschäftsbanken – und gilt damit als nachhaltigstes Unternehmen der Branche.


Editorial<br />

Mehr Raum<br />

für urbane Visionen<br />

Großstädte ziehen viele Menschen magisch an; gleichzeitig<br />

können sie abstoßend, kalt und künstlich wirken. „<strong>Städte</strong> entfremden<br />

den Menschen <strong>von</strong> der Natur“, waren die Expressionisten<br />

im frühen 20. Jahrhundert überzeugt. Die Beiträge<br />

dieser <strong>forum</strong>-Ausgabe zeigen, dass wir Heimatgefühl, erholsames<br />

Grün, saubere Luft und modernste Technologien in<br />

<strong>Städte</strong>n finden können – zumindest in der Zukunft.<br />

Wenn die Gegenwart nicht das Wünschenswerte spiegelt,<br />

schlägt die Stunde der Fantasie. Bei Utopien (griech. für<br />

„Nicht-Orte“) geht es um genau dieses „Denken nach Vorn“,<br />

wie der Philosoph Ernst Bloch formulierte. Utopien kritisieren,<br />

was ist und malen aus, was sein sollte. So formen<br />

sie unser Zukunftsbild und treiben soziale und ökologische<br />

Erfindungen mit der Kraft der Hoffnung an.<br />

Die Utopie <strong>von</strong> heute formt das Morgen<br />

Auf unserer Suche nach wahrgewordenen Zukunftsbildern<br />

sind wir beeindruckenden Geschichten begegnet, die vor<br />

einigen Jahren noch undenkbar schienen. Da ist die Industriebrache<br />

Detroit, deren Bewohner vom „Big is beautiful“-Denken<br />

der Autobau-Ära auf die Selbstversorgung mit<br />

Lebensmitteln umsteigen und so neue Arbeitsplätze schaffen.<br />

Da gibt es ganze Regionen, die sich zu 100 Prozent mit<br />

Erneuerbaren Energien versorgen und die so gewonnene<br />

Freiheit genießen. Rollstuhlfahrer warnen einander via Internet<br />

vor defekten Aufzügen oder Stufen, die den Eintritt ins<br />

Lokal verwehren. Eine Südtiroler Hausgemeinschaft öffnet<br />

ihre Türen auch Alkoholikern und Mördern. Ideenreiche<br />

App-Erfinder lassen den Nutzer wissen, ob ihn gerade das<br />

Auto, Leihfahrrad oder die S-Bahn am besten <strong>von</strong> A nach B<br />

bringt. Ein Unternehmer aus Hamburg recycelt 85 Prozent<br />

des alten, bisher als Abfall behandelten Straßenasphalts<br />

und spart der Stadt so rund 30 Prozent der üblichen Kosten<br />

eines Neubelags. <strong>Städte</strong> verbinden sich zu starken Netzwerken,<br />

um für den Klimaschutz <strong>von</strong>einander zu lernen.<br />

Visionäre Architekten machen aus der Not des städtischen<br />

Platzmangels eine Tugend: Sie bauen energieautarke Häuser,<br />

begrünen die Außenflächen und machen den Anbau <strong>von</strong><br />

Reis und Gemüse im geschlossenen Kreislauf einer „Vertical<br />

Farm“ (wie im Projekt „Dragonfly“ auf unserem Cover-Bild)<br />

möglich. Durch unsere Zusammenarbeit mit den Autoren des<br />

Reports „Intelligent Cities“ (ab S. 14) konnten wir Anregungen<br />

für praxisorientierte Stadt-Lösungen in aller Welt finden. All<br />

diese Beispiele zeigen den Gestaltungswillen der Gegenwart<br />

und prägen unsere Zukunft.<br />

So wird aus dem Nicht-Ort Utopia das neue Eutopia: ein<br />

guter, glücklicher Ort. Ältere Menschen sind dort weniger<br />

einsam, wir erfreuen uns an Grünflächen und können,<br />

wenn wir wollen, einen Großteil unseres Konsums über<br />

Genossenschaften organisieren. Auch <strong>morgen</strong> wird es noch<br />

gesellschaftliche Krisen geben. Aber Resignation hilft nicht,<br />

eine Stadt zu gestalten, in der wir uns wohl fühlen wollen.<br />

Einige Ideen in diesem Heft klingen vielleicht zu fantastisch,<br />

um wahr zu sein. Dann gibt es immer noch die Geschichte<br />

<strong>von</strong> „dem Einen“:<br />

Alle waren sich einig: Das geht nicht. Dann kam einer, der<br />

das nicht wusste, und tat es.<br />

Ihre<br />

Tina Teucher<br />

Redaktionsleitung<br />

t.teucher@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Fritz Lietsch<br />

Herausgeber<br />

f.lietsch@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

3


INhALT<br />

14<br />

Intelligent Cities: Der energieautarke „Bionic Arch“ ist keine Träumerei sondern bald live in Taipeh<br />

zu bewundern. In der Glaslibelle „Dragonfly“ (Titel) sieht jede Ebene anders aus: Kühe grasen<br />

eine Etage über den reisfeldern, ein Stockwerk höher liegen die Wohnanlagen.<br />

3 Editorial<br />

6 <strong>forum</strong>­News<br />

8 schweRpUNKT: städte <strong>von</strong> <strong>morgen</strong><br />

10 Interview „Wir haben den Urbanisierungstrend<br />

unterschätzt“ sagt Zukunftsforscher Matthias Horx<br />

14 Reale Visionen intelligente <strong>Städte</strong>, die uns den<br />

atem rauben<br />

26 Geleitwort Bürgerschaftliches Engagement für die<br />

Stadt der Zukunft PETER RAMSAUER<br />

27 „Bezahlbare wohnungen!“ Und was willst du <strong>von</strong><br />

deiner Stadt?<br />

28 Die Menschen machen die stadt Bürger und<br />

Architekten bauen gemeinsam an der Zukunft<br />

32 serie Die Stadt der Zukunft in 999 Zeichen<br />

33 US-City Concorde verbietet Plastikflaschen …<br />

und weitere gute Stadtnachrichten<br />

34 Zukunftsmusik? Von wegen! aus Windeln wird<br />

Energie, aus Pappe ein Fahrrad<br />

36 Tokio lernt <strong>von</strong> Dardesheim Eine Gemeinde in<br />

Sachsen­Anhalt pfeift auf Atomenergie und<br />

produziert sauberen Strom für 40.000 Menschen<br />

42 Regionen machen Tempo Viele beziehen Strom<br />

schon komplett aus erneuerbaren Energien, andere<br />

ziehen nach<br />

44 porträt Warum Pirmasens zu den Vorreitern in<br />

deutschland gehört<br />

45 portrait alheim setzt auf Sonne<br />

48 Großstädte überholen staaten Die C40 kümmern<br />

sich selbst um Klimaschutz<br />

50 heiß und unabhängig Steigende Energiepreise sind<br />

für ein Sonnenhaus kein Problem<br />

56 Ohne Kommunikation keine Stromtrasse<br />

Wie sehen erfolgreiche Bürgerdialoge aus?<br />

58 eine Geisterstadt begrünen die agroökologie<br />

schenkt Detroit neue Hoffnung<br />

62 Armut in der Metropole die Working Poor sind<br />

Boten der sozialen Spaltung<br />

64 Interview Die Stadt der Zukunft wird zwar älter<br />

aber weniger einsam. Demographieforscher Steffen<br />

Kröhnert sagt weshalb.<br />

68 endlich freie Durchfahrt dank Wheelmap.org<br />

wissen rollstuhlfahrer wo Barrieren lauern<br />

71 Mehrgenerationenwohnen Wo Mörder,<br />

alkoholiker und Familien unter einem dach leben<br />

74 Interview Ethnologe Johannes Moser erklärt,<br />

warum der Phaeton in Dresden gefloppt ist<br />

4 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


INhALT<br />

84<br />

Was macht uns nachhaltig glücklich?<br />

in vier Stufen zur Erfüllung.<br />

48<br />

<strong>Städte</strong> sind die Hauptverursacher des<br />

Klimawandels. Jetzt handeln sie gemeinsam.<br />

77 pRAxIs: Aus dem Unternehmensalltag<br />

strategie und Unternehmensführung<br />

78 sicher durch Turbulenzen Führungskräfte lösen<br />

Unternehmenskrisen mit „Effectuation“<br />

81 Der Unternehmensknigge Gute Umgangsformen<br />

und Konfliktmanagement im Betrieb<br />

84 <strong>Nachhaltig</strong> glücklich Die Wirtschaft wandelt sich,<br />

wenn unser Glücksbegriff sich ändert.<br />

88 Kolumne Grameen und BaSF bekämpfen Stechmücken<br />

MUHaMMad YUNUS<br />

89 serie Was kann, darf und sollte ein guter<br />

CSR­Manager?<br />

92 Kolumne Wann ist nachhaltig auch werthaltig?<br />

ralPH tHUrM<br />

94 studie Unternehmen nutzen <strong>Nachhaltig</strong>keit zu<br />

selten für Umsatzsteigerung<br />

personalmanagement<br />

96 Möhren und Yoga Die Mitarbeiter <strong>von</strong> IKEA in<br />

Hamburg sind gesünder<br />

99 TheMeN: weiteres aus der csR­welt<br />

Zukunftsforscher & -macher<br />

100 Generation ohne Lobby deutschland muss enkeltauglich<br />

werden<br />

Berichterstattung & Kommunikation<br />

1<strong>02</strong> Kollision Unternehmen führen Geschäfts­ und<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte zusammen<br />

104 Alle Macht den Konsumenten Kunden zwingen<br />

Unternehmen zu mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

108 Das Unbehagen der werber aus angst vor NGos<br />

produzieren sie langeweile<br />

110 serie Wertvolles vom ehrbaren Kaufmann<br />

Institutionen der <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

112 Adieu homo Oeconomicus in Berlin entstehen<br />

nachhaltige Wirtschaftswissenschaften<br />

social Business<br />

114 serie Social Business Startups: die EindollarBrille<br />

hilft 150 Millionen Menschen zu sehen<br />

117 seRVIce<br />

118 <strong>forum</strong> Medientipps<br />

120 B.a.U.M. informiert<br />

122 <strong>forum</strong> adressen<br />

123 <strong>forum</strong> Kleinanzeigen<br />

124 <strong>forum</strong> Events in der Vorschau<br />

126 <strong>forum</strong> Events im rückblick<br />

128 themenvorschau und impressum<br />

130 10 Traumfragen an … Ex­Fußballprofi Benjamin Adrion<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

5


News<br />

Studie zum Stakeholder Management<br />

Fast 30 Jahre nach Bekanntwerden des Stakeholder-Begriffs<br />

durch R. Edward Freeman legen Unternehmen weiterhin den<br />

Fokus auf die finanziell relevanten Zielgruppen. Die Studie<br />

„Stakeholder Integration“ beschreibt den gegenwärtigen<br />

Diskussions- und Arbeitsstand des Stakeholder Managements<br />

im deutschsprachigen Raum. Während um die Jahrtausendwende<br />

noch v.a. große Player angegriffen wurden,<br />

sind es heute zunehmend die Hidden Champions, klassische<br />

Business-to-Business-Unternehmen und KMU, die auf der<br />

Watchlist kritischer Stake holder-Gruppen stehen. Die Autoren<br />

formulieren als Essenz aller Erkenntnisse<br />

zehn Thesen zur Entwicklung des Stakeholder<br />

Managements.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Stichwort „Freeman“<br />

„Klimascout“ für Kommunen und <strong>Städte</strong><br />

Die neue Internetseite www.klimascout.de unterstützt<br />

deutschsprachige Kommunen bei der Anpassung an den<br />

Klimawandel. Dort finden sich beispielsweise Empfehlungen<br />

für Betreiber <strong>von</strong> Altersheimen bei Hitzewellen, Ratgeber<br />

zur klimaangepassten Gebäudesanierung oder Erklärungen<br />

zu automatischen Hochwasserschutzanlagen. Auch interessierte<br />

Bürger können sich hier ausgiebig informieren.<br />

Wie schütze ich mich vor extremer Hitze oder drohendem<br />

Hochwasser und wie verhalte ich mich richtig bei Unwetterwarnungen?<br />

KlimaScout funktioniert nach dem Vorbild<br />

der Internetseite Wikipedia. Zudem können sie eigenes<br />

Wissen und Erfahrungen eintragen und die Seite damit<br />

weiterentwickeln.<br />

www.klimascout.de<br />

Boden-Währung soll Börsen-Spekulation eindämmen<br />

Diese Installation der US-Künstlerin Claire<br />

Pentecost regt zum Nachdenken über Werte<br />

und Währungen an: Sie schlägt die Einführung<br />

der neuen Währung „Soil-erg“ vor, die durch<br />

Ackerboden gedeckt werden soll. Diese Ressource<br />

sei nicht beliebig vermehrbar und könne<br />

ausufernde Spekulation eindämmen. Zudem<br />

hat Pentecost Soil-erg-Geldscheine entworfen,<br />

deren Motive Künstler, Wissenschaftler oder<br />

Philosophen als Protagonisten eines respektvollen<br />

Umgangs mit Bodenfruchtbarkeit zeigen.<br />

Mit dabei: Charles Darwin, Rudolf Steiner,<br />

Rachel Carson und Vandana Shiva.<br />

Earth League: Neuer globaler Think Tank<br />

Führende internationale Wissenschaftler schlossen sich im<br />

Februar zur Earth League zusammen. Die 18 Gründungsmitglieder<br />

kommen aus unterschiedlichen Fachrichtungen – <strong>von</strong><br />

der Klimaforschung über die Umweltwissenschaften bis zur<br />

Ökonomie – und stammen aus 13 verschiedenen Nationen.<br />

Eine der wichtigsten Aufgaben der Earth League mit Sitz in<br />

Hamburg wird sein, Politikern und Wirtschaftsvertretern<br />

durch eine fundierte Analyse der drängendsten globalen<br />

Probleme eine Basis für ihre Entscheidungsfindung an die<br />

Hand zu geben. In einer „sich selbst organisierenden Allianz“<br />

wollen sich die Mitglieder mit Themen wie dem Ausbau<br />

erneuerbarer Energien, der nachhaltigen Produktion <strong>von</strong><br />

Lebensmitteln sowie der klimafreundlichen Umgestaltung<br />

<strong>von</strong> <strong>Städte</strong>n beschäftigen.<br />

www.earthleague.info<br />

Neuer ganzheitlicher Wohlstandsindikator<br />

Die Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“<br />

hat einen Abschlussbericht zur „Entwicklung eines<br />

ganzheitlichen Wohlstands- bzw. Fortschrittsindikators“<br />

vorgelegt. Damit soll das BIP als bisheriger Wohlstandsindikator<br />

ergänzt werden. Der Ansatz besteht aus zehn<br />

Leitindikatoren, neun so genannten Warnlampen und einer<br />

Hinweislampe sowie z.T. weiteren Unterindikatoren. Das<br />

sachverständige Mitglied Professor Dr. Meinhard Miegel<br />

kritisierte, dass „ein derart weit gespannter Indikatorenfächer,<br />

der sich vom BIP über Freiheit bis hin zu globaler<br />

Artenvielfalt oder <strong>von</strong> Staatsschulden über Gesundheit bis<br />

hin zu nationalen Treibhausgasemissionen spannt, einer<br />

größeren Öffentlichkeit überhaupt nicht und Experten nur<br />

bedingt vermittelbar“ sei.<br />

www.denkwerkzukunft.de<br />

6 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


News<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

7


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Morgen!<br />

„Die Schwärmerei für die Natur kommt <strong>von</strong> der Unbewohnbarkeit<br />

der <strong>Städte</strong>“, war Berthold Brecht im letzten<br />

Jahrhundert überzeugt. Heute ist das anders. Der <strong>Städte</strong>r<br />

sagt: Wenn ich die Natur mag, hole ich sie zu mir! Er wartet<br />

nicht auf <strong>morgen</strong>, er gestaltet heute seinen neuen Lifestyle.<br />

Die folgenden Seiten laden Sie auf eine Reise in die urbane<br />

Gegenwart und Zukunft ein:<br />

Morgen werden die <strong>Städte</strong><br />

… mutiger<br />

Entwürfe für in die Höhe gebaute <strong>Städte</strong> wie das Gwanggyo<br />

Power Centre widersetzen sich dem Platzmangel und bieten<br />

Raum für Einkaufs-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen. Auf<br />

vertikalen Feldern finden auch Kühe und Hühner ihr Futter.<br />

Supertrees mitten in Singapur versorgen hunderte <strong>von</strong> seltenen<br />

Pflanzen mit Energie und Wasser.<br />

… unabhängiger<br />

Arbeitslose Detroiter bauen mit Hilfe eines Österreichers<br />

auf urbanen Brachflächen ihr Getreide, Obst und Gemüse<br />

an. Mörder, Kleinkriminelle und Familien leben solidarisch<br />

in einem Haus mit eigener Hauswährung, Biogartenprojekt<br />

mit Gemüseanbau und -verkauf. <strong>Städte</strong> wie Dardesheim<br />

versorgen nicht nur sich selbst vollständig mit regenerativer<br />

Energie, sie beliefern ihre ganze Region und umliegende<br />

Ballungszentren.<br />

… aktiver<br />

Beschlüsse „par ordre du mufti“ gehören der Vergangenheit<br />

an. Bürger fordern mehr Information und Mitsprache bei der<br />

Planung und Zulassung <strong>von</strong> Großprojekten.<br />

Ein Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof? Eine Bürger-Energie-Genossenschaft?<br />

Solche Ideen erarbeiten Bürger in ihren<br />

Werk<strong>Städte</strong>n gemeinsam mit Politikern, Wirtschaftsvertretern<br />

und Wissenschaftlern.<br />

… vernetzter<br />

Netzwerke wie „C40 Cities Climate Leadership Group” oder<br />

die „ZukunftsWerkStadt“ verbinden national und international<br />

<strong>Städte</strong> und Kommunen, um Aktionen in den Bereichen<br />

Verkehr, Ernährung, Bildung, Abfallmanagement oder Energieeffizienz<br />

voranzutreiben. Innerhalb der <strong>Städte</strong> vernetzen<br />

Helden ihr Wissen für Barrierefreiheit in Deutschland. Und<br />

Unternehmen? Sie konzipieren gemeinsam die „Intelligent<br />

Cities“ <strong>von</strong> <strong>morgen</strong>.<br />

8 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

9


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

„Wir haben den Urbanisierungstrend<br />

unterschätzt!“<br />

Zukunftsforscher Matthias Horx erklärt, warum Menschen in die <strong>Städte</strong> strömen,<br />

Hongkong den geringsten Benzinverbrauch hat und Berliner Gentrifizierungsmuffel<br />

aufhören sollten, zu schmollen.<br />

Ein Interview <strong>von</strong> Sandra Lukatsch<br />

10 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Visionärer Entwurf einer vertikalen Stadt, in der Wohnen, Arbeiten<br />

und Freizeitmöglichkeiten an einem Ort vereint sind: „Je dichter<br />

eine Stadt ist, desto weniger müssen ihre Bewohner Rohstoffe<br />

verbrauchen, weil man kurze Wege nutzt.“<br />

vor diesen Magnetismus ausüben: In einer kreativen Ökonomie<br />

spielen der persönliche Kontakt und die persönliche<br />

Kreativität eine größere Rolle. Nicht nur in Europa, sondern<br />

auch weltweit ziehen die Leute nicht nur da hin, wo es<br />

Arbeitsplätze, sondern auch da hin, wo es kulturelle Komplexität<br />

gibt. Also Anregung, Kommunikation, Kultur – die<br />

Wissensgesellschaft erzeugt einen neuen Typus der kreativen<br />

Stadt, der faszinierend und mehr und mehr lebenswert ist.<br />

Insofern kann man da<strong>von</strong> ausgehen, dass wir früher den<br />

Urbanisierungstrend eher unterschätzt haben.<br />

Sie sind Trend- und Zukunftsforscher. Wie erheben Sie<br />

Trends, wenn es um die Stadt der Zukunft geht?<br />

Wir sind Sozialforscher mit einem starken Schwergewicht auf<br />

Datenerhebung in den zentralen Bereichen <strong>von</strong> Soziographie.<br />

Uns interessiert, wie sich Gesellschaft verändert: angefangen<br />

<strong>von</strong> der Familie zu den Altersstrukturen bis hin zum<br />

Wohlstand. Da spielt die Verstädterung als einer der großen<br />

Megatrends seit vielen Jahren eine ganz wesentliche Rolle.<br />

Wir sind seit ungefähr 20 Jahren in der Zukunftsforschung<br />

unterwegs und dabei war das Thema Urbanisierung immer<br />

einer der großen Anker der langfristigen Veränderungen.<br />

Haben Sie in der Vergangenheit schon Trends vorausgesagt,<br />

die sich in eine ganz andere Richtung entwickelt haben?<br />

Wir hatten vor ungefähr zehn Jahren ein anderes Modell für<br />

die städtische Entwicklung. Damals gingen wir da<strong>von</strong> aus,<br />

dass das Internet eine Dislozierung verursacht. Das heißt:<br />

Man kann sich <strong>von</strong> den Ballungsgebieten entfernen, wenn<br />

man online prinzipiell überall auf der Erde lebt. Wir dachten<br />

damals, dass dadurch die Landflucht eine Umkehrung erlebt.<br />

Das hat sich nicht bewahrheitet. Heute wissen wir auch sehr<br />

viel besser, warum das so ist und warum <strong>Städte</strong> nach wie<br />

Kann man sich nicht mittlerweile auch auf dem Land kreativ<br />

ausleben?<br />

Die Entwicklung zeigt eindeutig, dass die ländlichen Regionen<br />

in Europa immer noch massiv an Bevölkerung verlieren.<br />

Es gibt einige Ausnahmen. Der Retro-Trend, aufs Land zu<br />

ziehen, entsteht nur in ganz bestimmten Konstellationen:<br />

Dort, wo Regionen eine massive Standortpolitik betreiben<br />

und versuchen, junge Familien und kreative Kleinunternehmer<br />

anzuziehen, gibt es teilweise eine Trendumkehr, z.B.<br />

in Frankreich der Distrikt Limousin. Außerdem gibt es die<br />

kulturell „verstädtischten“ ländlichen Bereiche, z.B. den Alpenrand<br />

oder in Schleswig-Holstein die Insel Sylt. Diese eher<br />

dörflichen Siedlungsstrukturen sind kulturell urbanisiert. Die<br />

Menschen dort sind meist hoch gebildet, haben ein höheres<br />

Einkommen und verhalten sich eher wie <strong>Städte</strong>r, obwohl sie<br />

auf dem Land leben. Auch Mittelzentren können durchaus<br />

an Bevölkerung wachsen, wenn sie Kultur und Bildung anbieten.<br />

Wir nennen das „Mikropolis“. Hohe Lebensqualität im<br />

Bereich 100.000 Einwohner – das ist eine Gewinnerposition<br />

in der Urbanisierung.<br />

Sie haben einmal gesagt, dass „Glokalisierung“ zu einer Renaissance<br />

der Mittel- und Kleinstädte führt. Was bedeutet das?<br />

Unsere These ist, dass sich eine Regression in der Globalisierung<br />

abbildet: In Zukunft müssen die sehr räumlich<br />

gespreizten Wertschöpfungsketten keine so große Rolle<br />

mehr spielen, weil sich die Lebensverhältnisse auf dem Planeten<br />

einander angleichen. Die Löhne in China, Indonesien,<br />

Brasilien und in Schwellenländern steigen massiv, was dazu<br />

führt, dass man früher oder später wieder auf regionale<br />

Produktionen umsteigt. Man wird nicht mehr die Einzelteile<br />

nach China verschiffen, dort zusammensetzen und dann<br />

das Gerät hier wieder verkaufen, so wie es in den letzen<br />

30 Jahren der Fall war. Diese Entwicklung sehen Sie heute<br />

schon deutlich in Amerika, aber auch in Europa im Bereich<br />

der Lebensmittel- oder der Energieproduktion. „All business<br />

is local“ – so heißt auch ein amerikanischer Bestseller in der<br />

Managementtheorie.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

11


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Matthias Horx gilt als<br />

einflussreichster Trendund<br />

Zukunftsforscher<br />

im deutschsprachigen<br />

Raum. Nach einer Laufbahn<br />

als Journalist (bei<br />

der Hamburger ZEIT,<br />

MERIAN und TEMPO)<br />

gründete er zur Jahrtausendwende<br />

das<br />

„Zukunftsinstitut”, das<br />

heute zahlreiche Unternehmen<br />

und Institutionen<br />

berät.<br />

m.horx@zukunftsinstitut.de<br />

Gibt es irgendwo schon die viel beschworenen<br />

„Smart Cities“?<br />

In der ganzen Welt finden wir wunderbare<br />

Beispiele nachhaltiger Stadtentwicklung,<br />

die noch kaum bekannt sind. Nehmen wir<br />

Curitiba in Brasilien: Die Stadt hat das ganze<br />

Verkehrssystem auf öffentlichen Nahverkehr<br />

ausgerichtet. Und selbst Los Angeles, eine<br />

der wahrscheinlich zersiedeltsten <strong>Städte</strong><br />

der Welt, ist heute mit einem großen Projekt<br />

beschäftigt: dem Green Belt, also der<br />

Naturentwicklung in der Stadt, mit ganzen<br />

Grünoasen und Grünschneisen. Im ostdeutschen<br />

Halle-Neustadt versucht der sogenannte<br />

Kolorado Plan (siehe Infokasten) mit Hilfe<br />

der Bewohner Schrumpfung zu organisieren<br />

– und zwar positiv in Richtung höhere Lebensqualität.<br />

In Asien finden sich viele Versuche,<br />

neue <strong>Städte</strong> zu bauen, im Sinne einer Ecopolis<br />

(siehe Infokasten), also einer ökologischen<br />

Stadt, die <strong>von</strong> vornherein ihre Grünflächen<br />

ausweitet und versucht, nachhaltige Energieerzeugung<br />

mit Null-CO 2<br />

-Produktion zu<br />

generieren. Solche Versuche finden überall<br />

auf der Welt statt. Sie werden getrieben <strong>von</strong><br />

cleveren Stadtplanern und manchmal auch<br />

begnadeten Bürgermeistern.<br />

Geht es noch intelligenter, noch grüner, noch<br />

besser?<br />

Wir befinden uns mitten im Transformationsprozess.<br />

<strong>Städte</strong> bieten für die Ökologie<br />

eine positive Botschaft: Je dichter eine Stadt<br />

ist, desto weniger müssen ihre Bewohner<br />

Schritt wird man Gebäude bauen, die sehr viel<br />

mehr in die Natur integriert sind und die eine<br />

positive Energiebilanz haben, sogenannte<br />

Plusenergiehäuser. In Europa sind wir heute<br />

schon sehr weit mit dieser Rekultivierung <strong>von</strong><br />

<strong>Städte</strong>n. Es gibt praktisch keine große Stadt,<br />

die sich nicht auf den Weg Richtung grünere<br />

und kreativere Zukunft begibt. Wenn die<br />

ökologische Lebensqualität der <strong>Städte</strong> steigt,<br />

dann heißt das auch, dass die Familie und die<br />

Älteren in die Stadt zurückkehren und nicht<br />

mehr aufs Land ziehen.<br />

Wie entscheidet sich, welche <strong>Städte</strong> sich<br />

technologisch weiterentwickeln? Welche<br />

Rolle spielen dabei die Unternehmen?<br />

Eine Stadt ist immer ein Konglomerat <strong>von</strong><br />

Bürgern, Verwaltung und Unternehmen. Die<br />

Unternehmen sind durch die zunehmende<br />

Knappheit an Arbeitskräften daran interessiert,<br />

an lebenswerten Standorten zu sitzen.<br />

Auch Fabriken sind heute ganz anders gestaltet.<br />

Das sieht man schon <strong>von</strong> außen: Da<br />

qualmt nichts mehr, da raucht nichts mehr.<br />

Die kreative Industrie – mit immer mehr Wissensarbeit<br />

in den Unternehmen – macht die<br />

Stadt zu einer Art Bühne für moderne Wertschöpfungsprozesse.<br />

Richard Florida, der in<br />

Amerika die Kreative Klasse erforscht hat, hat<br />

sehr schön herausgearbeitet, nach welchen<br />

Kriterien hoch gebildete und kreative Menschen<br />

<strong>Städte</strong> aussuchen und welche <strong>Städte</strong><br />

dabei verlieren. Dabei geht es immer um die<br />

drei Ts: Talente, Technologie und Toleranz.<br />

„Wir lieben <strong>Städte</strong>, die Vergangenheit und Zukunft<br />

miteinander verbinden”<br />

Rohstoffe verbrauchen, weil man kurze Wege<br />

nutzt. So verzeichnen z.B. vertikale <strong>Städte</strong>,<br />

wie Hongkong, den geringsten Benzinverbrauch<br />

pro Person. Die größten Verbraucher<br />

sind <strong>Städte</strong> wie Houston, die so genannten<br />

Flächenstädte. Dieser Konzentrationsprozess<br />

lässt viel Raum für Natur. Ich selber bin in<br />

Frankfurt aufgewachsen, in den 1960er- und<br />

70er-Jahren, da hieß es: Frankfurt = Krankfurt.<br />

Denn damals waren die <strong>Städte</strong> vom Autoverkehr<br />

zersiedelt. Doch heute entdecken europäische<br />

<strong>Städte</strong> ihre Flussufer wieder, pflegen<br />

ihre Parks neu, entdecken den öffentlichen<br />

Raum neu. Das Fahrrad spielt wieder eine größere<br />

Rolle, in vielen Großstädten gibt es heute<br />

funktionierende Leih-Systeme. Im nächsten<br />

<strong>Städte</strong> sind ein Schmelztiegel verschiedener<br />

Kulturen. Das macht bestimmte <strong>Städte</strong> sehr<br />

faszinierend – ob Seattle, Paris oder London.<br />

Wenn die Wirtschaft dort das entsprechende<br />

Potenzial sieht, siedelt sie sich auch an.<br />

Vergleichen wir einmal Berlin und München:<br />

Gehen die Kreativen eher nach Berlin?<br />

Kreativität hat verschiedene Aspekte. Wir<br />

zählen diejenigen zur kreativen Klasse, die<br />

ja die dominante Klasse der Zukunft ist, also<br />

auch Ingenieure, Innovateure oder Menschen<br />

in IT-Berufen. Menschen in künstlerischen<br />

Berufen und in der Einzelselbstständigkeit<br />

zieht es vielleicht eher nach Berlin, gutverdienende<br />

Angestellte in den kreativen Berufen<br />

12 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

eher nach München, das ja ein teures Pflaster ist. Berlin ist<br />

eine Stadt der Minderheiten, in der man auch mit relativ<br />

geringem Etat kreativ leben kann. München ist dagegen<br />

für Kreativität ohne Geld ein heikles Pflaster. Auf Dauer ist<br />

aber Berlin lebendiger und auch robuster. Wenn es mal eine<br />

Wirtschaftskrise gibt, wird man in München mehr Probleme<br />

haben als im krisengewohnten Berlin.<br />

Wenn viele kreative Menschen nach Berlin ziehen, steigen<br />

aber auch die Mieten und die ursprünglich ansässigen<br />

Bewohner werden verdrängt – Stichwort Gentrifizierung.<br />

Bringt die Gentrifizierung Fortschritt für die <strong>Städte</strong>?<br />

Durchaus, wenn sie richtig gestaltet ist. Die Zeit der seriellen<br />

Luxuswohnungen ist vorbei. Lange Zeit war es Mode, jedes<br />

Haus in Luxus-Eigentumswohnungen umzubauen. Heute<br />

entwickeln sich die Trends in eine ganz andere Richtung,<br />

Stichwort Communal Living oder Cooperative Housing:<br />

Siedlungsgenossenschaften, in denen die Bewohner selbst<br />

mitbestimmen, wie sie wohnen. In Süddeutschland beobachten<br />

wir hier eine regelrechte Bewegung, wie z.B. das Vauban<br />

Viertel (siehe Infokasten) in Freiburg. Auch in Berlin bauen<br />

oder gestalten Menschen zusammen ihren Stadtteil neu: verkehrsberuhigt,<br />

innovativ, mit viel Grün und Natur. Eine solche<br />

Entwicklung kann man natürlich auch als Gentrifizierung denunzieren<br />

– aber die Verbesserung der Lebensqualität muss<br />

nicht immer sehr teuer sein. Man denke etwa an das „Urban<br />

Gardening“ – da tun sich Menschen freiwillig zusammen,<br />

um die Stadt ergrünen zu lassen. <strong>Städte</strong> müssen natürlich<br />

mehr Wohlstand und mehr Modernisierung erzeugen und<br />

das führt immer zur Veränderung <strong>von</strong> Altstrukturen. Dieser<br />

Prozess gelingt, wenn man die Menschen einbezieht und aus<br />

ihrer ängstlichen Schmollecke herausholt.<br />

Wenn sich die Bevölkerung die Miete nicht mehr leisten<br />

kann, ist das schmollen?<br />

Das kann schon schmollen sein, wenn man immer nur<br />

misstrauisch ist. Die Frage ist ja auch, ob man sein Leben lang<br />

in einer Wohnung mit Kohleofen leben will und das auch noch<br />

toll findet. Die Verwahrlosung <strong>von</strong> ganzen Stadtteilen, die<br />

soziale Degradierung lässt sich nicht lösen, indem man sagt:<br />

„Das bleibt alles so und muss immer billiger werden“. Wir<br />

brauchen auch so etwas wie einen Willen zur Aufwärts-Mobilität.<br />

Sonst bekommen wir Kiez-Gettos. Das ist eben die<br />

Kunst einer „inklusiven“ Stadtplanung: Menschen im Modernisierungsprozess<br />

mitnehmen und diesen so gestalten,<br />

dass auch ein Einkommens-Mix möglich ist. Das geht, wie<br />

viele Beispiele zeigen.<br />

Sie wohnen am Rande <strong>von</strong> Wien. Ist Wien auf dem Weg,<br />

eine Stadt der Zukunft zu sein?<br />

Wien WAR ja vor hundert Jahren eine Zukunftsstadt. Die<br />

Stadt lebt aus seiner erhaltenen historischen Substanz – und<br />

das tun alle guten <strong>Städte</strong> in Wirklichkeit. Es ist sehr, sehr<br />

schwer eine Stadt aus dem Boden zu stampfen. Das haben<br />

viele Bespiele in der Vergangenheit gezeigt: z.B. Brasilia (siehe<br />

Infokasten) oder die anderen leblosen Wohnstädte, die man<br />

versucht hat, neu aufzubauen. <strong>Städte</strong> wachsen organisch aus<br />

der Vergangenheit heraus. Der Ursprung der Stadtentwicklung<br />

in Europa ist die mittelalterliche Stadt, in der es Handel,<br />

Leben, Arbeiten, Freizeit in einer gewissen Einheit gab. Erst<br />

durch die Industrialisierung wurde die Stadt zerspalten in<br />

die Schlafgebiete, Arbeitsgebiete und in den Verkehrsraum.<br />

„Gelungene <strong>Städte</strong>“ sind die, wo diese Reintegration gelingt.<br />

Wo Leben, Arbeiten, Kultur wieder näher zueinander finden.<br />

Wir haben in Wien eine sehr effektive Verwaltung, einen sehr<br />

hohen Anteil an öffentlichem Nahverkehr. Die Stadt ist wenig<br />

autogeplagt. Die Bausubstanz ist in Wien so gut, dass man das<br />

Stadtbild zu schätzen weiß – das ist in den vom Krieg zerstörten<br />

deutschen <strong>Städte</strong>n anders. Doch eine alte Bausubstanz<br />

setzt auch Grenzen und neigt stark zur Konservativität. Alles<br />

soll eigentlich historisiert bleiben. <strong>Städte</strong>, die wir wirklich<br />

lieben, verbinden Vergangenheit und Zukunft miteinander.<br />

Deshalb hat man früher New York geliebt und deshalb liebt<br />

man heute <strong>Städte</strong> wie London, in denen beides gleichzeitig<br />

koexistiert: in einem interessanten Spannungsverhältnis.<br />

Kolorado Plan:<br />

Die Strategie Kolorado-Neustadt zielt darauf ab, den ehemals homogenen<br />

Stadtteil innerlich und äußerlich zu diversifizieren, die<br />

Bewohner für die Chancen im Transformationsprozess als Akteure<br />

zu gewinnen, mit dem Einrichten <strong>von</strong> Kommunikationsplattformen<br />

den Austausch unter den Akteuren zu stimulieren und die ganze<br />

Entwicklung mit zeitlich gestaffelten Impulsen in Gang zu setzen.<br />

Ecopolis / Ökopolis – die global-ökologische Stadt:<br />

Die Megacitys der Schwellenländer prägen bis heute unser negatives<br />

Bild großer <strong>Städte</strong>. Doch auch dort findet neues „Urban Design”<br />

statt. In den Steinwüsten <strong>von</strong> Sao Paolo, Manila oder Kalkutta<br />

experimentiert eine neue Generation <strong>von</strong> global ausgebildeten<br />

Stadtplanern mit neuen Methoden öko-urbaner Transformation.<br />

In China und den arabischen Ländern entstehen heute grüne Zukunfts-<strong>Städte</strong>,<br />

die ihre Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen<br />

beziehen. Die Natur in die <strong>Städte</strong> zurück – als grüne Architektur<br />

und „Urban Farming”.<br />

Vauban Viertel:<br />

Auf einem ehemaligen Kasernengelände der französischen Streitkräfte<br />

entstand in Freiburg auf einer Fläche <strong>von</strong> 38 Hektar das<br />

Quartier „Vauban“. Ein attraktiver, familienfreundlicher Stadtteil<br />

für 5.300 Einwohner, in dem Bürgerengagement, Bauen in der<br />

Gemeinschaft und umweltbewusstes Leben groß geschrieben werden.<br />

Niedrigenergiebauweise ist verpflichtend, Passivbauweise,<br />

Plusenergiebauweise und der Einsatz <strong>von</strong> Solartechnik sind für die<br />

meisten Standard.<br />

Brasilia:<br />

1891 wurde der Beschluss, eine neue Hauptstadt für Brasilien zu<br />

bauen, in der Verfassung verankert. Zwei Jahre später grenzte<br />

man dann ein 14.400 Quadratkilometer großes Gebiet für deren<br />

Bau ab. Anlass für den Ausbau der Stadt war der Bedarf nach einer<br />

neutralen föderalen Hauptstadt. Durch die Lage nahe dem<br />

geografischen Zentrum des brasilianischen Staatsgebiets sollte die<br />

Entwicklung der Infrastruktur des Binnenlandes gefördert werden.<br />

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13


schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

wie städte und Regionen<br />

„intelligenter“ werden<br />

Mülleimer, die selbstständig abfall<br />

komprimieren. Taxis, die automatisch<br />

wissen, wo Passanten warten. die Stadt<br />

der Zukunft ist smart, sozial und klimaneutral.<br />

„Was funktioniert bei uns?“,<br />

fragen sich Bürgermeister, Stadtplaner,<br />

Wirtschaftsentscheider, Bürger und<br />

Politiker. <strong>forum</strong> entfaltet Visionen <strong>von</strong><br />

intelligenten <strong>Städte</strong>n, die dabei sind,<br />

Wirklichkeit zu werden.<br />

Von Fritz Lietsch<br />

Gwanggyo Power Centre – Naturstadt in greifbarer Nähe<br />

Höher, grüner, smarter: Das Gwanggyo Power Center ist eine vertikale<br />

Stadt, die in Ballungsräumen, in denen Platz Mangelware<br />

ist, für angenehme Entspannung sorgt. Die grünen, hügelartigen<br />

türme beherbergen neben Wohnungen für rund 70.000 Einwohner<br />

auch Büroflächen und genügend Raum für Einkaufs­, Bildungs­,<br />

Freizeit­ und kulturelle Einrichtungen. die begrünten dächer und<br />

die Terrassenbepflanzungen erzeugen den Eindruck einer großen,<br />

dicht bewachsenen Parklandschaft. So werden Klima und Durchlüftung<br />

verbessert, der Energieverbrauch reduziert und der Wasserhaushalt<br />

reguliert. Zu schön, um wahr zu sein? Nicht ganz, denn<br />

das niederländische Architekturbüro MVRDV aus Rotterdam hat<br />

mit dem Entwurf bereits die Verantwortlichen der Stadt Seoul in<br />

Südkorea überzeugt, die schon an der Umsetzung im techno Valley,<br />

35 km südlich der Hauptstadt, arbeiten.<br />

14 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

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15


schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

Supertrees – Grüne Lunge einer Megacity<br />

Singapur will als „Stadt im Garten“ <strong>von</strong> sich reden machen. Und<br />

das obwohl im rasant wachsenden Stadtstaat schon heute mehr<br />

als 5,3 Millionen Menschen auf engstem raum leben. Einen großen<br />

Schritt in diese Richtung machen die Stadtplaner mit „Gardens by<br />

the Bay“, einem 101 Hektar großen Parkareal im Herzen der Stadt.<br />

Zwei riesige Gewächshäuser beherbergen hunderte <strong>von</strong> seltenen<br />

Pflanzen aus zwei verschiedenen Klimazonen. Die Energie und das<br />

benötigte Wasser beziehen sie <strong>von</strong> den beeindruckenden Supertrees.<br />

Sie sind den Mammutbäumen nachempfunden und bis zu<br />

50 Meter hoch. An ihren Stämmen ranken Pflanzen empor, elf der<br />

18 Superbäume erzeugen mithilfe <strong>von</strong> Solarzellen Strom und die<br />

weit geöffneten Kronen sammeln Regenwasser für die Bewässerung<br />

und dienen gleichzeitig als Kühltürme der Gewächshäuser.<br />

Eine fast surreale Zukunftslandschaft, die naturbewusste Besucher<br />

schon heute begeistert.<br />

16 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Bis zum Jahr 2030 werden <strong>von</strong> voraussichtlich neun<br />

Milliarden Menschen etwa 70 Prozent in urbanen<br />

Systemen leben. <strong>Städte</strong> gewinnen rund um die Welt<br />

besonderen Einfluss auf die Entwicklung unserer Erde. Daher<br />

suchte Maximilian Gege, Vorsitzender des Bundesdeutschen<br />

Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.)<br />

e.V., Mitstreiter, die aufzeigen, wie <strong>Städte</strong> in eine nachhaltige<br />

Zukunft geführt werden können. So ist im Januar <strong>2013</strong> der<br />

Report „Intelligent Cities – Wege zu einer nachhaltigen, effizienten<br />

und lebenswerten Stadt“ entstanden. Gemeinsam<br />

mit dem Mitinitiator Accenture sowie den Partnern ECE, HP,<br />

Panasonic und NATURpur Institut (HSE) liefert B.A.U.M. damit<br />

Hilfestellung aus der Wirtschaft. „Für Entscheider und Bürger<br />

ist es oftmals schwierig, Strategien und Maßnahmen auf dem<br />

Weg hin zu einer ‚Intelligent City“ festzulegen‘, erklärt Gege.<br />

„Wir zeigen deshalb erforderliche Schritte und präsentieren<br />

Vorbilder für praxisorientierte Lösungen. Auf unserer Suche<br />

nach wertvollen Anregungen wurden wir weltweit fündig.“<br />

In der intelligenten Stadt geht es nicht nur um Klimaschutz<br />

Was ist eine „Smart City“? Begriffe wie „Intelligent City“,<br />

„Smart City“, „Green City“ oder „Innovation City“ lassen<br />

Raum für Interpretationen. Der Report bezeichnet eine Stadt<br />

dann als intelligent, wenn sie gleichzeitig nachhaltig, effizient<br />

und lebenswert ist – also alle Lebensräume einschließt, in<br />

denen sich die Akteure einer Stadt bewegen.<br />

<strong>Städte</strong> verursachen rund 70 Prozent der weltweiten<br />

CO 2<br />

-Emissionen. Gleichzeitig sind sie durch den Klimawandel<br />

selbst Risiken wie Überschwemmungen ausgesetzt (siehe<br />

„Großstädte überholen Nationalstaaten beim Klimaschutz“,<br />

S. 48). Die Klimaschutzziele, die sich die Europäische Union<br />

und die Bundesregierung deshalb gesetzt haben, sind<br />

ehrgeizig. Um sie zu erreichen, muss das Leben in den<br />

<strong>Städte</strong>n „intelligenter“ werden. Viele <strong>Städte</strong> haben das Problem<br />

ebenfalls erkannt und eigene Ziele definiert, um den<br />

CO 2<br />

-Ausstoß zu senken. <strong>Städte</strong> müssen aber nicht nur auf den<br />

Klimawandel reagieren. Ihnen steht bei knappen Mitteln eine<br />

Modernisierungswelle bevor: Verkehr, Versorgung, Entsorgung<br />

und ein großer Teil der Gebäudeinfrastruktur stammen<br />

aus den 1950er bis 1970er Jahren. Ein interdisziplinärer „intelligenter“<br />

Lösungsansatz ist gefragt, damit eine Stadt diese<br />

Anforderungen <strong>von</strong> CO 2<br />

-Reduktion über Modernisierung bis<br />

Budgetdisziplin erreicht, ohne dabei die Lebensqualität der<br />

Bürger einzuschränken.<br />

Die Amsterdam Smart City und intelligente<br />

Shopping-Center<br />

An Konzepten mangelt es nicht. Ein Beispiel ist die „Klimastraße“<br />

der Amsterdam Smart City. Dort wurde eine große<br />

Einkaufsstraße klimafreundlich umgestaltet, mit dem Fokus<br />

auf Smart Building-Technologien und Energieeffizienz.<br />

Mit Hilfe <strong>von</strong> Solarenergie und Pressen komprimieren die<br />

Mülleimer in der Straße den Abfall selbständig, so dass<br />

diese fünf Mal seltener geleert werden müssen. Weitere<br />

Maßnahmen in Amsterdam sind das „Smart Pool-Projekt“,<br />

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schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

Dragonfly – Urbane Landwirtschaft <strong>von</strong> <strong>morgen</strong><br />

In der Stadt der Zukunft rücken die Menschen und die Landwirtschaft<br />

wieder näher zusammen. Kurze Transportwege, effiziente<br />

Flächennutzung und mehr Lebensqualität – all diese Vorteile bringen<br />

die sogenannten „Vertical Farms“ mit sich. Gleichzeitig sind<br />

Vertical Farms, wie das visionäre „Dragonfly“ der Vincent Callebaut<br />

architectures, eine Megacity <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> weniger abhängig <strong>von</strong> lebensmittelimporten<br />

aus dem Hinter­ bzw. Ausland. Stockwerk für<br />

Stockwerk finden hier Kühe und Hühner, aber auch Reisfelder und<br />

Gemüsebeete ihren Platz und ihre Aufgabe. Denn das Dragonfly bildet<br />

einen geschlossenen Stoff­Kreislauf: Die Tiere fressen, was gerade<br />

wächst, Mist und Pflanzenreste werden kompostiert und den<br />

Feldern und Beeten wieder zugeführt. die Energie, die dazu notwendig<br />

ist, stammt aus regenerativen Quellen, wie Solar­, Windund<br />

Gezeitenkraft. Neben den „Farmbereichen“ vereint Dragon fly<br />

zusätzlich auch Wohnungen und Büroräume für Farmer und Farmverwalter<br />

direkt unter seinem Dach. Eine Umsetzung der Vertical<br />

Farm ist bisher leider noch nicht in Sicht.<br />

18 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Auch unsere Einkaufstempel unterliegen der Herausforderung,<br />

sich dem Trend der Zeit anzupassen. Forderungen<br />

nach einem effizienten Umgang mit Energie, einer besseren<br />

CO 2<br />

-Bilanz und „klimaneutralen“ Gebäuden setzen immer<br />

anspruchsvollere Rahmenbedingungen für Gewerbe-Immobilien.<br />

Für die Bundesregierung ist ein Gebäude dann<br />

klimaneutral, wenn es wenig Energie benötigt und sich<br />

der verbleibende Bedarf überwiegend aus erneuerbaren<br />

Energien speist. Innovationen weisen den Weg: Den Kühlbedarf<br />

<strong>von</strong> Gewerbeimmobilien kann künftig eine Klimakaltwasserringleitung<br />

decken. Die anfallende Wärme geht dann<br />

nicht verloren sondern erwärmt Brauchwasser. Durch die<br />

Installation innovativer und technologisch hochentwickelter<br />

Lichtsysteme kann man doppelt sparen: bei der Beleuchtung<br />

und beim Kühlaufwand. Denn heutige Lampen produzieren<br />

mehr Wärme als Licht und beanspruchen so eine hohe Leistung<br />

der Klimaanlagen. Die technologischen Entwicklungen<br />

im Energieeffizienzbereich können gegenüber dem Ist-Zustand<br />

bis zur Hälfte an Energie einsparen.<br />

Die „intelligente Stadt“ weiß, wann ihre Bürger ein Taxi<br />

brauchen<br />

Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit liegen im eigenen Interesse<br />

der <strong>Städte</strong>. Sie konkurrieren um Unternehmen,<br />

Investitionen, kluge Köpfe und Ideen. Die „intelligente<br />

Stadt“ hört also nicht bei Energieeffizienz, erneuerbaren<br />

Energien oder intermodaler Mobilität auf. Sie beseitigt auch<br />

soziale Brennpunkte, schafft Bildungsangebote, verbessert<br />

die Gesundheitsversorgung und beteiligt die Bürger bei der<br />

Mitgestaltung. All das schafft eine höhere Lebensqualität für<br />

Bewohner und bessere Bedingungen für Unternehmen. Erste<br />

deutsche <strong>Städte</strong>, wie die Modellstadt Bottrop als „InnovationCity<br />

Ruhr“ und die Stadt Köln mit „SmartCity Cologne“<br />

setzen das bereits um. Auf dem Weg zur intelligenten Stadt<br />

kommt es darauf an, die Ziele und den konkreten Nutzen<br />

für alle Beteiligten klar zu formulieren. Dann lässt sich die<br />

Finanzierung und Durchsetzung der geplanten Maßnahmen<br />

leichter lösen. Die Verwaltung hat hier eine Schlüsselrolle.<br />

Denn sie verfügt über Daten, die Grundlage für neue Produkte<br />

und Dienstleistungen sind und als Innovationstreiber<br />

wirken können. So wurde in Singapur eine einfache Lösung<br />

realisiert, die die lokalen Wetterprognosedaten mit dem Taxileitsystem<br />

verknüpft. Denn Menschen sind bei Regen eher<br />

geneigt, ein Taxi zu nehmen als bei Sonnenschein. Mit Hilfe<br />

der Wetterdaten kann die Zentrale Taxis jetzt präventiv in die<br />

richtigen Stadtteile schicken, was für eine bessere Auslastung<br />

der Fahrzeuge und kürzere Wartezeiten sorgt.<br />

das die Energie effizienz der Schwimmbäder steigert oder der<br />

„Smart School-Contest“, ein Wettbewerb <strong>von</strong> Grundschulen<br />

um die besten Energiesparmaßnahmen. In Köln wird es jetzt<br />

als Teil der SmartCity Cologne ebenfalls eine Klimastraße<br />

geben: die Neusser Straße.<br />

Intelligente E-Mobilität – ein Blick nach China<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Mobilität ist besonders fürs Chinas <strong>Städte</strong> ein<br />

wichtiges Ziel. Das Wirtschaftswachstum und die Bevölkerungszunahme<br />

bewirken eine dramatische Steigerung <strong>von</strong><br />

Transportlogistik und individueller Mobilität (siehe „Nichts ist<br />

schwieriger, als das Image einer Stadt zu verändern“ S. 74).<br />

Der zunehmende Wohlstand führt dazu, dass schwerere und<br />

damit stärker motorisierte Motorräder und PKWs umweltschonende<br />

Fahrräder oder kleinmotorige Zweiräder ablösen.<br />

Der Ausbau eines leistungsfähigen Nahverkehrssystems, das<br />

sich in westlichen <strong>Städte</strong>n über Jahrzehnte entwickelt hat,<br />

kann nur mühsam mit der Entwicklung des Landes mithalten.<br />

Schon jetzt sind <strong>Städte</strong> wie Peking und Shanghai an ihren<br />

Belastungsgrenzen.<br />

Hai’an, in der Provinz Jiangsu geht diese Herausforderung<br />

an und fördert die Einführung einer intelligenten E-Mobilität.<br />

E-Fahrzeuge sind in der Anschaffung deutlich teurer als<br />

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schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

Hydrogenase – Wie Algen in die Luft gehen<br />

Der Verkehr am Himmel nimmt weiter zu, ob für Personen­ oder Frachttransport. Aber was passiert eigentlich, wenn dafür kein Treibstoff mehr<br />

vorhanden ist? Das Ende der Luftfahrt? Nicht, wenn es nach den Architekten <strong>von</strong> „Hydrogenase“ geht. Schon heute haben Biologen berechnet,<br />

dass Algen 120­mal mehr Biokraftstoff pro Hektar erzeugen können, als Raps­ oder Sojapflanzen. Da<strong>von</strong> profitiert das visionäre Projekt<br />

Hydrogenase: Das mit Helium­Luftpolstern ausgestattete Luftschiff nutzt die an seinen Tankstationen gewonnene Energie als Antrieb. Trotz<br />

seines relativ hohen Gewichts könnte das Flugobjekt eine Geschwindigkeit <strong>von</strong> bis zu 175 km/h erreichen – und das völlig ohne CO 2<br />

­ausstoß.<br />

konventionelle Autos. Daher baut man in Hai’an nicht auf<br />

elektrifizierte Derivate <strong>von</strong> herkömmlichen Fahrzeugen<br />

(sog. conversion design), sondern auf die fast schon radikale<br />

Entwicklung eines reinen E­Fahrzeugs für den urbanen<br />

Ballungsraum (purpose design). Um die Verbreitung des<br />

E­Fahrzeugs zu beschleunigen, setzt Hai’an auf Flottenkunden.<br />

Dies hat den Vorteil, dass jeder Kunde gleich mehrere<br />

hundert oder tausend Fahrzeuge abnimmt. durch eine<br />

Simulation der Einflüsse <strong>von</strong> Radionutzung, Klimaanlage<br />

und Heizung, <strong>von</strong> außentemperatur, Straßentopologie und<br />

Fahrstil der Fahrer kann ein mobiles Endgerät die Reichweite<br />

des Fahrzeuges präzise kalkulieren. auch die ladeinfrastruktur<br />

ist innovativ. Ein Reservierungssystem stellt sicher, dass<br />

die ausgewählte Tankstelle bei Ankunft nicht belegt ist. So<br />

können Fahrer prüfen, ob die Ladestation frei ist und diese<br />

reservieren. Der Fahrer kann die Zeit während der Ladezeit<br />

produktiv nutzen, denn das vernetzte E­Mobilitäts­System<br />

informiert ihn rechtzeitig per SMS oder E­Mail, sobald der<br />

akku voll ist.<br />

Warum wurde das alles nicht schon früher gemacht?<br />

Einmal umgesetzt klingt so manche lösung banal. Voraussetzung<br />

für viele Innovationen ist, dass Daten geteilt werden.<br />

Verwaltungen müssen stärker als „Vernetzer“ auftreten, also<br />

Unternehmen und privaten Organisationen den Zugriff auf<br />

ihre infrastruktur <strong>von</strong> Netzen und daten erlauben, so dass<br />

neue Verbindungen entstehen können. Erst dann eröffnen<br />

sich Wachstumsfelder, die über die Effizienzgewinne <strong>von</strong> eGovernment<br />

hinausgehen. „Silo­denken in der Verwaltung muss<br />

durchbrochen werden. Eine Stadt darf nicht Wirtschaftsförderung,<br />

Klimaschutz, Stadtplanung, Energie­ und Verkehrspolitik<br />

und die eigene internetstrategie unabhängig <strong>von</strong>einander<br />

verwalten“, sagt alexander Holst <strong>von</strong> accenture. die inhaltlichen<br />

und strategischen Überschneidungen, und damit auch<br />

Wirkung und Einsparpotenziale, seien heute zu groß.<br />

deshalb hat Südhessen das Projekt GrEEN rEGioN gestartet.<br />

Bisher gibt die Bundesrepublik 90 Milliarden Euro im Jahr für<br />

Energieimporte aus. Wenn nur ein Teil dieser Gelder statt<br />

ins Ausland in nachhaltige Energieprojekte fließen würde,<br />

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| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

Sunny Water Lilies – Flower Power für die Stadt<br />

Diese kleinen Kraftwerke verhindern nicht nur, dass die natürliche Landschaft optisch leidet, sondern tragen darüber hinaus zu ihrer Attraktivität<br />

bei: Die Sunny Water Lilies sind ein visionärer, aber dennoch realistischer Entwurf <strong>von</strong> Architekten der „Why Factory” an der technischen<br />

Universität in Delft (Niederlande). Die an Blüten erinnernden Sonnenkollektoren erzeugen mit gebündelter Sonnenenergie Wasserdampf, der<br />

Turbinen antreibt und so küstennahe <strong>Städte</strong> mit Strom versorgt. Australien, China, Indien, Korea, Taiwan, Thailand und die Arabischen Emirate<br />

haben bereits interesse an den schwimmenden Schönheiten angemeldet.<br />

wäre dies ein bedeutsames Konjunkturprogramm. Neben<br />

dem Ausbau der Regenerativen betrifft dies vor allem den<br />

Markt der Energieeffizienz. Das Institut für Energie­ und<br />

Umweltforschung (IFEU) prognostiziert, dass bis zum Jahr<br />

2030 rund 300 Milliarden Euro in Energieeffizienz investiert<br />

werden müssten. dadurch könnten pro Jahr bis zu 130.000<br />

neue arbeitsplätze entstehen. Hier setzt GrEEN rEGioN<br />

an. Sie soll dieses Potenzial für den rhein­Main­Neckar­<br />

Raum zu erschließen. Die Initiative setzt dabei auf regionale<br />

Kooperationen <strong>von</strong> Kommunen, Industrie, Handwerk und<br />

Wissenschaft. Aber auch die Bürger aus der Region sollen<br />

teilhaben. So kann der Anstieg der Energiekosten für jeden<br />

einzelnen abgefedert werden. Zudem hilft jede eingesparte<br />

Kilowattstunde Strom und Gas den Ausstoß <strong>von</strong> Kohlendioxid<br />

zu begrenzen. Nicht zuletzt entstehen neue arbeitsplätze<br />

in diesem Zukunftsmarkt. Wichtig für die lokale Akzeptanz<br />

der Anlagen ist die umfassende und frühzeitige Information<br />

und Teilhabe der Politik und der betroffenen Bürger (siehe<br />

„Bürger erfolgreich beteiligen“, S. 56).<br />

Netze, die mitdenken<br />

Auch wenn in der Öffentlichkeit derzeit vor allem der notwendige<br />

Ausbau der Übertragungsnetze diskutiert wird,<br />

liegt der Schwerpunkt der Investitionen im Ausbau und<br />

der Verstärkung der Verteilnetze. diese müssen nicht nur<br />

ausgebaut, sie müssen auch intelligent werden. Nur so lässt<br />

sich die volatile Verfügbarkeit der Erneuerbaren mit den<br />

Verbrauchsanforderungen in Einklang bringen.<br />

In der intelligenten Stadt der Zukunft ist deshalb alles durchdacht:<br />

Straßenlaternen gehen nur dort an, wo Bewegung<br />

ist, E­autos laden sich mit Solarenergie auf, sobald sie unter<br />

dem Carport stehen, Haushalte erzeugen ihre Energie mit<br />

Solar­ und Brennstoffzellen. „Die Herausforderung lautet:<br />

Wie lassen sich in Zukunft komfortable Lebensformen gestalten<br />

und zugleich Umwelt und Klima schonen? Dieses<br />

Dilemma beschäftigt nicht nur Politik und Wissenschaft,<br />

sondern auch die Elektronikkonzerne“, sagt Werner Graf,<br />

Managing director bei Panasonic deutschland. das Unternehmen<br />

mit japanischem Ursprung engagiert sich seit<br />

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schweRpUNKT | STÄDTE DER ZUKUNFT |<br />

Bionic Arch – Beste Aussichten für Büro und Umwelt<br />

Besser arbeiten in der Stadt <strong>von</strong> <strong>morgen</strong>: Wer im „Bionic Arch“ seinen Arbeitsplatz hat, kann sich glücklich schätzen. Die lichtdurchfluteten<br />

Räume werden gesäumt <strong>von</strong> hängenden Gärten, die für ideales Klima sorgen. Dank modernster Energietechnik ist auch dieses Gebäude völlig<br />

energieautark. Dafür sorgen unter anderem die Windturbinen, die an der Mittelachse angebracht sind (kleines Bild oben). Nur unrealistische<br />

träumerei eines grünen architekten? Nein, denn der Bionic arch soll schon 2016 in der Hauptstadt taiwans live zu bewundern sein.<br />

Jahren in der Forschung und Entwicklung <strong>von</strong> Elektromobilität,<br />

emissionsfreier Energie und vernetzten Geräten.<br />

„Weltweit entstehen viele Pilotprojekte, sogenannte ‚Smart<br />

Cities’, die Potenziale der vorhandenen Technik ausloten.<br />

an diesen Pilotvorhaben beteiligen wir uns mit großem<br />

Engagement“, so Graf.<br />

Von der „Innograd“ in Russland zur Smart Town in Tokio<br />

Hinter der „Skolkovo Smart City“ in Russland steht ein<br />

Zusammenschluss weltweit führender Unternehmen,<br />

Forschungseinrichtungen und Institutionen für eine grüne<br />

Revolution. Initiiert vom Skolkovo Institute of Science and<br />

Technology entsteht die intelligente Stadt 20 Kilometer<br />

westlich <strong>von</strong> Moskau auf einer Fläche <strong>von</strong> 400 Hektar. Ein Ort<br />

der Innovationen, der bereits jetzt den Beinamen ‚Innograd’<br />

trägt und für 30.000 Bewohner Platz bieten wird. Zusätzlich<br />

zu einem großen Forschungs­ und Entwicklungszentrum für<br />

Energieversorgung, Biomedizin und Informationstechnologie<br />

entstehen in Skolkovo Bildungseinrichtungen, Einzelhandelsunternehmen<br />

und Wohngebiete. Die Stadt will sich langfristig<br />

völlig autark mit selbst produziertem Strom versorgen.<br />

in der Nähe <strong>von</strong> tokio begann im September 2012 der Bau<br />

der „Fujisawa Sustainable Smart Town“. Der Stadtteil mit rund<br />

19 Hektar Fläche entsteht auf einem ehemaligen Industriegelände<br />

<strong>von</strong> Panasonic. durch den Einsatz <strong>von</strong> intelligenten<br />

Geräten sowie zahlreichen Maßnahmen zum Erzeugen,<br />

Speichern, Verwalten und Sparen <strong>von</strong> Energie soll die Stadt<br />

mit 70 Prozent weniger CO 2<br />

­Emissionen auskommen als<br />

vergleichbare <strong>Städte</strong>. 2014 ist die Eröffnung geplant, im Jahr<br />

2018 wird die Stadt komplett bezogen sein. „Smart“ soll der<br />

ganzheitliche ansatz in Bezug auf das thema Energie­ und<br />

CO 2<br />

­Reduktion sein: Per Rechner kann man den Einsatz <strong>von</strong><br />

Energie in der gesamten Stadt steuern. dazu teilt man die<br />

Stadt in drei Funktionsebenen auf: Zuunterst steuern Zentralrechner<br />

das Energie­ und Informationsnetz. Dieses wiederrum<br />

lenkt die Schaltzentralen in den einzelnen Häusern<br />

auf der mittleren Ebene. Und diese vernetzen und steuern<br />

die Verbraucher. So kommuniziert die Klimaanlage mit der<br />

22 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

Handbücher für nachhaltige Hochfrequenz-Immobilien<br />

Wenn wir Wissen teilen, profitieren alle<br />

Das Paradigma der Zukunft heißt Kooperationen und Informationen teilen<br />

– statt immer härterer Wettbewerbskampf. Visionäre Unternehmen ziehen<br />

deshalb Vorteile aus Zusammenarbeit – z.B. beim Report „Intelligent Cities“<br />

oder beim ECE­<strong>Nachhaltig</strong>keitskongress Anfang diesen Jahres in Hamburg.<br />

„<strong>Nachhaltig</strong>keit ist längst keine Modeerscheinung mehr, sondern angesichts<br />

der globalen Herausforderungen ein zwingend notwendiger Weg<br />

zur Sicherung unserer Zukunft“, sagte Alexander Otto, CEO der ECE und<br />

Gastgeber des Kongresses. Zusammen mit der Universität Karlsruhe entstand<br />

ein <strong>Nachhaltig</strong>keitshandbuch für Shopping­Center. Auf Initiative<br />

<strong>von</strong> Otto soll das Handbuch „<strong>Nachhaltig</strong>es Planen, Bauen und Betreiben<br />

– Zertifizierung nachhaltiger Shoppingcenter“ – anders als zunächst geplant<br />

– nicht nur in der ECE genutzt werden, sondern auch <strong>von</strong> <strong>Städte</strong>n,<br />

Architekten und Mitbewerbern. Zusätzlich wurde ein „Handbuch für den<br />

nachhaltigen Betrieb <strong>von</strong> Shopping Centern“ entwickelt. Es nimmt die<br />

langjährigen Erfahrungen der Center Manager und Technical Manager<br />

sowie externe Anregungen auf, und gibt konkrete und praktische Handlungsempfehlungen <strong>von</strong> der Reinigung bis zum Energiemanagement.<br />

Das Handbuch ist somit für alle Betreiber <strong>von</strong> Hochfrequenz­Immobilien – vom Rathaus über die Veranstaltungshalle, Schule bis hin zum<br />

Bahnhof – ein informatives Nachschlagwerk und kann kostenlos bei ECE angefordert werden.<br />

Der Bericht über den ECE­<strong>Nachhaltig</strong>keitskongress und Best­Practice­Beispiele stehen unter<br />

http://www.ece.com/de/nachhaltigkeit/nachhaltigkeitskongress/ zur Verfügung.<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

23


schweRpUNKT | STÄDTE DER ZUKUNFT |<br />

Siemens-Konzernzentrale –Unternehmen übernehmen Vorbild-Funktion<br />

Das <strong>von</strong> Henning Larsen Architects entworfene Areal überzeugt mit einem durchgängigen <strong>Nachhaltig</strong>keitsansatz. Zum Einsatz kommen unter<br />

anderem energieeffiziente Gebäudetechnik und Beleuchtungssysteme sowie erneuerbare Energien wie Photovoltaik. Das Areal der Unternehmenszentrale<br />

wird durch Fußgängerpassagen und lebendig gestaltete, begrünte Innenhöfe für die Öffentlichkeit zugänglich. Dazu gehören<br />

helle, Licht durchflutete Büros, die die Kommunikation und Teamarbeit fördern. Die Bauarbeiten an der neuen Konzernzentrale werden voraussichtlich<br />

Ende 2015 abgeschlossen sein.<br />

Fußbodenheizung, um die optimale Raumtemperatur zu<br />

gewährleisten. lampen erleuchten nur den teil des raumes,<br />

der genutzt wird. Über einen Bildschirm wird der Energieverbrauch<br />

im Haus beobachtet und gesteuert.<br />

Weitere Zukunfts­<strong>Städte</strong> sind „Dalian Best City“ und<br />

„Tianjin eco­City“ in China sowie die „Pungol Eco Town“<br />

in Singapur, wo ebenfalls der ganzheitliche Einsatz <strong>von</strong><br />

Solarzellen und Energiemanagementsystemen für rund 100<br />

Haushalte geplant ist. „Bei jedem neuen Projekt bemühen<br />

wir uns, gemeinsam mit den Experten aus Wissenschaft,<br />

Forschung und Politik, die <strong>Städte</strong> neu zu denken“, sagt<br />

Graf. Um die idee der intelligenten Stadt zu realisieren,<br />

müssen sich die richtigen Protagonisten zusammenfinden.<br />

Oft reichen zwei bis drei engagierte Partner. Das ist<br />

idealerweise die Stadt selbst und weitere akteure wie<br />

der örtliche Energieversorger, Partner aus IKT oder der<br />

Automobilindustrie und ein stimmiger Plan. Die Partner<br />

müssen frühzeitig die Rollen klären, den Nutzen definieren<br />

und die Organisationsstruktur einschließlich der Prozesse<br />

festlegen. auch die Bürger gehören mit ins Boot. „Es gilt,<br />

die Bürger nicht nur zu informieren, sondern sie in die<br />

Konzeption <strong>von</strong> Projekten einzubinden und einen kritischen<br />

dialog zuzulassen“ fasst Maximilian Gege <strong>von</strong> B.a.U.M. e.V.<br />

die Ergebnisse des reports zusammen. Neben der Nutzung<br />

<strong>von</strong> IKT zur Verknüpfung aller vorhandenen Daten sei es<br />

ganz besonders wichtig, die Finanzierungsmöglichkeiten<br />

der geplanten Maßnahmen zu beleuchten, denn „was<br />

bringen die kühnsten Pläne wenn die Finanzierung nicht<br />

gewährleistet werden kann?“ deshalb hat B.a.U.M. den<br />

Zukunftsfonds aufgelegt. Darin können Unternehmen,<br />

Stiftungen und Privatpersonen bei einer Mindesteinlage<br />

<strong>von</strong> 1.000 Euro investieren. Das Geld fließt in Energieeffizienzmaßnahmen,<br />

die zertifizierte Berater prüfen. Durch<br />

die erzielten Einsparungen erhalten anleger eine Verzinsung<br />

<strong>von</strong> fünf Prozent. In der Stadt der Zukunft sind<br />

Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz keine Gegensätze. Es<br />

ist höchste Zeit, die vorhandenen Synergien zu nutzen.<br />

QUeRschNITTsTheMeN KeRNBeReIche TReIBeR<br />

Informations­ und<br />

Kommunikationstechnologien<br />

Bürgerbeteiligung<br />

Finanzierung<br />

Energiekonzepte<br />

Erneuerbare Energien, Energieeffizienz<br />

und ­speicherung<br />

Mobilität<br />

Verkehr, Logistik<br />

und transport<br />

Planung & Verwaltung<br />

Organisation, Quartiers­ und<br />

Flächenentwicklung<br />

Wirtschaft<br />

Produktion, Konsumund<br />

Lebensstile<br />

Energiewende, Mobilitätswende, Planungs- und<br />

Verwaltungswende, Ressourcenwende<br />

Klimawandel<br />

ressourcenverfügbarkeit<br />

Demografischer Wandel<br />

Der Report „Intelligent Cities – Wege zu einer nachhaltigen, effizienten und lebenswerten Stadt“ untersucht Handlungsmöglichkeiten in allen<br />

Bereichen und thematisiert insbesondere auch die finanziellen Dimensionen sowie eine intensive Bürgerbeteiligung.<br />

24 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

Statements der Initiatoren<br />

Intelligent Cities –<br />

Wege zu einer nachhaltigen,<br />

effizienten und lebenswerten Stadt<br />

Management-Zusammenfassung<br />

Ein Report initiiert <strong>von</strong> B.A.U.M. e.V. und Accenture GmbH<br />

Hamburg, Januar <strong>2013</strong><br />

Unterstützt und unter Mitwirkung <strong>von</strong><br />

Open source für<br />

Stadtentwicklung<br />

Der vorliegende Artikel <strong>von</strong><br />

Fritz lietsch ist ein auszug<br />

aus dem Mana gement Summary<br />

„Intelligent Cities“ sowie<br />

eine Sammlung <strong>von</strong> Beiträgen<br />

der an dem report<br />

beteiligten Unternehmen.<br />

diese finden Sie in voller<br />

länge online auf:<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net/IntelligentCities.<br />

Wir bedanken uns<br />

insbesondere bei:<br />

Alexander Holst und Jens Plambeck, Accenture; Joachim Klink<br />

und Sybille Rock, Hewlett­Packard; Dr. Stephanie Dutzke­<br />

Wittneben, Thomas Lehmann und Maria Hill, ECE; Mathias<br />

W. Send, NATURpur Institut für Klima­ und Umweltschutz,<br />

Werner Graf, Panasonic; Prof. Dr. Maximilian Gege und Martin<br />

oldeland, B.a.U.M. e.V.<br />

Zusätzliche, weiterführende Informa tionen<br />

finden Sie laufend aktuell unter<br />

www.intelligent­cities.net<br />

Wir bedanken uns für den umfangreichen input und für die Mitarbeit am report bei den Firmen:<br />

Gütezeichen für nachhaltiges Bauen – Daran erkennen Sie Qualität<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Gebäude<br />

das „Deutsche Gütesiegel für nachhaltiges Bauen“<br />

zeichnet herausragende Gebäude mit Einstufungen<br />

in Gold, Silber und Bronze aus. Mit seiner 360­Grad­<br />

Sicht deckt es alle relevanten Felder des nachhaltigen<br />

Bauens ab. Es berücksichtigt auch die Lebenszykluskosten<br />

eines Gebäudes.<br />

www.dgnb.de<br />

Das Gebäudezertifizierungssystem LeeD (Leadership<br />

in Environmental & Energy Design) definiert<br />

Standards für umweltfreundliches, ressourcenschonendes<br />

und nachhaltiges Bauen. Entwickelt wurde<br />

er <strong>von</strong> der gemeinnützigen Gesellschaft USGBC (U.S.<br />

Green Building Council).<br />

www.leed.net<br />

BReeAM ist das älteste Zertifizierungssystem für<br />

nachhaltiges Bauen. Seit 1990 gibt es die „Building<br />

Research establishment environmental Assessment<br />

Method“ schon. im BrEEaM­System werden in neun<br />

Kategorien Punkte vergeben, die entsprechend ihrer<br />

Gewichtung zu einem Endresultat zusammengefasst<br />

werden.<br />

www.breeam.org<br />

das RAL­Gütezeichen Niedrigenergie­Bauweise kennzeichnet<br />

Gebäude mit besonders niedrigem Heizenergiebedarf.<br />

Grundlage für die Zeichenvergabe sind<br />

die Güte­ und Prüfbestimmungen für die Planung<br />

und Bauausführung <strong>von</strong> Häusern in Niedrigenergie­<br />

Bauweise.<br />

www.ral­guete.de<br />

Baustoffe / Produkte<br />

das QDF­siegel wird an Hausbauunternehmen vergeben<br />

und setzt hohe Qualitätsstandards für Fertighäuser,<br />

die sowohl gesundheitliche als auch ökologische<br />

Anforderungen berücksichtigen.<br />

www.bdf­ev.de/german<br />

das Blauer engel Umweltzeichen RAL­UZ 49 kennzeichnet<br />

Baustoffe, die überwiegend aus Altglas<br />

hergestellt wurden und damit zur Verwertung <strong>von</strong><br />

Glasabfällen beitragen.<br />

www.blauer­engel.de<br />

das Blauer engel Umweltzeichen RAL­UZ 36 kennzeichnet<br />

Dämm­ und Isolierstoffe aus Altpapier, mit<br />

denen die abfallbelastung durch altpapier, der ressourcenverbrauch<br />

(Holz, Wasser, Energie) und die<br />

abwasserbelastung gesenkt werden.<br />

www.blauer­engel.de<br />

das Ökoplus-Zeichen wird <strong>von</strong> der Fachhandels aG an<br />

Fachhandelsbetriebe für bestimmte Produkte vergeben.<br />

die Beurteilung <strong>von</strong> Produkten erfolgt aufgrund<br />

<strong>von</strong> Produktlinienanalysen, die Produktion, Nutzung<br />

und Entsorgung gleicher maßen berücksichtigen.<br />

www.oekoplus.de<br />

das „natureplus“­Zeichen stellt anforderungen an<br />

den Umwelt­ und Gesundheitsschutz. Hierbei wird<br />

der gesamte Lebensweg eines Produktes – vom<br />

Rohstoffanbau über die Herstellung bis hin zur Entsorgung<br />

– betrachtet (z.B. Berücksichtigung des Energieverbrauchs<br />

bei der Herstellung).<br />

www.natureplus.org<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

25


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Bürgerschaftliches Engagement<br />

für die Stadt der Zukunft<br />

Fragen des Klimaschutzes, der Energieeffizienz und der Demografie setzen <strong>Städte</strong><br />

unter Veränderungsdruck. Nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern<br />

können nachhaltige Lösungen für die Stadt der Zukunft entstehen.<br />

Dr. Peter Ramsauer<br />

„Es ist ausdrücklich zu<br />

begrüßen, sich Gedanken<br />

über eine nachhaltige,<br />

effiziente und<br />

lebenswerte Stadt zu<br />

machen – auch „Querdenken“<br />

sollte willkommen<br />

sein.“<br />

Eine nachhaltig erfolgreiche Stadtplanung<br />

muss sich am vorhandenen städtebaulichen<br />

Kontext orientieren, Akzeptanz in der<br />

Gesellschaft finden und deren Engagement<br />

fördern. Dieser Gedanke ist auch Kern des<br />

Memorandums „Städtische Energien – Zukunftsaufgaben<br />

der <strong>Städte</strong>“, das anlässlich<br />

des Internationalen Kongresses „Städtische<br />

Energien“ im Oktober 2012 in Berlin verabschiedet<br />

wurde. Das Memorandum ruft die<br />

Verantwortlichen in <strong>Städte</strong>n und Regionen,<br />

Unternehmen und Verbänden auf, Bündnisse<br />

zu schmieden und eigenverantwortlich Projekte<br />

für eine nachhaltige Stadtentwicklung<br />

auf den Weg zu bringen. In Deutschland<br />

haben wir mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik<br />

und den Programmen der<br />

<strong>Städte</strong>bauförderung tragfähige Strukturen<br />

geschaffen, um diese Aufgaben partnerschaftlich<br />

mit den Ländern und Kommunen<br />

anzugehen.<br />

Für die <strong>Städte</strong> der Zukunft kommt es immer<br />

mehr darauf an, sich <strong>von</strong> Energieverbrauchern<br />

zu Energieerzeugern zu wandeln.<br />

Deshalb unterstützt die Bundesregierung<br />

die energetische Ertüchtigung des Gebäudebestandes<br />

und der Stadtquartiere mit den<br />

Förderprogrammen der KfW Bankengruppe.<br />

Im Sinne innovativer Lösungen für intelligente<br />

<strong>Städte</strong> müssen dabei Mobilität und<br />

Wohnen viel stärker ineinander greifen. Wie<br />

dies gelingen kann, zeigen vielversprechende<br />

Pilotprojekte wie das Plus-Energie-Haus mit<br />

Elektromobilität in Berlin.<br />

Solche Beispiele sind der Ausgangspunkt,<br />

um gemeinsam weiter zu denken und zu<br />

handeln. Staatliche Förderprogramme und<br />

Konzepte allein können die Aufgaben in den<br />

<strong>Städte</strong>n und Regionen jedoch nicht lösen.<br />

Daher werbe ich dafür, noch mehr bürgerschaftliches<br />

Engagement zu aktivieren und<br />

eigene Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen.<br />

Vielerorts leisten die unterschiedlichen<br />

Initiativen bereits Vorbildliches. Diese<br />

„städtischen Energien“ sind auch Ausdruck<br />

<strong>von</strong> Verbundenheit und Heimat. Nutzen wir<br />

diese Energien als Ressource für die nachhaltige<br />

Stadt der Zukunft.<br />

Im Profil<br />

Dr. Peter Ramsauer<br />

ist Mitglied des Deutschen Bundestages und<br />

Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.<br />

Von 2005 bis 2009 war er Vorsitzender<br />

der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag<br />

und Erster Stellvertreter des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden.<br />

26 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

Blitzumfrage<br />

Was wünschst Du Dir <strong>von</strong> der Stadt der Zukunft?<br />

<strong>forum</strong> hat sich umgehört<br />

Mehr Grünflächen und Parks! Genügend<br />

Freizeitmöglichkeiten und angebote, dort<br />

mit Fahrrad und Öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

hinzukommen.<br />

Laura S., 19, Fachabiturientin und<br />

Johanna G., 20, Berufseinsteigerin<br />

Eine Mischung aus Gemütlichkeit und<br />

Fortschritt. Ein bisschen mehr Offenheit<br />

für Internationalität würde nicht schaden.<br />

Gunther R., 34, Rechtsanwalt<br />

Mehr Spielplätze und Geld für die Jugend.<br />

Die Menschen, die die neue Generation<br />

großziehen, müssten fünfmal so viel bekommen,<br />

um ihre Aufgabe motiviert machen<br />

zu können.<br />

Serkan C., 38, Vater<br />

Viele Shoppingmöglichkeiten mit meinen<br />

Enkeln, Freizeitangebote und natürlich<br />

schnelle Wege in die Stadt rein.<br />

Anne L., 75, Rentnerin<br />

Günstigere Wohnungen. Und mehr gesunden<br />

Mittelstand, für den es sich lohnt<br />

zu arbeiten – denn die Schere zwischen<br />

vermögend und „unterer“ Schiene geht<br />

immer stärker auseinander.<br />

Elisabeth R., 49, Verkäuferin<br />

ich habe alles. ich komme aus düsseldorf<br />

und bin wunschlos glücklich.<br />

Michael S., 49, Ingenieur<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

27


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

„Die Menschen, nicht die<br />

Häuser machen die Stadt“<br />

Die Menschen zieht es in die Zentren. Darauf müssen Ballungsräume reagieren, mit<br />

mehr Wohnraum, neuer Infrastruktur und Energieeffizienz. Gemeinsam mit den Bürgern<br />

entwickeln Wissenschaftler und Kommunen Lösungen für die Stadt der Zukunft.<br />

Redaktionsbüro Wissenschaftsjahr 2012<br />

Laut einer Prognose der Vereinten Nationen werden im<br />

Jahr 2050 84 Prozent der Menschen in <strong>Städte</strong>n leben. In<br />

Deutschland sind es jetzt schon rund 74 Prozent. Als Grund<br />

dafür nennt der Sozialwissenschaftler Steffen Kröhnert vom<br />

„Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung“ (siehe<br />

Inter view auf Seite 64) den wirtschaftlichen Strukturwandel:<br />

„Wir leben in einer wissensintensiven Gesellschaft“, sagt er.<br />

Hoch spezialisierte Berufe benötigten die Nähe zu ähnlich<br />

wissensintensiven Jobs. Zudem hätten sich die Lebensentwürfe<br />

gewandelt: Je besser die Ausbildung der Menschen,<br />

desto mehr bevorzugten sie das Leben in der Stadt. Dort<br />

gäbe es gute Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, so dass<br />

beide Elternteile arbeiten könnten.<br />

<strong>Städte</strong> sind Energieschlucker<br />

Das Leben in <strong>Städte</strong>n mag attraktiv sein. Mit Blick auf die<br />

Versorgung der Einwohner, den Ressourcenverbrauch, die<br />

Infrastruktur oder den Wohnraum ist es gleichzeitig eine<br />

Herausforderung. Zwei Drittel der weltweit verbrauchten<br />

Energie, 60 Prozent des Wasserverbrauchs und 70 Prozent<br />

der Treibhausgase entfallen auf städtische Ballungsgebiete.<br />

Daher brauchen <strong>Städte</strong> und Kommunen Innovationen<br />

bei CO 2<br />

-neutralen und energieeffizienten Strukturen, bei<br />

Gesundheitsversorgung, bei Konsum und Kommunikation.<br />

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)<br />

hat mit dem Wettbewerb „ZukunftsWerkStadt“ (ZWS) dreieinhalb<br />

Millionen Euro bereitgestellt, um vielversprechende<br />

Konzepte aus 15 <strong>Städte</strong>n und Landkreisen zu realisieren.<br />

Voraussetzung für die finanzielle Förderung: ein Ansatz, der<br />

vorsieht, dass sich die Bürger engagieren und ihre Ideen in<br />

die Politik einbringen.<br />

Die Bürger mit ins Boot holen<br />

Ein Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof? Eine Bürger-Energie-Genossenschaft?<br />

Lärmschutzwände mit Photovoltaikanlagen?<br />

In der ZWS sind Ideen für die direkte Umgebung<br />

der 15 <strong>Städte</strong> und Landkreise entstanden. In ihren Projekten<br />

entwerfen Bürger gemeinsam mit Politikern, Wirtschaftsvertretern<br />

und Wissenschaftlern Konzepte und Maßnahmen<br />

für ihre <strong>Städte</strong>.<br />

Darunter ist auch das Forschungsprojekt des Geographischen<br />

Instituts der Universität Kiel „die lernende Stadt“. Das<br />

Onlineportal (www.luebeck.die-lernende-stadt.de) lädt alle<br />

Bürger ein, ihre Ideen einzutragen und gemeinsam mit anderen<br />

weiterzuentwickeln. Mitarbeiter der Universität Kiel,<br />

der Stadtverwaltung Lübeck und des Wissenschaftsmanagements<br />

der Hansestadt moderieren den Online-Dialog des<br />

„Mitmachportals“ der Stadt Lübeck und leiten Fachfragen<br />

an Verwaltung und Experten weiter. Das Projekt beteiligt<br />

die Lübecker etwa bei Fragen der Lärmbelastung und des<br />

Klimaschutzes. „Wir möchten das Internet nutzen, um einen<br />

breit angelegten Dialog über die Zukunft der Stadt Lübeck zu<br />

initiieren“, sagt Robin Koerth, der das Projekt wissenschaftlich<br />

begleitet. Bürgermeister Bernd Saxe sagt: „Wir erhoffen<br />

uns eine Mitwirkung der Einwohner, die wir mit unseren<br />

bisherigen Kommunikationswegen kaum erreichen konnten“.<br />

Austausch fördern<br />

Auch in Leipzig spielt die Kommunikation mit den Bürgern<br />

eine zentrale Rolle für eine nachhaltige Zukunft. Unter dem<br />

Motto „Leipzig weiterdenken“ stehen sowohl der demografische<br />

Wandel, als auch die energetische Sanierung der<br />

Gründerzeithäuser im Mittelpunkt. Die Ideenwerkstatt „Neue<br />

Energie für alte Häuser“ ist nur ein Beispiel verschiedener<br />

Projekte der Stadt. Hier tauschen sich Bürger, Politik sowie<br />

Vertreter der Wissenschaft und Verwaltung untereinander<br />

aus. „Dieser Austausch ist extrem wichtig“, sagt Leipzigs Umweltbürgermeister<br />

Heiko Rosenthal. „Dieses Projekt ist eine<br />

hervorragende Gelegenheit, um gemeinsam zu zeigen, dass<br />

bei Energieeinsparung und Klimaschutz alle nur gewinnen<br />

können. Je eher wir damit beginnen, desto effektiver und<br />

kostengünstiger können wir arbeiten.“<br />

Wie sieht die Stadt <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> aus?<br />

<strong>Städte</strong>planer, Architekten und Stadtverwaltungen versuchen<br />

zu antizipieren, wie Menschen in den nächsten 20, 30 oder<br />

28 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

40 Jahren in <strong>Städte</strong>n leben werden. Oliver Ibert, Wirtschaftsgeograf<br />

am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und<br />

Strukturplanung in Erkner, zitiert sinngemäß den Stadtplaner<br />

Karl Ganser: „Wer die Stadt <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> sehen will, muss nur<br />

Im Rahmen der Initiative „ZukunftsWerkStadt“ fördert das Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung 15 <strong>Städte</strong>. Darunter u.a.:<br />

Bonn, Freiburg (Breisgau), der Landkreis Harz, Konstanz, Leipzig,<br />

Leutkirch (Allgäu), Lübeck und Stuttgart. In den Projekten entwerfen<br />

Bürger gemeinsam mit Politikern, Wirtschaftsvertretern und<br />

Wissenschaftlern Konzepte und Maßnahmen, um ihre <strong>Städte</strong> nachhaltig<br />

zu entwickeln.<br />

Weitere Steckbriefe finden Sie auf<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net oder<br />

www.zukunftsprojekt-erde.de<br />

Landkreis Harz<br />

Fläche: 2.104 km 2<br />

Einwohner: 229.176<br />

Landrat: Dr. Michael Ermrich<br />

Projekt<br />

„Vision 20plus – gemeinsam mehr bewegen“<br />

Handlungsfelder<br />

• Versorgungsmöglichkeiten auf dem Land<br />

• zukunftsfähige Wohnformen<br />

• Natur- und Klimaschutz<br />

• Umweltbildung<br />

• Energieeinsparung<br />

• Sicherung des Brandschutzes<br />

• Stärkung der Vereine<br />

• Mobilität<br />

Highlights<br />

• 2012: Die neue Begegnungsstätte in Osterwieck ermöglicht<br />

„neues Wohnen“ für alle Generationen: Wohnen, Betreuung<br />

und Kommunikation.<br />

• 2012: Der Bildungsbus bringt die Kinder aus der Einheitsgemeinde<br />

Osterwieck zur Kinderhochschule nach Wernigerode.<br />

• 2012: Ein neues Projektbüro in der Innenstadt <strong>von</strong> Osterwieck<br />

wird Anlaufstelle für alle Bürger, die gute Ideen haben.<br />

• 2012: Hausmeister, Handwerker und Hausbesitzer erhalten<br />

Stromspartipps im Energieberatungszentrum Osterwieck.<br />

• <strong>2013</strong>: Startschuss für die Entwicklung eines dörflichen Versorgungszentrums<br />

in Deersheim.<br />

• <strong>2013</strong>: Ausgabe <strong>von</strong> Bürgersparbriefen als Beteiligungsmodell am<br />

Ausbau erneuerbarer Energien.<br />

• <strong>2013</strong>: Installation einer Brennstoffzelle im Gymnasium Osterwieck<br />

mit Darstellung der Vorgänge für die Schüler.<br />

Bürgerstimmen<br />

• „Ich wünsche mir eine Welt, in der die Menschen gemeinsam<br />

dafür sorgen, dass die Umwelt sauber bleibt.“<br />

Nele (4. Klasse), Ilsenburg<br />

• „Kleine Schritte in der ZukunftsWerkStadt führen dazu, dass das<br />

Leben lebenswerter, ökologischer und sozialer wird.“<br />

Walter M., Osterwieck<br />

• „Eine gute Zukunft für unsere Region schaffen wir nur gemeinsam.“<br />

Ellen S., Osterwieck<br />

aus dem Fenster gucken – sie steht schon.“ Denn <strong>Städte</strong> seien<br />

extrem langlebige Strukturen, die man nur schwer verändern<br />

könne. Häuser stünden etwa 100 bis 150 Jahre, ihre Grundrisse<br />

gäben die Wohnmöglichkeiten vor. „Die hierarchischen<br />

Wohnungsgrundrisse aus den 1970er-Jahren sind recht statisch:<br />

großes Wohnzimmer, kleine Küche, Mini-Kinderzimmer<br />

und ein Elternschlafzimmer. Eine Wohngemeinschaft kriegt<br />

man dort schlecht unter“, so Ibert. Altbauten aus der Gründerzeit<br />

bieten hingegen häufig Grundrisse mit gleich großen<br />

Zimmern und damit Raum für unterschiedliche Wohnformen.<br />

Diese neutralen oder flexiblen Grundrisse sind auch für<br />

Neubauten wünschenswert, da sie sich durch kleine bauliche<br />

Eingriffe an neue Nutzerbedürfnisse anpassen lassen.<br />

Neue Lifestyles machen die <strong>Städte</strong> grüner und gesünder<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit und individuelle Gesundheit spielen in der<br />

Gesellschaft mittlerweile eine große Rolle. Der Zukunftsforscher<br />

Eike Wenzel aus Heidelberg hat vor einigen Jahren die<br />

Personengruppe der LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability)<br />

charakterisiert, die er in Zukunft für gesellschaftlich<br />

prägend hält. Wenzel ordnet etwa ein Drittel der Deutschen<br />

den LOHAS zu. „Sie wollen am Leben in der Stadt oder im<br />

Stadtteil partizipieren“, sagt Wenzel. „Neben der persönlichen<br />

Work-Life-Balance wollen sie auch mit der Umwelt im<br />

Einklang leben“. Die Post-Konsumgesellschaft strebe nach<br />

Vergnügen UND Verantwortung, nach Genuss UND Gesund­<br />

Stuttgart<br />

Fläche: 207,4 km 2<br />

Einwohner: 578.672<br />

Oberbürgermeister: Fritz Kuhn<br />

Projekt<br />

„Besser zu Fuß unterwegs in Stuttgart“<br />

Handlungsfelder<br />

• das Thema Fußverkehr in Politik und Verwaltung verankern<br />

• die Bedingungen für Fußgänger verbessern<br />

• die Lebensqualität in der Stadt durch eine nachhaltige Mobilität<br />

verbessern<br />

Auszeichnungen der Stadt Stuttgart<br />

• <strong>Nachhaltig</strong>ste Stadt Deutschlands (2012)<br />

• Deutscher Fahrradpreis (2007)<br />

• Auszeichnung „Ort der Vielfalt“ durch die Bundesregierung<br />

(2009)<br />

Highlights<br />

• Carsharing-System e-car2go mit 300 E-Smarts<br />

• Fahrradverleihsystem „Call-a-bike“ der Deutschen Bahn mit normalen<br />

und Elektrofahrrädern<br />

• Globales Netzwerk „Cities for Mobility“ mit über 600 Mitgliedern<br />

aus 84 Staaten<br />

Bürgerstimmen<br />

„Endlich kümmert sich jemand um das Thema Fußgänger.“<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

29


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

heit, einem erfolgreichen Leben, das NICHT auf Kosten der<br />

Ökologie geht. Besonders bei jungen Familien beobachtet<br />

Wenzel diese Geisteshaltung.<br />

„Sie suchen eine möglichst hohe Selbststeuerung“, sagt er.<br />

Das kann heißen, dass sie etwa ihre Stromversorgung über<br />

Brennstoffzellen oder XXL-Batterien lokal organisieren. Auf<br />

der Straße steht dann ein kleines Kraftwerk, das man nicht als<br />

solches erkennt. Solche Mini-Kraftwerke entstehen derzeit.<br />

„Da wird es in Zukunft noch einen großen Wandel geben.“<br />

Besser zu Fuß unterwegs<br />

Wenzels Stichwort für die Zukunft der Stadt ist die „resiliente<br />

Stadt“. Resilienz kann man mit Krisenfestigkeit übersetzen:<br />

Gemeint ist die Fähigkeit der Stadt, mit Herausforderungen<br />

wie dem Klimawandel und der Wirtschaftskrise umzugehen<br />

und dabei lebenswert zu bleiben. In einer solchen Stadt spielt<br />

das private Auto eine weit geringere Rolle als heute. Öffentlicher<br />

Nahverkehr, Carsharing und Peer-to-Peer-Carsharing,<br />

also das private Teilen eines Autos, gewinnen an Bedeutung.<br />

Bonn geht im Rahmen der „ZukunftsWerkStadt“ auf Betriebe<br />

Leutkirch<br />

Fläche: 174,95 km 2<br />

Einwohner: 22.325<br />

Oberbürgermeister: Hans-Jörg Henle<br />

Projekt<br />

„<strong>Nachhaltig</strong>e Stadt Leutkirch“<br />

Handlungsfelder<br />

• gemeinsame Identität und Verantwortung der Bewohner durch<br />

energie- und kosteneffiziente Sanierungs-und Entwicklungsplanung<br />

schaffen<br />

• „<strong>Nachhaltig</strong>keit zum Anfassen“ im Leutkircher Bürgerbahnhof<br />

• <strong>Nachhaltig</strong>keit für Kinder und Jugendliche – zielgruppengerechte<br />

Angebote schaffen, begeistern und motivieren<br />

Auszeichnungen<br />

• Gewinner der Solar-Bundesliga (mittelgroße <strong>Städte</strong>) 2009, 2010,<br />

2011, 2012<br />

• „Energie-Kommune des Monats Juli 2012“ (<strong>von</strong> der „Agentur für<br />

erneuerbare Energien“ ausgezeichnet)<br />

• Allgäuer Solarmeister<br />

• Gewinner der RES-Champion-League (Renewable Energy Competition)<br />

--> auf europäischer Ebene<br />

Highlights<br />

• Der Leutkircher Bürgerbahnhof: zentrales Informations- und Dokumentationszentrum<br />

• Bau eines der größten Photovoltaik-Parks in Baden-Württemberg.<br />

Bürger konnten sich finanziell beteiligen.<br />

• Filmprojekt mit Schülern zum Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Bürgerstimmen<br />

• „Wir haben die große Chance, dass wir die Energie, die wir vor<br />

Ort verbrauchen, auch selbst erzeugen können. Wir müssen zu<br />

einem Gleichgewicht zwischen Verbrauch und umweltfreundlicher<br />

Erzeugung kommen.“<br />

Christoph Kuon, 45, Diplom- Wirtschaftsmathematiker<br />

zu, sensibilisiert sie für das Thema Mobilität und unterstützt<br />

sie durch Jobtickets. „Besser zu Fuß unterwegs“ heißt es in<br />

Stuttgart – dort bewegen Initiativen Bürger dazu, ihr Auto<br />

stehenzulassen. Bei „Walking Audits“ begleiten Experten die<br />

Anwohner bei einem Rundgang durch ein Stadtviertel. Im<br />

Anschluss entstehen gemeinsame Verbesserungskonzepte.<br />

„Die Menschen, nicht die Häuser machen die Stadt“, sagte<br />

der griechische Philosoph und Staatsmann Perikles im<br />

fünften Jahrhundert vor Christus. Architektur und Stadtplanung<br />

müssen die Menschen miteinbeziehen – die Stadt<br />

der Zukunft ist im Wandel und den bestimmen maßgeblich<br />

die Bürger.<br />

Ludwigsburg<br />

Fläche: 43,3 km 2<br />

Einwohner: 88.000<br />

Oberbürgermeister: Werner Spec<br />

Projekt<br />

Integriertes Stadtentwicklungskonzept<br />

„Chancen für Ludwigsburg“<br />

Handlungsfelder<br />

Attraktives Wohnen, kulturelles Leben, vitale Stadtteile, Wirtschaft<br />

und Arbeit, lebendige Innenstadt, Mobilität, Zusammenleben<br />

<strong>von</strong> Nationen und Generationen, Grün in der Stadt, Bildung und<br />

Betreu ung, vielfältiges Sportangebot, Energie<br />

Auszeichnungen<br />

• 2009: Deutscher <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis „Zeitzeichen“<br />

• 2010: European Energy Award<br />

• 2010: Gewinner des Wettbewerbs „Klimaneutrale Kommune“<br />

• 2010: Bundeshauptstadt Klimaschutz<br />

• 2012: Nominierung für den Deutschen <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis<br />

• Fair Trade Stadt<br />

Highlights<br />

• Internetplattform zur Bürgerbeteiligung: www.meinlb.de<br />

• Zukunftskonferenz 2012<br />

• Kasernenkonversionen (z.B. Hartenecker Höhe)<br />

• Gesamtenergiekonzept<br />

• Stadtteilentwicklungspläne<br />

Bürgerstimmen<br />

• „Ich bringe mich ein, weil ich möchte, dass die Ludwigsburger<br />

Kinder reine Luft, viel Platz zum Spielen und gute Bildungsangebote<br />

haben.“<br />

Monika Beisch, 69, Oßweil, Referentin für Altenarbeit<br />

• „In Ludwigsburg heißt Ausländerausschuss schon lange Integrationsbeirat.<br />

Ich möchte, dass wir auf dem guten Weg weitergehen.“<br />

Suji Thangaraja, 29, Innenstadt, Informatiker<br />

• „Mir liegt daran, dass man in Ludwigsburg auch als Rollstuhlfahrerin<br />

an der Gesellschaft teilhaben kann.“<br />

Brigitte Seiferheld, 63, Oßweil, Betriebswirtin<br />

• „Ich wünsche mir, dass die Kunst in Ludwigsburg weiterhin viele<br />

Bühnen hat.“<br />

Marika Köpf, 46, Innenstadt, Verwaltungsleiterin<br />

• „Ich setze mich dafür ein, dass sich Spätaussiedler in dieser Stadt<br />

früh wohlfühlen.“<br />

Julia Schell, 40, Sonnenberg, Großhandelskauffrau<br />

30 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

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31


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Willkommen in Urbanutopia!<br />

999 Zeichen ...<br />

... für die Zukunft der <strong>Städte</strong><br />

Die Stadt der Zukunft wird bunter<br />

Wir denken die „Zukunft der <strong>Städte</strong>“ oft noch sehr technologisch: Wir stellen uns intelligent gesteuerte Passiv-Häuser,<br />

Elektromobile und Smart Grids vor – Modellstädte wie die auf der arabischen Halbinsel erwachsende „Masdar City“.<br />

Natürlich werden neue Technologien die <strong>Städte</strong> der Zukunft schmücken. Sie müssen und werden aber in soziale Innovationen<br />

eingebettet sein. Innovationen, die Wege zwischen Arbeiten, Einkaufen und Erholen gerade für eine alternde<br />

Bevölkerung erleichtern; die Fuß- und Radverkehr attraktiv machen, die neue Grünflächen durch Konversion und<br />

Renaturierung schaffen. Soziale Innovationen wie Mehrgenerationenwohnen, urbane Gärten, Tauschbörsen, gemeinschaftlicher<br />

Konsum wie Carsharing oder die geteilte Bohrmaschine. Die Stadt der Zukunft wird bunter und kreativer.<br />

Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Instituts<br />

<strong>Städte</strong> beheimaten nachhaltige Lifestyles<br />

Die Debatte um <strong>Nachhaltig</strong>keit und eine verantwortbare Lebensqualität ist Ausdruck eines grundlegenden gesellschaftlichen<br />

Wandels. Uns dämmert, dass Mensch, Raum und Umwelt zusammengehören. Aber „nachhaltiges“<br />

Leben gelingt nur, wenn es einen begehrenswerten „Lifestyle“ beinhaltet. <strong>Städte</strong> können Katalysatoren dieses neuen<br />

Lebensstils sein. Denn die gebaute Umwelt beeinflusst menschliche Verhaltensweisen, Gewohnheiten und soziale<br />

Entwicklungen. Ob Menschen in Gebäuden arbeiten oder wohnen, ist nebensächlich. Denn unsere ubiquitär vernetzte<br />

Informationsgesellschaft unterscheidet kaum noch zwischen Beruf und Freizeit. Der Wunsch nach Lebensqualität und<br />

Gesundheit beeinflusst unser Arbeits- wie unser Freizeitleben. Dafür bedarf es einer höheren Vielfalt an individuellen<br />

Lebensräumen. Verdichtung allein greift viel zu kurz. Die soziale Balance ist ausschlaggebend für eine <strong>von</strong> hoher<br />

Lebensqualität bestimmte Gesellschaft.<br />

Martin Haas, Bund Deutscher Architekten (BDA); Miller Chair University of Pennsylvania; Gründer <strong>von</strong> haascookzemmrich<br />

STUDIO2050, Mitglied des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für <strong>Nachhaltig</strong>es Bauen (DGNB)<br />

Das 21. Jahrhundert: „Urban Age“<br />

Die Frage nach der Stadt der Zukunft ist eine Kernfrage der Menschheit. Die <strong>Städte</strong> der Zukunft müssen nachhaltig<br />

sein. Das betrifft den Flächenverbrauch, die Energie- und Wassernutzung, das Abfallaufkommen oder den Erhalt der<br />

Landschaft. Gleichzeitig muss sich die städtische Infrastruktur an den Klimawandel anpassen und auf Schiene und Straße<br />

die Mobilität <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> ermöglichen. Es kommt noch eine weitere, ganz wesentliche Dimension hinzu: Der soziale<br />

Frieden. Es gilt, Migranten das Ankommen zu erleichtern, das Sozial-, Gesundheits- und Rentensystem krisenstabil zu<br />

gestalten und das Miteinander der Menschen zu fördern. Diese Aufgaben verlangen urbane Solidarität im unmittelbaren<br />

Lebensumfeld, in der Beziehung zwischen den <strong>Städte</strong>n, zwischen Stadt und Land, sowie auf europäischer und<br />

globaler Ebene. Denn das 21. Jahrhundert ist weltweit das „Urban Age“ – das Zeitalter der <strong>Städte</strong>.<br />

Dr. Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Deutschen <strong>Städte</strong>tages<br />

32 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

33


schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

Zukunftsmusik? Von wegen!<br />

Innovationen, die die Stadt lebenswert machen: Aus alt mach neu, aus Windeln<br />

Energie. Fahrräder aus Pappe und Häuser aus Bierflaschen begegnen uns in<br />

manchen <strong>Städte</strong>n schon heute…<br />

Von Nadine Michelberger<br />

Auf die Pappe, fertig, los!<br />

Das sogenannte „Cardboard Bicycle“ hat alle Marketingargumente<br />

auf seiner Seite: Es ist voll funktionstüchtig, hat<br />

Materialkosten <strong>von</strong> etwa zehn Euro und ist recycelbar. Erfinder<br />

izhar Gafni hat seine idee trotz der Skepsis zahlreicher<br />

Ingenieure und Designer verwirklicht und ein vollfunktionsfähiges<br />

Fahrrad aus Karton hergestellt. Nur die Reifen sind<br />

teilweise aus Gummi. dank eines speziellen lacks wird man<br />

auch in der Stadt der Zukunft im Regen fahren können, ohne<br />

sein Gefährt dabei zu zerstören. das israelische Unternehmen<br />

ERB übernahm die professionelle Fertigung der Papp­Räder.<br />

das erste kommerzielle Modell wurde für Mitarbeiter großer<br />

Unternehmen und für <strong>Städte</strong> entwickelt. Das günstige und<br />

leichte Fortbewegungsmittel soll künftig auch elektrischen<br />

Antrieb bekommen. Vielleicht findet man sie ja schon bald<br />

in einem Biketower. (Bild: CardboardTechnologies)<br />

www.cardboardtech.com<br />

Stadtführung mit grüner Brille<br />

Wollen wir mit unseren Entscheidungen der nächsten<br />

Generation zur Last fallen? Wie soll die Welt <strong>von</strong> <strong>morgen</strong><br />

aussehen?<br />

Bei einer tour <strong>von</strong> „wir ernten was wir säen“ erfahren teilnehmer<br />

an alltäglichen Orten Stuttgarts das Konzept der<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit aus der Nähe: in einer Müllverbrennungsanlage,<br />

im Schlossgarten, bei der Hofpfisterei oder einer<br />

Feinstaubmessstation. So sieht jeder, was der eigene Beitrag<br />

sein könnte, um die Welt <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> lebenswert zu erhalten.<br />

www.wir­ernten­was­wir­saeen.de/nachhaltige­stadtfuehrung<br />

harmonische Mobilität<br />

In der Zukunft herrscht Harmonie. Der japanische Autokonzern<br />

toyota vernetzt mit der teilnahme am neuen Verkehrssystem<br />

„Ha:mo“ den individualverkehr mit anderen<br />

Mobilitätsformen. Hierzu berücksichtigt die Komponente<br />

„Navi“ verschiedene Verkehrsmittel (Züge, Busse, Taxis und<br />

Elektroautos), die Verkehrslage sowie die Verfügbarkeit <strong>von</strong><br />

Parkplätzen. Damit das System funktioniert, sind sowohl<br />

die Stadtverwaltung <strong>von</strong> Toyota City, als auch öffentliche<br />

Verkehrsunternehmen integriert. „Ha:mo“ steht für harmonische<br />

Mobilität und zielt auf einen kombinierten individual­<br />

und öffentlichen Personenverkehr ab. Die Komponente<br />

„Ride“ ist ein Car­Sharing­Angebot und stellt Elektroautos<br />

zur Verfügung, die an Bahnhöfen mit einer persönlichen<br />

Zugangskarte ausgeliehen werden können.<br />

34 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Der Fahrradautomat<br />

Der Biketower ist eine vollautomatische Vermiet- und Parkstation<br />

für Fahrräder, die 24 Stunden am Tag nutzbar ist.<br />

Er bietet Platz für bis zu 146 Räder auf 50 qm und macht<br />

E-Bike-Mobility möglich: Er hat eine integrierte Ladestation,<br />

die mit einer Photovoltaikanlage umweltfreundlich betrieben<br />

wird. Der Biketower wird in einer Stadt der Zukunft nicht<br />

fehlen – Meckenbeuren hat ihn schon.<br />

www.e-bike-mobility.com<br />

Glamour gegen Verschwendung<br />

Künftig werden die Damen über grüne Flächen flanieren<br />

und dabei Schmuck wie den <strong>von</strong> „Bling for Good“ tragen.<br />

Diesel Deutschland und DDB Tribal stellen den Schmuck aus<br />

unverkäuflicher Kleidung her, die normalerweise im Müll landet.<br />

Das schreit nach Kreativität ohne Grenzen. Eine schöne<br />

Initiative gegen unnötige Ressourcenverschwendung. Zum<br />

Nachmachen wird ebenfalls animiert.<br />

www.diesel.com/blingforgood<br />

Auf unsere Flaschen können Sie bauen<br />

Das Fabrikgebäude „Morrow Royal Pavilion“, Las Vegas,<br />

besteht aus 500.000 recycelten Bierflaschen. Die Scherben<br />

der Flaschen wurden vom Architekturbüro Realm of Design<br />

mit Flugasche vermengt, um daraus den „GreenStone“<br />

anzufertigen. Dieser Baustein sieht herkömmlichem Baumaterial<br />

ähnlich und ist auch bezüglich der Kosten vergleichbar.<br />

300.000 Kubikmeter Müll wurden dadurch vermieden – mit<br />

dieser Menge könnte man acht Fußballfelder bis auf die Höhe<br />

der Torpfosten füllen. Flugasche entsteht in großen Mengen<br />

in Wärmekraftwerken und Müllverbrennungsanlagen, diese<br />

Komponente könnte man also vom Projekt Windel-Willi<br />

beziehen. Die Zukunft der Stadt heißt Kreislaufwirtschaft.<br />

Die Hosen voll<br />

Der Windelverbrennungsofen der Stiftung Liebenau – genannt<br />

„Windel-Willi“– verbrennt jährlich bis zu 5.000 Tonnen<br />

Wegwerfartikel aus dem Pflegebereich: z.B. Windeln,<br />

Einmalhandschuhe, Zellstofftücher und Verbandsmaterial.<br />

Dadurch sparen Privatpersonen, Kommunen und Einrichtungen<br />

die Müllgebühren. Doch das Beste an der Anlage ist<br />

der ökologische Effekt: Die bei der Verbrennung entstehende<br />

Wärme lässt sich zum Betrieb der Wäscherei einsetzen und<br />

spart damit viel Energie. Ist die Wäscherei während der Nacht<br />

und am Wochenende außer Betrieb, kann Warmwasser erzeugt<br />

werden. Die Emissionen des Verbrennungsofens sind<br />

durch Filteranlagen unbedenklich und werden regelmäßig<br />

kontrolliert. Bisher ist Windel-Willi noch der einzige windelschluckende<br />

Energieerzeuger, aber in der Stadt der Zukunft<br />

hat er durchaus seinen Platz. Deutschland hat Schätzungen<br />

zufolge Windelabfälle für 20 solcher Anlagen.<br />

www.stiftung-liebenau.de/stiftung-liebenau/projekte<br />

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35


schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

Tokio lernt <strong>von</strong> Dardesheim<br />

<strong>Städte</strong> wie dardesheim sind Vorbilder für die Energiewende: Sie versorgen nicht<br />

nur sich selbst vollständig mit Strom aus regenerativen Quellen, nein, sie beliefern<br />

ihre region und umliegende Ballungszentren gleich mit: die landwirte werden<br />

die Ölscheichs des 21. Jahrhunderts – nur sauberer.<br />

Von Franz Alt<br />

36 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

Warum träumen japanische Wissenschaftler vom beschaulichen<br />

Dardesheim in Sachsen-Anhalt? Weil hier schon möglich ist, was<br />

sich dort alle wünschen: Unabhängigkeit vom Atomstrom.<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net 37


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

In Dardesheim ist jede Art <strong>von</strong> erneuerbarer Energie willkommen. Klagen wegen Lärm oder Sichtbelästigung blieben aus.<br />

In der Gemeinde Dardesheim in Sachsen-Anhalt durfte ich<br />

schon vor einigen Jahren einen Windpark mit 16 Windrädern<br />

einweihen – in der Zwischenzeit kamen weitere 20<br />

dazu und 2006 wurde hier der damals leistungsstärkste<br />

Windradtyp der Welt errichtet, eine Sechs-Megawatt-Anlage.<br />

Die kleine Gemeinde mit etwa 1.000 Einwohnern<br />

produziert jetzt sauberen Strom für 40.000 Menschen.<br />

Viele Einwohner der Gemeinde sind finanziell am Windpark<br />

beteiligt. Hier ist die Energiewende eine demokratische<br />

Veranstaltung.<br />

Dieser Windpark erspart der Umwelt jedes Jahr 120.000<br />

Tonnen an Treibhausgasen. Und der Bürgermeister freut sich<br />

über die guten Gewerbesteuer-Einnahmen.<br />

Die Windräder, die dem Dorf am nächsten kommen, halten<br />

immer noch einen Abstand <strong>von</strong> etwa 600 Metern ein. Auf die<br />

Frage, ob es denn Widerstand gegen die vielen Windräder<br />

gegeben habe, antwortet Bürgermeister Rolf-Dieter Künne,<br />

der selbst ein großer Windradfan ist: „Wenn ich aus meinem<br />

Badezimmer schaue, sehe ich 17 Windräder, aber ich höre<br />

kein einziges. So geht es auch meinen Mitbürgern.“<br />

Chancen sehen statt jammern<br />

Als ich im Herbst 2012 wieder einmal in der Stadt bin, die sich<br />

selbst „Stadt der erneuerbaren Energien“ nennt, treffe ich auf<br />

eine japanische Wissenschaftler-Delegation. Ihre Regierung<br />

in Tokio hatte gerade den Atomausstieg beschlossen. Darüber<br />

freuen sich die Wissenschaftler und sagen mir übereinstimmend:<br />

„Von Projekten wie diesem in Dardesheim wollen wir<br />

jetzt lernen.“ Tokio lernt <strong>von</strong> Dardesheim! Bürgermeister<br />

Künne, dessen Kommune vor seiner „Energiewende“ wirtschaftlich<br />

nicht besonders gut dastand, zitiert lachend eine<br />

alte Bauernweisheit: „Jammern füllt keine Kammern. Wir<br />

verstehen die Energiewende als Chance. Unsere Landwirte<br />

werden jetzt auch Energiewirte.“<br />

Vor den Toren des Städtchens drehen sich nicht nur 36 Windräder.<br />

Biogasanlagen, Solarzellen auf den Dächern <strong>von</strong> Schulen,<br />

Kindergärten, Betrieben und Privathäusern, ein mit Pflanzenöl<br />

versorgtes Blockheizkraftwerk mit einer Gesamtleistung <strong>von</strong><br />

fünf Megawatt und eine regenerative Stromtankstelle geben<br />

einen Vorgeschmack auf die Energiestadt der Zukunft.<br />

Das Wasser als Akku<br />

Der Geschäftsführer des Windparks ist Heinrich Bartelt, ein<br />

Urgestein der deutschen Windenergie-Szene und Mitbegründer<br />

des mächtigen Bundesverbands WindEnergie. Er<br />

beschäftigt sich mit der Kraft des Windes, seit 1973 ein Sturm<br />

Gebäude seines elterlichen Hofes beschädigte. Damals fragte<br />

sich der 24-Jährige: „Ob man die destruktive Kraft des Windes<br />

nicht auch konstruktiv nutzen kann?“ Seine neueste Vision:<br />

Ein großes Kombikraftwerk , das die 230.000 Einwohner im<br />

38 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Mit intelligenten Stromzählern, können Kunden ihren Stromverbrauch zeitgenau prüfen, steuern und so ihre Kosten senken.<br />

Harz komplett mit erneuerbaren Energien versorgen kann.<br />

Mit vielen Partnern arbeitet er daran, seinen Windpark<br />

mit dem 30 Kilometer entfernten Pumpspeicherkraftwerk<br />

Wendefurth zu kombinieren. Der Pumpspeicher soll dabei<br />

als eine Art „Riesenbatterie“ dienen: Gerade nicht benötigter<br />

Windstrom pumpt Wasser in das Oberbecken des<br />

Wasserkraftwerks. Bei Windflaute und um Spitzenlasten<br />

abzudecken wird dieser Strom mit Hilfe zweier bestehender<br />

Wasserkraft-Turbinen wieder zurück gewonnen.<br />

Hybridkraftwerke, wie das <strong>von</strong> Heinrich Bartelt geplante im<br />

Harz, werden der Energiewende einen entscheidenden Vortrieb<br />

geben. Das Zusammenspiel <strong>von</strong> Wind- und Wasserkraft,<br />

Photovoltaik und Biomasse ermöglicht eine regenerative<br />

Stromversorgung rund um die Uhr.<br />

Die Zukunft beginnt im Harz<br />

Der Windpark <strong>von</strong> Dardesheim ist auch das Zentrum der<br />

Regenerativen Modellregion Harz. Hier erforschten Wissenschaftler<br />

des Fraunhofer-Instituts in Kassel mit regionalen<br />

Partnern und Eon, wie die hier lebenden 230.000 Menschen<br />

schon demnächst zu 100 Prozent erneuerbar versorgt werden<br />

können. Unterstützt wurde das Projekt <strong>von</strong> Bundeswirtschaftsministerium<br />

und Bundesumweltministerium.<br />

Über ein Drittel der verbrauchten Elektrizität wird schon heute<br />

regenerativ gewonnen. In Spitzenzeiten der ökologischen<br />

Energieerzeugung wurden sogar mehr als 100 Prozent der<br />

regionalen Last gedeckt. Unterstützung kann dabei die Speicherung<br />

elektrischer Energie schaffen – zum Beispiel künftig in<br />

Elektroautos. In der Region Harz, so haben die Wissenschaftler<br />

errechnet, könnte etwa ein Viertel der jetzt im Landkreis Harz<br />

vorhandenen 100.000 PKW künftig als Elektroautos das Pumpspeicherkraftwerk<br />

Wendefurth komplett ersetzen.<br />

Das Herzstück der Regenerativen Modellregion Harz ist das<br />

virtuelle Kombikraftwerk, dessen Leitwarte im Dardesheimer<br />

Rathaus zu besichtigen ist. Es verknüpft die erneuerbaren<br />

Energieerzeuger, steuerbare Verbrauchsgeräte, Netze und<br />

Energiespeicher in der Region miteinander zu einem „Smart<br />

Grid“, zu einem „intelligenten Netz“. Durch die aufeinander<br />

abgestimmte Kombination <strong>von</strong> Erzeugung, Verbrauch, Netzen<br />

und Speichern will die Harzregion zeigen, dass mit einem<br />

maximalen Anteil erneuerbarer Energieträger eine stabile,<br />

zuverlässige und verbrauchernahe Komplettversorgung mit<br />

heimischen regenerativen Energien jederzeit möglich ist.<br />

Künftig sollen nicht nur alle Einwohner im Landkreis Harz mit<br />

Ökostrom versorgt, sondern auch ein Export in benachbarte<br />

städtische Regionen möglich werden. Potenziale dafür sind<br />

vorhanden – das haben die Wissenschaftler nachgewiesen.<br />

Das innovative Online-Netzwerk ermöglicht den beteiligten<br />

Erzeugern, Händlern, Netzbetreibern und Kunden eine öko­<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

39


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

logisch und ökonomisch optimierte Energieversorgung. Die<br />

zentrale Steuerungseinheit koordiniert das neue Energiesystem<br />

so, dass bedarfsgerecht Strom erzeugt wird. Die japanischen<br />

Gäste sind beeindruckt wie hier die 100-prozentige<br />

Energiewende heute schon möglich sein kann. „Wenn die<br />

Deutschen das können, dann können wir das auch“, übersetzt<br />

schmunzelnd der Dolmetscher.<br />

Tausende kleine ersetzen die großen Kraftwerke<br />

In dieser Modellregion soll es einmal variable Stromtarife<br />

geben. Durch steuerbare Lasten wird eine zunehmende<br />

Anpassung des Verbrauchs an das Angebot möglich. Bei<br />

stürmischem Wind oder strahlendem Sonnenschein wird<br />

viel Energie erzeugt – und der Strompreis sinkt. Über einen<br />

„intelligenten“ Stromzähler erhält der Kunde Informationen<br />

über den aktuellen Strompreis. Künftig kann er also selbst<br />

entscheiden, ob er Haushaltsgeräte mit hohem Verbrauch<br />

zu günstigen Zeiten laufen lässt – den automatischen Start<br />

der Geräte übernimmt das BEMI (Bidirektionales Energiemanagement<br />

Interface) – ein Minicomputer, kleiner als das<br />

Heft, das Sie gerade lesen. Das hilft, die Schwankungen in der<br />

Stromproduktion der vielen kleinen Ökoanlagen mit den Verbrauchsschwankungen<br />

auszugleichen. BEMI und das dahinter<br />

arbeitende Leitsystem fungieren als Schnittstellen zwischen<br />

Kunde, Netzbetreiber und Stromlieferant und garantieren<br />

eine ökologisch wie ökonomisch optimierte Energieversorgung.<br />

So können tausende kleiner Ökoanlagen in Zukunft<br />

die Funktion der alten Großkraftwerke übernehmen und<br />

die Grundlast der Elektrizität liefern, aber auch für Heizung,<br />

Kühlung und Mobilität sorgen.<br />

Hier im Harz erlebe ich die Zukunft des Energie-Internet. Die<br />

künftige dezentrale Struktur unterscheidet sich gegenüber<br />

der heutigen zentralisierten in fünf wesentlichen Punkten:<br />

• Millionen kleine Anlagen ersetzen wenige große, erhöhen<br />

damit die Systemsicherheit und reduzieren die Energieunabhängigkeit<br />

<strong>von</strong> außen.<br />

• Pausenlose Kommunikation über das Energie-Internet<br />

schafft den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage.<br />

• Die Stromversorgung wird demokratisch das heißt: Viele<br />

Teilnehmer sind zugleich Produzenten und Verbraucher<br />

und schaffen damit mehr Kapital in der Region.<br />

• Es entstehen bis zu zehnmal mehr Arbeitsplätze als in der<br />

alten zentralisierten Energiewirtschaft.<br />

• Und: Es gibt keine internationalen Konflikte mehr um Energierohstoffe.<br />

Keine Kriege mehr um Öl wie im Irak, sondern<br />

Frieden durch Sonne, Wind, Wasser und Bioenergie.<br />

Damit das alles funktioniert, braucht man zum Teil andere<br />

Netze. Die Smart Grids müssen ähnlich intelligent sein<br />

wie das heutige Internet. Sie können helfen Angebot und<br />

Verbrauch <strong>von</strong> Strom in Balance zu halten. Dann zeigt sich,<br />

dass Sonne, Wind und etwas Mist eine gute Zukunft bieten.<br />

Geräte gehen auf Diät<br />

„Müssen meine Bürger jetzt nachts um drei Uhr aufstehen,<br />

wenn sie günstigen Strom für ihre Waschmaschine angeboten<br />

bekommen?“, wollte der Oberbürgermeister <strong>von</strong> Quedlinburg<br />

bei der öffentlichen Vorstellung des Projekts wissen.<br />

Ich konnte ihn als Moderator der Veranstaltung beruhigen.<br />

„Nein. Der Computer macht´s.“<br />

Was Energieeffizienz in den nächsten Jahren noch alles zu<br />

leisten vermag, haben die Haushaltsgeräte in den letzten Jahren<br />

bereits bewiesen: Wasch- und Geschirrspülmaschinen,<br />

Kühlschränke und Öfen verbrauchen heute im Durchschnitt<br />

50 bis 70 Prozent weniger Energie als noch vor 15 Jahren.<br />

Ähnlich verläuft die Kurve beim Wasserverbrauch <strong>von</strong> Waschmaschinen<br />

und Geschirrspülern. Selbst Staubsaugern und<br />

Toastern wurde der Energiehunger abgewöhnt.<br />

Die neuen Ziele sind noch ehrgeiziger: Es gibt schon die ersten<br />

Waschmaschinen und Trockner, die erkennen können,<br />

wann der Strom am wenigsten kostet, um dann automatisch<br />

die Wäschetrommel zu starten. In Pilotprojekten ermitteln<br />

Energieversorger derzeit, wie man diese „Smart-Grid“-Anwendungen<br />

mit Staffeltarifen und Stromzählern unterstützen<br />

kann. Verbraucher delegieren also künftig das energie- und<br />

kosteneffiziente Denken an ihre Haushaltsgeräte.<br />

Franz Alt an einem seiner Lieblingsplätze. Er war hautnah bei der<br />

Einweihung der ersten Windräder in Dardesheim dabei.<br />

40 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Die Frage aber bleibt: Machen die Verbraucher mit? Das hat<br />

die Professorin für Umweltpsychologie an der Universität des<br />

Saarlandes, Petra Schweizer-Ries, untersucht. Sie wollte herausfinden,<br />

wie die Bevölkerung zu erneuerbaren Energien,<br />

zur Elektromobilität und zu Fragen des Lastmanagements<br />

steht. Lastmanagement bedeutet, möglichst dann Strom zu<br />

verbrauchen, wenn viel da<strong>von</strong> zur Verfügung steht, sowie den<br />

Stromverbrauch in Spitzenzeiten zu reduzieren. Dazu gehört<br />

zum Beispiel die Verschiebung <strong>von</strong> Startzeiten der Geräte,<br />

die nicht sofort genutzt werden müssen. Die Ergebnisse: 72<br />

Prozent der Verbraucher sind bereit, die Startzeit für ihre<br />

Waschmaschine zu verschieben, 67 Prozent könnten sich<br />

das beim Wäschetrockner vorstellen und 76 Prozent bei der<br />

Spülmaschine.<br />

In der Modellregion wurde vier Jahre lang getestet, ob und<br />

wie der komplette Umstieg auf erneuerbare Energien möglich<br />

ist. Das Ergebnis, das die 19 Projektpartner an diesem<br />

Herbstabend im romantischen Wasserschloss Westerburg<br />

vorstellen, ist eindeutig: Ja, es geht! Die Modellregion kann<br />

sogar noch viel Elektrizität exportieren, auch wenn sie zusätzlich<br />

zum Strombedarf auch noch den gesamten Wärmebedarf<br />

und die Treibstoffe regenerativ abdeckt.<br />

„Die Sonne schickt uns<br />

keine Rechnung.“<br />

Franz Alt<br />

Auch Elektromobilität ist hier schon weitgehend akzeptiert.<br />

59,4 Prozent der Befragten sagen ja zum Elektromobil und<br />

nur 16 Prozent lehnen es ganz ab. Es herrscht freilich noch viel<br />

Aufklärungsbedarf. Viele der Befragten befürchten, dass die<br />

Reichweite eines E-Kfz zu gering sei für den Alltag, sind aber<br />

überrascht, wenn man ihnen erklärt, dass der durchschnittliche<br />

Arbeitsweg mit einem PKW pro Tag nur 38 Kilometer<br />

beträgt. Die Reichweite eines Elektrofahrzeugs beträgt aber<br />

bis zu 150 Kilometer.<br />

Jede Region mixt anders<br />

Die Regenerative Modellregion Harz nimmt eine Vorreiterrolle<br />

ein. Die beteiligten Wissenschaftler halten es jedoch für<br />

möglich, dass die zitierten Ergebnisse exemplarisch für ganz<br />

Deutschland sind. Was im Harz schon heute für 230.000 Menschen<br />

funktionieren kann, ist <strong>morgen</strong> auch für ganz Deutschland<br />

möglich. Allerdings sind nicht alle Regionen gleich. Die<br />

Kombination Windenergie, Wasserkraft, Biogas, intelligente<br />

Netze, Speichertechnologien, Solarautos und internetgestützte<br />

Energie-Leitstelle ist allerdings in den meisten Regionen in<br />

unterschiedlicher Zusammensetzung möglich.<br />

Wenn in Sachsen-Anhalt viel Windenergie gewonnen werden<br />

kann, dann geht das auch in Bayern und Baden-Württemberg.<br />

Die südlichen Bundesländer brauchen keinen teuren<br />

Offshore-Windstrom über 1.000 Kilometer lange Leitungen<br />

aus der Nordsee. Trotz einer vorhandenen Geothermie-Tiefenbohrung<br />

aus DDR-Zeiten spielt die tiefe Erdwärme im Harz<br />

bisher kaum eine Rolle, aber in anderen Gegenden sehr wohl.<br />

Die Regionen in Deutschland unterscheiden sich geografisch,<br />

klimatisch und strukturell. Ballungsgebiete wie Berlin oder<br />

das Ruhrgebiet haben unabhängig <strong>von</strong> ihrer geografischen<br />

Lage aus Platzgründen weniger Möglichkeiten, Windräder<br />

aufzustellen oder Biomasse zu nutzen. Deshalb werden sie<br />

intensiv mit ihrem Umland kooperieren müssen, wie dies z.<br />

B. bei der Nahrungsmittelversorgung schon immer der Fall<br />

war. Ländliche Regionen können künftig viel erneuerbare<br />

Energie in die Ballungszentren abgeben, was eine Aufwertung<br />

des ländlichen Raums bedeutet. Landwirte könnten die<br />

Ölscheichs des 21. Jahrhunderts werden.<br />

Ostfriesland ist 100 Prozent „windig“<br />

Die Windenergie sorgt heute in Deutschland bereits für etwa<br />

neun Prozent des Stroms – Voraussetzung für diesen Erfolg<br />

war eine Volksbewegung <strong>von</strong> unten. Etwa 250.000 Menschen<br />

haben ihr Geld in Windräder investiert – und es geht weiter<br />

stürmisch aufwärts. Neueste Umfragen belegen diesen erfreulichen<br />

Aufwärtstrend: 77 Prozent der Deutschen wollen<br />

einen persönlichen Beitrag zur Energiewende leisten, auch<br />

wenn diese zunächst etwas mehr kostet.<br />

Mit Erzeugungskosten zwischen sieben bis neun Cent pro<br />

Kilowattstunde ist Windstrom an Land bereits die preiswerteste<br />

aller erneuerbaren Energien. Klar ist: Wer Windparks<br />

ablehnt, nimmt mit dieser Haltung den Bau <strong>von</strong> Kohle- oder<br />

Atomkraftwerken in Kauf. Wenn die Deutschen Umfragen<br />

zufolge zu 80 Prozent gegen Atomkraft sind, dann können<br />

die gleichen Deutschen seriöser Weise nicht auch gegen<br />

Windkraft sein. Irgendwo muss ja unser Strom herkommen,<br />

der bekanntlich zwar aus der Steckdose fließt, aber dort nicht<br />

produziert wird. Nach dem Motto: „Wir sind einfach gegen<br />

alles – gegen Atomkraft und gegen Windkraft“ wird das Land<br />

mit Sicherheit nicht zukunftsfähig.<br />

Und was die Harz-Region kann, kann der Rest der Deutschen<br />

das auch. Es weht der Wind des Wandels.<br />

Zum Weiterlesen<br />

FRANZ<br />

ALT<br />

AUF DER<br />

SONNEN<br />

SEITE<br />

Warum uns die Energiewende<br />

zu Gewinnern macht<br />

Franz Alts neuestes Buch „Auf der Sonnenseite<br />

– Wie uns die Energiewende zu Gewinnern<br />

macht“ erschien im März <strong>2013</strong> im<br />

Piper-Taschenbuch.<br />

www.sonnenseite.com<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

41


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Regionen machen Tempo<br />

132 Kommunen und Regionen haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie wollen<br />

sich vollständig aus erneuerbaren Energien versorgen. Einige Regionen haben das<br />

Ziel im Strombereich schon erreicht.<br />

Von Beate Fischer und Kathrin Müller<br />

Energiepolitischer Stillstand auf Bundesebene? In den<br />

neunziger Jahren konnten Ökopioniere und Unternehmer<br />

da nicht länger zusehen. Sie wollten vor Ort zeigen, dass<br />

die regionale Vollversorgung mit erneuerbaren Energien<br />

funktioniert. Erste Orte waren Schönau im Schwarzwald,<br />

Güssing in Niederösterreich und Jühnde in Niedersachsen.<br />

Hier konnte man schon früh die energiepolitische Zukunft riechen,<br />

anfassen, erleben. Diese Orte entwickelten Strahlkraft,<br />

motivierten und inspirierten viele regionale Initiativen. 2007<br />

initiierte das Bundesumweltministerium ein Forschungsprojekt,<br />

das diese Art der „Energiewende <strong>von</strong> unten“ abbilden<br />

und Erfolgsfaktoren für regionale energiepolitische Prozesse<br />

identifizieren sollte. Durchgeführt wird das Projekt vom IdE<br />

Institut dezentrale Energietechnologien. Im regen Austausch<br />

mit kommunalen Akteuren ist daraus schließlich das Netzwerk<br />

der „100ee-Regionen“ entstanden.<br />

Zur Entwicklung einer 100 Prozent-Erneuerbare-Energie-Region<br />

(100ee-Region) ist die dezentrale Erzeugung <strong>von</strong> Energie<br />

in den drei Sektoren Strom, Wärme und Mobilität ein<br />

entscheidendes Element. Neben der kombinierten Nutzung<br />

aller regenerativen Energieträger spielen Aspekte der <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

sowie die Reduzierung des Energieverbrauchs<br />

über verändertes Nutzerverhalten und Energieeffizienz eine<br />

weitere wichtige Rolle. Angestrebt werden dabei jedoch keine<br />

Insellösungen, vielmehr stellen einzelne Regionen Teile<br />

eines dezentralen Netzverbundes dar. Der Fokus liegt auf<br />

der bilanziellen Deckung des Energiebedarfs eines Jahres.<br />

Fast 20 Millionen Deutsche sind dabei<br />

Die Protagonisten der Energiewende könnten bunter nicht<br />

sein. In manchen Regionen ergreifen Unternehmer oder<br />

kleine Stadtwerke die Initiative. Anderorts sind es Mitglieder<br />

der Kirchengemeinde, der Umweltverbände oder der lokalen<br />

Agenda 21-Gruppe. Seit der Reaktorkatastrophe in Fukushima<br />

im März 2011 und den entsprechenden Beschlüssen der<br />

Bundesregierung zum Atomausstieg starten auch verstärkt<br />

Bürgermeister, Landräte und Mitarbeiter der Kommunalverwaltung<br />

energiepolitische Prozesse. So zählt das Netzwerk<br />

heute 132 Landkreise, Gemeinden und Regionalverbünde<br />

in Deutschland mit dem 100ee-Ziel. Die Regionen umfassen<br />

rund 19,7 Millionen Einwohner und erstrecken sich über eine<br />

Gesamtfläche <strong>von</strong> 101.989 km².<br />

Kommunen und Regionen, die das Label „100ee-Region“,<br />

„100ee-Starterregion“ oder „100ee urban“ tragen dürfen,<br />

teilen eine Vision: Langfristig die Vollversorgung mit erneuerbaren<br />

Energien zu erreichen. Während 100ee-Regionen<br />

bereits ein breites Portfolio an Maßnahmen und Aktivitäten<br />

aufweisen, stehen Starterregionen erst am Anfang des Pro­<br />

42 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Der Mann, der den Wind der Veränderung spürt,<br />

sollte keinen Windschutz, sondern eine Windmühle bauen<br />

Chinesische Weisheit<br />

zesses. Mit 100ee urban werden energiepolitische Aktivitäten<br />

in Großstädten gewürdigt. Ihnen allen ist gemeinsam,<br />

dass sie Raum für die Erprobung innovativer regenerativer<br />

Energietechnologien bieten, neuartige Organisations- und<br />

Kooperationsformen schaffen und dadurch die regionalen<br />

Handlungsspielräume erweitern. Die drei Label werden vom<br />

Projekt „100ee-Regionen“ vergeben. Hierzu müssen sich<br />

Kommunen, Landkreise und Regionen bewerben. Insgesamt<br />

33 Kriterien werden angelegt, um zu entscheiden, ob eine<br />

Region das Label erhält und somit Mitglied im Netzwerk wird.<br />

Die Kriterien bilden die Ziel-, Handlungs- und Zustandsebene<br />

ab. Außerdem werden regionale Besonderheiten berücksichtigt.<br />

Die Bewertung und Neuaufnahme findet zweimal<br />

jährlich statt.<br />

Die ersten sind schon „voll versorgt“<br />

Jedes Netzwerk braucht eine zentrale Anlaufstelle. Im Falle<br />

des 100ee-Netzwerks sind es die Mitarbeiter im Projekt<br />

„100ee-Regionen“, das vom IdE in Kassel durchgeführt und<br />

vom Bundesumweltministerium finanziell getragen wird.<br />

Fachliche Unterstützung leistet das Umweltbundesamt<br />

(UBA). Die Mitarbeiter informieren und beraten vor Ort<br />

über aktuelle Entwicklungen und organisieren Workshops<br />

zu fachlich auf den Nägeln brennenden Themen. Außerdem<br />

findet einmal im Jahr der Kongress der 100ee-Regionen, eine<br />

Art Gipfeltreffen aller Regionsvertreter statt. Das nächste Mal<br />

am 24. und 25. September <strong>2013</strong>.<br />

Abgesehen <strong>von</strong> einigen wenigen Bioenergiedörfern, die<br />

auch ihren Wärmebedarf vollständig aus erneuerbaren<br />

Energien decken (z.B. Jühnde in Niedersachsen) erreichen<br />

erste Kommunen und Regionen das 100-Prozent-Ziel bisher<br />

vor allem im Strombereich. Wildpoldsried in Bayern, das<br />

Aller-Leine-Tal in Niedersachsen sowie die Kreise Nordfriesland<br />

und Dithmarschen in Schleswig-Holstein gehören dazu.<br />

Bilanziell werden hier zum Teil schon 200 bis 300 Prozent des<br />

jährlichen Strombedarfs bereitgestellt.<br />

Und der Rest <strong>von</strong> Deutschland?<br />

Das Gute am Ansatz der 100ee-Regionen: Jede Kommune,<br />

jede Region kann einen energiepolitischen Prozess starten.<br />

Wer wie vor Ort am besten beginnt, das kann ganz unterschiedlich<br />

sein. Unternehmen können im eigenen Betrieb<br />

starten, ihre Energieeffizienz steigern und erneuerbare Energien<br />

nutzen. Mitarbeiter der Kommunalverwaltung beginnen<br />

gerne mit der Erstellung eines Energie- oder Klimaschutzkonzepts.<br />

Öffentlichkeitsarbeit, Workshops, Abendvorträge,<br />

eine Studienreise zur Energielandschaft in Morbach oder zur<br />

Internationalen Bauausstellung in Hamburg, die Gründung<br />

einer Energiegenossenschaft oder Bürgerenergiegesellschaft<br />

– der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.<br />

Ein Blick in die 100ee-Regionen kann hier interessante<br />

Anregungen geben, z.B. nach Wolfhagen, in den Landkreis<br />

Osnabrück, nach Frankfurt am Main, nach Wildpoldsried<br />

oder Wolpertshausen. Oft werden die Beschlüsse zur Umstellung<br />

auf erneuerbare Energien und die Umsetzung der<br />

Maßnahmen überparteilich getroffen. Denn die Umstellung<br />

auf erneuerbare Energien nützt der Umwelt und der regionalen<br />

Wertschöpfung gleichzeitig. So werden CO 2<br />

-Emissionen<br />

vermieden, Steuern und Pachteinnahmen generiert und<br />

Arbeitsplätze vor Ort geschaffen. Die Bürger spielen dabei<br />

eine wichtige Rolle. Sie besitzen heute mehr als die Hälfte<br />

aller in Deutschland installierten Anlagen zur Erzeugung<br />

erneuerbarer Energien. Die „großen Vier“, E.On, Vattenfall,<br />

EnBW und RWE, sind abgeschlagen. Sie halten lediglich einen<br />

Anteil <strong>von</strong> 6,5 Prozent.<br />

Nicht nur in den 100ee-Regionen hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

viel Bewegung im Strombereich gebracht. Bei<br />

der Wärme und bei der Mobilität gibt es gute Ansätze,<br />

man sucht aber noch nach nachhaltigen Lösungen. Und:<br />

Noch gibt es viele weiße Flecken auf der 100ee-Karte. Es<br />

bleibt viel zu tun.<br />

Im Profil<br />

Beate Fischer und Kathrin Müller<br />

arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am IdE Institut<br />

dezentrale Energietechnologien im Projekt „100ee-Regionen“. Sie<br />

beraten Kommunen und Landkreise auf dem Weg zu 100 Prozent<br />

erneuerbare Energien.<br />

Tel.: +49 (0)561 / 78 80 96 - 18<br />

b.fischer@ide-kassel.de<br />

Literatur- und Linktipps<br />

• Übersicht über die Regionen, Bewerbungsformular und hilfreiche<br />

Tipps unter www.100-ee.de<br />

• Cord Hoppenbrock, Beate Fischer: „Was ist eine 100ee-Region<br />

und wer darf sich so nennen? Informationen zur Aufnahme und<br />

Bewertung“ (Arbeitsmaterialen 100ee Nr. 7). Kassel, deENet.<br />

• Steffen Benz, I<strong>von</strong>ne Bonn, Kathrin Müller: „Kompass für<br />

die Entwicklung nachhaltiger 100%-Erneuerbare-Energie-<br />

Regionen“ Orientierungspunkte – Erfolgsfaktoren – Beispiele.<br />

Kassel, deENet.<br />

• Vorbildliche kommunale Energieprojekte unter<br />

www.kommunal-erneuerbar.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

43


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Von ausgewandert<br />

zu ausgezeichnet<br />

Pirmasens sieht sich seit gut 20 Jahren mit vielfältigen Herausforderungen<br />

konfrontiert. Als Vorreiter des nachhaltigen Strukturwandels setzt die Stadt auf<br />

ein strategisch ganzheitliches Maßnahmenpaket – mit ausgezeichnetem Erfolg.<br />

Unter dem Leitbild „soziale Stadt“ sind zahlreiche Projekte<br />

entstanden. So hat es sich der „Pakt für Pirmasens“ zum<br />

Ziel gesetzt, benachteiligten Kindern über ein Netzwerk aus<br />

staatlichen und ehrenamtlichen Initiativen Entwicklungs-,<br />

Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen.<br />

Zudem beinhaltet ein „Stadtumbau zu einer zukunftsfähigen<br />

Innenstadt“ den Rückbau veralteter Substanz. Ferner<br />

entstehen Wohnformen mit Modellcharakter wie etwa<br />

PS:patio!, ein modernes Wohnangebot in umweltgerechter<br />

und energiesparender Bauweise für Senioren, Menschen<br />

mit Behinderungen, junge Familien, Alleinerziehende und<br />

Singles.<br />

Klimaschutz im Zeichen des Landgrafen: Stadtgründer Ludwig der IX.<br />

wacht vor dem Pirmasenser Rathaus am Exerzierplatz.<br />

Foto: Stadtverwaltung Pirmasens, Martin Seebald<br />

Immer mehr Schuhfabriken verlagern ihre Produktion ins<br />

Ausland, das Ende als US-Militärstandort steht vor der<br />

Tür und der demographische Wandel lässt die Einwohner<br />

schwinden… Es reicht. Der Stadtrat <strong>von</strong> Pirmasens entschließt<br />

sich, Nägel mit Köpfen zu machen: Mitte der 1990er<br />

erarbeitet die Stadt ein Stadtleitbild und später auch ein<br />

Stadtentwicklungskonzept. Dieses bildet den Rahmen für<br />

Aktionsfelder zu Themen wie Stadtbild, Wohnen, Umwelt,<br />

Einzelhandel oder Tourismus und verzahnt die einzelnen<br />

Projekte miteinander. Zudem schließt man sich Netzwerken<br />

<strong>von</strong> <strong>Städte</strong>n mit vergleichbaren demografischen Problemen<br />

an und erarbeitet mit Vertretern <strong>von</strong> Landesentwicklung und<br />

-planung ein Stadtentwicklungskonzept: „Pirmasens 2015“<br />

dient als Planungsrahmen für eine städtebaulich geordnete,<br />

sozial verträgliche und wirtschaftlich wie ökologisch tragfähige<br />

Entwicklung, die das Prinzip der <strong>Nachhaltig</strong>keit zum<br />

Maßstab hat.<br />

250 Jahre und kein bisschen altbacken<br />

Ein eigenes Klimaschutzkonzept verbindet eine Reihe <strong>von</strong><br />

Teilkonzepten mit konkreten Maßnahmenpaketen. Ziele<br />

sind unter anderem, die kommunale Straßenbeleuchtung zu<br />

sanieren, den Energieverbrauch städtischer Liegenschaften<br />

zu optimieren oder auch in der Abwasserreinigung Biomasse<br />

via Thermodruckhydrolyse und Phosphor-Recycling stofflich<br />

und energetisch zu verwerten.<br />

Die vielfältigen Projekte konnten auch die Jury des Deutschen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitspreises 2012 überzeugen: Sie zählt<br />

Pirmasens zu den Top 4 der „nachhaltigsten <strong>Städte</strong> mittlerer<br />

Größe“. Dies zeigt, dass die westpfälzische Stadt auf dem<br />

richtigen Weg ist, den Herausforderungen aus Strukturwandel,<br />

demografischer Entwicklung und Ökologie mit<br />

abgestimmten Projekten in vielen Politikbereichen engagiert<br />

entgegenzutreten. „Pirmasens feiert <strong>2013</strong> seinen 250.<br />

Geburtstag und gehört doch nicht zum alten Eisen, sondern<br />

zu den innovativsten und vorausschauendsten <strong>Städte</strong>n ihrer<br />

Größe“, bringt es Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis<br />

auf den Punkt.<br />

Kontakt<br />

Dunja Maurer<br />

Leiterin der Pressestelle der Stadt Pirmasens.<br />

DunjaMaurer@pirmasens.de<br />

44 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Alheim setzt auf Sonne<br />

Die kleine hessische Gemeinde mit rund 5.100 Einwohnern hatte sich mit dem<br />

im Jahr 2004 entwickelten, mehrdimensionalen Leitbild „Alheim – voller Energie“<br />

große Ziele gesetzt und seither vielfältige Maßnahmen folgen lassen.<br />

für Erneuerbare Energien, das bundesweite Vorreiter-Projekt<br />

„Sonnenei“, und die innovativen Solarparks in<br />

Heinebach, Hergershausen und Oberellenbach, sowie die<br />

zahlreichen Dachsolaranlagen, die 1-Cent-Ökostromanlage<br />

auf einer Kindertagesstätte oder auch ein Wasserrad der<br />

Riedmühle sorgen gemeinsam dafür, dass dies Ziel realisiert<br />

werden konnte.<br />

Ebenso beweist Alheim, dass durch eine konsequente<br />

Nutzung regionaler Ressourcen die Wirtschaftskraft in der<br />

Kommune gestärkt wird, Arbeitsplätze geschaffen und eine<br />

Vielzahl mehr in der näheren Region gesichert werden.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Bildung in der Praxis: Beim Projekttag der Kindertagesstätten<br />

auf dem Solar-Spielplatz der Firma Kirchner Solar Group<br />

sammelt der Alheimer Nachwuchs erste Erfahrungen mit dem<br />

Solarkocher.<br />

Bereits Mitte der 1990er Jahre begann das Umdenken,<br />

da die kritische Haushaltslage Handlungsspielräume einschränkte<br />

und der Zuzug <strong>von</strong> Spätaussiedlern eine gezielte<br />

Beschäftigung mit dem Thema Integration erforderte.<br />

Heute zeigt sich was eine Gemeinde erreichen kann, wenn<br />

sie aktiv ihre Probleme mit Zielen einer nachhaltigen<br />

Entwicklung verknüpft.<br />

Alheim ist eine Gemeinde, die voll auf die Sonne setzt,<br />

denn bekanntlich schickt diese keine Rechnung. Diesem<br />

Motto entsprechend ist Alheims <strong>Nachhaltig</strong>keitsengagement<br />

im Bereich Klima und Energie in besonderem Maße<br />

hervorzuheben (Deutscher Solarpreis, Hessischer Klimaschutzpreis<br />

etc.).<br />

Energieautarkie bis 2030<br />

Bis 2015 sollen 80 Prozent der Energie in den Haushalten<br />

durch regenerative Energien erzeugt werden; laut eigenen<br />

Angaben wurde dieses Ziel bereits heute weit übertroffen.<br />

Die in Alheim ansässige Firma Kirchner Solar Group GmbH<br />

(www.kirchner-solar-group.de), das Kompetenzzentrum<br />

Selbstverpflichtung im Bereich Klima und Energie<br />

Mit vielen unterschiedlichen aber dennoch koordinierten<br />

Maßnahmen, wie z. B. der Umrüstung der Straßenbeleuchtung<br />

auf LED-Leuchten, leistet Alheim einen wichtigen Beitrag<br />

zur kommunalen Energiewende. Vorbildlich sind auch<br />

die Unterzeichnung <strong>von</strong> Selbstverpflichtungen im Bereich<br />

Klima und Energie (z. B. „Charta der 100 Kommunen für<br />

den Klimaschutz“).<br />

Der Zusammenschluss mit anderen Kommunen zur Etablierung<br />

einer Energie-, Gesundheits- und Bildungsregion ist<br />

ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche regionale <strong>Nachhaltig</strong>keitsvernetzung.<br />

So ist z.B.in Alheims Kitas und Schulen<br />

nachhaltige Bildung ein fester Bestandteil und auch die Lebensqualität<br />

älterer Mitbürger wird durch seniorengerechte<br />

Wohnkonzepte verbessert.<br />

Das Engagement der Gemeinde Alheim wurde durch eine Nominierung<br />

in der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Kleinstädte und<br />

Gemeinden 2012“ gewürdigt.<br />

Für den vorbildlichen Einsatz für Klima und Energie erhielt die Gemeinde<br />

den ersten Platz in der Kategorie „Deutscher <strong>Nachhaltig</strong>keitspreis<br />

2012 „Klima & Ressourcen“.<br />

Kontakt<br />

Bürgermeister Georg Lüdtke<br />

E-Mail gemeinde@alheim.de<br />

Internet www.alheim.de<br />

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45


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WIE GELINGT DIE ENERGIEWENDE?<br />

In seinen Jahrbüchern greift der Bundesdeutsche Arbeitskreis<br />

für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e. V.<br />

aktuelle Themen aus den Bereichen Umwelt und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

auf. Das Jahrbuch <strong>2013</strong> leistet mit Fachbeiträgen<br />

und Statements aus Politik und Wirtschaft einen Beitrag<br />

zur Diskussion um die Energiewende.<br />

Außerdem finden Sie wieder einen Überblick über die Arbeit<br />

des B.A.U.M.-Netzwerks, einen umfangreichen Service-Teil<br />

und Firmenporträts nachhaltig wirtschaftender Unternehmen!<br />

Sie können das Jahrbuch <strong>2013</strong> <strong>von</strong> B.A.U.M. e. V. für nur<br />

19,90 EUR direkt im ALTOP Verlag bestellen: E-Mail an<br />

baum-jahrbuch@<strong>forum</strong>-csr.net oder unter 089/74 66 11 - 16<br />

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ISBN: 978-3-925646-58-4<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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The perfect city<br />

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… would be one that gives back to the environment<br />

exactly what it takes away from<br />

it. (Richard Rogers). Wir definieren <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

als Leitlinie der Stadtentwicklung<br />

kürzer: „Green City Freiburg“ verknüpft die<br />

stadtpolitischen Ziele einer nachhaltigen<br />

Entwicklung mit Wirtschaft, Wissenschaft,<br />

Umweltbildung und Bürgerengagement.<br />

Dafür ist Freiburg 2012 als „Deutschlands<br />

nachhaltigste Großstadt“ ausgezeichnet<br />

worden. Das sind unsere Schwerpunkte:<br />

energie + Klimaschutz<br />

Die Energiewende hat hier schon 1975<br />

begonnen: Der Widerstand gegen das AKW<br />

Wyhl war der Beginn der Antiatomkraft-Bewegung.<br />

Freiburg setzt konsequent erneuerbare<br />

Energien aus Wasserkraft, Wind, Biomasse<br />

und Sonne ein. 40 Prozent weniger<br />

CO 2<br />

bis 2030 – die Hälfte ist bereits erreicht.<br />

Energieeffizienz, Energiesparen sind Ziele<br />

der Stadtpolitik. Private Haushalte werden<br />

vollständig mit zertifiziertem Ökostrom<br />

versorgt. Mit dem Fraunhofer-Institut für<br />

Solare Energiesysteme (ISE) und zahlreichen<br />

Produktions- und Dienstleistungsunternehmen<br />

ist Freiburg ein europaweit führendes<br />

Zentrum für Forschung und Anwendung der<br />

Solartechnologie.<br />

Mobilität + Verkehr<br />

1984 wurde erstmals in Deutschland die<br />

übertragbare „Umweltschutzkarte“ eingeführt.<br />

Die Fahrgastzahlen im ÖPNV haben<br />

sich seitdem mehr als verdreifacht. Die heutige<br />

„Regiokarte“ ist jetzt das Rückgrat eines<br />

integrierten öffentlichen Nahverkehrssystems<br />

für die Stadt und die Region. Die Stadt<br />

und der Regio-Verkehrsverbund investieren<br />

in neue Stadtbahnprojekte und den Ausbau<br />

des regionalen Schienenverkehrs. Mit Erfolg:<br />

70 Prozent aller innerstädtischen Wege<br />

werden umweltfreundlich ohne Auto zurückgelegt,<br />

mit ÖPNV, Fahrrad oder zu Fuß.<br />

Und selbstverständlich fahren Freiburger<br />

Stadtbahnen ausschließlich mit Strom aus<br />

erneuerbaren Quellen.<br />

planen + Bauen<br />

Die „Freiburger Stadtbau“ (FSB) realisiert<br />

ein Programm zur energetischen Sanierung<br />

mit weit reichenden Wärmeschutzstandards<br />

über die gesetzlichen Anforderungen hinaus.<br />

Auf städtischen Grundstücken, durch<br />

städtebauliche Verträge und bei eigenen<br />

Bauprojekten gilt Passivhausstandard. Das<br />

spart Energie und entlastet die Mieterhaushalte<br />

bei den Nebenkosten. Das Märkte- und<br />

Zentrenkonzept verfolgt das Ziel einer „Stadt<br />

der kurzen Wege“: Mit Arbeitsplätzen und<br />

Einkaufsmöglichkeiten in den Stadtteilen<br />

statt Verbrauchermärkten auf der grünen<br />

Wiese, und mit einer vitalen, attraktiven<br />

Innenstadt.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit ist eine Gemeinschaftsaufgabe<br />

<strong>von</strong> Gemeinderat und Verwaltung. Die<br />

Stabsstelle <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement initiiert,<br />

steuert und koordiniert Projekte und<br />

arbeitet mit bürgerschaftlichen Gruppen,<br />

Wissenschaft und Wirtschaft zusammen.<br />

Sie ist Geschäftsstelle des Freiburger <strong>Nachhaltig</strong>keitsrats.<br />

Kontakt<br />

stadt Freiburg im Breisgau<br />

Stabsstelle <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

Leitung: Simone Ariane Pflaum<br />

(Tel.: +49 (0)761 / 2 01­ 10 70)<br />

Mitarbeiterin: Katrin Tröster<br />

(Tel.: +49 (0)761 / 2 01 ­ 10 71)<br />

Rathausplatz 2­4<br />

79098 Freiburg<br />

nachhaltigkeitsmanagement@stadt.freiburg.de<br />

www: www.freiburg.de<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

47


schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

Großstädte überholen Nationalstaaten<br />

beim Klimaschutz<br />

70 Prozent des CO 2<br />

­ausstoßes entsteht in <strong>Städte</strong>n. ihre Bewohner sind besonders<br />

vom Klimawandel bedroht, da rund 90 Prozent aller Stadtgebiete in Küstennähe<br />

liegen. Das <strong>Städte</strong>netzwerk C40 dringt nun in das Verhandlungsvakuum der wenig<br />

erfolgreichen Nationalstaaten vor.<br />

Von Kathrin Zeller<br />

48


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Die Konzentration <strong>von</strong> Treibhausgasen in der Atmosphäre<br />

steigt, Rekordtemperaturen und -niederschläge nehmen zu,<br />

die Pole schmelzen schneller als gedacht. Trotzdem bringen<br />

internationale Verhandlungen keine nennenswerten Ergebnisse.<br />

Interessenkonflikte zwischen Industrie- und Entwicklungsländern<br />

verhindern gemeinsame Initiativen.<br />

Bis das technologische Niveau der Industriestaaten erreicht<br />

sei, so argumentieren die Schwellenstaaten, müssten die<br />

Industrieländer aufgrund ihrer historischen Klimaschuld<br />

einen hohen CO 2<br />

-Ausstoß weniger entwickelter Staaten hinnehmen.<br />

Dies wird nicht zuletzt im Kyoto-Protokoll deutlich,<br />

wo für Schwellen- und Entwicklungsländer keine bindenden<br />

Reduktionsziele festgelegt sind. Zudem besteht weiterhin<br />

der Glaube, dass Wirtschaftswachstum und Umweltschutz<br />

nicht zusammenpassen. Vor allem in Brasilien, wo immerhin<br />

noch 8,5 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut leben,<br />

hat Wachstum gegenüber dem kaum greifbaren Phänomen<br />

Klimawandel Priorität. Die Präsidentin Brasiliens, Dilma<br />

Rousseff, verteidigte etwa beim letzten Weltsozial<strong>forum</strong> in<br />

Porto Alegre die These, dass erst über sozialen Fortschritt<br />

der gesamten Bevölkerung auch Fortschritte hin zu einer<br />

nachhaltigeren Gesellschaft erreicht würden.<br />

<strong>Städte</strong> sind zugleich Klimaopfer und -täter<br />

Urbanisierung ist ein weltweites Phänomen. Mehr noch<br />

als die Industriestaaten erleben die Schwellen- und Entwicklungsländer<br />

einen Prozess der Verstädterung. Die<br />

Bevölkerungsexplosion führt zu Engpässen im öffentlichen<br />

Transport, der Wasserversorgung oder der Wohnmöglichkeiten.<br />

Stundenlanger Stau ist nicht nur in Sao Paulo oder<br />

Delhi, sondern auch in Lagos, Caracas und Los Angeles ein<br />

alltägliches Problem. So unterschiedlich die kulturellen, wirtschaftlichen<br />

oder sozialen Umstände zwischen den Ländern<br />

sein mögen, die <strong>Städte</strong> sind an allen Orten mit ähnlichen<br />

Herausforderungen konfrontiert. Nationale Interessen treten<br />

in den Hintergrund, wenn sich <strong>Städte</strong> zusammentun. Obwohl<br />

nur zwei Prozent der weltweiten Fläche urbanisiert ist, haben<br />

die <strong>Städte</strong> mit mehr als zwei Dritteln des globalen Energiekonsums<br />

und rund 70 Prozent des weltweiten CO 2<br />

-Ausstoßes<br />

einen enormen Anteil am Klimawandel. Von seinen Folgen<br />

sind <strong>Städte</strong> überproportional betroffen, da diese oft in Küstennähe<br />

liegen und somit Opfer steigender Meeresspiegel<br />

und zunehmender Küstenstürme sind. <strong>Städte</strong> sind geradezu<br />

zum Handeln prädestiniert.<br />

58 <strong>Städte</strong> bilden die „C40 Cities Climate Leadership Group”<br />

Aus dieser Erkenntnis entstand 2005 das internationale<br />

Netzwerk „C40 Cities Climate Leadership Group“ (C40) in<br />

London. Die darin engagierten 58 Großstädte wollen die<br />

Treibhausgasemissionen reduzieren und sich dem Klimawandel<br />

anpassen. Die Gruppe tat sich auch beim UN-Gipfel<br />

Rio+20 als eine der wenigen praktischen Politik-Initiativen<br />

hervor. Freiwillige Selbstbindung macht das Netzwerk, das<br />

die Clinton Climate Initiative (CCI) seit 2006 unterstützt, zu<br />

einer „Gruppe der Willigen für den Klimaschutz“ und deren<br />

Bürgermeister zu Repräsentanten <strong>von</strong> immerhin jedem<br />

zwölften Bürger weltweit. Mit grenzüberschreitenden Kooperationen<br />

und numerischen Zielvorgaben, die Fortschritte<br />

messbar machen, sind die Bürgermeister vielen ihrer Kollegen<br />

auf internationaler Ebene weit voraus.<br />

Seit ihrer Gründung hat die C40 rund 4.700 Aktionen in den<br />

Bereichen Abfallmanagement, Transport oder Energieeffizienz<br />

durchgeführt. In Bogotá, Kolumbien, hat sie den Ausstoß<br />

<strong>von</strong> Methangas durch die Umwandlung in Industriegas gesenkt.<br />

In Jakarta, Indonesien, hat sie ein Schnellbus-System<br />

nach dem Vorbild Bogotás eingeführt, das jährlich rund<br />

120.000 Tonnen CO 2<br />

einsparen soll. Kopenhagen konnte<br />

durch seinen „Abfallplan 2008“ eine Recyclingquote <strong>von</strong> 97<br />

Prozent erzielen.<br />

Für Michael R. Bloomberg, Bürgermeister <strong>von</strong> New York<br />

und amtierender Vorsitzender der C40, erklärt sich der<br />

Erfolg durch die Praxisnähe der <strong>Städte</strong> und deren Innovationskraft.<br />

Das Netzwerk trifft sich alle zwei Jahre,<br />

tauscht Best Practices aus und unterstützt sich bei der<br />

Umsetzung konkreter Maßnahmen. An Themenworkshops<br />

beteiligen sich die Bürgermeister und deren Fachpersonal.<br />

Expertengruppen und Techniker mit langjähriger<br />

Erfahrung im Stadtmanagement kommen regelmäßig<br />

in die Großstädte. Eine <strong>Nachhaltig</strong>keitsagenda für die<br />

jeweiligen <strong>Städte</strong> soll nicht nur die Lebensqualität der<br />

Bewohner steigern, sondern auch das globale Klimaproblem<br />

bewältigen.<br />

Aus Deutschland beteiligen sich Heidelberg und Berlin. Heidelberg<br />

sitzt als kleinere Stadt der Gruppe als „Vorreiterstadt“<br />

bei. Inzwischen haben sich auf nationaler Ebene Nachahmer<br />

gefunden. In Brasilien entsteht derzeit eine Initiative, welche<br />

die 27 brasilianischen Hauptstädte der Föderalstaaten,<br />

genannt Capitais Brasileiras, umfasst.<br />

Links: Kairo zur Rushhour: Die Bevölkerungsexplosion führt nicht<br />

nur auf den Straßen zu Engpässen, sondern auch bei der Wasserversorgung<br />

und den Wohnmöglichkeiten.<br />

Im Profil<br />

Kathrin Zeller<br />

ist Regionalwissenschaftlerin Lateinamerika und Fachjournalistin.<br />

Derzeit besucht sie den MBA Sustainability Management an der<br />

Leuphana Universität Lüneburg. Hauptberuflich arbeitet sie als<br />

Projektmanagerin für <strong>Nachhaltig</strong>keit in Rio de Janeiro.<br />

info@schreibarbeit-nachhaltigkeit.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

49


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Heiß und unabhängig<br />

Steigende Energiepreise? Für Sonnenhaus-Bauherren kein Thema.<br />

Von Corina Prutti<br />

Wer derzeit ein Haus bauen oder sanieren möchte, ist gut<br />

beraten, sich für ein nachhaltiges und sparsames Energiekonzept<br />

zu entscheiden. Die Kosten für Öl und Gas liegen bei<br />

rund 90 Cent pro Liter, über 600 Stromversorger erhöhen ihre<br />

Preise um rund zwölf Prozent. Tendenz: steigend. Wer sich<br />

langfristig <strong>von</strong> der Entwicklung der Energiepreise unabhängig<br />

machen will, braucht ein Bau- und Heizkonzept, das seinen<br />

Wärmebedarf weitgehend aus erneuerbaren Energien deckt.<br />

Dafür bietet sich das so genannte Sonnenhaus-Konzept an.<br />

Als solches bezeichnen die Solarexperten des Sonnenhaus-Instituts<br />

Gebäude, die ihren Jahreswärmebedarf an Heizung<br />

und Warmwasser zu über 50 Prozent mit dem kostenfreien<br />

und krisensicheren Rohstoff Sonne decken. Eine thermische<br />

Solaranlage nutzt die Sonnenwärme direkt und kommt ohne<br />

Umwandlung der Energie in Strom aus. Damit entfallen die<br />

häufig im Zusammenhang mit der Einspeisung ins öffentliche<br />

Netz anfallenden Probleme, wie zum Beispiel der Antizyklus<br />

<strong>von</strong> Stromerzeugung und -verbrauch und die daraus<br />

resultierende Netzüberlastung. Für den Eigenverbrauch<br />

an Haushaltsstrom besteht die Möglichkeit, die Anlage um<br />

Photovoltaik zu ergänzen.<br />

Vier Komponenten für behagliche Wärme<br />

Ein Sonnenhaus besteht aus vier aufeinander abgestimmten<br />

Komponenten. Kollektoren auf einem steil geneigten,<br />

nach Süden ausgerichteten Dach sammeln die Wärme.<br />

Eine optimale Ausrichtung der Solarfläche ist wichtig, um<br />

insbesondere die Strahlen der tief stehenden Wintersonne<br />

wirkungsvoll einzufangen. Ein Solartank oder Pufferspeicher<br />

sorgt für den Ausgleich zwischen Energieangebot und<br />

-nachfrage: Mit Hilfe <strong>von</strong> Wasser speichert er die Wärme<br />

über mehrere Wochen oder gar Monate. Bei Bedarf gibt<br />

er sie über eine Wandflächen- oder Fußbodenheizung<br />

individuell regelbar an die Räume ab. Flächenheizungen<br />

benötigen im Vergleich zu konventionellen Heizkörpern<br />

geringe Vorlauftemperaturen und ermöglichen dadurch<br />

eine optimale Ausbeute der Solarwärme. Eine Biomasseheizung<br />

ergänzt das solarthermische Heizprinzip. Sei<br />

es ein moderner Holzvergaserkessel im Keller oder ein<br />

Holzofen im Wohnraum: Mindestens 80 Prozent seiner<br />

Ein Sonnenhaus<br />

deckt<br />

seinen Jahreswärmebedarf<br />

an Heizung<br />

und Warmwasser<br />

zu über 50<br />

Prozent aus<br />

Sonnenkraft.<br />

Leistung sollte er an den Solartank abgeben und das<br />

Wärmereservoir wieder auffüllen.<br />

Nahezu-Null-Energie als Lebensstandard<br />

Die Bewohner des Sonnenhauses sind nicht nur unabhängig<br />

<strong>von</strong> der Kostenentwicklung für Öl, Gas und Heizstrom. Mehr<br />

noch: Der Betrag der steuerfreien Einsparungen steigt im<br />

Zusammenhang mit der jährlichen Energiepreissteigerung.<br />

Im Gegensatz dazu verlieren Einnahmen, insbesondere<br />

aus dem Verkauf <strong>von</strong> selbst erzeugtem Strom, zukünftig<br />

immer mehr an Wert. Mit rund zehn Kilowattstunden pro<br />

Quadratmeter und Jahr unterschreitet ein Sonnenhaus<br />

den gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) zulässigen<br />

Primärenergiebedarf um mehr als 80 Prozent. Bereits heute<br />

erfüllen Sonnenhäuser die EU-Gebäuderichtlinie, die bis<br />

2<strong>02</strong>0 den ausschließlichen Bau sogenannter „Nahezu Null<br />

Energiehäuser“ vorsieht.<br />

Im Profil<br />

Corina Prutti<br />

ist freie Journalistin. Sie unterstützt das Sonnenhaus-Institut e.V. mit<br />

Sitz in Straubing. Es wurde 2004 <strong>von</strong> Architekten und Ingenieuren<br />

aus der Solarbranche gegründet – seitdem entstanden über 1.250<br />

Häuser nach den Kriterien des Kompetenznetzwerks.<br />

www.sonnenhaus-institut.de<br />

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dessen Ressourcen Sie direkt vor Ihrer Haustür finden – in der Luft, dem<br />

Grundwasser und in der Erde. Egal welche Quelle Sie nutzen, Sie heizen<br />

nachhaltig und senken gleichzeitig Ihre Heizkosten deutlich. Dabei bietet<br />

die Natur als Energielieferant höchsten Komfort in Sachen Warmwasser und<br />

Wärme. Schließlich sollen es Ihre Kinder nicht nur in Zukunft gut haben,<br />

sondern auch heute schon gemütlich warm.<br />

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Intelligente Lösungen für eine<br />

nachhaltige Energieversorgung<br />

„Eine sichere und effiziente Energieversorgung ist ein Schlüssel für die Stadt der Zukunft.<br />

RWE entwickelt entsprechende Produkte und Dienstleistungen für Wohnen, <strong>Wirtschaften</strong><br />

und Mobilität.“<br />

In den <strong>Städte</strong>n nahm die öffentliche<br />

Versorgung mit Elektrizität Ende des 19.<br />

Jahrhunderts ihren Anfang – und auch die<br />

Zukunft unseres Energiesystems entscheidet<br />

sich in den <strong>Städte</strong>n. Denn besonders<br />

dort wächst der Energiebedarf. Nach Schätzungen<br />

der Vereinten Nationen werden bis<br />

2030 knapp 60 Prozent aller Menschen in<br />

<strong>Städte</strong>n leben. Und der Urbanisierungsgrad<br />

in den Industrieländern soll sogar auf 80<br />

Prozent steigen. Das bedeutet mehr Wertschöpfung,<br />

aber auch große ökologische<br />

Auswirkungen durch diese Lebensräume.<br />

Schon heute sind Stadtbewohner und<br />

Unternehmen in urbanen Regionen mit<br />

Konsum und Warenproduktion für bis zu<br />

80 Prozent des globalen CO 2<br />

-Ausstoßes<br />

verantwortlich.<br />

Neue Infrastruktur für<br />

die städtische Mobilität –<br />

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Wohnhäuser der Zukunft – vielfältige Möglichkeiten<br />

für Energieeinsparung und -gewinnung<br />

RWE sieht eine wichtige Aufgabe darin,<br />

Antworten auf diese Entwicklung im Bereich<br />

der Energieversorgung zu geben. Nur so<br />

lassen sich Wachstum und Lebensqualität<br />

in den <strong>Städte</strong>n stärken und gleichzeitig die<br />

Energieversorgung ökologisch nachhaltiger<br />

gestalten. Dafür arbeitet RWE an intelligenten<br />

Lösungen und ihrer Integration in das<br />

bestehende Versorgungssystem – und dies<br />

im Gebäudebereich, auf den Feldern der<br />

Stromerzeugung und Verteilung bis hin zur<br />

Elektromobilität.<br />

Zukunft der Strom- und Wärmenutzung –<br />

intelligente Haustechnik für mehr Effizienz<br />

Mehr Effizienz ist im Gebäudebereich eine<br />

zentrale Aufgabe – auch in Deutschland,<br />

wo die Einwohnerzahl abnimmt. Denn die<br />

Haushaltsentwicklung verläuft gegenläufig<br />

zur Bevölkerungsentwicklung. In Zukunft<br />

wird es immer mehr Single-Haushalte<br />

geben, die den Energieverbrauch in den<br />

<strong>Städte</strong>n erhöhen können. Umso wichtiger<br />

wird es mit Energie effizient umzugehen.<br />

Dafür bietet RWE eine breite Palette an<br />

Produkten und Lösungen an, zum Beispiel<br />

RWE SmartHome. RWE SmartHome steht<br />

für ein leicht bedienbares Steuerungssystem<br />

<strong>von</strong> Elektrogeräten und Heizungen in<br />

Privathaushalten. Als funkbasierte Lösung<br />

lässt sich das System schnell installieren<br />

und kann beispielsweise gezielt den Raumwärmebedarf<br />

steuern. Ein wichtiger Hebel,<br />

denn Wärme macht etwa 75 Prozent der<br />

genutzten Energie in Privathaushalten<br />

aus. Mit Hilfe <strong>von</strong> RWE SmartHome kann<br />

der Verbrauch um mindestens 10 Prozent<br />

gesenkt werden.<br />

Zukunft des Energiebezugs – Analyse,<br />

Beratung und Management für effiziente<br />

Lösungen<br />

Auch Beratungsleistungen wie Energieanalyse<br />

und -controlling können zu den<br />

gewünschten Energieeinsparungen führen.<br />

RWE bietet dazu Produkte für Industrie- und<br />

Gewerbekunden, öffentliche Einrichtungen<br />

sowie Wohnungsbauunternehmen. Mit dem<br />

Energiecontrolling können Kunden ohne<br />

investive Maßnahmen im Durchschnitt ca.<br />

10 Prozent Strom und ca. 20 Prozent Heizenergie<br />

einsparen. Auch Contracting-Lösungen<br />

sind möglich. Bei diesem Modell<br />

übernimmt RWE die Finanzierung einer<br />

Heizungsanlage, ihre effiziente Betriebsführung<br />

und auch die Fernüberwachung. Dabei<br />

wird sichergestellt, dass die Anlage über<br />

ihren gesamten Lebenszyklus mit optimaler<br />

Effizienz betrieben wird.<br />

Innovative Lösungen für den Gebäudebestand – das RWE-Zukunftshaus in Bottrop<br />

Zukunft integrierter Versorgungsansätze –<br />

das RWE Zukunftshaus<br />

Zugleich beteiligt sich RWE an Forschungsprojekten,<br />

um das Zusammenwirken verschiedener<br />

Energiesparmaßnahmen zu<br />

erproben. Zum Beispiel im Rahmen der<br />

Initiative InnovationCity in Bottrop. Bei<br />

diesem Forschungsvorhaben saniert RWE<br />

gemeinsam mit anderen Partnern ein Einfamilienhaus,<br />

ein Mehrfamilienhaus sowie ein<br />

Geschäftshaus energetisch – mit dem Ziel,<br />

diese mit dem Einsatz innovativer Technolo-<br />

54 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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gie zu Plus-Energie-Häusern umzuwandeln.<br />

Für die Energieversorgung werden je nach<br />

Haustyp unterschiedliche innovative Technologien<br />

verwendet: Im Falle des Einfamilienhauses<br />

bringt RWE eine Photovoltaikanlage,<br />

eine Wärmepumpe und einen Stromspeicher<br />

zum Einsatz. Die in dem Gebäude erzeugte<br />

Energie soll nicht nur den Bedarf decken,<br />

sondern sogar einen Energieüberschuss<br />

erzielen. Dieser Überschuss wird in das<br />

öffentliche Stromnetz eingespeist und kann<br />

in einem nächsten Schritt zum Laden <strong>von</strong><br />

Elektrofahrzeugen genutzt werden.<br />

Zukunft der Energieverteilung – Hochtemperatursupraleiter<br />

als effiziente Leitung<br />

Für den intelligenten Umgang mit Strom<br />

sind in der Stadt der Zukunft besonders<br />

leistungsfähige Verteilnetze gefragt. Auch<br />

hier arbeitet RWE an Lösungen. In der<br />

Stadt Essen verlegt das Unternehmen<br />

im Rahmen des Projekts „AmpaCity“ mit<br />

Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft<br />

Anfang April <strong>2013</strong> das weltweit längste<br />

Hochtemperatur-Supraleiterkabel. Dabei<br />

handelt es sich um Leiter auf keramischer<br />

Basis, die bei Kühlung auf rund minus<br />

200 Grad Celsius nahezu verlustfrei und<br />

damit energieeffizient und klimaschonend<br />

Strom transportieren können. Im<br />

Vergleich zu herkömmlichen Kabeln<br />

mit einer Spannung <strong>von</strong> 110.000 Volt<br />

benötigen sie nur eine Spannung <strong>von</strong><br />

10.000 Volt. Somit könnten Supraleiter<br />

theoretisch Umspann anlagen, die die<br />

Spannung zwischen dem Hochspannungsund<br />

Mittel spannungsnetz transformieren,<br />

überflüssig machen. Insbesondere in<br />

innerstädtischen Bereichen würden auf<br />

diese Weise wertvolle Grundstücke für<br />

mehr Wohn- oder Gewerbeflächen frei.<br />

Zukunft der städtischen Mobilität – Elektromobilität<br />

als Verkehrsmittel <strong>von</strong> <strong>morgen</strong><br />

Vorreiter ist RWE auch beim Thema Elektromobilität.<br />

Schon jetzt werden bereits mehr<br />

als 100 Elektroautos für den Stadtverkehr<br />

<strong>von</strong> <strong>morgen</strong> im Alltag getestet. Gerade<br />

Elektroautos können in Ballungszentren<br />

die verkehrsbedingten Emissionen spürbar<br />

senken. Die Bundesregierung hat sich zum<br />

Ziel gesetzt, dass im Jahr 2<strong>02</strong>0 eine Million<br />

Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen<br />

fahren sollen. Dieses Ziel unterstützt RWE,<br />

in dem ein Netz <strong>von</strong> Ladestationen mit komfortablen<br />

Abrechnungssystemen aufgebaut<br />

und stetig weiter entwickelt wird. Mit mehr<br />

als 1.450 Ladepunkten ist RWE Deutschlands<br />

größter Ladeinfrastrukturanbieter<br />

und -betreiber.<br />

Zur Weiterentwicklung <strong>von</strong> Technologie und<br />

Standards im Bereich der Elektromobilität<br />

kooperiert RWE eng mit Automobilherstellern<br />

wie Daimler und Renault. Mit Partnern<br />

wird zudem untersucht, wie gut sich Elektroautos<br />

für Berufspendler eignen. Um<br />

den Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur<br />

weiterzuentwickeln, hat RWE namhafte<br />

Infrastrukturpartner gewonnen (beispielsweise<br />

ADAC oder AVIA). Inzwischen kann<br />

man <strong>von</strong> Hamburg nach Dortmund mit dem<br />

Elektrofahrzeug fahren, denn in Kooperation<br />

mit Tank+Rast wurden entlang der<br />

Autobahnen A1/A2 Elektrotankstellen bzw.<br />

Schnellladesäulen installiert.<br />

Zukunft der Stromerzeugung – effiziente<br />

Kraftwerke und Windparks als Rückgrat<br />

der <strong>Städte</strong><br />

Trotz aller Einsparung und dezentraler Lösungen:<br />

Die Stadt der Zukunft wird auch<br />

künftig auf zentrale Erzeugungseinheiten<br />

vor ihren Toren angewiesen sein, um ihren<br />

Energiebedarf zu erfüllen. Gerade, wenn die<br />

Industrieproduktion als ein Teil der stadtnahen<br />

Wertschöpfung erhalten bleiben soll. In<br />

ländlichen Regionen stehen große Flächen für<br />

Windenergieanlagen und Photovoltaikfreiflächen<br />

für die Versorgung weniger Menschen<br />

zur Verfügung. In der Stadt ist es genau umgekehrt.<br />

Die Modernisierung konventioneller<br />

Kraftwerke und der Aufbau <strong>von</strong> On- und<br />

Offshore-Windparks leisten damit ebenso<br />

einen wichtigen Beitrag für eine lebenswerte<br />

Stadt der Zukunft. Mit Nordsee-Innogy Ost<br />

errichtet RWE derzeit unter anderem einen<br />

Offshore-Windpark, der mit seinen 295 MW<br />

theoretisch rund 285.000 Haushalte klimafreundlich<br />

versorgen kann. Diese Erzeugungsanlagen<br />

sind damit der ideale Partner für<br />

Maßnahmen und Technologien, die innerhalb<br />

der Stadtgrenzen zum Einsatz kommen.<br />

Stadt der Zukunft – viele Aufgaben für ein<br />

nachhaltiges Energiesystem<br />

Es gibt viele Aufgabenfelder und Ansatzpunkte,<br />

um die Energieversorgung in<br />

wachsenden Großstädten nachhaltiger<br />

auszurichten. Der Bedarf dafür wächst –<br />

sowohl in den aufstrebenden Megacities<br />

der Entwicklungs- und Schwellenländer, als<br />

auch den etablierten Metropolen und kleineren<br />

<strong>Städte</strong>n der Industriestaaten. Neue<br />

Technologien werden dabei immer zentraler<br />

Treiber und Wettbewerbsfaktor sein – sie zu<br />

entwickeln und erfolgreich in das Versorgungssystem<br />

zu integrieren, ist die zentrale<br />

Herausforderung, die RWE angeht.<br />

Auch weiterhin unverzichtbar für<br />

die Stadt der Zukunft: zentrale<br />

Stromerzeugungsanlagen. Hier<br />

Arbeiten am Offshore-Windpark<br />

Greater Gabbard.<br />

Kontakt<br />

RWE AG<br />

Opernplatz 1, 45128 Essen<br />

und<br />

RWE Deutschland AG<br />

Kruppstraße 4, 45128 Essen<br />

Ansprechpartner<br />

Corporate Responsibility/Umweltschutz<br />

Telefon +49 (0)201 / 1 21 55 94<br />

www.rwe.com/verantwortung<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

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55


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Bürger erfolgreich beteiligen<br />

Spätestens mit „Stuttgart 21“ wurde deutlich, wie wichtig es ist, die Bürgergesellschaft<br />

bei Großprojekten mitzunehmen. Wie sieht ein erfolgversprechender<br />

Bürger dialog aus?<br />

Von Frank Brodmerkel<br />

Beschlüsse „par ordre du mufti“ sind heute gesellschaftlich<br />

nicht mehr akzeptiert. Bürger fordern mehr Information und<br />

Mitsprache bei der Planung und Zulassung <strong>von</strong> Großprojekten.<br />

Für ihr Gelingen ist ein frühzeitiger Dialog mit den<br />

Interessengruppen zwingend nötig.<br />

Betroffene Bürger auf allen Planungsebenen wie Raumordnungs-<br />

oder Planfeststellungsverfahren zu beteiligen,<br />

ist rechtlich vorgesehen. Ein „Gesetz zur Verbesserung der<br />

Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung <strong>von</strong> Planfeststellungsverfahren<br />

(PlVereinhG)“ soll die zuständigen<br />

Behörden zukünftig sogar verpflichten, die Öffentlichkeit<br />

schon vor den Planfeststellungsverfahren einzubeziehen,<br />

um mögliche Konflikte frühzeitig beizulegen.<br />

Dennoch fühlen sich die Bürger oft nicht früh und umfangreich<br />

genug an Verfahrensentscheidungen beteiligt. Dabei<br />

sorgen eine professionelle Bürgerbeteiligung und mehr<br />

Transparenz bei der Planung dafür, eine größere Zustimmung<br />

zum Planungsergebnis zu erzielen, Verfahren zu beschleunigen<br />

und Zusatzkosten zu vermeiden.<br />

Welche Möglichkeiten der Beteiligung gibt es?<br />

Die Beteiligung kann <strong>von</strong> der bloßen Information der Bürger<br />

bis hin zur aktiven Mitbestimmung reichen. In Anlehnung<br />

an das Modell der „Partizipationsleiter“ <strong>von</strong> S.R. Arnstein<br />

unterscheidet man drei Stufen:<br />

• Die Information beinhaltet keine aktive Einflussnahme<br />

der Beteiligten auf einen Planungsprozess. Alle Interessengruppen<br />

sollen den gleichen Wissensstand haben.<br />

Instrumente sind Projektbroschüren, Mailings, Projekt-Internetseiten,<br />

Social Media, klassische Aushänge, Infotelefone,<br />

Info-Veranstaltungen und Planungsausstellungen.<br />

• Einen Schritt weiter geht die Konsultation, bei der die<br />

Bürger im Dialog aktiv Stellung beziehen können. Maßnahmen<br />

sind Bürgerbefragungen, Internet-Foren, Social<br />

Media und klassische Bürgerversammlungen. Den Entscheidungsträgern<br />

steht es frei, ob sie die Einwände und<br />

Vorschläge der Bürger bei ihrer Entscheidungsfindung<br />

berücksichtigen.<br />

• Am weitesten geht die Kooperation, bei der die Bürger bei<br />

einer Entscheidung mitbestimmen. Wie viel ihre Stimme<br />

zählt, kann variieren und bis zu einer gleichberechtigten<br />

Entscheidungsfindung gehen. Methoden sind Mediationsverfahren<br />

und Runde Tische.<br />

Was sind Erfolgsfaktoren?<br />

Bürger stehen Veränderungen in ihrem Umfeld meist<br />

skeptisch gegenüber. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig zu<br />

kommunizieren, was sich ändert und wo sich der Einzelne<br />

informieren und beteiligen kann. Die Beteiligungsmöglichkeiten<br />

allein sagen jedoch noch nichts über deren Qualität.<br />

Diese Faktoren sind zu berücksichtigen:<br />

• fair: Der gesamte Beteiligungsprozess und der persönliche<br />

Umgang miteinander müssen <strong>von</strong> allen Beteiligten als fair<br />

und gerecht empfunden werden.<br />

• ernsthaft: Bürger spüren sehr schnell, ob die Beteiligung<br />

nur ein Instrument zur Beschwichtigung sein soll. Deshalb<br />

muss der Prozess aufrichtig und authentisch sein.<br />

• umfassend: Der Beteiligungsprozess darf keine Interessengruppe<br />

ausschließen. Das macht eine fundierte Analyse<br />

aller potenziellen Zielgruppen im Vorfeld nötig.<br />

• frühzeitig: Die Bürger müssen frühzeitig und kontinuierlich<br />

beteiligt und informiert sein. Das verbessert auch die Kompetenzen<br />

aller Involvierten und fördert ihre Befähigung zur<br />

Beteiligung.<br />

• aufmerksam: Der erste Schritt zum Dialog ist das aufmerksame<br />

Zuhören. Nur wer die Bedenken der Gegenseite<br />

kennt, kann Lösungen anbieten. Zudem ist Zuhören<br />

deeskalierend, wenn es zu konfliktträchtigen Themen<br />

kommt.<br />

• transparent: Sämtliche Interessengruppen müssen bezüglich<br />

der Zielsetzung, der Vorgehensweise, der Fristen,<br />

wichtiger Fragen sowie ihrer eigenen Einflussmöglichkeiten<br />

jederzeit informiert sein.<br />

• verständlich: Sämtliche Informationen müssen präzise und<br />

allgemein verständlich aufbereitet sein.<br />

• zielgruppenspezifisch: Informationen sollten über diverse<br />

Medien verbreitet werden, um unterschiedliche Zielgruppen<br />

ggf. über ihre spezifischen Informationskanäle zu erreichen.<br />

56 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Dialog statt Mauern! Ohne<br />

gelebte Transparenz und<br />

glaubwürdige Bürgerbeteiligung<br />

lassen sich Infrastrukturprojekte<br />

heute nicht mehr<br />

so leicht verwirklichen.<br />

• ergebnisoffen: Die Beteiligung ist ergebnisoffen, d.h., im<br />

Rahmen des wirtschaftlich und rechtlich Machbaren sind<br />

alle Alternativen gleichberechtigt.<br />

Gute Öffentlichkeitsarbeit ist nötig<br />

Gut aufbereitete Informationen allein wandeln das Misstrauen<br />

der Bürger noch nicht in Zustimmung um. Aber durch eine<br />

kontinuierliche und glaubwürdige Informationspolitik lässt<br />

sich eine Vertrauensbasis aufbauen.<br />

Für die erfolgreiche Informationsvermittlung und Pressearbeit<br />

bedarf es interdisziplinärer Arbeitsgruppen, die<br />

Fachkompetenz bezüglich des Projekts und Kommunikationskompetenz<br />

kombinieren. Von dieser Kombination hängt<br />

auch der Erfolg der Öffentlichkeitsarbeit ab. Besondere Aufmerksamkeit<br />

gebührt dem Umgang mit der Presse, da sie die<br />

Wahrnehmung und Akzeptanz eines Infrastrukturprojektes<br />

wesentlich beeinflusst. Alle Mitarbeiter, die mit der Presse<br />

in Kontakt kommen, benötigen im Vorfeld entsprechende<br />

Schulung. Informationen müssen perfekt vorbereitet frühzeitig<br />

und umfassend an die Presse gelangen, um nicht den Anschein<br />

zu erwecken, man wolle etwas verheimlichen. Dabei<br />

geht es auch um den offenen Umgang mit Kritik und Widerständen.<br />

Ein fester Ansprechpartner, der mit dem Projekt<br />

vertraut ist, muss für die Presse zur Verfügung stehen. Man<br />

sollte mit den Journalisten vereinbaren, dass Statements<br />

und Interviews vor Veröffentlichung gegengelesen werden<br />

dürfen. Es ist erfolgsentscheidend, ausreichend Zeit für die<br />

Umsetzung aller Kommunikationsinstrumente einzuplanen.<br />

Doch auch gut umgesetzte und rechtzeitig initiierte Informations-<br />

und Beteiligungsangebote an Bürger müssen<br />

nicht automatisch zu einer höheren Akzeptanz oder zum<br />

Erfolg des Infrastrukturprojekts führen. Neben einem<br />

Dialog auf Augenhöhe gehört auch Kompromissbereitschaft<br />

aller Beteiligten zu den Voraussetzungen für die<br />

erfolgreiche Umsetzung des entsprechenden Projekts.<br />

Mit „Basta“-Politik oder Fundamentalopposition ist niemandem<br />

geholfen.<br />

Ohne gelebte Transparenz und glaubwürdige Bürgerbeteiligung<br />

lassen sich Infrastrukturprojekte heute immer<br />

schwieriger verwirklichen. Damit wächst die Bedeutung<br />

professioneller und zeitgenauer Kommunikation mit den einzelnen<br />

Zielgruppen. Die Süddeutsche Zeitung kommentierte<br />

in dem Zusammenhang schon 2011: „Einige Unternehmen<br />

haben bereits begriffen, dass sie nicht nur mehr Ingenieure,<br />

sondern auch mehr Kommunikationsprofis brauchen werden,<br />

wenn Infrastrukturprojekte nicht in Gerichtsakten versinken<br />

sollen“, (SZ, 16.4.2011).<br />

Im Profil<br />

Frank Brodmerkel<br />

ist Inhaber der Agentur Grüne Welle Kommunikation in München,<br />

die sich neben der klassischen Public Relations auch mit Community<br />

Relations, also der dialogorientierten Kommunikation mit lokalen<br />

Interessengruppen befasst. Mit ihrem Beratungsangebot wendet<br />

sich die Agentur vor allem an Kunden aus den Bereichen Cleantech<br />

und Erneuerbare Energien.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

57


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Detroit: zurück zur Natur!<br />

Wer Detroit im amerikanischen Staat Michigan im Landeanflug betrachtet, wird<br />

sich kaum vorstellen können, welches Drama sich seit langem dort unten abspielt.<br />

Nach der Deindustrialisierung soll nun Agroökologie neue Hoffnung bringen.<br />

Von Dr. Immo Fiebrig<br />

Von oben betrachtet präsentiert sich ein Meer niedlicher<br />

Häuser zwischen Bäumen und Wiesen. Doch die einstige<br />

Vorzeigestadt des fortschrittlichen Amerikas, die Wiege des<br />

Autoherstellers Ford und Keimzelle der US-amerikanischen<br />

Industrialisierung, erlebt seit Jahrzehnten einen wirtschaftlichen<br />

wie sozialen Niedergang.<br />

Detroit war einst das Symbol für den amerikanischen Überfluss.<br />

Wer heute die Straßen einiger Stadtteile durchquert,<br />

den überkommt ein leichtes Gruseln: Man fühlt sich wie in<br />

einer Geisterstadt. Der Ort gilt nach offizieller Bezeichnung<br />

als „schwerwiegender finanzieller Notfall“ mit zwölf Milliarden<br />

Dollar Schulden und einem Haushaltsdefizit <strong>von</strong> über<br />

200 Millionen Dollar. Ein großer Teil der gut verdienenden<br />

Mittelschicht hat Detroit längst den Rücken gekehrt.<br />

Kein Glanz vergangener Zeiten<br />

Detroits kontinuierlicher Abstieg geht auf die mangelnde<br />

Vielfalt in der Automobilindustrie zurück. Obwohl die großen<br />

PKW-Modelle der Big Three (General Motors, Ford und Chrysler)<br />

nicht mehr so gefragt waren und Japaner wie Europäer in<br />

den 1970ern mit schlankeren Autos in den Markt drängten,<br />

kam es zu keinem Umdenken oder Andershandeln. Zählte die<br />

einst viertgrößte Stadt Amerikas 1950 in ihrer Hochphase fast<br />

zwei Millionen Einwohner, sind es heute gerade mal etwas<br />

über 700.000. Die Fläche der Stadt könnte mit ihren 360<br />

Quadratkilometern Manhattan, San Francisco und Boston<br />

zugleich beherbergen. Mehr als zwölf Prozent da<strong>von</strong>, etwa<br />

44 Quadratkilometer, liegen brach; viele Grundstücke sind<br />

verwahrlost. In der Stadtverwaltung ist man sich noch nicht<br />

einig, was zu tun ist, um Detroit wirtschaftlich zu sanieren und<br />

wieder lebenswerter zu machen. Es gibt anscheinend kein<br />

Konzept für eine schrumpfende Stadt, in welcher der Traum<br />

vom Big Profit ausgeträumt ist. Die bisherigen Initiativen<br />

wirken eher zaghaft oder kontraproduktiv. Oft entsprechen<br />

die Aktionen der amerikanischen und weltweit exportierten<br />

Denkweise: Big is beautiful. Das Streben nach grenzenlosem<br />

Wachstum, das die gegenwärtige Katastrophe herbeigeführt<br />

hat, bleibt bestehen. Die Wiedergeburt der Stadt sollte<br />

mit der Eröffnung des Renaissance Center 1977 eingeleitet<br />

werden. Der Gebäudekomplex beherbergt heute in seinem<br />

mittleren, gleichzeitig höchsten Turm Detroits die Konzernzentrale<br />

des weltgrößten Autorherstellers GM. Das Bürohaus<br />

gilt für die Bürger als weiteres Monument zum Detroiter<br />

Niedergang. Welche Alternativen gibt es? Rettung muss her!<br />

Ökologische Landwirtschaft als heilende Alternative<br />

Was könnte als Lebenskonzept auch für die kommenden<br />

Generationen sinnvoll sein? Es liegt nahe, das zu machen,<br />

was schon die Siedler Amerikas im 17. Jahrhundert getan<br />

haben, um zu überleben: Landwirtschaft betreiben. Umweltschonend<br />

und verantwortungsvoll organisiert, bietet<br />

sie vielfältige Arbeitsplätze, einen wertvollen, heilsamen<br />

Kontakt mit der Natur und eine sinnerfüllte Tätigkeit. Die<br />

Menschen stellen das her, was sie zum Leben brauchen:<br />

Lebensmittel. Wer sich selbst versorgen kann, fällt dem<br />

Staat nicht zur Last und lebt gesünder. Auf diese Idee sind<br />

einzelne Detroiter bereits gekommen. Die Anzahl städtischer<br />

Bauernhöfe, Urban Farms genannt, steigt stetig. Zusammen<br />

mit Gemeinschaftsgärten ist innerhalb Detroits mittlerweile<br />

<strong>von</strong> über 2.000 Initiativen die Rede. Wer ein Haus mit Garten<br />

hat, kann häufig den Grund der umliegenden Nachbarn dazukaufen<br />

und für sehr wenig Geld ein wesentlich größeres,<br />

arrondiertes Areal bewirtschaften. Hier werden zwar schon<br />

Lebensmittel produziert, allerdings fehlt es den meisten<br />

Menschen an grundlegenden Kenntnissen über eine ökologische<br />

Landwirtschaft. In kaum einer Bildungsstätte wird<br />

ein solches Wissen vermittelt. Hinzu kommt, dass die Gärten<br />

meist wenig produktiv und gleichzeitig zu arbeitsintensiv<br />

sind, um rentabel zu sein.<br />

Permakultur aus Österreich<br />

Ein Österreicher soll nun im gebeutelten Amerika Abhilfe<br />

schaffen und ein wirtschaftlicheres wie ökologischeres Konzept<br />

einer Landwirtschaft einführen. Es ist der Bergbauer<br />

Sepp Holzer, der mit Einsetzen des Frühlings zusammen<br />

mit seinem Team ein fünftägiges Praxisseminar zum Urban<br />

Farming nach den Prinzipien der Permakultur in Detroit<br />

abhielt. Doch die arbeitslosen Detroiter haben keinerlei<br />

finanzielle Mittel für derlei Fortbildungen, nicht einmal<br />

für grundlegende gärtnerische Werkzeuge. So wurde das<br />

58 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

Vom häuserfriedhof zum Gemüsegarten der stadt: In<br />

Urban Farms wollen sich immer mehr <strong>Städte</strong>r beim Säen,<br />

Jäten und Ernten verwirklichen. Ein Gewinn für alle.<br />

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59


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Der Bergbauer Sepp Holzer zeigt<br />

Interessierten rund um den Globus,<br />

wie man durch nachhaltige Landbewirtschaftung<br />

mit relativ wenig<br />

Aufwand viel Ertrag in gesunder<br />

Qualität erzielen kann.<br />

österreichische Maschinenbauunternehmen Anger Machining<br />

GmbH gewonnen, das die Kosten der Holzerschen<br />

Beratung vor Ort übernahm. Die als Holzersche Permakultur<br />

bekannte ökologische Landwirtschaft, auch Agroökologie<br />

genannt, vertritt ein <strong>Wirtschaften</strong> im Einklang mit der Natur<br />

und gilt als Inbegriff der <strong>Nachhaltig</strong>keit, denn sie nutzt statt<br />

High-Tech-Patenten die Millionen Jahre alten Gesetzmäßigkeiten<br />

der Natur. Es ist Holzers Ziel, landwirtschaftliche<br />

Ökosysteme im Gleichgewicht zu halten und dabei qualitativ<br />

hochwertige Nahrungsmittel herzustellen, die es verdienen,<br />

als Lebensmittel bezeichnet zu werden – im Gegensatz zur<br />

weltweit propagierten industrialisierten Landwirtschaft, die<br />

den Boden sukzessive auslaugt.<br />

„Tut etwas, dann tut sich was!“<br />

Der Lungauer Landwirt Sepp Holzer machte den Menschen<br />

in Detroit Mut: „Das ist die Chance eures Lebens, ihr seid<br />

arbeitslos, ihr habt nicht nur Zeit, sondern viel Wasser und<br />

bekommt riesige und zudem erschlossene Brachflächen<br />

fast geschenkt. Tut etwas, dann tut sich was.“ Holzer sprach<br />

nicht nur über den urbanen Anbau <strong>von</strong> Getreide, Obst und<br />

Gemüse. Tiere, so Holzer, seien wertvolle Mitarbeiter einer<br />

ökologischen Landwirtschaft. Sie gehören selbstverständlich<br />

zu jedem Betrieb dazu. Das ethische wie ökologische Problem<br />

ist heute die industrialisierte Massentierhaltung und -tötung,<br />

bei der die Lebewesen während der Aufzucht, auf Transportwegen<br />

und im Schlachthaus erbärmlich leiden. Der Tod<br />

selbst tut nicht weh – es ist die Todesangst, mit der man die<br />

Tiere quält. Artgerechte Haltung und humane Tötungsweisen<br />

lassen sich am leichtesten in Kleinbetrieben realisieren - ein<br />

Plus für die Fleischqualität! Am meisten beeindruckt Holzers<br />

Kreativität: In der Stadt sieht er Anbauflächen, die andere<br />

bisher nicht berücksichtigt hatten. Seine Kulturen gedeihen<br />

horizontal auf Dächern oder da, wo zuvor ein Zierrasen<br />

langweilte. Wein, Kiwi oder Obstgehölze dürfen entlang<br />

<strong>von</strong> Pergolen, Zäunen oder Spalieren in die Höhe wachsen<br />

und gedeihen.<br />

Vom Wald lernen<br />

Holzers Agroökologie ist kein Hippie-Gardening, wie in<br />

Amerika oft kritisch bemerkt wird, wenn <strong>von</strong> Permakultur,<br />

der permanenten Agrikultur des australischen Erfinders Bill<br />

Mollison die Rede ist. Der Bergbauer will aufzuzeigen, wie<br />

man mit relativ wenig Aufwand viel Ertrag in gesunder Qualität<br />

erzielen kann. Der praktische Teil des Seminars wurde<br />

an der Catherine Ferguson Academy, einer Detroiter Schule<br />

für junge Mütter, ausgeführt. Hier hat Holzer zusammen mit<br />

seinem Begleitteam, den Seminarteilnehmern und einem<br />

Baggerfahrer in zwei Tagen einen Kratergarten gebaut. Das<br />

ist ein tiefer gelegter, über einen Erdwall eingefriedeter Terrassengarten,<br />

in dessen Mitte sich durch Regenwasser ein<br />

Teich bildet: Ein windstilles Minibiotop, in dem sich Wärme<br />

und Feuchtigkeit länger halten und das Pflanzenwachstum<br />

fördern. Der Kratergarten strebt eine Nachahmung des Biotops<br />

„Wald“ an. Holzer möchte das Lebenselixier Wasser so<br />

lange wie möglich nahe der Anbauflächen halten, Erosion<br />

ausschalten, die Bodenqualität verbessern und die Einflüsse<br />

<strong>von</strong> Wind und Sonne geschickt lenken, so dass ein moderates,<br />

für das Pflanzenwachstum ideales Mikroklima geschaffen<br />

werden kann.<br />

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1TOURISMUSPREISTRÄGER 20<br />

| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Mit der Natur verbinden<br />

Frauen und deren Kindern soll das Detroiter Schulprojekt<br />

als Bildungsmodell nahebringen, wie man das, was für<br />

unser Leben essentiell ist, selber erzeugen kann. Wer sich<br />

mit der Natur verbindet und verbündet, so Holzer, kann nur<br />

gewinnen. An die jungen Mütter gerichtet: „Es ist einfach.<br />

Jede Frau kann ihre Familie versorgen. Ihr müsst keine Angst<br />

haben, nur weil ihr kein Geld habt. Wer keinen Spaten hat<br />

oder kein eigenes Land, kann sich Werkzeug oder Flächen<br />

ausleihen. Es gibt auch keine Ungunstlagen. Ihr könnt Holz<br />

und andere Biomasse aus der Umgebung sammeln und die<br />

Bodenqualität damit verbessern. Jahr für Jahr könnt ihr mehr<br />

Erträge erwirtschaften und schließlich Geld verdienen!“ Ein<br />

Agroökologe könne auf staatliche Subventionen verzichten.<br />

Auch muss er sich nicht auf Jahre verschulden durch den<br />

Kauf hoch technisierter landwirtschaftlicher Maschinen. Ein<br />

Umschalten <strong>von</strong> der in Detroit aussterbenden Industrie auf<br />

ein lebendiges Familienunternehmen, fernab <strong>von</strong> wirtschaftlichen<br />

Wachstumszwängen, wird möglich. Zu den Grundlagen<br />

der Permakultur gehört eine Wirtschaft kleiner, geschlossener<br />

Materialkreisläufe. Permakultur-Bauern kompostieren<br />

ihre eigenen Abfälle, düngen biologisch, bauen an das lokale<br />

Klima angepasste, robuste und samenfeste Gemüse- und<br />

Obstsorten an, nutzen Wasser aus sich regenerierenden<br />

Brunnen oder aus neu angelegten Seen und Teichen.<br />

Win-win-Situation durch Holzersche Agroökologie<br />

Die Gewinne für die Urban Farmer ergeben sich unmittelbar<br />

durch den Verkauf der Ernteüberschüsse. Auch die Konsumenten<br />

profitieren, weil sie sich auf die pestizidfreie und<br />

inhaltsstoffreiche sowie frische Qualität der Erzeugnisse<br />

verlassen können. Für die Stadtverwaltung könnten sich<br />

zugleich einige ihrer erdrückenden Probleme lösen, wenn sie<br />

die Weichen entsprechend stellt. Die Detroiter Bevölkerung<br />

jedenfalls fühlte sich durch den Besuch <strong>von</strong> Sepp Holzer und<br />

seinem Team beflügelt – Tatendrang macht nun jahrelanger<br />

Lethargie Platz. Die Bürger fühlen sich ermutigt und schöpfen<br />

neue Hoffnung, diesmal für ihre ureigene Zukunft. Nathan<br />

Ayers, Leiter des Permakulturzentrums Chiwara in Michigan<br />

und Mitorganisator des Holzerschen Besuches, kommentierte<br />

das Seminar wie folgt: „Sepp Holzer und seine Arbeitsweise<br />

persönlich zu erleben - das war einer der erhebendsten<br />

Momente meines Lebens!“<br />

Jeremy, Eigentümer eines Stadtgartens, beklagte, dass<br />

ihm zum Bewässern seiner Kulturen lediglich hochgradig<br />

gechlortes und fluoriertes Leitungswasser zur Verfügung<br />

stehe. Solches Wasser ist nicht gesund und es schädigt die<br />

Bodenökologie. Holzers Kennerblick für Quellen und Wasserläufe<br />

lieferte bei einer Ortsbegehung sofort die Lösung:<br />

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erblickte der Bergbauer<br />

ein Wasserloch. Jeremys Augen leuchteten vor Glück.<br />

Holzer empfahl dem City-Farmer: „Dieses Grundstück dort<br />

– sofort dazukaufen!“ Für Jeremy war klar, dass die Flächen<br />

in seiner Nachbarschaft billigst zu haben wären. Wenige<br />

Wochen später war die Transaktion besiegelt. Er konnte die<br />

400 m 2 ehemaligen Baugrund mitsamt der Wasserstelle für<br />

lediglich 400 US-Dollar erwerben.<br />

Im Profil<br />

Dr. Immo Fiebrig<br />

ist freiberuflich tätiger Pharmazeut, Holzer’scher Agrarökologe und<br />

Publizist. Sein Credo: Gesundheit geht über das Schlucken <strong>von</strong> Medikamenten<br />

weit hinaus – grundlegend für unser Wohlergehen ist<br />

eine intakte Natur: Per se unser aller Lebenselixier und zugleich...<br />

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61


schweRpUNKT | StÄdtE VoN MorGEN |<br />

Zukunft ungewiss<br />

Man kannte sie lange nur aus den USa, jetzt sind die Working Poor in unseren<br />

<strong>Städte</strong>n angekommen. Sie sind Boten der sozialen Spaltung.<br />

Von Frank Düchting<br />

Die „Working Poor“ können <strong>von</strong> ihrer Arbeit nicht leben<br />

Nicht nur die absolute Zahl der Arbeitslosen ist das Problem.<br />

Einkommensarmut beruht vor allem auf der Entwicklung des<br />

sogenannten Niedriglohnsektors und seinen „atypischen Beschäftigungsverhältnissen“.<br />

Immer mehr Menschen arbeiten<br />

in teilzeit, vor allem Frauen. leiharbeitsverhältnisse und geringfügige<br />

Beschäftigungen bewirken, dass Familien <strong>von</strong> ihrer<br />

arbeit nicht mehr leben können. Sie sind auf Unterstützung<br />

angewiesen, obwohl sie arbeiten. Sie heißen „Working Poor“,<br />

bislang kannte man sie nur aus den USa. in Hamburg waren<br />

<strong>von</strong> 880.000 Erwerbstätigen im Jahr 2009 335.000 atypisch<br />

beschäftigt, Tendenz steigend.<br />

Wo ist da die Perspektive? Trotz Arbeit können sich immer weniger<br />

Menschen eine wohnung in der stadt leisten und müssen in die<br />

Peripherie ausweichen.<br />

<strong>Städte</strong> sind nicht entweder oder. Sie sind reich und zugleich<br />

arm. Dynamisch und rückständig, kreativ und konservativ.<br />

<strong>Städte</strong> leben vom „und“. Eine gute Stadt ist eine friedliche<br />

Stadt, dort geht es den Menschen gut. das fand sich schon<br />

vor dreitausend Jahren in der Bibel. in einer friedvollen<br />

Stadt geht es gerecht und sozial zu. dort kann man gut<br />

leben und arbeiten.<br />

Doch der soziale Zusammenhalt in vielen <strong>Städte</strong>n ist in Gefahr.<br />

Soziale Unterschiede trennen ihre Bewohner <strong>von</strong>einander. Sie<br />

leben in unterschiedlichen Vierteln, die miteinander nichts zu<br />

tun haben. Hamburg ist die reichste Stadt deutschlands mit<br />

einem jährlichen Pro­Kopf­ Einkommen <strong>von</strong> fast 50.000 Euro<br />

– zwei Drittel mehr als der Bundesdurchschnitt. In Hamburg<br />

wohnen fast 20.000 Millionäre. Zugleich sind in Hamburg mit<br />

18 Prozent mehr Menschen arm als in anderen deutschen<br />

<strong>Städte</strong>n. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 14 Prozent.<br />

Familien mit geringem Einkommen benötigen günstigen<br />

Wohnraum, eine soziale infrastruktur und ein Bildungssystem,<br />

das ihre Kinder nicht ausgrenzt. Das Gegenteil ist der<br />

Fall. Der starke Anstieg der Bodenpreise in den Metropolen<br />

bewirkt, dass die Mieten durch die decke schießen. die<br />

soziale Spaltung wird auch räumlich sichtbar. Weil in der<br />

Hamburger innenstadt die Bodenpreise in zehn Jahren um<br />

fast 50 Prozent gestiegen sind und die Mieten um 25 Prozent,<br />

ziehen immer mehr Menschen in billigere Wohnungen in<br />

unattraktiven Randlagen.<br />

heute entscheidet das wohnviertel über Bildungschancen<br />

Was fehlt, sind bezahlbare Wohnungen in innenstadtnahen<br />

Vierteln. Weil der Neubau solcher Wohnungen nicht profitabel<br />

ist, baut man teure Wohnungen. inzwischen hat die<br />

sozialräumliche Spaltung deutliche Formen angenommen.<br />

Die Viertel driften auseinander. Eigentlich kann man gar<br />

nicht mehr <strong>von</strong> einer Stadt sprechen. denn das Wohnviertel<br />

entscheidet heute über Bildungschancen und Zugang zum<br />

arbeitsmarkt. Für die Bewohner der Vororte <strong>von</strong> lyon und<br />

Paris galt schon vor 20 Jahren, dass die adresse bei Bewerbungen<br />

wichtiger ist als der Schulabschluss.<br />

Während es sich die „Bionade­Bourgoisie“ in den „in­Vierteln“<br />

gut gehen lässt, leben viele Familien, die hart für ihr<br />

Einkommen arbeiten müssen, im permanenten Stress. doch<br />

nicht nur die Spaltung zwischen arm und reich gefährdet<br />

62 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

den Frieden in der Stadt. durch die Steuergesetzgebung<br />

der Regierung Gerhard Schröder sind öffentliche Haushalte<br />

verarmt. Wegen ausbleibender Steuern haben viele <strong>Städte</strong><br />

ihr Tafelsilber verkauft oder privatisiert. Ob beim Verkauf<br />

<strong>von</strong> Stadtwerken, Nahverkehr oder Krankenhäusern – sowie<br />

anderen Formen der Public­Private­Partnership – fast immer<br />

zahlt die öffentliche Hand drauf. Die Privatisierung öffentlicher<br />

Güter kann auf dauer keine lösung sein. die <strong>Städte</strong><br />

brauchen eine Steuerpolitik, die es ihnen ermöglicht, ihre<br />

Hausaufgaben zu machen.<br />

Der Friede der stadt steht auf dem spiel<br />

der Friede der Stadt ist in Gefahr. Er ist in Gefahr, weil sich die<br />

Gesellschaft in der Stadt immer weiter fragmentiert. Ob es<br />

die Sozial­ oder Bildungspolitik betrifft, ob es die Wohnungen<br />

und die Quartiersentwicklung sind oder der Arbeitsmarkt:<br />

das Gemeinwohl muss wieder Vorrang vor privaten interessen<br />

bekommen. Es muss Ziel jeder nachhaltigen Stadtpolitik<br />

sein, eine Stadt für alle zu erhalten oder wieder herzustellen.<br />

Die Politik muss die Weichen stellen und die Bürger zur<br />

aktiven Mitgestaltung einladen – und zwar alle, unabhängig<br />

<strong>von</strong> Herkunft, Steuerklasse und Schulabschluss. Der Friede<br />

der <strong>Städte</strong> steht auf dem Spiel. Und damit eine gute und<br />

nachhaltige Zukunft für alle Menschen.<br />

Zum weiterlesen<br />

G. Pohl / K.Wicher:<br />

armes reiches Hamburg; Hamburg 2011.<br />

K. Jungfer:<br />

Die Stadt in der Krise, ein Manifest für starke Kommunen; Bonn 2005.<br />

H. Häußermann, D. Läpple, W. Siebert:<br />

Stadtpolitik; Frankfurt 2008.<br />

Im Profil<br />

Frank Düchting<br />

ist Studienleiter für die Bereiche Bildung und Gerechtigkeit an der<br />

Evangelischen akademie der Nordkirche.<br />

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63


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

„Die Stadt der Zukunft wird älter“<br />

Der Demographische Wandel und die Urbanisierung prägen unsere Zukunft. 2<strong>02</strong>5<br />

werden auf der Erde über acht Milliarden Menschen leben, die meisten in <strong>Städte</strong>n.<br />

Was das für Zentren bedeutet, erklärt Demografieforscher Steffen Kröhnert.<br />

Ein Interview <strong>von</strong> Anna Gauto<br />

Die Lebenserwartung steigt, die Geburtenrate sinkt. 2050<br />

werden weltweit mehr Menschen über 60 sein, als unter 14:<br />

Ist die Stadt der Zukunft ein riesiges Altersheim?<br />

In Deutschland wird die Stadt der Zukunft natürlich demografisch<br />

älter, weil das Durchschnittsalter steigt. Im Vergleich<br />

zu den ländlichen Regionen bleiben die <strong>Städte</strong> aber eher<br />

jung, weil sie ein Magnet für junge Menschen sind. Trotzdem<br />

werden die <strong>Städte</strong> lernen müssen, mit älteren Menschen<br />

umzugehen. Die Zahl der über 80-Jährigen wird sich in<br />

Deutschland bis 2040 verdoppeln.<br />

64 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

Alte Menschen leben im Durchschnitt länger und das<br />

bei besserer Gesundheit. Bringt das mehr Chancen oder<br />

Probleme?<br />

Beides. Die Finanzierung <strong>von</strong> Rente, Pflege und Gesundheitssystem<br />

bei einer abnehmenden Zahl <strong>von</strong> Steuer­ und<br />

Abgabenzahlern wird eine enorme finanzielle Belastung.<br />

Gleichzeitig entsteht mit dem dritten Lebensalter historisch<br />

etwas völlig Neues. Damit ist die Zeit nach Eintritt<br />

ins rentenalter gemeint, in der Menschen noch etwa zehn<br />

Jahre bei guter Gesundheit leben und meist auch relativ<br />

wohlhabend sind. Sie wollen sich in dieser lebensphase<br />

aktiv in die Gesellschaft einbringen. Das wird eine große<br />

Gruppe sein, was erhebliches Potenzial für die Stadt der<br />

Zukunft birgt.<br />

Heute verbringen die über 70-Jährigen im Schnitt 17 Stunden am<br />

Tag allein. In der Stadt der Zukunft wird es ihnen besser gehen,<br />

ist Steffen Kröhnert überzeugt.<br />

Wo werden die alten Menschen in den <strong>Städte</strong>n leben: in<br />

Altencentern, in Mehrgenerationen-Haushalten?<br />

Neue Modelle des Zusammenlebens werden entstehen,<br />

wie gemeinschaftliches Wohnen im Alter, wo Menschen füreinander<br />

sorgen. trotzdem wird es auch mehr alte Menschen<br />

geben, die allein wohnen.<br />

Gerade alte Menschen sind <strong>von</strong> Vereinsamung betroffen.<br />

Im Schnitt verbringen über 70-Jährige am Tag 17 Stunden<br />

allein. Wird das auch in den Megacitys <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> so sein?<br />

ich kann nicht sagen, wie schnell, aber ich denke, das wird<br />

sich ändern.<br />

Weshalb?<br />

Häufig vereinsamen verwitwete Menschen. Sie sind aus einer<br />

Generation, in der die lebenslange Ehe das allgemeingültige<br />

Modell des Zusammenlebens war. Sie haben Freundschaften<br />

nie so intensiv gepflegt und waren hauptsächlich auf<br />

die Familie fokussiert. Jetzt treten Generationen ins Rentenalter,<br />

bei denen die Zweierbeziehung nicht mehr diese<br />

zentrale rolle spielt. Viele der alten Menschen <strong>von</strong> <strong>morgen</strong><br />

werden mehrere lange Beziehungen geführt und in Wohngemeinschaften<br />

gelebt haben, sie haben dadurch auch mehr<br />

soziale Kompetenz erworben. Gleichzeitig wollen sich ältere<br />

Menschen immer häufiger gesellschaftlich engagieren und<br />

entgehen so der Vereinsamung.<br />

Wer ist gefragt, dieses Potenzial zu heben?<br />

die Unternehmen, die <strong>Städte</strong> und die Bürger. Schon jetzt<br />

gibt es in den <strong>Städte</strong>n Freiwilligenbüros. Man könnte<br />

Menschen bereits in der Schlussphase ihres Erwerbslebens<br />

gezielt ansprechen. Etwa, ob sie sich vorstellen können, ihre<br />

Kenntnisse und Fähigkeiten weiterzugeben. Man bräuchte<br />

eine art Übergangsagentur. die Älteren wiederum müssen<br />

ihr drittes Lebensalter selbst in die Hand nehmen und nicht<br />

allein zu Hause sitzen und warten. Sie können sich eine<br />

gesellschaftliche Position zurückerobern, gebraucht werden<br />

sie an vielen Stellen.<br />

Die „Zukunft der <strong>Städte</strong>“ wird oft noch sehr technologisch<br />

gedacht. Wie aber wird das soziale Miteinander in den<br />

Großstädten <strong>von</strong> 2050 aussehen?<br />

ich erwarte eine Pluralisierung der lebensformen. Mehrere<br />

Familien der gleichen Generation werden unter<br />

einem dach leben, die dann auch einen ökologischeren<br />

lebensstil pflegen. das sieht man in Berlin heute schon.<br />

Die Zweierbeziehung wird nicht mehr den großen Stellenwert<br />

haben.<br />

Polygame Beziehungsformen werden sich häufen?<br />

Möglicherweise werden auch polyamore Beziehungsformen<br />

zunehmen, immerhin gibt es bei den über 65­Jährigen ein<br />

Drittel mehr Frauen als Männer. Ich denke aber eher an<br />

die Zunahme gemeinschaftlicher Wohnmodelle, wo Menschen,<br />

die nicht miteinander verwandt sind, zusammen<br />

leben, wirtschaften und sich gegenseitig unterstützen. Die<br />

Bedeutung jüngerer Menschen wird wachsen, weil sie zum<br />

knappen Gut werden. Sie werden sich aussuchen können,<br />

wo sie arbeiten, wo sie leben wollen. Unternehmen und<br />

<strong>Städte</strong> werden sie umwerben.<br />

Besteht nicht eher die Gefahr, dass die junge Generation<br />

als Minderheit ohne große Lobby an Einfluss verliert?<br />

das kann auch passieren, beide richtungen sind denkbar.<br />

Natürlich werden die Jüngeren knapp und damit wertvoll.<br />

Gleichzeitig haben die Alten das größere Wählerpotenzial,<br />

weil sie in der Mehrheit sind.<br />

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65


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

„Die Zweierbeziehung wird nicht mehr<br />

den großen Stellenwert haben.“<br />

Dr. Steffen Kröhnert<br />

Wie hoch wird das Durchschnittsalter in deutschen <strong>Städte</strong>n<br />

im Jahr 2050 sein?<br />

Etwa 50 Jahre.<br />

Wir sieht das im weltweiten Vergleich aus?<br />

In Bezug auf die Altersstruktur gibt es natürlich extreme Unterschiede.<br />

In Afrika wird sich die Bevölkerungszahl bis 2050<br />

auf zwei Milliarden Menschen verdoppeln. Auch dort wird es<br />

mehr alte Menschen geben, weil die Lebenserwartung steigt.<br />

Grundsätzlich wird es aber keine Überalterung geben, weil<br />

genügend junge Menschen nachkommen. In China wird das<br />

anders aussehen. Durch die Ein-Kind-Politik geht die jüngere<br />

Generation zahlenmäßig stark zurück, gleichzeitig steigt die<br />

Lebenserwartung durch den größeren Wohlstand. In chinesischen<br />

Großstädten werden viel mehr alte Menschen leben.<br />

Da es dort nur sehr schwache Renten- oder Pflegesysteme<br />

gibt, ist das eine erhebliche Innovationsherausforderung.<br />

Wird die nicht angenommen, kann es zur Verelendung der<br />

älteren Menschen kommen.<br />

Sind wir in Deutschland besser auf diese demografische<br />

Entwicklung vorbereitet als China?<br />

Wir sind den Chinesen zwar beim Lebensstandard weit<br />

voraus, werden aber auch bis 2050 30 Prozent unserer<br />

erwerbsfähigen Bevölkerung verlieren. Das müssen wir<br />

durch Innovationen ausgleichen, wenn die Wirtschaft nicht<br />

schrumpfen soll, und dafür benötigen wir mehr gut qualifizierte<br />

Fachkräfte. Immer noch erreichen acht Prozent der<br />

Schüler keinen Abschluss, gerade Migranten sind betroffen.<br />

Stichwort Fachkräfte: Bieten nicht gerade Menschen im<br />

Ruhestand viel ungenutztes Potenzial?<br />

Natürlich. Wir dürfen Menschen nicht mehr mit 55 in den Vorruhestand<br />

schicken. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter<br />

steigt, weil wir auf die älteren Erwerbsfähigen nicht mehr verzichten<br />

können. Gleichzeitig brauchen wir einen Mentalitätswechsel.<br />

Unternehmen müssen stärker in die Weiterbildung<br />

älterer Mitarbeiter investieren. Mitarbeiter müssen einsehen,<br />

dass sie sich auch mit 50 noch fortbilden können und müssen.<br />

2050 werden weltweit über zwei Drittel der Menschen in<br />

<strong>Städte</strong>n leben. Was werden die grundlegendsten Unterschiede<br />

zu heutigen <strong>Städte</strong>n sein?<br />

Ich glaube, die <strong>Städte</strong> werden ruhiger und damit lebenswerter.<br />

Mit einer alternden Gesellschaft und dem Transfer <strong>von</strong><br />

der industrie- zur wissensintensiven Wirtschaft werden die<br />

<strong>Städte</strong> sauberer. Die Kriminalität geht zurück.<br />

Weshalb sollte die Kriminalität zurückgehen?<br />

Gewaltverbrechen und Diebstähle sind altersabhängige Delikte<br />

und werden in der Mehrzahl <strong>von</strong> Menschen zwischen 18<br />

und 30 Jahren begangen. Nimmt diese Gruppe zahlenmäßig<br />

ab, geht auch die Kriminalität zurück.<br />

Das macht Hoffnung, besonders wenn man an eine Stadt<br />

wie Peking denkt, die in puncto Energiebedarf und Luftverschmutzung<br />

an der Belastungsgrenze steht.<br />

In China ist das natürlich extremer, aber auch dort wird<br />

man Anpassungsmaßnahmen vornehmen, um die <strong>Städte</strong><br />

lebenswerter zu machen. In afrikanischen Regionen, wo die<br />

Bevölkerung weiter wachsen wird, besteht eher die Gefahr,<br />

dass neue Moloche mit geringer Lebensqualität entstehen.<br />

Ist es vorstellbar, dass München oder Berlin zu Megacitys<br />

wie Bangkok oder Shanghai heranwachsen?<br />

Auf keinen Fall. Dafür haben wir gar nicht das Bevölkerungspotenzial.<br />

Auf natürlichem Wege wächst die Bevölkerung ja<br />

nicht mehr. Und die Zuwanderung aus der Region und dem<br />

Ausland ist begrenzt. Viele <strong>Städte</strong> in Deutschland werden gut<br />

daran tun, ihre Bevölkerung moderat auszuweiten, aber mit<br />

einer Explosion ist nicht zu rechnen.<br />

Im Profil<br />

Seit Ende 2012 ist Dr. Steffen Kröhnert<br />

leitender Wissenschaftler am Berlin-Institut für Bevölkerung und<br />

Entwicklung. Sein Hauptforschungsinteresse gilt der regionalen<br />

Bevölkerungsentwicklung in Deutschland und Europa sowie deren<br />

sozialen und ökonomischen Auswirkungen.<br />

66 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Soziales | Schwerpunkt<br />

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Telefon + 49 711 22910-3000, Telefax + 49 711 22910-9098, E-Mail: info@LBBW-AM.de in schriftlicher Form angefordert sowie unter www.LBBW-AM.de in elektronischer Form<br />

abgerufen werden. Quelle: ÖKO-Test, Ausgabe 10/2012, TEST Fonds, LBBW <strong>Nachhaltig</strong>keit Aktien R: Note 1,3 in der Kategorie »Aktienfonds Europa«, LBBW <strong>Nachhaltig</strong>keit Renten R:<br />

Note 1,0 in der Kategorie »Rentenfonds Europa«; »Österreichisches Umweltzeichen« für den Zeitraum 20. 09. 2012 – 19. 09. 2016, vergeben durch das Österreichische Bundesministerium<br />

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Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Ein Treppenhaus kann für Rollstuhlfahrer eine unüberwindbare Hürde sein. Daraus entstand die Idee der Onlinekarte „Wheelmap“, bei der<br />

jeder eintragen kann, ob ein öffentlich zugänglicher Ort rollstuhlgerecht ist oder nicht.<br />

Die Stufe ist nur ein Anfang<br />

Raul Krauthausen lebt seit seiner Kindheit in Berlin und sitzt genauso lange im<br />

Rollstuhl. Erst eine Reise nach Tokyo gab ihm Einsichten, wie Deutschland sein<br />

Potenzial für mehr Barrierefreiheit entfalten könnte.<br />

Von Raul Krauthausen<br />

Da muss man also wirklich erst 32 Jahre alt werden, um<br />

das noch erleben zu können: Eine Rolltreppe, die man<br />

als Rollstuhlfahrer benutzen kann. Leider war die nicht<br />

in Berlin, sondern in Tokyo. Ein Erlebnis, das mir auf dem<br />

Rückflug nach Deutschland viele Gedanken durch den<br />

Kopf schwirren ließ: Wieso können zwischen 14 Stunden<br />

Flugzeit gefühlte Jahrzehnte unterschiedlichen Standes der<br />

Barrierefreiheit stehen?<br />

Die erste Stufe: Wheelmap.org<br />

In Tokyo hatte ich das Gefühl, dass die Technik als Problemlösung<br />

viel mehr akzeptiert wird, als in Deutschland. Es gab<br />

kaum öffentlich zugängliche Gebäude, die für einen Rollstuhlfahrer<br />

bereits an der ersten Stufe endeten. Genau aus dieser<br />

Problematik heraus entstand mit einem Freund die Idee <strong>von</strong><br />

Wheelmap.org. Als wir uns im Sommer 2010 zum gefühlten<br />

100. Mal im gleichen Café trafen, fragte mich mein Kumpel<br />

68 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Holger, ob ich nicht auch mal woanders hingehen möchte.<br />

Natürlich bejahte ich die Frage… Aber wohin? Holger und ich<br />

kannten keine rollstuhlgerechten Restaurants oder Kneipen in<br />

der näheren Umgebung in Schöneberg – aber natürlich muss<br />

es die geben! Und es wird auch Menschen geben, die das<br />

wissen. Denn immerhin gibt es auch 1,6 Millionen Rollstuhlfahrer<br />

in Deutschland, die bestimmt nicht nur zu Hause sitzen.<br />

So entstand die Idee einer Onlinekarte, bei der jeder eintragen<br />

kann, ob ein öffentlich zugänglicher Ort rollstuhlgerecht<br />

ist oder nicht. So sollten auch interessantere und wichtige<br />

Orte schneller markiert werden, als wenn eine Behörde<br />

bestimmt, welche Plätze jetzt Relevanz haben – so unser<br />

Gedanke. So sammelten wir in zwei Jahren über 270.000<br />

rollstuhlgerechte Orte und entwickelten damit die größte<br />

Datenbank weltweit. Die Informationen besitzen wir nicht<br />

nur für die Wheelmap, sondern stellen sie auch jedem<br />

anderen zur Verfügung, der die Lizenzbestimmungen der<br />

OpenStreetMap akzeptiert.<br />

Bequemlichkeit – der Ursprung für moderne Technik<br />

Doch zurück nach Tokyo. Wäre ich dort die ganze Zeit mit<br />

Holger unterwegs gewesen, hätte sich die Frage nach der<br />

Rollstuhlgerechtigkeit gar nicht gestellt. Vielleicht spricht<br />

nur die Faszination aus drei Wochen Japan aus mir. Aber<br />

ich hatte das Gefühl, dass man die Technik nicht aus dem<br />

Grund gebaut hat, dass Menschen mit Mobilitätshilfen den<br />

Ort betreten können, sondern um allen das Leben zu erleichtern.<br />

Funktionierende Aufzüge sind für jeden da, Familien<br />

mit Kinderwagen nutzen auch gerne Rampen, und breitere<br />

Toiletten sind wohl für alle Menschen angenehmer.<br />

In Deutschland habe ich manchmal das Gefühl, dass wir<br />

da<strong>von</strong> noch weit entfernt sind, Technik in unserer Stadtbild<br />

nützlich zu integrieren bzw. zuzulassen: Sanierungen<br />

an alten Gebäuden werden oft durch den Denkmalschutz<br />

beschränkt, Zugänge zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten<br />

wie dem Fernsehturm in Berlin werden durch Brandschutzverordnungen<br />

für Rollstuhlfahrer unmöglich, oder es<br />

scheitern viele Modernisierungen einfach am Geld. Dabei<br />

könnten manche Zugänge schon ganz einfach verbessert<br />

werden, wenn man beispielsweise eine Rampe anbringen<br />

würde. Eine Frage des Geldes dürfte es nicht sein, weil man<br />

ja auch Subventionen für Solarplatten auf den Dächern<br />

bekommen kann. Warum dann nicht auch für Rampen?<br />

Eine Rampe kostet mich 1.000 Euro und wenn vielleicht<br />

die Hälfte da<strong>von</strong> subventioniert wäre, müsste es doch<br />

erschwinglich sein.<br />

Die SOZIALHELDEN: „Es reicht nicht bloß eine Idee zu haben, sondern man braucht auch die Kraft und Geduld sie umzusetzen.“<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

69


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Sozialhelden<br />

Die SOZIALHELDEN wurden <strong>von</strong> den beiden Cousins Jan und Raul<br />

in’s Leben gerufen. Schon als Kinder hatten sie verrückte Ideen.<br />

Ihr größter Traum war es, gemeinsam einmal etwas zu gründen.<br />

Nur was? Da ein Teil ihrer Familie südamerikanische Wurzeln hat<br />

und Raul Rollstuhlfahrer ist, wurden sie schon früh für soziale Probleme<br />

wie Armut, soziale Abhängigkeit und Mitleid sensibilisiert.<br />

Also beschlossen die beiden, in Deutschland lebend, sich sozial zu<br />

engagieren. Mit dem was sie konnten: Ideen haben und mit Freude<br />

umsetzen.<br />

Weitere Informationen: www.sozialhelden.de<br />

Inklusion für die Stadtentwicklung<br />

Natürlich gehen Ideen zu einer barrierefreien Stadt weit über<br />

den Zugang zu einem Café hinaus, aber genau an der Stelle<br />

wollten wir mit der Wheelmap anfangen. Holger meinte<br />

damals: „Wenn Menschen eine Minute über die Stufen am<br />

Eingang nachdenken, dann kann das vielleicht schon zu<br />

einer inklusiveren Gesellschaft beitragen!”. Und je länger<br />

wir uns mit dem rollstuhlgerechten Zugang beschäftigen,<br />

desto mehr gebe ich Holger recht. Vielleicht denken wir erst<br />

heute über Sachen nach, die eigentlich schon seit 40 Jahren<br />

normal sein sollten. Wenn wir nicht exklusive Schul- und<br />

Arbeitssysteme aufgebaut hätten, in denen Menschen mit<br />

Behinderungen <strong>von</strong> Nicht-Behinderten getrennt leben, dann<br />

würden wahrscheinlich alle mehr mit innovativen Ideen zur<br />

Stadtentwicklung beitragen.<br />

So haben die Berliner S- und U-Bahnen erst Mitte der<br />

1990er-Jahre angefangen, auf die Agenda zu setzen, dass alle<br />

Bahnhöfe auch für Rollstuhlfahrer erreichbar sein müssen.<br />

Bis heute gibt es aber immer noch Stationen, die ich nicht<br />

nutzen kann und viele U-Bahnstationen sind nur über einen<br />

Fahrstuhl erreichbar. Wenn dieser ausfällt, dann ist auch<br />

die Station nicht erreichbar. Im letzten Sommer fingen wir<br />

daher an, die Ausfälle zu sammeln, sie auf BrokenLifts.org<br />

darzustellen, um die Wartungsintensität zu erhöhen. In Tokyo<br />

wurde mir erzählt, dass der Ausfall <strong>von</strong> Technik (also auch <strong>von</strong><br />

Fahrstühlen) den Japanern peinlich ist und man deswegen<br />

versucht, schnell mit der Reparatur nachzukommen.<br />

„Wer soll hier vor wem geschützt werden?“<br />

Neben den technischen Fragen stehen auch immer wieder<br />

gesetzliche Fragen den Lösungen im Weg – z.B. Brandschutz<br />

oder Denkmalschutz. Seit einem Jahr stehe ich im regen<br />

Austausch mit einem Kinobetreiber. Aus Gründen des Brandschutzes<br />

kann nicht mehr als ein Rollstuhlfahrer in den Saal,<br />

aber ist das wirklich so? Ich traf mich mit dem Betreiber des<br />

Kinos und stellte nach einem Rundgang fest, dass mindestens<br />

zwei Rollstuhlfahrer in einem Saal Platz finden können.<br />

Wenigstens ein Anfang. Die Frage beim Brandschutz bleibt<br />

aber: Wer soll hier vor wem geschützt werden? Oder ist es<br />

einfach nur eine gute Ausrede?<br />

Barrierefreiheit auf dem Pflichtlehrplan<br />

Beim Denkmalschutz sieht die Sache in einigen Fällen einfach<br />

aus, weil Diskussionen über einen Umbau in einem<br />

Renovierungsprozess ohnehin aufkommen. Dabei habe ich<br />

schon <strong>von</strong> Beispielen gehört, bei denen ein rollstuhlgerechter<br />

Zugang gebaut wird, auch wenn er nicht der geschichtlichen<br />

Architektur entspricht. Kompromissbereitschaft ist also vorhanden,<br />

aber natürlich müssen dafür Betroffene rechtzeitig<br />

in den Planungsprozess involviert werden oder die Bauplanung<br />

gleich daran denken. Ich glaube, dass es einige Wege<br />

geben könnte, diesen „Erinnerungsprozess” zu etablieren.<br />

Beispielsweise in der Ausbildung <strong>von</strong> Architekten. Dort steht<br />

zwar der Denkmal- und Brandschutz auf dem Pflichtlehrplan,<br />

aber Barrierefreiheit ist in den meisten Fällen optional.<br />

Bewusstes Zusammenleben<br />

Ein Freund erzählte mir, dass er erst durch die Arbeit bei den<br />

‚Sozialhelden‘ (siehe Kasten) mit Rollstuhlfahrern in Kontakt<br />

gekommen sei, weil es bei ihm in Schule und Studium keine<br />

gab. Sein Blick auf die Stadt hat sich erst dadurch verändert.<br />

Was wäre also, wenn er schon viel früher, beispielsweise<br />

in der Schule, mit Rollstuhlfahrern in Kontakt gekommen<br />

wäre? Vielleicht sollte man sich diese „was-wäre-wenn-Fragen“<br />

öfters stellen. Bei vielen dieser Diskussionen kommt<br />

das Argument <strong>von</strong> den entstehenden Kosten. Dabei zeigen<br />

Studien, dass inklusivere Bildung und auch Umbauten Geld<br />

kosten, aber auch nicht viel mehr als der exklusive Status<br />

Quo. Insbesondere im Hinblick auf den demographischen<br />

Wandel sollte man in den barrierefreien Umbau investieren:<br />

In Zukunft wird es mehr ältere Menschen geben, die ebenso<br />

auf Mobilitätshilfen angewiesen sind. Außerdem kann es sich<br />

die Wirtschaft aufgrund des hohen Fachkräftemangels sich<br />

nicht mehr leisten, aufgrund <strong>von</strong> Barrieren am Arbeitsplatz<br />

auf qualifizierte Bewerber zu verzichten.<br />

Wie sieht für mich die Stadt der Zukunft aus? Das Wort<br />

„barrierefrei” möchte ich dabei gar nicht verwenden. In<br />

meiner Vorstellung wäre die Stadt einfach nur mehr für den<br />

Menschen da – egal ob mit oder ohne Behinderung. Der<br />

Zugang zur Stadt sollte für jeden möglich sein, und wenn es<br />

nicht möglich ist, dann findet man vielleicht eine technische<br />

Lösung. Zum Beispiel rollende Treppen, die man auch als<br />

Rollstuhlfahrer benutzen kann.<br />

Im Profil<br />

Raul Krauthausen<br />

arbeitet als ausgebildeter Telefonseelsorger, studierter Kommunikationswirt<br />

und Design Thinker seit über zehn Jahren in der Internetund<br />

Medienwelt. Seit 2011 ist er Ashoka Fellow und konzentriert<br />

sich nun voll auf die Arbeit bei den SOZIALHELDEN und vor allem<br />

an der Wheelmap.<br />

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| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Fremde unter einem Dach<br />

Ein Mehrgenerationenhaus, das auch Mörder, Alkoholabhängige und Kleinkriminelle<br />

beherbergt? In Südtirol funktioniert das seit einer Dekade erstaunlich gut.<br />

Von Patrick Kofler<br />

Wie jedes Jahr war die Mitgründerin des Hauses der Solidarität<br />

(HdS), Luzi Lintner, auch im Februar 2008 nach Bolivien<br />

gereist. Diesmal kehrte unsere Freundin nicht zurück. Beim<br />

Versuch, einem Jungen über einen Fluss zu helfen, wurde<br />

sie mitgerissen und ertrank in den Fluten. Neben ihrem<br />

Engagement für Entwicklungshilfeprojekte in Bolivien war<br />

Luzi Lintner die Seele im Haus der Solidarität.<br />

Hier flogen die Fetzen<br />

Im Jahr 20<strong>02</strong> wurde das Haus der Solidarität gegründet. Das<br />

HdS sollte Menschen unterschiedslos unter einem Dach vereinen<br />

und Ausgeschlossenen eine Brücke in die Gesellschaft<br />

bauen. Wir schlossen Freundschaften und lebten Tür an Tür<br />

mit Mördern, Alkoholabhängigen und Kleinkriminellen aller<br />

Art. Alles Menschen eben, die auch gute Seiten haben. Dazu<br />

kamen Menschen aus anderen schwierigen Lebenslagen wie<br />

Flüchtlinge. Luzi unterstützte jeden Menschen im Haus, sie<br />

half, wo sie konnte.<br />

Wir zogen als kleine dreiköpfige Familie dort ein, um zusammen<br />

mit anderen Menschen aus unterschiedlichen Nationalitäten<br />

eine neue Form des Zusammenlebens auszuprobieren.<br />

Mit dabei waren der Tauschmarkt des Eltern-Kind-Zentrums,<br />

die Energieberatung Energie4, der Dachverband Organisation<br />

für Eine Solidarische Welt (OEW) und meine Firma helios (die<br />

beiden letzteren Betriebe leitete ich als Geschäftsführer).<br />

Wir teilten Ideale und dennoch hatte jeder seine eigene<br />

Vorstellung, wie man diese erreichen sollte. Das führte dazu,<br />

dass die romantische Vision des Zusammenlebens und der<br />

Interkulturalität in den ersten Monaten gehörig den Bach<br />

runterging. Es ächzte ganz gewaltig im Gebälk des Hauses<br />

und wir Gutmenschen ertappten uns dabei, wie wir verbal<br />

aufeinander losgingen.<br />

Luzis Idee – <strong>von</strong> Bauspekulanten bedroht<br />

Aber wir kamen weiter. Wir waren eine Hausgemeinschaft, in<br />

der Menschen aus „stabilen” und „instabilen” Verhältnissen<br />

zusammen lachten, weinten und zankten. Doch wir aßen<br />

und diskutierten am Mittagstisch, wir feierten gemeinsam<br />

Weihnachten, Neujahr und viele andere Feste; wir wurden so<br />

etwas wie eine kleine Familie. Die „starken“ Hausbewohner<br />

nahmen die Schwächeren mit. Dazwischen wirbelte Luzi <strong>von</strong><br />

sechs Uhr <strong>morgen</strong>s bis nachts um zwei durchs Haus. Wir<br />

fragten uns, woher sie die Energie nahm. Sie war, wie viele<br />

andere Mitbewohner, ein Freigeist, der sich nicht bändigen<br />

oder führen ließ.<br />

Menschen aus Afrika, aus Lateinamerika, aus Osteuropa<br />

und aus Asien kamen und gingen. Wir hörten erschütternde<br />

Geschichten und Lebensschicksale, viele Verhaltensweisen<br />

blieben uns fremd. Die Jahre vergingen: Meine Frau Petra,<br />

Ärztin im Brixner Krankenhaus, brachte unser zweites und<br />

drittes Kind zur Welt. Inzwischen lebten im HdS fast 50 Menschen.<br />

Das gemeinsame Leben war schön, nie langweilig und<br />

immer herausfordernd.<br />

Das änderte sich, als uns im Jahr 2007 die Hauseigentümer<br />

mitteilten, wir müssten raus. Sie wollten das Haus<br />

abreißen und Ein- und Mehrfamilienhäuser bauen. Nie<br />

hatte das HdS öffentliche Unterstützung für seine Integrationsarbeit<br />

erhalten, sondern sich immer selbst aus<br />

den Beiträgen der Gäste finanziert. Nun sollte dieses<br />

zukunftsweisende Projekt Bauspekulationen zum Opfer<br />

fallen? Ja. Die Eigentümer wollten uns vor die Tür setzen,<br />

die Politik zeigte uns die kalte Schulter und kurze Zeit<br />

später schluckte der Rio Zapocò auch noch unsere Luzi.<br />

Wir waren am Boden zerstört. War mit Luzi auch ihre Idee<br />

vom friedlichen Zusammenleben gestorben?<br />

Der Kampf ums Überleben begann mit dem Tod<br />

Zwei Tage nach Luzis Tod trafen abends an die 300 Menschen<br />

aus allen Landes- und Weltteilen im HdS ein, um gemeinsam<br />

zu trauern. Die Stimmung war erdrückend, die Luft im<br />

großen Gemeinschaftssaal stickig. Der Reihe nach erzählten<br />

wir Anekdoten <strong>von</strong> Luzi. Erst weinten wir, dann begannen<br />

wir zu lächeln und irgendwann lachten wir befreit, über<br />

gemeinsame Erlebnisse. Denn diese „Spinnerin“ hatte eine<br />

sehr unorthodoxe Art gehabt, jenseits jeder Regel Probleme<br />

zu lösen. Nach jeder Anekdote konnten wir Luzis Geist und<br />

Energie im Saal deutlicher spüren. „Luzi möchte, dass wir<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

71


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

Im Haus der Solidarität stützen die Starken die Schwächeren. Es gibt eine eigene Hauswährung, einen Gebrauchtwarenmarkt, eine<br />

Vermittlung für Hauspflegekräfte und ein Biogartenprojekt mit Gemüseanbau und Verkauf.<br />

Foto u.r.: Die Seele des Hauses: Auch fünf Jahre nach ihrem Tod bleibt die Erinnerung an die Haus-Gründerin Luzi Lintner.<br />

lächeln und nicht aufgeben”, waren wir uns sicher. Am Ende<br />

der Zeremonie waren wir bereit, nach vorn zu schauen.<br />

Wir hatten neue Energie und starteten eine immer noch laufende<br />

PR-Kampagne. Luzis Tod gab uns die Öffentlichkeit, die<br />

wir brauchten, um auf das bedrohte HdS, ihr Lebensprojekt,<br />

aufmerksam zu machen. Denn in Südtirol und in Bolivien<br />

war Luzi eine bekannte Persönlichkeit. Selbst der Bischof der<br />

Diözese Bozen und der Landeshauptmann <strong>von</strong> Südtirol würdigten<br />

sie in Beileidsbekundungen. Presse, Fernsehen und<br />

Internetmedien widmeten sich in den nächsten Jahren dem<br />

Kampf um Luzi Lintners Lebensprojekt. So gewann das HdS<br />

im März 2008 den <strong>von</strong> der Südtiroler Landesregierung ausgerichteten<br />

„Cultura Socialis”-Wettbewerb für das innovativste<br />

Sozialprojekt. Ein Komitee zur Unterstützung bildete sich und<br />

auch die Politik konnte uns nun nicht mehr ignorieren. Nach<br />

und nach sprachen sich immer mehr Politiker und auch die<br />

Kirche für das HdS und dessen Erhalt aus.<br />

Im HdS entsteht eine Innovationswerkstatt für die Zukunft<br />

Mit großer Kreativität arbeitete die aus drei Personen und<br />

zweieinhalb Vollzeitstellen bestehende Hausleitung nun weiter<br />

an Lösungen, um die Menschen, die aus allen Erdteilen<br />

und unterschiedlichsten Lebenssituationen stammten, weiterzubringen.<br />

Wir ersannen eine eigene Hauswährung, einen<br />

Sparverein, einen Gebrauchtwarenmarkt, eine Vermittlung<br />

für Hauspflegekräfte, ein Biogartenprojekt mit Gemüseanbau<br />

und Verkauf, die „Facebook-Umarmungsaktion“, interkulturelle<br />

Abendessen und das Zugluft-Festival. 2011 erhielten wir<br />

einen weiteren Cultura Socialis-Preis. Die Sozialdienste des<br />

ganzen Landes und die Abteilung für Psychiatrie des Brixner<br />

72 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| StÄdtE VoN MorGEN | schweRpUNKT<br />

ich bin überzeugt, dass wir solche Modelle, wo wir auch<br />

Fehler machen und Menschen sein dürfen, brauchen. Meine<br />

Kinder sind mit Kurden, Afghanen, Arabern und Latinos<br />

aufgewachsen. Sie schlossen Freundschaften und wurden<br />

manchmal auch enttäuscht. Sie tragen negative wie positive<br />

Erfahrungen in sich und sind fit für die multikulturelle<br />

Gesellschaft der Zukunft. Genau wie ich, dem das HdS eine<br />

lebenserfahrung geschenkt hat, die ich nirgends anders so<br />

bekommen hätte.<br />

Da komm ich her, jetzt wohn ich hier: Das Haus der Solidarität bietet<br />

Raum für Menschen, egal woher sie kommen. Das Projekt finanziert<br />

sich ohne direkte öffentliche Hilfe aus Mieteinnahmen, Aktivitäten<br />

und Spenden.<br />

Krankenhauses stellten sich offen hinter unsere Aktivitäten.<br />

denn trotz aller Probleme, die das Miteinander so vieler<br />

unterschiedlicher Menschen aufwirft, war und ist das HdS<br />

ein Erfolgsprojekt. an die 200 Menschen kamen und gingen<br />

jedes Jahr, einige blieben und wurden teil der Hausgemeinschaft.<br />

Die Hausleitung ersann Regeln und erprobte ihre<br />

Anwendung – sie war manchmal weich, manchmal hart.<br />

Jede neue Regel war eine neue Lektion, die gelernt werden<br />

musste. Jeder muss einen Beitrag leisten: Wer mitmacht, darf<br />

bleiben, wer nicht mitmacht, fliegt früher oder später raus.<br />

Nach über zehn Jahren arbeiten die Beteiligten immer noch<br />

im selben Haus, aber niemand weiß, wie und wo es weitergehen<br />

wird. Meine Familie und ich sind nach zehn Jahren<br />

ausgezogen und wohnen nun bürgerlich. daran müssen wir<br />

uns noch gewöhnen. die immer währende Ungewissheit über<br />

die künftige Wohnsituation hat meine Familie belastet. Ich<br />

bleibe den Menschen im Haus nach all diesen Erlebnissen<br />

tief verbunden. Die letzten Fotos <strong>von</strong> Luzi, aufgenommen<br />

wenige tage vor dem Unfall, zeigen eine sehr müde Frau.<br />

die Energie war aus ihren augen gewichen und vielleicht war<br />

ihre Zeit um. Auch wenn sich seit ihrem Tod viel verändert<br />

hat: luzis Geist und ihre Energie sind noch da, genau wie<br />

das Haus der Solidarität, und wir glauben, sie würde sich<br />

jetzt darüber freuen.<br />

Im Profil<br />

Patrick Kofler<br />

ist Gründer der helios.bz und der filmberg.net, seit 2008 Vorstandsmitglied<br />

der FAS Film Association of South Tyrol. Er war <strong>von</strong> 20<strong>02</strong> bis<br />

2012 in den Leitungsgremien der OEW aktiv.<br />

Er ist ein leidenschaftlicher Unternehmer voller Visionen und mit einem<br />

geschickten Händchen für Management und Filmproduktionen.<br />

www.hausdersolidaritaet.org<br />

www.facebook.com/HdS.bz.it<br />

www.oew.org<br />

Wenn man<br />

Naturbelassenes mag,<br />

wenn man will,<br />

dass es fair zugeht,<br />

wenn man Vielfalt<br />

erhalten will<br />

und Genuss<br />

groß schreibt –<br />

dann macht<br />

man Saft<br />

so wie wir.<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

73


Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> |<br />

„Nichts ist schwieriger, als das<br />

Image einer Stadt zu verändern“<br />

Unternehmen sollten das kulturelle Erbe ihres Standortes kennen und richtig<br />

daraus folgern, sagt Ethnologe Johannes Moser. Sonst kann es ihnen wie der<br />

Volkswagen AG gehen, die mit dem Phaeton in Dresden gefloppt ist.<br />

Ein Interview <strong>von</strong> Anna Gauto und Sebastian Gfäller<br />

Prof. Dr. Johannes<br />

Moser ist Dekan der<br />

Fakultät für Kulturwissenschaften<br />

und<br />

Lehrstuhlinhaber des<br />

Instituts für Europäi<br />

sche Ethnologie an der<br />

Ludwig-Maximilians-<br />

Universität München.<br />

Seine Forschungsschwerpunkte<br />

sind<br />

Stadtforschung, Transformationsprozesse,<br />

Alltagskultur, Arbeit,<br />

Wirtschaftsanthropologie<br />

und Jugendkultur.<br />

Was tun <strong>Städte</strong>, um Unternehmen für sich<br />

zu gewinnen?<br />

Wirtschaftsförderung spielt eine wichtige Rolle<br />

– wie attraktiv ist meine Stadt als Standort?<br />

<strong>Städte</strong> vergeben Zuschüsse für Grundstücke<br />

und sorgen für eine gute Verkehrsinfrastruktur.<br />

Wichtig sind aber auch die kulturelle Infrastruktur<br />

und das historische Erbe einer Stadt.<br />

Weshalb?<br />

Wie eine Stadt sich historisch entwickelt, gibt<br />

Auskunft darüber, welche wirtschaftlichen<br />

Betriebe sich ansiedeln. Es gibt klassische<br />

Industriestädte wie Essen, Handelsstädte wie<br />

Hamburg oder Residenzstädte wie München,<br />

die grundverschieden sind. Eine Arbeiterstadt<br />

mit Schwerindustrie wird nicht einfach zu einer<br />

Kunststadt. Unternehmen sollten daher darauf<br />

achten, an etwas anzuknüpfen, was schon vorhanden<br />

ist. Kunst und Kultur sind entscheidend<br />

für den wirtschaftlichen Erfolg <strong>von</strong> Los Angeles.<br />

Sie sind der Nährboden für die Film- und Spielzeugindustrie<br />

und die vielen Kreativen dort.<br />

<strong>Städte</strong> aus dem Ruhrpott tun sich schwer, digitale<br />

Technologieunternehmen zu gewinnen?<br />

Nicht unbedingt. Wenn Innovationen an<br />

etwas anknüpfen, was schon dort war, etwa<br />

an das Know-how aus der Schwerindustrie,<br />

kann eine Transformation gelingen. Es ist<br />

aber nahezu unmöglich, etwas vollkommen<br />

Neues zu machen. Nichts ist schwieriger, als<br />

das Image einer Stadt komplett zu verändern.<br />

<strong>Städte</strong> müssen ihr kulturelles Erbe gut kennen,<br />

um die richtigen Unternehmen zu gewinnen?<br />

Ja. Ihr kulturelles, aber auch ihr ökonomisches<br />

Erbe. Schauen Sie sich Residenzstädte wie<br />

München an. Dort gab es Adelige und ein gehobenes<br />

Bürgertum, daher hat Luxuskonsum<br />

eine wichtige Rolle gespielt. Heute gibt es dort<br />

eine Luxusgüterindustrie, genau wie in Paris.<br />

<strong>Städte</strong> müssen sehen, welche Entwicklungen<br />

in der Wirtschaft für sie adaptierbar sind.<br />

Welche <strong>Städte</strong> machen das gut?<br />

München zum Beispiel. Seit 200 Jahren<br />

ist die Stadt ein Sammelpunkt talentierter<br />

Menschen. Es wurde nicht nur auf Kunst und<br />

Kultur gesetzt, sondern auch auf Universitäten<br />

und technische Einrichtungen. Ausgründungen<br />

und neue Firmen sind entstanden, ein<br />

High-Tech-Standort konnte sich entwickeln.<br />

Siemens und Audi haben sich für München<br />

entschieden und sich nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg dort niedergelassen.<br />

Was ist mit Molochen, wie wir sie aus afrikanischen<br />

und asiatischen Ländern kennen,<br />

die schnell expandiert sind und kein gewachsenes<br />

historisches Erbe haben?<br />

Sie sind vornehmlich ein Arbeitskräftereservoir<br />

für den Niedriglohnbereich. Die tragischen Beispiele<br />

<strong>von</strong> Sweatshops und Arbeitern, die sich<br />

nicht aus ihren brennenden Fabriken befreien<br />

konnten, kennen wir aus den Medien. Diese<br />

<strong>Städte</strong> können die massive Zuwanderung aus<br />

den ländlichen Regionen nicht kompensieren,<br />

die Folge sind solche Ausbeutungsstrukturen.<br />

„Wir wollen die erste nachhaltige Stadt des 21.<br />

Jahrhunderts werden”, sagt der New Yorker<br />

Bürgermeister Michael Bloomberg. Achten<br />

Unternehmen bei der Standortentscheidung<br />

eher darauf, wie nachhaltig eine Stadt ist oder<br />

wo sie mehr Geld einsparen können?<br />

74 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| <strong>Städte</strong> <strong>von</strong> <strong>morgen</strong> | Schwerpunkt<br />

Das hängt <strong>von</strong> den Unternehmen ab. Gerade Unternehmen<br />

aus dem Textilbereich setzen auf Billiglöhne, weil sie meinen,<br />

unter erheblichem Kostendruck zu stehen. Die gehen dann<br />

in <strong>Städte</strong> in Schwellenländern, die oft wenig nachhaltig sind.<br />

Für welche Firmen sind nachhaltige <strong>Städte</strong> interessant?<br />

Für Unternehmen, die um die besten Köpfe konkurrieren<br />

müssen. Ihre Mitarbeiter denken über <strong>Nachhaltig</strong>keit nach<br />

und wollen häufig in <strong>Städte</strong>n leben, wo man unkompliziert<br />

Bus, Bahn und Rad fahren kann. Manche Firmen gehen<br />

weiter und wollen dazu beitragen, wie die Welt <strong>von</strong> <strong>morgen</strong><br />

aussieht. Unternehmen, die früh dran sind, wenn es<br />

um Energieeffizienz, Wasseraufbereitung und dergleichen<br />

geht, haben ökonomische Vorteile. Ein Beispiel ist der Siemens-Konzern,<br />

der dafür wirbt, <strong>Städte</strong> bei einer nachhaltigen<br />

Stadtentwicklung zu unterstützen.<br />

Wie hart ist der Wettbewerb um Unternehmen?<br />

Sehr hart, das kann man nicht leugnen. <strong>Städte</strong> wollen touristische<br />

Ziele sein und gleichzeitig, dass sich Betriebe dort<br />

niederlassen.<br />

Globale <strong>Städte</strong>bündnisse formieren sich gegen den Klimawandel.<br />

In der Metropolregion Hamburg haben sich<br />

<strong>Städte</strong> des Nordens zusammengetan, um Unternehmen<br />

bestmögliche Bedingungen zu bieten. Konkurrieren <strong>Städte</strong><br />

nun, oder kooperieren sie?<br />

Beides. Gerade in ökologischen Fragen arbeiten <strong>Städte</strong><br />

gut zusammen. Gleichzeitig müssen sie schauen, wie sie<br />

erfolgreich sein können. In Betrieben ist das ähnlich. Man<br />

arbeitet zusammen, trotzdem gibt es Konkurrenz zwischen<br />

den einzelnen Mitarbeitern.<br />

Sind Unternehmen erfolgreicher, wenn sie die Geschichte<br />

ihres Standortes kennen?<br />

Auf jeden Fall, aber das ist noch keine Garantie. Nehmen<br />

Sie Dresden, eine Residenzstadt mit zumindest früherer<br />

Luxuskonsumkultur. Volkswagen hat dort in prominenter<br />

Lage die gläserne Manufaktur gebaut und dort auch den<br />

VW-Phaeton produziert. Die Volkswagen-Planer haben sich<br />

Dresdens Geschichte ganz genau angeschaut und trotzdem<br />

waren sie nicht erfolgreich.<br />

Warum nicht?<br />

VW ist keine Luxusmarke. Der Phaeton passt einfach nicht zu<br />

diesem kulturellen Erbe. Ein Unternehmen muss sich immer<br />

fragen: Welche Produkte passen zu uns und welchen Stadttypus<br />

wähle ich dafür? Mit einem Produkt, das nicht zum<br />

gehobenen Segment zählt, eröffne ich keine Niederlassung<br />

in München oder Dresden.<br />

Wohin würden Sie damit gehen?<br />

In eine Industriestadt im Ruhrgebiet oder in die Umgebung<br />

<strong>von</strong> Berlin.<br />

Worauf sollten KMUs bei der Standortwahl achten?<br />

KMUs benötigen ein Umfeld, wo sie das Know-how für ihr<br />

Produkt finden. Wenn ich als KMU intellektuelle Zulieferer<br />

suche, seien es Entwickler oder andere Kreative, können<br />

auch Mittelstädte, also <strong>Städte</strong> bis 250.000 Einwohner, interessant<br />

sein. Sie sollten sich fragen, wo kann ich Förderungen<br />

erhalten, wo gibt es Gewerbeparks, in die mein Betrieb gut<br />

hinein passt.<br />

Was müssen <strong>Städte</strong> noch leisten, um wettbewerbsfähig<br />

zu sein?<br />

Konzernzentralen brauchen in aller Regel Großstädte mit<br />

Verkehrs- und Finanzknoten. Eine gute Infrastruktur ist<br />

daher zentral. Dazu gehören Flughäfen, gute Verkehrsanschlüsse.<br />

Rohstoffe müssen einfach zu beschaffen<br />

sein. Außerdem sollten die <strong>Städte</strong> attraktiv sein, weil die<br />

Belegschaft ein gutes Leben führen will. Dazu zählt auch<br />

das Umland – wie schnell bin ich an Seen, in den Bergen<br />

oder am Meer?<br />

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Schwerpunkt | <strong>Städte</strong> der Zukunft |<br />

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76 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

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Weisheiten für jede Situation mit auf den Weg. Und die Praxis?<br />

Die schert sich nicht darum und lacht hämisch, wenn wir planvoll<br />

vorgehen wollen. Wie kann man Leadership in diesen<br />

ungewissen Zeiten gestalten? Autor Michael Faschingbauer<br />

empfiehlt mit „Effectuation“ flexibles Vorgehen – wie bei<br />

einer Jazzcombo. Um ein Unternehmensleitbild im Alltag<br />

zu leben, lohnt sich ein Blick auf die Tipps des guten<br />

alten Knigge, weiß Simone Oßwald. Wie wir uns als<br />

Führungskräfte oder Mitarbeiter „benehmen“, ist<br />

auch abhängig vom vorherrschenden Glücksbegriff<br />

in unserer Gesellschaft. Autor Dominic Veken ist<br />

überzeugt: Das Glück echter Erfüllung misst sich<br />

am Leuchten in den Augen, am Glauben an das<br />

eigene Daseinsthema und an der Befriedigung<br />

es zu verfolgen.<br />

Sicher führen mit „Effectuation“ | 78<br />

Der Unternehmensknigge für‘s Konfliktmanagement | 81<br />

Wirtschaftswandel durch einen neuen Glücksbegriff | 84<br />

Muhammad Yunus: Social Business gegen Stechmücken | 88<br />

Was kann, darf und sollte ein guter CSR-Manager? | 89<br />

Kolumne: Wann ist nachhaltig auch werthaltig? | 92<br />

Unternehmen nutzen CSR kaum für Umsatzsteigerung | 94<br />

Gesundheitsmanagement bei IKEA Hamburg | 96<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

77


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

In See stechen unter ungewissen Bedingungen? Erfahrene Unternehmer folgen in stürmischen Situationen ihrer Intuition. Doch hinter dem<br />

scheinbar planlosen Vorgehen steckt „Effectuation“ – und damit wichtige Regeln fürs Kurshalten.<br />

Durch turbulente Gewässer<br />

Wie an Probleme herangehen, für die es keinen Präzedenzfall gibt? Was tun, wenn<br />

Nachdenken keine guten Lösungen bringt? Heute nutzen Unternehmer, Führungskräfte<br />

und Mitarbeiter dafür die so genannte „Effectuation“.<br />

Von Michael Faschingbauer<br />

78 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Strategie & Unternehmensführung | Praxis<br />

Die meisten Unternehmensvorgänge folgen dem Muster „Ziele<br />

setzen, planen, umsetzen“. Das hat seinen Sinn und sorgt<br />

dafür, dass Unternehmen in der Hektik des Tages geschäfts<br />

„auf Kurs“ bleiben. Zielorientierung ist die beste Methode,<br />

die wir haben, um in bekannten Märkten mit bestehenden<br />

Produkten und Dienstleistungen zu reüssieren. Problematisch<br />

wird das erst, wenn guter Planung die Informationsbasis fehlt,<br />

die Umstände sich laufend ändern und die Ziele <strong>von</strong> gestern<br />

schon heute alt aussehen. Wer unter ungewissen Bedingungen<br />

noch erfolgreich agieren möchte, braucht andere Methoden.<br />

Sucht man nach Rollenvorbildern für die Navigation unbekannter<br />

und turbulenter Gewässer, wird man bei erfahrenen<br />

Unternehmern fündig. Wer im Laufe seines Lebens mehrere<br />

Unternehmen gründet, dabei auch Scheiter-Erfahrungen<br />

macht, jedoch unterm Strich erfolgreich bleibt, entwickelt<br />

eine eigene Form der Expertise. Die Entrepreneurship-Forschung<br />

der letzten zwölf Jahre nennt diese Expertise „Effectuation“:<br />

Denk- und Handlungsmuster, die sich deutlich <strong>von</strong><br />

dem unterscheiden, was im klassischen Management als<br />

professionell gilt. Das spannende für Führungskräfte und<br />

Innovatoren: Aus unternehmerischer Effectuation lassen<br />

sich klare Handlungsanweisungen für komplexe, dynamische<br />

und ungewisse Situationen im Unternehmensalltag ableiten.<br />

Unternehmerisch agieren wird zur Methode, nach der man<br />

führen, innovieren, Teams und Organisationen entwickeln<br />

und Zukunftsvorhaben erschließen kann.<br />

4. Handeln Sie – jetzt.<br />

Ob Sie Ihre Vorhaben genau planen können oder nicht:<br />

Nichts ersetzt das Handeln. Neuland muss man in kleinen<br />

und leistbaren Schritten betreten, um es erschließen und<br />

gestalten zu können.<br />

5. Exponieren Sie Ihre Ideen.<br />

Sie wollen gemeinsam mit anderen etwas Neues und<br />

Wertvolles schaffen? Dazu müssen Sie andere an Ihren<br />

Überlegungen teilhaben lassen. Legen Sie Ihre noch<br />

vagen Vorhaben gegenüber potenziellen Partnern im<br />

Unternehmen und darüber hinaus offen, damit sich diese<br />

einbringen können.<br />

6. Lassen Sie sich <strong>von</strong> anderen beeinflussen.<br />

Kreative neue Wege entstehen oft nicht in, sondern<br />

zwischen den Köpfen. Kombinieren Sie die Überlegungen<br />

derer, die etwas zu Ihrem Vorhaben beitragen können<br />

und wollen, mit Ihren eigenen Überlegungen.<br />

Führen mit Klassik und Jazz<br />

10 Tipps für Gestalter<br />

Die Zukunft ist ungewiss, das Umfeld in Bewegung und<br />

die Ziele sind noch nicht fix vorgegeben. Wie können Führungskräfte<br />

und Innovatoren trotzdem beherzt handeln und<br />

Neuland betreten?<br />

1. Starten Sie bei vorhandenen Mitteln.<br />

Wer Sie sind, was Sie wissen und wen Sie kennen sind<br />

wesentliche Zutaten für Ihr Vorhaben. Welche Handlungsoptionen<br />

tauchen vor Ihrem geistigen Auge auf,<br />

wenn Sie <strong>von</strong> dem ausgehen, was in Ihrem Wirkungsfeld<br />

unmittelbar zur Verfügung steht?<br />

2. Halten Sie Ziele und Pläne flexibel.<br />

Wenn Sie die Zukunft nicht exakt vorhersehen können,<br />

hat es keinen Sinn, exakte Ziele zu formulieren. Sie können<br />

mit mehreren vagen Zielen starten. Die attraktivsten<br />

Ziele tauchen oft unterwegs auf: Erst dann ist es zweckmäßig,<br />

sich festzulegen.<br />

3. Legen Sie den leistbaren Verlust fest.<br />

So sehr Sie sich auch anstrengen: In unbekannten Gewässern<br />

gibt es keinen gesicherten Return on Investment.<br />

Legen Sie stattdessen fest, was Sie im nächsten Schritt<br />

an Zeit, Energie, Geld, wertvollen Informationen oder<br />

eigener Reputation aufs Spiel setzen – ohne dabei Kopf<br />

und Kragen zu riskieren.<br />

Klassisches Management funktioniert wie klassische Musik. Wer<br />

ein Streichquartett <strong>von</strong> Beethoven spielen möchte, der braucht<br />

also vier Musiker mit den passenden Instrumenten, die Beethoven<br />

spielen wollen. Die Musiker können zunächst getrennt <strong>von</strong>einander<br />

üben. Beim gemeinsam üben werden Fragen der Interpretation<br />

ausgehandelt: Tempo, Lautstärke, Dynamik oder Klangfarbe. Das<br />

Stück selbst – die Abfolge der Noten, Notenwerte, Tonart usw. – ist<br />

vorgegeben und wird nicht in Frage gestellt.<br />

Unternehmerische Effectuation funktioniert hingegen eher wie<br />

Jazz. Für eine Jamsession gibt es anfangs weniger fixe Vorgaben.<br />

Unterschiedlichste Musiker – jeder da<strong>von</strong> Experte für sein Instrument<br />

– können eine Session miteinander spielen. Wer mitmacht,<br />

hat Einfluss auf das Klangerlebnis. Die Musiker können nicht getrennt<br />

<strong>von</strong>einander üben: Selbst wenn die Truppe vorher vereinbart,<br />

über ein ganz bestimmtes Thema zu improvisieren, und zwar<br />

in Es-Dur, steht noch nicht fest, wie sich die Session entwickeln<br />

wird. Die Musiker entwickeln ein komplexes Spiel aus Führen, Angleichen<br />

und Folgen. Jamsessions funktionieren deshalb, weil sich<br />

die Musiker im Zusammenspiel nicht völlig frei bewegen, sondern<br />

an einer ganzen Menge <strong>von</strong> Regeln hinsichtlich des Stils, der Harmonien<br />

und der Rhythmen orientieren. Das Stück selbst entsteht<br />

im gemeinsamen Tun.<br />

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79


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

7. Gehen Sie verbindliche Vereinbarungen ein.<br />

Ihr Vorhaben gewinnt dann Fahrt und Richtung, wenn<br />

Sie frühzeitig fixe Zusagen <strong>von</strong> denen einholen, die Mittel<br />

einbringen. Auch erste gemeinsame Teil-Ziele können Sie<br />

frühzeitig aushandeln.<br />

8. Bauen Sie auf den Zufall.<br />

Achten Sie auf Überraschungen am Weg. In den Zufällen<br />

und mitunter Unfällen stecken Hinweise für das weitere<br />

Vorgehen. Es gäbe heute keine Post-Its, hätte 3M eine<br />

missglückte Kleberentwicklung eingestellt, weil der Kleber<br />

nur haftete.<br />

9. Denken Sie „Markt“ statt „Hierarchie“.<br />

In Hierarchien geht es darum, wenige Entscheider <strong>von</strong><br />

Ihren Vorhaben zu überzeugen. Am Markt geht es darum,<br />

diejenigen zu finden und zu binden, die Ihre Vorhaben<br />

unterstützen und letztlich „kaufen“.<br />

10. Nehmen Sie das Ruder in die Hand.<br />

Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie steuern können:<br />

Ihre Mittel, den leistbaren Einsatz, die Vereinbarungen,<br />

die Sie eingehen. Alles was Sie steuern können, brauchen<br />

Sie nicht zu prognostizieren.<br />

Kein Ersatz für klassisches Management<br />

Die Versuchung ist groß, Effectuation als Ersatz oder<br />

Konkurrenz für klassisches Management zu betrachten.<br />

Das Gegenteil ist der Fall. Es geht um eine ergänzende<br />

Methode, die besonders am Beginn <strong>von</strong> Vorhaben ihre<br />

Stärken hat. Effectuation lebt vom Handeln zum Abbau<br />

<strong>von</strong> Ungewissheit. Je mehr Gewissheiten man durch Tun<br />

und Vereinbaren gewonnen hat, desto sinnvoller wird es,<br />

auf die klassische Methode „Ziele setzen – planen – umsetzen“<br />

überzugehen.<br />

Im Profil<br />

Michael Faschingbauer, MBA<br />

ist Unternehmensberater, Trainer und Coach. Sein Buch „Effectuation.<br />

Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und<br />

handeln“ (Schäffer-Poeschel) wurde als „Managementbuch des<br />

Jahres 2010“ ausgezeichnet.<br />

www.effectuation.at<br />

www.effectuation-intelligence.biz<br />

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Umweltmagazin der taz.<br />

DAS LEITMEDIUM ZUR ÖKOLOGISCHEN DEBATTE ERSCHEINT VIERMAL IM JAHR.<br />

EIN JAHRESABO KOSTET 22 EURO, EINE EINZELNE AUSGABE AM KIOSK 5,50 EURO.<br />

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T (030) 2 59 <strong>02</strong>-200 | zeo2abo@taz.de | www.zeozwei.taz.de


| Strategie & Unternehmensführung | Praxis<br />

Knigge im Unternehmen<br />

Haben Sie ein Unternehmensleitbild? Und wird das auch gelebt? Adolph Freiherr<br />

<strong>von</strong> Knigge hat bereits 1788 in seinem Buch „Über den Umgang mit Menschen“<br />

Richtlinien dafür aufgestellt. Eine Anleitung für die heutige Praxis.<br />

Von Simone Oßwald<br />

Das Leitbild (Corporate Identity) wird durch das Erscheinungsbild<br />

(Corporate Design), die Kommunikation (Corporate Communication)<br />

und das Verhalten (Corporate Behaviour) nach<br />

innen und außen vermittelt. Dort ist der ideale Umgang sowohl<br />

innerhalb des Unternehmens, als auch extern mit Kunden und<br />

Partnern geregelt. Bestandteile sind neben dem Umgang mit<br />

Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Mitbewerbern auch<br />

Themen wie Qualität, Gewinn und Image des Unternehmens.<br />

Ein gelebtes Unternehmensleitbild führt zwangsläufig zum<br />

Erfolg. Im Gegensatz dazu führen mangelnde Kommunikation<br />

und Information sowie Missachtung der Leitlinien zu Missständen<br />

wie Wettbewerbsnachteilen, Spannungen, Frust<br />

und letztendlich zu Misserfolg.<br />

Die Blitzlichtuntersuchung des Instituts<br />

für Gegenwartsforschung<br />

zeigt eine deutliche Diskrepanz<br />

zwischen den nach außen<br />

kommunizierten Leitsätzen<br />

der Unternehmen und der<br />

gelebten Praxis durch die<br />

Mitarbeiter. Bei der Umfrage<br />

unter knapp 480 Mitarbeitern<br />

mit Kundenkontakt aus<br />

unterschiedlichen Branchen<br />

wurde ermittelt, dass etwa<br />

75 Prozent die Leitsätze dieses<br />

Unternehmens nicht kennen.<br />

Ferner können sich nur 30 Prozent<br />

mit den Slogans ihres Unternehmens<br />

identifizieren und lediglich 33 Prozent<br />

sind da<strong>von</strong> überzeugt, dass die Slogans mit<br />

der Wirklichkeit im Unternehmen übereinstimmen.<br />

Was ist wertschätzender Umgang?<br />

Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht,<br />

dass Dienst nach Vorschrift und eine höhere Mitarbeiterfluktuation<br />

in unmittelbarem Zusammenhang mit Ihrem<br />

Unternehmensleitbild stehen können? Hierzu ein Beispiel<br />

aus der Praxis:<br />

„Wir fördern den wertschätzenden Umgang im Unternehmen<br />

und investieren in gute Arbeitsbedingungen.“ Das<br />

positive Vorstellungsgespräch und dieser eine Satz haben<br />

für den neuen Mitarbeiter Herrn M., unter verschiedenen<br />

Angeboten, den Ausschlag gegeben, sich für dieses Unternehmen<br />

zu entscheiden. „Vertrauen ist gut, Kontrolle<br />

ist besser“ ist hingegen der Leitsatz <strong>von</strong> Herrn S., seinem<br />

direkten Vorgesetzten. Herr M. ist irritiert. Sein Verständnis<br />

<strong>von</strong> wertschätzendem Umgang war bisher ein anderes. Vertrauen<br />

beruht für ihn auf Gegenseitigkeit, d.h., ebenso wie<br />

er seinem Gegenüber Vertrauen entgegenbringt, erwartet<br />

er, dass man im Gegenzug ihm, seinem Engagement<br />

und seiner Erfahrung vertraut, auch wenn er<br />

noch neu in der Firma ist.<br />

Perspektivenwechsel: Wie stellt sich<br />

das für den Vorgesetzten, Herrn<br />

S., dar?<br />

Herr S. fühlt sich <strong>von</strong> der Personalabteilung<br />

übergangen. Der<br />

letzte Mitarbeiter an dieser<br />

Stelle hat nicht viel Produktives<br />

geschaffen, diese Position<br />

wurde daher nach dessen<br />

Kündigung nicht wieder besetzt<br />

und ist schon länger verwaist.<br />

Deshalb hat Herr S. sich<br />

einen Kollegen aus dem Haus für<br />

diese wichtige Stelle herangezogen,<br />

um sie neu zu beleben. Die Personalabteilung<br />

hat dann ohne Rücksprache<br />

über seinen Kopf hinweg mit Herrn M. einen<br />

externen Mitarbeiter eingestellt.<br />

Unser Beispiel zeigt: Herr M. hat andere Vorstellungen <strong>von</strong><br />

Wertschätzung und beginnt seine Entscheidung in Frage zu<br />

stellen. Herr S. als Vorgesetzter hat auch keine Wertschätzung<br />

erfahren, ist verärgert und frustriert, wurde er doch gar nicht<br />

in die Personalsuche für seine Abteilung mit einbezogen!<br />

Beide Positionen sind gut nachvollziehbar. Ein gelebtes Unter­<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

81


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

Wir sind doch keine Maschinen – oder? Stress und Dienst nach Vorschrift vermindern die Produktivität.<br />

nehmensleitbild und dessen Akzeptanz hängen also wesentlich<br />

<strong>von</strong> den Werten und Erwartungen jedes Einzelnen ab.<br />

Inhalte und Beziehungen ausbalancieren<br />

Für die Umsetzung benötigen Mitarbeiter wie Führungskräfte<br />

Rahmenbedingungen auf mindestens zwei Ebenen,<br />

der Inhalts- und der Beziehungsebene. Den pragmatischen,<br />

sachlichen Inhalt bieten die Arbeitsplatz- und die Stellenbeschreibung,<br />

Zielvereinbarungen und der Arbeitsplatz<br />

an sich mit den vereinbarten Vertragsinhalten. Die andere<br />

Seite, die Beziehungsebene, beinhaltet die sogenannten<br />

Softskills, wie z.B. Werte, Überzeugungen, Absichten und<br />

Ziele, die verfolgt werden. In unserem Fall: Wie sind die<br />

Regeln für ein wertschätzendes Miteinander, wie werden sie<br />

nachhaltig kommuniziert, was bedeutet das und wer sorgt<br />

für die Umsetzung?<br />

Im Organigramm sind die Hierarchien klar gegliedert: Führung findet<br />

<strong>von</strong> oben nach unten innerhalb der Organigramms statt. Das Leitbild<br />

und die allgemeine Corporate Communication (Kommunikationsund<br />

Informationsfluss) sollten jedoch in alle Richtungen funktionieren<br />

(<strong>von</strong> links nach rechts und umgekehrt genauso wie <strong>von</strong> oben<br />

nach unten und <strong>von</strong> unten nach oben).<br />

82 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Strategie & Unternehmensführung | Praxis<br />

Wobei externe Berater Sie unterstützen können:<br />

• interne Prozesse entwickeln, aufbauen und begleiten<br />

• übersetzen <strong>von</strong> verschiedenen Wertvorstellungen<br />

• hinterfragen <strong>von</strong> internen Prozessen<br />

• neue Sichtweisen und Lösungsansätze aufzeigen<br />

• unabhängige Beraterfunktion ohne Hierarchiebindung<br />

• Handlungsfähigkeit, Kommunikations- und Informationsfluss<br />

wieder in Gang setzen<br />

• unvoreingenommen Fragen stellen<br />

• prüfen <strong>von</strong> verschiedenen Standpunkten<br />

Bing! Mit guter Führung und gegenseitiger Wertschätzung kommen<br />

Mitarbeiter auf die besten Ideen.<br />

Wer hat die Leitsätze für das Unternehmen kreiert? Woran<br />

erkennen Sie, ob die gewünschte Richtung stimmt? Wenn<br />

nicht, wie und wann steuern Sie gegen? Indizien dafür, dass<br />

etwas intern „schief läuft“ können z.B. sein: Dienst nach<br />

Vorschrift, allgemeine Unzufriedenheit, Kritikunfähigkeit,<br />

schlechte Stimmung, mangelndes Engagement und Interesse,<br />

eine hohe Fehl- und Krankheitsquote bis hin zu Mobbing<br />

und Kündigungen. Im Kontakt nach außen kann sich das in<br />

Unfreundlichkeit gegenüber Kunden und Partnern sowie<br />

hohen Beschwerde- und Reklamationsraten äußern bis hin<br />

zum Worst Case, dem Kundenverlust.<br />

Meistens ist das ein schleichender Prozess, der <strong>von</strong> der eigenen<br />

Führung nur schwer und zeitverzögert wahrgenommen<br />

wird, weil sie selbst stark in das Tagesgeschäft eingebunden<br />

ist. Oftmals ist es daher sinnvoll, Einschätzungen und Lösungsansätze<br />

<strong>von</strong> außen einzuholen.<br />

Was Sie innerhalb des Unternehmens tun können:<br />

• Führung als Vorbildfunktion verstehen<br />

• Ziele des Unternehmens mit den berechtigten Mitarbeiterinteressen<br />

verknüpfen<br />

• Werte hinterfragen<br />

• Stimmungsbarometer einführen, z.B. Kundenstimmen und<br />

Mitarbeiterbefragungen<br />

• aus verschiedenen Hierarchiestufen gemeinsam an Umsetzungslösungen<br />

arbeiten<br />

• regelmäßiger Abgleich des Leitbildes nach Stimmigkeit und<br />

Aktualität<br />

• interne Kommunikationsregeln aufstellen und überprüfen<br />

• Offenheit in allen Hierarchieebenen<br />

Leitlinien leben als Führungsaufgabe<br />

Wenn der interne Umgang im Unternehmen kommuniziert<br />

und umgesetzt wird, gilt es, diesen nachhaltig zu leben. Nur<br />

so schaffen Sie eine höhere Identifikation der Mitarbeiter mit<br />

dem Unternehmen und eine Imageaufwertung gegenüber<br />

ihren Kunden. Denn: Ein gelebtes Unternehmensleitbild sorgt<br />

innen für ein angenehmes Arbeitsklima und transportiert dies<br />

nach außen. So binden Sie Ihre Kunden und gewinnen neue.<br />

Es ist eine Führungsaufgabe, die Unternehmensleitlinien<br />

vorzuleben und die Umsetzung nachhaltig einzufordern.<br />

Da Unternehmer und Führungsmitarbeiter auch Teil des<br />

Ganzen sind und den gesamten Prozess mit eigenen Erfahrungen<br />

verknüpfen, stoßen sie zwangsläufig an ihre eigenen<br />

Grenzen. Externe Berater können dann wertneutral und an<br />

unterschiedlichen Punkten unvoreingenommen an diese<br />

Situationen herangehen und somit neue Impulse setzen.<br />

Ein weiterer Vorteil ist, dass sie nicht in die Firmenhierarchie<br />

eingebunden sind und so die Vorstellungen und Werte<br />

sowohl der Unternehmensleitung, als auch der breiten<br />

Mitarbeiterbasis miteinander verknüpfen. Hinzu kommt,<br />

dass sie oftmals aufgrund ihrer Tätigkeit auf Erfahrungen aus<br />

unterschiedlichen Branchen und Situationen zurückgreifen<br />

können. Es ist absolut sinnvoll, die Unternehmensleitlinien<br />

in unterschiedlichen Zeitabständen sowohl intern, als auch<br />

mit externer Unterstützung zu beleuchten.<br />

„Interessiere Dich für andere, wenn Du willst, dass andere<br />

sich für Dich interessieren sollen!“, das stellte Freiherr <strong>von</strong><br />

Knigge fest. Dieses Verständnis für ein Miteinander ist heute<br />

genauso wichtig wie damals. Halten Sie dieses Interesse<br />

lebendig und sorgen Sie dafür, dass sich Mitarbeiter und<br />

Kunden für Sie und Ihr Unternehmen interessieren!<br />

Im Profil<br />

Trainerin und Coach Simone Oßwald<br />

unterstützt Menschen in ihrer Entwicklung und Unternehmen darin,<br />

am Markt zu bestehen. Themen ihrer Arbeit rund um Corporate<br />

Behaviour und Corporate Communication sind: Umgangsformen,<br />

Kommunikation, Konfliktmanagement sowie Auftreten und Erscheinungsbild.<br />

info@so-beratung.de<br />

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83


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

Auf der Suche nach Glück<br />

Dass wir für eine Idee glühen, ist Voraussetzung für alles Besondere. Nur so konnte<br />

Starbuck’s entstehen, Columbus Amerika entdecken und Carl Orff die Carmina<br />

Burana komponieren. Vier Stufen zum „Erfülltheitsglück“.<br />

Von Dominic Veken<br />

Unsere Vorstellung vom Glück bestimmt unser wirtschaftliches<br />

Handeln, mehr als das: es bestimmt unser ganzes<br />

Leben. Je nach Glücksbegriff gestaltet sich deshalb die Gesellschaft.<br />

Das Problem dabei: Wir betrachten Glück heute<br />

ganz selbstverständlich und sehr einseitig als ein Maximum<br />

<strong>von</strong> guten Gefühlen bei einer möglichst großen Vermeidung<br />

<strong>von</strong> schlechten. Die Folge: Alles muss kurzfristig funktionieren.<br />

Alles muss sofort etwas einbringen. Und die Quote<br />

muss stimmen.<br />

84 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Praxis<br />

diese Aspekte möglichst stark zu steigern und ihr Wachstum<br />

zu generieren. Je mehr ich <strong>von</strong> all dem habe und erreiche,<br />

desto glücklicher bin ich und desto erfüllter ist mein Leben.<br />

Die Lebensstrategie des „Immer-mehr“, die hieraus<br />

folgt, beinhaltet auf der anderen Seite allerdings auch die<br />

Absicherung des Wohlgefühls gegen alle Arten der Verunsicherung<br />

und negativer Einbrüche. Denn da bei dieser<br />

Vorstellung vom Glück nichts wertvoller als „PLEASURE“<br />

ist, ist auf der anderen Seite hier natürlich nichts gefährlicher<br />

und störender als „PAIN“, Schmerzen, Verlust und<br />

negative Emotionen. Dieses vom britischen Philosophen<br />

Jeremany Bentham ausgehende Ideal des Glücks erzeugt<br />

enormen Druck und eine starke Orientierung an anderen,<br />

da man ja sonst keinerlei Maßstab hätte, wie viel „Mehr“<br />

genug ist und wann es einfach noch nicht ausreicht. Die<br />

„PLEASURE“-Strategie des Glücks verfolgen laut Studien 70<br />

Prozent der Menschen in unserer Gesellschaft. Und mindestens<br />

ebenso viele Unternehmen, nur dass das „PLEASURE“<br />

der Unternehmen natürlich „PROFIT“ ist.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die Disziplin der Positiven<br />

Psychologie, die über viele Jahre und mit hunderten<br />

<strong>von</strong> Studien erkundet hat, was wir unter Glück verstehen<br />

und wie dieses Verständnis unser Leben, unser <strong>Wirtschaften</strong><br />

und unsere Handlungen beeinflusst. Die Erkenntnisse dieser<br />

Forschungsarbeit führen zum einen zu einer Differenzierung<br />

unserer Vorstellungen vom Glück in drei Stufen, zum<br />

anderen zu der Feststellung, dass wir heute zumeist einem<br />

Glücksbegriff folgen, der einen Großteil der gesellschaftlichen<br />

Probleme Vorschub leistet.<br />

1. Glück als Vergnügen.<br />

Die erste Stufe unserer Vorstellungen vom Glück, „PLEASURE“<br />

besteht im „Vergnügensglück“. Hier geht es um Wohlstand,<br />

Zufriedenheit, aufregende Erlebnisse und Spaß – und darum<br />

2. Glück als Leidenschaft.<br />

Die zweite Stufe unserer Vorstellungen vom Glück „PASSION“,<br />

das „Leidenschaftsglück“, ist in unseren Lebenswelten mit<br />

etwa 20 Prozent der Bevölkerung schon wesentlich weniger<br />

häufig anzutreffen. Mihaly Czikszentmihalyi, nach Begründer<br />

Martin Seligman einer der führenden Figuren der Positiven<br />

Psychologie, beschreibt mit seinem extrem verbreiteten<br />

Glückskonzept „FLOW“ ziemlich genau, wie die Leidenschaft,<br />

das leistungstreibende Aufgehen in einem Moment, funktioniert<br />

und was es bedeuten kann, dieser Leidenschaft zu<br />

folgen. Eine optimale Erfahrung zu machen, bedeutet für<br />

ihn zum Herr des eigenen Schicksals zu werden: „Es ist das,<br />

was der Maler fühlt, wenn die Farben auf der Leinwand eine<br />

magnetische Spannung zueinander aufbauen, und etwas<br />

Neues, ein lebendiges Wesen nimmt vor den Augen seines<br />

erstaunten Schöpfers Gestalt an“. So definiert er FLOW als<br />

„jenen Zustand, bei dem man in eine Tätigkeit so vertieft ist,<br />

dass nichts anderes eine Rolle zu spielen scheint; die Erfahrung<br />

an sich ist so erfreulich, dass man es selbst zu einem<br />

hohen Preis tut, einfach, um FLOW zu erreichen“. Im FLOW<br />

besteht das Glück vieler Unternehmer, Ingenieure und Innovatoren<br />

im Bereich der Wirtschaft, zumindest in guten Zeiten.<br />

3. Glück als Sinn.<br />

Genau hier kommt die dritte Stufe in der Differenzierung des<br />

Glücks zur Geltung, das Verfolgen eines höheren, langfristigen<br />

und damit wirklich nachhaltigen Zwecks, eines (HIGHER)<br />

PURPOSE, sozusagen das „Sinnglück“, dem leider heute nur<br />

10 Prozent der Menschen folgen. Dieses erlebt man, wenn<br />

man sich als Teil <strong>von</strong> etwas Größerem fühlt, das <strong>von</strong> Bedeutung<br />

ist. Wenn man also maßgeblich an der Erschaffung einer<br />

Kathedrale, am Aufbau eines spannenden Unternehmens<br />

oder der Einführung einer neuen Kunstrichtung beteiligt ist,<br />

dann bekommen die eigenen Handlungen einen Rahmen, der<br />

sie mit einem eigenen Sinn auflädt, dann hat man das Gefühl,<br />

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85


pRAxIs | STRATEGIE & UNTERNEHMENSFÜHRUNG |<br />

Was macht glücklich? Einen höheren, langfristigen und damit wirklich<br />

nachhaltigen Zweck zu verfolgen. Diesem „Sinnglück“ folgen<br />

heute allerdings nur zehn Prozent der Menschen.<br />

dass das, was man tut, einer richtung folgt, einem persönliches<br />

Wachstum ermöglicht und die Umwelt bereichert.<br />

Alles das ist bei der Stufe <strong>von</strong> „PASSION“ nicht zwangsläufig<br />

gegeben, denn FloW kann man natürlich auch beim Spielen<br />

eines Ego­Shooters empfinden.<br />

Insofern greift jede der drei Stufen <strong>von</strong> Glücksvorstellungen<br />

für sich genommen zu kurz: Besteht das leben aus einer<br />

langen Reihe <strong>von</strong> Kicks, Entertainment und Vergnügen, fehlt<br />

ihm die Einheit, der rahmen, der ihm Bedeutung verleiht.<br />

Gibt man sich im leben mit Haut und Haaren einer leidenschaft<br />

hin, ohne Richtung und Ziel, wird man zum Sklaven<br />

dieser Leidenschaft und verliert die Hoheit über das eigene<br />

Sein. Und lässt man das Leben einem höheren Zweck dienen,<br />

der einen nicht wirklich berührt, der einen nicht in der<br />

Seele umtreibt, wird das dasein zu einer abzuarbeitenden<br />

Pflichtübung. Erst wenn also Freude, Antrieb und Ziel in<br />

ein überdauerndes Gleichgewicht geraten, wird die eigene<br />

Beseeltheit zum Normalzustand: dann ist man in seinem<br />

Element, dann hat mein sein eigenes daseinsthema gefunden<br />

und dann erlebt man auch viele glückliche, erfüllende und<br />

befriedigende Momente in seinem leben.<br />

4. Glück als Schlüssel für eine bessere Welt.<br />

diese umfassende Vorstellung <strong>von</strong> Glück möchte ich in<br />

Abgrenzung zu den drei verkürzten Begriffen entsprechend<br />

als „Erfülltheitsglück“ begreifen. Bei dieser Form <strong>von</strong> langfristigem<br />

Glück wachsen Sinnerleben, Leistungsantrieb und<br />

positive Gefühle zu einer höheren stabilen Einheit zusammen,<br />

einer Einheit, die auch rückschläge, durststrecken und<br />

Niederlagen übersteht, einer Einheit, die auch gerne einmal<br />

die Grenzen der normalen Vorstellungen verschiebt und<br />

Menschen gedanklich und real in neue Bereiche vorstoßen<br />

lässt. das Glühen für eine idee ist die Voraussetzung für alles<br />

Besondere, das immense Barrieren überwinden muss und<br />

das einer enormen anstrengung bedarf. ohne das ausrichten<br />

der Handlungen an einem langfristigem „Erfülltheitsglück“<br />

wäre weder ein Unternehmen wie Starbuck’s entstanden,<br />

noch amerika entdeckt, weder „die Phänomenologie des<br />

Geistes“ geschrieben, noch „Ärzte ohne Grenzen“ initiiert,<br />

weder das Auto erfunden, noch die „Carmina Burana“ komponiert<br />

worden. Alle diese Errungenschaften hatten zur<br />

Voraussetzung, dass Glück nicht nur im kurzfristigen Erleben<br />

gesehen wurde, im Maximieren <strong>von</strong> guten und Minimieren<br />

<strong>von</strong> schlechten Gefühlen, sondern vielmehr im langfristigen<br />

Erschaffen, im begeisterten Aufgehen in etwas Großem, mit<br />

dem man sich voll und ganz identifiziert.<br />

Für diejenigen, für die das Arbeiten am Werk im Mittelpunkt<br />

ihres Wirkens steht, misst sich Glück entsprechend auch<br />

nicht so sehr am Grad ihres lächelns, sondern an dem des<br />

leuchtens in ihren augen, am Glauben an das eigene daseinsthema,<br />

an der Entschlossenheit es zu verfolgen und an der<br />

Befriedigung, die jeder kleine oder große Schritt einem auf<br />

diesem Weg schenken kann. im „Erfülltheitsglück“ besteht<br />

damit der große Schlüssel und Hebel, Wirtschaft und Welt<br />

besser zu machen, denn wenn wir ihm folgen, leben wir im<br />

Einklang mit uns selbst, brauchen und verbrauchen weniger,<br />

erzeugen aber deutlich mehr Sinn.<br />

Zum weiterlesen<br />

Martin Seligman<br />

„Authentic happiness“<br />

Martin Seligman<br />

„Flourish“<br />

Tony Hsieh<br />

„delivering Happiness“<br />

Mihaly Czikszentmihalyi<br />

„FLOW – Das Geheimnis des Glücks“<br />

Im Profil<br />

der studierte Philosoph Dominic Veken<br />

ist Gründer und Geschäftsführer der kreativen Strategieberatung<br />

GloWBal in Hamburg (www.glowbal.de).<br />

Er ist Autor des Buches „Ab jetzt Begeisterung. Die Zukunft gehört<br />

den idealisten“ (Murmann­Verlag) und Begründer der Euphorologie<br />

(www.euphorologie.de).<br />

86 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| UNtErNEHMENSFÜHrUNG | pRAxIs<br />

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87


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

Technologie und Social Business<br />

Wie Grameen und BASF vor gefährlichen Stechmücken schützen.<br />

Von Muhammad Yunus<br />

ein aussichtsreiches Unternehmen zu dienen. Wenn Sie<br />

sie für die Gründung <strong>von</strong> Social Business nutzen können,<br />

die den Armen helfen, überlassen wir sie Ihnen gerne.“<br />

Ich hoffe, dass neben BASF künftig auch andere Unternehmen<br />

ihre brach liegenden Patente an Sozialunternehmen<br />

weitergeben.<br />

Prof. Muhammad Yunus promovierte in Wirtschafts wissenschaften<br />

und lehrte an der Vanderbilt University in Tennessee, USA. Er ist<br />

Gründer der Grameen Bank, die Kleinstkredite an die Ärmsten<br />

vergibt, und initiierte mehrere Social Businesses, die soziale Probleme<br />

durch unternehmerisches Handeln lösen. 2006 wurde ihm der<br />

Friedensnobelpreis verliehen. Für <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

schreibt er regelmäßig eine Kolumne über Social Business.<br />

Der Geschäftswelt steht ein unglaubliches Sortiment mächtiger<br />

Technologien zur Verfügung – und diese Technologien<br />

könnten das Leben der Armen <strong>von</strong> Grund auf verändern.<br />

Ein Beispiel ist die BASF in Ludwigshafen, eines der größten<br />

Chemieunternehmen der Welt. Das Unternehmen<br />

besitzt Hunderte <strong>von</strong> Patenten zu chemischen Produkten,<br />

in dustriellen Verfahren und anderen Techniken. Nicht alle<br />

dieser Patente sorgen gegenwärtig für Wertzuwachs zugunsten<br />

der BASF-Aktionäre. Doch einige der derzeit ruhenden<br />

BASF-Patente eröffnen dem Unternehmen erstaunliche<br />

Chancen: Zugunsten <strong>von</strong> Millionen der weltweit am meisten<br />

benachteiligten Menschen kann das Unternehmen damit<br />

lebensrettenden Nutzen schaffen; die Eigentümer <strong>von</strong> BASF<br />

wird das wenig bis gar nichts kosten.<br />

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende <strong>von</strong> BASF hat mir<br />

das persönlich erklärt. Dr. Jürgen Hambrecht sagte mir<br />

in einer unserer ersten Diskussionen über das Konzept<br />

des Social Business: „Wir lassen gegenwärtig Tausende<br />

<strong>von</strong> Patenten ungenutzt liegen, so wie viele andere Industrieunternehmen.<br />

Würden wir diese Patente anmelden,<br />

hätte jedes einzelne da<strong>von</strong> das Potenzial, als Basis für<br />

Über 50 Millionen in Bangladesch durch Malaria gefährdet<br />

Grameen und die BASF arbeiten inzwischen an einem Social<br />

Business zusammen. Beide Unternehmen setzen in diesem<br />

Fall auf Patente, die auch im Geschäftsleben noch aktiv<br />

genutzt werden. Dieses betrifft die Herstellung und den<br />

Verkauf <strong>von</strong> Moskitonetzen, die mit Insektiziden beschichtet<br />

sind. Bei der Produktion dieser Netze in Bangladesch wird<br />

die patentierte BASF-Technik eingesetzt.<br />

In Bangladesch geht der Bedarf an Moskitonetzen – wie in<br />

vielen anderen Entwicklungsländern auch – auf ein schwerwiegendes<br />

Gesundheitsproblem zurück. Stechmücken übertragen<br />

die Malaria und andere tödliche Krankheiten. Nach<br />

einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr<br />

2009 sind in Bangladesch 50,6 Millionen Menschen durch<br />

Malaria gefährdet, und allein 2008 wurden 1,275 Millionen<br />

Erkrankungen gemeldet.<br />

Die Trockenlegung <strong>von</strong> Sümpfen, ungepflegten Teichen<br />

und anderen Moskitobrutstätten in stehenden Gewässern<br />

ist ein wichtiges langfristiges Ziel, aber es ist zugleich ein<br />

kostspieliges und schwieriges Vorhaben. Kurzfristig kann die<br />

Zahl der Erkrankungen unmittelbar durch den kostengünstigen<br />

Verkauf <strong>von</strong> Netzen dramatisch gesenkt werden, die<br />

die Menschen an ihren Schlafplätzen vor Insektenstichen<br />

schützen. Dutzende Millionen Menschen in Asien, Afrika<br />

und Lateinamerika haben jedoch keinen Zugang zu dieser<br />

einfachen Lösung.<br />

Hier kommen die BASF-Patente ins Spiel. Das Polyestergarn,<br />

aus dem die Moskitonetze des Unternehmens (Markenname:<br />

Interceptor) hergestellt werden, ist mit einem geruchlosen<br />

Kunststoff-Polymer beschichtet, das durch seine spezielle<br />

Struktur das Insektizid Fendona bindet und nur sehr langsam<br />

freisetzt. Fendona wehrt die Stechmücken ab, betäubt und<br />

tötet die meisten <strong>von</strong> ihnen schon nach kurzer Berührung<br />

des Netzes. Das Netz behält diese Schutzwirkung auch noch<br />

nach 20 Wäschen. Je nach den örtlichen Bedingungen entspricht<br />

das einer Nutzungsdauer und Wirksamkeit <strong>von</strong> drei<br />

bis fünf Jahren.<br />

88 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Strategie & Unternehmensführung | Praxis<br />

Beziehungsmanager/in<br />

in Vollzeit gesucht<br />

Der CSR-Manager – ein Übersetzer und Ausdauersportler? Im zweiten Teil der<br />

<strong>forum</strong>-Serie zeigen wir Ihnen das Stellenprofil eines CSR-Beauftragten. Diese<br />

Aufgaben erwarten Sie, diese Eigenschaften sollten Sie mitbringen.<br />

Serie: Der CSR-Manager<br />

CSR ist eine Führungsaufgabe. Die Schlüsselqualifikationen<br />

und Aufgaben eines CSR-Managers unterscheiden sich aus<br />

diesem Grund gar nicht so stark <strong>von</strong> denen eines „herkömmlichen“<br />

Managers, wie Sie vielleicht im ersten Moment<br />

denken.<br />

Den Überblick bewahren<br />

Für die Management-Aufgabe im Bereich CSR ist zunächst<br />

ein gewisses Fachwissen <strong>von</strong>nöten. CSR ist eine<br />

Schnittstellenaufgabe. Es existieren viele unterschiedliche<br />

Handlungsfelder und Stakeholder, vom Mitarbeiter bis<br />

hin zur Gemeinde oder zu Umweltverbänden. Darüber<br />

hinaus muss CSR eine enge Verbindung zum Kerngeschäft<br />

aufweisen und in allen Unternehmensbereichen „gelebt“<br />

werden. Ein CSR-Manager benötigt demnach zum einen<br />

eine gewisse Kenntnis über alle internen Belange des<br />

Unternehmens, vom Personal über die Kommunikation<br />

bis hin zum Qualitätsmanagement oder der Forschung<br />

& Entwicklung. Aber keine Angst, Sie brauchen nicht in<br />

allen Bereichen selbst ein Experte zu sein. Der CSR-Prozess<br />

wird in der Regel <strong>von</strong> einem mehrköpfigen CSR-Team<br />

koordiniert. Dieses können Sie dann mit den jeweiligen<br />

Abteilungsprofis aus Personal oder etwa der Kommunikationsabteilung<br />

besetzen.<br />

Fachwissen ist gefragt<br />

Neben einem unternehmensübergreifenden Fachwissen<br />

sind Kenntnisse über unternehmensrelevante Themen aus<br />

den Bereichen Umwelt und Soziales wichtig. Schließlich<br />

geht es bei CSR um die Verknüpfung <strong>von</strong> Unternehmen und<br />

Gesellschaft. Der CSR-Manager sollte ein gutes Gespür für<br />

gesellschaftliche und politische Entwicklungen haben und<br />

sich mit dem gesamten Unternehmensumfeld auskennen.<br />

Er sollte wissen, welche positiven und negativen Folgen die<br />

Tätigkeit seines Unternehmens haben kann und aus gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen Herausforderungen und Chancen<br />

für sein Unternehmen ableiten. Im Idealfall pflegt er bereits<br />

gute Kontakte zum Unternehmensumfeld. Diese können aber<br />

auch erst nach und nach aufgebaut werden.<br />

Der CSR-Manager ist ein Beziehungsmanager – nicht nur<br />

zwischen Unternehmen und Gesellschaft, sondern auch unternehmensintern.<br />

Denn die gesellschaftliche Verantwortung<br />

muss vom gesamten Unternehmen mitgetragen werden.<br />

Gesellschaftliche Verantwortung hat nur eine Chance auf Erfolg,<br />

wenn sie vom Pförtner bis zum Geschäftsführer „gelebt“<br />

wird. Für das Management dieser Aufgabe reicht das reine<br />

Fachwissen nicht aus. Mehr noch als jeder andere Manager<br />

muss der CSR-Manager eine große Portion so genannter „Soft<br />

Skills“, also sozialer Kompetenzen, mitbringen.<br />

Bereits die erste Auflage des Fachbuchs „Der CSR-Manager. Unternehmensverantwortung<br />

in der Praxis“ konnte zahlreiche Unternehmen<br />

erfolgreich dabei unterstützen, <strong>Nachhaltig</strong>keit als neue<br />

Denkhaltung und ganzheitlichen Managementansatz zu gestalten.<br />

Der hohe Praxisbezug, die anschaulichen Tipps und der kompakte<br />

Inhalt stoßen auf begeisterte Resonanz.<br />

Die neue Praxis-Serie zeigt Auszüge aus der zweiten Auflage – zum<br />

Sammeln oder als Appetitanreger. Sie können das Buch (Der CSR­<br />

Manager. Unternehmensverantwortung in der Praxis. 2. Auflage,<br />

ALTOP-Verlag 2011, 236 Seiten, EUR 24,90. ISBN 978-3-925646-53-9)<br />

direkt unter www.<strong>forum</strong>-csr.net/csr-manager bestellen.<br />

In den <strong>forum</strong>-Events-Seminaren können Sie mit den Autoren Beispiele<br />

aus Ihrer Praxis diskutieren. www.<strong>forum</strong>-csr.net/events<br />

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89


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

Serie: Der CSR-Manager<br />

Soziale Kompetenz – Das A und O<br />

Der CSR-Manager übernimmt die Aufgabe eines Übersetzers:<br />

Zwischen den Stakeholdern, zwischen Umfeld und Unternehmen,<br />

zwischen den einzelnen Abteilungen und der<br />

Unternehmensführung. Er muss in der Lage sein, zwischen<br />

den Interessen und Sprachen dieser Personen und<br />

Personengruppen zu vermitteln. Das Umfeld beschäftigt<br />

das Problem der hohen Arbeitslosigkeit, auf Führungsebene<br />

bedeutet das einen zukünftigen Fachkräftemangel<br />

Entwickeln Sie ein Gespür für<br />

gesellschaftliche Themen und Trends.<br />

und auf Abteilungsebene (z.B. in der Personalabteilung)<br />

heißt das, dass Maßnahmen eingeleitet werden müssen,<br />

mit denen bestehende oder zukünftige Fachkräfte ausoder<br />

weitergebildet und an das Unternehmen gebunden<br />

werden sollen.<br />

Als Beziehungsmanager und Übersetzer innerhalb und<br />

außerhalb des Unternehmens benötigt der CSR-Manager<br />

Durchsetzungsfähigkeit und Überzeugungskraft. Zunächst<br />

muss er die Aufmerksamkeit und Unterstützung der Führungsebene<br />

erlangen. Deren frühzeitige Einbindung ist für<br />

den Erfolg <strong>von</strong> CSR sehr wichtig. CSR muss strategisch geplant<br />

werden und benötigt dementsprechend, wie jede andere<br />

Strategie auch, ein Okay <strong>von</strong> „oben“. Da CSR-Projekte in<br />

der Regel nicht sofort Erträge einspielen, ist diese Aufgabe<br />

nicht immer leicht. Der CSR-Manager muss in der Lage sein,<br />

aufzuzeigen, welchen Mehrwert CSR für das Unternehmen<br />

stiften kann. Es geht dabei vor allem in der Herbeiführung <strong>von</strong><br />

Grundsatzentscheidungen darum, einen langfristigen Nutzen<br />

durch CSR aufzuzeigen, der gerade nicht in kurzfristigen<br />

Zahlenwerken abbildbar ist. Es muss Ihnen gelingen, einen<br />

realistischen, in die Zukunft gerichteten, wirtschaftlichen<br />

Unternehmenserfolg in Aussicht zu stellen.<br />

Dasselbe gilt für das gesamte Kollegium. CSR benötigt die<br />

Akzeptanz des ganzen Unternehmens, das bedeutet konkret,<br />

dass die Mitarbeiter <strong>von</strong> Anfang an in die Thematik mit einbezogen<br />

werden müssen. Sie tragen entscheidend dazu bei,<br />

dass CSR erfolgreich umgesetzt werden kann. Das Qualitätsmanagement<br />

hängt eng mit Umweltrichtlinien zusammen,<br />

Behalten Sie einen langen Atem – CSR<br />

spielt nicht sofort Erträge ein.<br />

der Einkauf mit der Fairness entlang der Lieferkette, insofern<br />

kommen die Mitarbeiter in ihrem Tagesgeschäft ständig mit<br />

CSR in Berührung. Sie müssen wissen und verstehen, welchen<br />

Teil sie selbst zur gesamtunternehmerischen Verantwortung<br />

beitragen können. Natürlich können Mitarbeiter auch abteilungsübergreifend,<br />

weg vom originären Arbeitsplatz, z.B.<br />

über Corporate Volunteering-Projekte, verantwortlich im<br />

Sinne des Unternehmens handeln.<br />

Um das gesamte Unternehmen vom CSR-Gedanken überzeugen<br />

zu können und zum aktiven „Mitmachen“ zu animieren,<br />

muss der CSR-Manager auch ein Motivator sein. Er muss<br />

nicht nur sich selbst, sondern auch andere motivieren können.<br />

Dazu gehört neben Kommunikationsgeschick auch eine<br />

ausgeprägte Begeisterungsfähigkeit. Darüber hinaus zeichnet<br />

sich der CSR-Manager durch absolute Flexibilität aus. Bei der<br />

Gestaltung der unternehmerischen Verantwortung geht es<br />

darum, ständig neue gesellschaftliche Entwicklungen und<br />

Impulse aufzuspüren und zu überdenken und offen zu sein<br />

für die Ideen der Mitarbeiter. Der CSR-Manager sollte „rastlos“<br />

immer wieder neue Projekte initiieren und bestehende<br />

Projekte kontinuierlich überprüfen und optimieren.<br />

Innovationsgeist ist häufig bei neuen Projekten gefragt. Der<br />

CSR-Manager muss mitunter Wege beschreiten, die zuvor<br />

noch keiner gegangen ist. Dazu gehört neben Neugier und<br />

Mut vor allem Risikobereitschaft. Letztendlich benötigt ein<br />

CSR-Manager auch eine gehörige Portion an Durchhaltevermögen.<br />

Bei CSR-Projekten wird man selten und schon<br />

gar nicht sofort mit Anerkennung überhäuft und der Erfolg<br />

stellt sich meist erst spät ein. Wirtschaftliche Erträge können<br />

oft erst über einen langen Zeitraum hinweg nachgewiesen<br />

werden. Häufig müssen Herausforderungen, z.B. bei der<br />

Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen oder<br />

im Umgang mit der Geschäftsführung, gemeistert werden.<br />

CSR-Management: Eine Führungsaufgabe<br />

Die Aufgaben und Fähigkeiten eines CSR-Managers unterscheiden<br />

sich aber im Grunde nicht sehr <strong>von</strong> denen<br />

einer Führungskraft im herkömmlichen Sinne. CSR ist eine<br />

Führungsaufgabe und bei jeder Führungsaufgabe ist eine<br />

Mischung aus Fachwissen und Sozialkompetenz gefragt.<br />

Letzteres spielt beim CSR-Manager aufgrund seiner Schnittstellen-<br />

und Vermittlerfunktion intern wie auch extern eine<br />

noch größere Rolle. CSR ist keine Aufgabe, die lediglich Exoten<br />

und „Weltverbesserer“ übernehmen können, sondern eine<br />

interessante Herausforderung für alle Verantwortungsträger­<br />

Innen mit Führungsambitionen.<br />

Im Profil<br />

Dr. Dennis Lotter und<br />

Jerome Braun<br />

sind als Autoren, Berater und<br />

Vortragsredner im Themengebiet<br />

der Corporate Social<br />

Responsibility aktiv. Mit ihrer<br />

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91


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

Der T(h)urmblick<br />

Wann ist nachhaltig<br />

auch werthaltig?<br />

Von Ralph Thurm<br />

Den haben Sie sicher schon mal gehört: „Wir kennen <strong>von</strong><br />

allem den Preis, aber <strong>von</strong> nichts den Wert“. Nun bemüht<br />

sich die <strong>Nachhaltig</strong>keitsdiskussion verstärkt, den Ökosystemdiensten<br />

einen Preis beizumessen – die berüchtigte<br />

„Internalisierung externer Effekte“. Damit, so meint man,<br />

brächte man Preis und Wert dann endlich in Übereinstimmung.<br />

Tatsächlich haben das langjährige Basiswerk <strong>von</strong><br />

TEEB wie auch das Ökosystemassessment <strong>von</strong> WBCSD/<br />

WRI viel dazu beigetragen, um die Bepreisung der<br />

Leistung der Manufaktur Erde für uns Ökonomen und<br />

Umwelt-Strategen einfacher zu machen.<br />

Das Beispiel der ökologischen Gewinn- und<br />

Verlustrechnung, wie sie Puma seit 2010<br />

konsequent angeht, ist durch diese Entwicklungen<br />

erst möglich geworden. Man<br />

sollte diesen Schritt nicht einfach abtun als<br />

unvollständig, unehrlich (weil ja nicht wirklich<br />

bezahlt) und Marketing-getrieben.<br />

Tatsächlich wird Puma in die Geschichte<br />

eingehen – auch wenn sie tatsächlich<br />

nicht die Ersten mit einer ökologischen<br />

Gewinn-und Verlustrechnung waren. Der<br />

Sportartikelhersteller macht deutlich, wie<br />

die Kraft und Transparenz <strong>von</strong> Zahlen ein<br />

Unternehmen auf mehreren Ebenen und<br />

ganzheitlich beeinflusst hat. Gerade bei<br />

Sportartikelherstellern wird klar, dass der<br />

Großteil des vom Unternehmen verursachten<br />

ökologischen Fußabdrucks ganz unten<br />

in der Wertkette liegt. Das gilt übrigens<br />

für die meisten Wertketten, wird aber als<br />

quasi unbeeinflussbar gesehen, weil „so<br />

weit weg“.<br />

Die Erkenntnisse sorgen für eine enorme<br />

Sensibilisierung innerhalb des Unternehmens.<br />

Auch wird anders gerechnet: Zwar<br />

muss man die monetarisierten und in<br />

der ökologischen Gewinn- und Verlustrechnung<br />

aufgenommenen „Schattenkosten“ (noch) nicht<br />

bezahlen, sie spornen aber doch zur Minimierung an. Und<br />

letztlich können auf Basis dieser Daten langfristige Unternehmensentscheidungen<br />

mit Tragweite getroffen werden.<br />

So erfährt man, dass Puma aufgrund des enormen Anteils<br />

der Ledergewinnung auf der letzten Stufe der Wertkette –<br />

der Landwirtschaft – nun den Abschied <strong>von</strong> Lederwaren im<br />

Sortiment beschlossen hat. Natürlich muss hier für Ersatz<br />

gesorgt werden. Und so kann man sicher sein, dass die<br />

Innovationsbemühungen bei Puma darauf hinzielen,<br />

Substitutionsprodukte so schnell wie möglich auf den<br />

Markt zu bringen, um den Marktanteil mindestens zu<br />

halten, wenn nicht sogar durch positive Imagewirkung<br />

sogar noch zu vergrößern. <strong>Nachhaltig</strong> wäre<br />

in diesem Fall wohl auch werthaltig.<br />

Gasbohrungen sind nur kurzfristige Lösung<br />

Wie befremdlich anders wirkt im Vergleich<br />

hierzu die derzeitige Diskussion um „shale<br />

gas“ und „fracking“, die der amerikanischen<br />

Industrie bis spätestens 2<strong>02</strong>0 eine<br />

vermeintliche Energieunabhängigkeit<br />

bescheren sollen und so gerne als „öko“<br />

verkauft werden (Gas ist ja in der CO 2<br />

-Bilanz<br />

nur halb so schlimm wie Rohöl). Wie<br />

verhängnisvoll kurzsichtig ist das Negieren<br />

der ökologischen Gewinn- und Verlustrechnung<br />

in diesem Fall! Jeder Dollar, der<br />

nicht für erneuerbare (und somit langfristige<br />

und werthaltige) Energiegewinnung<br />

investiert wird, hilft China, langfristig die<br />

Führungsrolle im Bereich Erneuerbarer<br />

Energie zu übernehmen. Dazu kommt<br />

die Unerfahrenheit mit den langfristigen<br />

Konsequenzen und die Kosten für die<br />

Hebung des Gases, verbunden mit dem<br />

Einsatz <strong>von</strong> Chemikalien und Wasser, das<br />

ja im 21. Jahrhundert auch nicht gerade<br />

ein Gut im Überfluss darstellt. Mal ganz<br />

abgesehen <strong>von</strong> einem Katastrophenfall,<br />

92 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Strategie & Unternehmensführung | Praxis<br />

der das nationale Bewusstsein der Amerikaner im Mark erschüttern<br />

würde (Deepwater Horizon wirkt nach und Alaskas<br />

Widerspenstigkeit ist derzeit offensichtlich und bereitet nicht<br />

nur Bürgern Kopfzerbrechen). Langfristig werden die Amerikaner<br />

den Zug in Richtung Erneuerbare Energien verpassen.<br />

Eine frühzeitige Überprüfung der nationalen ökologischen<br />

Gewinn- und Verlustrechnung hätte wohl andere Richtungen<br />

vorgegeben. Die Rechnung dafür, dass jetzt externe<br />

Kosten ausgeklammert werden, wird irgendwann auf dem<br />

Tisch landen – entweder durch Zusatzkosten oder unüberwindbare<br />

Markteintrittsbarrieren bei den Erneuerbaren.<br />

Zu den externen Kosten gesellen sich später noch die sog.<br />

„Stranded Assets“ (Anlagen, die obsolet geworden sind,<br />

aber in der Bilanz noch immer geführt und abgeschrieben<br />

werden müssen, z.B. Pipelines oder Raffinerien) und deren<br />

Nachsorgekosten. Der Erfahrungsverlust vergrößert sich<br />

mit jedem verpassten Jahr und Skalenvorteile kann man<br />

gegen China mit dieser Strategie nur verlieren. Peking<br />

dankt. So können wir heute schon darauf wetten, welche<br />

(geo-)politischen Verwerfungen diese Kurzsichtigkeit noch<br />

mit sich bringen wird. Vermeintliche <strong>Nachhaltig</strong>keit also,<br />

die nicht werthaltig ist. Den Amerikanern kann man nur<br />

Glück wünschen; und uns das geschickte Händchen, mit<br />

der Energiewende konsequent den Kielsog einer weiteren<br />

amerikanischen Rezession umschiffen zu können, die<br />

kommt rund 2<strong>02</strong>0 nämlich so sicher wie das Amen in der<br />

Kirche und ist wiederum komplett hausgemacht.<br />

Kontakt<br />

Ralph Thurm<br />

ist Gründer und Managing Director <strong>von</strong><br />

A|HEAD|ahead.<br />

Für <strong>forum</strong> schreibt er regelmäßig die<br />

Kolumne „Der T(h)urmblick“.<br />

ralph.thurm@kpnmail.nl<br />

Blog: www.aheadahead.wordpress.com<br />

Anzeige<br />

DATEV – Die Genossenschaft<br />

In vielen Unternehmen steht das Thema<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit im Fokus – nicht zuletzt,<br />

weil Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner<br />

und die Politik das Thema auf die<br />

Agenda gesetzt haben. Doch bleibt am<br />

Ende immer die Gretchenfrage nach der<br />

Glaubwürdigkeit: Passen die Maßnahmen<br />

zum Unternehmenszweck? Sind sie kompatibel<br />

mit den wirtschaftlichen Zielen?<br />

Denn wenn die Aktivitäten als Feigenblatt<br />

identifiziert werden, geht der Schuss nach<br />

hinten los. Genossenschaften wie die DATEV<br />

genießen in der Öffentlichkeit eine sehr<br />

positive Reputation. Die Gründe hierfür<br />

liegen vor allem an zwei Faktoren: Zum<br />

einen haben Genossenschaften <strong>von</strong> ihrem<br />

Charakter her einen deutlich langfristiger<br />

angelegten Planungshorizont, andererseits<br />

haben viele Genossenschaften aufgrund<br />

ihrer Verbundenheit zu ihren Mitgliedern<br />

schon immer ein hohes Engagement gezeigt<br />

und früh ein <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

implementiert.<br />

Dies drückt sich bei der DATEV in fünf<br />

Zielen aus:<br />

• Erfolgswirtschaftlichkeit<br />

• Umweltschutz<br />

• Innovationsfähigkeit<br />

• Arbeitgeberattraktivität<br />

• Kundenbindung.<br />

Jede Maßnahme, die zu diesen Zielen<br />

führt, wird darauf geprüft, ob sie angemessen<br />

sowohl wirtschaftliche, soziale<br />

und ökologische <strong>Nachhaltig</strong>keit erfüllt.<br />

Eine entsprechende Checkliste wurde den<br />

Entscheidungsvorlagen beigefügt, die die<br />

Geschäftsleitung erhält. Damit wird sichergestellt,<br />

dass keine Entscheidungen zu<br />

Lasten der Umwelt getroffen wird.<br />

Im Profil<br />

Die DATEV eG, Nürnberg, ist das Softwarehaus<br />

und der IT-Dienstleister für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer<br />

und Rechtsanwälte sowie deren<br />

Mandanten. Über die Mitglieder hinaus zählen<br />

auch Unternehmen, Kommunen, Vereine und Institutionen<br />

zu den Kunden. Die 1966 gegründete<br />

DAETV zählt mit über 40.000 Mitglieder und<br />

6.400 Mitarbeitern zu den größten Informationsdienstleistern<br />

und Softwarehäusern in Europa.<br />

www.datev.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

93


Praxis | Strategie & Unternehmensführung |<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit – Bislang kein<br />

Wettbewerbsfaktor?<br />

Unternehmen setzen zwar zunehmend auf <strong>Nachhaltig</strong>keit, nutzen jedoch selten<br />

damit verbundene wirtschaftliche Potenziale. Das zeigt eine aktuelle Studie des<br />

Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg.<br />

Von Stefan Schaltegger, Jacob Hörisch, Sarah Elena Windolph und Dorli Harms<br />

Für das aktuelle „Corporate<br />

Sustainability Barometer“<br />

wurden 152 der 500 umsatzstärksten<br />

deutschen Unternehmen<br />

aller Branchen<br />

befragt. 83 Prozent geben<br />

an, <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen<br />

in ihrem Kerngeschäft zu berücksichtigen,<br />

etwa in Form<br />

einer ressourceneffizienten<br />

Produktion. <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

heißt für<br />

die Unternehmen aber in<br />

erster Linie, ihre Reputation<br />

zu sichern, Risiken zu mindern und interne Prozesse zu optimieren.<br />

Chancen auf Umsatzsteigerung und Innovationen<br />

nutzen sie nur selten.<br />

Erfolgsmessung bleibt meist aus<br />

Daher überrascht es nicht, dass nur eine Minderheit der<br />

befragten Unternehmen überprüft, wie sich ihr Engagement<br />

für ökologische oder soziale Themen auf den Unternehmenserfolg<br />

auswirkt. Die hierfür notwendigen Informationen<br />

könnten Rechnungswesen und Controlling bieten. Diese<br />

Unternehmensbereiche werden aber <strong>von</strong> allen am wenigsten<br />

in das <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement eingebunden.<br />

Marktorientierung trotz Zunahme noch nachrangig<br />

Die Unternehmen sehen vor allem in Nichtregierungsorganisationen<br />

und den Medien wichtige Treiber für ihr <strong>Nachhaltig</strong>keitsengagement.<br />

Von Konsumenten, Händlern und<br />

Banken empfangen sie bislang keine ausreichend starken<br />

Signale für ein stärkeres Engagement. Dies könnte ein Grund<br />

dafür sein, weshalb Unternehmen <strong>Nachhaltig</strong>keit noch selten<br />

als Ansatzpunkt für die Entwicklung <strong>von</strong> Marktchancen<br />

und Innovationen sehen. Hinsichtlich marktorientierter<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsmaßnahmen, z.B. dem Bewerben fairer oder<br />

umweltverantwortlicher Produkte und Dienstleistungen,<br />

machen die Wissenschaftler jedoch einen positiven Trend<br />

aus: Der Anteil der Unternehmen, die solche Maßnahmen<br />

häufig oder immer ergreifen, hat sich im Vergleich zu 2010<br />

auf rund die Hälfte der Befragten fast verdoppelt.<br />

Zudem nehmen neben den Public-Relations-Abteilungen<br />

häufig die Geschäftsführungen selbst das Thema in den<br />

Blick. Damit gewinnt es an strategischer Bedeutung. Das<br />

Engagement der Geschäftsleitungen und die steigende Integration<br />

<strong>von</strong> <strong>Nachhaltig</strong>keitsaspekten in das Kerngeschäft<br />

zeigen, dass das Thema in deutschen Großunternehmen<br />

einen festen Platz hat.<br />

Weiterbildung als Schlüssel zum Erfolg<br />

Um <strong>Nachhaltig</strong>keit stärker chancenorientiert managen zu<br />

können, benötigen Unternehmen entsprechendes Knowhow.<br />

Viele der im Rahmen des Corporate Sustainability<br />

Barometers befragten Unternehmen geben jedoch an, dass<br />

sie die eigene Belegschaft nicht für ausreichend qualifiziert<br />

halten. Wenn Unternehmen die Potenziale des <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagements<br />

besser nutzen, indem sie ihre Belegschaft<br />

entsprechend qualifizieren, bietet das nicht nur ihnen neue<br />

Chancen, sondern fördert auch die nachhaltige Entwicklung<br />

<strong>von</strong> Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

Zum Weiterlesen<br />

Die Studie „Corporate Sustainability Barometer 2012 – Praxisstand<br />

und Fortschritt des <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagements in den größten<br />

Unternehmen Deutschlands“ kann kostenfrei über das Centre for<br />

Sustainability Management der Leuphana Universität Lüneburg bezogen<br />

werden und steht unter www.leuphana.de/csm zum Download<br />

bereit.<br />

Kontakt<br />

Centre for Sustainability Management (CSM)<br />

Leuphana Universität Lüneburg<br />

Prof. Dr. Stefan Schaltegger<br />

Scharnhorststraße 1 | 21335 Lüneburg<br />

Telefon +49 (0)4131 / 6 77 - 21 81 | csm@uni.leuphana.de<br />

94 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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95


pRAxIs | PErSoNalMaNaGEMENt |<br />

Nur gesunde Mitarbeiter sind<br />

gute Mitarbeiter<br />

arbeitgeber wollen leistungsfähige Mitarbeiter. daher sollten sie in deren Wohlbefinden<br />

investieren. Das Beispiel <strong>von</strong> IKEA in Hamburg Schnelsen zeigt, dass ein<br />

systematisches Gesundheitsmanagement jeden Euro wert ist.<br />

Von Mareke Wieben<br />

Menschen sind am produktivsten, wenn es ihnen körperlich<br />

und seelisch gut geht. Kluge Arbeitgeber wissen das und tun<br />

einiges dafür, damit ihre angestellten sich im Job wohl fühlen.<br />

Einzelaktionen wie Gesundheitstage gehen in die richtige<br />

Richtung, sind aber nicht immer nachhaltig. Eine Anleitung<br />

für systematisches Gesundheitsmanagement.<br />

Vier Schritte zu einem erfolgreichen<br />

Gesundheitsmanagement<br />

1. Management einschwören<br />

Gesundheit ist eine Managementaufgabe! Führungskräfte<br />

müssen sich klar zu einer Mitverantwortung für die Gesundheit<br />

der Mitarbeiter bekennen und mit gutem Beispiel<br />

voran gehen. Gesundheitsmanagement gehört in die Unternehmensleitlinien<br />

und in vorhandene Strukturen und<br />

Prozesse integriert.<br />

Bei IKEA in Hamburg Schnelsen war das einfach: Die bestehende<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsleitlinie, nach der IKEA „einen<br />

positiven Einfluss auf Menschen und die Umwelt“ anstrebt,<br />

schließt das thema Mitarbeitergesundheit bereits ein. Mit<br />

der Einführung der Norm für gesellschaftliche Verantwortung<br />

(ISO 26.000) hat IKEA 2011 an mehreren Standorten das<br />

Umweltmanagementsystem um das thema Mitarbeitergesundheit<br />

erweitert und damit alle Verantwortlichkeiten für<br />

die Gesundheitsförderung geregelt.<br />

2. Gesundheitsziele formulieren<br />

Welche Gesundheitsangebote hat das Unternehmen schon,<br />

und decken sie die Bedürfnisse <strong>von</strong> „Schreibtischtätern“ genauso<br />

ab wie die <strong>von</strong> denen, die den ganzen tag auf den Beinen<br />

sind? Was wünschen sich die Mitarbeiter, was bedrückt<br />

sie am meisten? Eine anonymisierte Mitarbeiterumfrage,<br />

eine Fehlzeitenauswertung und eine arbeitsplatzbeurteilung<br />

sind eine gute Basis, um Ziele und Maßnahmen abzuleiten.<br />

Wichtig ist, alle Betroffenen <strong>von</strong> Anfang an einzubinden<br />

und die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung transparent<br />

zu kommunizieren.<br />

Der Einrichtungshauschef Udo Knappstein: „Wir erwarten<br />

viel <strong>von</strong> unseren Mitarbeitern und wir möchten, dass es<br />

ihnen gut geht. Dazu gehört die Motivation zu einem gesunden<br />

Lebensstil genauso wie ein Führungsverhalten, das die<br />

Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter stärkt“.<br />

3. Geeignete Gesundheitsprogramme umsetzen<br />

Unternehmen müssen auswählen, welche Maßnahmen<br />

für die Gesundheit der Mitarbeiter am geeignetsten sind.<br />

Bei Unternehmen a geht das möglicherweise über bessere<br />

arbeitsbedingungen, die zu einem rückgang psychischer<br />

Belastungen führen. Bei Unternehmen B könnten medizinische<br />

Check­ups wichtig sein, um die Mitarbeiter zu einer<br />

gesunden Lebensweise zu motivieren.<br />

Bei IKEA gab es vor Einführung eines systematischen Gesundheitsmanagements<br />

schon ergonomisch gestaltete<br />

Arbeitsplätze und flexible Arbeitszeitregelungen, um Privatleben<br />

und Beruf besser zu vereinbaren. Nun will man<br />

sich in Hamburg auf die drei wichtigsten Bereiche eines<br />

gesunden lebensstils konzentrieren und bietet daher<br />

allen Mitarbeitern Seminare zu den themen Ernährung,<br />

Bewegung und Entspannung an. darüber hinaus gibt es<br />

Workshops für Führungskräfte zu den Themen „Gesund<br />

führen“ oder „Burnout­Prävention“.<br />

Seminare führen zum gesunden Lebensstil<br />

Mitarbeiter, die gesünder leben möchten, haben oft noch<br />

nicht den richtigen Zeitpunkt gefunden, um ihre Lebensgewohnheiten<br />

zu verändern. Die IKEA­Mitarbeiter lernten<br />

in Seminaren mehr über eine bedarfsgerechte Ernährung<br />

und warum es sich lohnt, sich zu entspannen und für mehr<br />

Bewegung zu sorgen. Jeder Seminarteilnehmer setzte sich<br />

persönliche Ziele. Damit aus den guten Vorsätzen neue<br />

Lebensgewohnheiten werden, begleitete ein Coach die Teilnehmer<br />

12 Monate per Email oder telefon. die teilnahme<br />

war freiwillig. die Seminarteilnehmer waren bereit, für die<br />

drei Seminartage zwei Tage frei zu nehmen, den dritten Tag<br />

„spendierte“ das Einrichtungshaus.<br />

Fortsetzung des Artikels auf S. 98<br />

96 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| PErSoNalMaNaGEMENt | pRAxIs<br />

Arbeitgeber mit Verantwortung gesucht<br />

„Hier arbeite ich gern – das ist mein Wunsch­Arbeitgeber der Zukunft“.<br />

Unter dieser Leitidee zeichnet CSR Jobs die engagiertesten<br />

Arbeitgeber der Zukunft in Deutschland aus. <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

unterstützt den Wettbewerb als Medienpartner.<br />

Unter www.csr­jobs.eu/csr/wettbewerb können sich Unternehmen,<br />

Behörden und Institutionen bis 25. April <strong>2013</strong> als arbeitgeber <strong>2013</strong><br />

bewerben. die Bewerber müssen ihren Sitz in deutschland haben.<br />

Unter allen Einsendungen wählt eine unabhängige Jury die zehn<br />

überzeugendsten arbeitgeber aus. <strong>forum</strong>­Chefredakteurin und Jurymitglied<br />

Tina Teucher konstatiert: „Viele Arbeitgeber haben verstanden,<br />

dass eine nachhaltige Personalpolitik entscheidend zum Unternehmenserfolg<br />

beiträgt. Wir sind gespannt, welche Unternehmen<br />

sich durchsetzen werden.“<br />

Als Arbeitgeber <strong>2013</strong> bewerben und vierfach gewinnen<br />

Die „Arbeitgeber <strong>2013</strong>“ sollen im Wettbewerb um die besten Köpfe<br />

die Nase vorn haben.<br />

• deshalb stellt das Entscheidermagazin <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

die Gewinner­Unternehmen in der kommenden Ausgabe<br />

(1. Juli <strong>2013</strong>) vor.<br />

• die zehn besten Unternehmen erhalten unter www.csr­jobs.de<br />

ein ausführliches Unternehmensprofil in Wort und Bild im Wert<br />

<strong>von</strong> 3.500 EUr.<br />

• die ersten 100 Einreicher bekommen ein kostenloses Jahresabonnement<br />

<strong>von</strong> <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>.<br />

• Unter allen Teilnehmern verlost CSR Jobs eine Gratis­Mitarbeiterbefragungen<br />

oder wahlweise eine Beratung zu CSR­Strategien<br />

im Personalmanagement durch das Beratungsunternehmen<br />

HRmatic GmbH.<br />

Bewerben Sie sich bis 25. April <strong>2013</strong> unter:<br />

www.csr­jobs.eu/csr/wettbewerb und werden Sie Arbeitgeber <strong>2013</strong>.<br />

Gerne können Sie auch Bild­ und/oder Videomaterial beifügen.<br />

CSR Jobs ist das erste deutschsprachige Internetportal, das qualifizierte<br />

Nachwuchskräfte über gesellschaftlich verantwortliches Handeln <strong>von</strong><br />

Unternehmen aufklärt. Auf der Seite erfahren Arbeitgeber, wie sie ihre<br />

Mitarbeiter in Corporate Volunteering Maßnahmen einbinden können.<br />

Weitere Informationen unter www.csr-jobs.de<br />

Mit <strong>forum</strong>-Veranstaltungen<br />

zum Erfolg!<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit in die Praxis umsetzen<br />

Basierend auf langjährigen Erfahrungen und dem<br />

Kontakt zu außergewöhnlichen Trainern und Seminarformaten<br />

bietet <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

laufend Workshops, Seminare und Symposien<br />

an, die Ihnen helfen das Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

noch besser in Ihrer Berufspraxis umzusetzen.<br />

Das Spektrum reicht <strong>von</strong> Storytelling (<strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

braucht Geschichten) über <strong>Nachhaltig</strong>keit managen<br />

(Softwarelösungen für messbare <strong>Nachhaltig</strong>keit)<br />

bis hin zu Gesundheits- und Führungskräftetraining<br />

(Leaders for Sustainability, der CSR Manager) in<br />

Verbindung mit starken Naturerlebnissen und Locations<br />

(vom Seminarkatamaran bis zur Safari-Lodge).<br />

Infos und Anmeldung unter www.<strong>forum</strong>-csr.net/events<br />

Für direkte Rückfragen steht Ihnen gerne zur Verfügung:<br />

Fritz Lietsch |<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

f.lietsch@<strong>forum</strong>-csr.net | + 49 (0)89 - 746611 - 41<br />

97


Praxis | Personalmanagement |<br />

Was haben Unternehmen vom<br />

Gesundheitsmanagement?<br />

Höhere Motivation<br />

Gesunde Mitarbeiter sind motiviert und leisten viel. Außerdem<br />

gehen gesunde Menschen meistens professioneller mit Stress-<br />

Situationen um.<br />

Besseres Betriebsklima<br />

Ist ein Mitarbeiter krank, bleibt die Arbeit häufig am Kollegen<br />

hängen. Gesunde Mitarbeiter fallen nicht nur seltener aus, sie sind<br />

auch ausgeglichener und sorgen für eine bessere Stimmung. Das ist<br />

die beste Burnout-Prävention.<br />

Erfolg beim Kunden<br />

Mitarbeiter, die sich wohl fühlen, strahlen das auch aus. Sie sind<br />

selbstbewusst, zufrieden und freundlich. Das zahlt sich im Umgang<br />

mit Kunden aus. Menschen, denen man die Überforderung anmerkt,<br />

sind keine guten Botschafter für das Unternehmen.<br />

„Employer of Choice“<br />

Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden, ist nicht nur<br />

eine Lohnfrage: Attraktiv sind Unternehmen, die sich um Work-Life-<br />

Balance, gesunde Ernährung und Fitness am Arbeitsplatz kümmern<br />

und die Mitarbeiter bei der Stressbewältigung unterstützen. Solche<br />

Unternehmen haben entscheidende Wettbewerbsvorteile.<br />

Fit mit 67 bedeutet Prävention ab 30<br />

Häufig müssen die Aufgaben älterer Mitarbeiter an ihren Gesundheitszustand<br />

angepasst werden. Sogenannte „Schonarbeitsplätze“<br />

sind aber rar und teuer. Rechtzeitige Gesundheitsvorsorge verhindert<br />

Frühverrentung oder Altersteilzeit und erhöht die Chance,<br />

dass Mitarbeiter auch noch mit 67 ihr Know-how einbringen.<br />

Rechnet sich eine Investition in Mitarbeitergesundheit?<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Jeder investierte Euro<br />

kann sich drei- bis vierfach rechnen. Mitarbeiter fallen seltener<br />

aus, machen weniger Fehler und leisten mehr. Durch das Jahressteuergesetz<br />

2009 bleiben gesundheitsfördernde Maßnahmen des<br />

Arbeitgebers, die den Anforderungen des Sozialgesetzbuches (V)<br />

entsprechen, bis zu 500 Euro jährlich pro Mitarbeiter steuerfrei. Es<br />

lohnt sich zu prüfen, ob Krankenkassen einen Teil der Kosten oder<br />

Seminare übernehmen.<br />

Seminarangebote Gesundheitsmanagement<br />

• Zweitägiges Seminar „Erfolgreich und fit durch einen gesunden<br />

Lebensstil“, für Führungskräfte und Mitarbeiter, die gesünder<br />

leben möchten.<br />

• Tagesseminar „Gesund führen und Burnout-Prävention“ für Führungskräfte,<br />

die ihre Mitarbeiter gesund führen möchten.<br />

Veranstalter der Seminare<br />

B.A.U.M. e. V. in Kooperation mit Mareke Wieben<br />

Anmeldung und weitere Informationen unter:<br />

miriam.hager@baumev.de und<br />

http://www.baumev.de/a1147<br />

www.marekewieben.de/Neues/Aktuell.php<br />

Übrigens: Im Rahmen der Jahreskonferenz des <strong>Nachhaltig</strong>keitsrats<br />

am 13. Mai in Berlin nimmt <strong>forum</strong>-Autorin Mareke Wieben an der<br />

Podiumsdiskussion „Gute Arbeit statt Burnout“ teil.<br />

www.nachhaltigkeitsrat.de<br />

Gesund führen kann man lernen<br />

Mindestens genauso wichtig wie eine gesunde Lebensweise<br />

ist ein wertschätzender Umgang. Hier ist der Einfluss der<br />

Führungskraft zentral. Allerdings: Nur wer selbst gesund ist,<br />

kann sich auch um die Belange der Kollegen kümmern. In<br />

Seminaren zu Themen wie „Gesund führen“ und „Burn out-<br />

Prävention“ sollte es immer um beides gehen: den gesunden<br />

Umgang mit sich selbst und mit anderen.<br />

Fühlen sich die Mitarbeiter ausreichend gelobt, in Entscheidungen<br />

einbezogen und über wichtige Unternehmensangelegenheiten<br />

informiert? Woran erkenne ich, wenn<br />

ein Mitarbeiter auf einen Burnout zusteuert, wie kann ich<br />

als Führungskraft dann unterstützen – und wo sind meine<br />

Grenzen? Diesen Fragen gingen die IKEA-Führungskräfte in<br />

Hamburg in einem Workshop nach, Grundlage waren die<br />

Ergebnisse der Mitarbeiterumfrage.<br />

Einige auf die Gesundheit schlagende Sorgen der Mitarbeiter<br />

können mit Hilfe einer externen Hotline aufgefangen<br />

werden. Ohne ihren Namen nennen zu müssen können<br />

sich die Mitarbeiter zum Beispiel Rat holen, wenn sie in<br />

Schulden ersticken oder kurzfristig einen Kindergartenoder<br />

Pflegeplatz für Angehörige suchen, wenn sie ihre<br />

Suchtprobleme in den Griff bekommen möchten oder mit<br />

dem Anforderungsdruck nicht klar kommen. IKEA bietet<br />

diese Hotline schon lange, sie wurde aber – vermutlich<br />

weil die Mitarbeiter unsicher waren – kaum genutzt. Hier<br />

half Aufklärung, auch mit Hilfe einer Präsentation des<br />

Hotlineanbieters.<br />

4. Den Erfolg des Gesundheitsmanagements messen<br />

Nehmen Mitarbeiter die Gesundheitsangebote an, haben<br />

Seminarteilnehmer ihre persönlichen Gesundheitsziele erreicht?<br />

Gibt es erste Auswirkungen auf Fehlzeiten oder die<br />

Fluktuation? Ein Fragebogen kann zeigen, wie erfolgreich das<br />

Gesundheitsprogramm war.<br />

Es zeichnet sich ab, dass die Seminarteilnehmer bei IKEA in<br />

Hamburg ihre Gesundheitsziele nicht zu 100 Prozent erreicht<br />

haben. Allerdings: Alle Teilnehmer sind zufrieden, weil sie<br />

gesünder leben und sich wohler fühlen. Sie haben vielleicht<br />

nur acht der geplanten zehn Kilo abgenommen, halten dieses<br />

neue Gewicht aber ohne Anstrengung. Das größte Potenzial<br />

liegt in der Entspannung. Das Coaching erinnert daran,<br />

Pausen einzulegen und dafür zu sorgen, den Akku wieder<br />

aufzuladen, wenn der Stress am größten ist.<br />

Im Profil<br />

Mareke Wieben<br />

leitete elf Jahre lang den <strong>Nachhaltig</strong>keitsbereich bei IKEA Deutschland.<br />

Die studierte Ökotrophologin hat sich 2011 als Gesundheitscoach<br />

selbstständig gemacht und unterstützt jetzt neben IKEA<br />

auch andere Unternehmen bei der Einführung eines Betrieblichen<br />

Gesundheitsmanagements.<br />

98 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Führung | Themen Praxis<br />

Durchblick<br />

gefällig?<br />

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, fordert Wolfgang<br />

Gründinger – und das nicht nur für Mann und Frau,<br />

sondern auch für Alt und Jung. Wie stark lassen sich<br />

Konsumenten <strong>von</strong> Werbung und PR beeinflussen<br />

– und wie vermeidet man bei der Kommunikation<br />

der eigenen <strong>Nachhaltig</strong>keitsleistung Greenwashing?<br />

Wir nehmen für Sie aktuelle Studien und Trends<br />

unter die Lupe. In unserer Tagebuch-Serie der Social<br />

Business-Startups sieht sich unser Liebespaar Mrs Social<br />

und Mr Business durch die „EinDollarBrille“ an. Die gemeinsame<br />

Vision: Bezahlbare Brillen für arme Menschen.<br />

Zukunftsangst? Wie Deutschland enkeltauglich wird | 100<br />

Integriertes Reporting: Trends der Berichterstattung | 1<strong>02</strong><br />

Kunden zwingen Unternehmen zu <strong>Nachhaltig</strong>keit | 104<br />

Werber produzieren Langeweile | 108<br />

Serie: Wertvolles vom ehrbaren Kaufmann | 110<br />

Revolution der Wirtschaftswissenschaften | 112<br />

Die EinDollarBrille hilft Millionen Menschen | 114<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

99


Themen | Zukunftsforscher & -macher |<br />

Eine Generation ohne Lobby<br />

Ein neuer Generationenvertrag muss her, damit Deutschland enkeltauglich wird.<br />

In einer alternden Gesellschaft brauchen die Jungen einen mächtigen Bündnispartner:<br />

die Alten. Ein Plädoyer für die Solidarität der Generationen.<br />

Von Wolfgang Gründinger<br />

Es geht uns gut. Wir Jungen haben im Leben alles, was wir<br />

brauchen: genug zu essen, ein Dach über dem Kopf, kabelloses<br />

Internet. Wir haben allen Grund, zufrieden zu sein.<br />

Zugleich müssen wir Jungen ausbaden, was eine Generation<br />

kurzsichtiger Finanzjongleure und Politiker uns eingebrockt<br />

hat: Schuldenkrisen, Sozialkrisen, Umweltkrisen. Wenn wir<br />

dann über das Miteinander der Generationen sprechen,<br />

kommen Kinder und Jugendliche gar nicht vor. Ob in der<br />

Rentenkommission oder dem <strong>Nachhaltig</strong>keitsrat: Jüngere<br />

Menschen dürfen nicht mitreden, wenn es um ihre Zukunft<br />

geht. Die Rentner und ihre Funktionäre sprechen gern darüber,<br />

was die Gesellschaft ihnen schuldet. Selten sprechen<br />

sie da<strong>von</strong>, was „die Alten“ uns schulden. Es überrascht nicht,<br />

dass laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung<br />

71 Prozent der Deutschen den Eindruck haben, die Generationensolidarität<br />

sei schwächer geworden. Politiker mahnen,<br />

es dürften sich nicht noch mehr Schulden für nachrückende<br />

Generationen türmen – gleichzeitig verteilen sie trotz Rekordverschuldung<br />

Steuergeschenke wie die Senkung der Hotelsteuer<br />

oder neuerdings das Betreuungsgeld. Die Kanzlerin<br />

ruft die „Bildungsrepublik Deutschland“ aus und feiert einen<br />

Bildungsetat auf dem Niveau der 1990er-Jahre als großen<br />

Erfolg. Die Rentenversicherung wurde angeblich saniert, doch<br />

die kommende Generation rennt mitten in die Altersarmut<br />

hinein, wie aktuelle Prognosen aus dem Bundesarbeitsministerium<br />

nahelegen. Geht es um Jugendpolitik, denken die<br />

meisten Politiker nur an „Killerspiele“ und „Komasaufen“.<br />

Kinder und Jugendliche werden nicht ernst genommen und<br />

nicht verstanden. Sie haben keine Lobby.<br />

Altersprivilegien gehören abgeschafft<br />

Die Politik braucht Wählerstimmen. Bereits heute ist etwa<br />

jeder dritte Wähler über 60 Jahre alt; im Jahr 2040 werden<br />

40 Prozent des Wahlvolks ihr 60. Lebensjahr hinter sich haben.<br />

Wenn die Älteren in der Mehrheit sind, bestimmen sie<br />

die Agenda. Schon jetzt reden die Älteren über Kinder und<br />

100 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

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| Zukunftsforscher & -macher | Themen<br />

Jugendliche, lassen sie aber nicht mitreden. Im Grundgesetz<br />

steht: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Die junge<br />

Generation gehört genauso zum Staatsvolk wie die Älteren,<br />

darf aber nicht mitreden. Daher ist eine radikale Senkung<br />

des Wahlalters überfällig.<br />

Jeder Mensch sollte wählen dürfen, sobald er oder sie das<br />

will – ohne starre Altersgrenze. Politische Mündigkeit lässt<br />

sich nicht am biologischen Alter festmachen, sofern „Mündigkeit“<br />

– wie auch immer sie definiert sein mag – in einer<br />

Demokratie überhaupt eine Bedingung für das Wahlrecht<br />

sein kann. Ebenso wenig, wie es eine Altersgrenze nach oben<br />

gibt, darf es eine Altersgrenze nach unten geben. Die junge<br />

Generation muss mitentscheiden dürfen, wenn es um ihre<br />

Zukunft geht. Sie ist Expertin in eigener Sache, wenn es etwa<br />

um Schule, Umwelt, Ausbildung, Familie oder Kultur geht.<br />

Ihre Stimme braucht daher mehr Gehör.<br />

Auch auf dem Arbeitsmarkt muss es für Alt und Jung gerecht<br />

zugehen. Zu viele Senioritätsprivilegien in Besoldungstabellen<br />

und Tarifverträgen knüpfen direkt oder indirekt an das<br />

Lebensalter an. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

verbietet die Diskriminierung wegen des Alters. Dennoch<br />

bekommen Ältere in vielen Fällen mehr Lohn und mehr Urlaub,<br />

genießen einen deutlich besseren Kündigungsschutz<br />

und sind bei Arbeitslosigkeit weniger harten Sanktionen<br />

der Jobcenter ausgesetzt. Diese Seniorenprivilegien haben<br />

nicht immer sachliche Gründe. Schließlich ist die Arbeitsleistung<br />

nicht vom biologischen Alter abhängig und auch<br />

zwischen Männern und Frauen gilt der Grundsatz „Gleicher<br />

Lohn für gleiche Arbeit“. Die schlechteren Bedingungen auf<br />

dem Arbeitsmarkt sind nicht fair gegenüber den Jungen,<br />

die sich eine eigene Existenz aufbauen müssen, vielleicht<br />

eine Familie gründen wollen und Perspektiven für ihr Leben<br />

brauchen. Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen<br />

innovativere Konzepte finden als eine Vergütung nach Alter<br />

oder Berufsjahren. Altersprivilegien gehören abgeschafft,<br />

zugunsten höherer Einstiegslöhne und eines besseren sozialen<br />

Schutzes für die Jüngeren.<br />

Nicht die Rente ist sicher, sondern die Rentenkürzung<br />

Für uns Junge ist nicht mehr die Rente sicher, sondern die<br />

Rentenkürzung. Laut der erwähnten Forsa-Umfrage glauben<br />

inzwischen 81 Prozent der Jüngeren und sogar 68 Prozent<br />

der Älteren, dass die jüngere Generation zwar die Rente der<br />

Älteren stemmen muss, später aber kaum selbst <strong>von</strong> der Rente<br />

wird leben können. Der Eindruck stimmt: Die solidarische<br />

Rentenformel wurde spätestens mit der Riesterreform 2001<br />

systematisch demontiert. Sie strich diverse Anrechnungszeiten<br />

beispielsweise für die Ausbildung und kürzte die Renten<br />

für Neurentner Jahr für Jahr um einen willkürlich festgelegten<br />

Prozentsatz. Schuld an leeren Rentenkassen und der drohenden<br />

Altersarmut ist indes nicht (nur) der demografische<br />

Wandel, sondern die epidemische Ausbreitung prekärer und<br />

schlecht bezahlter Beschäftigungsverhältnisse in Verbindung<br />

mit der Finanzmarkteuphorie vergangener Zeiten.<br />

Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen hieße: den Riesterfaktor<br />

rückgängig machen und durch eine Teilungslösung<br />

ersetzen, in der Jung und Alt die Lasten aus Arbeitsmarkt- und<br />

Bevölkerungsentwicklung solidarisch tragen. Derzeit zahlen<br />

privilegierte Berufsstände wie Ärzte und Apotheker, Anwälte<br />

und Architekten, Notare, Beamte und Politiker in ihre eigenen<br />

Töpfe ein. Das macht sie unabhängig <strong>von</strong> der Gesellschaft, der<br />

gegenüber sie sich nicht solidarisch zu verhalten brauchen.<br />

Das erinnert an eine Ständegesellschaft.<br />

In einem demokratischen Gemeinwesen darf sich niemand<br />

<strong>von</strong> der Solidarität freikaufen – erst recht nicht die mit den<br />

starken Schultern. Ein Umbau der Sozialversicherungen ist<br />

überfällig: Alle Erwerbstätigen, egal ob selbstständig oder<br />

abhängig beschäftigt, egal ob Ingenieur oder Architekt, egal<br />

ob Politiker oder Beamter, müssen in dieselbe Rentenkasse<br />

einzahlen. Auch die Beitragsbemessungsgrenze, die die<br />

Versicherungspflicht nach oben hin kappt, muss deutlich angehoben<br />

werden. Zugleich brauchen wir einen Mindestlohn<br />

auf dem Arbeitsmarkt, damit auch Geringverdiener in der<br />

Lage sind, sich eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu<br />

erarbeiten. Die Rente muss ein armutsfestes und menschenwürdiges<br />

Leben im Alter ermöglichen und die Lebensleistung<br />

der Menschen honorieren.<br />

Wir sind jung und brauchen das Geld<br />

Die heutigen Alten sind die vermögendste Generation in<br />

Deutschland. Natürlich leben nicht alle Rentner im Wohlstand.<br />

Aber alle Vermögens- und Einkommensstatistiken zeigen: Es<br />

gibt nicht nur die bedürftige Omi, die mit einer kargen Rente<br />

auskommen muss. Unter den Senioren sind auch viele Reiche.<br />

Richtig Reiche. Junge Eltern stehen dagegen wesentlich<br />

schlechter da. Am ärmsten dran sind Alleinerziehende, hauptsächlich<br />

Frauen. Ein Zukunftssoli in Höhe <strong>von</strong> einem Prozent<br />

auf sehr große Privatvermögen könnte laut dem Deutschen<br />

Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rund 25 Mrd. Euro in<br />

die Kasse spülen – Kapital für Kinderbetreuung, Schulen und<br />

Hochschulen. Wir sind jung und brauchen das Geld.<br />

Der Aufstand der Jungen hat gerade erst begonnen<br />

Daher müssen wir laut, bunt und radikal <strong>von</strong> uns hören<br />

lassen. Zu lange haben sich die Jungen in Deutschland als<br />

Einzelkämpfer gesehen und die Gesellschaft als politisch<br />

nicht gestaltbar begriffen. Doch langsam gewinnen wir den<br />

Glauben an unsere eigene Gestaltungsmacht zurück.<br />

Wir brauchen einen Aufstand der Jungen. Das soll kein Kampf<br />

sein, der den Alten etwas wegnehmen will. Wir möchten<br />

schließlich selbst alt werden. Aber wir streiten für unsere<br />

Zukunft. Bildungsstreik, Anti-Atom-Demos und Internetaktivismus<br />

zeigen: Die Jugend verschafft sich Gehör. Sie kämpft<br />

für das Recht auf Mitsprache und das Recht auf Zukunft.<br />

Im Profil<br />

Der Politik- und Sozialwissenschaftler Wolfgang Gründinger,<br />

Jahrgang 1984, ist Autor des Buches „Wir Zukunftssucher – Wie<br />

Deutschland zukunftstauglich wird“ und Sprecher der Stiftung für<br />

die Rechte zukünftiger Generationen.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

101


TheMeN | BERICHTERSTATTUNG & KOMMUNIKATION |<br />

Integriertes Reporting<br />

Immer mehr Unternehmen führen ihren Geschäfts­ mit ihrem<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht zusammen. Da treffen Welten aufeinander.<br />

Von Sabine Braun<br />

„Integrated Reporting“ ist ein Trend, der <strong>von</strong> den einen enthusiastisch<br />

begrüßt, <strong>von</strong> den anderen rundweg abgelehnt<br />

wird. Schon jetzt kann man aber da<strong>von</strong> ausgehen, dass die<br />

Zusammenführung der Geschäfts­ und der <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichterstattung<br />

über kurz oder lang kommen wird. Allein<br />

ein Blick auf die Zusammensetzung des 2010 gegründeten<br />

International Integrated Reporting Committee (IIRC) reicht,<br />

um zu erkennen, dass der Trend – zumindest für viele große<br />

Unternehmen – nicht mehr umkehrbar ist. Darunter sind mit<br />

dem International Accounting Standards Board (IASB), der<br />

Global Reporting Initiative (GRI), den vier großen Wirtschaftsprüfern<br />

und zahlreichen weiteren Marktteilnehmern alle<br />

Organisationen vereint, die man braucht, um entsprechende<br />

Vorgaben zu erstellen.<br />

Gute Argumente, aber noch keine Basis<br />

Für die integrierte Berichterstattung gibt es gute Gründe. So<br />

wird beispielsweise allgemein anerkannt, dass der Marktwert<br />

und der Buchwert <strong>von</strong> Aktiengesellschaften immer weiter<br />

auseinander klaffen, weil der Unternehmenswert stark<br />

<strong>von</strong> Einflüssen geprägt wird, die mit Verantwortung und<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit zusammenhängen. Die derzeit praktizierte<br />

Unternehmensanalyse kann aber nicht all die ökologischen<br />

und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des <strong>Wirtschaften</strong>s<br />

in einer globalisierten Welt erfassen, die heute den<br />

geschäftlichen Erfolg maßgeblich beeinflussen.<br />

Zwar veröffentlichen 27 der 30 DAX­Unternehmen einen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht, doch die Mehrheit der börsengelisteten<br />

Unternehmen in deutschland zeigt bislang keine ansätze<br />

dazu. Das gilt für 33 <strong>von</strong> 50 MDAX­Unternehmen, <strong>von</strong> SDAXund<br />

TecDAX­Unternehmen ganz zu schweigen. Es stellt sich<br />

folglich die Frage, wie reif deutsche Unternehmen im Ganzen<br />

für eine Integration sind, wenn die zentralen Grundlagen bei<br />

den meisten fehlen. Dass das große Ziel zwar steht, aber vor<br />

der Umsetzung noch manche Hürde zu nehmen ist, bestätigt<br />

Das verlangt gutes Management: wenn Unternehmen<br />

ihre Geschäfts- und <strong>Nachhaltig</strong>keitsbericht<br />

integrieren wollen, müssen sie verschiedene<br />

Abteilungen an einen Tisch bringen.<br />

1<strong>02</strong><br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| BERICHTERSTATTUNG & KOMMUNIKATION | TheMeN<br />

auch eine aktuelle Umfrage <strong>von</strong> akzente und HGB unter<br />

börsennotierten Unternehmen 1 . Ihre wichtigsten Ergebnisse<br />

kurz zusammengefasst:<br />

Integrierte Berichterstattung kommt: 37 Unternehmen gaben<br />

an, mittelfristig einen Integrierten Bericht zu erstellen,<br />

die meisten innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre.<br />

Optimierung der Unternehmensstrategie gilt als ist größte<br />

Stärke: 78 Prozent der Befragten glauben, dass IB hilft, <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen<br />

stärker in der Unternehmensstrategie zu<br />

verankern.<br />

Integration ins Management ist größtes hindernis: 76<br />

Prozent meinen, dass <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen noch längst<br />

nicht systematisch ins Management integriert sind, folglich<br />

bestehe auch die Schwierigkeit, alle erforderlichen daten<br />

rechtzeitig zum Jahresabschluss vorzulegen (68 Prozent).<br />

Glaubt man den Plänen der befragten Unternehmen, sind<br />

integrierte Berichte in deutschland bald keine Seltenheit<br />

mehr. Ob die Integrierte Berichterstattung aber das Potenzial<br />

hat, die etablierten Formen der Geschäfts­ und <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichterstattung<br />

ganz abzulösen, gilt auch den<br />

Befragten noch nicht als sicher. 33 Prozent glauben, dass<br />

sich Integrierte Berichte als dritte Alternative etablieren<br />

werden, 27 Prozent gehen da<strong>von</strong> aus, dass die integrierte<br />

Berichterstattung die beiden anderen Formen über kurz<br />

oder lang ablösen wird.<br />

Zahlen und Kulturen treffen aufeinander<br />

Der größte Vorteil der Integrierten Berichterstattung wird mehrheitlich<br />

darin gesehen, dass sie die systematische Verankerung<br />

<strong>von</strong> <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen in der Unternehmensstrategie erleichtert.<br />

Eine deutliche Mehrheit zeigt sich ob der Umsetzung<br />

genau dieses Vorteils allerdings skeptisch und meint, dass<br />

die Unternehmen <strong>von</strong> einer systematischen Integration <strong>von</strong><br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit ins Management noch weit entfernt sind (76<br />

Prozent). Wenn ein integrierter Bericht am Ende eines Managementprozesses<br />

steht, in dem die <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie stärker<br />

mit der Unternehmensstrategie verbunden ist, müssen die<br />

Unternehmen hier erst einmal ihre „Hausaufgaben“ machen<br />

– ein Prozess, der mehrere Jahre in Anspruch nimmt und die<br />

Unterstützung des topmanagements voraussetzt.<br />

die größten Hürden liegen in den Unternehmen selbst, und<br />

zwar auf einer rein menschlichen Ebene. So begegnen sich<br />

künftig eine zahlen­ und faktendominierte Denkweise aus<br />

Abteilungen wie Controlling und Investor Relations mit einer<br />

ganzheitlicheren, auf Außenwirkung bedachten Perspektive.<br />

Vermeintliche „Hard Facts“ treffen auf ebenso vermeintliche<br />

„Soft Facts“. Dahinter steht ein potenzieller Konflikt um die<br />

Meinungs­ und Gestaltungshoheit, letztlich darum, wer<br />

künftig bei der Unternehmensberichterstattung das Sagen<br />

hat. Diese Entscheidung sollte im Dialog getroffen werden<br />

– immerhin geht es um Integration.<br />

die Studie steht als download zur Verfügung unter<br />

www.akzente.de sowie unter www.hgb.de<br />

Im Profil<br />

sabine Braun<br />

ist Geschäftsführerin <strong>von</strong> akzente kommunikation und beratung<br />

gmbh. Sie unterstützt Unternehmen seit 20 Jahren bei der Erstellung<br />

ihrer Umwelt­ und <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte.<br />

1) Befragt wurden die Verantwortlichen für Geschäftsberichte und <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichte sowie Analysten und Investoren.<br />

In ihrem aktuellen Buch »Kampf um Strom« räumt Claudia Kemfert mit<br />

Öko-Mythen und Energie-Irrtümern auf. Im Vordergrund steht der Zank<br />

zwischen Politikern, Lobbyisten und Ökologen. Die renommierte Ökonomin,<br />

die den Ausbau der erneuerbaren Energien offen befürwortet, liefert<br />

eine argumentative Auseinandersetzung mit den Thesen und Schlachtparolen<br />

der Energiewende-Blockierer.<br />

14,90 € ISBN 978-3-86774-257-3<br />

www.<strong>forum</strong>­csr.net<br />

103


Themen | Berichterstattung & Kommunikation |<br />

Alle Macht dem<br />

Konsumenten!?<br />

Täglich stolpern wir über Themen wie<br />

„Einkaufen für eine bessere Welt“ oder<br />

„gute“ Marken und Produkte. Aber wie<br />

stark lassen sich Konsumenten wirklich<br />

durch Werbung und PR beeinflussen –<br />

oder vielleicht sogar täuschen?<br />

Von Anja Guckenberger und Jörg Rosenbauer<br />

Vielen Kunden reicht es nicht mehr,<br />

dass Produkte nur weißer waschen<br />

oder besser schmecken. Sie wissen,<br />

dass sie durch ihre Entscheidung<br />

Unternehmen unter Druck setzen<br />

können, das Richtige und Gute zu tun.<br />

104 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Berichterstattung & Kommunikation | Themen<br />

Konsumenten wünschen sich, dass man ihnen zuhört und<br />

ihre Bedürfnisse in die Produktentwicklung und sonstige<br />

Entscheidungen mit einbezieht. Voraussetzung dafür ist allerdings,<br />

wirklich zu verstehen, was den Verbrauchern wichtig<br />

ist, wie sie denken und vor allem handeln. Auf der anderen<br />

Seite muss auch der Konsument „sein“ potenzielles Lieblingsprodukt<br />

oder -unternehmen verstehen: Glaubwürdigkeit und<br />

das daraus entstehende Vertrauen sind deshalb die Schlüssel<br />

zu einer langfristigen und respektvollen Beziehung zwischen<br />

Marke und Konsument.<br />

Verbraucher aufgeklärter denn je<br />

Die Annahme, dass sich Verbraucher durch bunte Bilder und<br />

starke Botschaften blind beeinflussen lassen, ist schlichtweg<br />

überholt. Der Konsument <strong>von</strong> heute bildet sich zunehmend<br />

seine eigene Meinung – zumeist sogar eine eher kritische<br />

– und möchte lieber vom Gegenteil überzeugt werden, als<br />

primär eine falsche Entscheidung zu treffen. Ihm reicht nicht<br />

mehr aus, dass Produkte nur weißer waschen oder besser<br />

schmecken. Er trifft bewusste Einkaufsentscheidungen, will<br />

genau wissen, wo die Produkte herkommen und was das<br />

Herstellerunternehmen zur Förderung des Gemeinwohls<br />

unternimmt oder eben unterlässt. Der sogenannte „Citizen<br />

Consumer“, der aufgeklärte und vernetzte Verbraucher,<br />

versteht heute viel mehr, inwieweit er Unternehmen unter<br />

Druck setzen kann, das Richtige und Gute zu tun. Mehr und<br />

mehr Bürger sind sich darüber bewusst, dass sie wirklich zu<br />

einer Veränderung beitragen können. Das Wort „Wutbürger”<br />

ist nicht umsonst zum Wort des Jahres 2010 gewählt<br />

worden. Die technologische Evolution beschleunigt diese<br />

Entwicklung mit der hohen Transparenz und Vernetzungsmöglichkeit,<br />

die sie ermöglicht. Durch Internet, Social Media,<br />

Blogs und Foren ist es jedem möglich, ein Thema innerhalb<br />

<strong>von</strong> wenigen Minuten zu durchleuchten und im Ernstfall die<br />

„Wahrheit“ publik zu machen. Wer heute als Unternehmen<br />

noch glaubt, es sei ausreichend, nur „ein bisschen“ gut zu<br />

sein, wird in kürzester Zeit <strong>von</strong> seinen eigenen Konsumenten<br />

eines Besseren belehrt.<br />

Neue Konsumentenmacht beeinflusst Unternehmen<br />

Mit diesem neuen (Selbst-)Bewusstsein verlangen Verbraucher<br />

ein immer höheres Maß an <strong>Nachhaltig</strong>keit und<br />

Gemeinwohlorientierung <strong>von</strong> der Wirtschaft: Neun <strong>von</strong><br />

zehn Befragten fordern <strong>von</strong> Unternehmen, gesellschaftliche<br />

Belange mindestens genauso wichtig zu nehmen wie den<br />

Profit. Das zeigt die repräsentative goodpurpose®-Studie des<br />

PR-Beratungsunternehmens Edelman, die zum fünften Mal in<br />

Folge Einstellungen und Verhaltensweisen <strong>von</strong> Verbrauchern<br />

zum Thema „Social Marketing“ untersucht. Fazit: Das Blatt<br />

hat sich gewendet – Verbraucher üben vermehrt Einfluss<br />

auf die Unternehmen aus und verleihen ihren Forderungen<br />

auch Ausdruck. Kaufverweigerung und Boykott sind <strong>von</strong><br />

Unternehmen gefürchtete Reaktionen auf unüberlegte Aktionen<br />

oder <strong>von</strong> Medien oder gemeinnützigen Organisationen<br />

aufgedeckte Missstände.<br />

Weiterentwicklung auf beiden Seiten<br />

Auf der anderen Seite hat jedoch auch eine andere, positive<br />

Entwicklung stattgefunden: Unternehmen und Konsumenten<br />

nähern sich an. Mit den Jahren hat die Mehrheit der Verbraucher<br />

erkannt, dass „Profit und Purpose“ unweigerlich<br />

langfristig zusammenhängen. Es gibt nicht mehr nur Schwarz<br />

und Weiß, „Sozialmarketing“ wird nicht mehr automatisch<br />

gleichgesetzt mit „Greenwashing“. Konsumenten machen<br />

Zugeständnisse an Unternehmen, um ein langfristiges<br />

Engagement, dank eines gut laufenden Geschäftes, zu gewährleisten:<br />

81 Prozent der Befragten finden es legitim, dass Marken<br />

sich sozial engagieren und damit auch Gewinn erzielen –<br />

diese Zahl hat sich seit 2007 fast verdoppelt. Gleichzeitig<br />

fördern und befördern sie gemeinwohlorientierte Produkte,<br />

Marken und Unternehmen durch ihre Weiterempfehlung<br />

ebenso wie durch ihren bewussten Kaufentscheid<br />

am Regal.<br />

Marke oder <strong>Nachhaltig</strong>keit?<br />

Die Frage nach der Relevanz <strong>von</strong> <strong>Nachhaltig</strong>keit und CSR im<br />

tatsächlichen Kaufentscheid ist wohl eine der spannendsten<br />

in der Diskussion. Die Studie zeigt, dass bei qualitativ und<br />

preislich vergleichbaren Produkten für deutsche Konsumenten<br />

der „gute Zweck“ bereits seit 2008 durchgängig das<br />

entscheidende Kaufkriterium ist: In den vergangenen fünf<br />

Jahren hat die steigende Relevanz <strong>von</strong> ethischem Konsum<br />

mit aktuell 61 Prozent die Faktoren Design und Innovation<br />

(24 Prozent) sowie Markentreue (15 Prozent) deutlich auf<br />

die hinteren Plätze verwiesen. Mit einem Anstieg <strong>von</strong> 23<br />

Prozentpunkten gegenüber 2010 sagen 70 Prozent der Konsumenten:<br />

„Ich würde die Marke wechseln, wenn eine vergleichbare<br />

Marke sich sozial engagiert.“ Soviel zu den guten<br />

Vorsätzen! Denn: Wohl kaum ein Verbraucher würde offen<br />

zugeben, dass er sich nicht lieber für das ethisch korrekte<br />

und nachhaltig einwandfreie Produkt entscheidet und dafür<br />

sein Lieblingsmarkenprodukt links liegen lässt. Aber welchen<br />

Stellenwert haben produkt-, umwelt- oder sozialspezifische<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsaspekte wirklich bei der Kaufentscheidung<br />

am Regal?<br />

Jede fünfte Kaufentscheidung ist „nachhaltig“<br />

Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut TheConsumerView<br />

hat Edelman im letzten Jahr die erste tiefergehende<br />

Verhaltensstudie zum Thema „<strong>Nachhaltig</strong>keit im<br />

Kaufentscheid“ bei Produkten des alltäglichen Gebrauchs<br />

ins Leben gerufen. Mit Hilfe eines zweiwöchigen Einkaufstagebuchs<br />

wurden so – abseits <strong>von</strong> sozial erwünschten<br />

Antworten – belastbare Daten zu Motiven und erstmalig<br />

auch den tatsächlichen<br />

Handlungsmustern beim Kauf nachhaltiger Produkte <strong>von</strong><br />

nachhaltigkeitsaffinen Konsumenten ermittelt. Diese Daten<br />

basieren auf einer Ausgangsstichprobe <strong>von</strong> 2.000 Personen,<br />

die in den demographischen Merkmalen Alter, Geschlecht,<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

105


Themen | Berichterstattung & Kommunikation |<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Produktauswahl am Regal – Pro Kategorie<br />

Haushaltsgröße, Bildung und Region die Grundgesamtheit<br />

der deutschen Bevölkerung repräsentiert. Die Stichprobe<br />

liefert daher sowohl aufgrund ihrer Größe (also statistisch<br />

gesehen) als auch aufgrund ihrer Zusammensetzung (strukturell<br />

gesehen) belastbare Ergebnisse.<br />

Über den Zeitraum hinweg gaben die Befragten für jedes<br />

Produkt, das in ihrem Einkaufskorb landete, einen Einkaufgrund<br />

an. Ein Einkaufsakt wurde als „nachhaltig“ eingestuft,<br />

wenn ein mit <strong>Nachhaltig</strong>keit assoziierter Grund angegeben<br />

wurde (d.h. einer der im Fragebogen aufgeführten Gründe<br />

musste genannt sein und <strong>von</strong> dem Befragten im Fragebogen<br />

bei der impliziten Messung auch mit dem Begriff „<strong>Nachhaltig</strong>keit“<br />

assoziiert werden). Dabei zeigte sich: Das Thema<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit beeinflusst faktisch mittlerweile etwa jede<br />

fünfte Kaufentscheidung. Damit hat dieser Aspekt in einigen<br />

Produktkategorien wie Babynahrung oder Frischware (Obst<br />

oder Fleisch) sogar tatsächlich eine größere Bedeutung als<br />

die Marke.<br />

Verbraucher informieren und involvieren<br />

Diese Studienergebnisse zeigen deutlich: Konsumenten<br />

lassen sich nicht täuschen. Sie wollen vielmehr verstehen,<br />

inwieweit das nachhaltige Handeln <strong>von</strong> Unternehmen<br />

durch den Kauf eines Artikels, ihre Spende und jede andere<br />

Maßnahme unterstützt wird. Dabei ist eine effiziente Kommunikation<br />

<strong>von</strong> zentraler Bedeutung. Unternehmen und<br />

Marken müssen ganz konkret für den Verbraucher definieren<br />

und so transparent und nachvollziehbar vermitteln,<br />

wie sie zum Gemeinwohl beitragen. Die Unternehmen,<br />

die ihren Verbrauchern diese Frage noch nicht im Detail<br />

beantworten können, müssen sich zunächst überlegen:<br />

Welchen relevanten Beitrag leisten wir zukünftig? Welche<br />

Ziele definieren wir? Wie können wir Erfolge messen?<br />

Erst dann können sie mit ihren Konsumenten in Dialog<br />

treten. Zukunftsorientiert ist heute das Unternehmen, das<br />

gemeinsam mit Bürgern und Politik nach Wegen sucht,<br />

gesellschaftliche, soziale und ökologische Probleme zu<br />

meistern.<br />

Hintergrundinformationen Studien<br />

• Repräsentative Verhaltensstudie „<strong>Nachhaltig</strong>keit im Kaufentscheid<br />

– Zwischen Egoismus und Altruismus?“ (2011) durchgeführt<br />

<strong>von</strong> Edelman und dem Marktforschungsinstitut TheConsumerView;<br />

Basis: bundesweit angelegte Stichprobe <strong>von</strong> 2.000<br />

Personen ab 18 J. zur Identifikation <strong>von</strong> 404 Teilnehmern mit hoher<br />

Affinität zu nachhaltigem Konsum; Methode: zweiwöchiges<br />

Einkaufstagebuch mit anschließender Onlinebefragung<br />

• Repräsentative goodpurpose®-Studie seit fünf Jahren jährlich<br />

durchgeführt <strong>von</strong> der Marktforschungsfirma StrategyOne (Edelman-Unternehmen);<br />

Basis: 8.000 Erwachsene in 16 Ländern (je<br />

500 Teilnehmer pro Land); Methode: Onlineumfrage<br />

• Weitere Informationen zu den Studien gibt es auf http://www.<br />

edelman-newsroom.de/edelman-studien oder TheConsumer­<br />

View.com.<br />

Im Profil<br />

Anja Guckenberger<br />

ist stellvertretende Geschäftsführerin des Hamburger Büros und<br />

Mitglied der Geschäftsleitung <strong>von</strong> Edelman Deutschland. Sie ist<br />

überzeugt da<strong>von</strong>, dass die gesamtgesellschaftlichen Probleme<br />

nur lösbar sind, wenn Unternehmen, Regierungen und Bürger<br />

zusammenarbeiten.<br />

Jörg Rosenbauer<br />

ist seit 1999 Partner und Geschäftsführer des Bremer Markforschungsinstituts<br />

<strong>von</strong> TheConsumerView. Er ist überzeugt da<strong>von</strong>, dass<br />

Konsumenten am meisten interessiert, was sie selbst betrifft – und<br />

entsprechend immer in die Entscheidungen des Unternehmens mit<br />

einbezogen werden sollten.<br />

106 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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107


Themen | Berichterstattung & Kommunikation |<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit kommunizieren.<br />

Und zwar richtig.<br />

Unter Werbern kommt Unbehagen auf, wenn es um <strong>Nachhaltig</strong>keit geht. Die<br />

Angst vor Greenwashing-Vorwürfen lässt die Kreativität gefrieren. Dabei muss<br />

man sich die Finger nicht an der CSR-Kommunikation verbrennen.<br />

Von Anna Gauto<br />

Gängige Konsummuster, die den Raubbau an unserem<br />

Planeten befördern, müssen ein Ende haben. Das denken<br />

viele Verbraucher und handeln nicht danach. Denn ihnen<br />

fehlt (kauf)-entscheidendes Wissen darüber, wie sozial- und<br />

umweltverträglich die Produkte im Regal wirklich sind.<br />

Das jedenfalls ergab eine Studie, die das Magazin „Werben &<br />

Verkaufen“ gemeinsam mit der <strong>Nachhaltig</strong>keitsberatung<br />

„brands & values“ durchgeführt hat. Sie fragte Werber, wie<br />

sie ihre eigene gesellschaftliche Verantwortung für mehr<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit einschätzen.<br />

Die Studie zeigte außerdem, dass sich die Mehrheit der Befragten<br />

durchaus in der Pflicht sieht, für mehr <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

zu sorgen. Die Werbung hat ihre Verantwortung also erkannt.<br />

Wieso tritt Werbung in Deutschland dennoch so wenig in<br />

Erscheinung, wenn es um <strong>Nachhaltig</strong>keit geht? In Brasilien<br />

ist Werbung die zentrale Informationsquelle, wenn es um<br />

Artenvielfalt geht. Weshalb folgen Werber hierzulande<br />

nicht dem Beispiel Brasiliens und erklären den Kunden ihrer<br />

Kunden, wie viele Ökosystemleistungen in ihren neuen<br />

Joggingschuhen stecken?<br />

Die Sache mit dem Vertrauen<br />

Eine Antwort ist: Die Konsumenten finden nicht glaubwürdig,<br />

was Werbung ihnen verkaufen will. 70 Prozent der in der Studie<br />

befragten Werber meinen, dass Verbraucher misstrauisch<br />

gegenüber „nachhaltigen“ Produkten und Dienstleistungen<br />

seien. Das überrascht nicht, denn nicht einmal die Werber<br />

Welche Rolle spielt Werbung für <strong>Nachhaltig</strong>keit?<br />

Gemäß dem „Biodiversitäts-Barometer 2012“ haben nur 19 Prozent<br />

der Befragten durch Business-Kommunikation <strong>von</strong> Biodiversität<br />

erfahren. Das Potenzial der Werbung, über <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen<br />

zu informieren, ist also weitgehend ungenutzt. Dass es auch<br />

anders geht, zeigt das Beispiel Brasiliens: Dort ist Werbung die<br />

zweitwichtigste Quelle für Informationen über Artenvielfalt.<br />

Mehr Informationen auf www.ethicalbiotrade.org<br />

selbst finden ihre <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation überzeugend,<br />

wie die Mehrheit der Befragten angab. Weder glaubwürdig<br />

noch attraktiv.<br />

Warum das so ist und was man dagegen tun kann, behandelten<br />

auch die Delegierten des Themenworkshops „Successful<br />

Green Business Communication“ auf der internationalen<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitskonferenz SusCon, die Ende November 2012<br />

in Bonn stattfand. Für Joachim Schöpfer, CEO der Kommunikationsagentur<br />

Serviceplan Corporate Reputation, verhindert<br />

die Angst vor Greenwashing-Vorwürfen eine Massenkommunikation<br />

über nachhaltige Themen. Unternehmen haben<br />

Angst, dass Nichtregierungsorganisationen (NROs) das ungrüne<br />

Haar in der Suppe finden und sie mit rufschädigenden<br />

Videokampagnen durchs Netz jagen.<br />

Wenn aus NROs und Unternehmen Partner werden<br />

Würden Unternehmen den „Watchdogs“ die Konzernpforten<br />

öffnen und NROs den Zeigefinger sinken lassen, könnten sie<br />

viel erreichen. Gemeinsam. So wie die COOP Schweiz, die<br />

erfolgreich mit dem World Wide Fund For Nature (WWF)<br />

zusammenarbeitet. „Wir brauchen die NROs, weil sie uns<br />

Expertise und Glaubwürdigkeit verleihen“, sagt Emma Arvidsson<br />

<strong>von</strong> COOP Schweiz. NROs wiederum können ihre Themen<br />

mit Hilfe der Unternehmen wesentlich breiter streuen und<br />

mehr Menschen erreichen.<br />

Neben Partnerschaften mit der Zivilgesellschaft oder auch<br />

der Wissenschaft sind Transparenz und Authentizität Garanten<br />

für Glaubwürdigkeit und eine erfolgreiche <strong>Nachhaltig</strong>keitskommunikation.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit gehört daher in<br />

die Mitte der gesamten Marketing- oder Unternehmensstrategie.<br />

So wird deutlich, dass es Unternehmen wirklich<br />

ernst meinen.<br />

CSR-Abteilungen sind oft nur ein Feigenblatt<br />

Leider ist im Unternehmensalltag die CSR-Abteilung häufig<br />

nur das Feigenblatt, das für ein ruhiges Gewissen und ein<br />

grünes Image sorgt. Eine halbgare <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie<br />

108 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Berichterstattung & Kommunikation | Themen<br />

schätzen die Mitverantwortung <strong>von</strong><br />

werbetreibenden Unternehmen<br />

und Agenturen bei der Entwicklung<br />

<strong>von</strong> nachhaltigem Konsum eher<br />

hoch, bzw. hoch ein.<br />

geben an, dass das Misstrauen an<br />

den ethischen Absichten der Unternehmen<br />

entscheidend vom nachhaltigen<br />

Konsum abhält.<br />

finden, dass <strong>Nachhaltig</strong>keitsthemen<br />

in der Unternehmenskommunikation<br />

die emotionale Annäherung<br />

der Marke an den Kunden<br />

verbessern.<br />

sehen am Herstellungsprozess die<br />

idealen Ansatzpunkte für nachhaltige<br />

Themen.<br />

halten die Kommunikation <strong>von</strong><br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit für Produkte und<br />

Dienstleistungen für wenig attraktiv<br />

und überzeugend.<br />

schätzen, dass die Bedeutung des Themas<br />

„<strong>Nachhaltig</strong>keit“ im Bereich Marken, Marketing<br />

und Kommunikation in der Zukunft<br />

noch zunehmen wird.<br />

Quelle: Umfrage „Gesellschaftliche Verantwortung <strong>von</strong> Werbetreibenden in Kooperation mit Werben und Verkaufen“ durchgeführt <strong>von</strong> der<br />

brands & values GmbH im Rahmen einer Leserbefragung (n=250).<br />

hat natürlich Folgen für die externe Kommunikation. Werber<br />

und Öffentlichkeitsarbeiter internalisieren das Unbehagen<br />

ihrer Auftraggeber und produzieren Langeweile. Lieber<br />

monotone und politisch korrekte Kampagnen als Clips mit<br />

Esprit. „Dann sind wenigstens die NROs nicht hinter einem<br />

her“, fasst Schöpfer die Gedanken vieler Werber zusammen.<br />

Dabei kann „Öko-Werbung“ auch geistreich und interessant<br />

sein, vor allem dann, „wenn Unternehmen nachhaltige Produkte<br />

genau wie andere bewerben und sie nicht wie etwas<br />

Exotisches anpacken“, sagt Arvidsson. Gute Werbung gelingt<br />

daher vor allem solchen Unternehmen, die ihr Verhältnis<br />

zur <strong>Nachhaltig</strong>keit positiv geklärt haben, wie PUMA, Coop<br />

Schweiz, REWE, Hipp oder Patagonia.<br />

Die Werbebranche will mehr für <strong>Nachhaltig</strong>keit tun<br />

Die Werbung hat ihre Verantwortung erkannt. Sie kann eine<br />

wichtige Rolle spielen, den Wertewandel unter Konsumenten<br />

einzuleiten und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.<br />

Doch sie darf sich nicht weiter als bloßes Kommunikationsinstrument<br />

<strong>von</strong> Unternehmen begreifen, sonst bleiben ihre<br />

Botschaften wackelig und blutleer. Sie sollte ihren Auftraggebern<br />

zeigen, dass <strong>Nachhaltig</strong>keit wertvoll sein kann, um<br />

Kunden zu gewinnen und um ökologische Probleme anzugehen,<br />

die – wenn sie ungelöst bleiben – ohnehin wie ein<br />

Bumerang geflogen kommen.<br />

Kommunikationsagenturen können sich bewusst für ihre<br />

Kunden entscheiden und sie beraten. Das hieße, ihnen zu<br />

sagen, dass „Greenwashing keine smarte Strategie ist“,<br />

wie Florian Haller, CEO der Serviceplan Gruppe, auf der<br />

SusCon konstatierte. Man hat immer die Wahl und „wenn<br />

man nichts zu <strong>Nachhaltig</strong>keit zu sagen hat, kann man auch<br />

einfach ruhig sein“.<br />

Über die Communication Session der SusCon 2012<br />

Mit der Rolle und Verantwortung <strong>von</strong> Kommunikation für<br />

nachhaltigen Konsum beschäftigte sich die thematische<br />

Session „Successful Green Business Communication“. Die<br />

lebhafte Diskussion wird mittlerweile auf der Networking<br />

Plattform „LinkedIn“ in der gleichnamigen Gruppe weitergeführt<br />

und ist offen für rege Beteiligung.<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

109


Themen | Berichterstattung & Kommunikation |<br />

Wertvolles vom<br />

ehrbaren Kaufmann<br />

Wenn Solarfirmen mit sinnierenden Waldspaziergängern<br />

werben und Banken ihre wahre Kompetenz<br />

im Vertrauen statt im Kommerz sehen, wird deutlich:<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit ist in der ersten Liga des Markenmanagements<br />

angekommen.<br />

Von Dr. Dennis Lotter und Jerome Braun<br />

Studien zufolge eröffnet <strong>Nachhaltig</strong>keit als Markenwert und<br />

Positionierungsfeld erhebliche Chancen in der Beziehung<br />

zum Kunden. Nicht nur bei den viel zitierten „LOHAS“, die<br />

wie der SPIEGEL unlängst schrieb „Grünkern und Gucci in<br />

Schönheit und Bekömmlichkeit vereinen“, sondern auch beim<br />

Otto-Normal-Konsumenten. So wird gemäß einer Befragung<br />

der Fachzeitschrift Werben & Verkaufen unter 1.500 Werbetreibenden<br />

insbesondere das Markenvertrauen gestärkt.<br />

Darüber hinaus können Marken sich über das Vehikel der<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit als fortschrittlich und innovativ darstellen.<br />

So wächst die emotionale Nähe zur Marke.<br />

Die Kluft zwischen Bekenntnis und Handeln<br />

Doch mit grünen Logos und einsichtigen Kampagnen ist es<br />

nicht getan. Damit Kunden ökologisch und sozial verantwortlichen<br />

Produkten nicht nur in der Theorie einen hohen<br />

Stellenwert einräumen, sondern tatsächlich im Supermarkt<br />

neben „König billig“ zugreifen, benötigen sie Informationen<br />

über die Unternehmenspraktiken der Hersteller. Laut<br />

der Studie <strong>von</strong> W&V stellt das ungenügende Wissen der<br />

Verbraucher hinsichtlich der Herstellungsprozesse der<br />

Produkte das zentrale Hindernis zwischen Bekenntnis und<br />

Handeln dar. Diese Intransparenz hat Verunsicherung und<br />

Misstrauen zur Folge.<br />

Eine erfolgreiche, nachhaltige Marke muss demnach in ihrer<br />

Kommunikation am Kerngeschäft ansetzen. Statt übereilig<br />

auf den grünen Zug aufzuspringen, geht es vielmehr darum,<br />

glaubhaft nach außen zu tragen, welche Überzeugungen<br />

und Prinzipien im Unternehmen gelebt werden. Denn in der<br />

heutigen Zeit, die <strong>von</strong> ständiger Veränderung und Unsicherheit<br />

geprägt ist – was ist mein Geld <strong>morgen</strong> noch wert? An<br />

welcher Stelle der Welt wartet der nächste Job? – suchen die<br />

Menschen nach Sinn und Identität. Es wird künftig weniger<br />

darum gehen, Produkte und Service zu kaufen, sondern sie<br />

<strong>von</strong> „Jemandem“ zu kaufen, der glaubwürdig für etwas steht.<br />

Eine nachhaltige und werteorientierte Unternehmensphilosophie<br />

schafft hier die entscheidende Basis.<br />

Erfolgreiche Marken sind Identitätsangebote<br />

„Markenführung funktioniert im Grunde wie Segeln. Man<br />

muss Wetter und Meer genau beobachten und sich darauf<br />

einstellen. Aber den Kurs muss man selbst bestimmen, sonst<br />

ist man verloren“, so der Marketingchef <strong>von</strong> Ritter Sport.<br />

Das Unternehmen hat es mit diesem sportlichen Ansatz<br />

sogar zu einem eigenen Marken-Flaggschiff – einer Schokoladen-Erlebniswelt<br />

auf drei Etagen am Gendarmenmarkt in<br />

Berlin – gebracht.<br />

Der Kurs, das sind die tiefsten Überzeugungen des Unternehmens,<br />

die ureigensten Beweggründe, die <strong>von</strong> allen Beteiligten<br />

gelebten Werte. Sie machen Kunden zu begeisterten<br />

Anhängern und Marken zu mehr als bunten Bildern – sie machen<br />

Marken zu Pfeilern der unternehmerischen Integrität.<br />

Mehr Wertvolles vom ehrbaren Kaufmann in der nächsten<br />

Ausgabe <strong>von</strong> <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong> und unter<br />

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110 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


| Anzeige | Themen<br />

GREEN BRANDS lichtet das<br />

Dickicht der CSR-Siegel<br />

Greenwashing und ein dichter Siegelurwald<br />

werfen selbst auf Marken, die es ernst mit<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit meinen, ein fahles Licht. Das<br />

GREEN BRANDS-Güte siegel schafft jetzt<br />

Transparenz und Verlässlichkeit.<br />

Nach vierjähriger Entwicklungszeit und einer<br />

erfolgreichen Einführung in Österreich setzt<br />

sich das neue sowie weltweit einmalige<br />

Auszeichnungsverfahren und Gütesiegel<br />

<strong>von</strong> GREEN BRANDS in Deutschland durch.<br />

Was ist das Besondere an dem Verfahren?<br />

„Die Marken durchlaufen einen dreistufigen<br />

Auswahlprozess, das gibt es sonst nirgends“,<br />

sagt Norbert Lux, COO der Organisation<br />

GREEN BRANDS. Zuerst nominieren Marktforscher,<br />

GREEN BRANDS-Jurymitglieder,<br />

Medien, NGOs und Interessenverbände<br />

die Marken. Als nächstes validiert sie das<br />

wissenschaftliche <strong>Nachhaltig</strong>keitsinstitut<br />

SERI (Wien) anhand umfangreicher Kriterienkataloge.<br />

„Anwärter für unser Gütesiegel<br />

müssen bis zu 60 Fragen beantworten und<br />

ihre Aussagen belegen. Es reicht nicht, zu<br />

sagen, dass man Energie oder Wasser spart.<br />

Man muss auch belegen, wie viel und in welchen<br />

Zeitraum“, so Lux. Die Kriterienkataloge<br />

sind auf der GREEN BRANDS-Homepage veröffentlicht.<br />

„Im Sinne der Transparenz legen<br />

wir die Auswertungen der teilnehmenden<br />

Marken offen. Die Unternehmen sind positiv<br />

überrascht, wie genau und sorgfältig wir<br />

alles prüfen. Das zeichnet unser Verfahren<br />

auch aus“, sagt Norbert Lux. Zum Schluss<br />

entscheidet eine unabhängige Jury, wer das<br />

begehrte Siegel erhält.<br />

Die ausgezeichneten GREEN BRANDS haben<br />

branchenübergreifend bewiesen, dass sie<br />

umweltfreundlich produzieren und verantwortungsvoll<br />

für die Bewahrung natürlicher<br />

Lebensgrundlagen handeln. Sie verpflichten<br />

sich, das Gleichgewicht der Natur zu erhalten<br />

und sorgen für <strong>Nachhaltig</strong>keit.<br />

Durch Medienpartnerschaften, die Bücher<br />

„GREEN BRANDS Austria 2012“und „GREEN<br />

BRANDS Germany <strong>2013</strong>“ sowie Veranstaltungen<br />

bekommen die ausgezeichneten<br />

Marken im B2B- wie auch B2C-Bereich reichlich<br />

Aufmerksamkeit. So hat die Übergabe<br />

der Zertifikate wie zuletzt auf der BioFach<br />

/ Vivaness <strong>2013</strong> in Nürnberg „PRIMAVERA“,<br />

„AlmaWin“ und „Klar“ große Aufmerksamkeit<br />

beschert. „lavera NATURKOSMETIK“<br />

fand sich anlässlich der Auszeichnung im<br />

Rahmen der Berlin Fashion Week in den<br />

Schlagzeilen wieder.<br />

In Österreich erhielten 47 Marken <strong>von</strong> 31<br />

Unternehmen das GREEN BRANDS-Gütesiegel.<br />

In Deutschland ist das Verfahren in<br />

vollem Gange, rund 20 Marken wurden<br />

bislang ausgezeichnet. Eine Ausweitung<br />

in andere europäische Länder sowie nach<br />

Asien ist derzeit in Vorbereitung und zeigt,<br />

dass Siegel wie Auszeichnungsverfahren<br />

auch international an Einfluss gewinnen.<br />

Kontakt<br />

Green Brands Organisation Limited<br />

Unit 38, Tudor Close<br />

Ashbourne, County Meath,<br />

Ireland<br />

www.green-brands.org<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

111


Themen | Institutionen der <strong>Nachhaltig</strong>keit |<br />

Für eine zukunftsfähige<br />

Wirtschaftslehre<br />

Der Markt ist vollkommen und der Mensch handelt rational ökonomisch?<br />

Viele Hochschulen lehren der täglichen Wirtschaftspraxis zum Trotz noch immer<br />

Ammenmärchen. Die HWR Berlin entwickelt eine nachhaltige Wirtschaftslehre.<br />

Von Holger Rogall<br />

Die derzeitige Lehre kann aufgrund ihrer Annahmen und<br />

Ziele keine Lösungen für die Probleme des 21. Jahrhunderts<br />

anbieten. Das Menschenbild des Homo oeconomicus, der<br />

stets rational entscheidet und die Kurzfristorientierung der<br />

Wirtschaftsakteure sind hier gute Beispiele.<br />

Um diese Lücke zu schließen, wird in der Hochschule für<br />

Wirtschaft und Recht Berlin (HWR, früher FHW) am Aufbau<br />

einer nachhaltigen Wirtschaftslehre mit zwei Säulen gearbeitet:<br />

der gesamtwirtschaftlich orientierten <strong>Nachhaltig</strong>en<br />

Ökonomie und dem betriebswirtschaftlich orientierten<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement.<br />

Relativ frühzeitig erkannten meine Hochschullehrerkollegen<br />

Anja Grothe, Stefan Klinski und ich, dass dieses nachhaltigkeitsrelevante<br />

Wissen nicht hochschulintern bleiben darf.<br />

Deshalb gründeten wir nach der Jahrtausendwende IRIS e.V.<br />

an der FHW (heute SUSTAINUM Institut für zukunftsfähiges<br />

<strong>Wirtschaften</strong> an der HWR) und die Gesellschaft für <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

e.V. (GfN). 2009 initiierte die GfN das Netzwerk<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie. 2011 und 2012 kamen das Institut<br />

für <strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie (INa) und das Institut für <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

der HWR hinzu. Diese Organisationen haben alle<br />

ihre eigenen spezifischen Aufgaben, arbeiten aber durch Personalunion<br />

als <strong>Nachhaltig</strong>keitsverbund sehr eng zusammen.<br />

Der Verbund befasst sich mit folgenden Aufgaben:<br />

Lehrangebot: Bachelor und Master<br />

Die HWR bietet drei Studiengänge mit <strong>Nachhaltig</strong>keitsschwerpunkt<br />

(Wirtschaftsingenieur Umwelt und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

als Bachelor und Master sowie einen berufsbegleitenden<br />

Weiterbildungsmasterstudiengang im Abendstudium) und<br />

ein Wahlpflichtfach (<strong>Nachhaltig</strong>keit in Theorie und Praxis).<br />

Im Rahmen eines zweitägigen Planspiels können die Studierenden<br />

erworbene Kenntnisse zum <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

praktisch anwenden. Die HWR gehört damit neben<br />

den Universitäten Bremen, Lüneburg und Oldenburg zu<br />

den bedeutenden nachhaltigkeitsorientierten Hochschulen<br />

in Deutschland.<br />

Alles zur „Green Economy“<br />

Beispiele für Forschungsprogramme, die die HWR, Sustainum und<br />

INa betreiben:<br />

1 Das Jahrbuch <strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie wird herausgegeben <strong>von</strong><br />

Wissenschaftlern der Sustainable Science (<strong>Nachhaltig</strong>keitswissenschaft)<br />

wie Hans-Christoph Binswanger, Anja Grothe, Ingomar<br />

Hauchler, Martin Jänicke, Nina Michaelis und Gerhard<br />

Scherhorn. Das Jahrbuch erschien 2011 mit dem Brennpunkt<br />

„Wachstum“ das erste Mal; Mitte November 2012 folgte das<br />

zweite Jahrbuch mit dem Brennpunkt „Green Economy“; das<br />

dritte Jahrbuch mit dem Brennpunkt „<strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement“<br />

ist für <strong>2013</strong> in Vorbereitung.<br />

2 <strong>Nachhaltig</strong>er Umbau <strong>von</strong> Unternehmen: Der Verbund unterstützte<br />

u.a. die <strong>Nachhaltig</strong>keitsstrategie der Stadtwerke Potsdam,<br />

die ihre Produkte und Verfahren neu entwickeln. Weiterhin<br />

förderte er u.a. die drittmittelfinanzierten Projekte NBB (<strong>Nachhaltig</strong>es<br />

<strong>Wirtschaften</strong> in Berliner Betrieben) und KONA (Kompetenzentwicklung<br />

für nachhaltiges Handeln) sowie die Projekte<br />

BeNIN (Berliner Netzwerk für Innovation und <strong>Nachhaltig</strong>keit)<br />

und die partizipative Neugestaltung der Umweltallianz Sachsen<br />

(weitere aktuelle Projekte unter www.sustainum.de).<br />

3 Fachtagungen, Workshops und Kongresse: U.a. der internationale<br />

Workshop 2008, auf dem das „Deutsch-polnische Netzwerk<br />

Wissenschaftler für <strong>Nachhaltig</strong>keit“ gegründet wurde oder die<br />

Workshops 2009 und 2010 zur <strong>Nachhaltig</strong>en Ökonomie, wo das<br />

gleichnamige Netzwerk seine Geburtsstunde hatte. <strong>2013</strong> und<br />

2014 sollen Kongresse zum Thema <strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie mit<br />

den Fachforen Green Economy, Klima- und Ressourcenschutz<br />

stattfinden.<br />

4 Grundlagen der <strong>Nachhaltig</strong>en Ökonomie und des <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagements:<br />

zwei Lehrbücher und zahlreiche weitere Bücher,<br />

die z.T. ins Polnische, Portugiesische und Vietnamesische<br />

übersetzt wurden und in diesen Ländern in der Hochschullehre<br />

eingesetzt werden.<br />

5 Lehrmaterialien: Aus den Lehrbüchern wurde pro Kapitel eine<br />

PowerPoint-Datei erstellt. Die Dateien sind auf den Webseiten<br />

der Organisationen frei zugänglich:<br />

www.institut-ina.de.<br />

112 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Institutionen der <strong>Nachhaltig</strong>keit | Themen<br />

Forschung: <strong>Nachhaltig</strong>er Umbau, Bücher und Lehrmaterial<br />

Um theoretische und praktische Lösungen für die globalen<br />

Probleme des 21. Jahrhunderts zu entwickeln, betreiben<br />

die drei Forschungsinstitute des <strong>Nachhaltig</strong>keitsverbundes<br />

(Institut der HWR, Sustainum und INa) unterschiedliche<br />

Drittmittelprojekte, welche die Finanzierung der anderen<br />

Arbeiten ermöglichen.<br />

Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit, Politikberatung<br />

Die Vereine und das Netzwerk betreiben Webseiten, geben<br />

vierteljährlich einen Newsletter heraus und führen halbjährlich<br />

ein <strong>Nachhaltig</strong>keits<strong>forum</strong> mit prominenten Referenten<br />

und etwa jeweils 150 Teilnehmern durch. So stand das 9.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keits<strong>forum</strong> am 12. November 2012 in Berlin z.B.<br />

unter dem Motto: <strong>Nachhaltig</strong>e Marktwirtschaft – Kapitalismus<br />

nachhaltig umbauen.<br />

Weiterhin beteiligen sich Vertreter des Netzwerks <strong>Nachhaltig</strong>e<br />

Ökonomie und der GfN regelmäßig an Anhörungen sowie<br />

mittels Stellungnahmen und Artikeln an der öffentlichen<br />

Politikberatung, wie beispielsweise dem Fortschrittsbericht<br />

der Bundesregierung.<br />

So hat sich das Netzwerk dafür eingesetzt, dass die künftige<br />

(auch wirtschaftliche) Entwicklung nur noch im Rahmen der<br />

natürlichen Tragfähigkeit erfolgen darf – eine Position, die<br />

die Bundesregierung 2012 übernommen hat. Schon früher<br />

hat sich die GfN für Nutzungspflichten <strong>von</strong> erneuerbaren<br />

Energien im Wohnungsbau eingesetzt – eine Forderung,<br />

die im Erneuerbaren-Energien-Wärmegesetz ihren Niederschlag<br />

fand.<br />

dass die nachhaltige Wirtschaftslehre in allen Studiengängen<br />

als Wahlpflichtfach und in alle nachhaltigkeitsrelevanten<br />

Studienfächer als dreisemestriges Pflichtfach eingeführt<br />

wird – eine Forderung, die <strong>von</strong> verschiedenen Studierendeninitiativen<br />

unterstützt wird.<br />

V.l.n.r.: Adam Smith legte einst die Grundsteine für die traditionelle<br />

Ökonomie, Arthur Pigou brachte die Umwelt mit einer Steuer gegen<br />

Umweltverschmutzung ins Spiel und John Maynard Keynes<br />

sprach sich für das Eingreifen des Staates bei Marktversagen aus<br />

und stärkte damit die Soziale Marktwirtschaft.<br />

Nun müssen wir mit diesem Fundament zu einer zukunftsfähigen<br />

nachhaltigen Wirtschaftslehre kommen und ein dauerhaftes und<br />

gerechtes <strong>Wirtschaften</strong> innerhalb der Grenzen der natürlichen<br />

Tragfähigkeit finden. Ohne diese Weiterentwicklung – so die These<br />

<strong>von</strong> Holger Rogall – wird es in 30 bis 40 Jahren gar kein <strong>Wirtschaften</strong><br />

mehr geben, weil Klima- und Ressourcenkriege dominieren.<br />

Um dieses umfangreiche Programm zu bewältigen, arbeiten<br />

die Hochschullehrer mit Studierenden und Absolventen<br />

zusammen. Das Netzwerk <strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie hat seit<br />

2009 mehr als 250 neue Mitglieder hinzugewonnen, darunter<br />

über 90 Dozenten und Wissenschaftler aus Brasilien, Chile,<br />

Deutschland, Österreich, der Schweiz, Polen und Vietnam,<br />

zu ihnen gehören neben den renommierten Herausgebern<br />

des Jahrbuchs auch Ernst-Ulrich <strong>von</strong> Weizsäcker, Ottmar<br />

Edenhofer und Franz Joseph Rademacher.<br />

Eine nachhaltige Wirtschaftslehre ist eine Kerndisziplin der<br />

Sustainable Science, denn die wichtigsten Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts – Klimaerwärmung, Ressourcenverbrauch,<br />

Verteilungsungleichheit, Armut – sind eng mit<br />

der Art des heutigen <strong>Wirtschaften</strong>s, ihren Produkten und<br />

Techniken verbunden.<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Wirtschaftslehre als Pflichtfach!<br />

Zurzeit existieren in Deutschland drei Professuren zur <strong>Nachhaltig</strong>en<br />

Ökonomie (Berlin, Münster, Konstanz), zuzüglich<br />

einer größeren Reihe <strong>von</strong> Professuren, die eine ähnliche<br />

Ausrichtung haben (z.B. <strong>Nachhaltig</strong>keitsökonomie, Ökologische<br />

Ökonomie usw.). Der <strong>Nachhaltig</strong>keitsverbund fordert,<br />

Im Profil<br />

Unter diesem QR-Code finden Sie den Bericht<br />

über das neunte <strong>Nachhaltig</strong>keits<strong>forum</strong> auf<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net.<br />

Holger Rogall<br />

ist Professor für <strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie<br />

und Direktor des Instituts<br />

für <strong>Nachhaltig</strong>keit der Hochschule<br />

für Wirtschaft und Recht Berlin<br />

(HWR) sowie Leiter des Instituts<br />

für <strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie (INa).<br />

Mit zahlreichen Lehrbüchern will<br />

er die traditionelle Ökonomie<br />

grundlegend reformieren. Weiterhin<br />

ist er Vorsitzender der „Gesellschaft<br />

für <strong>Nachhaltig</strong>keit e.V.“<br />

und Koordinator des „Netzwerks<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Ökonomie“.<br />

holger.rogall@hwr-berlin.de<br />

www.holger-rogall.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

113


Themen | Social Business |<br />

Mrs Social und Mr Business –<br />

Hilfe für 150 Mio. Menschen<br />

Die Social Buiness Start-ups-Serie präsentiert Ihnen dieses Mal eine Liebesgeschichte<br />

mit Durchblick. Erfahren Sie, wie eine einfache Brille die Welt<br />

verändern könnte.<br />

So gut ergänzten sich die Verliebten Mrs Social und<br />

Mr Business noch nie – und das, obwohl ein globales<br />

Problem ihre Liebe auf eine harte Probe stellte.<br />

„Hunderte Millionen Menschen in Entwicklungsländern<br />

können nicht sehen, weil sie sich keine Brille<br />

leisten können“, las Mrs Social laut aus der Zeitung<br />

vor. Sie hoffte, ihr Partner könnte mit einem rettenden<br />

Einfall helfen. Mr Business dachte sofort<br />

an das verlorene wirtschaftliche Potenzial. Denn<br />

Menschen, deren Sehschwäche<br />

nicht behandelt wird, können<br />

nicht lesen, schreiben oder<br />

arbeiten. Er hatte eine Vision:<br />

Er wollte 150 Millionen Menschen<br />

dauerhaft mit Brillen versorgen.<br />

Dazu entwickelte er eine spezielle Methode, denn<br />

die Brillen mussten gleichzeitig billig und vor Ort<br />

produzierbar sein. So würden in den Entwicklungsländern<br />

neue Jobs in der Herstellung <strong>von</strong> Brillen entstehen<br />

und Menschen endlich vernünftig sehen und somit arbeiten<br />

oder in die Schule gehen können. Mrs Social war begeistert<br />

<strong>von</strong> der Idee, die so viel Gutes versprach.<br />

Martin Aufmuth, der Erfinder der EinDollarBrille, hält für<br />

<strong>forum</strong> die Anfänge seiner Initiative in Tagebucheinträgen fest.<br />

09.06.2009<br />

Beginn einer Vision – bezahlbare Brillen für arme Menschen<br />

In dem Buch „Out of Poverty“ <strong>von</strong> Paul Polak lese ich das erste<br />

Mal <strong>von</strong> einer Idee, die mein Leben und das meiner Familie dauerhaft<br />

verändern wird. Polak schreibt über eine Erfindung, die es<br />

noch nicht gibt: Eine günstige Brille, die sich Menschen leisten<br />

können, die <strong>von</strong> einem Dollar am Tag leben müssen. Ich denke:<br />

„Schade, dass es so eine Brille nicht gibt...“ und lese weiter. Ein<br />

paar Tage später sehe ich im Ein-Euro-Laden zufällig Brillen für<br />

einen Euro! Ich überlege: Warum gibt es in einem reichen Land<br />

wie Deutschland Brillen für einen Euro und in armen Ländern<br />

nicht? Mein Forscher- und Erfindergeist ist geweckt.<br />

Die EinDollarBrille – besser sehen für 80 Cent<br />

EinDollarBrille e.V. ist ein Verein mit dem Ziel, Menschen in Entwicklungsländern<br />

dauerhaft mit bezahlbaren Brillen zu versorgen.<br />

Gründer des Vereins und Erfinder der EinDollarBrille ist der<br />

Erlanger Lehrer Martin Aufmuth. Seine Brille besteht aus einem<br />

extrem leichten und stabilen Rahmen aus Federstahl, in den<br />

bruchsichere Linsen aus Polycarbonat einfach eingeklickt werden<br />

können. Menschen vor Ort können die Brillen auf einer einfachen<br />

Handbiegemaschine herstellen. Eine komplette Optikerausrüstung<br />

passt in eine 30x30x30 cm große Holzkiste. Die Biegemaschine ist<br />

so einfach konstruiert, dass selbst Analphabeten innerhalb <strong>von</strong><br />

zwei Wochen das Biegen der Brillengestelle erlernen können. Eine<br />

komplette Biegemaschine kostet ca. 2.000 Euro und wird den Ein­<br />

DollarOptikern als Darlehen zur Verfügung gestellt. Rund 30.000<br />

Brillen pro Jahr können mit einer einzigen Maschine hergestellt<br />

werden. Die Materialkosten für eine Brille liegen bei rund 0,80<br />

US-Cent. Auch sehr arme Menschen können sich eine solche Brille<br />

leisten. Das Vertriebskonzept sieht vor, dass der EinDollarBrillen-<br />

Optiker mit dem Fahrrad <strong>von</strong> Dorf zu Dorf fährt und den Menschen<br />

vor Ort ihre Brillen anpasst. Die Herstellung der Biegemaschinen<br />

wird bisher ausschließlich über Spenden finanziert. Mit rund 7.500<br />

Biegemaschinen, strategisch über die Welt verteilt, könnten nach<br />

einer Schätzung <strong>von</strong> Martin Aufmuth weltweit rund 150 Millionen<br />

Fehlsichtige mit Brillen versorgt werden.<br />

Informationen unter: www.eindollarbrille.de<br />

Spendenkonto:<br />

EinDollarBrille e.V.<br />

Konto: 60044415<br />

BLZ: 76350000<br />

13.11.2009<br />

Der Entschluss – gute und günstige Brillen müssen her<br />

Ich beginne zu recherchieren. Niederländer haben eine<br />

Brille für Entwicklungsländer entwickelt, bei der sich mit<br />

einem Rädchen zwei Linsen übereinander schieben lassen<br />

Rechts: Hilfe zur Selbsthilfe - Ein mobiler Fahrradoptiker fährt <strong>von</strong><br />

Dorf zu Dorf. Die Menschen werden vor Ort getestet und erhalten<br />

im Anschluss die passende Brille. Ein sechzigjähriger Mann sieht das<br />

erste Mal in seinem Leben sein Dorf. „Behinderte“ Kinder können<br />

plötzlich ganz normal am Unterricht teilnehmen.<br />

114 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Social Business | Themen<br />

und man so die Stärke einstellen kann. Begeistert bestelle<br />

ich eine Brille und probiere sie aus. Das Sehfeld ist leicht<br />

eingeschränkt, das Bild etwas verzerrt, aber sie funktioniert.<br />

Ich möchte die Brille <strong>von</strong> meinen Fingerabdrücken reinigen<br />

und halte sie unter den Wasserhahn. Da passiert es: Der<br />

Hohlraum zwischen den beiden Linsen läuft voll wie ein<br />

Aquarium! Mit dem Wasser gelangt Schmutz zwischen die<br />

Linsen. In Afrika wird diese Brille nicht länger als eine Woche<br />

Durchblick gewähren. Ich bin schockiert: Das also ist die Antwort<br />

unserer westlichen Welt auf ein existentielles Problem,<br />

das hunderte Millionen Menschen in Entwicklungsländern<br />

haben? In diesem Moment fasse ich einen Entschluss: Ich<br />

möchte das ändern.<br />

14.11.2009<br />

Daniel Düsentrieb ist erwacht<br />

Monatelang sammele ich Informationen über Brillentypen<br />

und experimentiere mit verschiedensten Materialien. Ich<br />

baue eine Brille mit Fahrradbremskabel als Nasensteg, voll<br />

flexibel, günstig in der Herstellung, allerdings benötige ich<br />

dazu Schrauben. Und die können in Afrika unwiederbringlich<br />

verloren gehen. Ich verwerfe das Modell. Weitere Modelle<br />

folgen, ich arbeite etwa 1.000 Patente auf Ideen durch,<br />

durchforste das Internet und diverse Kaufhäuser nach verschiedenen<br />

Brillentypen und dann…<br />

11.04.2010<br />

Die erste EinDollarBrille ist fertig<br />

Der Rahmen aus gebogenem Federstahldraht mit den gehärteten<br />

Linsen aus Polykarbonat ist so stabil wie eine teure Brille<br />

aus Titanflex. Zum Test lege ich die Brille auf meinen Stuhl und<br />

setzte mich darauf – sie hält. Die Linsen lassen sich mit einem<br />

einzigen Handgriff in den Rahmen einklicken. Werkzeug ist<br />

nicht erforderlich. Zwei farbige Glasperlen verleihen der Brille<br />

ein hübsches, individuelles Design (auch arme Menschen<br />

haben eine schöne Brille verdient). Und das Wichtigste: Die<br />

gesamten Materialkosten liegen bei ca. 0,80 US-Dollar.<br />

20.04.2010<br />

In meiner Waschküche<br />

… (bei Gates war es die Garage) stelle ich in monatelanger<br />

Kleinarbeit die erste Handbiegemaschine für meine speziellen<br />

Brillen her. Sie ist noch etwas umständlich zu bedienen und<br />

nicht besonders präzise, aber die ersten Brillenrahmen lassen<br />

sich damit bereits biegen. Jetzt kann der Praxistest beginnen...<br />

31.03.2012<br />

Feuerprobe in Uganda<br />

Es ist Nacht. Ich verlasse das Flughafengebäude in Entebbe/Uganda.<br />

Tropisch feuchte Luft schlägt mir entgegen. In<br />

zwei schweren Kisten transportiere ich drei meiner Biege­<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

115


TheMeN | SOCIAL BUSINESS |<br />

zehn harten trainingstagen bekommen die besten drei absolventen<br />

des trainings eine Biegemaschine überreicht. Sie<br />

arbeiten nun als selbstständige EinDollarBrillen­Optiker und<br />

haben bereits weitere Mitarbeiter ausgebildet. als mobile<br />

Fahrradoptiker fahren sie <strong>von</strong> Dorf zu Dorf, im Gepäck eine<br />

Handvoll Rahmen und einen Kasten mit Linsen in Stärken <strong>von</strong><br />

­6.0 bis +6.0 dioptrien. Sie hängen eine Sehprobentafel an<br />

einen Baum und testen die Fehlsichtigen vor Ort durch Vorhalten<br />

der unterschiedlichen Linsen. Sind die richtigen Gläser<br />

gefunden, klickt sie der Optiker in den Federstahlrahmen ein<br />

und passt die neue Brille dem Patienten an. Eine Näherin ist<br />

überglücklich, dass sie nun den Faden wieder in die Nadel<br />

einfädeln kann. Ein sechzigjähriger Mann sieht das erste<br />

Mal in seinem Leben sein Dorf. „Behinderte“ Kinder können<br />

plötzlich ganz normal am Unterricht teilnehmen.<br />

maschinen, einige Kilo Federstahldraht, Schrumpfschlauch<br />

und Perlen. Mir gehen verschiedene Fragen durch den<br />

Kopf: Was mache ich hier eigentlich? Interessiert sich hier<br />

überhaupt jemand für meine Brillen? Ist mein Konzept praxistauglich?<br />

Etwa 800 Menschen lagern am nächsten Morgen<br />

bereits vor dem Krankenhaus <strong>von</strong> Kasana. Fünf Trainees einer<br />

Partnerorganisation warten auf mich. Ihnen werde ich in den<br />

folgenden zwei Wochen zeigen, wie man die EindollarBrillen<br />

mit meinen Maschinen herstellt. Zeitgleich versorgen wir<br />

bereits rund 500 Kinder, Erwachsene und alte Menschen<br />

mit Brillen. Nach zwei Wochen habe ich viel gelernt und ich<br />

weiß: Meine Idee funktioniert!<br />

28.10.2012<br />

ein Mann sieht das erste Mal in seinem Leben sein Dorf<br />

Ich bin zum zweiten Mal in Uganda. Insgesamt 14 Trainees<br />

arbeiten jetzt <strong>von</strong> früh bis spät an drei neuen Maschinen,<br />

die ich nochmals stark vereinfacht habe. Für die Herstellung<br />

einer Brille benötige ich jetzt nur noch zwölf Minuten. Nach<br />

<strong>02</strong>.<strong>02</strong>.<strong>2013</strong><br />

Eine Vision könnte wahr werden<br />

inzwischen melden sich fast täglich organisationen aus<br />

den unterschiedlichsten Ländern, weil sie mein Konzept<br />

in ihre arbeit integrieren möchten. in deutschland biete<br />

ich regelmäßig Biegekurse an, immer auf der Suche nach<br />

Mitstreitern, die dann meine Maschinen in die Welt hinaustragen<br />

und dort EinDollarBrillen­Optiker ausbilden können.<br />

Maschinenbau­Unternehmen bieten an, kostenfrei teile für<br />

die Biegemaschinen zu fertigen. Ein Anfang ist gemacht! Ich<br />

bin inzwischen zuversichtlich: Wenn sich noch viele, viele<br />

Unterstützer finden, können wir es schaffen, ein globales<br />

Problem zu lösen und 150 Millionen Menschen weltweit<br />

dauerhaft mit Brillen versorgen.<br />

Möchten auch sie Ihre social Business­Liebesgeschichte<br />

vorstellen? Schreiben Sie unserer Redakteurin Sandra<br />

Lukatsch s.lukatsch@<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Kongress<br />

23.Mai <strong>2013</strong><br />

ab 16:30 Uhr<br />

– 24.Mai <strong>2013</strong><br />

Seminartag<br />

25.Mai <strong>2013</strong><br />

„Die Kunst der Freiheit“<br />

Der Kongress für ein nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong><br />

ReferentInnen<br />

Über 40 ReferentInnen und ExpertInnen aus dem In- und Ausland<br />

Helena Norberg-Hodge · Bibi Russell · Bernd Senf · Kathrin Hartmann · Maurizio<br />

Pallante · Carla Poli · Gerhard De Haan · Niko Paech · Andrea Zanoni · Giovanni<br />

Podini · Peter Thun · Christian Felber · Katharina Erlacher Wolf · Josef Kreitmayer<br />

· Vivian Dittmar · Patrick Kofler · Karl <strong>von</strong> Koerber · Gaia Palmisano · Michael<br />

Schlauch · Manfred Blachfellner · Thomas Fundneider · Birgit Lenz · Ferruccio<br />

Nilia · Andrea Saroldi · Nicolino Di Giano · Anton Auer · Toni Russo · Helmut Lind<br />

· Ernst Gugler · Hubert Rhomberg · Josef Ober · Hans Holzinger · Seraina Seyffer<br />

· Gigi Perinello · Sandro Innocenti · Alois Hofer · Marco Kampp · Margret Rasfeld<br />

· Susanne Elsen · Anja Salzer · Marius Gebhard · Angelika Zahrnt<br />

helios.bz<br />

13.–14. März <strong>2013</strong><br />

Gerhard de Haan<br />

Helena<br />

Norberg-Hodge<br />

Kathrin Hartmann<br />

Bibi Russell<br />

Niko Paech<br />

Initiatoren & Partner<br />

116 Mehr Infos unter:<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />

www.thinkmoreabout.com<br />

Bernd Senf<br />

Andrea Zanoni


Service<br />

<strong>forum</strong> Medientipps | 118<br />

B.A.U.M. informiert | 120<br />

<strong>forum</strong> Adressen | 122<br />

<strong>forum</strong> Kleinanzeigen | 123<br />

<strong>forum</strong> events in der vorschau | 124<br />

<strong>forum</strong> events im rückblick | 126<br />

Themenvorschau und impressum | 128<br />

10 Traumfragen an … Benjamin Adrion | 130<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

117


Service | MEDIENTIPPS |<br />

Alexandra Hamann, Claudia Zea-Schmidt und<br />

Prof. Dr. Reinhold Leinfelder (Hrsg.)<br />

Die Große Transformation.<br />

Klima – Kriegen wir die Kurve?<br />

Wenn unsere Gesellschaften in 50 Jahren noch<br />

funktionieren sollen, müssen wir den Verbrauch<br />

<strong>von</strong> fossilen Brennstoffen drastisch reduzieren<br />

und ein nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong> lernen. Wie<br />

das gehen soll, haben die neun Wissenschaftler<br />

erarbeitet, die den <strong>von</strong> der deutschen Bundesregierung<br />

bestellten Wissenschaftlichen<br />

Beirat globale Umweltveränderungen (WBGU)<br />

bilden. In Form <strong>von</strong> Graphic Interviews mit<br />

jedem <strong>von</strong> ihnen wird <strong>von</strong> ganz verschiedenen<br />

Seiten betrachtet, was Fakt und was zu tun ist.<br />

Denn Geo- und Klimawissenschaft, Wirtschaft<br />

und technik, Politik und Alltagskultur müssen<br />

zusammenwirken, um die unumgängliche Große<br />

transformation zu erreichen.<br />

<strong>2013</strong>, 144 Seiten, EUR 14,95<br />

ISBN: 978-3-941087-23-1<br />

www.die-grosse-transformation.de<br />

B.A.U.M. e.V.: Bundesdeutscher Arbeitskreis<br />

für Umweltbewusstes Management (Hrsg.)<br />

Pioniere der <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

20 Jahre B.A.U.M.-Umweltpreis<br />

Es gibt sie, die Pioniere der <strong>Nachhaltig</strong>keit:<br />

Menschen, die den Weg für eine zukunftsfähige<br />

Wirtschaftsweise ebnen, die nicht nur reden<br />

schwingen, sondern handeln. Solche Menschen<br />

zeichnet der Bundesdeutsche Arbeitskreis für<br />

Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e. V.<br />

seit 1993 aus: engagierte Persönlichkeiten, die das<br />

Umwelt- und nachhaltigkeitsmanagement in den<br />

Unternehmen, aber auch in Wissenschaft, Medien<br />

und anderen institutionen erfolgreich voranbringen.<br />

In diesem Buch werden Preisträger vorgestellt, die<br />

sich in und mit ihrer Arbeit der Umwelt und dem<br />

nachhaltigkeitsgedanken widmen – mal als Vordenker<br />

ihrer Disziplin, mal als Vorbild ihrer Branche.<br />

<strong>2013</strong>, 144 Seiten, EUR 24,95<br />

ISBN: 978-3-86581-420-3<br />

www.oekom.de<br />

Ernst A. Grandits (Hrsg.)<br />

2112<br />

Die Welt in 100 Jahren<br />

renommierte Wissenschaftler, Künstler und<br />

Journalisten wagen einen Blick in das 22.<br />

Jahrhundert: Wird es in 100 Jahren Kriege um<br />

Wasser und Öl geben – oder haben wir den<br />

Mars angezapft? Kann man sich bald gegen<br />

Krebs impfen lassen – oder droht uns die größte<br />

Gefahr ohnehin durch Umweltkatastrophen?<br />

Fahren wir noch Auto – oder bewegen wir uns<br />

nur mehr digital? Mit 23 Beiträgen <strong>von</strong> Harald<br />

Welzer, Herfried Münkler, Peter Weibel, Denis<br />

Scheck u.v.m.<br />

2012, 3<strong>02</strong> Seiten, EUR 19,80<br />

ISBN: 978-3-487-08519-7<br />

www.olms.de<br />

Judith Anger, Immo Fiebrig, Martin Schnyder<br />

Jedem sein Grün!<br />

Urbane Permakultur – Selbstversorgung ohne<br />

Garten<br />

Kein eigener Garten, kein Balkon? Kein Problem,<br />

denn mit diesem neuen Ratgeber kann jeder<br />

selbstgepflanztes obst und Gemüse, Pilze oder<br />

Kräuter genießen. Permakultur, wie sie Sepp Holzer<br />

schon seit langem propagiert, funktioniert auch in<br />

der Stadt. Das umfangreich bebilderte Buch zeigt<br />

eindrucksvoll und auf zugleich lockere Weise, wie<br />

Menschen erfinderisch und mit einfachen Mitteln<br />

neue Lebensperspektiven entdecken.<br />

2012, 116 Seiten, EUR 19,99<br />

ISBN: 978-3-7088-0544-3<br />

www.kneippverlag.com<br />

Klaus W. König<br />

Grauwassernutzung<br />

Ökologisch notwendig – Ökonomisch sinnvoll<br />

Die Grauwassernutzung ist wie die Regenwassernutzung<br />

und die Verwendung <strong>von</strong> Brunnenwasser<br />

eine geeignete Technik, um den<br />

Trinkwasserverbrauch in Gebäuden und auf<br />

Grundstücken zu reduzieren. Dies ist ein wirksamer<br />

Beitrag zum Umweltschutz und hilft, die<br />

Kosten für den Wasserverbrauch zu senken. Der<br />

Autor stellt im Zusammenhang mit der aktuellen<br />

Diskussion auch die Frage, ob Wasser sparen<br />

bei uns Sinn macht. Auf 130 Seiten wird das<br />

Thema Wasserrecycling technisch, historisch,<br />

volkswirtschaftlich und politisch ausgebreitet.<br />

2012, 130 Seiten, EUR 19,80<br />

ISBN: 978-3-00-039866-7<br />

www.ewu-aqua.de<br />

Jan Haft (Regie+Buch), Gerwig Lawitzky<br />

(Buch), Benno Fürmann (Erzählstimme)<br />

Das grüne Wunder – Unser Wald<br />

er liegt ganz in unserer nähe, aber eröffnet bei<br />

genauem Hinsehen eine völlig neue Welt:<br />

Mit seinen edlen, poetischen Bildern ist der<br />

Kinofilm DAS GrÜne WUnDer – UnSer WALD<br />

eine spektakuläre Entdeckungsreise durch den<br />

bekanntesten, schönsten und vielfältigsten<br />

heimischen Lebensraum, den Wald. intime<br />

Verhaltensbeobachtungen wohlvertrauter Arten<br />

wie Fuchs, Wildschwein und Rothirsch wechseln<br />

mit den Geschichten der eher skurrilen Waldbewohner,<br />

darunter Schillerfalter, Blattläuse,<br />

Lebermoose, rote Knotenameisen, Hirschkäfer<br />

und Lerchensporn. So entsteht ein raffiniertes<br />

naturkundliches Puzzle, das dem romantischen<br />

Mythos Wald ganz greifbaren Zauber verleiht.<br />

www.dasgruenewunder-derfilm.de<br />

118 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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Der CSR-Manager<br />

Der CSR-Manager ist das Handbuch für gesellschaftlich<br />

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119


Service | B.A.U.M. informiert |<br />

Unternehmen im Kontext globaler Veränderungen und<br />

nachhaltiger Unternehmensführung<br />

Eine Annäherung an das Thema der B.A.U.M.-Jahrestagung <strong>2013</strong> im Gespräch mit<br />

Werner Graf, Managing Director <strong>von</strong> Panasonic Deutschland<br />

Wie gehen Sie bei Ihren internationalen Geschäftspartnern<br />

mit dem Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit um?<br />

Wir achten natürlich bei unseren Geschäftspartnern darauf,<br />

dass sie nachhaltig arbeiten. So müssen alle Zulieferer unserer<br />

„Green-Procurement-Erklärung“ zustimmen. Darin verpflichten<br />

sie sich, die Einflüsse ihrer Geschäftsaktivitäten auf die Umwelt<br />

zu reduzieren. So enthält die Erklärung unter anderem Regeln<br />

zur Reduktion <strong>von</strong> CO 2<br />

-Abgasen oder zum Recycling. Wir wollen<br />

damit sicherstellen, dass die Lieferung aller Teile, Materialien<br />

und Produkte gemäß unserer „grünen“ Beschaffungsrichtlinien<br />

erfolgt. Auch unterstützen wir unsere Zulieferer beim Entwickeln<br />

neuer umweltschonender Materialien und versuchen dadurch,<br />

die gesetzlichen Richtlinien noch zu übertreffen.<br />

Herr Graf, Ihr Unternehmen ist international tätig. Wie können<br />

Unternehmen umweltbewusst und nachhaltig wirtschaften<br />

und zugleich weltweit konkurrenzfähig bleiben?<br />

Ich glaube, dass umweltbewusstes und nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong><br />

die Konkurrenzfähigkeit nicht ausschließt. Im Gegenteil: Die<br />

Verbraucher fordern vermehrt grüne Produkte. Darauf müssen<br />

Unternehmen reagieren. Wer sich nicht ausreichend mit diesem<br />

Thema beschäftigt, wird auf Dauer den Anschluss an die<br />

Konkurrenz verlieren.<br />

Wir bei Panasonic haben uns deshalb der „eco ideas“ Strategie<br />

verpflichtet, mit der wir zu unserem 100-jährigen Bestehen<br />

im Jahr 2018 das weltweit führende Unternehmen für grüne<br />

Innovationen in der Elektronikindustrie werden wollen. Aktuell<br />

konzentrieren wir uns im Bereich der nachhaltigen Innovationen<br />

auf sogenannte intelligente <strong>Städte</strong>, die im Idealfall völlig emissionsfrei<br />

betrieben werden. Mit unserer „Fujisawa Sustainable<br />

Smart Town“ errichten wir 50 Kilometer westlich <strong>von</strong> Tokio<br />

einen Stadtteil, der seine Energie autark und umweltfreundlich<br />

erzeugt, speichert und verwaltet. Die Technik dazu kommt<br />

bereits heute <strong>von</strong> Panasonic. Unter anderem liefern wir Wärmepumpen,<br />

Brennstoffzellen, Lithium-Ionen-Haushaltsakkus und<br />

Energiemanagementsysteme. Bis 2018 soll die Stadt in Betrieb<br />

genommen werden.<br />

B.A.U.M.-Jahrestagung und Preisverleihung <strong>2013</strong><br />

10. und 11 Juni <strong>2013</strong><br />

Graf <strong>von</strong> Faber-Castell’sches Schloss in Stein bei Nürnberg<br />

Programm, Anmeldung und weitere Informationen unter<br />

www.baumev.de/umweltpreis<br />

Welche Instrumente stehen Unternehmen zur Verfügung, um<br />

die gesamte Wertschöpfungskette nachhaltig zu gestalten?<br />

Die Instrumente hierfür sind sehr vielfältig und ergeben sich<br />

immer aus konkreten Situationen. Ein Beispiel: Als einziges<br />

japanisches Unternehmen beteiligt sich Panasonic derzeit an<br />

einem Pilotprojekt der OECD zur Implementierung sogenannter<br />

„Due-Diligence-Leitlinien“ für verantwortungsvolle Lieferketten.<br />

Wir wollen so vermeiden, dass unsere Rohstoffe aus Konfliktgebieten<br />

stammen. Das Thema beschäftigt uns schon länger: So<br />

haben wir bereits im Februar 2011 unsere Partner für Komponenten<br />

und Materialien aufgefordert, die Quellen der <strong>von</strong> ihnen<br />

verwendeten Mineralien zu überprüfen.<br />

Wie können weltweit agierende Unternehmen in puncto<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit eigene Zeichen setzen?<br />

Wir stehen auf dem Standpunkt, zunächst „vor der eigenen<br />

Haustür zu kehren“. Es ist Teil unserer Konzernstrategie, dass<br />

die verschiedenen Standorte sowohl globale Initiativen fördern<br />

als auch eigene Projekte umsetzen. Denn bei den lokalen Maßnahmen<br />

können wir den Bedarf am Besten einschätzen und die<br />

Projekte gewissenhaft umsetzen.<br />

Bei Panasonic Deutschland setzen wir den Fokus stark auf das Thema<br />

Umweltbildung. Wir unterstützen in diesem Zusammenhang<br />

bundesweite Initiativen wie Sielmanns Natur-Ranger oder den<br />

Bundesumweltwettbewerb, aber auch regionale Vereine wie das<br />

Hamburger Forschungsschiff Aldebaran. Diese Partner setzen sich<br />

auf unterschiedliche Art und Weise dafür ein, Kinder und Jugendliche<br />

für die Themen Umweltschutz und Klimawandel zu sensibilisieren.<br />

Herr Graf, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns<br />

auf Ihren Vortrag bei der B.A.U.M.-Jahrestagung!<br />

120 Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. <strong>forum</strong> Ein Produkt <strong>Nachhaltig</strong> der Steinbeis <strong>Wirtschaften</strong><br />

Papier GmbH.


| B.A.U.M. informiert | Service<br />

Nachrichten<br />

B.A.U.M. und Accenture legen Report zur Stadt der Zukunft vor<br />

„Intelligent Cities – Wege zu einer nachhaltigen,<br />

effizienten und lebenswerten Stadt“ ist der Titel<br />

eines neuen Reports, der <strong>von</strong> B.A.U.M. und Accenture<br />

initiiert und mit Unterstützung weiterer Partner<br />

erarbeitet wurde (siehe Leitartikel S. 14 in diesem Heft). „Durch den zunehmenden<br />

Trend zur Urbanisierung sowie die großen Herausforderungen unserer Zeit – wie<br />

Energie, Klimawandel, Mobilität, demografischer Wandel, Ressourcenverfügbarkeit<br />

oder Flächenverbrauch – sind <strong>Städte</strong> und Regionen aufgefordert, sich bei ihrer<br />

Zukunftsplanung mit dem Thema <strong>Nachhaltig</strong>keit und der Entwicklung intelligenter<br />

Strukturen und Systeme verstärkt zu beschäftigen“, unterstreicht der B.A.U.M.-<br />

Vorsitzende Prof. Dr. Maximilian Gege die aktuelle Bedeutung des Themas.<br />

Eine Management-Zusammenfassung des Reports und weitere Informationen<br />

zum Projekt finden Sie auf www.intelligent-cities.net.<br />

Zahlreiche B.A.U.M.-Mitgliedsunternehmen für den CSR-Preis<br />

der Bundesregierung nominiert<br />

Mit dem CSR-Preis zeichnet die Bundesregierung <strong>2013</strong> erstmals vorbildliche<br />

und innovative Unternehmen für ihr Engagement im Bereich <strong>Nachhaltig</strong>keit aus.<br />

„Dabei geht es nicht um Alibi-Projekte. Entscheidend ist, wie ein Unternehmen<br />

als Ganzes handelt, denn erfolgreiche CSR ist tief im Kerngeschäft verankert“,<br />

betont die Schirmherrin des Wettbewerbs, die Bundesministerin für Arbeit und<br />

Soziales Dr. Ursula <strong>von</strong> der Leyen.<br />

„Es freut uns sehr, dass 12 der 20 Finalisten B.A.U.M.-Mitgliedsunternehmen<br />

sind. In der Kategorie ‘Unternehmen mit 50-499 Mitarbeiter/innen‘ sind sogar<br />

alle fünf Unternehmen Mitglied in unserem Netzwerk. Dies verdeutlicht das herausragende<br />

und überaus erfolgreiche Engagement unserer Mitglieder, speziell<br />

der KMU, im Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung“, so B.A.U.M.-<br />

Vorstandsmitglied Martin Oldeland. Die nominierten B.A.U.M.-Mitgliedsunternehmen<br />

sind: Bayer AG, Deutsche Bahn AG, Tchibo GmbH; Hipp GmbH & Co.<br />

Produktion KG, VAUDE Sport GmbH & Co. KG; Lebensbaum/Ulrich Walter GmbH,<br />

memo AG, Neumarkter Lammsbräu Gebr. Ehrnsperger e.K., Steinbeis Papier<br />

GmbH, Studiosus Reisen München GmbH; erecon AG, Thomas Becker – Atelier<br />

für Schmuck. Mehr unter www.csr-preis-bund.de.<br />

Partner im Netzwerk<br />

Als neue Mitglieder des Förder kreises <strong>von</strong> B.A.U.M.<br />

e. V.* begrüßen wir: Brill & Partner, Ihringen | DEVinitiv<br />

S. Handke & F. Jankl GbR, München | FIRST RABBIT GmbH,<br />

Köln | Gutwinski Management GmbH, Perchtoldsdorf |<br />

HAMBURG ENERGIE GmbH, Hamburg | Hellmann Sustainable Management,<br />

Hamburg | HSP Hoesch Spundwand und Profil GmbH, Dortmund | Managecon<br />

Maurizio Gasperi, Ammerbuch | Mitsubishi HiTec Paper Europe GmbH, Bielefeld<br />

| MÖRK WATER SOLUTIONS, Leonberg | Stadtwerke Barmstedt, Barmstedt | The<br />

New Motion GmbH, Berlin<br />

* Stand zum Redaktionsschluss am 06.<strong>02</strong>.<strong>2013</strong><br />

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121


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Verwaltung, Bauträger sowie Planungs- und Ingenieurbüros.<br />

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e-motors bietet Roadshows, Projekte und entwickelt Geschäftsmodelle<br />

im Bereich Elektromobilität. Ziel ist ein „Internationales Kompetenzzentrum<br />

Elektromobilität“ – das Elektrodrom.<br />

Gesundheitscoaching – für Unternehmen, die sich motivierte, zufriedene<br />

Mitarbeiter wünschen, und für alle, die sich durch einen gesunden<br />

Lebensstil wieder fit und in ihrer Haut wohl fühlen möchten.<br />

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Alpbach 246 | A-6236 Alpbach, Tirol<br />

Tel. +43 (0)5336 / 60 0 - 1 00<br />

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122 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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Telefon +49 (0)89 / 88 98 95 38<br />

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Lieferkette • CSR-Profil-Bildung • Kommunikation •<br />

Management • Controlling<br />

info@fairsociety.de www.fairsociety.de 089/79 03 25 56<br />

TouchLife Massage<br />

... ist die Kunst der achtsamen<br />

Berührung, die auf fünf Pfeilern<br />

ruht: Massage techniken, Gespräch,<br />

Energieausgleich, Atem und<br />

Achtsam keit. Über 400 Top-<br />

Adressen für die optimale Massage in Ihrer Nähe.<br />

Plus mobiler Massageservice für Gesundheitsprogramme<br />

am Arbeitsplatz oder Aktionen auf Messen und Events.<br />

Adressen & Ausbildungsinfos<br />

TouchLife-Schule • Breckenheimer Str. 26 a • 65719<br />

Hofheim • 06192-24513 • www.touchlife.de<br />

Corporate Responsibility Strategie – Klimastrategie – Carbon Management<br />

„Wenn ich die Menschen<br />

gefragt hätte, was sie wollen,<br />

hätten sie gesagt schnellere Pferde“<br />

Henry Ford<br />

www.sustainable.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

123


Service | Events in der Vorschau |<br />

4./5. April <strong>2013</strong>,<br />

München<br />

Weitere Termine auf Anfrage<br />

Erfolgs-Seminar Storytelling<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit braucht Geschichten. Wer<br />

die Herzen der Menschen bewegt, kann<br />

auch gesellschaftlich und unternehmerisch<br />

viel bewegen. Für Ihre Ideen, Ihr<br />

Produkt oder Ihre Dienstleistung wird Storytelling<br />

den entscheidenden Unterschied<br />

machen. Schauspieler und Coach Ralph<br />

Willmann vermittelt in seinem Seminar,<br />

wie Sie Geschichten so heiß stricken, dass<br />

Ihre Zuhörer und Leser sie miterleben. So<br />

hat z.B. Teilnehmer und Agenturinhaber<br />

Patrick Kofler mit seiner überzeugenden<br />

Präsentation einen Millionen-Auftrag<br />

akquiriert. Seine auf Fahrradmarketing<br />

spezialisierte Agentur ist führend in Europa.<br />

Ein Muss für Kommunikationsleute,<br />

eine Bereicherung für Vortragende und<br />

Führungskräfte.<br />

www.eco-events.de/<strong>forum</strong><br />

9./10. April <strong>2013</strong>, Ludwigsburg bei Stuttgart<br />

Das 9. Deutsche CSR-Forum<br />

In Unternehmen haben CSR und <strong>Nachhaltig</strong>keit<br />

Auswirkungen auf Reputation,<br />

Strategie, Risikomanagement, Mitarbeiter-Motivation,<br />

Compliance und letztlich<br />

auf Produktivität und Profitabilität. Das<br />

Deutsche CSR-Forum präsentiert Vorbilder<br />

und ist zugleich Netzwerktreffen<br />

und Ideenbörse. Es fordert und fördert<br />

CSR- und nachhaltigkeitsrelevante Innovationen<br />

und will die gesellschaftliche<br />

Verantwortung <strong>von</strong> und mit Unternehmen<br />

vorantreiben. Eine Veranstaltung,<br />

die für alle gesellschaftlichen Gruppen<br />

einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige<br />

Entwicklung leistet.<br />

www.csr<strong>forum</strong>.eu<br />

11. bis 14. April <strong>2013</strong>,<br />

Stuttgart<br />

Fair Handeln<br />

Die FAIR HANDELN ist eine<br />

Messe für alle, die sich<br />

für ein global verantwortungsvolles und<br />

nachhaltiges Handeln engagieren. Sie stellt<br />

einen Marktplatz für den Fach- und Einzelhandel<br />

dar, der fair gehandelte Produkte,<br />

Nahrungsmittel, Textilien, Kosmetik, Blumen,<br />

Kunst etc. im Angebot hat. Darüber<br />

hinaus sind Corporate Social Responsibility<br />

(CSR), <strong>Nachhaltig</strong>er Tourismus und<br />

Entwicklungszusammenarbeit vorrangige<br />

Themen der zahlreichen Bildungsveranstaltungen<br />

und Forumsbeiträge.<br />

www.messe-stuttgart.de/fairhandeln<br />

12. bis 14. April <strong>2013</strong>, Freiburg<br />

Gebäude.Energie.Technik <strong>2013</strong><br />

Fachmesse zu Energieeffizienz und<br />

erneuerbaren Energien<br />

Wer Gebäude plant, betreibt, baut oder<br />

saniert, trifft sich auf der Gebäude.<br />

Energie.Technik (GETEC), der führenden<br />

Messe für private, gewerbliche und kommunale<br />

Bauherren, Immobilienbesitzer<br />

und Bauträger sowie Architekten, Planer,<br />

Energieberater und kommunale Energiebeauftragte.<br />

Produkte und Dienstleistungen<br />

für effizientes Modernisieren und<br />

Bauen sowie erneuerbare Energien stehen<br />

im Mittelpunkt. Bei umfangreichem<br />

Rahmenprogramm mit hochkarätigen<br />

Referenten, Fachvorträgen, Seminaren<br />

und Energieberatungen können Sie sich<br />

informieren und beraten lassen.<br />

www.getec-freiburg.de<br />

23. April <strong>2013</strong>, Wiesbaden<br />

„Sustainability Forum Wiesbaden –<br />

Lebenswelt Zukunft“<br />

Im Rahmen der 4. FRANKFURT GLOBAL<br />

BUSINESS WEEK lädt die Landeshauptstadt<br />

Wiesbaden zum „Sustainability Forum Wiesbaden<br />

– Lebenswelt Zukunft“ in das Kurhaus<br />

Wiesbaden ein. Nach dem Eröffnungsvortrag<br />

durch den Nobelpreisträger Professor<br />

Muhammad Yunus diskutieren Experten<br />

aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft u.a.<br />

die Themen: „Die Stadt als Lebensraum“,<br />

„Stadtquartiere für den Bürger <strong>von</strong> Morgen<br />

– Leben, Wohnen, Arbeiten, kurze Wege“<br />

sowie „Kommunale Energieversorgung als<br />

Motor für die Energiewende“.<br />

www.malekigroup.com<br />

24. bis 26. April <strong>2013</strong>, Berlin<br />

Deutscher Fundraising Kongress<br />

Der Deutsche Fundraising Kongress ist<br />

das Branchentreffen für die Kultur des<br />

Gebens. In zahlreichen Workshops, Seminaren,<br />

Table Sessions und mehr bietet<br />

die Jubiläumsausgabe des Kongresses<br />

in Berlin Erfahrungsaustausch, Praxisberichte<br />

und Networking für Fundraiser aller<br />

Erfahrungsstufen. Sie können sich online<br />

anmelden unter:<br />

www.fundraising-kongress.de<br />

13. Mai <strong>2013</strong>, Berlin<br />

13. Jahreskonferenz des Rates für<br />

<strong>Nachhaltig</strong>e Entwicklung<br />

Unter dem Motto „Mit Maß und Mut für<br />

eine politische Kultur der <strong>Nachhaltig</strong>keit“<br />

bietet der Rat für <strong>Nachhaltig</strong>e Entwicklung<br />

internationalen und nationalen Gästen die<br />

Gelegenheit, Positionen zu hören und Stellung<br />

zu beziehen: Was ist unser Maßstab<br />

für das nachhaltige <strong>Wirtschaften</strong>? Wie stellen<br />

wir uns den radikalen Veränderungen<br />

bei der Energiewende? Wie kümmern wir<br />

uns neben einer guten Ökobilanz auch<br />

um das Verhältnis <strong>von</strong> <strong>Nachhaltig</strong>keit und<br />

Arbeitskultur? Internationale Experten<br />

beraten in diesem Jahr erneut Erfolge<br />

und Defizite der <strong>Nachhaltig</strong>keitspolitik<br />

und laden Sie zum Meinungsaustausch<br />

darüber ein.<br />

www.nachhaltigkeitsrat.de<br />

124 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Events in der Vorschau | Service<br />

23. bis 26. Mai <strong>2013</strong>, Brixen – Südtirol<br />

Der Kongress für ein nachhaltiges<br />

<strong>Wirtschaften</strong><br />

Im Zentrum der Tage der <strong>Nachhaltig</strong>keit,<br />

die bereits zum dritten Mal in Brixen stattfinden,<br />

steht der eineinhalbtägige Wirtschaftskongress:<br />

Über 40 ReferentInnen<br />

und QuerdenkerInnen, u.a. Helena Norberg<br />

Hodge, Bibi Russell, Bernd Senf, Gerhard de<br />

Haan, Kathrin Hartmann, Christian Felber,<br />

Maurizio Pallante, Andrea Zanoni, werden<br />

Unternehmer und Interessierte über zukunftsfähige<br />

Unternehmens-, Wirtschaftsund<br />

Gesellschaftsmodelle informieren<br />

und zu nachhaltigem Denken ermutigen.<br />

Verschiedenste Veranstaltungen in Kultur,<br />

Kunst, Kulinarik, Film und Spiel bieten<br />

Jung und Alt die Möglichkeit, nachhaltige<br />

Lebensweisen aus verschiedensten Blickwinkeln<br />

zu beleuchten.<br />

www.thinkmoreabout.com<br />

23./24. Mai <strong>2013</strong>, Frankfurt<br />

Karmakonsum Konferenz<br />

Unter dem Motto „Unity in Diversity –<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keit zwischen Graswurzel und<br />

Mainstream” treffen sich Entscheider<br />

und Vordenker auf der siebten Karma-<br />

Konsum Konferenz zur Fachtagung und<br />

Networking-Veranstaltung für verantwortungsvolles<br />

<strong>Wirtschaften</strong> und nachhaltige<br />

und gesunde Lebensstile (LOHAS). Das Ziel<br />

für <strong>2013</strong>: Brücken zwischen visionären<br />

Graswurzel-Initiativen und der Wirtschaft<br />

zu bauen, um die zukunftsfähige Entwicklung<br />

durch neue Kooperationen zu fördern.<br />

www.karmakonsum.de<br />

15. bis 17. Mai <strong>2013</strong>, Berlin<br />

Berliner Energietage<br />

Auch <strong>2013</strong> werden wieder über 7.000 Teilnehmer<br />

zur Leitveranstaltung für Energieeffizienz<br />

in Deutschland erwartet. Vom 15.<br />

bis 17. Mai <strong>2013</strong> treffen sich Vertreter aus<br />

Politik, Wirtschaft und Verbänden sowie<br />

Praktiker wie Energieberater, Architekten<br />

und Ingenieure im Berliner Ludwig Erhard<br />

Haus, um gemeinsam darüber zu diskutieren,<br />

wie sich Energieeffizienz und der<br />

Einsatz Erneuerbarer Energien steigern<br />

lassen.<br />

www.berliner-energietage.de<br />

4./5. Juni <strong>2013</strong>, Berlin<br />

ECOSUMMIT – Smart Green<br />

Business Network und Konferenz<br />

Ecosummit ist das Smart Green Business<br />

Network für Start-ups, Investoren und<br />

Konzerne. Auf der internationalen Konferenz<br />

geht es um wettbewerbsfähige<br />

Umwelttechnologien, ressourceneffiziente<br />

Geschäftsmodelle, erneuerbare Energien,<br />

nachhaltige Mobilität, Smart Green City<br />

und Venture Capital. Die Mission <strong>von</strong> Ecosummit<br />

ist die Beschleunigung intelligenter<br />

grüner Innovationen in den Massenmarkt<br />

mit dem Ziel, unsere Volkswirtschaft in eine<br />

Smart Green Economy zu transformieren.<br />

www.ecosummit.net<br />

18./19. Juni <strong>2013</strong>, Wolfsburg<br />

12. Zukunftskongress des<br />

2b AHEAD ThinkTanks<br />

„2<strong>02</strong>3 – THE NEXT LEVEL! Wie Technologie<br />

unsere Unternehmen bis 2<strong>02</strong>3 verändert!“<br />

Wie jedes Jahr treffen sich hier Top-Manager<br />

und Innovations-Köpfe der Wirtschaft<br />

mit Trendforschern, Extrem-Lead-Usern,<br />

aber auch Politikern, Künstlern und Bischöfen.<br />

Erwarten Sie diesen innovativen<br />

Zukunftskongress mit kreativen Diskussionsformen,<br />

Live-Prototyp-Entwicklungen,<br />

Pecha Kucha und Elevator Pitches! Der<br />

ThinkTank zeigt, welche neuen Geschäftsmodelle<br />

aktuell vor ihrem großen Durchbruch<br />

sind und wo in den kommenden<br />

zehn Jahren neue Märkte entstehen.<br />

www.2bahead.com/zukunftskongress<br />

20. Juni <strong>2013</strong>, Dortmund<br />

e.day <strong>2013</strong> – Energie im Dialog:<br />

Energiewende 3.0 – Leuchtturm<br />

oder Laterne?<br />

Erneuerbare Energien, Energieeffizienz,<br />

intelligente Netze – Schlüsselbegriffe,<br />

die für die Energiewende stehen. Doch<br />

wohin führt die aktuelle Entwicklung?<br />

Im Mittelpunkt des e.day <strong>2013</strong> stehen<br />

Chancen, Tücken und Widersprüche<br />

eines Vorhabens, das mit der Strahlkraft<br />

eines „Leuchtturmprojekts“ national und<br />

international ein Signal setzen sollte.<br />

Hochkarätige Referenten aus Wissenschaft,<br />

Politik, Industrie und Versorgungsbranche<br />

legen ihre Sicht der Dinge<br />

dar und diskutieren über Gewolltes,<br />

Machbares und Utopisches.<br />

www.eday<strong>2013</strong>.de<br />

30. September bis <strong>02</strong>. Oktober <strong>2013</strong>,<br />

Stuttgart<br />

BATTERY+STORAGE<br />

Internationale Fachmesse für Batterieund<br />

Energiespeicher-Technologien<br />

Sie sind Forscher, Entwickler, Hersteller<br />

oder Anwender <strong>von</strong> Lösungen im Bereich<br />

der Batterie- und Energiespeicher-Technologien?<br />

Die BATTERY+STORAGE ist die erste umfassende<br />

Fachmesse für die mobile und<br />

stationäre Energiespeicherfertigung. Sie<br />

bildet die gesamte Wertschöpfungskette<br />

ab und führt Entwickler,<br />

Hersteller und Anwender neuer und alternativer<br />

Speicherlösungen zusammen. Die<br />

BATTERY+STORAGE ist Teil der WORLD OF<br />

ENERGY SOLUTIONS.<br />

www.battery-storage.de<br />

www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.<br />

125


Service | eVentS iM rÜCKBLiCK |<br />

„Grüne events“ werden mehr<br />

als ein Trend<br />

Bio-Branche wächst weiter<br />

BioFach, 13. bis 16. Februar <strong>2013</strong>, Nürnberg<br />

Der Weg durch die Hallen mit 2.396 Ausstellern gleicht einer<br />

Weltreise für die Sinne: 41.500 fachbesucher aus 129 Ländern<br />

konnten beim diesjährigen Messe-Duo BioFach und Vivaness<br />

die wachsende fülle <strong>von</strong> Bio- und naturkosmetikprodukten<br />

bestaunen und persönliche eindrücke <strong>von</strong> den internationalen<br />

Herstellern gewinnen.<br />

Auf der BioFach verkündete die Branche erfreuliche Entwicklungen:<br />

Der internationale Markt verzeichnet weiterhin Zuwächse.<br />

In Deutschland legte der Bio-Umsatz 2012 um sechs<br />

Prozent auf über 7 Mrd. euro zu, international werden mit Bio-<br />

Produkten rund 63 Mrd. US-Dollar erwirtschaftet.<br />

Das nächste Mal trifft sich die internationale Bio-Branche vom<br />

12. bis 15. Februar 2014 in Nürnberg.<br />

www.ask-BioFach.de und www.ask-Vivaness.de<br />

nachhaltigkeit ist in der Veranstaltungsbranche<br />

angekommen<br />

greenmeetings und events, 26. bis 27. Februar <strong>2013</strong>, Darmstadt<br />

Vom 26. bis 27. Februar <strong>2013</strong> trafen sich führende Vertreter<br />

aus Wirtschaft und Wissenschaft zur greenmeetings und events<br />

Konferenz in Darmstadt, um neue Lösungen und Konzepte für<br />

eine klimafreundliche Zukunft vorzustellen. Der große Andrang<br />

<strong>von</strong> über 340 Teilnehmern zeigt, dass die Veranstaltungsbranche<br />

die Notwendigkeit „grüner Events“ erkannt hat. Mit der Schirmherrschaft<br />

<strong>von</strong> Bundesumweltminister Peter Altmeier kam auch<br />

Unterstützung <strong>von</strong> politischer Seite. in seiner Begrüßung per<br />

Live-Schaltung betonte er, dass nachhaltige Veranstaltungen in<br />

jeder Hinsicht der Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit der<br />

Unternehmen der Veranstaltungsbranche seien. Wer hier vorangehe,<br />

werde seinen Spitzenplatz im europäischen und weltweiten<br />

Vergleich behaupten. Die führende deutsche Position im<br />

nachhaltigen Veranstaltungsbereich soll mit der Konferenz weiter<br />

ausgebaut werden. in Zukunft wird das thema nachhaltig keit<br />

dort nicht nur ökologische Aspekte umspannen, sondern auch<br />

die einhaltung nachhaltiger Standards, insbesondere im Hinblick<br />

auf die sozialen Aspekte Corporate Social responsibility (CSr),<br />

Mitarbeiterkomfort und Compliance.<br />

Der Kodex, den die erste greenmeetings und events Konferenz<br />

2011 angestoßen hatte, soll noch breiter in der tagungs- und<br />

Kongresswirtschaft verankert werden. Bereits jetzt haben schon<br />

mehr als 340 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der<br />

Schweiz den Kodex unterzeichnet. Die nächste greenmeetings<br />

und events Konferenz wird vom 9. bis 10. Februar 2015 im neu<br />

entstehenden Kap europa der Messe frankfurt stattfinden – dem<br />

weltweit ersten Kongressgebäude mit DGnB-Zertifizierung für<br />

nachhaltiges Bauen und Betrieb.<br />

www.greenmeetings-und-events.de<br />

Energiewende<br />

im Gebäudebereich<br />

ceB clean energy Building, 7. bis 9. Februar <strong>2013</strong>, Stuttgart<br />

„energieeffiziente Gebäude“, „technische Gebäudeausrüstung“<br />

und „regenerative energieerzeugung“ – drei tage lang informierten<br />

sich 6.500 Besucher und 1.200 Kongressteilnehmer in<br />

der Landesmesse Stuttgart über die energiewende im Gebäudebereich.<br />

Für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende<br />

in den <strong>Städte</strong>n brachte der 1. Bürgermeistertag Kommunalvertreter<br />

aus ganz Baden-Württemberg auf die Messe.<br />

im kommenden Jahr findet die CeB® vom 6. bis zum 8. März<br />

s t a tt .<br />

www.cep-expo.de<br />

126 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


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nachhaltiges <strong>Wirtschaften</strong> und<br />

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127


Service | Vorschau & Impressum |<br />

Vorschau<br />

In der Ausgabe 3/<strong>2013</strong> lesen Sie folgende Themen:<br />

Ernährung: Die Verantwortung der Food-Branche<br />

Supply Chain Management: CSR in der globalen Zulieferkette<br />

<strong>Nachhaltig</strong> im Netz: Mit Laptop und Smartphone die Umwelt retten<br />

Innovation: Neue Methoden der Zukunftsgestaltung<br />

Erscheinungstermin: 1.7.<strong>2013</strong><br />

Impressum<br />

Herausgeber: ECO-World by ALTOP in Kooperation<br />

mit dem Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes<br />

Management (B.A.U.M.) e.V.<br />

Redaktion: Tina Teucher, Fritz Lietsch, Anna Gauto,<br />

Sandra Lukatsch, Cora Högl, Edda Langenmayr, nadine<br />

Michelberger, Uta Dobler, Laura Janssen, Philipp<br />

Ledényi, Jennifer Staniulis, Sebastian Gfäller, Sonja<br />

Schneider, Maja Tittlbach<br />

Telefon +49 (0)89 / 74 66 11 - 0<br />

redaktion@<strong>forum</strong>-csr.net; www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Verlag: ALTOP Verlag, Gotzinger Str. 48,<br />

81371 München Telefon +49 (0)89 / 74 66 11 - 0<br />

Fax +49 (0)89 / 74 66 11 - 60<br />

info@altop.de; www.altop.de<br />

Geschäftsführer: Fritz Lietsch; Gerichtsort München;<br />

Handelsregister Nr. 749 25<br />

Anzeigenbetreuung: Uwe Stiefvater-Hermann,<br />

u.stiefvater@<strong>forum</strong>-csr.net, Telefon +49 (0)4532 / 2 14 <strong>02</strong><br />

Abonnentenbetreuung: Jennifer Staniulis,<br />

abo@<strong>forum</strong>-csr.net, Telefon +49 (0)89 / 74 66 11 - 10<br />

Marketing: Maja Tittlbach, m.tittlbach@<strong>forum</strong>-csr.net,<br />

Telefon +49 (0)179 5014940<br />

Vertrieb: IPS Pressevertrieb GmbH Postfach 12 11<br />

53334 Meckenheim; Telefon +49 (0)2225 / 88 01 - 0<br />

Fax +49 (0)2225 / 88 01 - 1 99;<br />

info@ips-pressevertrieb.de<br />

Bezug auch direkt unter www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

Datenbankprogrammierung: info@oneworld.de<br />

www.oneworld.de<br />

Layout und Satz: dtp/layout; www.dtp-layout.de<br />

Bildnachweise: Titel © Vincent Callebaut Architectures,<br />

www.vincent.callebaut.org | 6 © medio.tv/schauderna<br />

| 8 & 9 oben © Vincent Callebaut Architectures; 2. v.o.<br />

© ymgerman, iStockphoto; 3. v.o. © ThisParticularGreg,<br />

Flickr; unten © andykarzie, iStockphoto | 10 © Vincent<br />

Callebaut Architectures | 12 © Matthias Horx,<br />

Trend- und Zukunftsforscher (www.zukunftsinstitut.<br />

de), Foto: Klaus Vyhnalek | 14&15 © MVRDV | 16&17<br />

© RnD.de.Portraits, Flickr | 18-20 © Vincent Callebaut<br />

Architectures | 21 © MVRDV | 22&23 Vincent Callebaut<br />

Architectures | 24 © Siemens-Pressebild | 26<br />

© BMVBS / Fotograf: Frank Ossenbrink | 27 © Cora<br />

Högl | 32 oben und unten © Deutscher <strong>Städte</strong>tag;<br />

Mitte © David Matthiessen | 33 alle Bilder bei Flickr,<br />

Einzelnachweise: o.l. © blmurch; o.M. © Tata Steel;<br />

o.r. © Walt Stoneburner; M.l. © Maarten Takens; M.M.<br />

© perspective-OL; M.r. © williamcho; u.l. © boskizzi;<br />

u.M. © pixelroiber; u.r. © zachstern | 34 oben © sveta,<br />

Fotolia; unten © CardboardTechnologies | 35 oben ©<br />

picsfive, Fotolia; Mitte © Diesel, www.diesel.com; unten<br />

© Jiri Hera, Fotolia | 36&37 Montage <strong>von</strong> Cora Högl,<br />

Einzelbilder: Tokio © Stefan137, Fotolia; Tablet © Ecco,<br />

Fotolia; Dardesheim © www.energiepark-druiberg.de<br />

| 38 © www.energiepark-druiberg.de | 39 © Siemens-<br />

Pressebild | 40 © Franz Alt | 42 © Peter Freitag, Pixelio<br />

| 44 © Stadtverwaltung Pirmasens, Martin Seebald | 45<br />

© Gemeinde Alheim | 48 © Modenadude, Flickr | 50 ©<br />

Sonnenhaus-Institut | 57 © dielinkebw, Flickr | 59 oben<br />

© twenty questions, Flickr; M.l. © edibleoffice, Flickr;<br />

M.r. © Michigan Municipal League (MML), Flickr; u.l.<br />

© Dr. Immo Fiebrig; u.r. © Bob Jagendorf, Flickr | 60<br />

© Dr. Immo Fiebrig | 62 © gregorfischer.photography,<br />

Flickr | 64 © DieJane, Flickr | 68 © Sprengben, Flickr |<br />

69 © Melanie Wehnert / Sozialhelden e.V. | 72&73 ©<br />

HdS | 77 © Joerg Lantelme, Fotolia | 78 © alphaspirit,<br />

Fotolia | 79 © Dietmar Meinert, Pixelio | 81-83 © alashi,<br />

iStockphoto | 84 © Pink Sherbert Photography, Flickr |<br />

86 © Dawn Ashley, Flickr | 92 © freshidea, Fotolia | 97<br />

© alphaspirit, Fotolia | 99 © stillkost, Fotolia | 100 ©<br />

fasphotographic , Fotolia | 1<strong>02</strong> © gregorfischer.photography,<br />

Fotolia | 104 © Gina Sandres, Fotolia | 109 ©<br />

Andreas Berheide, Fotolia | 114 © Norbert Stanczak,<br />

iStockPhoto | 115 © Martin Aufmuth | 116 © Cora Högl<br />

| 117 © Rainer Sturm, Pixelio | 126 © BioFach | 128<br />

l. © w.r.wagner, pixelio, Mitte: © Bert van Dijk / flickr,<br />

r. © Jorma Bork, pixelio | 130 © kaifu / Viva con Agua<br />

Preis: 7,50 Euro<br />

Erscheinungsweise: vierteljährlich<br />

ISSN 1865-4266<br />

Printed in Germany <strong>2013</strong><br />

Für die redaktionellen Beiträge <strong>von</strong> Unternehmen<br />

sowie die Best-Practice-Beispiele sind die Unternehmen<br />

selbst verantwortlich. Namentliche oder anders<br />

gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die<br />

Meinung der Redaktion wieder. Die durch die Herstellung<br />

des Magazins verursachten Treibhausgase werden<br />

durch Klimaschutzmaßnahmen kompensiert. Nachdruck,<br />

auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des<br />

Verlages unter Angabe der Bezugsanschrift gestattet.<br />

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in der Regel<br />

die männliche Schreibweise verwendet. Wir weisen<br />

an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass sowohl<br />

die männliche als auch die weibliche Schreibweise für<br />

die entsprechenden Beiträge gemeint ist.<br />

CO 2<br />

-neutral gedruckt mit dem Projekt www.grünesklima.de – ein Produkt der Miller Forest Investment AG.<br />

Dauerhafte und ökologisch wertvolle Bindung <strong>von</strong> Kohlendioxid durch Mischwaldaufforstung in Südamerika.<br />

Inhalt gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk, hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis<br />

Papier GmbH. Umschlag gedruckt auf Satimat Green, hergestellt aus 60-prozentigem Anteil an Recyclingfasern sowie 40 Prozent FSC®zertifizierten<br />

Fasern. Ein Produkt der Arjowiggins Graphic.<br />

128 <strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


| Text | Service<br />

Tongsai Bay, a spot on Koh Samui where trees are not felled,<br />

no insecticides or chemical fertilizers are used in the hotel’s<br />

grounds and humans are Kind to animals<br />

An interview with a resident pink-necked Pigeon at Tongsai Bay<br />

There is plenty of space to share with other fellow refugees and it is safe here.<br />

The humans leave us alone. There is a huge variety of food for us, not poisoned.<br />

Life goes on and I learn one thing...<br />

We can share space with humans peacefully....<br />

The Tongsai Bay, Koh Samui Thailand since 1987<br />

84 Moo 5, Bo Phut, Koh Samui, Surat Thani, Thailand Website: www.tongsaibay.co.th<br />

for reservation www.<strong>forum</strong>-csr.net<br />

E-mail: reservation@tongsaibay.co.th<br />

Tel : +66 (0) 2381 8774-6 Fax : +66 (0) 2381 8772<br />

129


Service | 10 traumfragen|<br />

10 TRAUMFRAGEN an<br />

Benjamin Adrion<br />

Benjamin Adrion ist ehemaliger deutscher Fußballprofi<br />

und Gründer des gemeinnützigen Vereins „Viva con<br />

Aqua de Sankt Pauli“. Ganz nach dem Motto „Wasser<br />

ist Leben“ will der Verein Menschen einen sicheren<br />

Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichen.<br />

Welche Öko-Sünde bereitet Ihnen Albträume?<br />

Die Nutzung fossiler Brennstoffe. Strategien, wie wir da<strong>von</strong><br />

wegkommen, sind noch in den Kinderschuhen und die Erderwärmung<br />

ist kaum noch rechtzeitig zu stoppen, um verherende<br />

Auswirkungen weltweit zu vermeiden.<br />

Wie würde Ihre individuelle Traumlösung dafür<br />

aussehen?<br />

Meine Traumlösung wäre eine Umkehrinhalation: Jeder<br />

Mensch isst das richtige Müsli und ist danach in der Lage,<br />

CO2 zu verbrauchen. Im Ernst: Eine Möglichkeit sind schnelle<br />

Lösungen für die Mobilität, Energie und das Bevölkerungswachstum<br />

auf Grundlage <strong>von</strong> alternativen Energien und sauberen<br />

technischen Lösungen.<br />

Warum ist es so schwer, grüne Träume wahr<br />

werden zu lassen?<br />

Auf diesem Planeten sind viele Menschen unterwegs. Und<br />

bei einer solchen Masse ist auch deren Trägheit groß. Zudem<br />

profi tieren sehr viele <strong>von</strong> der aktuellen Situation. Stellen Sie<br />

sich vor, wie viele Menschen weltweit in der Ölindustrie arbeiten.<br />

Wir haben es mit mächtigen Interessengruppen zu tun,<br />

die den Status Quo bewahren wollen; so lange wie möglich!<br />

Wie sieht Ihr Traum aus, irgendwie irgendwo<br />

irgendwas neu anzufangen?<br />

Neu anfangen kann man jeden Tag. Veränderung beginnt im<br />

Kleinen.<br />

Was macht einen Beruf zum Traumberuf?<br />

Ein Beruf sollte auf einer Linie sein mit den eigenen Werten.<br />

Wenn man eine Tätigkeit als sinnhaft empfindet, macht man<br />

sie gerne und ist <strong>von</strong> Herzen motiviert. Wenn man das im<br />

Beruf sein kann, ist es wohl ein Traumberuf.<br />

Wie gehen Sie mit zerplatzten Träumen um?<br />

Nicht so lange daran festhalten. Ein zerplatzter Traum zeigt,<br />

dass die Bedingungen nicht reif waren. Also gibt man sich<br />

zufrieden mit dem, was die Umstände hergeben und arbeitet<br />

an neuen Träumen und Wünschen.<br />

Wer wäre Ihr Traumpartner, um über Sinn und<br />

Unsinn des Glaubens an das Gute zu philosophieren?<br />

Milarepa (Anm. d. R.: Milarepa war ein tantrischer Meister,<br />

bekannt als einer der größten Yogis, Dichter und Asketen<br />

Tibets.)<br />

Welcher personifizierte Albtraum bedarf einer<br />

nachhaltigen Gehirnwäsche?<br />

No comment.<br />

Welchen Zukunftstraum möchten Sie auf alle Fälle<br />

realisieren?<br />

Mein Traum ist es, glücklich zu sein mit der Welt und in jedem<br />

Moment. So sieht mein Traum aus, unabhängig vom Ort, an<br />

dem ich mich befinde.<br />

Was sollte die „Öko-Fee“ erfüllen, damit Sie wieder<br />

süße Träume haben?<br />

Erderwärmung, Bevölkerungswachstum und Ressourcenverbrauch<br />

einschränken. Ups, das sind ja gleich drei Wünsche<br />

auf einmal ...<br />

Bei Viva con Aqua kann jeder mit anpacken:<br />

www.vivaconagua.org<br />

130<br />

<strong>forum</strong> <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>


Corporate Responsibility Manager (CR-Manager)<br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsbeauftragte(r)<br />

Unternehmerische Verantwortung und <strong>Nachhaltig</strong>keits-<br />

management angelehnt an DIN ISO 26 000<br />

Dreitägiger Praxis-Lehrgang mit Zertifikat<br />

Termine: 27.-29.05.13 | <strong>02</strong>.-04.09.13 | <strong>02</strong>.-04.12.13<br />

Die Globalisierung mit ihren Auswirkungen auf Wirtschafts- und So-<br />

zialsysteme und Bürger hat die Erwartungen an Unternehmen ver-<br />

ändert.<br />

Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch Unterneh-<br />

men wird inzwischen immer vehementer <strong>von</strong> Kunden, Verbrauchern,<br />

Investoren, Mitarbeitern, Behörden, Geschäftspartnern und Nichtre-<br />

gierungsorganisationen gefordert.<br />

Unternehmen, die sich auf diese Entwicklungen durch ein Nach-<br />

haltigkeitsmanagement frühzeitig einstellen, erhöhen die Akzeptanz<br />

ihres Handelns, erschließen sich Wettbewerbsvorteile, mindern ihre<br />

Risiken und sichern so den Bestand ihres Unternehmens.<br />

Das Seminar vermittelt praxisnah die Kenntnisse zur erfolgreichen<br />

Einführung und Umsetzung <strong>von</strong> <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagementsystemen<br />

sowie zur <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichterstattung. <strong>Nachhaltig</strong>keitsbeauftragte<br />

berichten über ihre Erfahrungen bei der Umsetzung <strong>von</strong><br />

<strong>Nachhaltig</strong>keitsaktivitäten in ihren Unternehmen. Es werden Lösungen<br />

für den Mittelstand sowie für große Unternehmen aufgezeigt.<br />

Sie erwerben die Grundlagen, um als <strong>Nachhaltig</strong>keitsbeauftragter<br />

oder CR-Manager tätig zu werden.<br />

1.Tag: Grundlagen zum <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement<br />

(Dr. Arnd Hardtke)<br />

Seminarleitung:<br />

Gebühr:<br />

Referenten:<br />

Dipl.-Biol. Christine Jansen, UI Offenbach<br />

€ 995,- zzgl. gesetzl. MwSt.<br />

Dr. Arnd Hardtke, Dr. Hardtke Unternehmensberatung<br />

GmbH, Gaimersheim.<br />

Autor vieler Publikationen insb. zu CSR;<br />

Mitglied des DIN-Ausschusses NASG-AA1<br />

„Gesellschaftliche Verantwortung <strong>von</strong><br />

Organisationen“; vertrat in der Arbeitsgruppe<br />

zur ISO 26 000 die deutsche Delegation.<br />

Dr.-Ing. Detlef Matz, Leiter <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement;<br />

Werner & Mertz GmbH<br />

Mainz (Marken Frosch, Erdal, emsal, etc)<br />

Stefan Küst, bis 2010 Leiter Gesellschaftspolitik,<br />

KarstadtQuelle und Leiter<br />

Corporate Responsibility, Primondo. Seit<br />

2010 CR Consulting Stefan Küst + Christian<br />

Schweizer.<br />

2.Tag: Umsetzung <strong>von</strong> Corporate Responsibility (CR) und Nachaltigkeit<br />

im Unternehmen/<br />

Praxisbericht Mittelstand (Dr.- Ing. Detlef Matz )<br />

3.Tag: Kommunikation und <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichterstattung/<br />

Praxisbericht aus einem Konzern (Stefan Küst)<br />

ANMELDUNG per FAX (069) 82 34 93<br />

oder formlos per Email an mail@umweltinstitut.de<br />

Offenbach:<br />

27.-29.05.13 | <strong>02</strong>.-04.09.13 | <strong>02</strong>.-04.12.13<br />

Name:<br />

Anschrift:<br />

Veranstaltungsort: Umweltinstitut Offenbach GmbH<br />

Frankfurter Str. 48<br />

63065 Offenbach a. Main<br />

Unterrichtszeiten: 1. Tag 09:30 - 17.00 Uhr<br />

2. + 3. Tag 09.00 - 17.00 Uhr<br />

Tel./E-mail:<br />

Datum:<br />

Unterschrift:<br />

Umweltinstitut Offenbach GmbH<br />

Frankfurter Str. 48<br />

63065 Offenbach a. Main www.Umweltinstitut.de<br />

069 - 810679<br />

Fax: 069 - 823493<br />

mail@umweltinstitut.de


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Abb. zeigt Fahrzeuge mit Sonderausstattung. toyota.de/hybrid

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