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Hygiene Report 5/2021

HYGIENE Report ist das Forum für Qualitätssicherung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. In Zusammenarbeit mit hochkarätigen Autoren aus Wissenschaft und Wirtschaft berichtet das Periodikum anwenderorientiert und praxisnah zu allen relevanten Aspekten rund um das Thema Qualitätssicherung. Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

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Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

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november<br />

wissenschaft<br />

Abb. 4: 3D-Darstellung des entwickelten UVC-<br />

Luftdesinfektionsteststands.<br />

60-W-Quecksilberdampflampe<br />

haben wir das Bakterium<br />

Staphylococcus carnosus und<br />

das Virus Phi6 verwendet. S.<br />

carnosus wird hier als Surrogat<br />

für den Methicillin-resistenten<br />

Staphylococcus aureus (MRSA)<br />

eingesetzt, der im Krankenhausbereich<br />

problematisch ist.<br />

Phi6 ist wie SARS-CoV-2 ein<br />

behülltes RNA-Virus, aber mit<br />

dem Unterschied, dass Phi6<br />

nur Bakterien infiziert und damit<br />

für den Menschen unbedenklich<br />

ist.<br />

Diese beiden Surrogate werden<br />

in einem Desinfektionsteststand<br />

(Abb. 3) getrennt voneinander<br />

vernebelt und durchströmen<br />

das zu testende UVC-Luftdesinfektionssystem.<br />

Direkt vor<br />

und hinter dem Desinfektionssystem<br />

sind Halterungen für<br />

Petrischalen, welche mit einer<br />

neutralen Salzlösung befüllt<br />

sind, angebracht. Ein Teil der<br />

Mikroorganismen im Desinfektionsteststand<br />

gelangt durch den<br />

mittels Vernebler erzeugten Volumenstrom<br />

auf die eingelegten<br />

Petrischalen und setzt sich in<br />

den Salzlösungen ab. Durch die<br />

anschließende mikrobiologische<br />

Analytik kann eine<br />

quantitative Auswertung<br />

vor und nach<br />

der UVC-Bestrahlung<br />

erfolgen.<br />

Für das Bakterium<br />

S. carnosus erfolgt<br />

die Auswertung,<br />

indem ein definiertes<br />

Volumen der bakterienhaltigen<br />

Salzlösung<br />

auf geeigneten<br />

Nähragarplatten ausplattiert<br />

wird. Bakterien,<br />

die die UVC-<br />

Strahlung überlebt<br />

haben, vermehren<br />

sich und bilden nach<br />

24 h kleine, zählbare<br />

Kolonien. In Abb. 5<br />

sind mit Bakterien<br />

vor und hinter der<br />

Bestrahlungseinheit<br />

bewachsene Agarplatten dargestellt<br />

und die Reduktion der<br />

Kolonien ist deutlich erkennbar.<br />

Die Bestimmung der Virus-Konzentrationen<br />

erfolgt ähnlich, benötigt<br />

aber zusätzliche Schritte,<br />

da die Viren für ihre Vermehrung<br />

Wirtzellen benötigen. Phi6<br />

vermehrt sich mit Hilfe eines<br />

Pseudomonaden-Stamms. Befallene<br />

Pseudomonaden lösen<br />

sich auf. Damit können die Viren<br />

über Löcher („Plaques“) in<br />

einem Bakterienrasen sichtbar<br />

gemacht (Abb. 6) und ebenfalls<br />

gezählt werden.<br />

Die quantitative Auswertung der<br />

Versuche zeigt, dass S. carnosus<br />

bei einer einmaligen Durchströmung<br />

durch das getestete<br />

UVC-Luftdesinfektionssystem<br />

um 99,74 % reduziert wird, und<br />

es kann angenommen werden,<br />

dass die Wirkung auf den<br />

gefürchteten Methicillin-resistenten<br />

Staphylococcus aureus<br />

ähnlich ist.<br />

Das Virus Phi6, das hier als<br />

Coronavirus-Surrogat verwendet<br />

wird, wird beim einmaligen<br />

Durchlauf um 85,10 % reduziert.<br />

Coronaviren und Phi6 sind<br />

ähnlich aufgebaute behüllte<br />

RNA-Viren, aber mikrobiologisch<br />

oder genetisch nicht<br />

miteinander verwandt. Eine<br />

Abschätzung der Bestrahlungsdosis<br />

aus mittlerer Bestrahlungsstärke<br />

und Bestrahlungsdauer<br />

führt dazu, dass Phi6<br />

mit ca. 4,4 mJ/cm 2 bestrahlt<br />

wurde. Daraus ergibt sich, dass<br />

eine Dosis von 5,7 mJ/cm 2 für<br />

eine 90%-Reduktion notwendig<br />

gewesen wäre. Dieser Wert liegt<br />

deutlich über den zuletzt publizierten<br />

Daten für Coronaviren,<br />

daher wäre die Desinfektionsleistung<br />

des getesteten Systems<br />

für Coronaviren vermutlich<br />

deutlich besser.<br />

Dieses vorgestellte Beispiel<br />

zeigt, dass UVC-Strahlung sehr<br />

wirksam gegen Bakterien und<br />

Viren ist und dass schon eine<br />

einmalige Durchströmung eines<br />

kommerziellen UVC-Luftdesinfektionssystems<br />

den größten Teil<br />

der Erreger inaktivieren kann.<br />

Der tatsächliche Wirkungsnachweis<br />

ist schwierig, aber mit<br />

Hilfe von Surrogaten, die eine<br />

vergleichbare oder geringere<br />

UVC-Empfindlichkeit aufweisen<br />

als die relevanten Pathogene,<br />

kann die Desinfektionsleistung<br />

eines UVC-Luftdesinfektionssystems<br />

anwendungsnah ermittelt<br />

werden.<br />

Abb. 5: links: typische Agarplatte mit Kolonien von S. carnosus vor dem Luftdesinfektionssystem;<br />

rechts: Agarplatte mit Kolonien von S. carnosus hinter<br />

dem Luftdesinfektionssystem; die Reduktion der Staphylokokken ist deutlich<br />

zu erkennen.<br />

Abb. 6: links: durch Phi6 verursachte Plaques in einem Bakterienrasen aus<br />

einer Probe vor Bestrahlung mit dem UVC-Luftdesinfektionssystem; rechts:<br />

durch Phi6 verursachte Plaques in einem Bakterienrasen aus einer Probe<br />

nach Bestrahlung mit dem UVC-Luftdesinfektionssystem; die Reduktion der<br />

Viren ist deutlich zu erkennen.<br />

Quelle: TH Ulm<br />

Literaturnachweis und<br />

Referenzen auf Anfrage!<br />

Kontaktadresse der Autoren:<br />

Prof. Dr. Martin Hessling<br />

Technische Hochschule Ulm<br />

Institut für Medizintechnik<br />

und Mechatronik<br />

Albert-Einstein-Allee 55<br />

D-89081 Ulm<br />

E-Mail: Martin.Hessling@thu.de<br />

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