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Wirtschafts-News III_2021

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„... fortan werde die<br />

Stadt eine andere sein ...”<br />

Interview mit dem Mainzer<br />

Oberbürgermeister Michael Ebling<br />

<strong>Wirtschafts</strong>-<strong>News</strong>: Herr Ebling, in einer Pressemitteilung<br />

vom 27.07.<strong>2021</strong> sagten Sie, fortan<br />

werde die Stadt eine andere sein, da das<br />

reiche jüdische Erbe wieder sicht- und erlebbar<br />

werde. Welche Bedeutung hat die Erklärung<br />

zum Weltkulturerbe für die Stadt Mainz und<br />

die Mainzer jüdische Gemeinde?<br />

Michael Ebling: Ich bin sehr stolz auf den Welterbetitel,<br />

eine Anerkennung, auf die wir in Kooperation<br />

mit unseren Partnern über Jahre<br />

hingearbeitet haben. Unser Ziel ist es nun, dem<br />

Alten Jüdischen Friedhof im Verbund mit den<br />

Monumenten in Speyer und Worms die Aufmerksamkeit<br />

zuteilwerden zu lassen, die er<br />

aufgrund seines geschichtlichen und religiösen<br />

Wertes verdient. Seine Grabsteine erinnern uns<br />

an die jüdischen Gelehrten, die vor etwa 1000<br />

Jahren hier am Rhein gewirkt haben. Ihr Einfluss<br />

auf die Verankerung des Judentums in Mitteleuropa<br />

war enorm. Zwar kennen noch immer<br />

Jüdinnen und Juden in aller Welt die einstigen<br />

SchUM-Städte, aber in der breiten Öffentlichkeit<br />

ist dieses Wissen verloren gegangen. Deswegen<br />

möchten wir einen Besucherpavillon in direkter<br />

Nachbarschaft errichten, um diesen Ort, der nur<br />

eingeschränkt zugänglich sein kann, besser<br />

erfahrbar zu machen. Dabei werden wir behutsam<br />

und in Abstimmung mit den Interessen<br />

aller Beteiligten vorgehen, vor allem auch der<br />

Jüdischen Gemeinde.<br />

<strong>Wirtschafts</strong>-<strong>News</strong>: Sie sind als bürgernah bekannt.<br />

Wie nehmen Sie als Oberbürgermeister<br />

das interreligiöse Zusammenleben insbesondere<br />

zwischen Juden und Christen in Mainz<br />

wahr?<br />

Michael Ebling: Mit der Einweihung der Neuen<br />

Synagoge vor elf Jahren mitten in der Mainzer<br />

Neustadt ist wieder sichtbar jüdisches Leben<br />

und jüdische Kultur in unsere Stadt eingezogen.<br />

Das Gebäude ist nicht nur bedeutend wegen<br />

seiner großartigen Architektur, sondern auch,<br />

weil die Synagoge eine Begegnungsstätte ist.<br />

„Synagoge als<br />

Begegnungsstätte„<br />

Zeichen des Miteinanders sind auch die jüdischen<br />

Kulturtage, die in diesem Jahr erneut<br />

stattfinden. Und die Führungen über den Alten<br />

Jüdischen Friedhof, die wir seit der Anerkennung<br />

des UNESCO-Welterbetitels anbieten, stoßen<br />

bei den Gästen unserer Stadt und bei den Mainzerinnen<br />

und Mainzern auf großes Interesse.<br />

Und wir als Stadtverwaltung arbeiten partnerschaftlich<br />

und vertrauensvoll mit der Jüdischen<br />

Gemeinde zusammen. Daher sind wir auch dem<br />

Entschluss des Stadtrats, die Gemeinde von<br />

städtischer Seite aus auf einer regelmäßigen<br />

Basis finanziell zu fördern, sehr gerne gefolgt.<br />

<strong>Wirtschafts</strong>-<strong>News</strong>: In Deutschland häuften sich<br />

in den vergangenen Jahren antisemitische Vorfälle<br />

und Anschläge. Als besonders grausam in<br />

Erinnerung bleibt der Anschlag in Halle (Saale)<br />

im Oktober 2019. Kann der Unesco-Titel helfen,<br />

dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegenzutreten?<br />

Was können Sie als Oberbürgermeister<br />

zur Gewährleistung eines friedvollen<br />

Zusammenlebens und gegen antisemitische<br />

Entwicklungen unternehmen?<br />

Michael Ebling: Ich sehe mit großer Sorge, dass<br />

rassistische und antisemitische Äußerungen in<br />

unserer Gesellschaft zunehmen. Vorfälle wie<br />

der Anschlag in Halle, die ja parallel zu unseren<br />

Bemühungen um den UNESCO-Welterbetitel

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