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MinD-Mag 145

Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.

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PRISMENFERNGLAS<br />

Das f-chen umfahren<br />

Spielereien mit Präfixen und Suffixen.<br />

Von Hartmut Blessing<br />

„Ein Verkehrsschild umfahren“,<br />

das ist doppeldeutig. Einerseits<br />

kann es bedeuten, dass man darum<br />

herum fährt, andererseits<br />

kann aber auch gemeint sein,<br />

dass man darauf fährt und es<br />

umknickt. Hansgeorg Stengel<br />

schlug als Biographietitel für<br />

den früheren Chef der Staatssicherheit<br />

in der DDR, Mielke,<br />

den Satz vor: „Ich habe gehorcht.“<br />

Damit kann gemeint<br />

sein, dass er nur Befehlen folgte,<br />

wie es solche Leute oft zu ihrer<br />

Rechtfertigung sagen. Es drückt<br />

aber auch aus, dass er Tausende<br />

von Leuten durch „Lauschangriffe“<br />

ausspioniert hat. Oder<br />

ein Satz wie: „Er hat die Leute<br />

angeführt.“ Damit kann gemeint<br />

sein, dass jemand Leuten<br />

half, indem er sie geleitet hat, er<br />

kann sie aber auch hereingelegt<br />

haben.<br />

PRISMENFERNGLAS<br />

Warum Prismenfernglas?<br />

Prismenfernglas steht für die<br />

Buntheit des Lebens, vor allem der<br />

Sprache — das Fernglas steht für den<br />

Blick über den Tellerrand.<br />

Unter dieser Rubrik erscheinen<br />

regelmäßig Beiträge zu Sprachspielen<br />

und Etymologie.<br />

Gerade solche Präfixe, wie<br />

um-, ge- oder an-, führen, wie<br />

man an den Beispielen sieht, zu<br />

Mehrdeutigkeit, wenn man sie<br />

Verben voranstellt. Das Verb,<br />

dem die meisten Präfixe vorangestellt<br />

werden können, ist<br />

vermutlich „legen“. Ich fand 23<br />

Möglichkeiten, wie „belegen“,<br />

„verlegen“ oder „zerlegen“. „Setzen“<br />

bietet immerhin noch 21<br />

und „stellen“ 19 Möglichkeiten.<br />

Etwa 95 Prozent aller Verben mit<br />

nicht trennbarem Präfix fangen<br />

mit den Vorsilben „ver-“, „be-“,<br />

„ent-“ und „er-“ an.<br />

Viele Adjektive haben die Suffixe<br />

-ig, -lich und -isch, und so<br />

habe ich mal in einem Mensanerforum<br />

nach einem Adjektiv<br />

mit allen drei Suffixen gesucht.<br />

„Zweier“ gibt es einige,<br />

wie „wendig“ und „wendisch“<br />

(in „wetterwendisch“), „geistig“<br />

und „geistlich“ (was oft verwechselt<br />

wird) oder „gallig“ und<br />

„gallisch“. Eine Mensanerin fand<br />

„bündig“, „bündlich“ und „bündisch“.<br />

Ich selbst fand „heimelig“,<br />

„heimlich“ und „heimisch“,<br />

wobei mich in „heimelig“ das „e“<br />

stört. Die Leserinnen und Leser<br />

meines Anliegens fanden es jedoch<br />

gut. Oder auch „händig“,<br />

„handlich“, „händisch“, wobei in<br />

„handlich“ der Umlaut fehlt. Ein<br />

anderer fand „bergig“, „berglich“,<br />

„bergisch“. Interessant<br />

wäre überhaupt ein Adjektiv<br />

mit vielen Suffixen, als deren im<br />

Internet genannt werden: -bar,<br />

-en, -erig, -ern, -haft, -ig, -isch,<br />

-lich, -los, -mäßig, -sam, -sch<br />

und -voll. Beispielsweise „herzhaft“,<br />

„herzlich“, „herzlos“ und<br />

„herzig“. Oder auch „wunderbar“,<br />

„wunderlich“, „wundersam“<br />

und „wundervoll“. Oder „lustbar“,<br />

„lüstern“, „lusthaft“, „lustig“,<br />

„lustlos“ und „lustvoll“.<br />

Bei kleinen Buchstaben ergeben<br />

sich mit den Suffixen -lein<br />

und -chen, in gesprochener<br />

Form, sinnvolle Wörter: a-lein,<br />

c-lein, f-chen, n-chen, q-chen<br />

und viele mehr, stehen für allein,<br />

Zehlein, Äffchen, Ännchen und<br />

Kuchen. Interessant ist es, „Köpfe“<br />

zu suchen, die sowohl mit<br />

-lein als auch mit -chen Wörter<br />

bilden: Männchen, Männlein,<br />

Weibchen, Weiblein, Hölzchen,<br />

Hölzlein, wobei die Formen mit<br />

-lein seltener vorkommen und<br />

schon veraltet klingen.<br />

34 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021

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