Getränke! Technologie & Marketing 2/2021
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BRANCHEN REPORT | In situ-Elektrolyse<br />
ELEKTROCHEMISCHE AKTIVIERUNG (ECA) IN DER BRAUEREI<br />
Desinfektionsmittel durch<br />
Elektrolyse vor Ort erzeugen<br />
Das Verfahren der elektrochemische Aktivierung (ECA) gibt es bereits seit mehreren Jahr zehnten. Viel<br />
wurde geforscht und optimiert. In der Bachelorarbeit „Applikations bereiche eines mittels In situ-Elektrolyse<br />
hergestellten Desinfektionsmittels (NADES 2.0) in einer Brauerei“ ist dies zusammengefasst und ausgearbeitet<br />
worden. Von geplanten Praxis-Tests musste aufgrund der Corona-Situation abgesehen werden. In dieser<br />
Ausgabe der Getränke! <strong>Technologie</strong> & <strong>Marketing</strong> wird auf die Technik sowie das Produkt NADES 2.0 eingegangen.<br />
In der nächsten Ausgabe werden Applikationsbereiche vorgestellt.<br />
Von JONATHAN LEHNER, B. Eng. in Brau- und Getränketechnologie, Technischer Vertrieb, aquagroup AG<br />
B<br />
ei der ECA-Technik handelt<br />
es sich um Elektrolyse,<br />
die aus Wasser,<br />
Salz und Strom aktives Chlor<br />
(Na triumhypochlorit, Hypochlorige<br />
Säure) erzeugt. Sie stammt<br />
aus dem Jahr 1975 von Professor<br />
Vitold M. Bakhir, dem Pionier<br />
der Elektrolyse. Michael<br />
Farraday formulierte 1883 die<br />
Grundsätze, die den Durchgang<br />
elektrischen Stroms durch eine<br />
wässrige Salz lösung beschreiben<br />
(Farradaysche Gesetze), und<br />
prägte für dieses Phänomen den<br />
Begriff „Elektrolyse“.<br />
Verfahren der Elektrolyse<br />
Seitdem werden im Bereich der<br />
Elektrolyse verschiedene Verfahren<br />
angewendet. Die Membranzellenelektrolyse<br />
sowie die Einkammerelektrolyse<br />
sind gängige<br />
Methoden. In den Anfangszeiten<br />
der aquagroup AG wurde<br />
die Membranzellenelektrolyse<br />
verwendet. Hier entstand NA-<br />
DES, eine Natriumhypochloritlösung<br />
mit ca. 200 ppm FAC<br />
(free available chlorine). Nachteil<br />
dieses Verfahren sind die geringe<br />
Ausbeute an FAC sowie die<br />
Abb. 1 | Ungeteilte Zelle<br />
(einfache schematische Darstellung)<br />
H 2<br />
O Wasser<br />
NaCl (Salz)<br />
NaOCl (Bleiche)<br />
H 2<br />
(Wasserstoff)<br />
hohe Salzfracht von 0,015 mg/<br />
ppm FAC und dadurch erhöhtes<br />
Korrosions risiko. (siehe Abb. 1)<br />
Bei beiden Techniken ist ein<br />
Vorteil, dass kein Gefahrstoff generiert<br />
wird, da die Konzentration<br />
unter 5 % Wirkstoff liegen.<br />
Bei der Herstellung wird hier auch<br />
kein Gefahrstoff benötigt.<br />
Natriumhypochlorit (NaOCl)<br />
Die Wirkungsweise von Natriumhypochlorit<br />
wurde unter anderem<br />
an der menschlichen Immunabwehr<br />
erforscht. Dort wird<br />
auf die infek tionsbekämpfende<br />
Funktion der Leukophilen Granulozyten<br />
(eine bestimmte Art<br />
der weißen Blutkörperchen) eingegangen.<br />
Diese verwenden das<br />
Enzym Myeloperoxidase (MPO),<br />
das gespeichertes H 2<br />
O 2<br />
mit Cl 2<br />
zu<br />
Natriumhypochlorit umwandelt.<br />
Abb. 2 | Elektrolyse-Anlage<br />
Bei der Desinfektion wird genau<br />
auf diese Wirkungsweise und Erkenntnisse<br />
zurückgegriffen. Die<br />
Effekte von Natriumhypo chlorit<br />
auf Mikroorganismen lassen sich<br />
(je nach Konzen tration) in folgende<br />
Phasen einteilen:<br />
▶▶Selektive Hemmung des<br />
Bak te rienwachstums und der<br />
Zell teilung (0,05 ppm)<br />
▶▶Verminderung/Stoppen der<br />
DNA- und Proteinsynthese<br />
(> 0,1 ppm)<br />
▶▶Kollabieren der Membran<br />
(> 5 ppm)<br />
Elektrolyseanlagen<br />
Die Anlagen sind in zwei grundlegende<br />
Teile unterteilt: einem<br />
Wasserkabinett und einer Steuerung<br />
für den automatisierten Betrieb<br />
der Anlage. (siehe Abb. 2)<br />
Im Wasserkabinett findet die<br />
Erzeugung von NADES 2.0 statt.<br />
Das Herzstück einer solchen Anlage<br />
ist die Elektrolysezelle. Sie ist<br />
speziell beschichtet, um eine optimale<br />
Reaktion zu gewährleisten.<br />
In die Zelle wird eine inline ausgemischte<br />
Solelösung eingeleitet,<br />
welche dann zu Natriumhypochlorit<br />
und Wasserstoff reagiert.<br />
Nach der Zelle fließt NADES 2.0 in<br />
einen Puffertank und der Wasserstoff<br />
entweicht über einen Wasserstoff-Abscheider<br />
an die Abluft.<br />
Werte für Natriumhypochlorid<br />
Vom Puffertank wird je nach Applikation,<br />
das Mittel mengenproportional<br />
oder über eine Mess-<br />
Regel-Einheit dosiert.<br />
Mess-Regel-Dosier-Einheit<br />
Ein Grundsatz bei der Verwendung<br />
mit Desinfektionsmitteln<br />
und Bio ziden ist: „Biozide sicher<br />
verwenden“. Bei diesem Grundsatz<br />
gilt das Minimierungsgebot.<br />
Deswegen sollte immer die richtige<br />
Art der Dosierung gewählt<br />
werden. Hierzu gibt es die mengen-<br />
beziehungsweise die volumengesteuerte<br />
Dosierung. In<br />
manchen Applikationen wie zum<br />
Beispiel bei der Rinserwasserbeaufschlagung<br />
und der Füllerbedüsung<br />
ist eine solche Dosierung<br />
der einzig effiziente Weg.<br />
Der Vorteil bei Natriumhypochlorit<br />
ist, dass es einfach messbar<br />
ist. Eine Messung kann über<br />
spezielle Chlorsonden oder<br />
über das Redoxpotential vollzogen<br />
werden. Diese Messungen<br />
sind für viele Brauereien ein<br />
wich tiger Faktor, da damit Prozesskontrolle<br />
und -sicherheit<br />
gegeben ist. Eine über Sonden<br />
geregelte Dosie rung gewährleistet,<br />
dass stets der korrekte Wert<br />
an Biozid im System vorhanden<br />
sowie eine Über- bzw. Unterdosierung<br />
ausgeschlossen ist.<br />
Stoffname: Maximale Zugabe: Konzentrationsbereich<br />
nach Abschluss der Aufbereitung:<br />
H 2<br />
O Wasser<br />
NaCl (Salz)<br />
Foto und Grafik: aquagroup AG<br />
Natriumhypochlorit 1,2 mg/l freies Cl 2<br />
min. 0,1 mg/l freies Cl 2<br />
max. 0,3 mg/l freies Cl 2<br />
18 | Getränke! 02 | <strong>2021</strong>