MinD-Mag 145
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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DIE M VON NEBENAN<br />
und ich auch einige Fachvorträge<br />
gehalten. In diesem Bereich<br />
werden leider auch im musealen<br />
Bereich viele Fehler gemacht.<br />
Die heritage interpretation<br />
hat sich dann irgendwann aufgeteilt:<br />
Auf der einen Seite liegt<br />
der Fokus auf der Bewahrung<br />
der Natur und der Vermittlung<br />
der Naturgeschichte, zum Beispiel<br />
durch Parkranger, auf der<br />
anderen in der historischen<br />
Darstellung. Und da gibt es in<br />
Angharad mit einem<br />
selbstgebauten<br />
Tragekorb aus<br />
Haselruten und<br />
Rohhautstreifen.<br />
Alle Fotos: Sybille<br />
Angharad Beyer<br />
Amerika und in Großbritannien<br />
richtig hochklassige Angebote,<br />
bei denen ganze Siedlungen<br />
nachgebaut sind, zum Beispiel<br />
Colonial Williamsburg oder Plimoth<br />
Plantation.<br />
Ich habe mein Handwerk in<br />
dieser Form der Museumsarbeit<br />
bei einem Mann gelernt, der im<br />
Tower of London die living history<br />
mitgestaltet: Neben ganz<br />
viel Vorwissen über die zu vermittelnde<br />
Epoche braucht man<br />
idealerweise die komplette Ausstattung<br />
einer Person dieser<br />
Epoche, also Kleidung, Schuhe,<br />
Schmuck, passende Trinkgefäße.<br />
Auf jeden Fall gibt’s nichts,<br />
was aus der Zeit fallen würde,<br />
wie beispielsweise Brillen.<br />
Auch die Sprache der Zeit<br />
muss man lernen oder nachahmen,<br />
damit der Besucher wie<br />
durch einen Zeittunnel in die<br />
Zielzeit eintauchen kann. „Heritage<br />
interpretation“ ist der<br />
Überbegriff, weil es wörtlich<br />
übersetzt nur „Vermittlung von<br />
Erbe“ bedeutet, und zwar kulturellem<br />
oder dem der Natur. Und<br />
„living history“ – „lebendige Geschichte“<br />
– wird häufig für die<br />
Vermittlungsarbeit in Freilichtmuseen<br />
genutzt.<br />
Viele der Darsteller erarbeiten<br />
sich all das Wissen und das Material<br />
als Hobby. In Deutschland<br />
ist Napoleonik ganz beliebt.<br />
Und das Mittelalter?<br />
Ja, das ist die Gelddruckmaschine<br />
mit all diesen Märkten<br />
und Spektakeln, deren historische<br />
Korrektheit meist zu wünschen<br />
übriglässt! Allerdings bin<br />
auch ich über Mittelaltermärkte<br />
zur living history gekommen.<br />
Dieses Konzept kennt man in<br />
Deutschland etwa seit dem Jahrtausendwechsel,<br />
Mittelaltermärkte<br />
gibt es schon seit den<br />
Siebzigerjahren. Eine richtig<br />
gute Darstellung in der living<br />
history oder heritage interpretation<br />
hat eine fundierte wissenschaftliche<br />
Basis: Du musst<br />
Quellen lesen und Quellenkritik<br />
beherrschen und wissen, woher<br />
du Infos zu deiner Darstellung<br />
bekommst: Was hatte deine<br />
Figur an? Wie wurde es genäht?<br />
Aus welchem Material<br />
war es gefertigt? War das verar-<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 9