MinD-Mag 145
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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was wir tun, wie und warum.<br />
Wir hingen nun nicht mehr zur<br />
Selbstbespaßung auf den Veranstaltungen<br />
herum, sondern<br />
haben den Besucherinnen und<br />
Besuchern erklärt, wie man mittelalterliches<br />
Essen kocht und<br />
so weiter. Zusammen mit einem<br />
Freund bin ich dann schnell in<br />
den musealen Vermittlungsbereich<br />
gerutscht und wir haben<br />
eine GbR gegründet.<br />
Hattest du in der Museumspädagogik<br />
dann ein Spezialgebiet?<br />
Was die Zeiten angeht, bin<br />
ich ganz breit aufgestellt von<br />
der Steinzeit bis ins ausgehende<br />
Mittelalter. Mein Kernthema<br />
sind Textilkunde und Alltagsleben,<br />
Schwerpunkt natürlich<br />
Frauen. Ich kann mit der Handspindel<br />
spinnen, am Gewichtswebstuhl<br />
weben, mit Pflanzen<br />
färben, Leder auf ursprüngliche<br />
Weise gerben, Schnüre aus<br />
Pflanzenfasern drehen, und in<br />
Tontöpfen auf offenem Feuer<br />
kochen. Das Feuer mache ich<br />
ohne Streichhölzer an.<br />
Angefangen haben wir über<br />
einen Mentor, der bei Staatliche<br />
Schlösser und Gärten Baden-<br />
Württemberg living history für<br />
einige Schlösser angeboten hat.<br />
2002 wurden wir beauftragt, für<br />
das neue Klostermuseum Alpirsbach<br />
Puppen mit Repliken<br />
der dort gefundenen Kleidung<br />
der Klosterschüler aus der Reformationszeit<br />
zu versehen. Das<br />
war unser Einstieg in die Museumsszene.<br />
Danach habe ich sechzehn<br />
Jahre lang in Aachen gewohnt<br />
und unter anderem fürs Rheinische<br />
Landesmuseum Bonn<br />
im Living-history-Bereich gearbeitet.<br />
Von einer Epoche bin ich<br />
Ich war sofort angefixt<br />
und wollte das auch alles<br />
ausprobieren! Das gleiche<br />
galt für die Ritter: Ich wollte<br />
in meinem Leben einmal<br />
ein Schwert in der Hand<br />
halten und mit allen Sinnen<br />
in diese Zeit eintauchen!<br />
zur nächsten gekommen: Dreizehntes<br />
Jahrhundert, dann die<br />
Frankenzeit und Karl der Große,<br />
dann Römer, Germanen, Kelten.<br />
Und schließlich gab es die<br />
Jubiläumsfeier zur 150-jährigen<br />
Entdeckung des ersten Neandertaler-Skeletts,<br />
für die wir<br />
dann Steinzeitausrüstung angeschafft<br />
haben.<br />
Aber auch in anderen Museen<br />
sind wir mit unserem Wissen<br />
von den Fachleuten als gleichwertig<br />
anerkannt worden, weil<br />
wir über manche Details aus<br />
dem Alltagsleben deutlich mehr<br />
wussten als die Archäologen<br />
oder Historiker selbst.<br />
Dann kam leider die Wirtschaftskrise,<br />
die Museen bekamen<br />
weniger Geld und wir weniger<br />
Aufträge. Mein Freund<br />
verließ die gemeinsame Firma.<br />
Ich zog aus Aachen weg und bin<br />
seitdem ziemlich raus aus der<br />
Szene. Hier in Mergentheim arbeite<br />
ich nebenher als Führerin<br />
im Residenzschloss. Und eigentlich<br />
gäbe es auch eine Kostümführung<br />
zur Jungsteinzeit im<br />
Taubertal, aber da kam Corona<br />
dazwischen.<br />
Die Wildnispädagogikausbildung hast<br />
du ja schon vor Corona begonnen.<br />
Ja, ich bin über eine Freundin<br />
darauf gekommen, die weiß,<br />
DIE M VON NEBENAN<br />
dass ich mich viel mit Spiritualität<br />
und Naturvölkern beschäftige.<br />
Wildnispädagogik beinhaltet<br />
nämlich sehr viel mehr als<br />
Bäumchen erkennen und Tierspuren<br />
lesen, sondern hilft bei<br />
intensiver Beschäftigung, sich<br />
selbst als Menschen wieder neu<br />
in der Schöpfung zu verorten.<br />
Gerade waren wir als letzter<br />
Teil der Ausbildung drei<br />
Wochen im Wald in Schweden.<br />
Wildnispädagogin durfte<br />
ich mich schon vorher nennen,<br />
aber mit dem Abschluss dieses<br />
Ausbildungsmoduls bin ich nun<br />
auch Wildnislehrerin. Das Ganze<br />
ist keine staatlich anerkannte<br />
Ausbildung, aber unglaublich<br />
persönlichkeitsbildend.<br />
Und in Zusatzkursen wie dem<br />
zum Naturhandwerk nimmt<br />
man noch ganz praktische Dinge<br />
mit wie Transportbehälter<br />
aus Haselnussruten und Rohhaut,<br />
Werkzeuge aus Knochen<br />
und Flintstein, Gefilztes und Gegerbtes.<br />
Wie verbringt man denn drei<br />
Wochen in Schweden als<br />
Wildnispädagogin? An und für sich<br />
sind drei Wochen Schweden ja<br />
erstmal nichts Spektakuläres.<br />
Für diesen Abschlusskurs geht<br />
es entweder nach Schweden<br />
oder in die Karpaten, wo man in<br />
der Gruppe mit einem überaus<br />
übersichtlichen Ausrüstungssatz<br />
möglichst naturnah lebt<br />
und sich teilweise selbst versorgt.<br />
Wir haben unter anderem geangelt,<br />
leider wegen des anfangs<br />
kalten Wetters erst gegen Ende<br />
Fische gefangen. Natürlich haben<br />
wir auch das Feuer nicht<br />
mit dem Streichholz angemacht,<br />
sondern einen Feuerbohrer be-<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 11