MinD-Mag 145
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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MHN<br />
Hoch in der Gunst:<br />
Strollology<br />
Die Antarktis schaffte es – zumindest<br />
bei mir – leider nicht<br />
über die Wahrnehmungsschwelle.<br />
Dafür stand die „Strollology“,<br />
eine fast schon lautmalerische<br />
englische Wortschöpfung<br />
für Spaziergangswissenschaft,<br />
recht hoch in der Gunst<br />
derjenigen, die sich im Vortrag<br />
von Professor Martin Schmitz<br />
darauf einließen.<br />
Mit ganz anderen Dimensionen<br />
von Wahrnehmung und<br />
Bewusstsein konfrontiert fühlten<br />
sich offensichtlich die Teilnehmenden<br />
des Vortrags „Nahtoderfahrungen“.<br />
Diese würde<br />
– ganz gemäß dem Akademiethema<br />
– einen Wandel der<br />
Selbst-Welt-Beziehung hervorrufen,<br />
der seinerseits zu mehr<br />
Verständnis (für andere) und<br />
Nachsicht (mit sich selbst) führe.<br />
Ebenfalls heiß weiterdiskutiert<br />
wurde der Vortrag über<br />
„Erfolgreiche Staaten“ von (Dr.)<br />
Davoud Taghawi-Nejad, einem<br />
MHN-Mitgründer und -Urgestein.<br />
Inzwischen als Politikberater<br />
im Nahen Osten tätig,<br />
drehte Davoud in seinem Vortrag<br />
die Rede von den „Failed<br />
States“ um.<br />
Debatten über<br />
Ungleichheit<br />
Weltraumwissenschaftlerin und Planetologin Prof. em. Kathrin Altwegg<br />
stellte die Nachhaltigkeitsfrage aus universeller Sicht.<br />
Alsdann legte er dem verblüfften<br />
Publikum dar, dass eine<br />
freiheitliche und rechtsstaatliche<br />
Demokratie westlichen Zuschnitts<br />
nicht für alle Gesellschaften<br />
der ideale Weg zu Frieden<br />
und relativem Wohlstand<br />
ist. Diese empirisch untermauerte<br />
Erkenntnis gibt dabei nicht<br />
wieder, was der Vortragende<br />
oder die Verfasserin dieses Textes<br />
als wünschenswert erachten.<br />
Gerade dieser Aspekt – Positionen<br />
zu diskutieren, die dem eigenen<br />
Weltbild widersprechen –<br />
verlieh diesem Thema eine ganz<br />
besondere Note, die sich so vielleicht<br />
nur auf Mind-Akademien<br />
entfaltet.<br />
Ebenfalls Anlass zu gesellschaftspolitischen<br />
Debatten wie<br />
auch persönlichen Einlassungen<br />
bot der Vortrag des Elitenforschers<br />
Professor Dr. Michael<br />
Hartmann zu „seinem“ Thema.<br />
Völlig frei zeigte er anhand<br />
zahlreicher aktueller und historischer<br />
Daten auf, dass sich<br />
Deutschland seit den 1990er-<br />
Jahren wieder in Richtung Ungleichheit<br />
entwickelt. Sehr angemessen<br />
für die Zielgruppe<br />
erwähnte Hartmann auch,<br />
weshalb der häufig genutzte Gini-Index<br />
für finanzielle (Un-)<br />
Gleichheit diese Entwicklung<br />
gar nicht so deutlich zeige, und<br />
der Theil-Index sich hierfür viel<br />
besser eigne.<br />
Das Aufzeigen einer großen<br />
und wachsenden Ungleichheit<br />
wie auch die Darlegung einer<br />
Studie, die ergab, dass Finanzpolitikerinnen<br />
und -politiker<br />
genau die Politik machen,<br />
die der sozialen Schicht ihrer Eltern<br />
entspricht (und zwar parteiunabhängig!),<br />
führten zu Nachfragen<br />
im Saal und nicht immer<br />
optimistischen Überlegungen<br />
beim anschließenden Mittagessen:<br />
Wenn die Superreichen<br />
– wie Hartmann ebenfalls ausführte<br />
– häufig nur einen Anruf<br />
benötigen, um mit ihren Anliegen<br />
zu Entscheidungsträgerinnen<br />
und -trägern durchzudringen:<br />
Welche Möglichkeiten, politisch<br />
oder gesellschaftlich etwas<br />
zu bewegen, hat dann eine<br />
finanziell durchschnittlich oder<br />
gar unterdurchschnittlich ausgestattete<br />
Person?<br />
Die Frage konnte im Rahmen<br />
der Akademie nicht abschließend<br />
beantwortet werden. Und<br />
38 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021