HANSA 02-2019
Nord-Ostsee-Kanal | MSC Zoe | Reefer-Report | Nordfrost | MacGregor | Neues Bergungsmanöver | Ships made in Germany 2018 | Havarien & Brandschutz | Rudolf A. Oetker
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Editorial<br />
Michael Meyer<br />
Stellvertretender Chefredakteur<br />
Ob Skepsis oder Zuversicht:<br />
Industriepolitik geht anders<br />
Totz aller Konkurrenz und vielfacher Unkenrufe:<br />
Die deutsche Werftindustrie ist<br />
noch immer nicht untergegangen. Ganz<br />
schön zäh für einen Totgesagten.<br />
Für alle Skeptiker: Ja, es stimmt, das<br />
Orderbuch der Werften ist zuletzt nicht<br />
gerade explodiert. Und ja, verzögerte Ablieferungen<br />
– Stichwort »AIDAnova« der<br />
Meyer Werft und »W.B. Yeats« der FSG<br />
– haben für Unmut bei den Kunden gesorgt.<br />
Ganz zu schweigen vom Desaster<br />
»Gorch Fock« bei der Elsflether Werft.<br />
Und noch einmal Ja, technologisch sind<br />
nicht alle Akteure auf dem neuesten<br />
Stand, einige hinken der internationalen<br />
Konkurrenz mehr als nur einen Schritt<br />
hinterher. Zudem schrumpft die Anzahl<br />
der aktiven Einzel-Unternehmen.<br />
Für die Optimisten kommt an dieser<br />
Stelle allerdings ein »Aber«: Im Schiffbau<br />
zählt »Made in Germany« noch immer etwas,<br />
vor allem in Spezialsegmenten, wie<br />
unser traditioneller Schwerpunkt »Ships<br />
made in Germany« zeigt. Sorgenfalten<br />
gibt es in den Werften dennoch, bei der<br />
Bewertung der politischen Begleitung.<br />
Ohne Verfechtern des Protektionismus<br />
nach dem Mund reden zu wollen: Die Kritik<br />
ist nicht unberechtigt. Bedenkt man,<br />
welchen Einfluss die Branche auf den Arbeitsmarkt<br />
hat, dürfte die Unterstützung<br />
gerne stärker ausfallen. Immerhin zählt<br />
die Industrie mehr als 17.000 direkt und<br />
entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />
rund 200.000 Beschäftigte.<br />
Ein eklatantes Negativ-Beispiel ist das<br />
öffentliche Auftragswesen. Die staatlichen<br />
Stellen könnten den deutschen Werften<br />
schon helfen, wenn sie ihre eigenen<br />
Neubauten hierzulande ordern, etwa Behörden-,<br />
Feuerlösch-, Forschungs- und<br />
Lotsenversetzschiffe. Die Realität sieht<br />
nämlich nicht selten anders aus: Aufträge<br />
gehen nach Skandinavien oder in die<br />
Niederlande, man trägt dabei das EU-<br />
Wettbewerbsrecht wie eine Monstranz<br />
vor sich her. Ganz aktuell: das neue Forschungsschiff<br />
»Polarstern«, für das nach<br />
<strong>HANSA</strong>-Informationen intensiv auch mit<br />
einer finnischen Werft gesprochen wird.<br />
Zugegeben, es ist eine komplexe Materie,<br />
vor allem in der EU. Bei vermeintlich<br />
oder tatsächlich illegaler Beihilfe klopfen<br />
die Brüsseler Beamten schnell an die<br />
Tür. Mit dem Verweis auf EU-Vorgaben<br />
machen es sich die Dame(n) und Herren<br />
in Berlin jedoch zu einfach.Wo ein echter<br />
Wille, ist auch ein Weg – so platt es klingen<br />
mag. Für Anschauungsmaterial muss<br />
man gar nicht ganz bis ins »böse» Asien<br />
schauen, die dortigen Praktiken werden<br />
zum Teil zu Recht kritisiert. Auch in der<br />
direkten Nachbarschaft, etwa in den Niederlanden,<br />
Frankreich oder Italien, werden<br />
Spielräume cleverer genutzt.<br />
Wir zählen uns weder zum Lager der<br />
Skeptiker, noch zu dem der Optimisten,<br />
sondern begleiten die hiesige Schiffbau-<br />
Branche als Realisten. Ein wenig mehr<br />
zukunftsorientierter Realismus würde<br />
auch an anderer Stelle nicht schaden, sowohl<br />
unter »Beteiligten« als »Begleitern«.<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
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<strong>HANSA</strong> International Maritime Journal – 156. Jahrgang – <strong>2019</strong> – Nr. 2 3