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First - Realisierung des Hasenbergturms

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BAUEN UND LEBEN MIT HOLZ<br />

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HIN UND WEG<br />

Xxxxxxx Begeistert xxxxxx von öffentlichen Xxxxxxx xxx Holzbauten<br />

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INHALT / EDITORIAL<br />

6<br />

14<br />

20<br />

24<br />

32<br />

38<br />

HOLZ.ART4<br />

FOKUS.THEMA6<br />

Das historische Restaurant Fischerstube<br />

am Zürichsee wurde durch einen neuen<br />

Holzbau mit Holzstabgewölbe ersetzt.<br />

BAU.WERK14<br />

Der neue Baumwipfelpfad in Laax ist der<br />

längste der Welt. 1,56 Kilometer weit<br />

führt der Pfad durch die Baumkronen.<br />

BAU.WERK20<br />

Vierzig Meter ragt der Hasenbergturm<br />

auf dem Mutschellen in die Höhe. Ein<br />

Holzkonstrukt mit Leuchtturmcharakter.<br />

STIL.FORM24<br />

Eine Miniunterkunft in Holzbauweise<br />

erobert peu à peu die Schweiz. Wir verlosen<br />

2 × 1 Übernachtung im mySaess.<br />

UMWELT.ENERGIE26<br />

Wie man die Lebensdauer von Holzfassaden<br />

auch ohne Biozide verlängern kann.<br />

NACH.GEFRAGT28<br />

Pius Renggli im Interview. Er ist überzeugt,<br />

dass die Welt künftig aus Holz<br />

gebaut sein wird.<br />

STAND.PUNKT31<br />

Hansjörg Steiner, Präsiden von Holzbau<br />

Schweiz, im Gespräch über den Prix Lignum,<br />

Nachhaltigkeit und «Brotbäume».<br />

AUS.GEZEICHNET32<br />

Der Kindergarten Rain 25 wurde mit dem<br />

Prix Lignum ausgezeichnet. Das Holzgebäude<br />

begeistert nicht nur die Kleinen.<br />

WELT.WEIT38<br />

Die Fassadenteile von Cabin Anna lassen<br />

sich einfach zur Seite rollen – aufgrund<br />

der leichten Konstruktion aus Holz.<br />

AUS.BLICK / IMPRESSUM 42<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser<br />

Spannende Begegnungen<br />

sind für mich das Salz in<br />

der Suppe <strong>des</strong> Lebens.<br />

Ei ne solche Begegnung<br />

hatte ich in einem Zürcher<br />

Atelier. Der 75-jährige Urs<br />

Beat Roth ist Architekt mit<br />

einer besonderen Leidenschaft:<br />

Geometrie. Für das<br />

neue Restaurant Fischerstube<br />

am Zürichsee – ein<br />

Entwurf <strong>des</strong> Architekten<br />

Patrick Thurston – entwickelte<br />

Roth ein hölzernes<br />

Stabgewölbe, <strong>des</strong>sen Muster<br />

auf äusserst komplexen<br />

Berechnungen beruht. Wie<br />

er diese Holzstruktur, die<br />

sich über den Gastraum<br />

spannt, entworfen und<br />

konstruiert hat, verrät er<br />

in einem ausführlichen Gespräch<br />

(S. 12). Eine ebenfalls<br />

markante Holzstruktur<br />

prägt den Kindergarten<br />

Rain 25 in Ittigen. Vertikale<br />

Lamellen bilden ein wiederkehren<strong>des</strong><br />

Gestaltungselement<br />

und schaffen abwechslungsreiche<br />

Ein-,<br />

Aus- und Durchblicke. Und<br />

das begeistert alle – Klein<br />

wie Gross.<br />

MIT CROSSMEDIALEM CONTENT<br />

AUF MAGAZIN-FIRST.CH<br />

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Fotos Pläne Videos Zusatzinfos<br />

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(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

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(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

Susanne Lieber,<br />

Redaktorin,<br />

Projektleiterin<br />

«FIRST»


(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

HOLZ.ART<br />

IN DER KÜCHE<br />

Aus zwei Wohnungen in der Churer Altstadt wurde eine – und die Küche ist das Herzstück im Mittelpunkt. Die Planer von Studio O haben<br />

die Küche mit viel Liebe zum Detail und in einem intensiven Prozess zusammen mit dem Möbelmacher Serge Borgmann, der Steinbildhauerin<br />

Anna Staudt und der Bauherrschaft, Anna von Wattenwyl und Thomas Monn, konzipiert. Eine frei stehende, filigrane Holzstruktur aus geölter<br />

Eiche trägt die Küchenmöbel und die Arbeitsplatte aus Stein. Dabei entwickelt sie sich zu einer ausgreifenden Figur, die mit Regalen, Tablaren<br />

und Hängevorrichtungen den vorhandenen Raum bespielt. Serge Borgmanns raffinierte Steckverbindungen der Holzstruktur zeigen die Qualität<br />

<strong>des</strong> Handwerks und richten das Augenmerk auf die Details. Die geschlossenen Kästen aus spritzlackierten MDF-Platten sind als<br />

schlichte Kuben ausformuliert und in die Holzstruktur hineingeschoben. Der neue Fichtenboden wurde in der Küche als Anlehnung an den<br />

Altbau und den Bestand in breiten Holzdielen verlegt. Das Küchenbijou wurde 2020 fertiggestellt und 2021 mit dem Prix Lignum, Anerkennung<br />

Region Ost, ausgezeichnet. studioo.ch, kante.ch, prixlignum.ch<br />

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Elisa Florian<br />

MIT HAMMER UND NAGEL<br />

Weit entfernt von der Handwerkskunst <strong>des</strong> Zimmermanns, aber sicher eine gute Anregung für den ersten<br />

Kontakt mit Holz: Erik Eje Almqvist zeigt in dem Buch «Mit Hammer und Nagel», wie mit einfachem Bauholz<br />

praktische und gleichzeitig schöne Möbel gebaut werden können. Alle Entwürfe basieren auf den Prinzipien<br />

<strong>des</strong> italienischen Designers Enzo Mari (1932–2020), einer Ikone der Do-it-yourself-Bewegung. Für<br />

die Herstellung der Möbel sind weder teures Werkzeug noch die Auseinandersetzung mit speziellen Verbindungstechniken<br />

erforderlich. Die beschriebenen Projekte und Methoden sind so einfach, dass jede<br />

und jeder diese nachbauen kann. Mit den 18 vorgestellten Projekten – von Hockern und Stühlen über<br />

Tische und Bänke bis hin zu Lampen und Schränken – lässt sich das ganze Haus möblieren. 1. Auflage 2021,<br />

160 Seiten, Haupt Verlag, ISBN 978-3-258-60239-4, 32.– Franken. haupt.ch<br />

4 / 5<br />

Haupt Verlag


(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

FIRST 04/2021<br />

IM ZENTRUM<br />

Jeder weiss, wie lang deutsche Wörter werden können. Mit dem «Holzzentralfusstisch»<br />

haben die Designer Christoph Schindler und Margarita Salmerón von<br />

Schindlersalmerón aus Zürich ein Weiteres hinzugefügt. Wer die Wortteile <strong>des</strong><br />

Begriffs auseinandernimmt, sieht die Bestandteile <strong>des</strong> jüngsten Entwurfs: Das<br />

Holz als tragender Baustoff, auch wenn Zentralfusstische traditionell einen gusseisernen<br />

Fuss haben, um durch das Gewicht zusätzliche Stabilität zu erreichen.<br />

Der Zentralfuss als bestimmen<strong>des</strong> Designelement im Zentrum der Tischplatte.<br />

Er wird dort eingesetzt, wo maximale Beinfreiheit benötigt wird, etwa beim Bistrotisch.<br />

Und der Tisch an sich – jedoch nicht mit festgelegten Abmessungen,<br />

sondern als System entworfen. So ist es möglich, unter Berücksichtigung der<br />

Kundenbedürfnisse die Geometrie <strong>des</strong> Fusses anzupassen und die gewünschte<br />

Grösse und Länge zu erreichen. Der Holzzentralfusstisch Z/03 entstand in Kooperation<br />

mit Martin Bereuter und ist aus Eschenholz gefertigt. Er wiegt rund elf Kilogramm<br />

und misst 75 auf 75 oder 75 bis zu 250 Zentimeter. schindlersalmeron.com<br />

Schindlersalmerón<br />

IM VOGELNEST<br />

Die Île aux oiseaux, die Vogelinsel, ist eine aufgeschüttete, künstliche Insel am Nordufer <strong>des</strong> Genfersees, auf dem Gebiet der Gemeinde<br />

Préverenges. Weil der Cercle Ornithologique de Lausanne ein Grundstück vor dem Naturschutzgebiet erwerben konnte, bietet sich den Ornithologen/-innen<br />

und Gästen nun eine hervorragende Sicht auf die Wasservögel – und das Gefühl, auch selbst in einem Nest zu sein. Das neue<br />

Vogelinselhaus ist in seiner Holzstruktur von einem Vogelnest inspiriert, das grosse runde Fenster erinnert an einen Nistkasten und lenkt den<br />

Blick der Beobachter auf die Insel. Wanderer finden im Vogelinselhaus einen warmen Ort, der zugleich lehrreich informiert. Der Pavillon steht<br />

auf seinen dünnen Metallbeinen wie auf Vogelstelzen. Eine feingliedrige Exostruktur bildet das Tragwerk für das CLT-Faltdach. Die aussenliegende<br />

Rahmenstruktur ist frei von Verstrebungen und verbindet moderne Techniken mit traditionellen Elementen wie den rohen<br />

Sägebrettern aus Weisstannenholz. Das Vogelinselhaus, geplant von Localarchitekture aus Lausanne und erstellt vom Holzbaubetrieb JPF<br />

Ducret SA aus Bulle (FR), wurde mit dem Prix Lignum 2021, Anerkennung Region West, ausgezeichnet.<br />

oiseau.ch, localarchitecture.ch, jpf-ducret.ch <br />

1:10<br />

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Mathieu Gafsou


FOKUS.THEMA<br />

1<br />

6 / 7


FIRST 04/2021<br />

MATHEMATISCHES FEUERWERK<br />

Einen Ersatzneubau in Anlehnung an ein historisches Gebäude zu planen, ist eine Gratwanderung: Wie eng muss man sich am<br />

Vorbild orientieren, wie weit darf man sich davon entfernen? Einer solchen Herausforderung stellte sich der Architekt Patrick<br />

Thurston mit seinem Entwurf für die neue Fischerstube am Zürichsee.<br />

Text Susanne Lieber | Fotos Juliet Haller (Amt für Städtebau Zürich) | Pläne Patrick Thurston


FOKUS.THEMA<br />

Das Zürichhorn ist eine der beliebtesten<br />

Grünanlage in Zürich. Zurecht, schliesslich<br />

kommt hier zusammen, was den Ort zu einer<br />

der lebenswertesten Städte der Schweiz<br />

macht: Seezugang und Bergsicht. Vor allem<br />

im Sommer tummeln sich hier gleichermassen<br />

Touristen und Einheimische, Jung und<br />

Alt. Die einen sonnen sich auf der Wiese oder<br />

grillieren, die anderen flanieren auf der Promenade,<br />

gehen schwimmen, lauschen Strassenmusikern<br />

oder beobachten vorbeischippernde<br />

Boote.<br />

Das Gebäudeensemble direkt am Ufer – es<br />

umfasst das Restaurant Fischerstube, die Fischerhütte<br />

und ein Gartenbuffet mit grosser<br />

Terrasse – gehört hier seit Jahrzehnten zum<br />

idyllischen Bild dazu. Fischerstube und Fischerhütte<br />

entstanden bereits im Jahr 1939<br />

anlässlich der Lan<strong>des</strong>ausstellung. Sie wurden<br />

jeweils auf Pfählen direkt ins Wasser gebaut.<br />

Einige Jahre später wurde das Gartenbuffet<br />

ergänzt.<br />

Nach einem Brand der Fischerstube musste<br />

diese 1956 neu aufgebaut werden. Die Form<br />

blieb grundlegend erhalten, doch das einstige<br />

Schilfdach wurde durch Eternitschindeln<br />

ersetzt. Rund 50 Jahre später forderte die<br />

schlechte Bausubstanz ihren Tribut. Die<br />

Stadt Zürich entschied sich <strong>des</strong>halb als<br />

Eigentümerin, die Fischerstube sowie das<br />

Gartenbuffet abzubrechen und einen Ersatzbeziehungsweise<br />

einen Neubau zu errichten.<br />

Die Fischerhütte hingegen sollte nur saniert<br />

werden, genauso ein kleiner Ententeich mit<br />

Bogenbrücke. 2009 rief das Hochbauamt der<br />

Stadt Zürich einen entsprechenden Wettbewerb<br />

aus, den das Berner Architekturbüro<br />

Patrick Thurston für sich entscheiden konnte.<br />

GLEICH UND DOCH ANDERS<br />

Beim Ersatzneubau der Fischerstube galt von<br />

vornherein die Prämisse: Er muss mit dem<br />

Originalbau «wesensgleich» sein. Von Gesetzes<br />

wegen wäre ein kompletter Neubau<br />

direkt am Ufer <strong>des</strong> Zürichsees aufgrund der<br />

Freihaltezone nicht zulässig gewesen. Auch<br />

die Denkmalpflege hätte einem solchen Projekt<br />

nicht zugestimmt. Als Einschränkung<br />

empfand der Architekt Patrick Thurston<br />

diese Vorgaben jedoch nicht. Im Gegenteil.<br />

Für ihn lag genau darin der Reiz der Aufgabe:<br />

«Uns schien gerade diese Ambivalenz, im<br />

21. Jahrhundert einen Ort zu schaffen, der ‹im<br />

Wesen› auf 1939 zurückgeht, besonders herausfordernd.»<br />

Im Entwurf lässt sich der Brückenschlag in die<br />

Vergangenheit und zum traditionellen Handwerk<br />

klar ablesen. Markantestes Merkmal bei<br />

dem Bau – einer Zimmermannskonstruktion<br />

aus Binderböcken, Wand-, Brüstungs-, Sturzund<br />

Deckenelementen – ist sicherlich das<br />

Dach. Wie bereits 1939 wurde es mit Schilf eingedeckt.<br />

Und zwar von Spezialisten aus Dänemark,<br />

wo Schilfdächer auch heute noch als<br />

traditionelle Alternative zu Ziegeldächern gebaut<br />

werden. Die Brandschutzbehörden waren,<br />

man ahnt es schon, von der Idee mit dem<br />

Schilf nicht sonderlich begeistert. Schliesslich<br />

war die Fischerstube schon einmal abgebrannt.<br />

Doch am Entwurf hielt man fest.<br />

Die Dacheindeckung mit Schilf setzte wie<br />

schon 1939 eine Kaltdachkonstruktion voraus.<br />

«Dabei wollten wir einen Weg finden,<br />

wie der Estrich als Kaltdachraum ohne technische<br />

Installationen vom grossen Schilfdach<br />

überspannt werden kann», resümiert<br />

Patrick Thurston und ergänzt: «Die Lösung<br />

Patrick Thurston<br />

Der Gründer <strong>des</strong> gleichnamigen Architekturbüros<br />

in Bern gewann 2009 mit seinem Team<br />

den Wettbewerb für die Neugestaltung <strong>des</strong><br />

historisch bedeutenden Gebäudeensembles.<br />

Patrick Thurston (* 1959) ist ausgebildeter<br />

Hochbauzeichner, Autodidakt und seit 2014<br />

Vorsitzender <strong>des</strong> BSA Bern. thurston.ch<br />

2<br />

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FIRST 04/2021<br />

1 Das insgesamt 2,65 Tonnen schwere Stabgewölbe<br />

in der Fischerstube wurde vom Architekten und<br />

Geometrie-Enthusiasten Urs Beat Roth entwickelt<br />

und konstruiert.<br />

2 Auch die Geometrie der Leuchte über dem<br />

Gastraum folgt Roths mathematischen Berechnungen:<br />

Als Vorlage für die Form diente ein ellipsoider,<br />

32-flächiger Polyeder, an <strong>des</strong>sen Eckpunkten jetzt<br />

jeweils eine Lampe hängt.<br />

3 Längs- und Querschnitt durch die neue Fischerstube.<br />

Die alten Holzpfähle wurden durch verzinkte<br />

Stahlpfähle ersetzt. Der Bereich mit Küche<br />

ist zweigeschossig. Die Geschossdecke wurde am<br />

Sprengwerk aufgehängt. Die Tragstruktur besteht<br />

aus Brettschichtholz (Fichte). Im Gastraum bildet<br />

das Stabgewölbe den sichtbaren Raumabschluss.<br />

4 Links die Fischerstube (Restaurant), in der Mitte<br />

die Fischerhütte (kann man für Feiern und Seminare<br />

mieten), rechts im Hintergrund das Gartenbuffet,<br />

zu dem ein grosser Aussensitzplatz für 200<br />

Gäste gehört – auch hier Seesicht inklusive.<br />

3<br />

4


10 / 11<br />

FOKUS.THEMA<br />

5<br />

5 An den Gastraum der Fischerstube mit 88 Plätzen<br />

schliesst sich ein Loungebereich an. Schaut man<br />

auf der rechten Seite aus den Fenstern, blickt man<br />

auf die grosse Terrasse.<br />

6 Fischerstube (1): Im Erdgeschoss befinden sich der<br />

grosse Gastraum, die Küche, eine Lounge und eine<br />

Veranda. Im Obergeschoss ist ein Büro untergebracht.<br />

Die Terrasse wurde verlegt und dockt nun<br />

seitlich am Bau an. Sie bietet Platz für 128 Gäste.<br />

Fischerhütte (2): Der kleine Bau, ebenfalls mit<br />

Schilf gedeckt, konnte saniert werden und steht<br />

nun auf neuen Pfählen. Den Raum kann man für<br />

Feiern und Seminare mieten.<br />

Gartenbuffet (3): Der Neubau mit Holzschindeldach<br />

ist mit der Fischerstube unterirdisch durch<br />

einen Medienkanal verbunden. Auch die Technik<br />

der Fischerstube befindet sich nun hier.<br />

Ententeich (4): Die Sanierungsmassnahmen<br />

umfassten auch einen Teil der Grünanlage samt<br />

Ententeich.<br />

1<br />

4<br />

3<br />

2<br />

6


FIRST 04/2021<br />

lag darin, die Installationen in den mit Schindeln<br />

gedeckten Dachraum <strong>des</strong> Gartenbuffets<br />

zu verlagern.» Die Bauten sind mit einem unterirdischen<br />

Gang verbunden, in dem die Infrastruktur<br />

geführt wird.<br />

Eine der prägnantesten Veränderungen zum<br />

Vorgängerbau von 1956 ist die neu positionierte<br />

Terrasse. Nach dem Brand wurde dem<br />

Gebäude auf der Vorderseite, also frontal<br />

zum See, eine Terrasse vorgelagert. Für die<br />

Denkmalpflege war jedoch klar: Der Originalbau<br />

hatte an dieser Stelle keine, der Ersatzneubau<br />

sollte demnach auch keine haben. Als<br />

Kompromiss wurde eine Terrasse seitlich der<br />

Fischerstube genehmigt, die nicht direkt mit<br />

dem Bau verbunden ist.<br />

Unangefochtener Blickfang in der Fischerstube,<br />

deren Bauweise Minergie-ECO-Standard<br />

entspricht, ist das aufwendige Stabgewölbe<br />

an der Decke. Um dieses zu entwickeln,<br />

arbeitete Patrick Thurston mit dem<br />

Zürcher Mathematiker und Architekten Urs<br />

Beat Roth zusammen (mehr dazu siehe Interview<br />

S. 12/13). Der 75-Jährige ist seit vielen<br />

Jahren auf mathematisch generierte komplexe<br />

Muster und Formen für Kunst- und Architekturprojekte<br />

spezialisiert. Kritische<br />

Stimmen behaupten zwar, das markante Gewölbe<br />

lenke zu sehr vom Blick auf den See ab,<br />

doch das relativiert sich, wenn man als Gast<br />

erst mal am Tisch sitzt.<br />

Eines lässt sich zu diesem Bauprojekt aber<br />

definitiv sagen: Es war keine einfache Aufgabe,<br />

das einstige Landigebäude wieder auferstehen<br />

zu lassen und seinen Charakter zu<br />

wahren, gleichzeitig den Bau aber ins Hier<br />

und Jetzt zu setzen – als das, was er sein soll:<br />

ein moderner Gastronomiebetrieb.<br />

Was der Architekt Patrick Thurston selbst zu<br />

seinem Entwurf meint? Sein Statement dazu:<br />

«Uns war wichtig, einen authentischen Ort zu<br />

schaffen, der durch seine handwerkliche Architektur<br />

geprägt ist.» Und das ist hier wahrlich<br />

gelungen – Ziel erreicht. <br />

Das Projekt – die Fakten<br />

Objekt: Restaurant Fischerstube<br />

Standort: Bellerivestrasse 160, Zürich<br />

Wettbewerb: 2009<br />

Baubeginn: Oktober 2019<br />

Fertigstellung: Juni 2021<br />

Inbetriebnahme: Juli 2021<br />

Bauherrschaft: Stadt Zürich<br />

Architektur: Patrick Thurston, Bern<br />

Holzbau: Kübler AG Holzbau, Oetwil a. S. (ZH)<br />

Holzbauingenieur: Indermühle Bauingenieure<br />

GmbH, Thun<br />

Schreinerei: Forster AG, Oberburg (BE);<br />

Hauri AG, Staffelbach (AG)<br />

Schreinerei (Stabgewölbe): Bach Heiden AG,<br />

Heiden (AR)<br />

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FOKUS.THEMA<br />

EIN HIMMEL VOLLER … GEOMETRIE<br />

Urs Beat Roth ist Architekt und Künstler mit besonderer Leidenschaft: die Geometrie. Dafür brennt er schon seit über 55 Jahren. Für die<br />

neue Fischerstube am Zürichsee entwickelte er zusammen mit dem Architekten Patrick Thurston ein markantes Stabgewölbe, das sich<br />

dekorativ über den Gastraum spannt. Ein mathematisch äusserst komplexer, aber keineswegs nüchterner Entwurf. Wir trafen den sympathischen<br />

Geometrie-Spezialisten in seinem Zürcher Atelier und sprachen mit ihm über Präzision, Fleissarbeit, Ideen-Recycling und seinen Vater.<br />

Interview Susanne Lieber | Fotos Juliet Haller (Amt für Städtebau Zürich)<br />

Herr Roth, zunächst einmal die grundsätzliche<br />

Frage: Warum wurde überhaupt ein Gewölbe<br />

in die Fischerstube gebaut?<br />

Das Dach der Fischerhütte sollte – wie bereits<br />

1939 – in alter Manier mit Schilf gedeckt<br />

werden. Dazu braucht es ein hinterlüftetes<br />

Kaltdach. Um das Restaurant aber künftig<br />

auch heizen und somit ganzjährig nutzen zu<br />

können, musste ein in sich geschlossener<br />

Raum geschaffen werden.<br />

War von Anfang an klar, dass es sich dabei<br />

um ein Stabgewölbe handeln soll?<br />

Ursprünglich hatte Patrick Thurston ein elliptisches<br />

Gewölbe aus Lehm vorgesehen. Doch<br />

aus raumakustischen Gründen kam er davon<br />

ab. Patrick hatte mich dann gefragt, ob ich ihm<br />

helfen könnte, eine neue Kuppel zu entwickeln.<br />

Zunächst hatten wir über ein Faltwerk<br />

diskutiert, um eine Schallfokussierung zu verhindern.<br />

Damit streut man den Schall in alle<br />

Richtungen. Die Oberflächen hätten dazu aber<br />

aus einem schallabsorbierenden, gelochten<br />

Material bestehen müssen. Wir entschieden<br />

uns statt<strong>des</strong>sen für ein durchbrochenes Gewölbe,<br />

das nur einen optischen Raumabschluss<br />

bildet. Die eigentliche Decke samt<br />

schallschluckenden Elementen und Technik<br />

wie Sprinkleranlage befindet sich darüber.<br />

Wie sind Sie beim Entwurf <strong>des</strong> Stabgewölbes<br />

vorgegangen?<br />

Zunächst musste eine Grundform gefunden<br />

werden. Klassischerweise bildet ein Gewölbe<br />

über einem rechteckigen Grundriss ein<br />

Kreuzgewölbe. Wir wollten allerdings keine<br />

Kanten, sondern eine kontinuierliche Fläche<br />

wie ein Kissen. Ich habe zunächst ein zweidimensionales<br />

geometrisches Grundmuster<br />

aus kongruenten Flächen entwickelt. Das<br />

haben wir dann auf eine elliptisch gewölbte<br />

Fläche projiziert. So ist ein Polyeder entstanden,<br />

<strong>des</strong>sen Flächen aber nicht mehr kongruent<br />

sind. Die insgesamt 336 Flächen werden<br />

jeweils als Holzrahmen definiert (228 dreieckige<br />

Rahmen, 8 viereckige Rahmen), die<br />

zusammengefügt werden. Sämtliche Holzteile<br />

<strong>des</strong> Gewölbes laufen konisch zu, das<br />

heisst, ihre Flächen schneiden sich alle in einem<br />

einzigen Punkt – und der liegt hier etwa<br />

sechs Meter tief im See. Bei dem entstehenden<br />

Gewölbe handelt es sich also um ein echtes<br />

Gewölbe.<br />

Sie sagen, die Rahmen sind durch die Projektion<br />

<strong>des</strong> Grundmusters auf die Gewölbefläche<br />

nicht mehr kongruent, also deformiert<br />

worden. Was genau hat das für die Konstruktion<br />

bedeutet?<br />

Von den insgesamt 1016 Einzelstäben, aus denen<br />

das Gewölbe besteht, sind jeweils nur zwei<br />

Stäbe exakt gleich. Es gibt also 508 verschieden<br />

geformte Stäbe, die unterschiedlich schiefe<br />

Rahmen bilden. Der Konstruktionsaufwand für<br />

das Gewölbe war demnach gewaltig. Die Entwicklung<br />

<strong>des</strong> geometrischen und mathematisch<br />

sehr aufwendigen Grundmusters allein hat<br />

schon zwei Monate gedauert. Die einzelnen<br />

schiefen Rahmen zu berechnen und zu konstruieren,<br />

war dann nochmals eine ganz andere Geschichte.<br />

Eine verrückte Geschichte …<br />

Erzählen Sie uns diese doch bitte!<br />

Ich habe alle 508 unterschiedlichen Stäbe –<br />

alle schief und mit unterschiedlichen Winkeln<br />

– selbst am Computer gezeichnet! Normalerweise<br />

würde das ein Programmierer machen.<br />

Diesen hätte ich aber nicht nur selbst bezahlen<br />

müssen, sondern ich hätte damit vor allem<br />

auch die Kontrolle abgegeben. Das wollte ich<br />

nicht. Also habe ich gedacht: Wenn ich ganz<br />

fleissig bin, könnte ich es in zwei Monaten<br />

schaffen, alle 508 Stäbe selbst zu zeichnen,<br />

damit man sie später an einer CNC-Fräse präzise<br />

fertigen kann. Das habe ich letzten Winter<br />

dann auch gemacht: Ich bin jeden Tag ins<br />

Atelier gekommen. Pro Stab habe ich etwa 20<br />

Minuten benötigt, inklusive Einzeichnen der<br />

12 / 13<br />

einzelnen Bohrungen für die Eschendübel und<br />

dergleichen. Ich durfte keinen einzigen Fehler<br />

machen! Die Zwischenplatten aus MDF habe<br />

ich ebenfalls einzeln gezeichnet. Das war<br />

eine sehr meditative Arbeit. Dazu habe ich<br />

Musik von Johann Sebastian Bach gehört.<br />

Könnten Sie die Konstruktion noch etwas näher<br />

erklären?<br />

Drei beziehungsweise vier Einzelstäbe bilden<br />

jeweils einen schiefen Rahmen. Diese sind an<br />

den Ecken mit speziellen, selbstspannenden<br />

Verbindungsbeschlägen (Tenso) zusammengesteckt<br />

und verleimt. Zur Fixierung benötigte es<br />

also keine Schraubzwingen. Später wurden die<br />

fertigen Rahmen nur nebeneinandergesetzt.<br />

Dazwischen bilden neun Millimeter starke<br />

MDF-Platten, die die Kraft von Rahmen zu Rahmen<br />

übertragen, schöne Schattenfugen. Das<br />

ganze Konstrukt ist in sich sehr steif und<br />

selbsttragend, es hält allein durch die Schwerkraft.<br />

Schrauben wurden keine verwendet. Die<br />

einzelnen Rahmen sind allerdings mit Eschendübeln<br />

verbunden, was aber keinerlei statische<br />

Gründe hat, sondern nur dazu diente, die Rahmen<br />

bei der Montage in exakte Position zu bringen<br />

– damit bis zum Schlussstein alles genau<br />

passt. Man könnte die Dübel theoretisch jetzt<br />

einfach wieder rausnehmen, ohne dass was<br />

passiert.<br />

Wie ist eigentlich das Grundmuster für das<br />

Stabgewölbe entstanden?<br />

Das ist eine lustige Geschichte. Im Grunde ist<br />

das Muster ein Recyclingprodukt: Vor einigen<br />

Jahren hatte ich für Herzog & de Meuron<br />

ein Projekt gemacht. Das Architekturbüro<br />

hatte damals einen Wettbewerb gewonnen<br />

für eine Moschee in Abu Dhabi – mit einem<br />

riesigen Gebetsraum für 5300 Gläubige. Die<br />

Moschee war damals bereits im Bau, als man<br />

merkte, dass der Entwurf nicht funktionierte.<br />

Es gab einen Baustopp und eine neue Ausschreibung.<br />

Herzog & de Meuron sollte dann


FIRST 04/2021<br />

das Projekt übernehmen und weiterentwickeln.<br />

Die Kuppeln im Gebetsraum standen<br />

bereits auf Stützen, die auf Wunsch <strong>des</strong><br />

Scheichs auch nicht mehr geändert werden<br />

durften. Um im Nachhinein diese Stützen innerhalb<br />

<strong>des</strong> neuen Entwurfs zu legitimieren,<br />

sollte ich für die Kuppel ein Muster entwerfen,<br />

das diese Stützen einbezieht. Ich habe<br />

unendlich lange daran gearbeitet. Leider ist<br />

das gesamte Projekt am Ende gescheitert.<br />

Ich war sehr enttäuscht. Als dann die Anfrage<br />

für die Fischerstube kam, habe ich mich<br />

gefreut und dachte mir: Hey, das ist ja eine<br />

ganz ähnliche Aufgabe. Ich muss wieder für<br />

einen rechteckigen Grundriss ein Muster<br />

kreieren und dieses auf ein Gewölbe übertragen.<br />

In Anlehnung an das Muster von Abu<br />

Dhabi, das ebenfalls mehrheitlich aus Dreiecken<br />

bestand, konnte ich also daraus etwas<br />

Neues für die Fischerstube machen.<br />

Mit etwas Fantasie kann man in dem Muster<br />

sogar Tierfiguren erkennen.<br />

Ja, es gibt jede Menge zu entdecken. Neben<br />

einfachen Parallelogrammen, Rechtecken und<br />

Dreiecken auch Fische, Schnecken, Schildkröten,<br />

Schlangen, Spechte und allerlei Gewürm.<br />

Ich habe immer gesagt: Wenn jemand das Pech<br />

hat, beim Essen ein langweiliges Gegenüber zu<br />

haben, dann muss er nur nach oben schauen.<br />

(lacht)<br />

Aus welchem Holz besteht das Stabgewölbe?<br />

Aus Weymouths-Föhre, einem Holz, das hier<br />

nur selten genutzt wird. Ursprünglich kommt es<br />

aus den USA und wurde im 19. Jahrhundert in<br />

die Schweiz gebracht und hier angebaut. Das<br />

Holz ist wunderbar: Es ist nicht nur schön und<br />

hat praktisch keine Äste, es ist auch relativ<br />

leicht und dennoch druckfest. Und es riecht<br />

herrlich – bei einem Restaurant ist das schliesslich<br />

auch wichtig. Die Oberfläche wurde nur<br />

gelaugt und geseift, die Poren sind offen.<br />

Wie war für Sie der Moment, als alles montiert<br />

worden ist?<br />

Ich war sehr nervös. Auf dem Computer hatte<br />

zwar alles perfekt zusammengepasst, aber<br />

ob das dann auch tatsächlich alles funktioniert?<br />

Die Montage ging am Schluss so<br />

schnell, dass ich leider den Moment verpasst<br />

habe, als der Schlussstein gesetzt wurde. Als<br />

ich ankam, war schon alles fertig. Das Team<br />

der Schreinerei Bach Heiden hat perfekte<br />

1 Das Stabgewölbe besteht aus 1016 Einzelstäben, die insgesamt 336 Rahmen (dreieckig und viereckig)<br />

bilden. Diese formen aneinandergefügt die selbsttragende Kuppel.<br />

Arbeit geleistet. Es war ein gutes Gefühl, zu<br />

sehen, dass alles geklappt hat! Einen Plan B<br />

hätten wir auch nicht gehabt. (lacht)<br />

Wie hat denn das Hochbauamt als Auftraggeber<br />

auf das Stabgewölbe reagiert?<br />

Anfangs war das Hochbauamt irritiert, fragte,<br />

was das kosten würde und ob man das nicht<br />

einfacher machen könnte. Es gab also erst<br />

Widerstand. Patrick hatte aber gemeint, es<br />

müsse genau so sein. Mit der Zeit hat sich das<br />

Hochbauamt daran gewöhnt und hatte sogar<br />

Freude daran. Jetzt ist das Stabgewölbe das<br />

Markenzeichen der Fischerstube.<br />

Wenn Sie Bilanz ziehen: Wie waren das Projekt<br />

und die Zusammenarbeit mit dem Architekten<br />

Patrick Thurston?<br />

Für mich ist das Ganze eine sehr gelungene<br />

Sache. Ich bin froh, dass das Gewölbe so<br />

schön aussieht und alles geklappt hat. Die<br />

Zusammenarbeit mit Patrick war wunderbar.<br />

Er hat mir den Rücken komplett freigehalten,<br />

sodass ich mich nur um mein Holzgewölbe<br />

kümmern konnte. Patrick ist ein Perfektionist.<br />

Und ein Architekt, der vom Material her<br />

denkt. Er hat ein unglaubliches Wissen über<br />

Holz. Patrick hat mich sehr an meinen Vater,<br />

Emil Roth (1893–1980), erinnert. Er war ebenfalls<br />

Architekt – und einer der Pioniere der<br />

modernen Architektur in der Schweiz. Er hat<br />

immer gepredigt, man solle möglichst viele<br />

Arbeitsprozesse von der Baustelle in die<br />

Werkstatt verlegen. Denn dort könne man am<br />

präzisesten arbeiten und müsse die vorgefertigten<br />

Teile dann nur noch vor Ort zusammenbauen.<br />

Genau so haben wir es bei der Fischerstube<br />

auch gemacht. In Patrick habe<br />

ich ein stückweit meinen Vater wiedererkannt.<br />

Das hat mich sehr berührt. <br />

Urs Beat Roth<br />

Urs Beat Roth ist 1946 geboren und begeisterte sich schon früh für Mathematik. Vor allem für<br />

Geometrie. Trotzdem entschied er sich gegen ein entsprechen<strong>des</strong> Studium, da Geometrie letztlich<br />

nur ein sehr kleiner Teil der Mathematik ist. Statt<strong>des</strong>sen ging Roth an die ETH Zürich, um<br />

Architektur zu studieren. Nach seinem Diplom 1973 folgten ein Nachdiplomstudium und eine<br />

Assistenzstelle am Lehrstuhl von Prof. Heinz Ronner. 1979 bis 1992 führte er zusammen mit<br />

Xaver Nauer ein eigenes Architekturbüro. 1991 gründete er das Atelier für Konkrete Kunst.<br />

1981 bis 2011 war er zudem als Dozent tätig für Raum und geometrisch-konstruktives Gestalten<br />

an der Schule für Gestaltung in Zürich. Roth ist spezialisiert auf die Entwicklung mathematisch<br />

generierter Formen und Muster und arbeitet mit namhaften Architekturbüros zusammen.<br />

1


BAU.WERK<br />

AUF AUGENHÖHE MIT DER BAUMKRONE<br />

Die Skiregion Weisse Arena Flims, Laax, Falera erweitert ihr Image ins Grüne. Im Sommer eröffnete der tourismusstarke<br />

Ort Laax einen 1,56 Kilometer langen Baumwipfelpfad. Zwei Ortsteile sind nun mit einem Weg durch die Baumkronen<br />

verbunden. Unterwegs bieten vier Plattformen mit Informationstafeln Wissenswertes über die Natur ringsum.<br />

Text Sue Lüthi | Fotos Philipp Ruggli, Sue Lüthi | Pläne Lennaria Camathias SA, Coray Holzbau AG, Hofmann & Durisch AG<br />

14 / 15


FIRST 04/2021<br />

Der Weg auf den schlanken Stämmen startet<br />

in Laax Murschetg (GR) auf einem 37 Meter<br />

hohen, runden Turm inmitten von Bahnstationen,<br />

Zugangswegen, Läden und Spielplätzen.<br />

In einer Betonsäule führt ein Lift nach oben,<br />

sodass auch Rollstuhlfahrenden das Vergnügen<br />

zwischen dem Blattwerk vergönnt ist. Zu<br />

Fuss steigen die Besucherinnen und Besucher<br />

auf einer Holztreppe nach oben, die sich<br />

spiralförmig um den Liftstamm windet.<br />

Eben so schlängelt sich die Rutschbahn um<br />

den Betonkern. In einer Chromstahlröhre mit<br />

Plexiglasfenstern sausen die Kinder durch die<br />

Plattformen hindurch wieder nach unten auf<br />

festen Boden. Der zweite Zugang in die Baumkronen<br />

befindet sich in Laax Dimplaun oberhalb<br />

Laax Dorf. Dazwischen liegt seit letztem<br />

Sommer ein 1,56 Kilometer langer Holzweg,<br />

den 567 Stützen durch den Wald tragen.<br />

Entworfen, geplant und ausgeführt hat ihn<br />

das Architekturbüro Hofmann & Durisch AG<br />

aus Flims in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro<br />

Clarplan GmbH aus Vella. Das Team<br />

durfte bereits mehrere öffentliche Bauten<br />

realisieren. Dieses Projekt stellte die Planer,<br />

Ingenieure und Geometer allerdings vor besondere<br />

Herausforderungen, und zwar aufgrund<br />

der komplexen Topografie in Kombination<br />

mit den baulichen Vorgaben. Das Material<br />

Holz war hierbei von Anfang an gesetzt,<br />

die Stützen <strong>des</strong> Pfads sind Fichtenstämme<br />

aus dem nahen Wald bei Sagogn. Auch für<br />

den Gehweg wurde Fichtenholz gewählt.<br />

«Lärche wäre besser gewesen, doch dort<br />

wachsen halt Fichten», erklärt Architekt Reto<br />

Durisch. Bei der Gestaltung hätten sie zudem<br />

darauf geachtet, dass der Weg dem natürlichen<br />

Terrain folgt und möglichst wenig gerodet<br />

werden muss. Sie hätten bewusst auf<br />

massive Betonfundamente verzichtet, um<br />

den Eingriff in den Waldboden auf ein Minimum<br />

zu beschränken. Der zwei Meter breite<br />

Weg macht leichte Knicke, schlägt Haken und<br />

wird auf einer Höhe von 2 bis 28 Metern über<br />

den Waldboden getragen, wobei die Neigung<br />

maximal sechs Prozent betragen durfte, um<br />

die Rollstuhlgängigkeit einzuhalten. Von Anfang<br />

an in die Planung involviert war auch der<br />

1<br />

1 Das zwei Meter breite und eineinhalb Kilometer<br />

lange Holzband führt ob Laax durch den Wald.


27<br />

5<br />

180<br />

1950<br />

OKFB<br />

16 / 17<br />

40<br />

30<br />

30<br />

180<br />

Ø10<br />

50<br />

8<br />

180 40<br />

390<br />

20<br />

25<br />

140<br />

60<br />

120<br />

60<br />

40<br />

38<br />

Hilfsbohrungen für<br />

prov. Absturzsicherung<br />

Entwässerungsloch<br />

:<br />

:<br />

:<br />

:<br />

1031<br />

992<br />

672<br />

552<br />

224<br />

125<br />

0<br />

40<br />

BAU.WERK<br />

105<br />

10<br />

320<br />

11<br />

956<br />

Höhe= 1100<br />

Ø8<br />

810<br />

8<br />

7<br />

120 328<br />

9<br />

400<br />

120<br />

30 27<br />

102<br />

120<br />

400<br />

100<br />

222<br />

102<br />

1080<br />

100 125<br />

4<br />

6<br />

5<br />

3<br />

Revierförster Maurus Cavigelli. Er begleitete<br />

das Projekt von der Idee bis zur Ausführung.<br />

Auch ihm war es wichtig, dass das Bauwerk<br />

im Einklang mit der Umwelt steht und der<br />

Schutz von Natur, Wald und Tieren berücksichtigt<br />

wird. «Wir haben <strong>des</strong>halb die Linie <strong>des</strong><br />

Pfa<strong>des</strong> möglichst natürlich gewählt», so Cavigelli.<br />

«Wir wollten wenig Abholzung und die<br />

Natur so wenig wie möglich beeinträchtigen.»<br />

Der Pfad führt am Hang zwischen den Bäumen<br />

durch, über deren Wipfel hinweg und mitten<br />

durch Blätter und Nadeln. Ab und zu lichten<br />

sich die Baumkronen, und Blicke auf das Dorf<br />

oder die gegenüberliegenden Berggipfel werden<br />

frei. Kehrt Ruhe vom Tourismusgeschehen<br />

ein, können die Wipfelwandler Vögel,<br />

Eichhörnchen und mit Glück auch Wild beobachten.<br />

Unterwegs bieten vier Aussichtsplattformen<br />

die Gelegenheit, sich auszuruhen<br />

und den Wald aus verschiedenen Perspektiven<br />

zu betrachten. Die Plattformen sind unterschiedlich<br />

gestaltet: einmal viereckig, dann<br />

organisch, sie bilden abgetreppte Trapeze<br />

oder einen Hochsitz. Die hölzernen Po<strong>des</strong>te<br />

sind mit Infostelen und Sitzgelegenheiten ausgestattet.<br />

Themen wie die regionale Tier- und<br />

Pflanzenwelt, Geologie und Landwirtschaft<br />

oder der Flimser Bergsturz haben die Veranstalter<br />

beschrieben. Wer die reine Natur nicht<br />

aushält, kann sich mit dem Handy oder Tablet<br />

zusätzlich digital berauschen lassen.<br />

MONTAGE ALS HOCHSEILAKT<br />

Die Gemeinde legte Wert auf Schweizer Holz<br />

und Unternehmen aus der Nähe. Für die Holzbauarbeiten<br />

spannten zwei Holzbauer aus<br />

BV<br />

Ort<br />

Kunde<br />

Bearb.<br />

der Region zusammen: das federführende<br />

Unternehmen Lennaria Camathias SA aus<br />

Laax und die Holzbau Coray AG aus Ilanz. Für<br />

diese spezielle Arbeit erstellten die Holzbaupoliere<br />

gemeinsam mit der Schweizeri-<br />

A4 210 x 297 mm 02.09.2020<br />

Via Isla 11 - 13<br />

CH - 7130 Ilanz<br />

Tel.: 0041-(0)81-920 02 04<br />

Fax.: 0041-(0)81-920 02 05<br />

E-Mail: mmonn@corayholzbau.ch<br />

Details<br />

M : 1 : 33.33<br />

Marcel Monn<br />

BWP Installationsplatz<br />

Ilanz<br />

2<br />

1<br />

1<br />

2<br />

2<br />

2 Meter über Boden: der tiefste Wegpunkt<br />

4 Plattformen: Orte zum Verweilen<br />

27 Meter hoch: der Turm Laax Dimplaun<br />

28 Meter über Boden: der höchste Wegpunkt<br />

37 Meter hoch: der Turm Laax Murschetg<br />

73 Meter lang: die Rutschbahn<br />

1560 Meter lang: der Baumwipfelpfad


FIRST 04/2021<br />

4<br />

46 Stützen für die Plattformen<br />

521 Holzstützen tragen den Pfad<br />

650 Kubikmeter Beton in den Türmen<br />

115 Tonnen verzinkter Stahl<br />

1060 Kubikmeter Rundholz<br />

2 Querschnitt durch den Rundholzbock.<br />

3 Die Planung und Ausführung im steilen Gelände erforderte viel Rechenarbeit.<br />

4 Personen mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrende können die maximal sechs Prozent<br />

Steigung gut meistern.<br />

1 Rundholzstämme<br />

2 Stützenfundamente<br />

3 Querträger, Winkeleisen<br />

4 Längsträger, 18 x 40 cm BSH<br />

5 Querlattung<br />

6 Abdeckung<br />

7 Lattung<br />

8 Belagsbretter<br />

9 Geländerpfosten<br />

10 Maschengeflecht<br />

11 Handlauf<br />

3<br />

Clemens Arpagaus<br />

Der 60-jährige Clemens Arpagaus aus Vella (GR) studierte und diplomierte an der<br />

ETH Zürich und trat später dem SIA bei. Er war mehrere Jahre als Projektleiter in<br />

Zürich und Ilanz tätig und betrieb Ingenieursarbeiten für Statik, Konstruktion und<br />

Brückenbau. Seit 2000 führt er sein eigenes Ingenieurbüro in Vella, 2018 gründete<br />

er die Clarplan GmbH mit Schwerpunkt auf Beratungen und Bauleitungen im Hochbau.<br />

Seine Mitgliedschaften im Schweizerischen Alpenclub, im Skiclub und anderen<br />

Vereinen zeugen von seinen Kenntnissen in bergigem Gelände. clarplan.com


(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

BAU.WERK<br />

schen Unfallversicherungsanstalt (Suva) ein<br />

Sicherheitskonzept. Ein In struktor schulte<br />

die Zimmerleute spezifisch für die Arbeiten<br />

mit dem Helikopter und den Stämmen in<br />

Hanglage und zwischen den Bäumen. An den<br />

bezeichneten Orten im Boden bohrten die<br />

Baumeister jeweils ein Loch, setzten die Fundamentstangen<br />

ein und gossen sie mit Mörtel<br />

aus. Die Rundholzstämme wurden auf dem<br />

Installationsplatz vor Ort mit einem Stahlwinkel<br />

verbunden, sodass der ganze Rundholzbock<br />

versetzt werden konnte. Bei jedem Joch<br />

wurden die Lastaufnahmepunkte, die Abspannungen,<br />

die Sicherungsseile und die Anschlagpunkte<br />

für die Schutzausrüstung gegen<br />

Absturz definiert und vormontiert. Die<br />

Laufelemente wurden mit einem Teil <strong>des</strong> definitiven<br />

Geländers geliefert. Dieses konnte<br />

während der Monta ge gleich als Seitenschutz<br />

genutzt werden. Die Lauffläche unterteilten<br />

die Konstrukteure in 130 Elemente von rund 12<br />

Metern Länge, die ebenfalls mit dem Helikopter<br />

versetzt wurden.<br />

Im Wald wurden 400 Kubikmeter Rundholz in<br />

Stützenform verbaut, weitere 660 Kubikmeter<br />

Rundholz schnitten die Zimmerleute ein für Sekundärbalken<br />

und den Bodenbelag. Auf dem<br />

Stammelement sind zwei Brettschichtträger<br />

(18 x 40 cm) aufgelegt, die den Bretterweg und<br />

die Geländerpfosten tragen. Ein feines Stahlnetz<br />

mit liegenden Maschen ist als Schutz zwischen<br />

zwei Rohren aufgespannt, ein Handlauf<br />

aus Fichtenholz bildet den Abschluss.<br />

SCHNEEUNABHÄNGIGE ATTRAKTION<br />

Der neue Weg verbindet nicht nur Dorfteile,<br />

sondern soll auch Lücken im Tourismusjahr<br />

schliessen. Er bietet allen Generationen eine<br />

zusätzliche Freizeiteinrichtung, die schneeunabhängig<br />

begangen werden kann. Nur bei<br />

Gewitter, Sturm und Eis wird der Weg aus<br />

Sicherheitsgründen geschlossen. Den Unterhalt<br />

übernimmt die Forst- und Werkgruppe<br />

Sagogn-Laax. Bisher sind Wipfelwandler im<br />

Neckertal (SG) auf ihre Kosten gekommen:<br />

Der erste Baumwipfelpfad der Schweiz führt<br />

seit rund drei Jahren Besucherinnen und Besucher<br />

rund 500 Meter lang durchs Holz und<br />

Blattwerk und wieder zum Ausgangsort zurück.<br />

Der Baumwipfelpfad in Laax ist gemäss<br />

Medienmitteilung der längste auf der Welt.<br />

hd-immo.ch, corayholzbau.ch,<br />

camathias-sa.ch, flimslaax.com<br />

1:10<br />

i +<br />

5 Die Erschliessungstürme führen im Betonkern einen Lift. Im Bild der Turm in Laax Murschetg.<br />

6 Der Weg schlängelt sich nördlich <strong>des</strong> Dorfs durch den Wald und folgt der Höhenkurve.<br />

7 Vier Plattformen bieten unterwegs Gelegenheit zum Lesen der Infotafeln oder einfach zum Pausieren.<br />

5<br />

18 / 19


FIRST 04/2021<br />

ANZEIGE<br />

6<br />

Balteschwiler ist ihr<br />

Partner für<br />

Holzfassaden<br />

Baumwipfelpfad<br />

Projekt: Baumwipfelpfad, Laax (GR)<br />

Ausführung: 2020–2021<br />

Bauherrschaft: Gemeinde Laax<br />

Architektur: Hofmann & Durisch AG, Flims (GR)<br />

Holzbau: Arge Coray Holzbau AG, Ilanz (GR); Lennaria Camathias SA, Laax<br />

Ingenieur und Bauleitung: Clarplan GmbH, Clemens Arpagaus, Vella (GR)<br />

Holzmenge und -art: Total ca. 1060 m 3 Rundholz aus den Gemeinden Laax<br />

und Sagogn, ca. 295 m 3 BSH aus Schweizer Holz<br />

Kosten: CHF 7,5 Mio.<br />

Die cleveren Systemlösungen<br />

von Balteschwiler ermöglichen<br />

kreative und massgeschneiderte<br />

Fassaden, die über viele<br />

Jahre Freude bereiten.<br />

Unser Angebot:<br />

• Fast unbegrenzte Möglichkeiten<br />

bez. Holzarten,<br />

Dimensionen, Profilen und<br />

Befestigungssystemen<br />

• Fassadenschalungen aus<br />

Schweizer Holz<br />

• Oberflächenbehandlungen in<br />

diversen Farbtönen auf<br />

Wasser- und Öl-Wasserbasis,<br />

appliziert auf gehobelte,<br />

strukturgehobelte, sägerohe<br />

oder gebürstete Holzoberflächen.<br />

balteschwiler.ch<br />

7


BAU.WERK<br />

WO DER HASE<br />

IM DREIECK SPRINGT<br />

Der im Sommer fertiggestellte Hasenbergturm ist das neue Highlight im Naherholungsgebiet<br />

Hasenberg bei Zürich. Aus- und Anblick sind hier gleichermassen einen Ausflug wert.<br />

Text Susanne Lieber | Fotos und Pläne Erni Holzbau AG<br />

20 / 21


FIRST 04/2021<br />

Etwas Kondition sollten die Besucher schon<br />

mitbringen, wenn sie auf dem Hasenbergturm<br />

bis ganz nach oben wollen. 210 Treppenstufen<br />

zu erklimmen, ist schliesslich kein<br />

Pappenstiel. Doch die Anstrengung lässt sich<br />

dosieren: 13 Zwischenpo<strong>des</strong>te bieten Gelegenheit<br />

für kleine Verschnaufpausen, bevor<br />

es zur nächsten Etappe geht. Dem Treppenlauf<br />

folgend, schraubt man sich also peu à<br />

peu in individuellem Tempo gen Himmel. Dass<br />

der Kraftakt lohnt, wird spätestens auf der<br />

obersten Aussichtsplattform in 35 Metern<br />

Höhe klar: Der Ausblick auf die Berge – von<br />

der Ostschweiz über die Innerschweiz bis in<br />

die Berner Alpen – ist einfach fantastisch.<br />

Die Errichtung <strong>des</strong> <strong>Hasenbergturms</strong> war<br />

ebenfalls ein Kraftakt. Aber auch hier hat<br />

sich jegliche Anstrengung gelohnt. Der am<br />

ersten August dieses Jahres eingeweihte<br />

Bau hat Strahlkraft und bildet im wahrsten<br />

Sinne <strong>des</strong> Wortes einen Höhepunkt im Naherholungsgebiet<br />

Hasenberg der Gemeinde<br />

Widen. Das beliebte Ausflugsziel befindet<br />

sich auf dem Mutschellen (AG), einer Gletschermoräne,<br />

die einst die Würmeiszeit formte.<br />

Nur einen kurzen Spaziergang entfernt liegt der<br />

Egelsee, ebenfalls ein Relikt der letzten Eiszeit<br />

und bei Ausflüglern aus der Region sehr beliebt.<br />

Auf 714 Höhenmetern und direkt am Waldrand<br />

gelegen, ist der Hasenbergturm schon von Weitem<br />

sichtbar. 40 Meter ragt er insgesamt empor.<br />

Summa summarum wurden hierfür 128,5 Kubikmeter<br />

Holz verbaut. Vornehmlich Schweizer<br />

Holz, genauer gesagt Fichte aus den Wäldern<br />

<strong>des</strong> Mutschellen, weshalb der Turm auch das<br />

Label Schweizer Holz tragen darf.<br />

Erstellt wurde der skulpturale Bau von der Erni<br />

Holzbau AG aus Schongau (LU). Das Unternehmen<br />

ist nicht weit entfernt vom Bauplatz. Ein<br />

Heimspiel könnte man sagen. Im Abbund <strong>des</strong><br />

Unternehmens wurden die Bauteile vorgefertigt<br />

und bereits weitestgehend vormontiert, um<br />

die Endmontage am Waldrand zu erleichtern.<br />

Am Boden wurden die Pfosten, Riegel und Streben<br />

zu Wandsegmenten (10 × 12 m) zusammengesetzt<br />

und die Fassadenplatten montiert. Vor<br />

Ort sind die Wand- und Treppenteile dann mit<br />

1 Blick vom Fusse <strong>des</strong> <strong>Hasenbergturms</strong> nach oben zur Aussichtsplattform in 35 Metern Höhe. Der Grundriss<br />

<strong>des</strong> Turms bildet ein gleichseitiges Dreieck. Im Inneren verläuft eine Metalltreppe mit 13 Zwischenpo<strong>des</strong>ten.<br />

2 Auf der Innenseite ist die Konstruktion <strong>des</strong> Turms gut zu erkennen. Doch die grandiose Aussicht lenkt hier<br />

definitiv ab. Sie reicht von der Ostschweiz über die Innerschweiz bis in die Berner Alpen.<br />

1 2


(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

BAU.WERK<br />

einem 250-Tonnen-Pneukran übereinandergehievt<br />

und zusammengesetzt worden. Zum<br />

krönenden Abschluss kam noch ein siebeneinhalb<br />

Tonnen schweres Dach aus Dreischichtplatten<br />

obendrauf. Fixiert ist das Konstrukt<br />

mit insgesamt 5000 Metallbolzen,<br />

jeweils zwölf Millimeter im Durchmesser.<br />

Auch wenn es aus der Ferne nicht gleich auffällt:<br />

Der Grundriss <strong>des</strong> Turms ist ungewöhnlich.<br />

Er bildet ein gleichseitiges Dreieck, wobei<br />

jede der Seiten zwölf Meter misst. Die<br />

Grundkonstruktion <strong>des</strong> Turms besteht hierbei<br />

aus Stützen, Streben und Riegeln, die zusammen<br />

die Wände bilden. Darauf sind CNCgefräste,<br />

druckimprägnierte Furnierschichtholzplatten<br />

befestigt.<br />

Der Spatenstich erfolgte bereits am 16. Oktober<br />

2020 – und ging mit einem alten Brauch<br />

einher: dem Vergraben einer Zeitkapsel.<br />

Sollte also in ferner Zukunft irgendjemand<br />

auf diese Kapsel stossen, kann er den Hasenbergturm<br />

zeitlich und kulturhistorisch einordnen.<br />

In der Kapsel sind eine tagesaktuelle<br />

«Aargauer Zeitung», ein «Bremgartner Bezirksanzeiger»,<br />

eine «Coopzeitung» sowie ein<br />

Firmenprospekt <strong>des</strong> Holzbauunternehmens<br />

Erni hinterlegt. Spannend wäre es natürlich<br />

schon heute zu wissen, ob die Zeitkapsel jemals<br />

ausgegraben wird. Vielleicht bleibt sie<br />

aber auch einfach ungeöffnet und überdauert<br />

die nächste Eiszeit auf dem Mutschellen.<br />

hasenbergturm.ch<br />

<br />

1:10<br />

i +<br />

Das Projekt – die Fakten<br />

Objekt: Hasenbergturm<br />

Standort: Hasenbergstrasse, Widen (AG)<br />

Trägerverein: Trägerverein Hasenbergturm<br />

Baubeginn: Oktober 2020<br />

Fertigstellung: August 2021<br />

Gesamtplanung / Holzbauingenieur: Makiol<br />

Wiederkehr AG, Ingenieure Holzbau Brandschutz,<br />

Beinwil am See (AG)<br />

Holzbau: Erni Holzbau AG, Schongau (LU)<br />

Holz: Schweizer Fichten- und Tannenholz<br />

Auszeichnung: mit dem Label «Schweizer<br />

Holz» von Lignum Holzwirtschaft Schweiz<br />

ausgezeichnet<br />

22 / 23<br />

3


FIRST 04/2021<br />

Erni Holzbau AG<br />

Seit seiner Gründung 1989 hat sich das<br />

Unternehmen aus Schongau (LU) zu einem<br />

beachtlichen Holzbaubetrieb mit 70 Mitarbeitenden<br />

und 13 Lehrlingen entwickelt. Zusammen<br />

mit der Erni Planung AG deckt Erni<br />

Holzbau AG alle Leistungsbereiche für den<br />

Holzbau ab – von der Planung bis zur Fertigstellung.<br />

Eine eigene Spenglerei und Schreinerei<br />

komplettieren dabei das Portfolio <strong>des</strong><br />

Betriebs. Die Erni-Gruppe wurde als eines<br />

der ersten Holzbauunternehmen mit dem<br />

Gütesiegel Holzbau Plus ausgezeichnet.<br />

Damit wird dem Betrieb nicht nur eine vorbildliche,<br />

partnerschaftliche und innovative<br />

Unternehmenskultur bescheinigt, sondern<br />

auch eine Personalführung, die auf der Basis<br />

<strong>des</strong> Gesamtarbeitsvertrages Holzbau beruht.<br />

erni-gruppe.ch<br />

3 Aus dieser Perspektive erahnt man nicht, dass der<br />

Grundriss <strong>des</strong> Turms auf einem Dreieck beruht.<br />

4 Die Hasenfigur auf dem Holzsockel wurde extra<br />

von einem Künstler für den Hasenbergturm angefertigt.<br />

Sie steht oben auf der Aussichtsplattform.<br />

5 Grundriss (obere Ebene) mit Dach.<br />

6 Grundriss (untere Ebene) mit Stahltreppe, die auf<br />

der Innenseite <strong>des</strong> Turms hinaufführt.<br />

7 Insgesamt ist der Turm 40 Meter hoch und bereits<br />

von Weitem zu sehen.<br />

5<br />

4<br />

6 7<br />

ANZEIGE<br />

Erni Holzbau AG<br />

Guggibadstrasse 8<br />

6288 Schongau<br />

T 041 570 70 70<br />

kontakt@erni-gruppe.ch<br />

erni-gruppe.ch


STIL.FORM<br />

AUSZEIT IM KLEINFORMAT<br />

Das Bedürfnis nach kleinen Verschnaufpausen vom Alltag ist bei vielen Menschen gross. Einfach mal weg,<br />

so der Sehnsuchtsgedanke. Das mySaess bietet dafür genau den richtigen Rückzugsort – mitten in der Natur.<br />

Text Susanne Lieber | Fotos mySaess<br />

1<br />

Wer für eine Übernachtung im mySaess eincheckt,<br />

bucht bewusst den Tapetenwechsel<br />

im Kleinformat – ohne den Luxus, den Hotels<br />

üblicherweise bieten. Hier locken dafür Abgeschiedenheit,<br />

Naturnähe und frische Luft.<br />

Denn das ist es auch, wonach sich heute viele<br />

Menschen sehnen: nicht nach Tamtam, sondern<br />

nach einem idyllischen Plätzchen, an dem<br />

man zur Ruhe und zu sich selbst finden kann.<br />

Optimalerweise befindet sich dieses dann<br />

auch noch in näherer Umgebung, so bleiben<br />

einem lange An- und Abreisezeiten erspart.<br />

Genau solch einen Ort haben Jérôme Rütsche,<br />

Alain Brülisauer und Leona Meier erdacht,<br />

entwickelt und gebaut: das my Saess. Dabei<br />

handelt es sich um eine kleine, mobile Holzbox<br />

auf einem fahrbaren Untergestell. Alle drei bis<br />

sechs Monate wechselt die Box ihren Standort,<br />

ein schönes Plätzchen in der Natur. Den<br />

Platz stellen dabei Partnerunternehmen zur<br />

Verfügung, zum Beispiel Landwirtschafts- und<br />

Alpbetriebe, Hotels, Gemeinden und Privatpersonen.<br />

Diese können zusätzlich individuelle<br />

(Dienst-)Leistungen anbieten wie Frühstück,<br />

Produkte vom Hof, Sauna und Hofführungen.<br />

Die Gäste buchen ihren Aufenthalt über die<br />

Buchungsplattform von mySaess.<br />

Bislang steht für Übernachtungen der Prototyp<br />

der mySaess-Wohnbox zur Verfügung,<br />

doch das junge Trio um Projektinitiator<br />

Jérôme Rütsche ist ambitioniert: 2022 sollen<br />

zehn Wohnboxen in der Region Bern im Einsatz<br />

sein, bis 2025 sogar 70 in der gesamten<br />

Schweiz. Um die Produktion der mit Wolle<br />

gedämmten Holzständerkonstruktion zu professionalisieren,<br />

ist für die Zukunft eine Zusammenarbeit<br />

mit einem Holzbauunternehmen<br />

geplant.<br />

24 / 25<br />

Das ungefähr zehn Quadratmeter grosse my-<br />

Saess ist ausgestattet mit Küchenzeile samt<br />

Wasseranschluss, einer Trockentoilette, dem<br />

nötigen Mobiliar und einer elektrisch betriebenen<br />

Infrarotbodenheizung. Für zukünftige<br />

Versionen ist zudem eine Dusche geplant.<br />

Zum Schlafen steht ein Doppelbett bereit,<br />

wobei zusätzlich zwei Personen auf der<br />

Schlafgalerie unterkommen können. Eine<br />

kleine Terrasse mit Zeltdach erweitert den<br />

gemütlichen Wohnraum – und bietet Gelegenheit,<br />

der Natur noch näher zu sein.<br />

Das Projekt – die Fakten<br />

Objekt: mySaess (aktueller Standort: s. S. 25)<br />

Fertigstellung: 2020<br />

Architektur: Alain Brülisauer, Jérome<br />

Rütsche (Crisp Industrial Design, Bern)<br />

Holz: Dreischichtplatten Lärche (aussen),<br />

Fichtensperrholz (innen)<br />

Fläche (L, B, H): 5,41 × 2,54 × 3,84 Meter<br />

Gesamtgewicht: ca. 3 Tonnen<br />

Förderbeitrag: Berner Design Stiftung


FIRST 04/2021<br />

2 3<br />

1 Modernes Nomadentum: Alle drei bis sechs Monate zieht das mySaess um. Ein Baugesuch<br />

braucht es <strong>des</strong>halb für das kleine Holzhäuschen nicht.<br />

2 Die kleine Küchenzeile mit Wasseranschluss hält das Nötigste zum Kochen bereit.<br />

3 Tagsüber wird das Bett zum gemütlichen Sofa umfunktioniert.<br />

4 Über die Leiter an der Wand gelangt man auf eine kleine, niedrige Schlafgalerie. Der Innen ausbau<br />

mit Fichtensperrholz schafft ein modernes und behagliches Ambiente.<br />

WIN!<br />

Verlosung:<br />

2 × 1 Übernachtung im mySaess<br />

Wir verlosen zweimal jeweils eine Übernachtung<br />

im mySaess. Schreiben Sie uns ein Mail<br />

(redaktion@holzbau-schweiz.ch / Betreff:<br />

«mySaess») und verraten Sie uns, warum Sie<br />

die richtige Person für den Gewinn wären.<br />

Die überzeugendsten oder originellsten Begründungen<br />

gewinnen.<br />

Aktueller Standort <strong>des</strong> mySaess ist ein abgelegener<br />

Bergort im Naturpark Gantrisch (BE) mit<br />

atemberaubendem Bergpanorama. Weitere<br />

Infos unter: mysaess.ch<br />

Einsen<strong>des</strong>chluss ist der 20. Dezember 2021. Die Verlosung findet<br />

unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz<br />

geführt. Die Gewinner werden persönlich benachrichtigt.<br />

4


STIL.FORM<br />

Überbauung RIVA in Basel: Dank durchgehender Loggien und Dachüberstände sind die Holzfassaden gut vor der Witterung geschützt. Das verwendete<br />

Fassadenprodukt (Schalung in Tanne, 22 mm, behandelt mit dunkler, biozidfreier Dünnschicht-Beizlasur) ist mit dem Lignum-Gütezeichen «Fassadenschalungen<br />

in Holz» gelabelt. Bei der Konstruktion wurde darauf geachtet, dass sich stärker bewitterte Elemente leicht austauschen lassen.<br />

LANGLEBIGE HOLZFASSADEN<br />

Holzfassaden sind im Trend, aber nicht risikofrei: Bei hohen Gebäuden und modernen Bauten ohne Vordach ist die Holzverkleidung dem<br />

Schlagregen stark ausgesetzt. Mit geeigneten Holzarten und konstruktiven Schutzmassnahmen lässt sich eine lange Lebensdauer der<br />

Fassade – auch ohne Biozide – sicherstellen. Text Nicolas Gattlen | Bild Jessenvollenweider Architektur AG<br />

Der Werkstoff Holz ist auf dem Weg, das zu<br />

werden, was Beton Mitte <strong>des</strong> letzten Jahrhunderts<br />

war: baulicher Ausdruck seiner<br />

Zeit. Am deutlichsten zeigt sich dies im Fassadenbild.<br />

Fast je<strong>des</strong> fünfte Mehrfamilienhaus<br />

ist inzwischen in Holz eingekleidet<br />

(2007: 11 %); bei den öffentlichen Gebäuden<br />

und Gewerbebauten liegt die Quote gar bei<br />

über 26 Prozent. Interessant ist, dass die<br />

Marktanteile von Holzfassaden höher liegen<br />

als jene von Tragkonstruktionen aus Holz. Es<br />

werden also auch viele Massivbauten mit<br />

Holz ummantelt. Den Holzbau vorangetrieben<br />

haben neue Materialentwicklungen und herstellungstechnische<br />

Verfahren. Der Gestaltung<br />

von Holzfassaden sind heute fast keine<br />

Grenzen mehr gesetzt.<br />

GEEIGNETE HOLZ-<br />

UND SCHNITTART WÄHLEN<br />

Der aktuelle Trend zu strukturierten und räumlichen<br />

Fassaden ist jedoch nicht risikofrei:<br />

Diese Formen vergrössern die der Witterung<br />

ausgesetzten Flächen und damit die Gefahr<br />

von Fäulnis und Zersetzung. Mit einem guten<br />

Holzschutz aber bekommt man dieses Risiko in<br />

den Griff – auch ohne Biozide. Der Holzschutz<br />

beginnt mit der Wahl von geeigneten Hölzern:<br />

Für unbehandelte Fassaden empfehlen sich<br />

aus der einheimischen Holzpalette die Eiche,<br />

Edelkastanie, Lärche und Douglasie. Mit geeigneten<br />

Behandlungen lassen sich auch die<br />

Fichte und Tanne gut für Fassaden einsetzen.<br />

Neben der Holzart gilt es, die geeignete Schnittart<br />

auszuwählen. Hanspeter Kolb, ehemals<br />

Professor für Holzbau und Brandschutz an der<br />

Berner Fachhochschule, empfiehlt den Einsatz<br />

von Riftholz. Der Riftschnitt ist ein Radialschnitt<br />

<strong>des</strong> Holzes, bei dem die Jahresringe<br />

möglichst senkrecht zur Sichtfläche verlaufen.<br />

Durch die «stehenden Jahresringe» wird die<br />

Oberflächenhärte erhöht und das Schwindmass<br />

reduziert. Die Bretter bewegen sich weniger,<br />

Risse sind seltener. Riftholz ist zwar etwas<br />

teurer, die Investition lohne sich aber, sagt<br />

26 / 27<br />

Kolb. Er rät zudem, Bretter mit eher kleinen<br />

Querschnitten (B max. 12 cm) zu verbauen;<br />

Spannungen beim Schwinden und Quellen <strong>des</strong><br />

Holzes liessen sich damit tief halten. Ganz verhindern<br />

könne man sie aber nicht, weshalb die<br />

Befestigungsmittel so einzusetzen seien, dass<br />

Bewegungen möglich sind.<br />

Normen und Planungshilfen<br />

Grundlegende Anforderungen an die Bekleidung<br />

von Aussenwänden sind in der Norm<br />

SIA 232-1 definiert. Als Planungshilfen existieren<br />

zudem weitere Dokumente, welche<br />

Empfehlungen für die konkrete Ausführung<br />

geben, etwa das Lignatec-Dokument «Fassadenverkleidungen<br />

aus unbehandeltem Holz»<br />

oder die Lignum-Compact-Ausgabe «Fassadenbekleidungen<br />

aus Holz-Konstruktion».<br />

Auf der Website stehen zahlreiche Dokumente<br />

zur Verfügung.<br />

holzfassaden.lignum.ch


UMWELT.ENERGIE<br />

KONSTRUKTIVE<br />

SCHUTZMASSNAHMEN<br />

Langlebige Fassaden bedingen zudem einen<br />

guten konstruktiven Holzschutz. Bewährte<br />

Elemente sind Balkone, Klebdächer (traditionelles<br />

Schutzdach oberhalb der Fenster),<br />

Dachüberstände und Vordächer. In der modernen<br />

Architektur aber finden diese kaum noch<br />

Verwendung. «Und bei einem vier- oder gar<br />

achtgeschossigen Gebäude lässt sich selbst<br />

mit einem mächtigen Vordach nicht verhindern,<br />

dass ein Grossteil der Fassade Schlagregen<br />

ausgesetzt ist», erklärt Hanspeter Kolb.<br />

Oberstes Ziel müsse <strong>des</strong>halb sein, dass die<br />

Fassade rasch austrocknen kann. Dazu müssten<br />

der Wasserabfluss und eine gute Belüftung<br />

gewährleistet sein. Zum Schutz der Fassade<br />

vor Spritzwasser sei auf einen ausreichenden<br />

Abstand der Holzverkleidungen vom<br />

Grund zu achten. Wichtig sind auch gute<br />

Detailausbildungen an heiklen Stellen: etwa<br />

bei Dachanschlüssen, Sockeln und Fassadendurchbrüchen<br />

für Fenster oder Türen. In der<br />

Planung sollte zudem der spätere, möglichst<br />

einfache Austausch von stark bewitterten<br />

Elementen berücksichtigt werden.<br />

Schwieriger in den Griff zu bekommen ist das<br />

sich verändernde Erscheinungsbild einer<br />

Holzfassade. Holz ist ein Naturmaterial, das<br />

sich bei Verwitterung verändert, ob behandelt<br />

oder nicht. Eine vollständige Kontrolle darüber<br />

ist nicht möglich. Vielmehr sollten wir lernen,<br />

die Alterung zu akzeptieren und zu schätzen.<br />

Wichtig ist, dass die farbliche Veränderung<br />

ins Gestaltungskonzept einbezogen und die<br />

Bauherrschaft darüber informiert wird. Bei<br />

einer naturbelassenen Fassade entsteht je<br />

nach Höhenlage, Klima und Ausrichtung mit<br />

der Zeit eine graue, dunkelbraune oder<br />

schwarze Patina, die sich als feine Schicht<br />

über das – unverändert gesunde – Holz legt.<br />

FARBUNTERSCHIEDE<br />

ÜBERBRÜCKEN<br />

Viele Bauherrschaften mögen zwar die finale<br />

Farbgebung von unbehandelten Fassaden,<br />

sie stören sich aber an den Farbunterschieden<br />

während <strong>des</strong> Alterungsprozesses. Diese<br />

lassen sich mit Vorvergrauungen überbrücken.<br />

Das angestrebte homogene Altgrau<br />

wird heute meist mit Oberflächenlasuren<br />

erzielt. Allerdings sind diese Behandlungen<br />

je nach System und Produkt ökologisch nicht<br />

unbedenklich: Manche Lasuren werden zusätzlich<br />

mit Bläuemitteln (Bioziden) und<br />

UV-Absorbern (z. B. Titandioxid) ausgerüstet.<br />

Als Alternative bietet sich die natürliche,<br />

kontrolliert-beschleunigte Vorvergrauung an:<br />

Bei diesem Verfahren werden die Bretter mit<br />

Pilzkulturen belegt und unter freiem Himmel<br />

der Witterung ausgesetzt.<br />

Bei Fassaden aus unbehandeltem Massivholz<br />

lässt sich eine Homogenisierung der<br />

Holzfarbe auch durch eine regelmässige<br />

Hochdruckreinigung mit warmem Wasser erzielen.<br />

Das konnten Forschende der Berner<br />

Fachhochschule in einem Experiment eindrücklich<br />

aufzeigen. Der Unterhalt ist grundsätzlich<br />

bei allen Fassaden wichtig und sollte<br />

in einem Unterhaltskonzept oder -plan festgelegt<br />

werden. Durch periodische Kontrollen<br />

und regelmässige Wartung der neuralgischen<br />

Fassadenteile kann die Lebensdauer der<br />

Holzfassade deutlich verlängert werden.<br />

Qualitätslabel für Holzfassaden<br />

Der Verband Lignum Holzwirtschaft Schweiz<br />

betreibt seit 2011 ein Gütezeichen für «Fassadenschalungen<br />

in Holz». Das Label bietet den<br />

Bauherren Gewähr für eine geprüfte, für den<br />

Verwendungszweck geeignete Qualität an<br />

fertig behandelten Fassadenbekleidungen<br />

aus Hobelwaren. Auch unterstützt das Label<br />

die Planenden dabei, Holzbekleidungen richtig<br />

auszuwählen. Ausgehend von Kriterien<br />

wie Erscheinung, Unterhaltsintervallen sowie<br />

Initial- und Unterhaltskosten, lassen sich<br />

über ein Online-Tool verschiedene Parameter<br />

variieren, um das passende System zu finden.<br />

holzfassaden.lignum.ch<br />

Der Verein ecobau zertifiziert Baumaterialien<br />

und -teile (u. a. Holz) nach gesundheitlichen<br />

und ökologischen Kriterien, um den Planenden<br />

die Produktauswahl zu vereinfachen. Es<br />

gibt drei Auszeichnungen: eco1, eco2 und<br />

ecoBasis. Eco-zertifizierte Produkte werden<br />

auch von den Gebäudelabels Minergie-Eco<br />

und SNBS anerkannt. eco-bau.ch<br />

Aus- und Weiterbildungen<br />

Kurs «Holz und Holzbau» (Fokus Restaurierungen). In diesem fünftägigen Kurs der Berner<br />

Fachhochschule werden verschiedene Verwendungsarten und Restaurierungsmöglichkeiten<br />

von Holz vermittelt und Kenntnisse über die konstruktiven Anwendungsmöglichkeiten von<br />

Holz erweitert. Kursdaten: 18./25. März und 1./8./22. April 2022. bfh.ch<br />

CAS Bauen mit Holz – «Architektur – Konstruktion – Realisation». Die Berner Fachhochschule<br />

bietet ab dem 27. Januar 2022 wieder eine berufsbegleitende Weiterbildung für Architektinnen,<br />

Bauingenieure und Fachplanende an, die noch keine oder wenig Erfahrung im Holzbau<br />

haben. Die Ausbildung (ca. 20 Studientage) ermöglicht es, in Architektur- und Planungsbüros<br />

anspruchsvolle Aufgaben im Bereich Holzbau (mit Fokus auf den Wohnungsbau) zu übernehmen.<br />

bfh.ch<br />

CAS «Brandschutz für Architektinnen und Architekten». Die Weiterbildung (20 Studientage)<br />

wird von der BFH in Zusammenarbeit mit der SIA angeboten und richtet sich spezifisch an<br />

Architekten/-innen und Fachplanende. Schwerpunkt ist die Berücksichtigung <strong>des</strong> Brandschutzes<br />

im Entwurf, unter anderem bei der Gestaltung der Fassade. Die nächste Durchführung<br />

startet am 20. Januar 2022 (Zürich und Biel). bfh.ch


NACH.GEFRAGT<br />

«ICH BIN ÜBERZEUGT: UNSERE KÜNFTIGE<br />

WELT WIRD AUS HOLZ GEBAUT SEIN»<br />

In NACH.GEFRAGT kommen Architekten und Ingenieure zu Wort. Es dreht sich alles um Inspiration und Ideen – und ums Holz.<br />

Holzbauingenieur Pius Renggli prognostiziert dem (Bau-)Material eine vielversprechende Zukunft. Aber es braucht (noch) Ausdauer,<br />

eine Menge Entwicklungsarbeit und eine gehörige Portion Engagement, um Holz als Baustoff entsprechend voranzutreiben.<br />

Interview Susanne Lieber | Fotos Conrad von Schubert<br />

Wenn Sie an Holz denken, welche drei Begriffe<br />

fallen Ihnen zuerst ein?<br />

Wärme, Natur und Vielfalt. Wenn die Frage<br />

so gestellt ist, dann denke ich bei «Holz»<br />

nicht gleich an «Holzbau». Würden Sie fragen,<br />

welche Begriffe mir zu «Holzbau» einfallen,<br />

dann sage ich: Entwicklung, Zukunft,<br />

ein ganzer Wirtschaftszweig – vom Wald bis<br />

zum Esstisch in einem modernen Wohnraum.<br />

«Wir müssen dringend vorwärts<br />

machen, denn die<br />

Zeit läuft uns davon.»<br />

28 / 29<br />

1<br />

Stellen Sie sich vor, dem Holzbau wären<br />

keine Grenzen gesetzt – weder konstruktiv<br />

noch gesellschaftlich. Wie würde die Welt<br />

aus Ihrer Perspektive aussehen?<br />

Sind dem Holzbau denn überhaupt Grenzen<br />

gesetzt? Es sind vielmehr mangeln<strong>des</strong> Vertrauen,<br />

Normvorstellungen und die Angst<br />

vor Veränderungen, die dem Holzbau Grenzen<br />

setzen. Institutionen und einzelne Meinungen<br />

bremsen so den Holzbau. Die Branche<br />

stellt schrittweise ihr Können unter Beweis.<br />

Das tun wir heute und das taten<br />

Pionierinnen und Pioniere vor uns. Es<br />

braucht noch Jahre der Entwicklung und<br />

Ausdauer sowie viel Engagement – doch die<br />

Welt verändert sich. Nichts ist so stetig wie<br />

der Wandel, dies hat schon vor langem ein<br />

gelehrter Mann gesagt. Ich bin überzeugt:<br />

Unsere künftige Welt wird aus Holz gebaut<br />

sein. Denn die Zukunft gehört erneuerbaren<br />

Ressourcen und dem verantwortungsvollen<br />

Umgang damit in sinnvollen und langfristigen<br />

Kreisläufen – nicht mehr länger in einem<br />

linearen Wirtschaftssystem, ausgerichtet


FIRST 04/2021<br />

auf Verbrauch und Abfall. Das gilt insbesondere<br />

für die Baubranche. Wir müssen dringend<br />

vorwärts machen, denn die Zeit läuft<br />

uns davon.<br />

Eine Schlagzeile über Höhenrekorde im<br />

Holzbau folgt der anderen. Wie sehen Sie<br />

diese Entwicklung?<br />

Hochhäuser aus Holz sind Leuchtturmprojekte<br />

und damit Multiplikatoren – das ist<br />

wichtig für die Branche. Ob die Gebäude<br />

auch gut und sinnvoll sind, kann ich nicht beurteilen.<br />

Die grössere Wirkung haben aber<br />

die unzähligen Anbauten, Aufstockungen<br />

und mehrgeschossigen Gebäude aus Holz.<br />

Das sind die wichtigen Treiber unserer<br />

Branche. In diesen Gebäuden leben wir. Hier<br />

halten sich die Menschen auf und leben<br />

nachbarschaftlich zusammen – Familien,<br />

Personen mit körperlichen Einschränkungen,<br />

Wohngemeinschaften, Alleinstehende.<br />

Verschiedene Menschen mit unterschiedlichen<br />

Raumbedürfnissen. All diesen Personen<br />

wollen wir bessere Alternativen bieten<br />

als ein Vinylboden, vier Wände und eine<br />

Decke mit Weissputz in einem Betonklotz.<br />

Ja, die Entwicklung wird in die Höhe gehen,<br />

aber die Massen bleiben unter der Hochhausgrenze.<br />

zusammen! Die Kletterhalle mit ihren<br />

schweizweit einmaligen 18 Metern Kletterhöhe<br />

und der trapezförmigen Bindergeometrie,<br />

den sichtbaren BSH-Trägern mit Spannweiten<br />

von bis zu rund 19 Metern, war einer<br />

der ersten Aufträge von Holzprojekt. Und<br />

jetzt gibt es eine Fortsetzung – die Halle soll<br />

erweitert werden. Dass Holzprojekt wiederum<br />

dabei sein kann, ist ein enormer Vertrauensbeweis<br />

und eine grossartige Wertschätzung<br />

für unsere Leidenschaft, den Holzbau. <br />

1 Die Kletter- und Boulderhalle O'bloc in Ostermundigen<br />

war eines der ersten Projekte der Firma<br />

Holzobjekt.<br />

2 Auch aussen an der Fassade befindet sich eine<br />

Kletterwand.<br />

3 Der Überhang wird vom auskragenden Holzdach<br />

vor Witterungseinflüssen geschützt.<br />

2<br />

Wer oder was inspiriert Sie?<br />

Der natürliche und geniale Rohstoff Holz,<br />

der sehr viele Facetten hat und regional,<br />

manchmal sogar direkt vor der Haustüre<br />

wächst. Die Holzwirtschaft bildet eine<br />

Kette, die lokal und regional unglaublich viel<br />

Wertschöpfung generiert – mithilfe vieler<br />

guter Unternehmen und sehr fähiger, top<br />

ausgebildeter Zimmerleute. Sie sind die Garantie<br />

für qualitativ hochwertige Arbeit und<br />

positive Entwicklung. Mich inspiriert die<br />

Qualität ihres Handwerks, die Kreativität bei<br />

der Lösungsfindung, die Menschen dahinter<br />

als aufrichtige, ehrliche Personen.<br />

Kommen wir zu Ihren eigenen Projekten:<br />

Welches ist Ihr Liebling?<br />

Mein Lieblingsprojekt ist die Kletter- und<br />

Boulderhalle O’bloc in Ostermundigen. Wir<br />

durften die Halle als Jungunternehmer planen.<br />

Die Bauherrschaft – das waren selbst<br />

Jungunternehmer mit einer Vision, mit Elan,<br />

Tatendrang, Mut und vielleicht auch etwas<br />

Grössenwahn. Wir passten also wunderbar<br />

Pius Renggli<br />

Pius Renggli (* 1982) wuchs auf dem elterlichen Bauernhof im luzernischen Rothenburg auf.<br />

Der Berufswunsch Zimmermann stand bereits früh fest. Nach der Lehre und einigen Praxisjahren<br />

folgte das Studium zum Holzbauingenieur an der BFH in Biel. Dort lernte Pius Renggli Denys<br />

Thommen und Andreas Stumpf kennen. Hinzu kam Franz William. Das Viererteam prägte die<br />

Anfangszeit der Firma Holzprojekt. Nach dem Studium folgten ein paar Jahre in einem Bauingenieurbüro<br />

mit Schwerpunkt Stahlbetonbau und Projektmanagement. Doch die Leidenschaft für<br />

Holz und den Holzbau war so gross, dass 2013 als logische Konsequenz die Gründung von Holzprojekt<br />

Ingenieure und Planer erfolgte. So entstand die Vision, den Holzbau zum grössten<br />

Segment im Hochbau zu entwickeln. Die Firma ist in den letzten acht Jahren von zwei auf<br />

22 Mitarbeitende und von einem auf drei Standorte angewachsen. Pius Renggli engagiert sich<br />

in diversen Branchenverbänden und Interessensgruppen, um die optimalen politischen und wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen für die gesamte Holzkette und den mehrgeschossigen Holzbau<br />

zu schaffen. Im Kalender <strong>des</strong> dreifachen Familienvaters stehen wöchentlich Papitage, an<br />

denen Emely, Paula und Tim und nicht der Holzbau im Zentrum sind. holzprojekt.ch<br />

3


Schützen Sie Ihr Holz<br />

Von der Natur inspiriert.<br />

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Produktsortimente für den Holzschutz in der Schweiz. arbezol ®<br />

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Lenzburg pionierhafte Holzkonstruktionen integriert.<br />

Das führt vom Liftschacht über das runde Treppenhaus<br />

bis zur Fassade.<br />

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STAND.PUNKT<br />

«ES BRAUCHT MENSCHEN,<br />

DIE LEUCHTTURMPROJEKTE ENTWICKELN»<br />

Ende September wurden die Siegerprojekte <strong>des</strong> Prix Lignum 2021 geehrt. Bei der fünften Ausgabe <strong>des</strong> Wettbewerbs wurden über 530 Projekte eingereicht<br />

– ein Rekord. Der Verband Holzbau Schweiz zählt zur Trägerschaft <strong>des</strong> Wettbewerbs, der zu einem wichtigen Instrument für die Holzbaubranche<br />

geworden ist, um den natürlichen Baustoff weiter auf dem Markt zu etablieren. Ein Gespräch mit Hansjörg Steiner, Präsident von Holzbau Schweiz, über<br />

den Stellenwert von Holz, Leuchtturmprojekte im Holzbau und die «Brotbäume» <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>. Interview Susanne Lieber | Foto Holzbau Schweiz<br />

Herr Steiner, was fasziniert Sie persönlich an<br />

Holz besonders?<br />

Das Naturmaterial hat viele Vorteile, und zwar<br />

auf ganz verschiedenen Ebenen: Es speichert<br />

CO2, brennt nur relativ langsam, braucht wenig<br />

Energie in der Verarbeitung, ist farbig vielfältig<br />

und kann hart, weich und sogar biegbar sein.<br />

Holz veredelt, trägt, stützt und schützt vor Wind<br />

und Wetter.<br />

Der Verband Holzbau Schweiz ist Träger <strong>des</strong><br />

Prix Lignum. Welche Ziele verfolgt der Verband<br />

mit dieser Trägerschaft?<br />

Wir möchten einen Beitrag zur Förderung <strong>des</strong><br />

Bauens mit Holz leisten und auf die Gestaltungsmöglichkeiten<br />

mit dem natürlichen Baustoff<br />

aufmerksam machen. Die mehr als 500<br />

Projekte, die dieses Jahr zum Prix Lignum<br />

eingereicht wurden, lassen keinen Zweifel<br />

daran: Holz ist mittlerweile weit mehr als einfach<br />

nur ein «heimeliger» Baustoff.<br />

Welchen Stellenwert hat der Prix Lignum<br />

aus Ihrer Sicht für die Holzbaubranche?<br />

Es gilt die Tradition der Holzbauweise, die sich<br />

in der Schweiz über viele Jahrhunderte bewährt<br />

hat, innovativ voranzubringen. Dafür<br />

braucht es Menschen, die Leuchtturmprojekte<br />

entwickeln, die «glutschtig» machen, mit Holz<br />

zu bauen. Der Prix Lignum würdigt genau diese<br />

vorbildliche Rolle. Das macht den Preis zu einem<br />

wertvollen Instrument. Denn die hervorragenden<br />

Beiträge senden ein Signal an die ganze<br />

Immobilienwirtschaft, zeigen gangbare Wege<br />

auf und tragen dazu bei, dass mehr mit Holz gebaut<br />

wird. Es geht also darum, dass wir in Zukunft<br />

Holz als das zentrale Konstruktionsmaterial<br />

verstehen. Und es geht um einen Kulturwandel<br />

im Bauwesen. Wir Holzbauer wollen<br />

diesen bewusst mitgestalten. Denn Holz bietet<br />

alles, was es braucht, um die Baubranche<br />

nachhaltig zum Besseren zu verändern.<br />

Und wie kann es in der Schweiz konkret gelingen,<br />

die Baubranche nachhaltiger zu gestalten?<br />

Insbesondere, wenn wir die hierzulande gesetzten<br />

Klimaziele erreichen wollen, muss<br />

mehr mit Holz gebaut werden. Zusätzlich zur<br />

CO2-Speicherung können durch die Holznutzung<br />

endliche Energieträger wie Öl, Gas oder<br />

Kohle ersetzt werden. Auch die Substitutionseffekte<br />

der Holznutzung verdeutlichen,<br />

warum es aus Klimaschutzgründen nötig ist,<br />

Wälder nachhaltig zu bewirtschaften und<br />

den nachwachsenden Rohstoff Holz richtig<br />

zu nutzen. Gleichwohl wird es kaum möglich<br />

sein, alle benötigten Holzhalbfabrikate in der<br />

Schweiz herzustellen. Wir brauchen die Unterstützung<br />

aus dem Ausland. Aber nicht,<br />

weil der Einkauf von Produkten aus dem Ausland<br />

möglicherweise billiger ist – es geht<br />

schlicht und einfach um Verfügbarkeit.<br />

Haben Sie persönlich eine Vorliebe für eine<br />

bestimmte Baumart?<br />

Als Jäger bin ich sehr oft im Wald. Ich schätze<br />

die Vielfalt der Bäume, die gepflanzt werden.<br />

Ich habe Freude, wenn sich wieder eine Vogelart,<br />

ein Beutetier oder ein Raubtier bei uns<br />

ansiedelt. Als Holzbauer sind mir aber auch<br />

unsere «Brotbäume», Tanne und Fichte, sehr<br />

wichtig. Der Wald darf auch Nutzwald sein –<br />

nicht zuletzt, damit Schweizer Holz verbaut<br />

werden kann. Wichtig scheint mir schliesslich<br />

die Bioökonomie, die Forschung und Entwicklung:<br />

Von dort kommen die Innovationen,<br />

die neuen Produkte aus anderen Baumarten.<br />

<br />

Hansjörg Steiner, Präsident Holzbau Schweiz<br />

Bereits seit 2007 ist Hansjörg Steiner Mitglied der Zentralleitung <strong>des</strong> Verbands Holzbau<br />

Schweiz mit Sitz in Zürich. Seit 2019 ist er zudem Zentralpräsident. Der Unternehmer und Holzbaumeister<br />

gründete 2003 die Schäfer Holzbautechnik AG mit Sitz in Aarau und Dottikon (AG).<br />

holzbau-schweiz.ch


AUS.GEZEICHNET<br />

KINDERPARADIES OHNE SCHNICKSCHNACK<br />

Der Kindergarten in Ittigen (BE) zeigt, wie Architektur für Kinder im optimalen Falle ist: nicht kindlich, aber kindgerecht.<br />

Für ihren überzeugenden Entwurf wurde die Büro B Architekten AG beim diesjährigen Prix Lignum ausgezeichnet.<br />

Text Susanne Lieber | Fotos Alexander Gempeler | Pläne Büro B Architekten AG<br />

32 / 33


FIRST 04/2021<br />

2<br />

1 Eingangsbereich, der zum Innenhof führt. Dieser verbindet die beiden einzelnen Baukörper <strong>des</strong> Kindergartens.<br />

Durch die einheitliche Materialisierung mit Holz wirkt der Bau als harmonisches Ganzes.<br />

Links zu sehen die Rutschbahn, die sich vom Obergeschoss in den Hof windet.<br />

2 Der Hof und die zum Hof hin orientierte Terrasse bilden einen geschützten Bereich zum Spielen.<br />

Schwupp … und schon wieder spuckt die<br />

Rutsche ein glücklich glucksen<strong>des</strong> Kind heraus.<br />

Im Kindergarten Rain 25 sausen die Kleinen<br />

lieber durch die kurvige Metallröhre,<br />

statt die Treppe zu nutzen, um vom Obergeschoss<br />

hinunter in den Hof zu gelangen. Wen<br />

wunderts? Der Spassfaktor ist riesig!<br />

Dass sich die Kinder hier rundum wohlfühlen,<br />

liegt auf der Hand. Der Holzbau hat etwas von<br />

einem Abenteuerspielplatz. Und gleichzeitig<br />

strahlt er die Intimität eines heimeligen Rückzugsorts<br />

aus. Dabei kommt der Bau ohne jeglichen<br />

infantilen Schnickschnack daher,<br />

punktet einfach mit kindgerechter Architektur.<br />

Die Erfolgsfaktoren: Holz als natürlicher<br />

Baustoff, organische Formen, lichtdurchflutete<br />

Räume. Die fliessend ineinander übergehenden<br />

Innen- und Aussenbereiche ohne<br />

Sackgassencharakter und nicht zuletzt die<br />

abwechslungsreichen Ein-, Aus- und Durchblicke<br />

tragen ebenfalls dazu bei, dass das Gebäude<br />

als Wohlfühlort wahrgenommen wird.<br />

Die Gestaltung kommt gut an, auch bei den<br />

Grossen. Eltern und Betreuungspersonal<br />

seien ebenso begeistert, erklärt Christian<br />

Hosmann, Bildungsabteilungsleiter in Ittigen.<br />

Zuspruch fand der Holzbau, für den die Büro B<br />

Architekten AG verantwortlich zeichnet,<br />

auch bei der Jury <strong>des</strong> diesjährigen Prix Lignum.<br />

Die Jurymitglieder <strong>des</strong> Wettbewerbsbereichs<br />

Region Mitte würdigten das 2020 fertiggestellte<br />

Gebäude mit dem zweiten Rang.<br />

GEMEINSAMES LERNEN<br />

Mit dem Holzbau wurde die bereits bestehende<br />

Schulanlage Rain erweitert, die aus<br />

mehreren Einzelgebäuden besteht. Der Kindergarten<br />

wird hier nach dem sogenannten<br />

Modell Basisstufe geführt, einer Organisationsform,<br />

bei der die Kindergartenkinder mit<br />

den Kindern der ersten beiden Primarschulklassen<br />

zusammengebracht werden. «Man<br />

hat festgestellt, dass die Entwicklungen der<br />

Kinder in den ersten Jahren teilweise sehr<br />

weit auseinanderliegen. Manche können im<br />

Kindergarten schon schreiben», so Christian<br />

Hosmann. Dazu führt er weiter aus: «Um diesen<br />

unterschiedlichen Entwicklungsstufen<br />

gerecht zu werden, hat man die Basisstufe<br />

kreiert, wo alle Kinder in einem Klassenverbund<br />

zusammenkommen. Dort werden sie<br />

nicht nach Alter, sondern nach ihrer Entwicklung<br />

beschult.» Es sind zwar Lernziele vorgegeben,<br />

die bis Ende der zweiten Klasse erreicht<br />

werden müssen, doch es ist den Lehrpersonen<br />

überlassen, wie sie die Kinder an<br />

diese heranführen. Ein Vorteil dieses Systems<br />

liegt mitunter darin, dass sich die Kinder<br />

auch untereinander helfen. Das Ganze funktioniert<br />

wie ein Patensystem.<br />

Dieses System hat dabei massgeblich Einfluss<br />

auf die Nutzung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>. So<br />

braucht es zum Beispiel Räume, die gross genug<br />

sind, damit bei Bedarf auch alle Kinder<br />

zusammenkommen können – sei es für gemeinsame<br />

Morgenrituale oder Bastel- und<br />

1


AUS.GEZEICHNET<br />

spannungsreiches Raumgefüge über zwei<br />

Ebenen, bei dem sich Innen- und Aussenräume<br />

raffiniert überlagern. Die Terrasse, die<br />

die beiden Baukörper im Obergeschoss verbindet,<br />

bildet einen wellenförmigen Brüstungsbereich.<br />

Die Vor- und Rücksprünge lassen<br />

immer wieder andere Perspektiven und<br />

Blickbezüge zu. Partiell eingesetzte, vertikal<br />

verlaufende Lamellen, die bis in den Hof hinunterreichen,<br />

nehmen Bezug zur Fassadengestaltung.<br />

Dadurch entstehen halbgeschlossene<br />

Bereiche, die etwas Schützen<strong>des</strong><br />

haben, gleichzeitig aber auch Durch- und<br />

Ausblicke gewähren. «Die Gestaltung trägt<br />

entscheidend dazu bei, dass das Lehrpersonal<br />

die Kinder immer im Blick behalten kann»,<br />

erklärt Christian Hosmann dazu.<br />

Dass das ganze Raumkonzept für Erwachsene<br />

und Kinder gleichermassen aufgeht,<br />

kommt nicht von ungefähr. Von Anfang an<br />

wurden auch Pädagogen beim Entwurfsprozess<br />

miteinbezogen. Sie gaben entsprechenden<br />

Input, wie man auf gestalterischer Ebene<br />

auf die Bedürfnisse der verschiedenen Personengruppen<br />

eingehen kann.<br />

GEBÄUDESTRUKTUR<br />

Die durch die Lamellen aufgebrochenen<br />

Raumstrukturen vermitteln im Innen- wie im<br />

Aussenbereich das Gefühl von Offenheit und<br />

Transparenz. Grosse Fensterflächen tragen<br />

zudem bei, dass alle Bereiche mit Licht<br />

durchflutet werden, was hier zweifelsohne<br />

zur angenehmen Atmosphäre beiträgt.<br />

Spielaktionen. Ausgestattet sind diese<br />

Räume zusätzlich mit einer kleinen Küche<br />

zum Backen und Kochen. Das flexible<br />

Raumprogramm gab schliesslich den Ausschlag,<br />

dass auch die Tagesschule von Ittigen,<br />

die aus allen Nähten platzte, ins Gebäude<br />

einzog. Während der Bauphase <strong>des</strong><br />

Kindergartens war die Zahl der Anmeldungen<br />

rapide gestiegen.<br />

WILLKOMMEN IM KINDERPARADIES<br />

Erschlossen wird der Kindergarten, der als<br />

langgestreckter und quaderförmiger Baukörper<br />

auf einer kleinen Anhöhe ruht, von der Südseite<br />

her. Über ein paar Stufen gelangt man in<br />

den vorgelagerten Gartenbereich, der sich wie<br />

ein L um das Gebäude legt. Die geschwungene<br />

Wegeführung deutet hier bereits an, was<br />

einen sodann im Gebäude erwartet: ein organisch<br />

angelegter und teilweise gedeckter Innenhof,<br />

der die beiden zweigeschossigen Baukörper<br />

«geschmeidig» verbindet.<br />

Die Idee, die äusserlich strenge Gebäu<strong>des</strong>truktur<br />

im Inneren mit fliessenden Formen<br />

aufzubrechen, ist genial. So entsteht ein<br />

34 / 35<br />

3<br />

Grundsätzlich ist der Kindergarten als vorgefertigter<br />

Holzbau konzipiert. Ausgeführt wurden<br />

die entsprechenden Arbeiten von der<br />

Wenger Holzbau AG. Die Dach- und Deckenkonstruktion<br />

im Innern der beiden Baukörper<br />

besteht aus Rippendeckenelementen, die die<br />

Installationen aufnehmen. Perforierte Dreischichtplatten,<br />

die sich demontieren lassen,<br />

bilden den sichtbaren Abschluss und sorgen<br />

für gute Raumakustik. Die Detailliebe der Architekten<br />

zeigt sich hierbei in der unauffällig<br />

integrierten LED-Beleuchtung: Die kleinen, in<br />

Reihen angeordneten Punkte an der Decke<br />

sind tagsüber kaum als Beleuchtung auszumachen.<br />

Fast könnten sie für Astlöcher gehalten<br />

werden, so gut assimilieren sie mit der<br />

Oberfläche <strong>des</strong> Holzes. Die Dach- und<br />

Decken elemente spannen quer zum Gebäude


FIRST 04/2021<br />

Das Projekt – die Fakten<br />

Objekt: Kindergarten / Tagesschule Rain<br />

Standort: Ittigen (BE)<br />

Fertigstellung: 2020<br />

Auftragsart: Wettbewerb<br />

Bauherrschaft: Gemeinde Ittigen (BE)<br />

Architektur: Büro B Architekten AG, Bern<br />

Ingenieur: Indermühle Bauingenieure HTL / SIA, Thun<br />

Holzbau: Wenger Holzbau AG, Unterseen (BE)<br />

Schreiner: Hinze Fensterbau GmbH, Tecknau (BL); Joss Schreinerei GbmH,<br />

Ittigen (BE); Forster AG, Oberburg (BE)<br />

3 Treppenaufgang, der von einer Lamellenstruktur<br />

aus Holz – einem wiederkehrenden Gestaltungselement<br />

– flankiert wird.<br />

4 Grundriss Obergeschoss. Die kompakten Baukörper<br />

sind beide gleich aufgebaut und verfügen<br />

gleichermassen über einen Lift.<br />

5 Grundriss <strong>des</strong> Erdgeschosses mit Gartenanlage<br />

und geschwungener Wegführung.<br />

4<br />

5


36 / 37<br />

AUS.GEZEICHNET<br />

6<br />

6 Auf der organisch geformten Holzterrasse im Obergeschoss kann man einmal um den gesamten Innenhof herumlaufen. So entsteht kein Sackgassencharakter.<br />

7 Holz und viel Tageslicht schaffen eine Wohlfühlatmosphäre sowohl für die Kinder als auch für die Lehrpersonen. Die offene Raumstruktur bietet verschiedene<br />

Spielmöglichkeiten. Oben an der Decke sind die dezent integrierten, punktförmigen LED-Leuchten zu sehen.<br />

8 Von aussen betrachtet, gibt sich das Gebäude streng in seiner Kubatur. Optisch aufgebrochen werden die Fassaden durch vertikale Lamellen.<br />

Sie bilden im gesamten Bau ein wiederkehren<strong>des</strong> Element.<br />

und liegen auf flächenbündigen Unterzügen<br />

auf. Bei den Wandkonstruktionen handelt es<br />

sich um gedämmte Holzständerwände, sowohl<br />

im Innen- wie auch im Aussenbereich.<br />

Im gedeckten Hof bilden dreieinhalb Meter<br />

breite Brettsperrholzplatten die Geschossdecken<br />

und das Dach.<br />

Alle Holzteile, die in besonderem Masse der<br />

Witterung ausgesetzt sind, wurden druckimprägniert<br />

und hell geölt. Um alle anderen<br />

Holz elemente farblich daran anzupassen,<br />

sind diese entsprechend mit einem pigmentierten<br />

Öl behandelt. Auch dies ein Gestaltungsentscheid,<br />

der deutlich macht, wie feinfühlig<br />

hier die Architekten ans Werk gingen.<br />

Schwupp ... und wieder spuckt der Metallwurm<br />

im Hof ein Kind heraus – begleitet von glücklichem<br />

Glucksen. Wer würde hier nicht auch<br />

gerne wieder Kind sein?<br />

7


FIRST 04/2021<br />

8<br />

Büro B Architekten AG<br />

Das Büro wurde 1990 gegründet und widmet sich in interdisziplinären Teams unterschiedlichsten Aufgaben im Bereich Architektur. Dazu zählen<br />

Siedlungs- und Aussenraumplanungen, Architektur- und Planungswettbewerbe, Überbauungsordnungen, Ausführungsplanungen, Bauleitungen,<br />

Unterhalts- und Sanierungskonzepte, Liegenschaftsschätzungen und Expertisen sowie Lehr- und Jurytätigkeiten. Derzeit beschäftigt das<br />

Unternehmen 35 Mitarbeitende. buero-b.ch<br />

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WELT.WEIT<br />

ZUM AUFSCHIEBEN SCHÖN<br />

Ein Haus, bei dem sich die Fassade einfach wegschieben lässt? Donnerwetter! Donnerwetter?<br />

Mit Wetterkapriolen hat der Hausentwurf <strong>des</strong> Niederländers Caspar Schols tatsächlich zu tun.<br />

Text Susanne Lieber | Fotos Jorrit ‘t Hoen & Tõnu Tunnel<br />

1<br />

38 / 39


FIRST 04/2021<br />

Angefangen hatte alles mit einer Bitte seiner<br />

Mutter: Kaum hatte Caspar Schols seinen<br />

Physik-Masterabschluss in der Tasche, sollte<br />

er für seine Mutter ein Gartenhäuschen<br />

bauen. Einen Rückzugsort, um zu lesen, zu<br />

malen oder mit der Familie zusammen zu sein.<br />

Einen Rückzugsort, an dem sie sich mit der<br />

Natur wahrhaftig verbunden fühlt.<br />

EIN GREENHORN AUF ERFOLGSKURS<br />

Ohne jegliche architektonische Vorbildung<br />

machte sich Caspar Schols 2016 ans Werk.<br />

Unerschrocken und mit einer klaren Vision.<br />

Bereits nach kurzer Zeit wurde die internationale<br />

Architektur- und Designszene auf<br />

seinen ausgetüftelten Entwurf aufmerksam.<br />

Mit dem öffentlichen Interesse folgten dann<br />

Auszeichnungen und Preise.<br />

Die Grundidee <strong>des</strong> Gartenhausentwurfs aus<br />

Holz ist so simpel wie clever: Das Giebelhäuschen<br />

ist aus zwei Fassadenstrukturen aufgebaut.<br />

Die innere besteht aus Glas und markantem<br />

Strebenfachwerk, das den Raum<br />

atmosphärisch prägt. Die äussere gibt sich<br />

geschlossen, nur kleine Fensterausschnitte<br />

gewähren einen Blick nach draussen. Beide<br />

Fassadenschichten lassen sich mit wenig<br />

Kraftaufwand und unabhängig voneinander<br />

jeweils auf Schienen auseinanderrollen. Und<br />

genau darin liegt die Genialität: In wenigen<br />

Sekunden, passt sich der Raum jeder Wetteroder<br />

Gemütslage an.<br />

Nach der Begeisterungswelle für seinen Entwurf<br />

entwickelte der Autodidakt das Gartenhaus<br />

weiter. Nun heisst es Cabin Anna und<br />

wartet auf Gäste. Seit April dieses Jahres bietet<br />

das Holenberg Resort im niederländischen<br />

Schaijk nämlich die Möglichkeit, sich am eigenen<br />

Leib vom Konzept <strong>des</strong> Minigebäu<strong>des</strong> zu<br />

überzeugen – inmitten eines Naturschutzund<br />

Wildtierreservats (De Maashorst). Die<br />

Pläne <strong>des</strong> Niederländers gehen aber noch<br />

weiter: Künftig soll Cabin Anna nicht nur an<br />

naturnahen Standorten in den Niederlanden<br />

gemietet werden können, sondern in ganz Europa<br />

und auch in Nordamerika. Dabei spannt<br />

1 Die markante Holzkonstruktion bildet mit den Glasscheiben die innere Fassadenstruktur.<br />

2 Aufgrund <strong>des</strong> relativ geringen Gewichts der Holzkonstruktion ist es möglich, auf ein Betonfundament<br />

zu verzichten. Statt<strong>des</strong>sen liegt die Bodenplatte auf einem Schraubfundament auf.<br />

3 Der hintere Teil <strong>des</strong> Hauses wurde mit einer Zwischenebene zum Schlafen ergänzt. Die Holzkonstruktion<br />

mit Strebenfachwerk prägt den Raum optisch sehr stark und schafft eine besondere Atmosphäre.<br />

Ein kleiner Ofen sorgt für Gemütlichkeit.<br />

2<br />

EIN HAUS MIT UND OHNE FASSADE<br />

In lauen Sommernächten kann man das Häuschen<br />

komplett öffnen. Alle Fassadenelemente<br />

werden beiseitegeschoben und bilden an den<br />

jeweiligen Giebelseiten gedeckte Terrassenplätze.<br />

In der Mitte <strong>des</strong> Holzhauses öffnet sich<br />

gleichzeitig der Wohnbereich komplett. So<br />

lässt sich direkt unter freiem Himmel schlafen<br />

– aber mit dem Luxus eines richtigen Betts! Ist<br />

es draussen hingegen kühl und nass, bildet die<br />

Glasfassade einen leichten und transparenten<br />

Schutz, ohne aber die Natur auszusperren.<br />

Wird das Wetter wirklich kalt und schlecht,<br />

bildet die äussere Hülle eine zusätzlich isolierende<br />

Schicht.<br />

3


(Reproduktionsgrösse 15–5%)<br />

WELT.WEIT<br />

4<br />

4 Cabin Anna will dem Menschen die Natur wieder näherbringen.<br />

5 Grundriss mit einer eingezogenen Ebene zum Schlafen.<br />

6 Grundriss Erdgeschoss mit Bad und kleiner Küche.<br />

Caspar Schols mit der niederländischen Organisation<br />

Rewilding Europe zusammen, die<br />

sich zum Ziel gesetzt hat, durch Renaturalisierung<br />

neue Wildnisgebiete zu schaffen.<br />

Aber auch damit nicht genug. Seit Kurzem<br />

kann jeder seine eigene Hütte in Auftrag geben<br />

und kaufen. Mit Küche, Dusche und Toilette,<br />

quasi allem, was dazugehört.<br />

Die Konstruktion in leichter Holzbauweise<br />

macht ein Betonfundament obsolet. Für die<br />

Montage genügt in der Regel ein Schraubfundament.<br />

Dieses besteht aus 16 Stahlpfählen,<br />

die einfach in den Boden gedreht werden.<br />

Was den entscheidenden Vorteil hat: Das<br />

Haus lässt sich samt Fundament auch wieder<br />

rückstandslos entfernen.<br />

5<br />

Cabin Anna ist flügge geworden. Das Kleinod<br />

hat mittlerweile den Sprung vom heimischen<br />

Garten in die weite Welt geschafft. Und es<br />

wird spannend werden, zu beobachten, wo<br />

sich die kleine Hütte künftig überall in der Natur<br />

versteckt. holenberg.com<br />

1:10<br />

i +<br />

6<br />

40 / 41


OBJEKT.BERICHT<br />

Architekten und Holzbauer aufgepasst:<br />

Sie haben ein spannen<strong>des</strong> Objekt,<br />

das Sie unseren Leserinnen und Lesern<br />

präsentieren möchten? Hier haben Sie<br />

die Gelegenheit dazu. Ihre Objektberichte<br />

erscheinen kurz und knackig im<br />

Magazin «FIRST – Bauen und leben<br />

mit Holz». Auf Wunsch erweitern wir<br />

Ihren Beitrag auf der Website <strong>des</strong><br />

Magazins mit zu sätz lichen Bildern,<br />

Inhalten und Plänen.<br />

Verlangen Sie detaillierte Informationen:<br />

Telefon +41 44 511 02 77<br />

inserate@holzbau-schweiz.ch<br />

NACHHALTIGE ÜBERBAUUNG<br />

IM HERZEN VON BULLE<br />

Im Zentrum von Bulle realisiert die Renggli AG mit «Les Portes de<br />

Bulle» eine Überbauung mit drei Mehrfamilienhäusern, die mit einem<br />

gemeinsamen Erdgeschoss verbunden sind. So entstehen Gewerbeflächen,<br />

Büroräume, ein Ärztezentrum, über 40 Wohnungen sowie<br />

eine Tiefgarage.<br />

Auf der Bauparzelle stand ursprünglich ein Geschäftshaus, das<br />

aufgrund einer Betriebsvergrösserung in die Industriezone verlegt<br />

werden musste. So war der Weg frei für die <strong>Realisierung</strong> einer Wohnüberbauung<br />

im Stadtzentrum. Besonderes Augenmerk legten die<br />

Bauherren und Architekten auf die städtebauliche Qualität <strong>des</strong> Projekts,<br />

das eine angemessene Dichte und Vielfalt vereint. Der Grundriss<br />

der drei Gebäude wurde so gewählt, dass eine optimale Ausrichtung<br />

der einzelnen Wohnungen gewährleistet ist. Das Erdgeschoss<br />

bietet Geschäftsflächen an einer äusserst attraktiven Lage.<br />

Das Projekt soll auch ein Exempel für nachhaltiges Bauen im Herzen<br />

eines Stadtzentrums statuieren. So fiel der Entscheid rasch und aus<br />

Überzeugung zugunsten eines Holz-Systembaus. Dank der verbauten<br />

1100 Kubikmeter Holz konnten mit dem Bau von «Les Portes de Bulle»<br />

rund 1100 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre gebunden werden. Der hohe<br />

Vorfertigungsgrad ermöglichte es, die Überbauung mit den drei sechsgeschossigen<br />

Gebäuden in nur gut vier Monaten fertig aufzurichten.<br />

Renggli AG<br />

Gläng 16<br />

6247 Schötz<br />

www.renggli.swiss


AUS.BLICK<br />

MCH Messe Schweiz (Basel) AG<br />

1. BIS 3. DEZEMBER 2021, INNSBRUCK<br />

26. INTERNATIONALES HOLZBAU-FORUM (IHF)<br />

Nachdem das Internationale Holzbau-Forum im letzten<br />

Jahr coronabedingt ausfallen musste, soll das erfolgreiche<br />

Branchentreffen mit zuletzt 2450 Teilnehmenden in<br />

diesem Jahr wieder durchgeführt werden. Das IHF in Innsbruck<br />

bietet Holzbauern, Planern, Ingenieuren und Architekten<br />

die Gelegenheit, sich fachgebietsübergreifend<br />

auszutauschen. Am dreitägigen Kongress stellen Expertinnen<br />

und Experten ihre Projekte rund um den Holzbau<br />

vor. forum-holzbau.com/IHF<br />

18. BIS 21. JANUAR 2022, BASEL<br />

MESSE SWISSBAU<br />

Im Januar öffnet in Basel die Swissbau 2022<br />

als erste grosse Baufachmesse seit Ausbruch<br />

von Corona ihre Pforten. An dem Anlass<br />

erwartet die Besucherinnen und Besucher<br />

eine geballte Ladung Innovationskraft<br />

aus der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft.<br />

Dazu zählen unter anderem der Swissbau<br />

Focus, das Swissbau Innovation Lab und<br />

die Aussteller mit ihren Produkten und<br />

Dienstleistungen. swissbau.ch<br />

BIS 31. JANUAR 2022, VELUX-ARCHITEKTEN-WETTBEWERB<br />

LICHT.RAUM.MENSCH. AB 2022 AUCH IN DER SCHWEIZ<br />

Der Velux-Architekten-Wettbewerb wird erstmalig in der ganzen DACH-Region ausgelobt.<br />

Architekten, Innenarchitekten und Planer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind<br />

aufgerufen, ihre Projekte einzureichen. Tageslicht, Luft und Raumqualität spielen bei den Entwürfen<br />

eine zentrale Rolle. Die Jury, die sich aus namhaften Architekten und Medienvertretern<br />

zusammensetzt, wählt in einem zweistufigen Verfahren die Preisträger aus. Die Projekte für<br />

den mit insgesamt 12 000 Euro dotierten Wettbewerb können bis zum 31. Januar 2022 eingereicht<br />

werden. velux.de/architektur/aw2022<br />

© Trainingshalle HCD (C) Südostschweiz<br />

Theo Gstöhl / neue Holzbau AG, Lungern<br />

Impressum<br />

www.magazin-first.ch<br />

«FIRST», das Fachmagazin von Holzbau Schweiz,<br />

eine Beilage zu «Wir Holzbauer»<br />

Verlag:<br />

Pro Holzbau Schweiz GmbH,<br />

c/o Zentralsitz Holzbau Schweiz,<br />

Thurgauerstrasse 54, 8050 Zürich,<br />

first@holzbau-schweiz.ch<br />

Verlags- und Redaktionsleitung:<br />

Dorothee Bauland (DB)<br />

Redaktion:<br />

Susanne Lieber (SLi), Projektleitung «FIRST»<br />

Sue Lüthi (SL), Redaktorin<br />

redaktion@holzbau-schweiz.ch<br />

Gestaltung und Produktion:<br />

Martina Brönnimann<br />

grafik@holzbau-schweiz.ch<br />

Korrektorat:<br />

Ingrid Essig, 8408 Winterthur<br />

Druck und Versand:<br />

AVD Goldach AG, 9403 Goldach<br />

Anzeigen:<br />

Sibylle Eicher,<br />

Telefon +41 44 511 02 77,<br />

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Abonnement:<br />

«FIRST» erscheint viermal jährlich,<br />

Einzelpreis CHF 15.–,<br />

Jahresabonnement CHF 60.–<br />

(Ausland: plus Portokosten)<br />

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ISSN:<br />

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Auflage:<br />

8000 Exemplare<br />

© Pro Holzbau Schweiz GmbH. Nachdruck und<br />

elektronische Wiedergabe nur mit schrift licher<br />

Genehmigung <strong>des</strong> Verlags. «FIRST» übernimmt<br />

keine Haftung für unverlangt ein gesandte Manuskripte,<br />

Bilder und Datenträger aller Art.<br />

Die nächste Ausgabe «FIRST»<br />

erscheint am 3.3. 2022<br />

FOKUS.THEMA:<br />

HOLZBAU MIT TRAGWEITE<br />

42 / 43<br />

Anzeigen, Beilagen, Beihefter und als Publireportage<br />

gekennzeichnete Beiträge sind<br />

redaktionell nicht überprüft und liegen in der<br />

Verantwortung der Inserenten.<br />

Titelbild: mySaess


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