Es gilt das gesprochene Wort
Aufgaben für den GWS Unterricht
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Es gilt das gesprochene Wort
Četvrtak, 16.12.2021. u 19 sati
Film: Vrijedi izrečena riječ
Aufgaben für GWS (B1-C2) bei Sabine; drei Doppelstunden
Aufgaben:
1. Gucken Sie den Film!
2. Verfassen Sie ihre Meinung zum Film mit weniger als 140 Zeichen für Social-Media-Kanäle!
(schriftlich)
3. Empfehlen Sie Freunden oder Bekannten oder Verwandten den Film (nicht) zu schauen!
(mündlich)
4. Lesen sie die Filmkritiken der Süddeutschen Zeitung und des Spiegels!
https://www.sueddeutsche.de/kultur/es-gilt-das-gesprochene-wort-im-kino-lieben-lernen-
1.4547141
https://www.spiegel.de/kultur/kino/es-gilt-das-gesprochene-wort-von-ilker-catak-wirklich-allesinklusive-a-1279625.html
5. Welche Aufgabe hat eine Filmkritik? (Stichpunkte)
6. Was sind die Bestandteile einer guten Filmkritik? (Stichpunkte)
7. Vergleichen Sie die beiden Kritiken? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es?
(mündlich)
8. Welcher Text gefällt Ihnen mehr und warum? (mündlich)
9. Schreiben Sie eine Filmkritik zum Film „Es gilt das gesprochene Wort“! (schriftlich)
https://www.sueddeutsche.de/kultur/es-gilt-das-gesprochene-wort-im-kino-lieben-lernen-
1.4547141
31. Juli 2019, 18:53 Uhr
"Es gilt das gesprochene Wort" im Kino:Lieben lernen
Scheineheschließung in der tristen Atmosphäre einer deutschen Amtsstube: Ogulcan Arman
Uslu und Anne Ratte-Polle.
(Foto: X Verleih)
Eine tragikomische Beziehung zwischen Deutschland und der Türkei: Regisseur İlker Çatak
erzählt in "Es gilt das gesprochene Wort" von einer Scheinehe.
Von Annett Scheffel
Am Anfang stehen sie nebeneinander in einem dieser nüchternen deutschen Behördenzimmer. Sie
im Businesskostüm, er hat sich vom Dolmetscher noch schnell ein Jackett geliehen, das ihm
überhaupt nicht passt.
Eheschließung in einem Hamburger Standesamt. Eine unangenehm routinemäßige Prozedur mit dem
Spannungsbogen eines Geschäftstermins. Und irgendwie ist es das ja auch: ein Vertragsabschluss,
ohne Gefühle. Am Ende sagt die Standesbeamtin: "Es gilt das gesprochene Wort, und üblicherweise
erfolgt jetzt eine entsprechende zwischenmenschliche Geste." Die fällt zunächst etwas dürftig aus für
einen Liebesfilm.
Denn ein Liebesfilm - man muss das vielleicht vorwegschicken - ist İlker Çataks zweiter Spielfilm
tatsächlich. Viel mehr als ein interkulturelles Drama über eine Scheinehe. Der Regisseur lässt ihn aber
erst nach dem Jawort beginnen: In drei Kapiteln (betitelt wie in einem Sprachkurs: 1. Ich war, 2. Ich
bin, 3. Ich werde sein) erzählt er die Geschichte von Marion und Baran. Wie sie sich begegnet sind.
Und wie sie nun versuchen, in diesem neuen Leben ihren Weg zu suchen. Jeder für sich und
beide zusammen.
Alles beginnt am Strand von Marmaris und mit zwei Menschen aus unterschiedlichen Welten. Da ist
Baran, der junge Kurde, der nur wegwill aus der türkischen Strand-Kaschemme, in der er sich als
Kellner und Gelegenheits-Gigolo über Wasser hält. Und da ist die toughe deutsche Pilotin Marion.
Anfang vierzig, beruflich erfolgreich, unabhängig. Alle Emotionen scheinen an ihr abzuperlen, so
unerschütterlich bewegt sie sich durch ihre Welt zwischen Cockpit, Jogging-Einheiten und der
Beziehung mit Raphael, einem Berufsmusiker mit Familie.
Beide sind sie Routiniers auf ihrem Gebiet. Marion darin, sich mit Sarkasmus jede menschliche
Annäherung vom Hals zu schaffen. Baran darin, Touristinnen zu umwerben. Auch er hat sich
hochgearbeitet. Am Anfang lässt ihn der Barbesitzer beim Einstellungsgespräch vortanzen, ohne
Musik, und obwohl es nur um einen Job als Tellerwäscher geht. Und Baran tanzt, Baran braucht
das Geld.
Nach und nach tun sich feine Risse auf
In dieser Szene steckt schon die ganze Demütigung, die noch folgen soll: eine Existenz als
Befriedigungsdienstleister für geile, volltrunkene Frauen aus dem Westen. Kurz hallt hier Ulrich Seidls
Dokumentarfilm "Paradies: Liebe" als Stimmung durch den Film, auch weil İlker Çatak so knapp,
präzise und ohne überflüssige Dialoge von diesen Begegnungen erzählt.
In Gang kommt die Geschichte nach einem Arztbesuch, Brustkrebs-Diagnose und Marions
pragmatische Reaktion: "Okay, wann ist die OP?" Zur Ablenkung fliegt sie in die Türkei, wo sie Baran
kennenlernt und nach anfänglicher, amüsierter Skepsis tatsächlich zustimmt, ihm durch Heirat in
Deutschland einen Neustart zu ermöglichen. Sie besorgt ihm eine Wohnung und einen Job
am Flughafen.
Und es beginnt eine Scheinehe, in der sich nach und nach feine Risse auftun, und in der bald alle
Gewissheiten der Frischverheirateten bröckeln. Das ist die Stärke von Çataks Film, der das Drehbuch
wie schon bei seinem ersten Film "Es war einmal Indianerland" zusammen mit Autor Nils Mohl
geschrieben hat: Es kommt alles anders als in den klischeehaften Vorstellungen einer
solchen Konstellation.
Komplexe Hauptfiguren, mitunter undurchschaubar
Marion - von Anne Ratte-Polle dargestellt mit einem stets fein austarierten Gleichgewicht aus rauer
Schale und immer durchblitzender Verletzlichkeit - ist nicht die naive Frau, die sich von falschen
Versprechungen einwickeln lässt; und Baran nicht der abgezockte Südländer. Oğulcan Arman Uslu
spielt ihn vielmehr als einen Suchenden, der mit sehnsüchtigen Blicken in seine Zukunft schaut, der
sanft ist und freundlich und sich wirklich ins Zeug legen will in seinem neuen Leben im fahlen,
grauen Hamburg.
Ohnehin sind die Hauptfiguren erstaunlich komplex, mitunter undurchschaubar. Und Çatak versucht,
so wenig wie möglich zu erklären: Warum Marion sich auf die Scheinehe einlässt zum Beispiel. Weil
Baran ihr leidtut oder weil er Eindruck auf sie macht mit seiner Zielgerichtetheit? Weil sie nach ihrer
Brustentfernung ihre Weiblichkeit in einer Ehe ohne Sex zu kompensieren hofft? Weil sie nichts zu
verlieren hat? Man erfährt es nicht. Und muss das Spannungsfeld aushalten, das Çatak aus den
widersprüchlichen Gefühlen aufbaut, und aus den kurzen, prägnanten Dialogen seine eigenen
Schlüsse ziehen.
Bemerkenswert ist dabei aber vor allem, dass die gesellschaftlichen Reibungen, die sich nach Barans
Ankunft in Hamburg zwangsläufig ergeben, in "Es gilt das gesprochene Wort" eher als narrative
Untertöne vorkommen. Çatak geht es nicht darum, in seinem Film Thesen zur
Einwanderungsgesellschaft und Integration unterzubringen. Wovon er erzählen will, ist die
menschliche Distanz - und das Wagnis, sie aufzugeben. Ganz gegen individuelle und kollektive
Vorurteile, gegen die antrainierte emotionale Schutzschicht, gegen jede Vernunft.
Am Ende ist İlker Çataks Film selbst ein Wagnis. Ein Film über zwei Liebende, der von tragischen und
romantischen Momenten erzählt, aber ohne Sentimentalitäten auskommt - und ohne Ironie.
Es gilt das gesprochene Wort, Deutschland/Frankreich 2019 - Regie: İlker Çatak. Buch: İlker Çatak,
Nils Mohl. Kamera: Florian Mag. Schnitt: Jan Ruschke, Sascha Gerlach. Mit: Anne Ratte-Polle,
Oğulcan Arman Uslu, Godehard Giese. X Verleih, 122 Minuten.
https://www.spiegel.de/kultur/kino/es-gilt-das-gesprochene-wort-von-ilker-catak-wirklich-allesinklusive-a-1279625.html
Filmdrama über Scheinehen Wirklich alles inklusive?
Vom Antänzer zum Ehemann: Der deutsche Film "Es gilt das gesprochene Wort" schaut - fast schon
zu behutsam - auf die Tauschgeschäfte, die hinter einer Scheinehe stecken.
Von Philipp Schwarz
01.08.2019, 09.24 Uhr
Foto: X Verleih
Erst mal soll er tanzen. Baran (Ogulcan Arman Uslu), gerade aus dem Militärdienst entlassen,
sucht in einem türkischen Ferienort nach Arbeit - doch den Inhaber des kleinen Lokals am
Strand interessiert weder Barans Arbeitswille noch seine angeblich schnelle Auffassungsgabe.
Für ihn zählt nur, ob Baran sich schwungvoll im Takt bewegen kann.
Also fuchtelt Baran mit den Armen und wippt sein Becken, so lange, bis der Inhaber
schließlich zufrieden nickt. Denn wie sich herausstellt, ist Barans Dienst in der Küche nur
eine Nebenbeschäftigung - seine eigentliche Aufgabe besteht darin, Touristinnen anzuflirten
und irgendwann auch ins Bett zu begleiten.
In diesen Szenen, in denen Barans Existenz als Ferien-Gigolo geschildert wird, ist Ilker
Çataks "Es gilt das gesprochene Wort" zur Gänze ein Film über Körper. Nicht dem
Innenleben der Figuren gilt seine Aufmerksamkeit, sondern der Art, wie sie sich durch den
Raum bewegen und wie ihre äußere Erscheinung ihre Stellung in der Welt bestimmt. Dem
beweglichen Körper des Ex-Soldaten werden dabei eine Reihe von Touristenkörper
gegenübergestellt, die in ihrer fröhlichen Ausgelassenheit gleichermaßen hilflos wie
übergriffig wirken.
Fotostrecke "Es gilt das gesprochene Wort": Rette mich, heirate mich
Foto: X Verleih
Die westliche Wohlstandsgesellschaft betrachtet den Körper des Einheimischen als
uneingeschränkt verfügbares Lustobjekt - und der Einheimische bedient diese erniedrigende
Fantasie, um einen kleinen Teil des ausländischen Wohlstandes zu erhaschen. Dieser schnöde
Tauschhandel offenbart unter dem ruhig beobachtenden Blick von Çataks Film eine Art
tragischer Harmonie: Jede Partei scheint hier genau das anzubieten, was die jeweils andere
ersehnt. Und doch sind am Schluss beide unglücklich.
In der mediterranen All-inclusive-Welt taucht schließlich Marion (Anne Ratte-Polle) auf, eine
deutsche Pilotin, die durch eine Krebsdiagnose auf andere, schmerzliche Art auf die eigene
Körperlichkeit zurückgeworfen wird. Obwohl sie Barans Avancen konsequent ablehnt,
konfrontiert dieser sie ganz unvermittelt mit einer Bitte: Ob sie ihn heiraten und nach
Deutschland mitnehmen könne. Marion reagiert ungläubig, verwirrt, abwehrend - und willigt
schließlich doch ein.
"Es gilt das gesprochene Wort"
Deutschland, Frankreich 2019
Regie: lker Çatak
Drehbuch: Nils Mohl, lker Çatak
Darsteller: Anne Ratte-Polle, Oulcan Arman Uslu, Godehard Giese, Sebastian Urzendowsky,
Johanna Polley
Produktion: if... Productions, Loin Derrière L'Oural, ZDF
Verleih: X-Verleih
Länge: 122 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Start: 1. August 2019
Dieser plötzliche Sprung steht im Zentrum von "Es gilt das gesprochene Wort": Marion kehrt
mit Baran zurück nach Hamburg, heiratet ihn, organisiert ihm Wohnung und Arbeit - doch die
genauen Gründe für ihr Handeln werden in Çataks Film gezielt im Dunkeln gelassen. Marions
Entscheidung bleibt ein tiefes Mysterium, eines, das der Film immer wieder aufs Neue
umkreist - bis schließlich der Eindruck entsteht, dass das menschliche Handeln weniger auf
den Einfluss eines ausgeformten Charakters zurückgeht, sondern vor allem auf die
willkürlichen Setzungen des Zufalls. Es ist ein geradezu anti-psychologischer Gestus, der sich
in Çataks Film bemerkbar macht und der ihm eine faszinierende Abgründigkeit verleiht.
Diese Abgründigkeit hat der Film dann leider auch bitter nötig, denn nach der Etablierung der
Grundkonstellation wird "Es gilt das gesprochene Wort" zunehmend formlos. Immer neue
Situationen und Konflikte werden angerissen, aber dann sofort in eine diffuse Mehrdeutigkeit
gehoben. Der Film ist streckenweise so sensibel und ruhig und auf die leisen Zwischentöne
konzentriert, dass er droht, gar nicht mehr viel von irgendwas zu sein.
Auch wirkt es, als hätte der Film gerade in den Dialogszenen eine eigentümliche Scheu vor
jeder Art dramatischer Zuspitzung. So ausdrucksstark Ratte-Polle und Uslu auch sind, merkt
man doch immer wieder, dass ihnen das Material nicht genug Reibungsfläche bietet, um den
Szenen eine klare Richtung zu geben.
Auf den letzten Metern bekommt "Es gilt das gesprochene Wort" somit Angst vor der eigenen
Courage: Der Film hofft, in den inneren Gedanken und Gefühlen seiner Figuren einen stabilen
Sinnzusammenhang zu finden. Dabei hat er in seinen stärksten Momenten doch selbst klar
gezeigt, dass vom Individuum keine Antwort zu erwarten ist, wenn man auf der Suche nach
Erklärungen ist.