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HANSA 10-2017

Fährschifffahrt | Brexit | HIPER | Schifffahrt der Zukunft | Börsenbericht | US Ports & Hurricanes | Abwasser | Häfen Niedersachsen | HVAC | Job-Börse | Offshore-Marktkompass

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Schiffstechnik | Ship Technology<br />

Hybrid ist nur ein Schritt<br />

Dank Hybridtechnologie ist die Fährverbindung zwischen Dänemark und Deutschland<br />

sauberer und effzienter geworden. Hybrid ist jedoch nur ein Schritt auf dem Weg zum Ziel<br />

der emissionsfreien Verbindung. Von Felix Selzer<br />

Ein Jahr ist die »Berlin« mit Kapazitäten<br />

für 460 Pkw oder 96 Lkw sowie<br />

1.300 Passagiere der Reederei Scandlines<br />

nun zwischen Rostock und Gedser in Betrieb.<br />

Nach einer Neukonzeptionierung<br />

des Antriebs der Fähren »Berlin« und<br />

»Copenhagen« fährt Scandlines auf der<br />

Route nun mit Hybridtechnologie – mittlerweile<br />

mit Erfolg. »Die Kinderkrankeiten<br />

sind ausgeräumt aber die Erprobung<br />

und Weiterentwicklung der Technik gehen<br />

weiter«, sagt Kapitän Jörg Ellner.<br />

Eine Stunde und 45 Minuten dauert<br />

eine Fahrt, nach 15 Minuten im Hafen<br />

geht es wieder auf See. In Rostock muss<br />

das Schiff zudem einmal komplett gedreht<br />

werden. Volle Kraft kann für rund 50 Minuten<br />

gefahren werden. Daraus ergibt<br />

sich ein diversifiziertes Lastprofil für die<br />

Motoren. Die Dieselgeneratoren auf einer<br />

konventionellen, dieselelektrisch betriebenen<br />

Fähre liegen hier zwischen 40 und<br />

55% auf See und 8 bis 9% im Hafen. »Ein<br />

Dieselmotor unter 70% läuft aber nicht<br />

effzient«, sagt Ellner. Auf der »Berlin«<br />

liegt die Auslastung der Dieselmotoren<br />

konstant zwischen 85 und 90%, sowohl<br />

auf dem offenen Meer als auch im Hafen.<br />

Möglich macht das das Hybridsystem.<br />

Weil dieses auf »Berlin« und »Copenhagen«<br />

nicht von Anfang an eingeplant<br />

war, ist der Aufbau etwas speziell. Einer<br />

der drei Motoren, die über das Getriebe<br />

den mittleren Hauptpropeller antreiben,<br />

kann zusätzlich zur Stromerzeugung und<br />

damit für das Laden der Batterien genutzt<br />

werden. Zusätzlich versorgt ein normaler<br />

Diesel-Generator-Satz das Bordnetz und<br />

lädt bei Bedarf die Batterien mit, kontrolliert<br />

durch die Siemens-Steuerung.<br />

Bei niedriger Last wird die überschüssige<br />

Energie der Hauptmaschinen in den<br />

Batterien gespeichert. Bei kurzzeitigen<br />

Lastspitzen, z.B. beim Manövrieren im<br />

Hafen, wird die gespeicherte Energie für<br />

die beiden Azipull-Antriebe von Rolls-<br />

Royce, jeweils angetrieben von einem<br />

3.500 kW-Elektromotor, am Heck und für<br />

die Bugstrahler genutzt, erreicht aber auch<br />

alle anderen elektrischen Verbraucher. Im<br />

Hafen läuft nur noch ein Diesel und das<br />

Electrical Supply System (ESS). »Was die<br />

Maschine nicht leisten kann, wird von der<br />

Batterie zugebuttert«, erklärt Ellner.<br />

Der Verstellpropeller wird auf See zugekoppelt,<br />

wenn das Schiff die Reisegeschwindigkeit<br />

von 21 bis 23 kn erreichen<br />

muss. Die Elektromotoren der Azipull-<br />

Antriebe können auch nur über das Batteriesystem<br />

mit Energie versorgt werden.<br />

Im Falle eines Maschinenausfalls könnte<br />

das Schiff so für 30 Minuten rein elektrisch<br />

betrieben werden und manövrierfähig<br />

bleiben.<br />

Zum Einsatz kommen Caterpillar-Diesel<br />

vom Typ MaK 9M32CCR mit 4.500 kW.<br />

Zwei treiben über ein Getriebe den zentralen<br />

Verstellpropeller mit 3,5 m Durchmesser<br />

an. Am Getriebe hängt auch der<br />

Dritte 4.500 kW-Diesel mit Generator und<br />

speist bei Bedarf die Batterie. An Bord sind<br />

hier zwei sogenannte Arrays. Array 1 besteht<br />

aus sechs »Packs« bestehend aus jeweils<br />

21 Batterien, Array 2 aus fünf solcher<br />

»Packs«, 231 Batterien insgesamt also. »Jedes<br />

Pack und jedes Array hat sein eigenes<br />

Steuerungssystem«, erklärt Chief Juri<br />

Keppler und rechnet vor: »Jedes Pack liefert<br />

eine Spannung von 48 V, das macht<br />

pro Pack 1.080 V. Alles in Reihe geschaltet<br />

erhalten wir eine Batteriespannung von<br />

6.600 V und eine Leistung von 4,5 MWh.«<br />

Die Batterien kommen vom kanadischen<br />

Hersteller Corvus Energy, die Steuerungsund<br />

Kontrolltechnik von Siemens. Das Unternehmen<br />

zeichnet für das gesamte Powermanagement<br />

verantwortlich, darunter<br />

fällt auch das Energiemanagement für die<br />

Hotellasten. Siemens übernahm außerdem<br />

das Kabel-Engineering an Bord.<br />

Für einen geringeren Verbrauch ist<br />

auch der Rumpf der Fähre optimiert worden.<br />

Weil die maximale Wassertiefe im<br />

Revier nur 24 m beträgt, kommt bei einem<br />

Tiefgang von 5,30 m der Schallow<br />

Water Effect besonders zum Tragen.<br />

Das Hybridkonzept der »Berlin«<br />

Das ESS steuert Energiespeicherung und Versorgung<br />

der elektrischen Verbraucher<br />

Fotos: Felix Selzer<br />

50 <strong>HANSA</strong> International Maritime Journal – 154. Jahrgang – <strong>2017</strong> – Nr. <strong>10</strong>

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