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Melange No20

Melange No20 - das Magazin im Süden Bayerns

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PORTRAIT<br />

Gibt es Kunst ohne Kunsthandwerk? Wo ist die Schnittmenge und<br />

wo ist der Gegensatz?<br />

Eine altbekannte und immer wieder aktuelle Diskussion, deren Ursprung<br />

sehr lange zurückliegt. 1647 wurde durch die Gründung<br />

der „Académie royale de peinture et de sculpture“ ein wichtiger<br />

Meilenstein in der Geschichte gelegt. Die damaligen Maler und<br />

Bildhauer distanzierten sich von dem reinen Handwerk und erschufen<br />

dadurch den Bereich der heutigen „bildenden Künstler“.<br />

Der Begriff der „bildenden Kunst“ setzte sich final im 19. Jahrhundert<br />

im deutschsprachigen Raum durch. Zu dieser Kunstgattung zählt:<br />

die Malerei, Bildhauerei, Baukunst, Zeichnung, Grafik, Fotografie<br />

und das Kunsthandwerk.<br />

Basis Kunst-Hand-Werk<br />

An dieser Stelle lassen wir die weitere Kunstgeschichte beiseite<br />

und beleuchten noch kurz den Begriff des „Kunsthandwerks“: Hier<br />

steht das handwerkliche und technische Interesse im Vordergrund.<br />

In der Erhaltung traditioneller und handwerklicher Techniken übernimmt<br />

das Kunsthandwerk eine wichtige Aufgabe. Materialität,<br />

Verarbeitung und Ästhetik der Formgebung spielen eine zentrale<br />

Rolle, wobei tiefergehende autonome geistige Prozesse in den<br />

Hintergrund treten.<br />

Handwerk,<br />

Kunst und<br />

Leidenschaft<br />

CHRISTINA UND PETER DICHTL<br />

Demnach wäre das Kunsthandwerk ein Teil der angewandten<br />

bildenden Kunst. Jedoch gibt es auch zu dieser Interpretation<br />

verschiedenste Auslegungen und Diskussionen. Wenn wir uns allerdings<br />

nur auf den oben angeführten Ursprung konzentrieren,<br />

so kann man durchaus sagen: Zur bildenden Kunst gehört das<br />

Kunsthandwerk als Grundlage!<br />

Dichtl-Kunst<br />

In Bad Bayersoien lebt eine Familie, die diese These belegt.<br />

Christina und Peter Dichtl liegen die Kunst sowie das Handwerk<br />

im Blut. Peter Dichtl lernte im elterlichen Betrieb eine<br />

Vielfalt an Kunsthandwerk. Hierzu zählten die Lüftlmalerei,<br />

Sgraffito und Bauernmalerei an Möbeln. Jeder dieser Bereiche<br />

ist ein sehr eigenes Handwerk und will wirklich gut und präzise<br />

ausgeführt sein.<br />

Sein ganzes berufliches Leben führt er diese Techniken aus<br />

und erarbeitet sich einen Namen. „Das Arbeiten war damals<br />

viel freier. Wenn zum Beispiel Möbel bemalt werden sollten. Da<br />

kamen die Kunden und ließen sich Vorlagen zu Mustern und<br />

von bereits bemalten Stücken zeigen. Ansonsten hatte ich freie(s)<br />

Hand(werk). Sie kamen ja zu mir, weil sie gehört hatten, dass<br />

ich es kann“, so Peter Dichtl.<br />

Kunstfreiheit<br />

Eine Freiheit, von der Künstler heutzutage nur noch träumen<br />

können. Auftragsarbeiten ließen früher also eine künstlerische<br />

Freiheit zu. Manchmal ist dies zwar immer noch der Fall, doch<br />

in der Regel schreibt man dem Kunsthandwerk keine künstlerische<br />

Freiheit zu, dem bildenden Künstler jedoch umso mehr.<br />

Peter Dichtl bewegte sich in dieser Schnittmenge zwischen reinem<br />

Kunsthandwerk und bildender Kunst, und seine Leidenschaft<br />

für die Zeichnung war hierfür eine wichtige Grundlage.<br />

Doch damit nicht genug. Das Malen als solches reizt Peter<br />

ebenso, und deshalb begann er gemeinsam mit seiner damals<br />

10-jährigen Tochter einen Kurs in Hinterglasmalerei.<br />

Glas-Kunst<br />

Die Hinterglasmalerei ist eine traditionelle Technik. Der Malvorgang<br />

wird umgekehrt vollzogen. Dies bedeutet, dass zuerst<br />

die Feinheiten im Bild gesetzt werden und abschließend der<br />

Hintergrund aufgetragen wird. Eine Art des Arbeitens, bei der<br />

man bereits zu Beginn wissen muss, wo die Reise hingeht. Darüber<br />

hinaus muss das Motiv seitenverkehrt gemalt werden,<br />

denn der Betrachter sieht die Glasscheibe später nicht von der<br />

bemalten Seite.<br />

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