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casanostra 163 | November 2021

Steigende Immobilienpreise: Ursachen, Folgen und Gegenstrategien | Energievorschriften: Grundlagenforschung für effiziente Fördermassnahmen | Dunkler Himmel: Dank cleverer Beleuchtung | Grüne Hypotheken: Zinsvorteile auf dem Prüfstand

Steigende Immobilienpreise: Ursachen, Folgen und Gegenstrategien | Energievorschriften: Grundlagenforschung für effiziente Fördermassnahmen | Dunkler Himmel: Dank cleverer Beleuchtung | Grüne Hypotheken: Zinsvorteile auf dem Prüfstand

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thema__IMMOBILIENPREISE_5<br />

Das Haus, der Markt,<br />

das Glück<br />

Für viele Familien scheitert der Traum vom<br />

Eigenheim heute, weil die Markpreise zu hoch<br />

sind. Und weil private Hausbesit zer*innen<br />

beim Verkauf oft nichts weniger als das Maximum<br />

her ausholen wollen. Eine Analyse –<br />

und wie es auch noch ginge.<br />

WOHNEIGENTUM KAUFEN<br />

Ob Spitz- oder Flachdach,<br />

Stadt oder Land:<br />

In fast allen Regionen<br />

der Schweiz steigen<br />

die Preise für Wohnhäuser<br />

und Eigentumswohnungen.<br />

Fotos_Robert Buchel, Michael Derrer Fuchs,<br />

Hans Verburg, Mario Krpan, Denis Linine,<br />

Michael Derrer Fuchs – alle iStock.<br />

__Mitten in einem begehrten Wohnquartier in der<br />

Stadt Zürich steht ein etwa hundertjähriges Einfamilienhaus.<br />

Zur Strasse hin war es stets geschützt von<br />

hohen Nadelbäumen und Sträuchern. In dem Haus<br />

lebte eine Familie mit mehreren Kindern – der Nachwuchs<br />

flog irgendwann aus, die Eltern blieben. Einmal<br />

im Jahr öffneten sie während mehrerer Tage die<br />

Türe, luden Nachbarn und Vorbeigehende für ein kulturelles<br />

Beisammensein sein. Das Haus und seine<br />

Menschen trugen zum Leben und zur Geschichte der<br />

Strasse bei. Es war ein offener, kreativer Ort – und<br />

wenn ein Haus eine Seele haben kann, dann hat dieses<br />

ganz bestimmt eine. Dann starben beide Eheleute<br />

kurz hintereinander. Das Haus ging an die Kinder<br />

über. Sie hatten unterschiedliche Vorstellungen davon,<br />

was mit ihm geschehen solle, und verkauften es<br />

schliesslich einer wohlhabenden Familie. Als der<br />

Winter um war und die Natur erwachte, stand das<br />

Haus plötzlich ganz nackt und verloren da; wie abgenutzt<br />

es ist, wurde von der Strasse aus erst jetzt richtig<br />

sichtbar. Denn die schützenden Bäume waren nun<br />

weg, das Gelände kahl gerodet. Einzelne alte Wurzeln<br />

ragten noch aus der Erde. Es sah erbärmlich aus. Wieder<br />

sieben Monate später steht das Haus noch genau<br />

so da. Für Unbeteiligte ist unklar, warum – die stellvertretende<br />

Kreisarchitektin gibt keine Auskunft.<br />

Aber es ist ein Mahnmal: so nicht!<br />

Die Geschichte dieses Hauses ist nicht repräsentativ<br />

– aber dass mit Häusern nach ihrem Verkauf wenig<br />

sorgfältig umgegangen wird, ist keine Seltenheit.<br />

Und hat auch damit zu tun, dass «Nachhaltigkeit»<br />

beim Verkauf selten das Ziel ist, maximaler Gewinn<br />

hingegen schon. Und so ist ein Haus zu kaufen für<br />

die allermeisten mittelständischen Familien beinahe<br />

unmöglich geworden. Das kürzlich von Wüest Partner<br />

publizierte Immo-Monitoring 2022 bestätigt:<br />

Selbst während der Corona-Zeit sind die Preise für<br />

Einfamilienhäuser «deutlich angestiegen», dasselbe<br />

gilt für Eigentumswohnungen: Beide waren im ersten<br />

Halbjahr <strong>2021</strong> über sechs Prozent teurer als zur<br />

selben Zeit 2020 – und sie stiegen schon in den Jahren<br />

davor steil an: Gemäss Wüest Partner verdoppelten<br />

sich die durchschnittlichen Preise bei Transaktionen<br />

von Einfamilienhäusern in der Schweiz seit dem Jahr<br />

2000 (in Boomregionen wie Zürich und Genfersee<br />

war der Anstieg sogar noch höher). Auch das Bundesamt<br />

für Wohnungswesen (BWO) bestätigt: «Ausser<br />

im Tessin gibt es kaum noch Orte, wo kapitalschwache<br />

Personen fündig werden können.» Es seien «vorwiegend<br />

Einzelpersonen, kinderlose Paare und ältere<br />

Menschen», die sich Wohneigentum überhaupt noch<br />

leisten können.<br />

Grosse Besitzverschiebungen hin zu<br />

institutionellen Anlegern<br />

Für die hohen Immobilienpreise sind mehrere Faktoren<br />

verantwortlich, allen voran ist es eine klassische<br />

Angebots-und-Nachfrage-Geschichte: Auf der einen<br />

Seite machen die tiefen Hypothekarzinsen Wohneigentum<br />

enorm attraktiv, die Nachfrage ist also gross<br />

und seit Corona noch grösser, denn der Lockdown hat<br />

vor Augen geführt, wie wertvoll Platz ist – etwa fürs<br />

Homeoffice. Die grosse Nachfrage alleine kurbelt die<br />

Preise bereits an. Gleichzeitig stehen wenige Häuser<br />

zum Verkauf, denn wer ein Eigenheim besitzt, lebt<br />

heutzutage auch länger darin, sagt Eva van Beek vom<br />

BWO. Ein weiterer Treiber für die hohen Preise sind<br />

die Minuszinsen der Banken und der damit verbundene<br />

Notstand bei sicheren Anlagen. Davon betroffen<br />

sind vor allem die Pensionskassen, die ihr Renten-<br />

>>><br />

<strong>casanostra</strong>_ / <strong>2021</strong>

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