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HANSA 10-2017

Fährschifffahrt | Brexit | HIPER | Schifffahrt der Zukunft | Börsenbericht | US Ports & Hurricanes | Abwasser | Häfen Niedersachsen | HVAC | Job-Börse | Offshore-Marktkompass

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Schifffahrt | Shipping<br />

Schlichtung für Fährbranche: Warum nicht?<br />

Streitigkeiten zwischen Passagieren und Fährreedereien führen nur selten zu einem<br />

Schlichtungsverfahren. Nicht immer ist die Schlichtung für eine Reederei eine geeignete<br />

Möglichkeit zur Beilegung des Streits<br />

Die Zahlen der Schlichtungsstelle für<br />

den öffentlichen Personenverkehr<br />

(söp) belegen: Schlichtungen im Bahnund<br />

Flugverkehr führen bei einem Streit<br />

zwischen Passagier und Verkehrsträger<br />

mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit<br />

zu einer gütlichen Einigung und sind<br />

verhältnismäßig effzient und schnell.<br />

Trotz dieser Erfahrungen verzeichnet<br />

die söp in der Schifffahrt verhältnismäßig<br />

geringe Fallzahlen. Von insgesamt<br />

13.626 Schlichtungsanträgen in 2016 betrafen<br />

lediglich 29 den Verkehrsträger<br />

Schiff. Das dürfte zum einen daran liegen,<br />

dass es seitens der Passagiere nur selten<br />

etwas zu beanstanden gibt und zum<br />

anderen, dass Reedereien bei Beschwerden<br />

bereits im Vorfeld eines Schlichtungsverfahrens<br />

eine gütliche Einigung<br />

mit den Passagieren erzielen.<br />

Ein anderer Grund für die geringen<br />

Fallzahlen kann damit zusammenhängen,<br />

dass vielen Passagieren die<br />

Möglichkeit einer Schlichtung einfach<br />

nicht bekannt ist. Das soll sich nach<br />

dem Willen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers<br />

insbesondere durch das<br />

Verbraucherstreitbeilegungsgesetz von<br />

2016 (VSBG), das EU-Fahrgastrechte-<br />

Schifffahrt-Gesetz und die Verordnung<br />

524/2013 ändern.<br />

Das VSBG verpflichtet u.a. Fährreedereien<br />

zum einen (auch in ihren AGB), auf<br />

ihre generelle Bereitschaft zur Schlichtung<br />

und gegebenenfalls auf die »zuständige<br />

Verbraucherschlichtungsstelle« hinzuweisen.<br />

Zudem muss sie, wenn ein Streit mit<br />

einem Passagier nicht beigelegt werden<br />

konnte, schriftlich auf die „zuständige“ beziehungsweise<br />

„geeignete“ Schlichtungsstelle<br />

hinweisen. Bei der Online-Buchung<br />

einer Fährfahrt muss zudem ein Hinweis<br />

auf die Europäische Online-Streitbeilegungsplattform<br />

erfolgen.<br />

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt,<br />

dass auch einigen Fährreedereien diese<br />

Hinweispflichten nicht vollständig bekannt<br />

sind. Die söp formuliert dies so:<br />

»Viele Schiffsunternehmen haben die<br />

Schlichtung – trotz neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes<br />

– offensichtlich<br />

noch nicht auf ihrer ›To-do-Liste‹.«<br />

Ein Antrag auf Schlichtung bei der söp<br />

kommt nur in Betracht, wenn die betreffende<br />

Fährreederei Mitglied der söp ist.<br />

Bei der überwiegenden Anzahl der Fährreedereien<br />

ist das der Fall, sodass der<br />

Weg für Passagiere zu einer Schlichtung<br />

in den meisten Fällen grundsätzlich eröffnet<br />

ist.<br />

Sofern bereits ein gerichtliches Verfahren<br />

über den Schlichtungsgegenstand<br />

anhängig ist, ist eine Schlichtung nicht<br />

möglich. Umgekehrt ist es für eine Klagerhebung<br />

nicht erforderlich, dass vorher<br />

ein Schlichtungsverfahren erfolglos<br />

durchgeführt wurde. Der Passagier ist<br />

somit in der Entscheidung frei, ob er eine<br />

Schlichtung oder den Klageweg beschreiten<br />

möchte; der Eingang des Schlichtungsantrags<br />

bei der söp hemmt<br />

grundsätzlich die Verjährung.<br />

Während der Passagier bei<br />

Gericht zunächst abhängig<br />

vom Streitwert Gerichtskosten<br />

vorschießen muss,<br />

ist die Schlichtung für ihn<br />

kostenlos. Damit hat der<br />

Passagier einen gewissen<br />

Anreiz, zunächst den Weg<br />

der Schlichtung zu wählen.<br />

Die Tatsache, dass die<br />

Fährreederei die Kosten<br />

des Schlichtungsverfahrens<br />

trägt (und zwar freiwillig)<br />

und damit bereits<br />

im Vorfeld ein gewisses<br />

Maß an goodwill zeigt,<br />

kann den Willen des<br />

Passagiers an einer gütlichen<br />

Einigung positiv<br />

beeinflussen.<br />

Die Schlichtung beschäftigt<br />

sich mit Fällen im Zusammenhang<br />

mit Fahrgastrechten für<br />

Schiffsreisende und der Unfallhaftung<br />

von Beförderern, hingegen nicht mit Reisemängel<br />

im Rahmen eines Pauschalreisevertrages<br />

(z.B. unzureichende Serviceleistungen<br />

bei einer Kreuzfahrt). Diese<br />

Abgrenzung zwischen Beförderungs- und<br />

Pauschalreisevertrag kann mitunter zu<br />

Schwierigkeiten führen – Stichwort: Minikreuzfahrten<br />

auf der Ostsee.<br />

38 <strong>HANSA</strong> International Maritime Journal – 154. Jahrgang – <strong>2017</strong> – Nr. <strong>10</strong>

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