MinD-Mag 145
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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Dezember 2021<br />
Das Projekt Neue Webseite<br />
Eine neue Haustür<br />
für Mensa<br />
MAGAZIN <strong>145</strong><br />
Wir sind wieder da!<br />
Ein Rückblick auf die KiJu Camps 2021<br />
Alles fließt<br />
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EDITORIAL<br />
Umbruch und Veränderung<br />
Von Erwin Klein<br />
Ein scheinbar unpassendes Titelbild, eine neue Webseite, Fragen und Antworten –<br />
eine kurze Bilanz zum Jahresende..<br />
B<br />
eim ersten Blick auf den <strong>Mag</strong>-Titel passt<br />
das gar nicht: Fröhliche Jugendliche, die<br />
den Sommer genießen, in KiJu Camps, die endlich<br />
wieder stattfanden.<br />
Dagegen die Realität: Rasant steigende Inzidenz-Zahlen,<br />
Debatten über Impfpflicht und<br />
Lockdown. Der Sommer scheint sehr weit zurückzuliegen<br />
und wie aus einer anderen Zeit.<br />
Wir haben diskutiert, deswegen das Titelbild<br />
zu ändern. Irgendetwas Winterliches oder<br />
leicht Depressives hätte sich schon gefunden.<br />
Wir haben es nicht gemacht – ein bisschen<br />
aus Trotz, ein bisschen aus Corona-Erschöpfung.<br />
Und eine kleine Wut auf diejenigen, die<br />
sich der Impfung verweigern und damit allen<br />
die erneuten Einschränkungen aufzwingen,<br />
schwingt auch mit.<br />
Zusatz-Info zum KiJu-Spirit: Kurz vor Abgabe<br />
tauchten Zweifel auf, ob alle auf Seite 1 Abgebildeten<br />
ihre Zustimmung zur Veröffentlichung<br />
gegeben hatten. Unruhe, leichte Panik.<br />
Michael Bonfert übernahm, leitete die Nachfrage<br />
weiter und innerhalb von zehn (!) Minuten<br />
gab es vier Freigaben. Die fünfte Person wurde<br />
nach einer halben Stunde aufgetrieben, gab<br />
auch ihr Okay, und dann konnte losgedruckt<br />
werden. So kann man arbeiten.<br />
2021 war für Mensa in Deutschland ein Jahr<br />
des Umbruchs und der Veränderung. Ein neu<br />
gewählter Vorstand packt eine Menge Baustellen<br />
an – einiges davon ist bereits sichtbar,<br />
weiteres in Arbeit, vieles passiert kaum wahrnehmbar<br />
im Hintergrund.<br />
Natürlich berichten wir darüber, in dieser<br />
Ausgabe besonders ausführlich. Strategievorstand<br />
Christian Ambach stellt die gerade freigeschaltete<br />
Webseite vor, und zusammen mit<br />
Administrations-Vorstand Ansgar Lindhauer<br />
beantwortet er <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>-Fragen zum Stand<br />
der Dinge. Antworten, wohin die Vereins-Reise<br />
gehen könnte, gibt es auch.<br />
Wortmeldungen dazu sind ausdrücklich erwünscht.<br />
Schließlich sind wir alle Mensa in<br />
Deutschland, und Ansgar bringt es auf den<br />
Punkt: Der Vorstand kann nicht einfach „von<br />
oben“ eine neue Linie einführen. Wir freuen<br />
uns auf eine lebhafte Diskussion – hier in der<br />
nächsten Ausgabe beziehungsweise auf der<br />
Confluence-Seite des <strong>Mag</strong>s.<br />
Ein zentrales Vorstandsvorhaben ist die Verbesserung<br />
des Umgangs miteinander auf den<br />
Mailinglisten.<br />
Es ist lediglich ein subjektiver Eindruck, aber<br />
die Häufigkeit verbissener Auseinandersetzungen<br />
und persönlicher Attacken scheint in den<br />
vergangenen Monaten stark abgenommen zu<br />
haben. Welche Gründe dafür auch immer eine<br />
Rolle spielen: Besonnenheit und – teilweise –<br />
beherztes Eingreifen aller Listen-Verantwortlichen<br />
sollen an dieser Stelle<br />
ausdrücklich gelobt werden.<br />
Ich wünsche allen Ms weihnachtlichen<br />
Frieden und einen<br />
guten Rutsch.<br />
Bleibt bitte gesund!<br />
Erwin ist Chefredakteur des <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>s.<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 3
INHALT<br />
MAGAZIN <strong>145</strong><br />
Der Vorstand<br />
wünscht allen Ms<br />
sowie deren Freunde<br />
und Familien ein friedliches<br />
Weihnachtsfest<br />
und einen guten Start<br />
ins neue Jahr.<br />
Editorial<br />
Umbruch und Veränderung<br />
Eine kurze Bilanz zum Jahresende ..................................... 3<br />
Schwarzes Brett<br />
Veranstaltungen noch verantwortbar? ............................... 5<br />
Hochbegabung bei der Bahn ............................................... 5<br />
Aus der Redaktion .................................................................. 5<br />
Internationaler Fotowettbewerb: die Siegerfotos ............ 6<br />
Ruben Talberg und sein Museum .........................................7<br />
Die M von nebenan<br />
Eintauchen in andere Zeiten<br />
Sybille Angharad Beyer über Naturverbundenheit,<br />
Späterkanntsein und das „Fertig machen“ .......................8<br />
KiJu Camps<br />
Wir sind wieder da!<br />
Die KiJu Sommercamps 2021 .............................................16<br />
Wissenschaft und Forschung<br />
Was hilft hochbegabten Underachievern?<br />
Tanja Gabriele Baudson über das Problem, weniger zu<br />
leisten, als das eigene Potenzial eigentlich hergäbe .....20<br />
Startup<br />
Von der Idee hin zu 1.000 Kartons im Keller<br />
„Bahn Frei“ – ein mensanisches Spiele-Startup. .............32<br />
Prismenfernglas<br />
Das f-chen umfahren<br />
Spielereien mit Präfixen und Suffixen ..............................34<br />
MHN<br />
Alles fließt<br />
Auf der 19. Mind-Akademie in Mannheim ........................36<br />
Filmkunst<br />
Wer kommt nach Bond?<br />
Die Kino-Kolumne mit Extra-Fakten .................................40<br />
Rezensionen<br />
Leben – so viel Vielfalt<br />
Vorgestellt: Zwei neue M-Bücher .......................................42<br />
Medizin<br />
Mein Lasererlebnis<br />
Ein Erfahrungsbericht übers Augenlasern nebst<br />
Entscheidungshilfen, Teil 2 ................................................44<br />
Leserbrief<br />
Eine Operation ohne Komplikationsmöglichkeiten<br />
gibt es nicht! ...................................................................... 47<br />
Wissenschaft & Forschung<br />
Sprachkurs und Alkohol: das passt<br />
So macht Wissenschaft Spaß .............................................48<br />
<strong>MinD</strong> im Netz<br />
Eine neue Haustür für Mensa<br />
Projekt Webseite: Wie wir uns der Welt zeigen. .............. 24<br />
Merry Christmas<br />
Weihnachten mit der BoutIQe .......................................29<br />
Mensa Polen<br />
Als Gast beim „Najazd“ in Łódź<br />
Eine sehr spontane, sehr polnische und sehr<br />
erfolgreiche Veranstaltungsreihe ......................................30<br />
Rätsel<br />
Rollercoaster<br />
Eine der schönsten Erfindungen der letzten Jahre .......49<br />
Information ............................................................................50<br />
Vorstand, Impressum ...........................................................52<br />
Scheer Ware<br />
Zugehörigkeit ist allein unmöglich<br />
Oder: Resonanz entsteht erst durch Interaktion ............54<br />
4 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021<br />
Titelfoto: Michael Bonfert
Terminkalender<br />
Schwarzes Brett<br />
Sind Veranstaltungen noch verantwortbar?<br />
Wir haben uns als Vorstandsmitglieder<br />
für das Vereinsleben zusammen<br />
mit unseren Koordinatorinnen<br />
und Koordinatoren der Veranstaltungsressorts<br />
ausgetauscht und<br />
einen Beschluss gefasst. (Wortlaut<br />
hier: https://mind-mag.de/link/beschluss)<br />
Damit wollen wir allen Ehrenamtlichen<br />
den Rücken stärken,<br />
die strengere Regeln für ihre Treffen<br />
anwenden wollen als die gesetzlich<br />
vorgeschriebenen. Leider hatte dafür<br />
bisher nicht jed-M Verständnis.<br />
Selbstverständlich muss jedes<br />
Event im Veranstaltungskalender<br />
mindestens die gesetzlichen Vorgaben<br />
erfüllen.<br />
Unser Appell: Bitte nutzt eure Intelligenz<br />
nicht dazu, Regelungslücken<br />
zu finden, sondern verantwortungsvoll<br />
am Vereinsleben teilzunehmen<br />
– gerne auch durch<br />
vermehrte Online-Events im Cyberspace.<br />
Mel & Swante<br />
Hochbegabung bei der Bahn<br />
Anfang November fand bei der Deutschen<br />
Bahn die konzernweite Diversity<br />
Week statt.<br />
Also eine gute Gelegenheit, das<br />
Thema Hochbegabung einem breiten<br />
Publikum vorzustellen.<br />
Als Expertin sprach Tanja Gabriele<br />
Baudson, Professorin für differentielle<br />
Psychologie und psychologische<br />
Begabungsforschung sowie Ressortleiterin<br />
Wissenschaft und Forschung<br />
bei <strong>MinD</strong>. Neben Erkenntnissen aus<br />
der Wissenschaft referierte sie über<br />
ganz alltägliche Herausforderungen<br />
in der Praxis und räumte mit Vorurteilen<br />
und Klischees („Nerds“, „Klugscheißer“)<br />
auf. Im Anschluss beantwortete<br />
sie eine Vielzahl von Fragen<br />
aus dem Kreise der Teilnehmenden<br />
(Moderation: Simone Dogu).<br />
Auch die Anfragen und E-Mails<br />
im Nachgang zeigten, dass Interesse,<br />
aber auch Bedarf an Aufklärung<br />
zu diesem Thema besteht.<br />
Kurz: Ein toller Erfolg! Zudem spendete<br />
die DB Systel GmbH als Veranstalter<br />
einen Geldbetrag zur Unterstützung<br />
der Projekte der <strong>MinD</strong>-<br />
Stiftung. Ein Dankeschön hierfür!<br />
<br />
Simone Dogu<br />
Aus der<br />
Redaktion<br />
Die Corona-Depression<br />
schlägt auch in der <strong>Mag</strong>-<br />
Redaktion zu. Eigentlich<br />
wollten wir nach über zwei<br />
Jahren endlich wieder im<br />
Dezember ein richtiges<br />
analoges Redaktionstreffen<br />
veranstalten. Online-Konferenzen<br />
sind schön und<br />
gut, wir haben uns daran<br />
gewöhnt und in manchen<br />
Punkten erleichtern und<br />
verbessern sie auch die Redaktionsarbeit.<br />
Aber es ist wie allgemein<br />
im Leben: Nichts geht über<br />
das direkte Gespräch, das<br />
Zusammensitzen und Rumspinnen.<br />
Alles war geplant – bis wegen<br />
der aktuellen Welle leider<br />
schnell klar wurde: Das<br />
können wir vergessen.<br />
Vorerst also kein Treffen,<br />
wir trösten uns mit einem<br />
Extra-Glühwein, konferieren<br />
weiter im Netz und versuchen<br />
es im kommenden<br />
Jahr wieder.<br />
Dann noch eine Korrektur<br />
(ja, wir machen Fehler!):<br />
Im Sonderheft zum 75sten<br />
Mensa-Geburtstag hatte<br />
Udo Schultz über die Vergangenheit<br />
von <strong>MinD</strong> geschrieben<br />
und dazu auch<br />
Fotos geliefert. Die Bilder<br />
auf Seite 17 vom OB-Empfang<br />
in Bochum hatte allerdings<br />
nicht Udo gemacht,<br />
sondern Thomas R. Wilke.<br />
Sorry, ist uns durchgerutscht.<br />
Datum Uhrzeit Titel Ort Veranstalter<br />
19.12.2021 15:00 bis 19:00 Online Krimi: Der Fall Berlin,<br />
Hilfe in letzter Sekunde<br />
online<br />
27.12.2021 bis 02.01.2022 Silvesterfeier von Mensa Youth Helsinge MY-SIG<br />
28.12.2021 bis 01.01.2022 Silvensa 2021 - die internationale Mensa<br />
Silvesterveranstaltung<br />
Sundsvall<br />
Dieter Bernd Lamberty<br />
Mensa Schweden<br />
09.04.2022 bis 24.04.2022 Mensa Juniors Ostercamps 2022 <strong>Mag</strong>deburg Mensa in Deutschland<br />
20.04.2022 bis 24.04.2022 Jahrestreffen und Mitgliederversammlung Nürnberg Mensa in Deutschland
Schwarzes Brett<br />
Internationaler Fotowettbewerb: Die Siegerfotos<br />
Platz 1: Angler angling – John Page, Great Britain<br />
Platz 2a: Pas de côté – Franck Citarel, Frankreich<br />
Platz 4: Nicht Stolpern!!! – Michael Riese, Deutschl. Platz 5: Three – Radosław Jerzy Utnik, Polen<br />
Berry sagt<br />
„Durch Sanftmut besiegt man<br />
den Zornigen, durch Güte<br />
den Bösen, durch Spenden<br />
den Geizhals, durch Wahrheit<br />
den Lügner.“<br />
Altes persisches Sprichwort<br />
aus vorislamischer Zeit<br />
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– alleine, zu zweit, als Familie. Ich<br />
freue mich auf deine Nachricht:<br />
tango78@t-online.de<br />
Wer auch dabei sein will: Mail<br />
an chefredakteur@mensa.de<br />
genügt.<br />
Leserbrief<br />
Wirtschaftswachstum ist nicht<br />
zwangsläufig begrenzt<br />
Platz 2b: Balance for life –<br />
Jim Shane, USA<br />
H<br />
ier die ersten fünf Plätze<br />
des internationalen<br />
Mensa-Fotowettbewerbs<br />
2021 mit dem Thema Ausgeglichenheit<br />
– Balance.<br />
Das Thema des Wettbewerbs<br />
2022 wird Ende Januar bekannt<br />
gegeben.<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> 144, Börsen-Serie<br />
von Gero Zimmermann<br />
Gero stellt in Folge drei seiner<br />
Serie zu Anlage-Strategien wiederholt<br />
die Hypothese auf, dass<br />
es auf einem endlichen Planeten<br />
kein unendliches Wirtschaftswachstum<br />
geben könne.<br />
Tatsächlich ist das Gegenteil<br />
plausibel. Denn das Wirtschaftswachstum<br />
besteht nicht<br />
nur aus Mengen-, sondern auch<br />
aus Qualitätswachstum: Durch<br />
technologischen Fortschritt<br />
können bessere Güter und<br />
Dienstleistungen mit gleichem<br />
oder sogar geringerem Ressourcen-Einsatz<br />
als zuvor hergestellt<br />
werden. Auch die Mengen-Komponente<br />
des Wirtschaftswachstums<br />
ist nicht zwangsläufig begrenzt.<br />
Denn es gibt im zunehmenden<br />
Maße Dienstleistungen<br />
und Produkte (zum Beispiel Online-Content<br />
und Software), die<br />
allenfalls indirekt durch endliche<br />
Ressourcen beschränkt sind.<br />
Solange es technologischen<br />
Fortschritt gibt, wird es daher<br />
auch in einer nachhaltigen Welt<br />
und ohne Bevölkerungswachstum<br />
noch ein mittleres Wirtschaftswachstum<br />
geben.<br />
<br />
Frank Schröder
Ruben Talberg: Seit zehn<br />
Jahren ein eigenes Museum<br />
Vor zehn Jahren hat er den<br />
Traum vieler Künstler wahrgemacht:<br />
ein eigenes Museum.<br />
Es steht in der Ludwigstraße<br />
in Offenbach/Main, Ruben (57,<br />
Mensaner seit 1992) lebt und<br />
arbeitet dort.<br />
Für den Deutsch-Israeli ist<br />
2021 ein besonderes Jahr: Neben<br />
seinem privaten Jubiläum<br />
ist es das Gedächtnisjahr für<br />
1700 Jahre jüdischen Lebens<br />
in Deutschland. Ruben ist Mitglied<br />
der Jüdischen Gemeinde<br />
in Offenbach und beschreibt<br />
sich als jüdischen Künstler.<br />
In seinem Museum zeigt er in<br />
erster Linie Reliefs und Skulpturen,<br />
die sogenannten Manifolds.<br />
Manifolds sind das, was<br />
der Name vermuten lässt: Viele-Falten!<br />
Die Inspiration für Manifolds<br />
kam Talberg in Bellagio, Italien<br />
– vor mehr als 30 Jahren. Seit<br />
diesem Tag war er besessen<br />
von Falten – seinen Manifolds.<br />
Bis heute hatte Talberg mehr<br />
als 100 internationale Einzeloder<br />
Gruppenausstellungen.<br />
Mehr als 200 Kunstsammler<br />
weltweit besitzen mindestens<br />
ein Manifold.<br />
Der Künstler hinter einem seiner<br />
Manifolds.<br />
Fotos: Talberg<br />
Talbergs Produktion in seiner<br />
gesamten Lebenszeit wird auf<br />
insgesamt 888 Manifolds begrenzt<br />
sein. Warum 888? Nun,<br />
– es ist seine Glückszahl. Die<br />
Nachfrage wächst, es gibt inzwischen<br />
eine Warteliste.<br />
Ruben Talberg: „Ich arbeite<br />
immer an mehreren Objekten,<br />
die einander befruchten. Im<br />
Atelier findet dann über Monate<br />
ein zwölf-stufiger alchemischer<br />
Prozess statt, eine Art<br />
Auto-Rotation, in dem Material<br />
und Energie von Manifold<br />
zu Manifold wandert, bis sich<br />
herauskristallisiert, um was es<br />
sich überhaupt handelt. Die<br />
Manifolds entwickeln irgendwann<br />
beinahe wie von selbst<br />
Strahlkraft und Energie, eine<br />
Wirkung, die sich potenziert.”<br />
Dazu angemessen ist Talbergs<br />
Credo: „Finis Coronat<br />
Opus <strong>Mag</strong>num.” (Das Ende<br />
krönt das große Werk).<br />
Besucherinnen und Besuchern<br />
steht das Talberg-Museum<br />
offen. Ruben macht zwar<br />
selbst keine Führungen, aber er<br />
steht für Gespräche zur Verfügung.<br />
Mit der Zeit hat sich ein<br />
Freundeskreis etabliert und die<br />
Einrichtung wird vom privaten<br />
bürgerschaftlichen Engagement<br />
und den Kunstverkäufen<br />
getragen. Bis heute hat er keine<br />
Subventionen aus öffentlicher<br />
Hand erhalten. ek<br />
Mehr Infos unter:<br />
www.talberg.org<br />
Eins der geplanten 888 Manifolds.<br />
Das Talberg-Museum in der Offenbacher Ludwigstraße.
DIE M VON NEBENAN<br />
Eintauchen in andere Zeiten<br />
Sybille Angharad Beyer über Naturverbundenheit,<br />
Späterkanntsein und das „Fertig machen“.<br />
Die frischgebackene Wildnislehrerin ist außerdem Geschichtsvermittlerin, Schreinerin,<br />
Patientenfürsprecherin und Journalistin. Ihr Interview für das „M von nebenan“ verläuft<br />
genauso wie ihr Lebensweg: Mit vielen spannenden Abbiegungen.<br />
Angharad, vielen Dank, dass du die<br />
Zeit für ein Gespräch gefunden hast.<br />
Du hast ja gerade verschiedene<br />
Projekte, die dich sehr beschäftigen.<br />
Ja, zum einen habe ich meinen<br />
neuen Job als Patientenfürsprecherin<br />
beim Landratsamt angefangen,<br />
zum anderen habe ich<br />
gerade meine vierjährige Ausbildung<br />
zur Wildnislehrerin beendet.<br />
In naher Zukunft möchte<br />
ich mit Leuten rausgehen und<br />
ihnen helfen, ihre Naturverbundenheit<br />
auszubauen.<br />
Eine Anmerkung: In der Geschichtsdarstellung<br />
und im Naturbereich<br />
bin ich unter meinem<br />
selbstgewählten Namen<br />
Angharad bekannt, den ich auch<br />
als Künstlernamen in den Personalausweis<br />
eingetragen habe.<br />
Der Name kommt aus dem Walisischen<br />
und steht für die Bereiche<br />
meines Lebens, in denen<br />
ich erfolgreich und auch glücklich<br />
bin, wogegen der offizielle<br />
Name Sybille mit all den schwierigen<br />
Zeiten, von der Schule bis<br />
zum Berufsleben, verbunden ist.<br />
Wie bist du in zwei so<br />
unterschiedliche Gebiete gerutscht?<br />
Die Belebung eines spätmittelalterlichen<br />
Stadthauses im Themenpark<br />
Archeon in den Niederlanden.<br />
In den letzten zwanzig Jahren<br />
habe ich so genannte „heritage<br />
interpretation“ betrieben. Das<br />
ist eine Form der Natur- und<br />
Museumspädagogik, die Ende<br />
des neunzehnten, Anfang des<br />
zwanzigsten Jahrhunderts in<br />
Amerika im Zusammenhang<br />
mit der Errichtung der ersten<br />
Nationalparks begründet wurde.<br />
Dahinter steht der Gedanke: Um<br />
Dinge jemandem als schützenswert<br />
zu vermitteln, muss ich die<br />
Menschen dazu bringen, deren<br />
Wert zu erkennen.<br />
Dazu kommt ein Konzept von<br />
Wissensvermittlung, bei dem<br />
die Menschen nicht in einem<br />
Vortrag mit Zahlen und Fakten<br />
zugeschmissen und belehrt<br />
werden, sondern bei dem man<br />
Geschichten erzählt und Emotionen<br />
weckt. Die Idee ist, dass<br />
man gewisse Personen sprechen<br />
lässt, die aus der Geschichte<br />
kommen, also zum Beispiel<br />
Fallensteller oder einen Flößer.<br />
Da man keinen echten zur Verfügung<br />
hat, braucht man einen<br />
Darsteller, der sich möglichst<br />
authentisch anzieht und auch<br />
authentisch spricht und riecht.<br />
Das klingt wie die Nachtwächteroder<br />
Hebammenführungen,<br />
die es in vielen Städten<br />
gibt, nur mit Naturbezug.<br />
Bitte nicht. Diese Nachtwächtervorführungen<br />
sind nach den<br />
Maßstäben der heritage interpretation<br />
meist völliger Blödsinn.<br />
Über die Wichtigkeit von<br />
korrekter Ausstattung und Aussehen<br />
einer historischen Darstellung<br />
haben mein Kollege<br />
8 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
DIE M VON NEBENAN<br />
und ich auch einige Fachvorträge<br />
gehalten. In diesem Bereich<br />
werden leider auch im musealen<br />
Bereich viele Fehler gemacht.<br />
Die heritage interpretation<br />
hat sich dann irgendwann aufgeteilt:<br />
Auf der einen Seite liegt<br />
der Fokus auf der Bewahrung<br />
der Natur und der Vermittlung<br />
der Naturgeschichte, zum Beispiel<br />
durch Parkranger, auf der<br />
anderen in der historischen<br />
Darstellung. Und da gibt es in<br />
Angharad mit einem<br />
selbstgebauten<br />
Tragekorb aus<br />
Haselruten und<br />
Rohhautstreifen.<br />
Alle Fotos: Sybille<br />
Angharad Beyer<br />
Amerika und in Großbritannien<br />
richtig hochklassige Angebote,<br />
bei denen ganze Siedlungen<br />
nachgebaut sind, zum Beispiel<br />
Colonial Williamsburg oder Plimoth<br />
Plantation.<br />
Ich habe mein Handwerk in<br />
dieser Form der Museumsarbeit<br />
bei einem Mann gelernt, der im<br />
Tower of London die living history<br />
mitgestaltet: Neben ganz<br />
viel Vorwissen über die zu vermittelnde<br />
Epoche braucht man<br />
idealerweise die komplette Ausstattung<br />
einer Person dieser<br />
Epoche, also Kleidung, Schuhe,<br />
Schmuck, passende Trinkgefäße.<br />
Auf jeden Fall gibt’s nichts,<br />
was aus der Zeit fallen würde,<br />
wie beispielsweise Brillen.<br />
Auch die Sprache der Zeit<br />
muss man lernen oder nachahmen,<br />
damit der Besucher wie<br />
durch einen Zeittunnel in die<br />
Zielzeit eintauchen kann. „Heritage<br />
interpretation“ ist der<br />
Überbegriff, weil es wörtlich<br />
übersetzt nur „Vermittlung von<br />
Erbe“ bedeutet, und zwar kulturellem<br />
oder dem der Natur. Und<br />
„living history“ – „lebendige Geschichte“<br />
– wird häufig für die<br />
Vermittlungsarbeit in Freilichtmuseen<br />
genutzt.<br />
Viele der Darsteller erarbeiten<br />
sich all das Wissen und das Material<br />
als Hobby. In Deutschland<br />
ist Napoleonik ganz beliebt.<br />
Und das Mittelalter?<br />
Ja, das ist die Gelddruckmaschine<br />
mit all diesen Märkten<br />
und Spektakeln, deren historische<br />
Korrektheit meist zu wünschen<br />
übriglässt! Allerdings bin<br />
auch ich über Mittelaltermärkte<br />
zur living history gekommen.<br />
Dieses Konzept kennt man in<br />
Deutschland etwa seit dem Jahrtausendwechsel,<br />
Mittelaltermärkte<br />
gibt es schon seit den<br />
Siebzigerjahren. Eine richtig<br />
gute Darstellung in der living<br />
history oder heritage interpretation<br />
hat eine fundierte wissenschaftliche<br />
Basis: Du musst<br />
Quellen lesen und Quellenkritik<br />
beherrschen und wissen, woher<br />
du Infos zu deiner Darstellung<br />
bekommst: Was hatte deine<br />
Figur an? Wie wurde es genäht?<br />
Aus welchem Material<br />
war es gefertigt? War das verar-<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 9
DIE M VON NEBENAN<br />
beitet wie heute? Woher bekomme<br />
ich ein Schnittmuster? Welche<br />
Schuhe trug die Figur? Welchen<br />
Schmuck?<br />
Und wenn ich jetzt mehr als<br />
nur eine Führung im Museum<br />
mache, sondern im Lager bin,<br />
brauche ich Ausstattung: Keramik,<br />
Kochgefäße, Trinkgefäße.<br />
Wie sahen die in der jeweiligen<br />
Epoche aus? In den Neunzigern<br />
gab es vieles noch nicht zu kaufen.<br />
Heute gibt es alles zwischen<br />
Made-in-China-Niveau und<br />
wirklich super Handarbeiten.<br />
Du hast auch eine Schublade<br />
voller historisch korrekt<br />
handgefertigter Messer, von<br />
deren Herstellungsprozess du sehr<br />
leidenschaftlich berichten kannst.<br />
Wie wurde diese Begeisterung<br />
ursprünglich in dir geweckt?<br />
Eigentlich wollte ich nach<br />
dem Abi Archäologie studieren.<br />
Ich habe mich schon als Kind für<br />
diesen ganzen Geschichtskram<br />
interessiert und wie ein normales<br />
HB-Kind die halbe Bibliothek<br />
einmal quergelesen. „Mit<br />
dem Fahrstuhl in die Römerzeit“<br />
oder „Götter, Gräber und Gelehrte“<br />
sind zwei berühmte Titel.<br />
In den Siebzigerjahren kamen<br />
die Kelten langsam ins öffentliche<br />
Bewusstsein – und meins.<br />
Außerdem Germanen und Ritter.<br />
Und „Die Höhlenkinder“<br />
von Alois Theodor Sonnleitner,<br />
wo zwei Kinder in einem<br />
Alpental festsitzen und lernen<br />
müssen, sich selbst zu versorgen.<br />
Ich war sofort angefixt und<br />
wollte das auch alles ausprobieren!<br />
Das gleiche galt für die Ritter:<br />
Ich wollte in meinem Leben<br />
einmal ein Schwert in der Hand<br />
halten und mit allen Sinnen in<br />
diese Zeit eintauchen!<br />
Mir ist ein Stein, ach was, ein<br />
ganzes Gebirge vom Herzen<br />
gefallen, Schuldgefühle sind von<br />
mir abgefallen. Vor allem dieses<br />
Gefühl, nicht richtig zu sein,<br />
sich nicht anpassen zu können.<br />
Zwei Varianten merowingischer<br />
Tracht, die Puppe war eine Auftragsarbeit<br />
für das Heimatmuseum<br />
Meckenheim.<br />
Mit fünfzehn schrieb ich einen<br />
Brief an einen Historiker,<br />
woher ich denn Schnittmuster<br />
für die mittelalterliche Kleidung<br />
bekommen könnte.<br />
Zehn Jahre später, also 1988,<br />
war dann Marcus Junkelmann<br />
für einen Vortrag hier in Mergentheim,<br />
ein deutscher Historiker<br />
und Experimentalarchäologe,<br />
der dafür bekannt geworden<br />
ist, dass er anlässlich des<br />
zweitausendjährigen Bestehens<br />
der Römergründung Augsburg<br />
einen Marsch über die Alpen<br />
mit originalgetreu römischer<br />
Ausrüstung gemacht hat.<br />
Da bin ich natürlich hin als jugendliche<br />
25-Jährige und war<br />
hin und weg, denn er hatte tatsächlich<br />
sein römisches Kettenhemd<br />
und sein römisches Reiterschwert<br />
dabei! Und als er<br />
dann fragte, ob es sich jemand<br />
mal anziehen wolle, war das<br />
für mich natürlich der absolute<br />
Wahnsinn! Du merkst, ich<br />
schwärme heute noch von diesem<br />
Moment! Das war wie eine<br />
direkte Verbindung in die Vergangenheit.<br />
Kurz danach war ich dann<br />
auf meinem ersten Mittelaltermarkt,<br />
habe Leute kennengelernt,<br />
als Aushilfe bei einem<br />
Stand gearbeitet, begonnen, mir<br />
Kostüme zu nähen – eins kam<br />
zum anderen.<br />
Vor allem im Sommer war ich<br />
fast jedes Wochenende auf einem<br />
anderen Markt, und nach<br />
und nach hatte man immer<br />
mehr Ausstattung angesammelt<br />
und hat von Veranstaltern Geld<br />
bekommen, wenn man sich mit<br />
seinem Zeug präsentiert hat.<br />
Dabei war es einfach eine geile<br />
Zeit, abends ums Lagerfeuer zu<br />
sitzen, zu singen, und tagsüber<br />
mit stumpfen Schwertern aufeinander<br />
einzuhauen.<br />
Schließlich habe ich um 1999<br />
Leute kennengelernt, die das<br />
ganze authentischer machen<br />
wollten: Wir nähten unsere Klamotten<br />
nicht mehr mit der Nähmaschine,<br />
sondern mit Nadel<br />
und Faden und mit historisch<br />
korrekter Naht, und machten<br />
uns Gedanken über die Art der<br />
Wolle, welche Farben man überhaupt<br />
färben konnte und so fort.<br />
Der nächste Schritt war, dass<br />
wir auf den Märkten auch dem<br />
Publikum vermitteln wollten,<br />
10 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
was wir tun, wie und warum.<br />
Wir hingen nun nicht mehr zur<br />
Selbstbespaßung auf den Veranstaltungen<br />
herum, sondern<br />
haben den Besucherinnen und<br />
Besuchern erklärt, wie man mittelalterliches<br />
Essen kocht und<br />
so weiter. Zusammen mit einem<br />
Freund bin ich dann schnell in<br />
den musealen Vermittlungsbereich<br />
gerutscht und wir haben<br />
eine GbR gegründet.<br />
Hattest du in der Museumspädagogik<br />
dann ein Spezialgebiet?<br />
Was die Zeiten angeht, bin<br />
ich ganz breit aufgestellt von<br />
der Steinzeit bis ins ausgehende<br />
Mittelalter. Mein Kernthema<br />
sind Textilkunde und Alltagsleben,<br />
Schwerpunkt natürlich<br />
Frauen. Ich kann mit der Handspindel<br />
spinnen, am Gewichtswebstuhl<br />
weben, mit Pflanzen<br />
färben, Leder auf ursprüngliche<br />
Weise gerben, Schnüre aus<br />
Pflanzenfasern drehen, und in<br />
Tontöpfen auf offenem Feuer<br />
kochen. Das Feuer mache ich<br />
ohne Streichhölzer an.<br />
Angefangen haben wir über<br />
einen Mentor, der bei Staatliche<br />
Schlösser und Gärten Baden-<br />
Württemberg living history für<br />
einige Schlösser angeboten hat.<br />
2002 wurden wir beauftragt, für<br />
das neue Klostermuseum Alpirsbach<br />
Puppen mit Repliken<br />
der dort gefundenen Kleidung<br />
der Klosterschüler aus der Reformationszeit<br />
zu versehen. Das<br />
war unser Einstieg in die Museumsszene.<br />
Danach habe ich sechzehn<br />
Jahre lang in Aachen gewohnt<br />
und unter anderem fürs Rheinische<br />
Landesmuseum Bonn<br />
im Living-history-Bereich gearbeitet.<br />
Von einer Epoche bin ich<br />
Ich war sofort angefixt<br />
und wollte das auch alles<br />
ausprobieren! Das gleiche<br />
galt für die Ritter: Ich wollte<br />
in meinem Leben einmal<br />
ein Schwert in der Hand<br />
halten und mit allen Sinnen<br />
in diese Zeit eintauchen!<br />
zur nächsten gekommen: Dreizehntes<br />
Jahrhundert, dann die<br />
Frankenzeit und Karl der Große,<br />
dann Römer, Germanen, Kelten.<br />
Und schließlich gab es die<br />
Jubiläumsfeier zur 150-jährigen<br />
Entdeckung des ersten Neandertaler-Skeletts,<br />
für die wir<br />
dann Steinzeitausrüstung angeschafft<br />
haben.<br />
Aber auch in anderen Museen<br />
sind wir mit unserem Wissen<br />
von den Fachleuten als gleichwertig<br />
anerkannt worden, weil<br />
wir über manche Details aus<br />
dem Alltagsleben deutlich mehr<br />
wussten als die Archäologen<br />
oder Historiker selbst.<br />
Dann kam leider die Wirtschaftskrise,<br />
die Museen bekamen<br />
weniger Geld und wir weniger<br />
Aufträge. Mein Freund<br />
verließ die gemeinsame Firma.<br />
Ich zog aus Aachen weg und bin<br />
seitdem ziemlich raus aus der<br />
Szene. Hier in Mergentheim arbeite<br />
ich nebenher als Führerin<br />
im Residenzschloss. Und eigentlich<br />
gäbe es auch eine Kostümführung<br />
zur Jungsteinzeit im<br />
Taubertal, aber da kam Corona<br />
dazwischen.<br />
Die Wildnispädagogikausbildung hast<br />
du ja schon vor Corona begonnen.<br />
Ja, ich bin über eine Freundin<br />
darauf gekommen, die weiß,<br />
DIE M VON NEBENAN<br />
dass ich mich viel mit Spiritualität<br />
und Naturvölkern beschäftige.<br />
Wildnispädagogik beinhaltet<br />
nämlich sehr viel mehr als<br />
Bäumchen erkennen und Tierspuren<br />
lesen, sondern hilft bei<br />
intensiver Beschäftigung, sich<br />
selbst als Menschen wieder neu<br />
in der Schöpfung zu verorten.<br />
Gerade waren wir als letzter<br />
Teil der Ausbildung drei<br />
Wochen im Wald in Schweden.<br />
Wildnispädagogin durfte<br />
ich mich schon vorher nennen,<br />
aber mit dem Abschluss dieses<br />
Ausbildungsmoduls bin ich nun<br />
auch Wildnislehrerin. Das Ganze<br />
ist keine staatlich anerkannte<br />
Ausbildung, aber unglaublich<br />
persönlichkeitsbildend.<br />
Und in Zusatzkursen wie dem<br />
zum Naturhandwerk nimmt<br />
man noch ganz praktische Dinge<br />
mit wie Transportbehälter<br />
aus Haselnussruten und Rohhaut,<br />
Werkzeuge aus Knochen<br />
und Flintstein, Gefilztes und Gegerbtes.<br />
Wie verbringt man denn drei<br />
Wochen in Schweden als<br />
Wildnispädagogin? An und für sich<br />
sind drei Wochen Schweden ja<br />
erstmal nichts Spektakuläres.<br />
Für diesen Abschlusskurs geht<br />
es entweder nach Schweden<br />
oder in die Karpaten, wo man in<br />
der Gruppe mit einem überaus<br />
übersichtlichen Ausrüstungssatz<br />
möglichst naturnah lebt<br />
und sich teilweise selbst versorgt.<br />
Wir haben unter anderem geangelt,<br />
leider wegen des anfangs<br />
kalten Wetters erst gegen Ende<br />
Fische gefangen. Natürlich haben<br />
wir auch das Feuer nicht<br />
mit dem Streichholz angemacht,<br />
sondern einen Feuerbohrer be-<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 11
DIE M VON NEBENAN<br />
nutzt. Das ist nicht nur Übungssache,<br />
sondern hängt wie so vieles<br />
beim Draußenleben von der<br />
Einstellung ab.<br />
Es geht also zum einen darum,<br />
dem Menschen das Wissen darüber<br />
zurückzugeben, was er alles<br />
aus der ihn umgebenden Natur<br />
nachhaltig und selbst nutzen<br />
kann, wie es bei uns nur<br />
noch ältere Landbewohner haben:<br />
Hier wachsen die leckeren<br />
Beeren, Fische gibt es am ehesten<br />
an diesem Ufer des Sees, diese<br />
Pflanze ist grundsätzlich essbar,<br />
zu der Jahreszeit muss ich<br />
dorthin wandern und so weiter.<br />
Zum anderen wird man auf<br />
das zurückgeführt, was man<br />
wirklich braucht: Wenn man<br />
zehn Minuten zur Trinkwasserquelle<br />
läuft, entwickelt man<br />
eine ganze neue Dimension von<br />
Ruhe im Tagesablauf.<br />
Aber auch die Bedürfnisse<br />
meines Körpers haben sich in<br />
dieser Zeit nachhaltig verändert:<br />
Ich kaufe noch weniger<br />
verarbeitete Produkte als vorher.<br />
Und die „Nature Awareness“,<br />
wie es ursprünglich heißt,<br />
unterscheidet sich vom Survival<br />
im Grundansatz: Survival heißt<br />
quasi „Hilfe, holt mich hier raus<br />
(in die Zivilisation)“, unser Thema<br />
ist „Auswildern“, also draußen<br />
wieder heimisch werden<br />
und sich zurechtfinden, wohlfühlen.<br />
Kochen auf offenem Feuer in der Kleidung des 12. Jahrhunderts.<br />
Möchtest du also künftig<br />
auch solche Waldkurse als<br />
Wildnislehrerin anbieten?<br />
Nein, keine dreiwöchigen; das<br />
ist ja der Abschluss eines langen<br />
Weges und ich fühle mich noch<br />
lange nicht fähig, diese intensive<br />
Zeit mit ihren teils heftigen<br />
persönlichen und gruppenbezogenen<br />
Prozessen zu begleiten.<br />
Ein Wochenende oder mehrere<br />
aufeinanderfolgende reichen<br />
auch schon, um überhaupt eine<br />
Naturverbundenheit wiederzuerwecken.<br />
Für ein Leben in der<br />
Natur sind wir ausgelegt.<br />
Was wir als Menschen in den<br />
letzten paar tausend Jahren führen,<br />
ist ein denaturiertes Leben,<br />
das uns körperlich und psychisch<br />
krank macht. Das merkt<br />
man, wenn man den härtesten<br />
Manager ans Lagerfeuer setzt:<br />
Man hat einen anderen Menschen<br />
vor sich.<br />
Und parallel zu der Ausbildung<br />
hast du jetzt zum 1.10. auch noch<br />
einen neuen Job angefangen.<br />
Von irgendwas muss frau ja leben.<br />
Aus dem Archäologiestudium<br />
ist ja nichts geworden: Ich<br />
bin spät erkannt und habe erst<br />
dann verstanden, dass das Studium<br />
vielleicht doch eine realistische<br />
Alternative gewesen wäre.<br />
2015 bin ich das erste Mal auf<br />
die Idee gebracht worden, dass<br />
ich hochbegabt sein könnte, und<br />
habe 2016 den Test gemacht. Da<br />
habe ich dann exakt den so oft<br />
von Späterkannten geschilderten<br />
Moment erlebt: Mir ist ein<br />
Stein, ach was, ein ganzes Gebirge<br />
vom Herzen gefallen, und so<br />
viel anderes hat sich an seinen<br />
Platz gerüttelt, Schuldgefühle<br />
sind von mir abgefallen.<br />
Vor allem dieses Gefühl, nicht<br />
richtig zu sein, sich nicht anpassen<br />
zu können. All das war weg<br />
in dem Moment, wo ich schriftlich<br />
hatte, dass ich eben wirklich<br />
anders bin als 98 oder 99<br />
Komma irgendwas Prozent der<br />
Menschen.<br />
Und mit der Archäologie war<br />
es so: Kurz vorm Abi hat mir<br />
ein Archäologe erzählt, dass es<br />
überhaupt keine Stellen gäbe,<br />
dass man eigentlich nur studiere,<br />
um danach arbeitslos zu sein.<br />
Die sichere Bank war dann,<br />
wie meine Familie in die Jour-<br />
12 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
nalismuslaufbahn einzusteigen.<br />
Ich hab es drauf ankommen lassen<br />
und bin zweigleisig gefahren:<br />
Wenn ich bis zum letzten<br />
Tag, an dem ich mich in der Uni<br />
einschreiben müsste, keinen<br />
Ausbildungsplatz als Journalistin<br />
habe, studiere ich Archäologie.<br />
Doch ich habe eine Ausbildungsstelle<br />
bei einer fünfzig<br />
Kilometer entfernten Tageszeitung<br />
bekommen.<br />
Die Ausbildung war wie die<br />
Schulzeit davor die Hölle: Auch<br />
hier war ich wieder die Außenseiterin<br />
und hab noch dazu<br />
kaum Anleitungen bekommen,<br />
weil ich ja als Journalistenkind<br />
schon alles können sollte. Daher<br />
habe ich die Ausbildung<br />
dann ganz knapp vorm Ende der<br />
zweijährigen Ausbildungsdauer<br />
abgebrochen. Etwas später hab<br />
ich die fehlende Zeit nachgeholt,<br />
um meine 24 Monate voll<br />
zu kriegen.<br />
Anschließend wollte ich gerne<br />
etwas mit Englisch machen,<br />
das Arbeitsamt hat mich aber<br />
in eine Umschulung zur EDV-<br />
Kauffrau gesteckt. Damals, 1987,<br />
Was wir als Menschen in den<br />
letzten paar tausend Jahren<br />
führen, ist ein denaturiertes<br />
Leben, das uns körperlich<br />
und psychisch krank macht.<br />
war das total modern, die Kombination<br />
von Computergrundlagen,<br />
Programmierung und einer<br />
kaufmännischen Ausbildung.<br />
Als ich dann gerade diese Umschulung<br />
begonnen hatte, bekam<br />
ich einen Anruf vom Rundfunk,<br />
bei dem ich ein Praktikum<br />
gemacht hatte, ob ich nicht<br />
bei ihnen in der Redaktion anfangen<br />
wolle. Da ich aber nicht<br />
wieder etwas abbrechen wollte,<br />
habe ich abgelehnt. Ich schreie<br />
heute noch, wenn ich daran<br />
denke.<br />
Aber den giftigen Satz meines<br />
Großvaters, der eigentlich ein<br />
total netter Mensch war, hatte<br />
ich damals im Hinterkopf:<br />
„Du fängst immer alles an und<br />
machst nichts fertig.“<br />
Dieses Etikett habe ich für<br />
mich übernommen. Ich bin<br />
DIE M VON NEBENAN<br />
nun mal ein Scannertyp und<br />
interessiere mich für unglaublich<br />
viel. Aber Folgendes konnte<br />
ich damals noch nicht abstrahieren:<br />
Was heißt denn „fertig<br />
machen“? Habe ich etwas nicht<br />
„fertig gemacht“, wenn ich nach<br />
vier Jahren den Ballettunterricht<br />
abbreche, weil mir der Lehrer<br />
zwischen die Beine gegriffen<br />
hat? Habe ich etwas nicht „fertig<br />
gemacht“, wenn ich nicht mehr<br />
zum Gitarrenunterricht kann,<br />
weil der Lehrer in einem Endloskrankenschein<br />
verschwindet?<br />
Aber die Zeitungsausbildung hast<br />
du dann doch fertig gemacht!<br />
Aber das Abbrechen selbst hat<br />
mich dennoch verfolgt: Ich war<br />
Anfang zwanzig, wusste nicht,<br />
was mit mir los ist, nicht, was<br />
ich wirklich, wirklich will.<br />
Meine alleinerziehende Mutter<br />
hat mir als Modell ganz<br />
klar vorgelebt, dass ich irgendwie<br />
auf eigenen Beinen stehen<br />
und meine Brötchen verdienen<br />
muss.<br />
Also habe ich mich durch<br />
die miserable Umschulung zur<br />
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DIE M VON NEBENAN<br />
EDV-Kauffrau gequält. Damit<br />
habe ich tatsächlich auch eine<br />
Stelle bekommen, allerdings<br />
spielte das Programmieren dabei<br />
keine Rolle, sondern ich<br />
habe kaufmännisch gearbeitet<br />
beziehungsweise im Kundendienst.<br />
Auch bei den nachfolgenden<br />
Jobs ging es in die Richtung<br />
Kundenbetreuung oder<br />
Marketing.<br />
Ich hatte nie einen Job mit einem<br />
klaren Etikett. Dazu gab es<br />
alle zwei oder drei Jahre einen<br />
Wechsel, da ich ständig rausgeflogen<br />
bin, weil irgendeine Vorgesetzte<br />
mit mir Schwierigkeiten<br />
hatte. Jedes Mal. Ich habe<br />
mir das immer selbst vorgeworfen<br />
und mich gefragt, was ich<br />
falsch mache.<br />
Irgendwann hatte ich vom<br />
Büro die Nase voll und habe<br />
eine Schreinerlehre gemacht,<br />
das hat mir sehr gut gefallen<br />
und lag mir. War aber schwierig,<br />
als Frau eine Stelle zu bekommen,<br />
ich hätte mich gerne zur<br />
Restauratorin weitergebildet.<br />
Ich habe wegen dieser Probleme<br />
und Selbstzweifel mehrmals<br />
eine Therapie gemacht. Traurigerweise<br />
hat mein erster Therapeut,<br />
und nur der, die HB erkannt,<br />
aber er drückte es in der<br />
Vergangenheit aus: „Sie waren<br />
wohl ein hochbegabtes Kind“.<br />
Mir wäre viel erspart geblieben,<br />
wenn ich damals schon das<br />
über HB gewusst hätte, was ich<br />
heute weiß. Das Bedauern über<br />
diese quasi vergeudete Lebenszeit<br />
und die Jahre voller Selbstzweifel<br />
und Selbstvorwürfe kennen<br />
ja viele Späterkannte.<br />
Mittlerweile bist du aber mit<br />
dir ins Reine gekommen. Wie<br />
hast du das geschafft?<br />
Nach der Bestätigung meiner<br />
Hochbegabung im Jahr 2016<br />
habe ich dann endlich bei einem<br />
Mensa-Jahrestreffen die Erklärung<br />
bekommen, dass ich anscheinend<br />
mein Leben lang völlig<br />
unbewusst ein so genanntes<br />
Hochrangverhalten an den Tag<br />
gelegt habe.<br />
Dazu gehören das schnelle<br />
Sprechen, die schnelle Auffassungsgabe,<br />
das Überblicken von<br />
Zusammenhängen, Finden von<br />
Lösungen und eigenständiges<br />
Arbeiten. All diese Dinge werden<br />
von Arbeitgebern verlangt,<br />
aber wehe, du tust sie wirklich!<br />
Dann ist dein Chef oder vor allem<br />
deine Chefin schnell dabei,<br />
Panik zu schieben, dass du an<br />
ihrem Stuhl sägen könntest.<br />
Die fragwürdige Lösung ist,<br />
dass du dich als Hochbegabte<br />
an einem Arbeitsplatz, an dem<br />
du nicht das Glück hast, so akzeptiert<br />
zu werden, wie du bist,<br />
permanent verstellen und zurücknehmen<br />
und gleichzeitig<br />
das eigene Verhalten auf Hochrangverhaltensmerkmale<br />
hinterfragen<br />
musst.<br />
Den giftigen Satz meines<br />
Großvaters, der eigentlich ein<br />
total netter Mensch war, hatte<br />
ich damals im Hinterkopf:<br />
„Du fängst immer alles an<br />
und machst nichts fertig.“<br />
Angharad und LISAR, eine rekonstruierte<br />
Frau aus der Bandkeramik-Zeit<br />
im Museum in Landau<br />
an der Isar.<br />
Und kommst du im Beruf besser<br />
zurecht, seitdem du von deiner<br />
Hochbegabung weißt?<br />
Das wird sich noch zeigen.<br />
Nach fünfjähriger Arbeitslosigkeit<br />
mit einer kurzen Unterbrechung<br />
kann ich das neue Wissen<br />
über mich selbst und meine<br />
Hochbegabung jetzt erstmals in<br />
einem Halbtagsjob anwenden,<br />
in dem ich viele Möglichkeiten<br />
zum eigenständigen Arbeiten<br />
habe. Sogar meine Arbeitszeiten<br />
teile ich mir zu großen Teilen<br />
selbst ein. Das ist sehr praktisch<br />
für meine Museumstermine<br />
hier im Residenzschloss<br />
in Mergentheim. Und natürlich<br />
für meine zukünftigen Angebote<br />
im Naturmentoring.<br />
Für viele potentielle Arbeitgeber<br />
war meine vielseitige Aufstellung<br />
leider mehr ein Grund,<br />
mich als schwer vermittelbar zu<br />
sehen: Ob ich denn überhaupt<br />
fähig sei, ein stetiges Arbeitsverhältnis<br />
einzugehen, wurde<br />
ich dauernd gefragt.<br />
Die letzten fünf Jahre habe ich<br />
mich also sehr fleißig beworben.<br />
Die Arbeit als Patientenfürsprecherin<br />
klang direkt passend:<br />
Ich habe ja selbst Therapieerfahrung,<br />
viele Freunde, bei denen<br />
irgendwas klemmt, und ein<br />
14 | mind magazin 144/Oktober 2021
paar Jahre als Schreibkraft und Sekretärin in<br />
der Psychiatrie gearbeitet habe ich auch schon.<br />
Und durch die Wildnispädagogikausbildung,<br />
die nebenher lief, habe ich auch einige Softskills<br />
wie Gesprächsführung dazu erworben.<br />
Große Sprünge kann ich mit dieser Halbtagsstelle<br />
und dem Mini-Job nicht machen, aber<br />
es ist so toll, nichts mehr mit dem Jobcenter<br />
zu tun haben zu müssen. Generell ist der Tonfall,<br />
mit dem man dort behandelt wird, unterirdisch.<br />
Wie geht es mit deiner Wildnispädagogik weiter?<br />
Hast du schon eine Homepage, oder arbeitest du erst<br />
einmal über Mundpropaganda? Was sind deine Pläne?<br />
Ich habe angefangen, eine Webseite zu erstellen,<br />
aber es fehlt gerade das Geld, um sie<br />
professionell aufbereiten zu lassen. Die Bilder<br />
möchte ich eh selbst machen. Mit den Texten<br />
mühe ich mich auch noch etwas ab: Weil ich<br />
so begeistert von dem Thema bin, fällt es mir<br />
schwer, kurz und knackig auf den Punkt zu<br />
kommen, worum es mir bei der Wildnispädagogik,<br />
besser Naturmentoring, eigentlich geht.<br />
Beides hast du ja im Interview gemerkt.<br />
Es ist aber ohnehin schwer, einen geeigneten<br />
Ort zur Ausrichtung zu finden: Man muss<br />
zelten und Feuer machen dürfen, etwas abgelegen<br />
soll der Platz auch sein, und idealerweise<br />
gibt es einen wetterfesten Unterstand. Jetzt<br />
habe ich erst einmal eine kostengünstige Wiese<br />
am Bach gefunden. Eine Handvoll Interessierter<br />
habe ich schon über Mundpropaganda<br />
zusammen, für die ich gerne ein erstes Seminar<br />
im April anbieten würde.<br />
Wie würdest du heutzutage deinem Großvater<br />
antworten, wenn du ihn nochmal träfst und er dich<br />
fragte, was du nun eigentlich „fertig gemacht“ hast?<br />
Ich glaube, ich würde ihm erklären, dass es<br />
einfach viele Dinge gibt, die mich interessieren<br />
und in die ich reinschnuppern möchte, und<br />
dass es weniger wichtig ist, Dinge „fertig zu<br />
machen“, als neugierig zu bleiben. Schließlich<br />
verlangt niemand von mir, dass ich in irgendetwas<br />
die Meisterschaft erreiche. Ich möchte lieber<br />
die Vielseitigkeit erhalten, die ich nun endlich<br />
zu genießen gelernt habe.<br />
Die Fragen stellte Tina Zejewski<br />
mind magazin 144/dezember 2021 | 15<br />
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KIJU-CAMPS<br />
Wir sind wieder da!<br />
Die KiJu Sommercamps 2021.<br />
Von Sarah Elizabeth Riemann<br />
Auf dem Silvestercamp 2019/20 konnte noch niemand<br />
ahnen, dass dies das letzte Camp für eine lange Zeit bleiben<br />
würde. „Wir sehen uns beim Ostercamp wieder!“, lautete eine<br />
häufig gehörte Verabschiedung.<br />
D<br />
och dann: eine Pandemie.<br />
Eine Veranstaltung nach<br />
der anderen wird abgesagt oder<br />
ins Virtuelle verlegt, darunter<br />
auch die KiJu Camps der folgenden<br />
anderthalb Jahre.<br />
Umso größer war die Freude,<br />
als sich abzeichnete, dass in<br />
diesem Sommer wieder Veranstaltungen<br />
möglich sein würden.<br />
Enthusiastisch organisierten<br />
wir gleich drei verschiedene<br />
Formate und konnten so sechs<br />
Gelegenheiten schaffen, um einander<br />
endlich auch persönlich<br />
wiederzusehen. Maskenpflicht<br />
in den öffentlichen Teilen der<br />
Jugendherbergen, tägliche<br />
Selbsttests, viele Veranstaltungen<br />
an der frischen Luft und ein<br />
durchdachtes Hygienekonzept<br />
ermöglichten es uns schließlich,<br />
in diesem Sommer wunderschöne<br />
und sichere Wochen miteinander<br />
zu verbringen.<br />
Zuerst die Juniors<br />
Den Auftakt machten die<br />
Mensa Juniors Sommercamps.<br />
Zwischen dem 23. Juli<br />
und dem 15. August<br />
trafen sich insgesamt<br />
drei Gruppen von je<br />
etwa 30 Teilnehmenden<br />
zwischen 12 und 17<br />
Jahren, um jeweils eine<br />
spannende Woche im wunderschönen,<br />
wenn auch sehr hügeligen<br />
Rottweil zu verbringen.<br />
Vormittags wurde beispielsweise<br />
Improtheater gespielt, die<br />
Gedankenwelt antiker Philosophen<br />
erkundet oder nach Sicherheitslücken<br />
in alten und<br />
neueren Verschlüsselungstechniken<br />
gesucht.<br />
Anna, die in der ersten Woche<br />
mit dabei war, berichtet: „Ich<br />
fand sehr schön, dass man im<br />
Kurs mitteilen konnte, wie man<br />
die Zeit gerne gestalten würde,<br />
und dass man die Ideen dann<br />
auch in den Unterricht eingebaut<br />
hat. Ich fand meinen Projektleiter<br />
sehr sympathisch<br />
und wir haben vieles spielerisch<br />
gelernt, darum gingen die<br />
drei Stunden Kurs pro Tag sehr<br />
schnell vorbei.“<br />
Auch die bunt gemischten<br />
freiwilligen Programmpunkte<br />
nachmittags und abends fanden<br />
viel Anklang, unabhängig<br />
davon, ob gerade Museumsbesuche,<br />
Nachtwanderungen<br />
oder Karaoke<br />
auf dem Plan standen.<br />
Johann erinnert sich<br />
an die erste Woche zurück:<br />
„Mein persönliches<br />
Highlight waren<br />
die Male, als wir<br />
abends rausgegangen sind. Der<br />
Quizabend und die Abschiedsveranstaltung<br />
haben auch viel<br />
Spaß gemacht.“<br />
Möglichkeiten<br />
zum Rückzug<br />
Trotz der vielen Angebote war<br />
es auch immer möglich, sich<br />
zurückzuziehen und auszuruhen.<br />
„Wenn es einem zu viel<br />
wird, kann man auch eine Pause<br />
machen. Es wurde sehr auf<br />
einen geachtet und das fand ich<br />
persönlich sehr schön“, schreibt<br />
Anna.<br />
Nicht nur für die Rücksichtnahme<br />
wurde das soziale Gefüge<br />
während der Camps geschätzt,<br />
sondern auch für inspirierende<br />
und belebende Begegnungen.<br />
16 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
KIJU-CAMPS<br />
Spaß, Gruppenerlebnisse und Herausforderungen<br />
bei den verschiedenen<br />
Camps. Fotos: Michael Bonfert,<br />
Martin Prost, Birgit Eisen<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 17
KIJU-CAMPS<br />
Marie erzählt aus der zweiten<br />
Woche der Juniors Camps: „Die<br />
Veranstaltungen, die Gespräche<br />
zwischendurch auf dem Gang,<br />
beim Essen et cetera, die Atmosphäre,<br />
die Menschen, einfach<br />
alles in der Summe war ein<br />
Highlight in dem Sommer. Ich<br />
bin sehr froh, dort gewesen zu<br />
sein, sonst hätte ich einige tolle<br />
Menschen nicht kennengelernt.“<br />
So fielen auch die Abschiede<br />
am Ende der jeweiligen<br />
Juniors Camps schwer, doch<br />
nicht zu schwer: Ein paar der<br />
Teilnehmenden würden sich<br />
schon wenige Wochen später<br />
beim Juniors Sommerseminar<br />
wiedersehen.<br />
Mensa Clever<br />
Children Camps<br />
Eine ganz andere Zielgruppe<br />
hingegen haben die Mensa<br />
Clever Children Camps, kurz<br />
MCCCs, die sich mit Teilnehmenden<br />
von 9 bis 12 Jahren an<br />
eine jüngere Altersklasse richten.<br />
Während die Sommercamps<br />
in der Regel am selben<br />
Ort und in derselben Jugendherberge<br />
stattfinden, gibt es üblicherweise<br />
mehrere MCCCs an<br />
unterschiedlichen Orten, um<br />
den Teilnehmenden möglichst<br />
kurze Anreisewege zu bieten. So<br />
auch in diesem Jahr: Zunächst<br />
fand das MCCC Nord vom 25.<br />
Juli bis zum 1. August in Bad Segeberg<br />
statt, dann folgte vom 8.<br />
bis zum 15. August das MCCC<br />
Süd in Pforzheim.<br />
Hier gab es keine Projekte zu<br />
belegen, doch deswegen nicht<br />
weniger Programmpunkte und<br />
Ausflüge. Neben dem ohnehin<br />
schon aufregenden Erlebnis,<br />
Neue Freunde finden,<br />
Gemeinschaft erleben<br />
und Neues erfahren<br />
– die Camps<br />
bieten für jede und<br />
jeden eine Fülle von<br />
Möglichkeiten, die<br />
gern angenommen<br />
werden.<br />
Fotos: Michael Bonfert<br />
18 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
KIJU-CAMPS<br />
ohne die eigenen Eltern in einer<br />
neuen Stadt Urlaub zu machen,<br />
gab es auch spannende Erkundungstouren,<br />
bunt gemischte<br />
Aktivitäten in den Jugendherbergen<br />
und natürlich viele<br />
Gelegenheiten, neue Freundschaften<br />
zu knüpfen – auch mit<br />
dem Maskottchen Fiete Fuchs,<br />
das von uns allen wohl mittlerweile<br />
die meisten MCCCs besucht<br />
haben dürfte.<br />
Das Experiment<br />
Nach diesen fünf gelungenen<br />
Camps mit etablierten Konzepten<br />
wagten wir uns schließlich<br />
noch an ein Experiment: Den<br />
Abschluss machte das Mensa Juniors<br />
Sommerseminar, das erste<br />
seiner Art.<br />
Nicht nur dem Namen nach<br />
liegt dieses Format zwischen<br />
den Juniors Sommercamps und<br />
Herbstseminaren. Wie für Juniors<br />
Seminarveranstaltungen üblich<br />
richtet es sich mit Teilnehmenden<br />
von 14 bis 19 an die älteste<br />
unserer Zielgruppen. So<br />
konnten wir auch Teilnehmenden,<br />
die während der Pandemie<br />
volljährig geworden waren, die<br />
Gelegenheit bieten, eine letzte<br />
Juniors Sommerveranstaltung<br />
zu besuchen.<br />
Diese Gelegenheit wurde mit<br />
Dankbarkeit und Begeisterung<br />
genutzt, als vom 21. bis zum 28.<br />
August eine Gruppe von gut 30<br />
Menschen im Landhaus Gröden<br />
zusammenkam.<br />
Unter diesen Menschen war<br />
Jared, der die Woche folgendermaßen<br />
beschreibt: „Das Sommerseminar<br />
2021 bot trotz der<br />
vergleichsweise geringen Teilnehmerzahl<br />
ein sehr heimeliges<br />
Camp-Gefühl und setzte da<br />
an, wo vergangene Camps aufgehört<br />
hatten. Aufgrund einiger<br />
struktureller Änderungen erinnerte<br />
das Seminar vom Aufbau<br />
her nämlich tatsächlich mehr<br />
an die klassischen Camps als an<br />
ein Seminar, was mir allerdings<br />
nicht störend auffiel. Es war<br />
eine gelassene Stimmung voller<br />
interessanter Gespräche und<br />
lustiger Spiele. Was an Teilnehmenden<br />
fehlte, wurde durch frohes<br />
Engagement wettgemacht,<br />
und zwischen einem voll ausgewachsenen<br />
Wahlkampf und<br />
gleich mehreren Tanz- und Karaokeabenden<br />
war das kleine<br />
Landhaus von morgens bis<br />
abends gefüllt mit Leben.“<br />
Genau dieses Engagement<br />
machte das Juniors Sommerseminar<br />
zu einer bisher einzigartigen<br />
Veranstaltung, denn gerade<br />
älteren und teils volljährigen<br />
Teilnehmenden trauen wir eine<br />
hohe Selbstverantwortung zu.<br />
Sieg für Obst<br />
auf Pizza<br />
So glückte auch das Experiment,<br />
das Programm in enger<br />
Zusammenarbeit zwischen den<br />
Teilnehmenden und dem Betreuungsteam<br />
auszugestalten.<br />
Viele Programmpunkte wurden<br />
von den Teilnehmenden selbst<br />
organisiert und geleitet. Vom<br />
Knüpfen von Freundschaftsbändchen<br />
über Schachtheorie<br />
und Nachtwanderungen bis hin<br />
zu Diskussionen und Spielerunden<br />
gab es eine Menge zu lernen,<br />
zu tun und zu genießen.<br />
Der Pizzawahlkampf ergab im<br />
Übrigen eine knappe Entscheidung<br />
für die Akzeptanz von<br />
Obst auf Pizza. Sogar die Köchin<br />
des Landhauses unterstützte<br />
uns und bewies durch ihre<br />
Kochkünste beim Mittagessen,<br />
dass nicht nur Ananas, sondern<br />
sogar Mango, Äpfel und Mandarinen<br />
eine tolle Kombination<br />
mit Teig, Käse und Tomatensoße<br />
darstellen. Auch die Opposition<br />
war mit ihrer klassischen Pizza<br />
Margherita zufrieden.<br />
Doch auch die schönsten Wochen<br />
gehen irgendwann zu<br />
Ende. Den Teilnehmenden des<br />
Sommerseminars blieb es genauso<br />
wenig erspart, Abschied<br />
zu nehmen, wie denen der vorhergegangenen<br />
Sommercamps.<br />
Die Verabschiedung fiel vielleicht<br />
etwas vorsichtiger als Anfang<br />
2020 aus, doch ganz bestimmt<br />
nicht weniger herzlich.<br />
„Sehen wir uns wieder?“, wurde<br />
immer wieder gefragt. „Vielleicht<br />
auf dem nächsten Herbstseminar?<br />
Oder beim Silvestercamp?“<br />
Ja! Dank Hygienekonzepten,<br />
Vorsicht und einer hohen Impfquote<br />
sind wir zuversichtlich,<br />
dass wir unsere Formate von<br />
nun an wieder in gewohnter Regelmäßigkeit<br />
anbieten können.<br />
Mit dem European Mensa Juniors<br />
Camp wagen wir uns im<br />
nächsten Jahr sogar an ein neues<br />
internationales Format. Alle<br />
Termine und weitere Informationen<br />
zu den kommenden Veranstaltungen<br />
sind unter https://<br />
www.mensa.de/camps/termine/<br />
zu finden. Sei du doch beim<br />
nächsten Mal auch mit dabei!<br />
Mit Unterstützung von Anna Iwer,<br />
Johann Schiller, Marie J. Middendorf<br />
und Jared Gebru<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 19
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Was hilft hochbegabten<br />
Underachievern?<br />
Von Tanja Gabriele Baudson<br />
Weniger zu leisten, als das eigene Potenzial eigentlich hergäbe: Das ist ein Problem, das<br />
nicht nur Hochbegabte betrifft, das bei ihnen aber oft besonders schmerzlich deutlich wird.<br />
In einer leistungsorientierten Gesellschaft zählt das bloße Potenzial leider oft wenig – egal,<br />
wie hoch es ist. Daher überrascht es kaum, dass Underachievement häufig Anlass dafür ist,<br />
eine Begabungsberatung in Anspruch zu nehmen.<br />
U<br />
nderachievement hat die<br />
ungute Tendenz zur Chronifizierung;<br />
und oft genug stecken<br />
in dem Päckchen, das Underachiever<br />
mit sich herumtragen,<br />
noch eine ganze Reihe von<br />
weiteren psychosozialen Problemen.<br />
Verständlich – Leistung<br />
spielt in unserer Gesellschaft<br />
eine wichtige Rolle. Dass gerade<br />
diejenigen mit dem größten Potenzial<br />
besonders unter ihrem<br />
Underachievement leiden, verwundert<br />
daher nicht.<br />
Manche Forschende sprechen<br />
angesichts der psychischen Kollateralschäden<br />
gar von einem<br />
„Underachievement-Syndrom“.<br />
Umso wichtiger ist es also, so<br />
früh wie möglich etwas dagegen<br />
zu unternehmen. Doch das<br />
ist gar nicht so leicht. Sind die<br />
Leistungen einmal im Sinkflug,<br />
nehmen auch Motivation und<br />
die Überzeugung, etwas zu können,<br />
ab.<br />
Und von anderen hagelt es<br />
dann dezente (und manchmal<br />
auch deutlichere) Vorwürfe,<br />
weshalb man sich denn nicht<br />
einfach ein bisschen anstrengen<br />
würde – man habe es doch<br />
eigentlich drauf. Als ob das so<br />
einfach wäre!<br />
Aber nicht nur für das Individuum<br />
ist Underachievement<br />
kein schöner Zustand. Auch die<br />
Gesellschaft ist darauf angewiesen,<br />
dass Menschen ihr Potenzial<br />
entfalten und in die Gemeinschaft<br />
einbringen – mit dem<br />
netten Nebeneffekt, dass sie<br />
dann auch weniger auf soziale<br />
Unterstützung angewiesen sind<br />
und es ihnen insgesamt besser<br />
geht. All das wäre in einer vernunftbasierten<br />
und marktwirtschaftlich<br />
orientierten Politik<br />
wiederum ein gutes Argument,<br />
um nachweislich funktionierende<br />
Interventionen flächendeckend<br />
umzusetzen.<br />
Lange Zeit galt chronisches<br />
Underachievement als kaum<br />
behandelbar und für Betroffene<br />
wie für Behandelnde als gleichermaßen<br />
frustrierend. Eine<br />
frühe Übersichtsstudie kam zu<br />
dem pessimistischen Schluss,<br />
dass die untersuchten Interventionen<br />
recht konsistent erfolglos<br />
wären, das Problem Underachievement<br />
vor allem bei Hochbegabten<br />
tiefer ginge als die<br />
Versuche, es zu lösen*.<br />
Eine Übersichtsstudie ist das<br />
Thema nun erneut systematisch<br />
angegangen: Wie wirksam sind<br />
Interventionen gegen Underachievement?<br />
Und worauf wirken<br />
sie sich aus – leisten die Betroffenen<br />
nach der Intervention<br />
* „The programs we reviewed were rather consistent in reporting the ineffectiveness of interventions. The problem of underachievement<br />
with gifted seems more profound than the attempted solutions“ (Dowdall & Colangelo, 1982, S. 182).<br />
20 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
tatsächlich mehr, oder geht es<br />
ihnen „nur“ besser mit dem Status<br />
quo (oder möglicherweise<br />
sogar beides)? Und welche Faktoren<br />
beeinflussen den Erfolg einer<br />
Maßnahme?<br />
Ein paar methodische<br />
Anmerkungen<br />
Das alles liest sich recht einfach,<br />
hat es methodisch aber<br />
durchaus in sich – denn um solche<br />
umfassende Aussagen treffen<br />
zu können, muss eine gewisse<br />
Vergleichbarkeit zwischen<br />
den Studien gewährleistet<br />
sein. Die Schwierigkeiten<br />
fangen schon bei der Definition<br />
der Zielgruppe an, oder psychologisch<br />
gesprochen: bei der<br />
Operationalisierung, der Messbarmachung<br />
unseres Kriteriums<br />
Underachievement.<br />
Reichen schlechte Noten bei<br />
hoher Intelligenz? Wenn ja, wie<br />
schlecht müssen die Noten sein<br />
und wie hoch die Intelligenz?<br />
Es hagelt dann dezente (und<br />
manchmal auch deutlichere)<br />
Vorwürfe, weshalb man sich<br />
denn nicht einfach ein bisschen<br />
anstrengen würde – man habe<br />
es doch eigentlich drauf.<br />
Und wären standardisierte Leistungstests<br />
nicht eigentlich die<br />
bessere Wahl, wenn man sich<br />
anschaut, wie subjektiv Noten<br />
manchmal ausfallen? Oder,<br />
ganz anders gedacht: Reicht es<br />
vielleicht sogar, wenn andere<br />
denken, jemand könnte eigentlich<br />
mehr? Und wenn ja, wen<br />
fragt man da am besten?<br />
Sogenannte „Metaanalysen“<br />
versuchen, mehrere Einzelstudien<br />
zusammenzufassen und so<br />
eine Gesamtaussage zu treffen –<br />
in diesem Fall, wie wirksam Interventionen<br />
gegen Underachievement<br />
sind. Da die wenigsten<br />
Einzeluntersuchungen repräsentative<br />
Stichproben befragen,<br />
erhofft man sich durch dieses<br />
Vorgehen, systematische Verzerrungen<br />
weitgehend herauszunullen<br />
und so der Frage, wie<br />
groß ein Effekt in Wirklichkeit<br />
ist, näher zu kommen.<br />
Dabei wird auch gewichtet,<br />
wie viele Personen an einer Studie<br />
teilgenommen haben – kleine<br />
Studien, bei denen die Verzerrungsgefahr<br />
größer ist, fallen<br />
weniger stark ins Gewicht<br />
als große. Weitere sogenannte<br />
„Moderatorvariablen“ können<br />
berücksichtigt werden, um<br />
herauszufinden, unter welchen<br />
Umständen die Effekte stärker<br />
oder schwächer ausfallen.<br />
Effekte werden üblicherweise<br />
in Standardabweichungen angegeben<br />
– auf die IQ-Skala übersetzt,<br />
kann man sich das so vorstellen,<br />
dass ein Zugewinn von<br />
einer Standardabweichung 15<br />
IQ-Punkten mehr entsprechen<br />
würde**.<br />
Welche Studien überhaupt in<br />
eine Metaanalyse eingehen, legen<br />
die Forschenden anhand<br />
** Es geht hier nur darum, die Größenordnung zu verdeutlichen – der IQ ist deutlich stabiler als Leistungen oder psychosoziales Wohlbefinden.<br />
Programme zur Steigerung der Intelligenz würden also kaum solche Erfolge zeitigen.<br />
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WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
klarer Kriterien fest; hierfür gibt<br />
es auch Richtlinien.<br />
Rein qualitative Untersuchungen<br />
werden beispielsweise nicht<br />
berücksichtigt, schlichtweg,<br />
weil sie die notwendigen statistischen<br />
Angaben zur Größe von<br />
Effekten nicht erfassen. Auch<br />
muss berichtet werden, welche<br />
Datenbanken und welche Suchbegriffe<br />
und gegebenenfalls<br />
welche weiteren Quellen zum<br />
Auffinden der Originalstudien<br />
verwendet werden.<br />
Ferner werden Interventionen,<br />
die keine Wirkung hatten, seltener<br />
veröffentlicht – auch diesen<br />
sogenannten „Publikationsbias“<br />
muss man also berücksichtigen.<br />
Was untersucht<br />
wurde<br />
Die Diskrepanz zwischen Potenzial<br />
und Leistung ist zwingendes<br />
Definitionskriterium<br />
von Underachievement. Einfach<br />
nur geringe Leistungen genügen<br />
also nicht.<br />
In dieser Studie untersuchten<br />
die Forschenden Underachievement<br />
über das gesamte Fähigkeitsspektrum<br />
– denn bekanntlich<br />
können nicht nur Hochbegabte<br />
unter ihren Möglichkeiten<br />
bleiben. Möglicherweise unterscheiden<br />
sich zwar die Faktoren,<br />
die bei Hoch- und durchschnittlich<br />
Begabten zu Underachievement<br />
beitragen; an systematischen<br />
Untersuchungen, die die<br />
beiden Gruppen direkt verglichen<br />
haben, mangelt es jedoch<br />
noch. Einbezogen wurden Studien,<br />
die die Auswirkungen von<br />
Underachievement-Interventionen<br />
auf die Leistung und/oder<br />
auf sozioemotionale Variablen<br />
untersucht und eine Kontroll-<br />
Dass die Wirkung unabhängig<br />
vom Begabungsniveau<br />
der Teilnehmenden ist,<br />
könnte man auf den ersten<br />
Blick so interpretieren,<br />
dass Hochbegabte keine<br />
„Extrawurst“ brauchen.<br />
gruppe implementiert (oder zumindest<br />
einen Vorher-Nachher-<br />
Vergleich vorgenommen) hatten.<br />
In diesem Fall kamen von ursprünglich<br />
3.302 Zitationen 331<br />
Untersuchungen in die engere<br />
Wahl, von denen nach Anwendung<br />
aller Auswahlkriterien 42<br />
Studien übrig blieben, die zwischen<br />
1960 und 2016 veröffentlicht<br />
worden waren. Das klingt<br />
auf den ersten Blick nach einem<br />
ziemlichen Schwund, ist aber<br />
völlig im Rahmen.<br />
Was kam heraus?<br />
Wirken Interventionen gegen<br />
Underachievement? Ja! Die 38<br />
Studien, die sich mit den Auswirkungen<br />
auf Leistungen befassten,<br />
fanden 73 positive, 18<br />
negative und acht Nulleffekte.<br />
Im Durchschnitt verbesserte<br />
sich die Leistung um 0,45 Standardabweichungen.<br />
Bei den 33 Studien, die sich<br />
Einflüsse auf psychosoziale Variablen<br />
anschauten (in 29 Untersuchungen<br />
wurde beides berücksichtigt),<br />
fanden sich 182<br />
positive und 108 negative Effekte,<br />
im Mittel eine Verbesserung<br />
von 0,35 Standardabweichungen<br />
– und das alles, obwohl die<br />
Stichproben äußerst heterogen<br />
waren.<br />
Was fanden die Forscher noch<br />
heraus? Je früher man interveniert,<br />
desto besser die Wirkung;<br />
das passt zu früheren Befunden,<br />
dass sich Underachievement<br />
mit dem Ende der Grundschulzeit<br />
zu stabilisieren scheint. Ob<br />
jemand hochbegabt ist oder<br />
nicht, hat hingegen keine Auswirkungen.<br />
Auch der Fokus der Intervention<br />
– Aufholen der Lerndefizite<br />
versus psychosoziale Beratung –<br />
macht keinen statistisch signifikanten<br />
Unterschied. Einen kleinen<br />
Effekt hatte außerdem, wie<br />
Underachievement operationalisiert<br />
wurde – ein Hinweis darauf,<br />
wie wichtig es ist, sich über<br />
die Begrifflichkeiten im Klaren<br />
zu sein.<br />
Interessant war außerdem,<br />
dass das Entstehungsjahr einen<br />
leichten Einfluss auf die<br />
Leistungsgewinne hatte: Jüngere<br />
Studien zeigten eher größere<br />
Effekte, was zeigt, dass sich<br />
die Qualität der Interventionen<br />
langsam, aber stetig verbessert.<br />
Ein kleiner Wermutstropfen:<br />
Es gab Hinweise auf einen Publikationsbias<br />
insofern, als kleinere<br />
Studien mit negativen Effekten<br />
gar nicht erst berücksichtigt<br />
wurden. Veröffentlicht werden<br />
also eher Programme mit ausreichender<br />
Datengrundlage, die<br />
funktionieren.<br />
Was bedeutet<br />
das praktisch?<br />
Dass Interventionen im Sekundar-<br />
und Tertiärbereich<br />
nicht mehr so gut wirken, heißt<br />
nicht, dass Bemühungen in diese<br />
Richtung völlig umsonst wä-<br />
22 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
en. Möglicherweise passen die vorhandenen<br />
Interventionen einfach besser zum Entwicklungsstand<br />
jüngerer Kinder, sodass<br />
man für Ältere eventuell spezialisiertere<br />
Programme entwickeln müsste.<br />
Dass die Wirkung unabhängig vom Begabungsniveau<br />
der Teilnehmenden ist, könnte<br />
man auf den ersten Blick so interpretieren,<br />
dass Hochbegabte keine „Extrawurst“<br />
brauchen.<br />
Die Autoren weisen jedoch darauf hin,<br />
dass die einzelnen Studien möglicherweise<br />
auch ihre Intervention genau auf die Zielgruppe<br />
abgestimmt haben könnten (was<br />
nicht Teil der Analysen war); und bekanntlich<br />
ist ja die Wirkung bei optimaler Passung<br />
maximal und möglicherweise eben<br />
auch über die Gruppen ähnlich, wenn jede<br />
schlicht das bekommt, was sie braucht.<br />
Vor dem Hintergrund, dass Underachiever<br />
extrem heterogen sind, erscheint ein solches<br />
differenzierteres Vorgehen nur sinnvoll.<br />
Hier müssen wir wohl einfach warten,<br />
was zukünftige, systematischere Forschung<br />
bringt; dass diese nötig ist, ist ein Fazit, das<br />
auch die Autoren ziehen.<br />
Dass jüngere Studien Leistungsdefizite<br />
tendenziell wirksamer abbauen können,<br />
ist jedenfalls ermutigend – und zukünftige<br />
Praxisinterventionen tun gut daran, aktuelle<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse zu nutzen,<br />
um bestmögliche Wirkungen zu erzielen.<br />
Denn letztlich geht es um das Wohlergehen<br />
von Menschen.<br />
Quelle der Studie: Snyder, K. E., Fong, C. J.,<br />
Painter, J., Pittard, C., Barr, S. & Patall, E. A.<br />
(2019). Interventions for academically underachieving<br />
students: A systematic review and<br />
meta-analysis. Educational Research Review, 28,<br />
Article 100294.<br />
Meine Kernkompetenz und Antwort auf den Null-Zins: Der gut gemanagte<br />
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und als Entnahmemodell als Alternative zur Rentenversicherung. Als<br />
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Tanja Gabriele Baudson leitet bei Mensa das<br />
Ressort Wissenschaft und Forschung. Sie ist<br />
Professorin für Differentielle Psychologie und<br />
psychologische Begabungsforschung an der<br />
Hochschule Fresenius Heidelberg.<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 23<br />
Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing.<br />
Michael Schulte, Finanzwirt (CoB)<br />
Telefon: 0221 92428460<br />
ms@vermoegen-besser-planen.de<br />
www.vermoegen-besser-planen.de<br />
Lindenstr. 14 · 50674 Köln
MIND IM NETZ<br />
Eine neue Haustür<br />
für Mensa<br />
Projekt Webseite: Wie wir uns der Welt zeigen.<br />
Von Christian Ambach<br />
Manche Projekte benötigen einen längeren Anlauf. Das Thema Webseite begleitet die<br />
To-Do-Listen des Vorstands schon seit einigen Jahren. Nun ist unter neuer Projektleitung<br />
und noch dazu ohne externe Vergabe und nahezu kostenneutral ein Ergebnis in greifbare<br />
Nähe gerückt. Eventuell ist die neue Webseite bereits online, wenn du dieses <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> liest.<br />
Was aber macht eine Webseite zu einem so aufwändigen Projekt und wie hat <strong>MinD</strong> es dann<br />
letztlich umgesetzt? In diesem Artikel geben wir euch Einblicke in den Entstehungsprozess<br />
und Hintergrundinformationen zu den getroffenen Projektentscheidungen.<br />
E<br />
ine neue Webseite kann<br />
man auch als ein Eisberg-<br />
Projekt bezeichnen. Was letztlich<br />
für alle von der neuen Webseite<br />
zu sehen ist, ist nur ein<br />
kleiner Teil des Projektumfangs.<br />
Der Großteil der Arbeiten findet<br />
lange vor der eigentlichen Programmierung<br />
und Gestaltung<br />
statt. So war es auch bei Mensa.<br />
Am Anfang standen mehrere<br />
Fragen: Wie will sich <strong>MinD</strong> der<br />
Welt zeigen? Soll der Schwerpunkt<br />
auf Mitgliederwerbung,<br />
Aufklärung zum Thema Hochbegabung,<br />
Darstellung der Vereinsstruktur,<br />
Informationen<br />
aus den Ressorts oder auf etwas<br />
ganz anderes gelegt werden?<br />
Dabei geht es nicht um eine Entweder-Oder-Entscheidung,<br />
sondern<br />
vielmehr um ein sorgfältiges<br />
Abwägen der einzelnen Aspekte<br />
und die Übertragung in<br />
eine konkrete Zieldefinition.<br />
Danach folgt die Frage, wie<br />
man die Informationen aufbereitet<br />
und bündelt. Besucher<br />
von mensa.de sind bisher<br />
hauptsächlich (noch) Nicht-Mitglieder.<br />
Deswegen kann man<br />
nicht davon ausgehen, dass sie<br />
bereits mit der Vereinsstruktur<br />
vertraut sind. Eine aus Mitgliedersicht<br />
nachvollziehbare Gliederung<br />
zum Beispiel nach Ressorts<br />
wäre deshalb nicht sinnvoll.<br />
Besser ist die Strukturierung<br />
von Inhalten nach Themen<br />
und Zielgruppen, was auf der<br />
neuen Seite auch so realisiert<br />
wurde.<br />
Als nächstes ist die Art der<br />
Ansprache und die Bild-, Farbund<br />
Formsprache zu definieren.<br />
Selbstverständlich wollte<br />
<strong>MinD</strong> eine Webseite, die freundlich<br />
und einladend ist, wichtige<br />
Schlüsselwörter prominent auf<br />
der Seite zeigt und zum Weiterlesen<br />
animiert.<br />
24 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
MIND IM NETZ<br />
Gesetzte Grundvoraussetzungen<br />
waren dabei, dass alle Inhalte<br />
auch auf mobilen Geräten<br />
zugänglich sein sollen und die<br />
Webseite möglichst barrierearm<br />
genutzt werden kann.<br />
Eine Webseite muss natürlich<br />
auch zum restlichen Erscheinungsbild<br />
des Vereins passen.<br />
Das bedeutet, dass alle anderen<br />
Druckartikel, Social-Media-<br />
Auftritte, Präsentationen und<br />
so weiter ihren Spiegel in der<br />
Webseite finden. Als Basis dafür<br />
diente der neue Styleguide, der<br />
bereits in der ersten Jahreshälfte<br />
2021 ebenfalls intern und ehrenamtlich<br />
unter Leitung der im<br />
Juni neu eingesetzten Ressortleitung<br />
Marketing erstellt wurde<br />
und seitdem als Basis für alle<br />
neuen (zunächst externen) Layouts<br />
genutzt wird.<br />
Der Styleguide<br />
als Richtschnur<br />
In diesem Styleguide wurden<br />
bereits einige wichtige Designentscheidungen<br />
festgehalten,<br />
die nun auch auf der Webseite<br />
genutzt und weiterentwickelt<br />
werden konnten.<br />
Eine wesentliche Änderung<br />
war der Wechsel von Rot auf<br />
Gelb als Leitfarbe. Auf der alten<br />
Webseite dominierten die<br />
Farben Schwarz, Weiß und Rot –<br />
was gerade in Deutschland eine<br />
ungünstige Farbkombination<br />
ist. Es ist bei Farbpaletten nicht<br />
sinnvoll, einfach nur eine Farbe<br />
auszutauschen, da der Rest<br />
der Palette die Leitfarbe harmonisch<br />
ergänzen soll. Außerdem<br />
muss die Palette groß genug<br />
sein, um alle Designanforderungen<br />
unterstützen zu<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 25
MIND IM NETZ<br />
können (zum Beispiel zur Abgrenzung<br />
verschiedener Inhalte).<br />
Letztlich fiel nach turbulenter<br />
Debatte die Wahl auf das bereits<br />
bekannte Mensa-Gelb, das<br />
so auch von Mensa International<br />
genutzt wird.<br />
Ausgehend von dieser Leitfarbe<br />
und dem unveränderten<br />
komplementären Dunkelblau<br />
der <strong>MinD</strong>-Stiftung gGmbH wurde<br />
dann die Palette noch um zusätzliche<br />
Gelb-, Blau- und Grautöne<br />
erweitert. Eine Kombination,<br />
die sich hervorragend dafür<br />
eignet, eine helle, freundliche<br />
und offene Webseite zu designen.<br />
Nachdem die Richtung festgelegt<br />
war, ging es um die Frage<br />
der technischen Plattform.<br />
Auch hier gab es wieder einige<br />
grundsätzliche Entscheidungen<br />
zu treffen. So blieb es bei Word-<br />
Press als Content-Management-<br />
System.<br />
Word-Press als<br />
Plattform<br />
Bei WordPress handelt es sich<br />
um eine der besterprobten Plattformen<br />
in diesem Bereich mit<br />
einem hohen Grad an Flexibilität.<br />
Weiterhin verfügt die interne<br />
IT schon über gutes Know-<br />
How zum Betrieb einer solchen<br />
Plattform. Um die Wartung zu<br />
vereinfachen und die Wahrscheinlichkeit<br />
für Softwarekonflikte<br />
zu minimieren, sollte<br />
die Anzahl der Zusatzprodukte<br />
(Plug-Ins) möglichst gering gehalten<br />
werden. Weiterhin sollte<br />
die Pflege der Seite auch mit unterschiedlichen<br />
Kenntnisstufen<br />
möglich sein.<br />
Neben den Administratoren,<br />
die WordPress selbst pflegen<br />
und die Webseite als Ganzes aktuell<br />
halten und weiterentwickeln<br />
müssen, gibt es auch noch<br />
andere Benutzergruppen, zum<br />
Beispiel Autoren, die nur Inhalte<br />
einzelner Seiten bearbeiten<br />
können. Das Ganze sollte natürlich<br />
an das vorhandene Benutzer-<br />
und Rechtesystem bei Mensa<br />
angebunden sein, das heißt,<br />
man meldet sich auf der Webseite<br />
ganz normal mit Mitgliedsnummer<br />
und Passwort an.<br />
Das Layout sollte außerdem<br />
möglichst individuell und flexibel<br />
sein. Unter Berücksichtigung<br />
dieser Vorgaben wurde<br />
entschieden, kein vorgefertigtes<br />
Template zu nutzen, sondern<br />
ein eigenes Baukastensystem zu<br />
26 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
MIND IM NETZ<br />
nicht immer leicht zu lösen und<br />
erforderten viel Aufwand.<br />
Nachdem auch hier eine gute<br />
Lösung gefunden war, ging es<br />
um die Frage der Illustrationen.<br />
Eine gute und anschauliche<br />
Webseite lebt natürlich auch<br />
vom Bildmaterial. Aber auch<br />
hier steckt der Teufel im Detail.<br />
Natürlich wollten wir – wo<br />
immer möglich – „echte“ Ms in<br />
Szene setzen. Allerdings erwies<br />
es sich als schwierig, entsprechendes<br />
Bildmaterial zu finden.<br />
entwickeln, in dem man grundlegende<br />
Layoutblöcke in einer<br />
Bibliothek speichern und wiederverwenden<br />
kann. Auf diese<br />
Weise sind Anpassungen und<br />
Erweiterungen der Webseite<br />
schnell möglich und das Gestaltungsraster<br />
bleibt einheitlich.<br />
Im nächsten Schritt wurden<br />
die Inhalte der alten Webseite<br />
analysiert und nach den oben<br />
genannten Prinzipien gewichtet<br />
und neu zusammengestellt.<br />
Dazu kam die Zusammenarbeit<br />
mit den einzelnen Ressorts und<br />
Teams, die auch noch zusätzlichen<br />
Inhalt liefern konnten. Der<br />
ganze Input musste dann noch<br />
redaktionell überarbeitet werden,<br />
damit der Text der Webseite<br />
sich beim Lesen „wie aus einem<br />
Guss“ anfühlt.<br />
Anschließend erfolgte die<br />
erste konkrete Umsetzung der<br />
Struktur- und Designentwürfe<br />
in ein echtes Weblayout in Form<br />
eines Prototyps, für den die interne<br />
IT kompetent und unkompliziert<br />
eine Plattform zur Verfügung<br />
stellte.<br />
Viele Arbeitsstunden flossen<br />
in eine ausführliche Feinjustierung<br />
von Struktur und Design –<br />
vor allem auch im Hinblick auf<br />
unterschiedlich umfangreiche<br />
Inhalte und Synergien zwischen<br />
einzelnen Bereichen sowie deren<br />
Erweiterbarkeit. Besonders<br />
die Punkte Suchmaschinenfreundlichkeit<br />
und Tauglichkeit<br />
für mobile Plattformen waren<br />
Die Probleme der<br />
Bildauswahl<br />
Bei der Bildauswahl sind einige<br />
Punkte zu beachten. Am Anfang<br />
steht natürlich die Frage<br />
nach den Persönlichkeitsrechten.<br />
Nicht jedes M will prominent<br />
auf der Webseite zu sehen<br />
sein. Für den Verein ist es wichtig,<br />
eine gewisse Rechtssicherheit<br />
bei der Verwendung zu haben,<br />
und nicht jedes M will seine<br />
Zustimmung zeitlich unlimitiert<br />
und auch für andere Produkte<br />
(Prospekte, Flyer, Videos et cetera)<br />
und Retuschen erteilen.<br />
Es ist aber wichtig, eine gewisse<br />
Konstanz bei den Bildern<br />
zu gewährleisten, da sie ja auch<br />
in anderen (Druck-)Produkten<br />
zu finden sein sollen, um einen<br />
möglichst hohen Wiedererkennungswert<br />
zu gewährleisten.<br />
Danach ist die Frage der Bildinhalte<br />
zu klären. Die Bilder auf<br />
der Webseite sind im Wesentlichen<br />
Symbolfotos, die den Text<br />
unterstützen. Es hilft also nicht,<br />
eine große Anzahl von Schnappschüssen<br />
zu haben, sondern es<br />
müssen auch die „passenden“<br />
sein. Last but not least: Sie müsmind<br />
magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 27
MIND IM NETZ<br />
sen auch ins Farbschema passen.<br />
Das bedeutet, dass die dominierende<br />
Farbe zum Beispiel<br />
auf den Vereinsseiten eher Gelb<br />
ist und bei Themen, die zur Stiftung<br />
gehören eher Blau.<br />
Bei diesem Beispiel zeigt sich<br />
auch, wie eng ineinandergreifend<br />
die einzelnen Faktoren<br />
sind. Würde man zum Beispiel<br />
die Leitfarbe ändern, müsste<br />
nicht nur die Farbpalette angepasst<br />
werden, sondern auch<br />
weite Teile der Webseite müssten<br />
bearbeitet werden. Am Ende<br />
stand das Team vor der Entscheidung,<br />
entweder entsprechende<br />
Fotos mit Ms neu zu produzieren,<br />
was einen erheblichen<br />
Zeit- und Kostenaufwand bedeutet<br />
hätte, oder zunächst mit<br />
Stock-Fotomaterial zu beginnen<br />
und dann nach und nach die Bilder<br />
auszutauschen.<br />
Letzteres erwies sich als die<br />
beste Lösung und wurde vom<br />
Vorstand so beauftragt.<br />
Erst jetzt begann die Arbeit,<br />
das „Skelett“ der Webseite mit<br />
„Fleisch“ zu füllen, und es folgten<br />
geschäftige Wochen mit viel<br />
Nachtarbeit und langen Videokonferenzen.<br />
Im letzten Drittel<br />
des Projekts wurde dann vom<br />
zuständigen Vorstand für Marketing<br />
(Yu Jin Son) ein Kommunikationsplan<br />
ausgearbeitet. In<br />
diesem waren neben einer ausgedehnten<br />
Testphase auch mehrere<br />
Feedbackschleifen und<br />
auch ein Walk-Through-Webinar<br />
enthalten, sodass sich zunächst<br />
Vorstand, Führungsteam<br />
und Funktionsträger mit der<br />
neuen Webseite vertraut machen<br />
konnten.<br />
Parallel begann die Umsetzung<br />
der internen Bereiche der<br />
Webseite, damit alle Mitglieder<br />
auch nach dem Login die gewohnten<br />
Inhalte finden konnten.<br />
Auch hier wurde neu geordnet<br />
und gepackt. Zum Teil wurden<br />
Dokumente auch schon ins<br />
neue Layout übertragen, aber<br />
hier wird in der zweiten Phase<br />
des Projekts noch einiges zu<br />
tun sein.<br />
Auf der Webseite finden sich<br />
viele „Neubauten“. Es gibt eine<br />
interaktive Karte, auf der man<br />
sein LocSec-Gebiet finden kann<br />
(Erweiterungen, wie beispielsweise<br />
eine Postleitzahlensuche,<br />
sind geplant), ein überarbeitetes<br />
IQ-Test-Rätsel und sogar der Adventskalender<br />
hat ein neues Gewand<br />
bekommen – um nur einige<br />
zu nennen.<br />
Ein Blog mit<br />
aktuellen Inhalten<br />
Eine wesentliche Herausforderung<br />
für eine funktionelle<br />
und effektive Webseite ist es,<br />
den Besucher möglichst lange<br />
auf der Seite zu halten – wir<br />
wollen ja auch möglichst umfassend<br />
über den Verein und Hochbegabung<br />
aufklären. Deswegen<br />
sind aktuelle Inhalte wichtig.<br />
Aus diesem Grund gibt es nun<br />
auch einen Blog auf der Webseite,<br />
der sich in positiver Weise<br />
mit Hochbegabung und dem<br />
Verein auseinandersetzt.<br />
Diese Inhalte können auch als<br />
Inhalt für unsere Social-Media-<br />
Posts dienen, damit wir nicht<br />
immer auf fremde Seiten verlinken<br />
müssen. Das ist auch für ein<br />
gutes Suchmaschinenranking<br />
wichtig.<br />
Leider ist „Mensa“ allein<br />
schon durch den Begriff, der<br />
in einem anderen Kontext viel<br />
häufiger gebraucht wird, schwer<br />
auf vorderen Plätzen der Suchmaschinen<br />
zu platzieren. Deswegen<br />
ist es besonders wichtig,<br />
dass wir mit aktuellen Inhalten<br />
immer wieder neu von den<br />
Suchmaschinen besucht werden<br />
und nicht bei jedem Link<br />
den Besucher wieder an eine externe<br />
Webseite weiterleiten.<br />
Wie bei allen komplexen Projekten<br />
ist der Launch der neuen<br />
Seite nur ein erster Meilenstein.<br />
Einiges kann noch verbessert<br />
werden, und es gibt auch<br />
viele Ideen für spannende Erweiterungen.<br />
Deswegen endet<br />
das Projekt auch nicht, sondern<br />
schließt nur Phase 1 ab: Die<br />
neue Webseite geht online.<br />
Wie es weitergeht, hängt auch<br />
von euch ab. Wir freuen uns<br />
über jeden Freiwilligen mit entsprechenden<br />
Kenntnissen aus<br />
den Themenkreisen Grafik, Design,<br />
Programmierung, Redaktion.<br />
Verstärkung gesucht<br />
Das Mensa Marketing-Team plant<br />
noch viele weitere große und kleine<br />
spannende Projekte. Dafür suchen<br />
wir noch Verstärkung!<br />
Aktuell werden Aktive für das<br />
Webteam, Webprogrammierung,<br />
aber auch Text, Grafik und (Print-)<br />
Layout gesucht.<br />
Mehr Details findet Ihr hier:<br />
https://confluence.mensa.de/x/<br />
vIcVBQ<br />
28 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
Weihnachten mit<br />
der BoutIQe<br />
MERRY CHRISTMAS<br />
Es weihnachtet mit Macht, die vierte Kerze brennt,<br />
der Baum steht noch ungeschmückt auf dem Balkon,<br />
letzte Geschenke werden besorgt und verpackt.<br />
In dieser stressigen Zeit bietet die BoutIQe praktische<br />
Inspiration mit dem Weihnachtsbaumanhänger<br />
„Stern“ im überzeugenden 4er-Set. Ökologisch<br />
korrekt aus Holz, mit eingraviertem M-blem sieht<br />
damit jeder Baum sofort besser und intelligenter aus.<br />
Preis: 6,90 Euro, Lieferzeit: 5 bis 7 Werktage (also<br />
schnell ordern!), Kontakt: boutique.mensa.de.<br />
Frohes Fest!<br />
Fotos: Mel Jäger<br />
Anzeige
MENSA POLEN<br />
„Das letzte Frühstück des Najazd“ ist der Titel dieses Fotos. Woran erinnert das nur ... ?<br />
Foto: Rafał Czekajewski<br />
Als Gast beim<br />
„Najazd“ in Łódź<br />
Eine sehr spontane, sehr polnische und<br />
sehr erfolgreiche Veranstaltungsreihe.<br />
Von Peter Oehlke<br />
„Najazd“ ist ein polnisches Wort,<br />
das sich am ehesten mit „Überfall“<br />
übersetzen lässt. Najazd ist<br />
auch der Name einer sehr erfolgreichen<br />
Veranstaltungsreihe,<br />
bei der Ms aus ganz Polen<br />
übers Wochenende in einer<br />
Stadt „einfallen“, diese besichtigen,<br />
neue Leute kennenlernen<br />
und – dieses Mal ein ganz neuer<br />
Programmpunkt – sich denen<br />
dann gleich in abendlichen Billard-<br />
und Bowlingturnieren stellen.<br />
Vom 15. bis 17. Oktober war es<br />
wieder so weit. Diesmal ging es<br />
nach Lodz. Das liegt fast in der<br />
Mitte von Polen, und schreibt<br />
sich eigentlich so: Łódź. Die polnische<br />
Aussprache hat nicht<br />
wirklich viel mit unserem<br />
„Lodsch“ zu tun, sie ist in etwa<br />
„Wudschi“ wobei das „i“ am<br />
Ende für deutsche Ohren fast<br />
unhörbar kurz und das „u“ dafür<br />
um so länger ist.<br />
Da mit dieser Aussprache aber<br />
keiner bei uns was anfangen<br />
kann, bleibe ich einfach bei den<br />
Buchstaben, die sich auf unseren<br />
Tastaturen finden, und erzähle<br />
euch davon, dass ich am<br />
Freitag, den 15. Oktober, in den<br />
Zug nach Lodz gestiegen bin,<br />
um abends mit dabei zu sein, als<br />
wir uns in einer netten Bar im<br />
Stadtzentrum getroffen haben.<br />
Erst dort sieht man, wer wirklich<br />
alles gekommen ist, denn<br />
die Anmeldung per Excel-Tabelle<br />
ist nicht wirklich verbindlich.<br />
Einen Orga-Beitrag gibt es nicht,<br />
und auch sonst muss man vorher<br />
nichts bezahlen, abgesehen<br />
von den T-Shirts, die es neuerdings<br />
gibt und die ziemlich gut<br />
aussehen. Spontan kommen<br />
geht also immer.<br />
In der Tabelle und dazugehörigen<br />
Facebook- und Slack-Gruppen<br />
finden sich auch Informationen,<br />
wo es am nächsten Tag<br />
weitergehen könnte. In den Pal-<br />
30 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
MENSA POLEN<br />
„Mensa isst Zapiekankas“. Zapiekanka<br />
ist eine Art überbackenes<br />
Baguette.<br />
menhäusern im Park Źródliska<br />
zum Beispiel. Eine Stadtführung<br />
mit Schwerpunkt auf den<br />
Wandbildern überall in der Innenstadt<br />
oder den einen oder<br />
anderen Escape-Room hätte es<br />
auch noch gegeben.<br />
Wir sind dann aber ziemlich<br />
spontan über die Piotrkowska,<br />
die Flaniermeile von Lodz, gelaufen<br />
und haben uns dabei einen<br />
der in Polen sehr beliebten<br />
Pfannkuchen gegönnt. Dann<br />
ging es weiter zur Manufaktura.<br />
Das war früher mal eine riesige<br />
Fabrik, jetzt ist es ein Einkaufsund<br />
Kulturzentrum, in dem sich<br />
gefühlt die ganze Stadt trifft.<br />
Alte Fabriken und die Villen<br />
deren ehemaliger Besitzer findet<br />
man auch an anderen Stellen<br />
immer wieder. Sie haben<br />
Lodz im 19. Jahrhundert überhaupt<br />
erst zu der Stadt gemacht,<br />
die es heute ist. Vor 200 Jahren<br />
lebten hier nämlich nur ein paar<br />
hundert Leute. Heute sind es<br />
fast siebenhunderttausend. Und<br />
einige davon waren abends in<br />
der Bowlinghalle, in der wir uns<br />
getroffen haben. Dort gab es erst<br />
Pizza und Cocktails und dann<br />
die jeweils ersten Billard- und<br />
Bowlingturniere, die Mensa Polen<br />
offiziell ausgerichtet hat. So<br />
richtig mit Pokalen und Medaillen<br />
und Siegerehrung und jeder<br />
Menge Spaß.<br />
Am nächsten Morgen – naja,<br />
eher Mittag – gab es dann ein<br />
Wiedersehen mit dem Park<br />
Źródliska. Dort gibt es ein kleines<br />
Café, in dem wir uns getroffen<br />
und Frühstück gegessen und<br />
eine kleine Fotosession eingelegt<br />
haben. Und dann ging es für<br />
mich auch schon zum Bahnhof,<br />
mit jeder Menge schöner Erinnerungen<br />
und Vorfreude auf<br />
das nächste Najazd.<br />
Schon im November ist es<br />
wahrscheinlich soweit, dann ist<br />
Krakau dran.<br />
Eindrücke aus Łódź: Oben die Einkaufsstraße Piotrkowska, darunter<br />
eine Einhorn-Skulptur. <br />
Fotos: Peter Oehlke<br />
Beata, Iza und Adam mit dem<br />
Najazd Lodz T-Shirt auf dem Siegerpodest<br />
des Billiard- und des<br />
Bowlingturniers.<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 31
STARTUP<br />
Von der Idee hin zu<br />
1.000 Kartons im Keller<br />
„Bahn Frei“ – ein mensanisches Spiele-Startup.<br />
Von Erwin Klein<br />
I<br />
m März 2020 ging Hartmut<br />
Haas (41, Mensaner seit 2019)<br />
„ins Risiko“. Er beschloss, sein<br />
Projekt allein durchzuziehen,<br />
ohne eine zuvor angestrebte<br />
Kooperation mit einem Verlag.<br />
Heute, eineinhalb Jahre später<br />
und mitten im Weihnachtsgeschäft,<br />
kann er sagen, es hat sich<br />
gelohnt.<br />
Sein Projekt heißt „Bahn Frei“<br />
– und ist eine Spiel-Idee rund um<br />
die Deutsche Bahn und ihre notorischen<br />
Verspätungs- und Anschlussprobleme.<br />
Geboren – na<br />
klar – anlässlich einer abgesagten<br />
ICE-Fahrt von Köln nach<br />
Frankfurt.<br />
Im richtigen Leben berät Hartmut<br />
die Personalabteilungen<br />
großer Unternehmen. Er absolvierte<br />
eine private Wirtschafts-<br />
Uni, machte seinen Doktor, alles<br />
lief Richtung konventionelle<br />
Karriere, nichts deutete auf ein<br />
Spiele-Startup hin. Die Karriere<br />
macht er natürlich trotzdem,<br />
„Bahn Frei“ läuft sozusagen auf<br />
einem Nebengleis mit.<br />
Als die Idee da war, Hartmut<br />
sie auch nach mehrmaligem<br />
Überdenken immer noch gut<br />
fand, und er von anderen Spiele-Enthusiasten<br />
darin bestärkt<br />
Der Erfinder, sein Spiel und die<br />
gestapelten Kartons im Keller:<br />
Hartmut Haas hat mit „Bahn Frei“<br />
seine Verspätungs-Erfahrungen<br />
mit der Deutschen Bahn in ein<br />
Startup umgesetzt.<br />
Fotos: Haas<br />
wurde, machte er sich an die<br />
praktische Arbeit. Der Markt<br />
wurde gecheckt (welche Bahn-<br />
Spiele gibt es schon?), ein Prototyp<br />
wurde erstellt und ein Tisch<br />
beim Spieleautoren-Treffen gemietet.<br />
Diese jährliche Göttinger<br />
Veranstaltung ist ein Pflichttermin<br />
für Verlage und Kreative<br />
– hier setzen sich neue Ideen<br />
durch oder eben auch nicht.<br />
Hartmut kam mit mehreren<br />
Verlagen ins Gespräch, Interesse<br />
und Zuspruch waren vorhanden,<br />
aber er war nicht zufrieden.<br />
„Man gibt ein Stück Kontrolle ab,<br />
weiß nicht, wann und wie eine<br />
Idee umgesetzt wird. Das wollte<br />
ich nicht.“<br />
Er ging ins besagte Risiko, und<br />
das hieß zunächst Crowdfunding:<br />
Sein Ziel waren 4.800<br />
Euro Startkapital, am Ende war<br />
die Summe mehr als doppelt so<br />
hoch und rund 200 Vorbestellungen<br />
lagen vor.<br />
Dann kamen die Mühen der<br />
Umsetzung. Design und Spielanleitung<br />
lagen bereits vor, die<br />
Webseite wurde aufgesetzt. Bei<br />
der technischen Umsetzung<br />
ging noch Einiges schief, doch<br />
schließlich wurden eintausend<br />
Spiele zu Hartmut nach Hause<br />
32 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
STARTUP<br />
Gemeinsam gegen das<br />
Beschwerd-o-meter<br />
Von Jan Zbikowski<br />
geliefert und säuberlich im Keller<br />
aufgestapelt. Dort werden<br />
sie von ihm nach Bestelleingang<br />
eigenhändig adressiert und zur<br />
Post gebracht.<br />
Noch ist Hartmut nicht in den<br />
schwarzen Zahlen, aber der Stapel<br />
schrumpft, die Rezensionen<br />
sind positiv, das Weihnachtsgeschäft<br />
läuft, die Tendenz<br />
stimmt. Vor allem der Grundgedanke,<br />
ein kooperatives Spiel,<br />
bei dem alle Mitspieler nur gemeinsam<br />
gewinnen (oder verlieren)<br />
können, kommt gut an.<br />
Viel Zuspruch gab es unter anderem<br />
aus der Spiele-SIG, die<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>-Besprechung steht<br />
gleich nebenan.<br />
Hartmut hat seinen Schritt<br />
ins Spiele-Business nicht bereut.<br />
Würde er ihn noch einmal<br />
gehen? „Aber ja, das war bisher<br />
eine tolle Erfahrung.“<br />
Hat schon ein neues Spiel<br />
im Kopf? „Es gibt da eine Idee.<br />
Schauen wir mal.“<br />
Webseite: bahn-frei.de<br />
Weitere Spiele rund<br />
um die Bahn:<br />
• Zug um Zug,<br />
Hersteller: Asmodee<br />
• Trans Europa,<br />
Hersteller: Ravensburger<br />
• Switch & Signal,<br />
Hersteller: Kosmos<br />
D<br />
as Spiel „Bahn Frei“ ist<br />
in einiger Hinsicht besonders:<br />
Nicht nur ist der<br />
Entwickler Hartmut Haas<br />
Mensaner, er hat die Markteinführung<br />
auch durch eine Crowdfunding-Kampagne<br />
finanziert.<br />
Das Spiel selber folgt außerdem<br />
einem kooperativen Spielprinzip:<br />
Das Spielbrett ist eine<br />
Deutschlandkarte mit einem<br />
stilisierten Fernverkehrs-Bahnnetz.<br />
Jede und jeder der Mitspielenden<br />
hat einen eigenen Zug,<br />
arbeitet aber mit allen anderen<br />
zusammen, um die Fahrgäste<br />
zu ihren Reisezielen zu bringen.<br />
Dazu sprechen sich die Mitspielenden<br />
ab, wie sie innerhalb der<br />
folgenden, auf 30 Sekunden begrenzten<br />
Spielrunde ihre Züge<br />
auf dem Netz „fahren“ lassen<br />
und die Fahrgäste darin befördern.<br />
Diese werden durch Karten repräsentiert<br />
und möchten natürlich<br />
ihr Fahrtziel pünktlich erreichen,<br />
das heißt maximal in<br />
der auf der Fahrkarte angegebenen<br />
Anzahl von Runden.<br />
Gelingt das nicht, schlägt das<br />
Beschwerd-o-meter aus. Erreicht<br />
es vor der 15. Runde einen<br />
Stand von acht, hat das Team<br />
verloren. Anders als beim Vorbild<br />
lassen sich dabei Verspätungen<br />
mit Verfrühungen aufwiegen.<br />
Außer der begrenzten Zeit<br />
gibt es natürlich noch weitere<br />
Schwierigkeiten wie Verspätungen<br />
und Streckensperrungen,<br />
die durch Ereigniskarten repräsentiert<br />
werden.<br />
Mein Eindruck vom Spiel: Es<br />
macht für mich nicht nur als<br />
Bahnfan eine Menge Spaß, auch<br />
den kooperativen Ansatz finde<br />
ich angenehm. Originell auch,<br />
dass sich die Crowdfunder auf<br />
Wunsch als gezeichnete Fahrgäste<br />
auf den Spielkarten verewigen<br />
lassen konnten (allerdings<br />
nicht mit ihren bevorzugten<br />
Fahrstrecken).<br />
Die Spielsituation erinnert<br />
eher an den Störungsfall (der ja<br />
auch den Autor inspiriert hat)<br />
als an den Regelbetrieb. Jedenfalls<br />
würde man sich das Bestreben,<br />
in solchen Situationen für<br />
die Fahrgäste an einem Strang<br />
zu ziehen, auch bei der echten<br />
Bahn öfter wünschen.<br />
Ironischerweise scheiterte<br />
eine zweite Spielrunde, bei der<br />
ich für diese Rezension besonders<br />
auf die Details des Spiels<br />
achten wollte, letztendlich an<br />
einer Bahnverspätung …<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 33
PRISMENFERNGLAS<br />
Das f-chen umfahren<br />
Spielereien mit Präfixen und Suffixen.<br />
Von Hartmut Blessing<br />
„Ein Verkehrsschild umfahren“,<br />
das ist doppeldeutig. Einerseits<br />
kann es bedeuten, dass man darum<br />
herum fährt, andererseits<br />
kann aber auch gemeint sein,<br />
dass man darauf fährt und es<br />
umknickt. Hansgeorg Stengel<br />
schlug als Biographietitel für<br />
den früheren Chef der Staatssicherheit<br />
in der DDR, Mielke,<br />
den Satz vor: „Ich habe gehorcht.“<br />
Damit kann gemeint<br />
sein, dass er nur Befehlen folgte,<br />
wie es solche Leute oft zu ihrer<br />
Rechtfertigung sagen. Es drückt<br />
aber auch aus, dass er Tausende<br />
von Leuten durch „Lauschangriffe“<br />
ausspioniert hat. Oder<br />
ein Satz wie: „Er hat die Leute<br />
angeführt.“ Damit kann gemeint<br />
sein, dass jemand Leuten<br />
half, indem er sie geleitet hat, er<br />
kann sie aber auch hereingelegt<br />
haben.<br />
PRISMENFERNGLAS<br />
Warum Prismenfernglas?<br />
Prismenfernglas steht für die<br />
Buntheit des Lebens, vor allem der<br />
Sprache — das Fernglas steht für den<br />
Blick über den Tellerrand.<br />
Unter dieser Rubrik erscheinen<br />
regelmäßig Beiträge zu Sprachspielen<br />
und Etymologie.<br />
Gerade solche Präfixe, wie<br />
um-, ge- oder an-, führen, wie<br />
man an den Beispielen sieht, zu<br />
Mehrdeutigkeit, wenn man sie<br />
Verben voranstellt. Das Verb,<br />
dem die meisten Präfixe vorangestellt<br />
werden können, ist<br />
vermutlich „legen“. Ich fand 23<br />
Möglichkeiten, wie „belegen“,<br />
„verlegen“ oder „zerlegen“. „Setzen“<br />
bietet immerhin noch 21<br />
und „stellen“ 19 Möglichkeiten.<br />
Etwa 95 Prozent aller Verben mit<br />
nicht trennbarem Präfix fangen<br />
mit den Vorsilben „ver-“, „be-“,<br />
„ent-“ und „er-“ an.<br />
Viele Adjektive haben die Suffixe<br />
-ig, -lich und -isch, und so<br />
habe ich mal in einem Mensanerforum<br />
nach einem Adjektiv<br />
mit allen drei Suffixen gesucht.<br />
„Zweier“ gibt es einige,<br />
wie „wendig“ und „wendisch“<br />
(in „wetterwendisch“), „geistig“<br />
und „geistlich“ (was oft verwechselt<br />
wird) oder „gallig“ und<br />
„gallisch“. Eine Mensanerin fand<br />
„bündig“, „bündlich“ und „bündisch“.<br />
Ich selbst fand „heimelig“,<br />
„heimlich“ und „heimisch“,<br />
wobei mich in „heimelig“ das „e“<br />
stört. Die Leserinnen und Leser<br />
meines Anliegens fanden es jedoch<br />
gut. Oder auch „händig“,<br />
„handlich“, „händisch“, wobei in<br />
„handlich“ der Umlaut fehlt. Ein<br />
anderer fand „bergig“, „berglich“,<br />
„bergisch“. Interessant<br />
wäre überhaupt ein Adjektiv<br />
mit vielen Suffixen, als deren im<br />
Internet genannt werden: -bar,<br />
-en, -erig, -ern, -haft, -ig, -isch,<br />
-lich, -los, -mäßig, -sam, -sch<br />
und -voll. Beispielsweise „herzhaft“,<br />
„herzlich“, „herzlos“ und<br />
„herzig“. Oder auch „wunderbar“,<br />
„wunderlich“, „wundersam“<br />
und „wundervoll“. Oder „lustbar“,<br />
„lüstern“, „lusthaft“, „lustig“,<br />
„lustlos“ und „lustvoll“.<br />
Bei kleinen Buchstaben ergeben<br />
sich mit den Suffixen -lein<br />
und -chen, in gesprochener<br />
Form, sinnvolle Wörter: a-lein,<br />
c-lein, f-chen, n-chen, q-chen<br />
und viele mehr, stehen für allein,<br />
Zehlein, Äffchen, Ännchen und<br />
Kuchen. Interessant ist es, „Köpfe“<br />
zu suchen, die sowohl mit<br />
-lein als auch mit -chen Wörter<br />
bilden: Männchen, Männlein,<br />
Weibchen, Weiblein, Hölzchen,<br />
Hölzlein, wobei die Formen mit<br />
-lein seltener vorkommen und<br />
schon veraltet klingen.<br />
34 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
Anzeige<br />
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Von Christiane Zehrer<br />
W<br />
enn mir im Corona-<br />
Herbst 2020 jemand erzählt<br />
hätte, dass ich im Herbst<br />
2021 mit 180 anderen Menschen<br />
zusammen in einer Jugendherberge<br />
(mit Mehrbettzimmern)<br />
übernachten, essen und bis in<br />
die Nacht zusammensitzen und<br />
diskutieren würde – ich hätte<br />
mich vorsichtig pessimistisch<br />
gezeigt.<br />
Wenn meinen Eltern in der<br />
1980er-Jahren jemand erzählt<br />
hätte, dass ein Kind wie ich,<br />
ohne Akademikerinneneltern,<br />
das Äquivalent von zwei Schuljahren<br />
besser lesen muss als ein<br />
Kind von Akademikern – sie<br />
hätten mich eine Pessimistin geziehen<br />
mit dem Argument des<br />
sozialen Aufstiegs durch das öffentliche<br />
Bildungssystem.<br />
Und selbst wenn uns allen die<br />
Kunde vom Klimawandel schon<br />
länger aus allen Rohren entgegenschallt<br />
– hättet ihr gedacht,<br />
dass es bereits letzten Sommer<br />
möglich war, mit dem Schiff<br />
ganz nah an den Nordpol heranzufahren,<br />
weil es selbst dort<br />
kaum noch Meereis gibt?<br />
Diese drei Erlebnisse und Erkenntnisse<br />
von der diesjährigen<br />
Mind-Akademie zeigen,<br />
dass das Thema nicht treffender<br />
hätte gewählt sein können:<br />
„Wandel“. Er findet gerade überall<br />
statt, und wie die vier Akademietage<br />
zeigen sollten, treibt<br />
er intelligente und interessierte<br />
Menschen auch um – und zusammen.<br />
Ankunft mit<br />
Hindernissen<br />
Dabei begann die Konfrontation<br />
mit dem Akademiethema für<br />
mich wie wohl auch die meisten<br />
anderen bereits mit der Anreise.<br />
Denn der Hauptbahnhof Mannheim<br />
wandelt sich. Mit unmärchenhafter<br />
Mühsal und daher<br />
über einen längeren Zeitraum<br />
wird dort gebaut.<br />
Eine der Folgen: Der Hinterausgang,<br />
der noch direkter zur<br />
Jugendherberge führen würde,<br />
ist geschlossen, verrammelt<br />
mit kaum zu durchbrechenden<br />
Sperrholzplatten. Das Orgateam<br />
hatte sich zwar mit dem<br />
gutgemeinten Tipp gemeldet,<br />
wir sollten doch den Ausgang<br />
nahe Gleis 1 nehmen. Was ich<br />
nur mit halbem Auge las, ohnehin<br />
nicht verstand und so eine<br />
erste „Stadtbesichtigung“ mit<br />
Querung des gesamten Gleiskörpers<br />
auf einer Autobrücke<br />
durchmachte.<br />
Danach wurde es dann deutlich<br />
besser: Das Orgateam hatte<br />
bereits seit Mittwoch sichtbar<br />
viel Engagement investiert, um<br />
die Jugendherberge in ein Denkerinnendomizil<br />
zu verwandeln.<br />
Und die Freiwilligen am Empfang<br />
bereiteten allen neu Eintreffenden<br />
ein herzliches Willkommen.<br />
Sobald mensch Namensschild<br />
und die Zugangskarte zum zugeteilten<br />
Zimmer am Shirt beziehungsweise<br />
in der Hand hatte,<br />
konnte es losgehen. Und das<br />
bedeutete in erster Linie: Vorträge<br />
mit neuen Erkenntnissen<br />
und echten Take-Aways sowie<br />
daran anschließende Gespräche<br />
bis in die Nacht.<br />
Wie immer ein<br />
breites Angebot<br />
Das inhaltliche Spektrum der<br />
gebotenen Vorträge und Workshops<br />
reichte wie gewohnt von<br />
Acroyoga bis Tablequiz, vom<br />
Bunten Abend bis zur Spaziergangswissenschaft,<br />
und dieses<br />
Mal im wörtlichen Sinne vom<br />
Nord- bis zum Südpol.<br />
Der Nordpol – oder besser: der<br />
Vortrag über die Arktisexpedition<br />
MOSAiK – stellte aus meiner<br />
36 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
MHN<br />
Prof. Dr. Markus Rex referiert über die Arktisexpedition auf dem Forschungseisbrecher „Polarstern“.<br />
<br />
Alle Fotos: Tina Zejewski<br />
Sicht dann auch eins der Highlights<br />
der Akademie dar. Professor<br />
Dr. Markus Rex als Expeditionsleiter<br />
berichtete in lockerem<br />
Plauderton und untermalt von<br />
faszinierenden Fotos und Filmaufnahmen<br />
davon, wie der Forschungseisbrecher<br />
„Polarstern“<br />
sich auf die Suche nach einer<br />
großen Eisscholle begab, sich<br />
dort einfrieren ließ und mitsamt<br />
Besatzung die „Arctic Ice<br />
Drift“, also die natürliche Bewegung<br />
des Eises in Richtung Süd-<br />
Südwest, mitmachte.<br />
In Dunkelheit und Stürmen<br />
(und ab März dann auch wieder<br />
bei Tageslicht) betreuten, hegten<br />
und pflegten die Forscher<br />
und Forscherinnen auf der Eisscholle<br />
installierte Messgeräte,<br />
ließen Sonden mit Wetterballons<br />
aufsteigen und entnahmen<br />
Wasser- und Eisproben.<br />
Dass Eisbären auf derartigen<br />
Expeditionen ein einzukalkulierendes<br />
Risiko darstellen und<br />
es gegen sie ein eigenes Schutzkonzept<br />
gibt, war eines der unerwarteten<br />
Take-aways dieses<br />
Vortrags.<br />
Erwartet waren hingegen Informationen<br />
zum Klimawandel.<br />
So zeigte Professor Rex anhand<br />
von Bildern, wie sehr sich das<br />
Packeis bei der norwegischen<br />
Inselgruppe Svalbard (Spitzbergen)<br />
in den rund dreißig Jahren<br />
seit seiner ersten Expedition zurückgezogen<br />
hat. Er berichtete<br />
von einem mittsommerlichen<br />
Sonnenuntergang nahe dem<br />
von flüssigem Meerwasser umgebenen<br />
Nordpol. Anhand einiger<br />
prägnanter Grafiken erläuterte<br />
er sodann, dass die Erwärmung<br />
der Arktis den Polarwirbel<br />
instabil werden lässt. Dies<br />
wiederum führt zu Hitze- und<br />
Flutkatastrophen sowie längeren<br />
Kälteperioden auch in unseren<br />
Breiten.<br />
Manchmal muss mensch Phänomene<br />
von einem Spitzenforscher<br />
erklärt bekommen, um ihr<br />
wahres Ausmaß zu begreifen …<br />
Eine Besonderheit der Mind-<br />
Akademie besteht darin, dass<br />
mensch auch Vorträge mitbekommt,<br />
die er oder sie nicht<br />
selbst besucht. Zumindest dann,<br />
wenn diese Vorträge faszinierend<br />
oder zumindest verstörend<br />
genug sind, dass es in den Pausen<br />
Bedarf zur Nachbereitung<br />
gibt.<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 37
MHN<br />
Hoch in der Gunst:<br />
Strollology<br />
Die Antarktis schaffte es – zumindest<br />
bei mir – leider nicht<br />
über die Wahrnehmungsschwelle.<br />
Dafür stand die „Strollology“,<br />
eine fast schon lautmalerische<br />
englische Wortschöpfung<br />
für Spaziergangswissenschaft,<br />
recht hoch in der Gunst<br />
derjenigen, die sich im Vortrag<br />
von Professor Martin Schmitz<br />
darauf einließen.<br />
Mit ganz anderen Dimensionen<br />
von Wahrnehmung und<br />
Bewusstsein konfrontiert fühlten<br />
sich offensichtlich die Teilnehmenden<br />
des Vortrags „Nahtoderfahrungen“.<br />
Diese würde<br />
– ganz gemäß dem Akademiethema<br />
– einen Wandel der<br />
Selbst-Welt-Beziehung hervorrufen,<br />
der seinerseits zu mehr<br />
Verständnis (für andere) und<br />
Nachsicht (mit sich selbst) führe.<br />
Ebenfalls heiß weiterdiskutiert<br />
wurde der Vortrag über<br />
„Erfolgreiche Staaten“ von (Dr.)<br />
Davoud Taghawi-Nejad, einem<br />
MHN-Mitgründer und -Urgestein.<br />
Inzwischen als Politikberater<br />
im Nahen Osten tätig,<br />
drehte Davoud in seinem Vortrag<br />
die Rede von den „Failed<br />
States“ um.<br />
Debatten über<br />
Ungleichheit<br />
Weltraumwissenschaftlerin und Planetologin Prof. em. Kathrin Altwegg<br />
stellte die Nachhaltigkeitsfrage aus universeller Sicht.<br />
Alsdann legte er dem verblüfften<br />
Publikum dar, dass eine<br />
freiheitliche und rechtsstaatliche<br />
Demokratie westlichen Zuschnitts<br />
nicht für alle Gesellschaften<br />
der ideale Weg zu Frieden<br />
und relativem Wohlstand<br />
ist. Diese empirisch untermauerte<br />
Erkenntnis gibt dabei nicht<br />
wieder, was der Vortragende<br />
oder die Verfasserin dieses Textes<br />
als wünschenswert erachten.<br />
Gerade dieser Aspekt – Positionen<br />
zu diskutieren, die dem eigenen<br />
Weltbild widersprechen –<br />
verlieh diesem Thema eine ganz<br />
besondere Note, die sich so vielleicht<br />
nur auf Mind-Akademien<br />
entfaltet.<br />
Ebenfalls Anlass zu gesellschaftspolitischen<br />
Debatten wie<br />
auch persönlichen Einlassungen<br />
bot der Vortrag des Elitenforschers<br />
Professor Dr. Michael<br />
Hartmann zu „seinem“ Thema.<br />
Völlig frei zeigte er anhand<br />
zahlreicher aktueller und historischer<br />
Daten auf, dass sich<br />
Deutschland seit den 1990er-<br />
Jahren wieder in Richtung Ungleichheit<br />
entwickelt. Sehr angemessen<br />
für die Zielgruppe<br />
erwähnte Hartmann auch,<br />
weshalb der häufig genutzte Gini-Index<br />
für finanzielle (Un-)<br />
Gleichheit diese Entwicklung<br />
gar nicht so deutlich zeige, und<br />
der Theil-Index sich hierfür viel<br />
besser eigne.<br />
Das Aufzeigen einer großen<br />
und wachsenden Ungleichheit<br />
wie auch die Darlegung einer<br />
Studie, die ergab, dass Finanzpolitikerinnen<br />
und -politiker<br />
genau die Politik machen,<br />
die der sozialen Schicht ihrer Eltern<br />
entspricht (und zwar parteiunabhängig!),<br />
führten zu Nachfragen<br />
im Saal und nicht immer<br />
optimistischen Überlegungen<br />
beim anschließenden Mittagessen:<br />
Wenn die Superreichen<br />
– wie Hartmann ebenfalls ausführte<br />
– häufig nur einen Anruf<br />
benötigen, um mit ihren Anliegen<br />
zu Entscheidungsträgerinnen<br />
und -trägern durchzudringen:<br />
Welche Möglichkeiten, politisch<br />
oder gesellschaftlich etwas<br />
zu bewegen, hat dann eine<br />
finanziell durchschnittlich oder<br />
gar unterdurchschnittlich ausgestattete<br />
Person?<br />
Die Frage konnte im Rahmen<br />
der Akademie nicht abschließend<br />
beantwortet werden. Und<br />
38 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
MHN<br />
einen bunten Abend. Die Klap-<br />
SIG traf sich und es gab ein Bücherschaulaufen,<br />
bei dem ohne<br />
Ironie Ovids „Metamorphosen“<br />
auf Latein als Lesevorschlag vorkamen.<br />
Biorhythmen treten<br />
offen zutage<br />
Entspannte Atmosphäre mit Kuscheltier in der Chill-Zone. Außerdem<br />
im Relax-Programm: Die Süßigkeiten-Flatrate.<br />
während die Verfasserin dieses<br />
Textes noch mit einer versteckten<br />
Gehirnwindung hoffte, dass<br />
sich Intelligenz zumindest in<br />
bescheidenem Umfang positiv<br />
auswirken könnte, war das Akademiegeschehen<br />
schon weiter<br />
gezogen.<br />
Physisch unter den blauen<br />
Himmel, unter dem es sich<br />
bei schönstem Sonnenschein<br />
herrlich auf der Terrasse Mittag<br />
essen und in der vom Orga-<br />
Team im Innenhof ausgerufenen<br />
„Outdoor-Lounge“ klönen<br />
ließ. Geistig und mental zu<br />
den noch ausstehenden Vorträgen,<br />
den Plänen für einen Besuch<br />
der örtlichen Eisdiele oder<br />
sportliche Aktivitäten entlang<br />
des Rheins. Denn nur, wo du gejoggt<br />
bist, warst du wirklich.<br />
Kunsthalle Mannheim<br />
„kompatibel“<br />
Am Ende, zeitlich parallel zum<br />
kollektiven Abbau des Denkerinnendomizils,<br />
gab es dann<br />
noch ein weiteres Highlight.<br />
Als hätte sie’s geahnt, zeigte<br />
die Kunsthalle Mannheim eine<br />
Ausstellung mit dem provokanten<br />
Titel „Mind Bombs“. Von der<br />
französischen Revolution über<br />
den „deutschen Herbst“ bis hin<br />
zu 9/11 und dem NSU zeigten<br />
und hinterfragten zahlreiche<br />
Gemälde und Installationen die<br />
Rolle der Bilder für terroristische<br />
Bewegungen.<br />
Kurator Dr. Sebastian Baden<br />
hatte sichtlich Freude daran,<br />
die von ihm zusammengestellten<br />
Exponate den vier wackeren<br />
MHNlern zu erläutern. Dabei<br />
wurde klar, dass sich mit den<br />
Medien – vom Druck über das lineare<br />
Fernsehen bis hin zum Internet<br />
– auch die (Selbst-)Darstellung<br />
der Terrorismen wandelte.<br />
Bei so viel Wandel vergisst<br />
sich schnell, was sich bewährt<br />
hat und deshalb bleibt: Die<br />
Mind-Akademie ist weiterhin<br />
die einzige Konferenz mit Süßigkeiten-Flatrate.<br />
Es wurde viel<br />
gespielt, es gab eine Lounge und<br />
Bemerkenswert auch die Biorhythmen,<br />
die nirgends so offen<br />
zutage treten wie auf der Akademie.<br />
Für die Belegung der Mehrbettzimmer<br />
durfte mensch neben<br />
gemischt- oder doch lieber<br />
gleichgeschlechtlich vor allem<br />
angeben, ob er/sie „für Mind-<br />
Akademie-Verhältnisse eher<br />
früh schlafen“ geht.<br />
Trotz des erheblichen Interpretationsspielraums<br />
hinsichtlich<br />
der letztgenannten Option<br />
hatte ich persönlich es ganz<br />
gut getroffen. Meine Mit-Schläferinnen<br />
sah ich im wachen Zustand<br />
nie. Und wir störten uns<br />
auch nicht über Gebühr, wenn<br />
es zwischen ein und drei Uhr in<br />
die Koje ging.<br />
Und dann trafen wir uns beim<br />
Frühstück. „Wir sind im selben<br />
Zimmer.“ – „Ach, echt???“ Eh<br />
vorbei und gerne wieder.<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 39
FILMKUNST<br />
Wer kommt nach Bond?<br />
Die Kino-Kolumne mit Extra-Fakten für Besserwisser.<br />
Von Karin Polz<br />
„Keine Zeit zu sterben“ war der<br />
letzte James-Bond-Film mit Daniel<br />
Craig. Während die Fans<br />
rätseln, wer ihn beerben könnte,<br />
stehen seine Nachfolgerinnen<br />
und Nachfolger quasi<br />
schon bereit. Geheimagentinnen<br />
und -agenten überzeugen<br />
im Kino nämlich nicht nur in<br />
der 007-Reihe.<br />
„James Bond will return“ verspricht<br />
der Abspann des jüngsten<br />
007-Abenteuers vollmundig.<br />
Doch wie die Rückkehr<br />
aussehen könnte, darüber<br />
herrscht Uneinigkeit. Vor Daniel<br />
Craig war James Bond eine<br />
reine Kunstfigur; Daniel Craig<br />
hat ihm Menschlichkeit eingehaucht.<br />
Jetzt wäre der nächste<br />
Schritt fällig, fordern viele Zuschauer<br />
und Schauspieler – also<br />
ein schwarzer, homosexueller<br />
oder weiblicher Bond. Letzteres<br />
lehnt 007-Produzentin Barbara<br />
Broccoli aber definitiv ab.<br />
Schauen wir uns also mal außerhalb<br />
der Kult-Reihe nach einer<br />
zeitgemäßen Bond-Nachfolge<br />
um!<br />
355<br />
(Filmstart 6. Januar)<br />
S<br />
ie sind cooler, tougher und<br />
besser aussehend als James<br />
Bond jemals sein wird: Die fünf<br />
Agentinnen von „355“ sind die<br />
besten, die ihr Land zu bieten<br />
hat. Ob CIA, deutscher oder chinesischer<br />
Geheimdienst: Um einen<br />
dritten Weltkrieg zu verhindern,<br />
müssen die fünf Frauen<br />
zusammenarbeiten und alte Rivalitäten<br />
ausblenden.<br />
Mit Jessica Chastain, Lupita<br />
Nyong’o, Penélope Cruz, Diane<br />
Kruger und Fan Bingbing sind<br />
die Hauptrollen hochkarätig besetzt.<br />
Auffällig ist, dass schon<br />
im Trailer offensichtlich Wert<br />
darauf gelegt wird, dass die fünf<br />
Agentinnen genau jene Eigenschaften<br />
mitbringen, die James<br />
Bond oft fehlten: Teamfähigkeit,<br />
Verletzlichkeit, Realitätsnähe,<br />
Familiensinn. Gleichzeitig setzen<br />
die Frauen aber Gewalt und<br />
Waffen genauso ein wie ihre<br />
männlichen Widersacher. Mit<br />
lustigen, mädchenhaften Spionageabenteuern<br />
wie in „Drei Engel<br />
für Charlie“ hat „355“ jedenfalls<br />
nichts gemeinsam. Stattdessen<br />
gibt es schnelle, brutale<br />
Actionszenen und – jedenfalls<br />
im Trailer – einen energetischen<br />
Soundtrack.<br />
Der Filmtitel leitet sich übrigens<br />
vom Codenamen eines der<br />
ersten weiblichen Spione der<br />
Vereinigten Staaten ab: Agentin<br />
355. Dass eine dreistellige<br />
Zahl irgendwie auch an den bekanntesten<br />
Agenten der Filmgeschichte<br />
mit dreistelliger Zahl<br />
erinnert, ist sicher nur Zufall.<br />
Operation Fortune:<br />
Ruse de guerre<br />
(Geplanter Filmstart 24. Februar)<br />
N<br />
och ist vieles im Ungewissen<br />
– unter anderem, ob der „Untitled<br />
film by Guy Ritchie“ auch<br />
in Deutschland unter dem Titel<br />
„Operation Fortune: Ruse de guerre“<br />
laufen wird und ab wann.<br />
Sicher ist aber: Mit diesem Film<br />
tritt Guy Ritchie ganz bewusst in<br />
Konkurrenz zu James Bond. Allerdings<br />
sind Hauptfiguren in<br />
Guy-Ritchie-Film nie klassisch,<br />
stilvoll und charmant. Vielmehr<br />
ist der Prototyp eines Guy-Rit-<br />
40 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
FILMKUNST<br />
chie-Helden kantig, kauzig und<br />
mehr Prolet und Gangster als<br />
Gentleman.<br />
Ein Typ wie Jason Statham<br />
eben, der in diesem Agententhriller<br />
die Hauptrolle spielt: Er<br />
ist Orson Fortune, ein knallharter<br />
MI6-Agent, der von dem globalen<br />
Geheimdienst-Bündnis<br />
Five Eyes rekrutiert wird, um<br />
eine tödliche neue Waffentechnologie<br />
aufzuspüren und ihren<br />
Verkauf zu verhindern, bevor sie<br />
die Weltordnung zerstört.<br />
Typisch 007-mäßig verteilen<br />
sich die Actionszenen auf spektakuläre<br />
Schauplätze rund um<br />
den Globus. Vor allem an die<br />
frühen Bond-Filme erinnert die<br />
aufwändige Inszenierung eines<br />
Super-Bösewichts, der natürlich<br />
für ein bisschen mehr Publicity<br />
auch super-bekannt sein muss.<br />
Letzteres ist Hugh Grant auf jeden<br />
Fall. Ob er aber auch furchterregend<br />
sein kann? Das werden<br />
wir sehen, wenn Guy Ritchie seine<br />
James-Bond-Alternative auf<br />
die Leinwand schickt.<br />
D<br />
ieser<br />
The King's Man: The<br />
Beginning<br />
(Filmstart 6. Januar)<br />
Film ist schon so lange<br />
verschoben worden, dass er<br />
vor mehr als einem Jahr schon<br />
mal an dieser Stelle vorgestellt<br />
wurde. Jetzt muss er zwingend<br />
noch einmal ins Blatt – denn<br />
von aller möglichen James-<br />
Bond-Konkurrenz und -Nachfolge<br />
ist „The King’s Man“ derjenige,<br />
der am deutlichsten<br />
an die frühen James-Bond-Filme<br />
erinnert. Modisch korrekt<br />
und etwas überzeichnet waren<br />
schließlich auch die makellosen<br />
Helden, die Sean Connery<br />
und Pierce Brosnan darstellten.<br />
Stereotype, die sich vor allem<br />
durch Quasi-Rituale („geschüttelt,<br />
nicht gerührt“) auszeichneten.<br />
Basierend auf einer Comic-Serie<br />
wirken auch die Kingsmen<br />
etwas realitätsfern, dafür aber<br />
plakativ und stilbildend. Den<br />
Rang als die bestgekleideten Geheimagenten<br />
der Filmgeschichte<br />
laufen die Gentleman-Spione<br />
James Bond mittlerweile auf<br />
jeden Fall ab. Schließlich setzt<br />
die geheime Organisation auch<br />
im dritten Teil der Reihe auf Stil,<br />
Eleganz und Manieren. Durch<br />
einen Zeitsprung zeigt das Prequel,<br />
wie die fiktive Kingsman-<br />
Organisation zu Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts gegründet wurde.<br />
Ein Ende der Reihe ist noch<br />
nicht in Sicht: Angeblich sollen<br />
schon bis zu sieben weitere Filme<br />
geplant sein. Was 007 kann,<br />
können die Kingsmen allemal!<br />
Extra-Fakten:<br />
Wie viele Identitäten<br />
hat 007?<br />
D<br />
er nächste James Bond wird<br />
wieder ein Mann – dessen<br />
ist sich 007-Produzentin Barbara<br />
Broccoli sicher. Allerdings<br />
gilt gleichzeitig: Im aktuellen<br />
Film ist 007 eine Frau. Denn<br />
007 ist nur die Dienstnummer<br />
von James Bond, und die trägt<br />
in „Keine Zeit zu sterben“ Lashana<br />
Lynch. Laut einer beliebten<br />
Fantheorie ist allerdings auch<br />
James Bond nur ein Codename.<br />
Dieser werde von unterschiedlichen<br />
Personen genutzt, jeder<br />
Schauspieler stelle somit einen<br />
anderen Agenten dar. Diese geben<br />
den Codenamen sozusagen<br />
von einem zum nächsten weiter.<br />
Das soll erklären, wieso James<br />
Bond immer wieder anders aussieht<br />
und nicht gravierend altert.<br />
Über was sich Fans so ihre<br />
Gedanken machen.<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 41
REZENSIONEN<br />
Leben – so viel Vielfalt<br />
Von Swen Neumann<br />
Die Aufarbeitung der<br />
eigenen Geschichte<br />
als Roman<br />
D<br />
ie Aufarbeitung der DDR-<br />
Zeit hat gerade Konjunktur.<br />
Vieles kommt in diesem Zusammenhang<br />
politisch daher, auch<br />
die Literatur. Ist individuell gestaltete<br />
Selbstreflektion, das Leben<br />
an sich vorbeiziehen lassen,<br />
auch politisch? So muss es nicht<br />
wirken und ist es doch. „Dunkeldeutschland“<br />
ist ein angenehm<br />
ruhig beschreibender Roman,<br />
der genau dadurch eine besondere<br />
– ja, auch politische – Wirkung<br />
entfaltet.<br />
Der Plot: Ein Mann (aufgewachsen<br />
in der DDR) ist mit seiner<br />
Halbschwester (aufgewachsen<br />
in der Bundesrepublik) zu<br />
einem ersten Treffen verabredet.<br />
Sie erscheint nicht. Unfall.<br />
Koma. Der Mann begleitet sie<br />
über eine lange Zeit in diesem<br />
Zustand. Seine Gedanken wandern<br />
zurück in die Zeit seiner Jugend,<br />
seiner Geschichte mit der<br />
Mutter, der Schule, der Liebe.<br />
Ein Aufwachsen in einem Staat,<br />
der so anders ist als sein jetziges<br />
Leben in einem Staat, den<br />
er sich aussuchte und der dann<br />
plötzlich für alle da ist, verfügbar<br />
ist. Seine Entwicklung, die<br />
Erlebnisse, wenn man nicht<br />
vollständig konform ist. Der<br />
Alltag der Ausbildung, der von<br />
Engpässen, von Verteilung unterm<br />
Ladentisch geprägt ist. Es<br />
entsteht ein Bild, wie es seiner<br />
Schwester fremd wäre. So überhaupt<br />
nicht in ihre Erlebniswelt<br />
passend. Und es befremdete den<br />
Protagonisten selbst, genauso<br />
wie sein aktuelles Leben.<br />
Dieser Roman hat eine unaufgeregte<br />
Erzählweise und besticht<br />
gerade dadurch. Er transportiert<br />
Eindrücke und Empfindungen<br />
schleichend und mächtig.<br />
Spannend erzählt, schafft<br />
es der Roman, einen in die Geschichte<br />
zu ziehen. Angenehm<br />
aufwendig produziert, kann<br />
man diesen Lesegenuss nur<br />
empfehlen.<br />
Udo Taubitz:<br />
Dunkeldeutschland<br />
254 Seiten, 20,00 EUR<br />
BoD – Books on Demand, 2020<br />
ISBN 978-3-75196-902-4<br />
Erinnerungen des<br />
Abiturjahrgangs 1976<br />
eines altsprachlichen<br />
Bremer Gymnasiums<br />
W<br />
arum sollte man diese Geschichten<br />
lesen? Weil sie<br />
gut und lebendig erzählt sind.<br />
Weil die Veränderungen des Lebens<br />
so spannend sind. Und weil<br />
uns vieles begegnet, was uns bewegt<br />
und die später Geborenen<br />
aus erster Hand lesen können.<br />
Da sind die verschiedenen<br />
Wahrnehmungen der 70er und<br />
der Zeit um das Abitur. Ein<br />
Stück Zeitgeschichte von Personen,<br />
die erkennbar in ihrer<br />
Vorstellung vom gesellschaftlichen<br />
Leben (oder auch politischer<br />
Gesinnung) grundverschieden<br />
sind. Da leben die Proteste<br />
wieder auf, die Streiks,<br />
die in der bremischen Schülerschaft<br />
noch bis in die 80er obligatorisch<br />
waren – und sicher<br />
auch anderweitig. Die Lebenswege<br />
sind dann in ihrer Verschiedenheit<br />
von den Interessen<br />
der einzelnen Personen geprägt,<br />
auch wenn sich diese zuweilen<br />
erst deutlich nach dem<br />
Abitur herausschälten. Es gibt<br />
viel über Bücher, Biologie, Musik,<br />
Psychologie und vieles andere<br />
mehr zu entdecken. Es wird<br />
auch von Sorgen und Nöten berichtet.<br />
Schließlich hatte einer<br />
der ersten „starken“ Geburts-<br />
42 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
Anzeige<br />
jahrgänge nicht nur der Ölkrise<br />
wegen so seine Schwierigkeiten,<br />
am Arbeitsmarkt anzukommen.<br />
Da half dann mal der Zufall<br />
und irgendwann jemand, den<br />
man kannte. Die Berichte entführen<br />
uns auch in die Lebenswelten<br />
über den Atlantik oder<br />
ans Mittelmeer. Erlebbar wird<br />
auch aktuelles Tagesgeschehen<br />
mit humanistischem Engagement<br />
für Flüchtlinge. Und wenn<br />
man dann den einen oder anderen<br />
der Autoren kennt, die eine<br />
oder andere Begebenheit selbst<br />
erlebt hat, fühlt man sich in der<br />
Zeit zurückversetzt. All das lebt<br />
lebendig wieder auf.<br />
Es finden sich klassisch chronologische<br />
Beiträge, stark reflektierte,<br />
anekdotische oder<br />
mit zeitlichem Schwerpunkt<br />
versehene. Das Buch ist hervorragend<br />
lektoriert und hochwertig<br />
gedruckt. Ein wirklich gelungenes<br />
Projekt der Zeitgeschichte,<br />
nicht nur für Bremer, AGler,<br />
in den 50ern geborene Menschen,<br />
sondern auch für all die<br />
anderen, die an dieser wunderbaren<br />
Vielfalt des Lebens Freude<br />
haben. Das hat richtig Spaß<br />
gemacht.<br />
Wenn es<br />
um deine<br />
Sicherheit<br />
geht.<br />
Sprich mich an. Von der Versicherung<br />
gegen Handyschäden bis zur Absicherung<br />
deines kompletten Eigenheims.<br />
Ich bin für dich und deine<br />
Finanzen da. Als Finanzcoach kann<br />
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den Bereichen Versicherung und<br />
Vorsorge, Bank und Investment<br />
sowie Finanzierung und Bausparen<br />
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Hans Gehrt von Aderkas,<br />
Heinz-Detlef Scheer:<br />
Schule fürs Leben<br />
281 Seiten, 16,90 EUR<br />
Schünemann Verlag 2021<br />
ISBN 978-3-7961-1137-2<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 43<br />
Bachelor of Arts / Master of Laws<br />
Regionaldirektion<br />
Markus Sliwka<br />
Hauptstraße 51<br />
72667 Schlaitdorf<br />
Telefon 07127 931011<br />
Markus.Sliwka@dvag.de
MEDIZIN<br />
Mein Lasererlebnis<br />
Ein Erfahrungsbericht übers Augenlasern<br />
nebst Entscheidungshilfen, Teil 2.<br />
Von Tina Zejewski<br />
Nachdem ihr in der letzten Ausgabe einen Überblick über die verschiedenen Methoden<br />
bei einem Lasereingriff für die Augen bekommen habt, teilt Tina Zejewski ihre eigenen<br />
Erfahrungen rund um ihren Lasereingriff mit euch.<br />
Die Wahl: TransPRK/<br />
Smart Surface<br />
Von den vielen erwähnten Methoden<br />
habe ich mich auf Anraten<br />
einer befreundeten Mensanerin,<br />
die für einen der Marktführer<br />
in der Laserentwicklung<br />
arbeitet, für eine TransPRK/<br />
Smart Surface entschieden, weil<br />
es eine sehr bewährte und gut<br />
erforschte Methode ist. Zudem<br />
war mir bei dem Gedanken an<br />
die Narbe im Auge, an die man<br />
monatelang nichts kommen lassen<br />
darf, nicht ganz wohl, und<br />
zu guter Letzt hat vermutlich<br />
auch der monetäre Unterschied<br />
von zweitausend Euro in meine<br />
Entscheidungsfindung hineingespielt.<br />
Die meisten seriösen<br />
OP-Zentren bieten allerdings<br />
auch eine Ratenzahlung an.<br />
Das erste Eis mit „neuen“<br />
Augen: „Ich würde es immer<br />
wieder tun.“<br />
Foto: Carsten Kraus<br />
Wahl des richtigen<br />
Laserzentrums:<br />
Erreichbarkeit, Preis<br />
und Stressresistenz<br />
Nun ist es mit der Seriosität<br />
leider so eine Sache. Oben<br />
erwähnte Mensanerin hatte<br />
mir die ReVis Augenklinik in<br />
Aschaffenburg empfohlen. Allerdings<br />
erfolgt die Nachsorge<br />
nach einer Augenkorrektur<br />
optimalerweise sehr engmaschig<br />
mit bis zu sechs Folgeterminen<br />
im nächsten halben Jahr.<br />
Da man nach einem TransPRK-<br />
Eingriff am nächsten Tag eben<br />
nicht ohne Begleitperson das<br />
Haus verlassen kann, empfiehlt<br />
sich eine Klinik, zu der man<br />
erstmal zweihundert Kilometer<br />
durch die Republik fahren muss,<br />
nicht.<br />
44 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
MEDIZIN<br />
Fürsorgliche<br />
Einzelklinik …<br />
In zehn Minuten Fußentfernung<br />
von mir liegt das Augenlaserzentrum<br />
Pforzheim, bei dem<br />
ich die TransPRK sehr gerne für<br />
die in der Sprechstunde genannten<br />
2.400 Euro hätte durchführen<br />
lassen. Meine Dioptrienwerte<br />
waren ungefähr -3,75 und<br />
-4,5 in Kombination mit -1,5 und<br />
-0,75 Astigmatismus. Laut Broschüre<br />
des Laserzentrums bietet<br />
es TransPRK für bis zu minus<br />
sechs Dioptrien an. Allerdings<br />
hat mit dieses hochgerühmte<br />
Laserzentrum, bei dem ein<br />
Großteil meiner Arbeitskolleginnen<br />
und Arbeitskollegen seine<br />
(Femto-)LASIK bekommen<br />
hat, nach der Voruntersuchung<br />
ebenfalls nur Femto-LASIK angeboten<br />
– für 4.400 Euro und<br />
zwar ohne Begründung dafür,<br />
warum eine TransPRK nicht<br />
möglich sei. (Nach ein paar Monaten,<br />
als ich angeschrieben<br />
wurde, warum ich mich offensichtlich<br />
gegen eine Behandlung<br />
in Pforzheim entschieden<br />
habe, und meine Begründung<br />
mitteilte, wurde die Erklärung<br />
dann doch noch nachgeliefert:<br />
Bei höheren Dioptrienwerten<br />
werde die offene Fläche bei<br />
der TransPRK größer, sodass bei<br />
der Operation eine Substanz namens<br />
Mitomycin beigefügt werden<br />
müsse, die man nicht verwenden<br />
wolle, weshalb Pforzheim<br />
sich einen internen Grenzwert<br />
von minus drei Dioptrien<br />
für eine TransPRK gesetzt habe.<br />
Mittlerweile hat das Augenlaserzentrum<br />
Pforzheim den<br />
Dioptriengrenzwert für die<br />
TransPRK auch direkt auf seiner<br />
Startseite von minus sechs<br />
auf minus drei Dioptrien angepasst.)<br />
Wer ohnehin die Femto-<br />
LASIK vorziehen würde, dem<br />
kann ich Pforzheim dennoch<br />
empfehlen.<br />
Die Betreuung in der ersten<br />
Sprechstunde und bei der Voruntersuchung<br />
war ansonsten<br />
hervorragend: Jedes Gerät wurde<br />
ausführlich erläutert und<br />
sein Einsatz begründet. Der<br />
Kontrast zu der Klinik, in der ich<br />
die OP am Ende habe durchführen<br />
lassen, war in diesem Punkt<br />
gigantisch.<br />
… vs. Kette<br />
Meine Zweitmeinung habe ich<br />
mir nämlich bei einer badenwürttembergischen<br />
Augenlaserkette<br />
mit über dreißig Niederlassungen<br />
eingeholt. Während<br />
alle Filialen die Vor- und<br />
Nachsorge für einen Lasereingriff<br />
anbieten und ansonsten<br />
die übliche Palette der Augenheilkunde<br />
abdecken, gibt es nur<br />
ein Laserset im Hauptstandort<br />
in Ulm.<br />
Die Filiale in Karlsruhe war<br />
für mich schlichtweg am nächsten,<br />
und eine Fahrt nach Ulm<br />
schien verschmerzbar. Und siehe<br />
da, hier war meine Hornhaut<br />
plötzlich dick oder dünn genug<br />
für alle drei Methoden – Femto-<br />
LASIK, LASEK und TransPRK sowie<br />
ICL; das recht neue FLEX boten<br />
im Frühjahr 2021 beide Kliniken<br />
noch nicht an – und mir<br />
wurde freie Hand in der Wahl<br />
der Methode gelassen.<br />
Danach begann allerdings<br />
das Chaos, was angeblich für<br />
OP-Zentren mit mehreren Niederlassungen<br />
typisch ist: Voruntersuchungen<br />
zur Laserberatung<br />
waren in meiner Filiale<br />
nur einmal pro Woche möglich.<br />
Die eine zuständige Ärztin fuhr<br />
spontan in Urlaub, sodass mein<br />
Anamnesetermin sich um zwei<br />
Wochen verschob.<br />
Die Ärztin in Karlsruhe und<br />
die Arzthelferin in Ulm widersprachen<br />
sich hinsichtlich der<br />
Frequenz der Nachuntersuchungen<br />
und Schutzmaßnahmen:<br />
Unbedingt am nächsten<br />
Tag zur Nachuntersuchung!<br />
– Nein, bloß nicht, ruhen Sie<br />
sich aus und kommen Sie nach<br />
vier Tagen! – Die Augen nach<br />
dem Eingriff für 24 Stunden geschlossen<br />
halten! – So viel Sauerstoff<br />
wie möglich an die Augen<br />
lassen! – Nachts eine Augenklappe<br />
tragen! – Augenklappe<br />
brauchen Sie nicht.<br />
Die Arzthelferin, die die Nachuntersuchung<br />
machte, wusste<br />
nicht, welche Tropfen ich eigentlich<br />
bekomme, und ob ich<br />
nun eine Schutzkontaktlinse<br />
im Auge habe oder nicht. In<br />
Ulm hieß es erst, mein Freund,<br />
der mich hingefahren hatte und<br />
zurückfahren würde, dürfe wegen<br />
Corona nicht in der Praxis<br />
warten, solle aber erstmal Platz<br />
nehmen, und wurde dann nach<br />
neunzig Minuten gemeinsamer<br />
Wartezeit doch noch für die<br />
zehn Minuten, die ich im OP-<br />
Saal verbrachte, rausgeschickt.<br />
Dazu immer wechselnde Arzthelferinnen<br />
und Ärztinnen, bestimmt<br />
fünf oder sechs – oder<br />
auch nicht, keine Ahnung, für<br />
Gesichtsblinde wie mich der<br />
Horror, wenn die Leute sich<br />
nicht mal mit Namen vorstellen.<br />
Mein Highlight war aber<br />
der Kostenvoranschlag, den ich<br />
eine Woche nach dem erfolgmind<br />
magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 45
MEDIZIN<br />
ten und vor allem bezahlten<br />
Eingriff in meinem Briefkasten<br />
fand, datiert auf einen Tag nach<br />
OP. Denn, genau, hier war nichts<br />
mit Ratenzahlung, sondern: Bitte<br />
Bankauszug zum OP-Termin<br />
mitbringen, der die erfolgte<br />
Überweisung bezeugt, sonst<br />
können Sie wieder nach Hause<br />
fahren. Einen OP-Bericht habe<br />
ich bis heute nicht erhalten.<br />
Der Geizhals in mir ist dennoch<br />
sehr zufrieden und bereut<br />
nicht, denn – Spoiler – trotz Chaos<br />
lief alles super.<br />
Die OP selbst:<br />
Tut das weh?<br />
Nein. Der Eingriff selbst hat<br />
genau vier Atemzüge pro Auge<br />
gedauert. In OP-Kleidung betritt<br />
man das Zimmerchen, in dem<br />
der Laser steht, und legt sich darunter.<br />
Der Kopf wird sanft eingespannt,<br />
Wimpern und Augenbrauen<br />
werden abgeklebt, damit<br />
sie nicht in den Laser kommen,<br />
das Lid wird mit einem<br />
Tröpfchen betäubt, damit es<br />
sich nicht an der Metallhalterung,<br />
die das Auge während des<br />
Eingriffs offenhält, stört.<br />
Dann blinkt für fünfzig Sekunden<br />
ein kleines, grünes<br />
Licht überm Auge, die Sicht verschwimmt,<br />
das Auge wird gespült,<br />
die Kontaktlinse wird<br />
eingesetzt – fertig. Die einzige<br />
Überraschung für mich war der<br />
deutliche olfaktorische Sinnesreiz:<br />
Es roch plötzlich intensiv<br />
nach Schweißerei, nach Metallverarbeitung.<br />
Die unbrauchbar gewordenen Brillen wurden gespendet. Foto: T. Zejewski<br />
Zwei harte Tage<br />
Quasi direkt aus dem OP-Saal<br />
sind wir erstmal zur Eisdiele gegangen.<br />
Sicht: Nicht scharf, aber<br />
deutlich besser als vorher und<br />
vor allem merklich ohne Hornhautverkrümmung,<br />
die mir vorher<br />
jeden Schritt ohne Brille etwas<br />
mulmig gemacht hat.<br />
Die von der Klinik bereitgestellte<br />
Sonnenbrille brauchte<br />
ich in den ersten zwei Stunden<br />
mehr als Schutz vor Wind und<br />
Dreck als wegen der angekündigten<br />
Blendempfindlichkeit.<br />
Auf der Rückfahrt ließ dann<br />
die Betäubung nach und meine<br />
Augen tränten dreißig Stunden<br />
lang ununterbrochen durch. Die<br />
von Ärztin und Arzthelferin widersprüchlich<br />
beantwortete Frage,<br />
„Augen nach der OP auf oder<br />
zu“, hätte ich also gar nicht stellen<br />
müssen: Einerseits musste<br />
ich sie alle dreißig Minuten<br />
kurz öffnen, um die ganze Tränenflüssigkeit<br />
herausschwappen<br />
zu lassen. Andererseits ließen<br />
sie sich kaum öffnen und<br />
ich war froh, wenn ich sie alle<br />
dreißig Minuten weit genug<br />
aufgesperrt bekam, um die verordneten<br />
Tropfen reinzugeben:<br />
In der ersten Woche dreimal<br />
täglich ein Antibiotikum und<br />
halbstündlich jeweils im Wechsel<br />
Cortison und Befeuchtungstropfen.<br />
Der im Internet für diese Zeit<br />
oft genutzte Beschreibung als<br />
„Schmerzen“ kann ich allerdings<br />
nicht zustimmen. Es hat<br />
gebrannt, ja. „Schmerzen“ ist,<br />
was ich bei Migräne oder Menstruationskrämpfen<br />
habe. Der<br />
Nacheffekt der Laser-OP war<br />
ein leichtes Brennen und Blendempfindlichkeit<br />
für etwa zwei<br />
Tage.<br />
Ich hatte mir ein Hörbuch zurechtgelegt<br />
und habe dank der<br />
OP endlich „Die Brechtrommel“<br />
„gelesen“. Allerdings bin<br />
ich beim Hörbuchhören ständig<br />
eingeschlafen, was dem Heilungsprozess<br />
bestimmt nicht geschadet<br />
hat. Ein möglicher Zeitvertreib<br />
für diese zwei Tage ist<br />
auch, eine Serie zu schauen, die<br />
einem nicht allzu sehr am Herzen<br />
liegt (denn man sieht nicht<br />
viel von ihr), um sich zu zwingen,<br />
die Augen aufzulassen, damit<br />
Sauerstoff an die Wunde<br />
kommt. Ansonsten gilt: Viel<br />
Ruhe, viel Dunkelheit, viel trinken,<br />
viel tropfen.<br />
46 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
Happy End nach<br />
einem Monat<br />
Am zweiten Abend war es mit<br />
der Blendempfindlichkeit auch<br />
schon vorbei und ich konnte sogar<br />
an einer Rollenspielrunde<br />
teilnehmen, nachdem mir meine<br />
Charakterkarte vorgelesen<br />
worden war; eine Woche später<br />
bin ich mit dem Auto schon wieder<br />
quer durch Deutschland gefahren.<br />
Die Schilder habe ich dabei<br />
noch nicht alle lesen können,<br />
aber verrückterweise reichen<br />
die siebzig beziehungsweise<br />
neunzig Prozent, die mir in der<br />
ersten Nachuntersuchung bescheinigt<br />
worden waren, offiziell<br />
schon zum Fahren.<br />
Die ersten fünf Tage nach der<br />
OP waren unglaublich beeindruckend:<br />
Ich hatte nicht erwartet,<br />
dass die Augen so schnell<br />
heilen und die Sicht so schnell<br />
besser wird. Nach ziemlich genau<br />
einem Monat waren dann<br />
auch die letzten 3D-Effekte<br />
und Schlieren beim Lesen verschwunden<br />
und ich konnte<br />
meine Bildschirme auf der Arbeit<br />
wieder auf normale Größen<br />
runterskalieren und lesen.<br />
Sich an ein Leben ohne Brille<br />
zu gewöhnen, ging erstaunlich<br />
schnell. Meine neun alten Gestelle<br />
sind schon lange bei der<br />
Brillenspende angelangt und<br />
auch den obligatorischen Griff<br />
auf die Nase, bevor ich vorm<br />
Einschlafen das Licht ausknipse,<br />
hatte ich mir nach zwei Monaten<br />
abtrainiert.<br />
Die neue Freiheit im Gesicht<br />
ist fantastisch. Ich würde es immer<br />
wieder tun.<br />
Eine Operation ohne<br />
Komplikationsmöglichkeiten<br />
gibt es nicht<br />
LESERBRIEF<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azin 144 „Intelligenzsymbol<br />
oder einfach<br />
überflüssig – die Brille“<br />
Es ist erfreulich, dass die Autorin<br />
so positive Erfahrungen mit<br />
dem „Augenlasern“ (die Anführungsstriche<br />
deshalb, weil sehr<br />
verschiedene Laser-Typen zur<br />
Behandlung sehr unterschiedlicher<br />
Augenerkrankungen eingesetzt<br />
werden) gemacht hat.<br />
In der Tat ist der Einsatz von<br />
Lasern zur Behandlung von<br />
Brechkraftfehlern des Auges<br />
in vielen Fällen eine wertvolle<br />
Behandlungsoption. Zu ihren<br />
Motiven schreibt die Autorin<br />
„stellte ich fest, dass absolut<br />
jeder in meinem Dunstkreis positive<br />
Erfahrungen mit dem Augenlasern<br />
gemacht hatte“ und<br />
„dass während der OP eigentlich<br />
nichts schief gehen kann – unabhängig<br />
davon, für welche Methode<br />
man sich entscheidet“.<br />
Da sträuben sich mir, der in<br />
seinem Leben mehrere 10.000<br />
Patientinnen und Patienten an<br />
den Augen operiert hat, die Nackenhaare!<br />
Der Dunstkreis der<br />
Autorin ist offensichtlich sehr<br />
beschränkt.<br />
Eine Operation ohne Komplikationsmöglichkeiten<br />
gibt es<br />
nicht – es gilt der alte Grundsatz:<br />
was man vor einer Operation<br />
hat, weiß man in der Regel<br />
recht genau, was man nach<br />
einer Operation hat, das hofft<br />
man. Dies gilt umso mehr, wenn<br />
es verschiedene Verfahren zur<br />
Behandlung des gleichen Leidens<br />
(hier Refraktionsfehler<br />
vulgo Brechkraftfehler des Auges)<br />
gibt. Hier gilt der nächste<br />
alte Grundsatz: Wann immer<br />
es in der Medizin verschiedene<br />
Verfahren zur Behandlung des<br />
gleichen Problems gibt, muss<br />
dies als strenges Indiz dafür gewertet<br />
werden, dass keines dieser<br />
Verfahren optimal ist; sonst<br />
hätte es sich als einziges Verfahren<br />
durchgesetzt. Natürlich<br />
gibt es bei der Laserbehandlung<br />
von Brechkraftfehlern des Auges<br />
ernsthafte Komplikationen.<br />
Und wenn es nur ein Prozent<br />
der Fälle beträfe, bei 100.000<br />
Behandlungen wären das 1.000<br />
Menschen, die nach dem Eingriff<br />
schlechter sehen, weil sie<br />
keine Brille tragen wollen.<br />
In Deutschland werden viel<br />
zu viele Menschen mit überflüssigen<br />
Operationen beglückt.<br />
Dies gilt auch für das „Augenlasern“<br />
bei Brechkraftfehlern. Es<br />
ist ein wenig entlarvend, wenn<br />
die Autorin im Schlussabschnitt<br />
schreibt „ich habe mich vor allem<br />
(Hervorhebungen von mir)<br />
auf Anraten einer befreundeten<br />
Mensanerin, die für einen<br />
der Marktführer in der Laserentwicklung<br />
arbeitet, für eine<br />
… entschieden“. Es sind wirtschaftliche<br />
Interessen, die dazu<br />
führen, dass bei uns mehr und<br />
mehr Patienten Operationen erhalten,<br />
die im Einzelfall überflüssig<br />
und risikobehaftet sind.<br />
Dr. med. Thomas Schneider,<br />
Augenarzt und Mensaner<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 47
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Sprachkurs und Alkohol:<br />
das passt<br />
Von Marc-André Kaiser<br />
Eine häufig<br />
wahrgenommene These ist,<br />
dass Alkohol die Fähigkeit<br />
verbessert, eine fremde<br />
Sprache zu sprechen. In<br />
einer aktuellen Studie aus<br />
Maastricht wurde diese<br />
Vermutung nun einmal<br />
genauer getestet.<br />
Die Methode<br />
Fünfzig Probandinnen und Probanden,<br />
die in Maastricht im<br />
Rahmen ihres Psychologiestudiums<br />
einen niederländischen<br />
Sprachkurs hinter sich hatten,<br />
bekamen zufällig entweder<br />
eine niedrige Dosis Alkohol<br />
oder Wasser zu trinken. Die<br />
Teilnehmenden sollten dabei<br />
nicht wissen, was sie getrunken<br />
haben. Es ist zu vermuten, dass<br />
der Geschmack des Wassers<br />
dazu verändert wurde. Die Teilnehmenden<br />
nahmen anschließend<br />
an einer standardisierten<br />
Diskussion auf Niederländisch<br />
teil, die anschließend anonymisiert<br />
bewertet wurde (observerrating).<br />
Die Bewertenden wussten<br />
nicht, wer Alkohol konsumiert<br />
hatte und wer nicht.<br />
Die Teilnehmenden bewerteten<br />
ebenfalls ihre eigene sprachliche<br />
Performance (self-rating).<br />
Das Ergebnis<br />
Probandinnen und Probanden,<br />
die Alkohol konsumiert hatten,<br />
erzielten bessere observerratings<br />
als die Vergleichsgruppe<br />
ohne konsumierten Alkohol.<br />
Ihre niederländische Sprachfähigkeit<br />
wurde besser bewertet.<br />
Im Besonderen stach dabei<br />
eine verbesserte Aussprache<br />
hervor. Interessanterweise hatte<br />
der Alkohol keinen messbaren<br />
Einfluss auf die self-ratings<br />
der Teilnehmenden. Die Studie<br />
kommt zu dem Schluss, dass<br />
der Alkohol-Konsum einen förderlichen<br />
Effekt auf die Aussprache<br />
einer fremden Sprache<br />
bei Personen hat, die gerade<br />
eine neue Sprache gelernt<br />
haben.<br />
Die Kritik<br />
50 Personen sind auch eine geringe<br />
Anzahl, mehr wäre in Bezug<br />
auf die Signifikanz sicherlich<br />
besser gewesen. Nur zwei<br />
Menschen aus den Niederlanden<br />
führten die observer-rating-Bewertungen<br />
durch, ohne<br />
diese Bewertung wissenschaftlich<br />
besonders zu standardisieren.<br />
Ob die Teilnehmenden<br />
erkennen konnten, ob sie Alkohol<br />
bekamen, ist nicht ganz<br />
klar, und so gibt es vielleicht<br />
auch einen psychologischen Effekt<br />
mit einem entsprechenden<br />
Anteil an der gemessenen Wirkung.<br />
Die Zusammenfassung<br />
Es handelte sich hier um geringe<br />
Mengen Alkohol und das Erlernen<br />
einer Sprache ist noch<br />
immer die Voraussetzung zum<br />
Sprechen. Ich persönlich kann<br />
mir vorstellen, dass ähnliche<br />
Erfolge auch mit Lockerungsübungen<br />
und Sprachtrainings<br />
erreicht werden, wie das zum<br />
Beispiel professionelle Sprecherinnen<br />
und Sprecher vor<br />
einem Auftritt machen. Vielleicht<br />
sprechen wir mal bei einem<br />
Kaltgetränk darüber, gerne<br />
auch in einer anderen Sprache.<br />
Quelle: Renner, F. et al. (2018)<br />
‘Dutch courage? Effects of acute alcohol<br />
consumption on self-ratings<br />
and observer ratings of foreign<br />
language skills’, Journal of Psychopharmacology,<br />
32(1), pp. 116–122.<br />
doi: 10.1177/0269881117735687.<br />
Link<br />
https://mind-mag.de/link/alkohol<br />
48 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
RÄTSEL<br />
Dies ist der Rollercoaster,<br />
der in ähnlicher<br />
Form (ohne Leerfelder)<br />
seit mehreren Jahren<br />
bei Meisterschaften<br />
populär ist. Wenn<br />
man sich etwas hineingedacht<br />
hat, ist er in<br />
meinen Augen eine der<br />
schönsten Erfindungen<br />
der letzten Jahre. Leider<br />
konnte ich nicht zurückverfolgen,<br />
wem die<br />
Idee zu verdanken ist;<br />
wahrscheinlich ist es<br />
der geniale türkische<br />
Autor Serkan Yurekli,<br />
Rollercoaster<br />
der ein Exemplar davon<br />
2016 auf der Seite www.<br />
gmpuzzles.com veröffentlicht<br />
hat. S. Berendes<br />
Anleitung:Zeichnen<br />
Sie einen Rundweg in<br />
das Diagramm ein, der<br />
orthogonal von Feldmittelpunkt<br />
zu Feldmittelpunkt<br />
verläuft und<br />
nicht alle Felder durchqueren<br />
muss. Tragen<br />
Sie dann auf jedes Feld<br />
des Rundwegs eine Zahl<br />
von 1 bis n ein, wobei<br />
nxn die Größe des Diagramms<br />
ist. In jeder Zeile<br />
und Spalte dürfen nur<br />
unterschiedliche Zahlen<br />
stehen. Die Zahlen<br />
links des Diagramms<br />
geben die Summen<br />
von waagerecht durchlaufenden<br />
Feldern des<br />
Rundwegs in der richtigen<br />
Reihenfolge an, die<br />
Zahlen oberhalb des<br />
Diagramms geben die<br />
Summen von senkrecht<br />
durchlaufenden Feldern<br />
des Rundwegs in<br />
der richtigen Reihenfolge<br />
an.<br />
Auflösungen<br />
Ausgabe 144<br />
Auflösungen im nächsten Heft<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 49
ORGANISATION<br />
Wer weiß mehr?<br />
Organisatoren lokaler Treffen.<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
01… Dresden / SAMIR KÖCKRITZ / 01520 – 7 070 090<br />
04… Leipzig / MARIO STOLL / 0341 – 3 038 020<br />
06… Halle / MARCUS HILLMANN / 0162 – 4 968 254<br />
07… Jena / WOLFGANG KLINGHAMMER / 0176 – 39 649 614<br />
Chemnitz / STEFANIE WEBER / 01525 – 3 442 810<br />
09…<br />
Annaberg / ALMUT NITZSCHE / 03733 – 289 418<br />
10…<br />
Berlin / MATTHIAS KRIBBEN / 0172 – 5 656 004<br />
Brandenburg / PETER OEHLKE / 030 – 41 999 861<br />
19… Schwerin/Mecklenburg-Vorpommern /<br />
KARSTA LINKE / 03883 – 723 338<br />
20… Hamburg / HENNING SCHRAMM / 0171 – 3 411 543<br />
Hamburg-Harburg / HEIKE HARNACK /<br />
21… 0162-4 291 482<br />
Lüneburg / JÜRGEN REIMERS / 04131 – 37 887<br />
22…<br />
Ahrensburg / HERBERT ZUR NEDDEN /<br />
0152 – 51 364 568<br />
23… Lübeck / MARISA HAUFE / 0173 – 6 019 490<br />
Kiel / SIGRID UND UDO SCHULTZ / 0431 – 521 269<br />
Flensburg / GERD BORCHERS / 0461 – 79 501 322<br />
24…<br />
Bad Bramstedt / ULRIKE SANDER-HOYER /<br />
0170 – 6 053 874<br />
Pinneberg / ANDREA BAHRENFUSS / 04123 – 929 934<br />
25…<br />
Heide/Husum / LARS MEYER / 0162 – 5 273 363<br />
26… Oldenburg / DIRK BOSHOVEN / 0151 – 15 311 785<br />
27… Bremerhaven / KLAUS GEBHARDT / 0172 – 4 524 773<br />
28… Bremen / NICOLE RETAT / 0176 – 56 799 944<br />
30… Hannover / RAINER NEUSÜSS / 05108 – 9 217 686<br />
32… Minden / CHRISTOPHER KRAUS / 0571 – 3 851 868<br />
Paderborn / DANIEL KEYHANI / 0173 – 6 955 510<br />
33… Ostwestfalen/Lippe / ANNETTE FRANZ /<br />
0521 – 42 826 586<br />
34… Kassel / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Marburg / BETTINA BAGUNK / 06421 – 51 403<br />
35… Gießen / FRANK BRANDT / 0 64 03 – 926 543<br />
Wetzlar / MARKUS MATTZICK / 06441 – 446 970<br />
36… Fulda / KARSTEN ASSMANN / 0661 – 9 600 083<br />
37… Göttingen / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Braunschweig / TIMO WEIL / 0177 – 4 131 826<br />
38… Clausthal-Zellerfeld / GUNNAR KAESTLE /<br />
05323 – 997 724<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
39… <strong>Mag</strong>deburg / GUNNAR HENDRICH / 01 76 – 42 095 828<br />
40… Düsseldorf / MARC-ANDRÉ KAISER / 0211 – 2 393 676<br />
41… Mönchengladbach / BODO SCHNELL / 02433 – 525505<br />
42… Wuppertal / ACHIM WAGENKNECHT / 0179 – 4 517 387<br />
44…<br />
45…<br />
Dortmund / ANNA ASLANIDOU / 0163 – 5 604 546<br />
Dortmund / PIA PHILIE LEHMANN / 0151 – 56 041 525<br />
Bochum / SOPHIA FALKE / 0176 – 24 293 954<br />
Essen / SANDRA BAUMANN-TRAMPE / 0201 – 782 983<br />
Mülheim/Ruhr / JENS HELLBING / 01575 – 5 786 932<br />
Marl / ROBERT KLOSE / 0173 – 7 144 636<br />
46… Wesel / BURKHARD HOCHSTRASS / 0163 - 90 69 570<br />
47…<br />
48…<br />
Duisburg / INA PAULS / 0203 – 593 214<br />
Kevelaer / ROLF EGGING / 02832 – 4 557<br />
Kleve / HANS-GERD THEUNISSEN / 0 28 21 – 29 404<br />
Münster / MELANIE JÄGER / 0171 – 2 190 967<br />
Münster / SIMON SIEBERS / 0151 – 22 602 621<br />
49… Osnabrück / BIRGIT WIPPERMANN / 01 77 – 2 608 004<br />
Köln / KLAUS BAUMHAUER / 0157 – 73 808 128<br />
50…<br />
Köln / FRAUKE RIEKEN / 0221 – 8 231 808<br />
52… Aachen / LUKAS FISCHER-WULF / 0241 – 18 991 357<br />
53… Bonn / SVETLA KNÖSCHKE / 0160 – 7 082 153<br />
55… Mainz / KAI GEHRETH / 01577 – 3 969 315<br />
56… Koblenz / MARTIN SCHULZE / 0261 – 309 382<br />
57… Siegen / SABINE SCHIRM-SPRINGOB / 02761 – 7 039 911<br />
58… Hagen / ANDREA SCHÖNEBERG / 0172 – 9 367 921<br />
59… Soest / DIETER PIPER / 02381 – 948 666<br />
60… Frankfurt / ANDREAS THURM / 0151 – 41 467 503<br />
61… Bad Homburg / JESSICA JOHN<br />
63… Aschaffenburg / JAN ZBIKOWSKI / 0162 – 8 492 917<br />
64… Darmstadt / BEHROUZ CHAGHERI / 0173 – 3 103 633<br />
65… Wiesbaden / SILKE HANSEN / 069 – 1 553 676<br />
66… Saarbrücken / PETER MOOG / 0171 – 3 787 722<br />
67…<br />
68…<br />
69…<br />
Kaiserslautern und Pfalz / CRISTINA KRAUSS / 0162 –<br />
2 701 102 / MARC HILLER / 0176 – 81 687 948<br />
Mannheim / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
Heidelberg / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
70… Stuttgart / MARTIN JÄKLE / 0151 – 72 712 329<br />
50 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
ORGANISATION<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
72… Tübingen / JÜRGEN SCHAICH / 0176 – 96 358 274<br />
75… Pforzheim / GABRIELE WALTER / 0176 – 61 048 332<br />
76…<br />
77…<br />
Karlsruhe / SVEN MANIAS / 0721 – 699 556<br />
Karlsruhe / JULIANE SCHNEIDER / 07243 – 728 774<br />
Pfalz / CRISTINA KRAUSS / 0162 – 2 701 102<br />
Pfalz / MARC HILLER / 06731 – 9 079 640<br />
Lahr/Schwarzwald / MARTIN KATZNER /<br />
07821 – 37 679<br />
78… Bodensee / MARTIN ROSCHER / 07541 – 836 739<br />
79…<br />
80…<br />
81…<br />
Freiburg im Breisgau / HENDRIK FREYTAG /<br />
0177 – 7 607 919<br />
München / BRIGITTE BRECHT / 089 – 8 644 939<br />
München / CHRISTIAN ROSENKRANZ /<br />
0176 – 61 198 156<br />
München-Pasing / MAX VOIGTMANN /<br />
089 – 30 004 913<br />
83… Holzkirchen / HEIKE WEBER / 08024 – 476 626<br />
84...<br />
85…<br />
Landshut-Freising / WERNER KELNHOFER /<br />
08762 – 2 189<br />
Ingolstadt / BRIGITTE MAIER / 0841 – 97 052 179<br />
Alpenland/Region / HANS GEORG MICHNA /<br />
0179 – 3 217 777<br />
86… Augsburg / THOMAS KRAUSS / 08232 – 77 782<br />
87… Memmingen / TINA ACHAM / 08331 – 8 339 744<br />
88… Wangen im Allgäu / BRIGITTE GÖSER / 07561 – 7 715<br />
89… Ulm/Neu Ulm / INGRID RENZ / 0174 – 3 337 549<br />
89… Heidenheim / HEIKE VOGLER / 01577 – 3 237 078<br />
90… Nürnberg / CHRISTOPH RUGE / 09131 – 9 752 945<br />
91… Erlangen / CHRISTOPH RUGE / 09131 – 9 752 945<br />
93… Regensburg / LUDWIG KOLB / 0941 – 5 987 095<br />
94…<br />
Passau / KARIN POLZ / 08502 – 915 840<br />
Philippsreut / CHRISTIAN KOCH / 08557 – 729<br />
95… Bayreuth / STEFAN WLADARSCH / 0921 – 5 167 420<br />
96…<br />
Bamberg / CHRISTOPH RUGE / 09131 – 9 752 945<br />
Bamberg / CORNELIA SCHUMANN / 0151 – 401 419 32<br />
96… Coburg / FRANK EISENWIENER / 09561 – 6 209 400<br />
97… Würzburg / ANNETTE KUNZ / 0931 – 980 880<br />
99… Erfurt / LINDA SOLCHER / 0162 – 4 162 631<br />
Termine &<br />
Treffen<br />
Eine Übersicht mit aktuellen<br />
Treffen und Terminen gibt<br />
es im Internet unter:<br />
ř db.mensa.de/events<br />
Die E-Mailadressen der<br />
lokalen Ansprechpersonen<br />
findet ihr unter:<br />
ř db.mensa.de/kontakt.htm<br />
Adressänderungen<br />
Da Postvertriebsstücke von der<br />
Post nicht nachgesandt werden,<br />
kommen <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azine<br />
trotz Nachsendeauftrag als unzustellbar<br />
an die Geschäftsstelle<br />
zurück. Änderungen von Adressen<br />
oder Daten bitte an die<br />
Geschäftsstelle oder selbst im<br />
eMVZ unter „Meine Daten“ eingeben!<br />
ř office@mensa.de<br />
Änderungswünsche an<br />
der Tabelle bitte an:<br />
ř mindmag@mensa.de<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 51
INFORMATION<br />
Internet<br />
Ì www.mensa.de<br />
Ì www.mensa.de/social-media<br />
eMVZ<br />
Ì https://db.mensa.de<br />
Schlichter<br />
Christiane Schmetzer<br />
¼ 07822 / 780 027<br />
ì schmetzer@kabelbw.de<br />
Michael Robert Biber<br />
¼ 0175 / 1 649 242<br />
ì biber@newdirection.de<br />
Monika Maria Sommer<br />
ì monika@msommer.de<br />
Kinder- und Jugendbereich<br />
Camps:<br />
Michael Bonfert<br />
Regional:<br />
Annette Schlüter<br />
Daniela Hirscheider<br />
Volker Schwarz<br />
¼ 0179 / 6 758 335<br />
ì kiju-ko@mensa.de<br />
Spenden an Mensa<br />
<strong>MinD</strong>-Stiftung gGmbH<br />
IBAN:<br />
DE26 5109 0000 0071 4576 05<br />
BIC: WIBADE5W<br />
SIGHT<br />
Couchsurfen und mehr im smarten<br />
Umfeld. Deutsche SIGHT-Co:<br />
Andrea Schwelm<br />
ì sight@mensa.de<br />
Präventionsbeauftragte<br />
Harro Eder<br />
¼ 0178 / 8 121 595<br />
ì praevention@mensa.de<br />
Sozialfonds<br />
Birgit Scholz<br />
Georgenstraße 6, 84503 Altötting<br />
¼ 08671 / 85 591<br />
(nur abends und Wochenende)<br />
ì mind_sozialfonds@web.de<br />
IBAN:<br />
DE49 4306 0967 1074 9648 00<br />
BIC: GENODEM1GLS<br />
Sozialprojekt zum JT<br />
Jörg Büttner<br />
Sebastianstraße 21 a<br />
10179 Berlin<br />
¼ 030 / 33 878 731<br />
ì mann-le@web.de<br />
IBAN:<br />
DE74 1007 7777 0480 4738 00<br />
BIC: NORSDE51XXX<br />
Vereinskonto<br />
ì kasse@mensa.de<br />
IBAN:<br />
DE03 5109 0000 0071 4586 01<br />
BIC: WIBADE5W<br />
Mitgliedsbeitrag: 55 Euro im Jahr<br />
Leitender Psychologe (NSP)<br />
Kai Bestmann Dipl.-Psychologe<br />
Dahl 28a, 25497 Prisdorf<br />
¼ 04101 / 842 107<br />
ì testbetrieb@mensa.de<br />
Intelligenztest<br />
Termine und Anmeldemöglichkeit<br />
gibt es auf unseren Webseiten.<br />
Ì www.mensa.de<br />
Verwaltung<br />
Geschäftsführung<br />
Martin Jäkle<br />
gf@mensa.de<br />
Geschäftsstelle<br />
Cirsten Novellino<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
¼ 089 / 86 466 251<br />
Fax: 089 / 86 466 252<br />
ì office@mensa.de<br />
Geschäftszeiten<br />
Dienstag und Donnerstag<br />
8:30 bis 16:30 Uhr<br />
International/<br />
Deutschsprachige Nachbarn<br />
International Office<br />
Michael Freenan<br />
Executive Director Mensa<br />
International Ltd.<br />
Slate Barn, Church Lane,<br />
Caythorpe<br />
Lincolshire NG 32 3EL<br />
United Kingdom<br />
¼ 0044 / 1 400 272 675<br />
Fax: 0044 / 1 400 272 675<br />
ì mensainternational@<br />
mensa.org<br />
Ì www.mensa.org<br />
Chairman<br />
Björn Liljeqvist<br />
ì chairman-mil@mensa.org<br />
NatReps<br />
Peter Fröhler<br />
ì peter.froehler@mensa.de<br />
Yu Jin Son<br />
ì yu_jin.son@mensa.de<br />
Mensa Österreich<br />
Gerald Schmidt<br />
Paulasgasse 17/3/26<br />
A-1110 Wien<br />
ì vorsitz@mensa.at<br />
Ì www.mensa.at<br />
Mensa Schweiz<br />
Christine Ryser<br />
Ruchackerweg 5<br />
CH-4565 Recherswil<br />
ì chair@mensa.ch<br />
Ì www.mensa.ch<br />
52 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
IMPRESSUM<br />
Vorstand<br />
Christian Ambach<br />
Wissenschaft & Forschung,<br />
Bildung, Strategie,<br />
Marketing, Webseite<br />
Impressum<br />
<strong>MinD</strong> <strong>Mag</strong>azin<br />
Die offizielle Zeitschrift<br />
von Mensa in Deutschland e.V.<br />
ISSN 1866-9867<br />
Anzeigen<br />
n. n.<br />
mindmag@mensa.de<br />
0171 / 749 11 08<br />
ì christian.ambach@mensa.de<br />
Melanie Jäger<br />
Regionale Struktur,<br />
Mensa Youth Regional,<br />
KiJu Regional, Testbetrieb,<br />
Ortsblätter, BoutIQue<br />
ì melanie.jaeger@mensa.de<br />
Rüdiger Klings<br />
IT, Datenschutz (IT),<br />
Organisation,<br />
Vorschlagswesen,<br />
Ansprechpartner GF<br />
ì ruediger.klings@mensa.de<br />
Ansgar Lindhauer<br />
Recht & Compliance,<br />
Datenschutz (Recht),<br />
Finanzen<br />
ì ansgar.lindhauer@mensa.de<br />
Swante Scholz<br />
Mensa Youth Überregional,<br />
Großveranstaltungen,<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>, Prävention,<br />
Mitgliederbetreuung, SIGs<br />
ì swante.scholz@mensa.de<br />
Yu Jin Son<br />
Vorsitz,<br />
Internationales,<br />
Kooperationen,<br />
Presse & Öffentlichkeitsarbeit<br />
ì yu_jin.son@mensa.de<br />
Redaktionsanschrift<br />
ì mindmag@mensa.de<br />
Herausgeber<br />
Mensa in Deutschland e.V.<br />
Rodinger Straße 19<br />
93413 Cham<br />
Registergericht: Köln, VR 8190<br />
Kontakt<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
Zuständig im Vorstand<br />
und V.i.S.d.P.:<br />
Swante Scholz<br />
Chefredakteur<br />
Erwin Klein<br />
Bäckerklint 12<br />
38100 Braunschweig<br />
Redaktion<br />
Babette Mairoth-Voigtmann<br />
Christina Zejewski<br />
Cornelia Capito<br />
Jan Zbikowski<br />
Julian Lemburg<br />
Kathrin Viergutz<br />
Katrin Sluka<br />
Martin Sluka<br />
Monika Besselmann<br />
Natalie Lehmann<br />
Ralf Müller<br />
Sören Köser<br />
Swen Neumann<br />
Ulrike Dürnfeld<br />
Uta Viegener<br />
Layout<br />
BT Media<br />
Celler Straße 1<br />
38518 Gifhorn<br />
Druck<br />
Passavia GmbH & Co. KG<br />
Medienstraße 5b<br />
94036 Passau<br />
Ì www.passavia.de<br />
Auflage<br />
15.300<br />
Abo für Nichtmitglieder<br />
Jährlich einschließlich Zustellung<br />
und 7 Prozent USt im Inland 18,50<br />
Euro, im Ausland 21,50 Euro<br />
Die mit dem Namen des Verfassers<br />
oder seinen Initialen gekennzeichneten<br />
Beiträge geben die Meinung<br />
des Autors wieder. Nachdruck nur<br />
mit schriftlicher Zustimmung und<br />
mit Quellenangabe. Die Redaktion<br />
behält sich vor, Leserbriefe und<br />
eingeschickte Artikel gekürzt zu<br />
veröffentlichen.<br />
Redaktionsschluss<br />
Ausgabe 146: 15. Dezember 2021<br />
Ausgabe 147: 15. Februar 2022<br />
Ausgabe 148: 15. April 2022<br />
mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021 | 53
SCHEER WARE<br />
Zugehörigkeit ist<br />
allein unmöglich<br />
Oder: Resonanz entsteht erst durch Interaktion.<br />
Von Heinz-Detlef Scheer<br />
F<br />
rank erzählt: „Warum merkt<br />
eigentlich niemand, wie gut<br />
ich bin? Die Kollegen schielen<br />
auf meine Arbeit. Ich habe den<br />
Eindruck, die kapieren gar nicht,<br />
was ich mache. Aber es spricht<br />
mich auch keiner an. Mein Chef<br />
ist da ganz ähnlich. Der redet<br />
sowieso kaum. Nur wenn er<br />
mit seinem eigenen Chef Ärger<br />
kriegt, weil wir irgendwelche<br />
Termine nicht einhalten, dann<br />
gibt es richtig Stunk. Der weiß<br />
kaum, woran ich gerade im Detail<br />
arbeite. Aber warum soll ich<br />
ihm das erklären? Er ist schließlich<br />
der Chef und sollte das ja<br />
wohl wissen. Wenn ich dann<br />
ein Projekt richtig rausgerissen<br />
habe und den ganzen Laden vor<br />
Problemen bewahrt habe, dann<br />
stellt er sich im Meeting hin und<br />
mich als Musterknaben dar. Das<br />
kann ich gar nicht ab. Da hat er<br />
dann wohl in einem Management-Buch<br />
gelesen, dass man<br />
seine Mitarbeiter loben muss.<br />
Danach ignoriert er mich wieder.<br />
Ich glaube, ich suche mir einen<br />
anderen Job. Das wäre der<br />
vierte in drei Jahren, aber so<br />
geht es auch nicht weiter. Das<br />
Problem: Der Job an sich ist<br />
o.k., die Aufgaben sind herausfordernd,<br />
aber ich kriege null<br />
Anerkennung und die anderen<br />
meiden den Kontakt zu mir.<br />
Aber das war schon immer so.<br />
Ich esse eben nicht in der Kantine<br />
(das hat sich ja Gott sei Dank<br />
seit Corona erledigt), den Fraß<br />
kriegt ja keiner runter. Und Geburtstagsfeiern,<br />
Kegelabende<br />
oder was weiß ich, was die alles<br />
unternehmen, das hängt mir alles<br />
zum Hals raus. Das langweilt<br />
mich zu Tode.“<br />
Die ’Investitionʻ<br />
hat sich gelohnt!<br />
Martin erzählt: „Ich habe ja<br />
jetzt, nachdem meine letzte Firma<br />
sich (vorhersehbar) in Wohlgefallen<br />
aufgelöst hat, einen<br />
neuen Job. Und diesmal war es<br />
echt kurios. Nach nur zwei Jahren<br />
einen neuen Job, und dann<br />
kennst du wieder keinen. Meine<br />
Frau, die gerade eine neue Stelle<br />
in der Chirurgie angetreten<br />
hatte, sagte: ’Wozu haben wir<br />
eigentlich das Haus jetzt fertig<br />
und die große Terrasse? – Lad´<br />
doch deine Kollegen und Kolleginnen<br />
zum Grillabend ein, das<br />
geht doch jetzt wieder bei den<br />
Corona-Zahlen, und unser Garten<br />
ist groß.ʻ<br />
Ich gebe ja zu, ich hatte da<br />
meine Zweifel, aber ich sagte<br />
mir: ’Einen Abend lang hältst du<br />
das wohl aus.ʻ Außerdem grille<br />
ich aus Leidenschaft. Und was<br />
soll ich sagen: Die ’Investitionʻ<br />
hat sich gelohnt! Mit dem einen<br />
und der anderen werde ich wohl<br />
nicht warm, aber der Peter hat<br />
sich als Doppelkopf-Fan herausgestellt<br />
und die Ute liebt Brettspiele.<br />
Wir sind schon verabredet.<br />
Die haben regelmäßige Termine.<br />
Und der Chef hat sich angenehm<br />
zurückgehalten.<br />
Als der Klaus das <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong><br />
auf meinem Schreibtisch entdeckt<br />
hatte, hat er gleich nachgefragt.<br />
Er schaute fast schon<br />
ehrfürchtig, als ich ihm von<br />
Mensa erzählte, meinte aber,<br />
zum nächsten Stammtisch würde<br />
er auch mal vorbeischauen,<br />
wenn das ginge. Natürlich geht<br />
das, wir sind ja offen für Gäste!<br />
Meine Frau mit einem letzten<br />
Glas Rotwein in der Hand<br />
auf der Terrasse: ’Siehste, das<br />
wird anders als beim letzten<br />
Job-Wechsel! Allein kann man<br />
eben kein Zugehörigkeitsgefühl<br />
entwickeln!ʻ Wo sie das wohl<br />
wieder gelesen hat?“<br />
54 | mind magazin <strong>145</strong>/dezember 2021
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