Campus – Das Magazin für Studierende vom tipBerlin
Herbst/Wintersemester 2021
Herbst/Wintersemester 2021
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Wintersemester 2021/22<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>Studierende</strong> in Berlin<br />
Hier und queer<br />
Zwischen Aktivismus und #Actout:<br />
Der Kampf der LGTBIQ-Community<br />
Tee mit Schuss<br />
Wo der beste Kombucha<br />
der Stadt gemacht wird<br />
Eine Klasse <strong>für</strong> sich<br />
Wie <strong>Studierende</strong> um Lohngerechtigkeit<br />
streiten<br />
Stürmischer Drangsal<br />
Was Berlins wichtigsten<br />
Popstar bewegt
... und wo essen wir?<br />
Die BERLIN FOOD App von <strong>tipBerlin</strong> und Exberliner zeigt<br />
euch die kulinarischen Seiten der Hauptstadt mit mehr als<br />
1.000 ausgewählten Restaurants, Bars, Läden und Märkten.<br />
Auf Deutsch & in English<br />
Tip Berlin Media Group GmbH, Salzufer 11, 10587 Berlin<br />
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INTRO / INHALT<br />
CAMPUS<br />
Liebe <strong>Studierende</strong>,<br />
in Berlin gibt es Clubs wie das SchwuZ und Berghain,<br />
zudem Feste wie Pride und CSD. Doch trotz<br />
der Salonfähigkeit, die Leute aus der LGTBQI-<br />
Community oft erleben, ist der Weg zur Gleichberechtigung<br />
weit. In unserer Titelstory erzählen deshalb<br />
queere Menschen über ihr Leben zwischen<br />
Aktivismus, Angst und Hoffnung. Auch sonst wird<br />
es in diesem Heft kämpferisch. Wir berichten von<br />
<strong>Studierende</strong>n, die um Lohngerechtigkeit streiten.<br />
Und stellen eine kühne Behauptung auf: dass<br />
Kombucha, ein Tee mit etwas Alkohol, das modischste<br />
Kaltgetränk in diesem Herbst sein wird.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />
Eure <strong>tipBerlin</strong>-<strong>Campus</strong>-Redaktion<br />
Titelfoto: Paul Max Fischer<br />
Inhalt<br />
Status Queer 4<br />
Wie ist das Lebensgefühl der jungen LGTBIQ-Community in Berlin?<br />
Mut und Wut 12<br />
Nach #IchBinHanna: <strong>Studierende</strong> und der Kampf um Lohngerechtigkeit<br />
<strong>Das</strong> Home Office ist heilsam 20<br />
Warum ein junger Mann mit Panikattacken den Hörsaal scheut<br />
Pathos und Pampers 24<br />
Der Musiker Drangsal über „Exit Strategy“, das Pop-Album der Stunde<br />
Viva Vinyl! 26<br />
In welchen Läden man furiose Schallplatten bekommt <strong>–</strong> eine Hitliste<br />
Gastro: Mit Kombucha steil gehen 28<br />
Wie drei junge Gründer das Trendgetränk der Saison herstellen<br />
Programm30<br />
Die besten Partys, Konzerte und Kulturveranstaltungen<br />
Meine erste Vorlesung 34<br />
Emilia Roig, Wissenschaftlerin und Autorin („Why We Matter <strong>–</strong> das Ende der Unterdrückung“)<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 3
CAMPUS<br />
TITEL: QUEERER KOSMOS<br />
»Lass dich nicht<br />
verbiegen«<br />
Unsere Berliner Covermodels Lie Ning und LUNA sollte<br />
man sich merken: Ihre Pop-Karrieren gehen steil bergauf.<br />
Ein wichtiges Thema ihrer Musik ist auch ihre Queerness<br />
Interview: Stefan Hochgesand Fotos: Paul Max Fischer<br />
ZUR PERSON<br />
Lie Nieng, 24 Jahre alt und gebürtiger Berliner, macht Soul-Musik,<br />
Filme und Fotos. Sein Song „Shame“ beschäftigt sich damit, Schwarz<br />
und queer zu sein. Sein Debütalbum „Traffic Songs For The Inbetweens“<br />
ist 2019 erschienen.<br />
ZUR PERSON<br />
LUNA, 18 Jahre alt, kommt aus einem Dorf in der Nähe von Passau, ist<br />
seit einer Weile Teilzeit-Berlinerin und zieht gerade richtig in die Stadt.<br />
Ihr Song „Verlierer“ wurde bei Youtube acht Millionen Mal geklickt. Ihre<br />
neue Single „blau“ ist eine Mutmach-Hymne aufs Anderssein.<br />
4<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
TITEL: QUEERER KOSMOS<br />
CAMPUS<br />
Mit welchen Pronomen fühlt ihr euch<br />
gut?<br />
LUNA Ich bin eine sie.<br />
Lie Ning Auf Deutsch ist das ja noch ein<br />
bisschen schwierig. Ich habe letztens ein<br />
Buch gelesen, in dem Alternativen zu er<br />
und sie ausprobiert wurden. Die klingen<br />
noch sehr stockend. Ich bin super fein<br />
mit er, sie, was auch immer.<br />
LUNA, du ziehst gerade nach Berlin. Was<br />
zieht dich hierher?<br />
LUNA Die Musik, natürlich. Ich hatte<br />
vor Jahren bei einem Song-Contest mitgemacht<br />
und mich verliebt in die Stadt.<br />
Auch wenn ich nicht mit der Musik<br />
erfolgreich werde, würde ich trotzdem<br />
in Berlin sein wollen. Weil ich dort ein<br />
Freiheitsgefühl habe. <strong>Das</strong> habe ich in<br />
meinem Heimatstädtchen nicht so.<br />
Lie Ning So erleben und vergleichen<br />
konnte ich das nie, da ich schon immer in<br />
Berlin wohne. Aber ich habe angefangen,<br />
das zu verstehen, als ich anfing, viel zu<br />
reisen. Ich war in vielen anderen Städten,<br />
anderen Ländern <strong>–</strong> und habe gemerkt,<br />
wie limitiert dort zum Teil die Möglichkeiten<br />
von Menschen sind, die nicht der<br />
Mehrheitsgesellschaft angehören. Gerade<br />
queere Menschen.<br />
LUNA, in deiner neuen Single „blau“<br />
geht’s auch darum, dass die anderen<br />
fragen, warum du anders bist.<br />
LUNA Ich komme ja aus einem kleinen<br />
Dorf in der Nähe von Passau. <strong>Das</strong> ist halt<br />
schon etwas anderes als in einer Großstadt,<br />
wenn man sich outet. Ich weiß<br />
nicht, muss man sich in Berlin noch outen?<br />
Bei mir auf dem Dorf war das schon<br />
ein Riesending. Bei Leuten kommen da<br />
schon Fragen auf, wenn ein Mädchen<br />
Hoodies trägt oder sich „wie ein Typ“<br />
verhält. Ich habe das so wahrgenommen,<br />
dass da fast schon erwartet wird, dass<br />
man sich outet. <strong>Das</strong>s man das definiert<br />
und in eine Schublade steckt. In Berlin<br />
hast du das so nicht, glaub ich. Jeder<br />
kann sein, wie er ist und sein will. <strong>Das</strong><br />
will ich auch nach außen tragen mit dem<br />
Song „blau“.<br />
Auf dem Dorf hattest du aber schon<br />
noch ein klassisches Coming-Out, oder?<br />
LUNA Ja, schon. Es war bei mir in meinem<br />
Kopf auch nicht immer so, wie es<br />
jetzt ist. <strong>Das</strong>s ich so offen darüber sprechen<br />
kann und mich so frei und wohl<br />
damit fühle. Ich dachte: „Oh Gott, ich<br />
steh auf Frauen!“ Ich hab mich voll allein<br />
damit gefühlt, als ich 14, 15 war, hatte<br />
Probleme, mich wem anzuvertrauen. Ich<br />
hatte Schiss vor den Reaktionen. Meine<br />
beste Freundin hat, Gott sei Dank, gut<br />
reagiert. Dann hab ich es immer mehr<br />
Freunden gesagt <strong>–</strong> und irgendwann auch<br />
meinen Eltern. Als ich dann gemerkt habe,<br />
alle fassen das positiv auf, fiel es mir<br />
durch diesen Support viel leichter, mich<br />
so zu akzeptieren und zu lieben. <strong>Das</strong> war<br />
schon ein längerer Prozess, aber ich bin<br />
auch froh, dass ich den durchgemacht<br />
habe <strong>–</strong> um nun auch Leuten zu helfen,<br />
die gerade mit sich selbst struggeln.<br />
Lie Ning Ich finde total stark, was du<br />
gerade gesagt hast, LUNA, dass man sich<br />
outet, damit einen andere in eine Schublade<br />
stecken können. Ich finde es nämlich<br />
oft so schade, dass ein Coming-Out<br />
so notwendig scheint. Wir bekommen so<br />
von außen unsere Sexualität gespiegelt<br />
<strong>–</strong> was schon mal ein Problem ist, weil<br />
das bedeutet, dass deine Präferenzen an<br />
ein aktives sexuelles Verhalten gekoppelt<br />
sind. Es gibt aber auch Leute, die<br />
kein Interesse daran haben <strong>–</strong> oder sich<br />
zumindest als Jugendliche nicht sexuell<br />
fühlen. Und wir leben in einer Welt, in<br />
der es nicht nur Männer und Frauen<br />
gibt. Sondern Menschen auf dem ganzen<br />
Spektrum.<br />
Also auch Menschen, die sich als nichtbinär<br />
verstehen, weder als Mann noch<br />
als Frau.<br />
Lie Ning Ja, du kannst gar nicht wissen,<br />
wer dir in deinem Leben begegnen wird.<br />
Die Offenheit zu behalten, <strong>für</strong> eine<br />
Person Emotionen zu empfinden oder<br />
vielleicht auch sexuell ein Interesse<br />
aufzubringen <strong>–</strong> das finde ich so wichtig.<br />
<strong>Das</strong> nehmen sich auch heterosexuelle<br />
Menschen oft dadurch, wenn sie in dieser<br />
Binarität denken. Ich glaube schon,<br />
dass Berlin in vielen Punkten eine freiere<br />
Stadt ist <strong>–</strong> aber ich glaube auch, dass<br />
Rückhalt in der Familie ein wichtiger<br />
Faktor ist. Viele Menschen haben das<br />
nicht, auch in Berlin.<br />
Rückhalt in der Familie kommt auch<br />
in deinem Song vor, LUNA. Du singst<br />
davon, wie deine Mutter dich bestärkt in<br />
deinem Anderssein.<br />
LUNA Auch mein Vater hat mich supportet.<br />
Aber ich fand die Aussage so schön:<br />
„Lass dich nicht verbiegen!“ Und das hat<br />
halt meine Mom gesagt. <strong>Das</strong> war die erste<br />
Zeile des Songs, als ich den geschrieben<br />
hab. Darauf hab ich alles aufgebaut.<br />
Weil ich die Message so wichtig finde.<br />
Man hört auch Geschichten, dass Eltern<br />
ihre queeren Kinder zuhause rauswerfen.<br />
Aber ich wusste nach dem Coming-Out:<br />
Meine Eltern stehen hinter mir. Ganz<br />
viele fragen mich: „Wie kann ich mich<br />
bei meinen Eltern outen?“ Ich glaube,<br />
es ist wichtig, dass man sich dann outet,<br />
wenn man sich bereit dazu fühlt. <strong>Das</strong>s<br />
man nichts unter Druck macht, nur weil<br />
die Gesellschaft das von einem verlangt.<br />
Lie Ning, du hast einen Song namens<br />
„Shame“ <strong>–</strong> der handelt davon, sich<br />
von der Scham zu befreien, mit der<br />
die Gesellschaft einen <strong>für</strong>s Anderssein<br />
abstrafen will.<br />
Lie Ning Ja, total. In meinem Schreibprozess<br />
hatte das eher damit zu tun, Schwarz<br />
in Deutschland aufzuwachsen. Aber klar,<br />
Queerness kommt dazu. Ich bin nicht<br />
nur eine queere Person, bin nicht nur eine<br />
Schwarze Person, sondern beides. Ich<br />
wurde deshalb unterdrückt. <strong>Das</strong> erzeugt<br />
Scham. Und Scham hindert einen daran,<br />
zu wachsen. Weil du die antrainierten<br />
Ideen von dir selbst immer wieder in<br />
deinem Kopf abspielst. Erst wenn du das<br />
brechen kannst, kannst du dein Potential<br />
ausschöpfen. Und als Menschen in<br />
der Öffentlichkeit haben wir noch mal<br />
mehr Verantwortung, unsere Ketten zu<br />
brechen.<br />
LUNA, du hast ein Regenbogen-Icon in<br />
deinem Instagram-Profil. Lie Ning, du<br />
hast auch eine Instagram-Kachel gepostet<br />
mit „You Can’t Cancel Pride“.<br />
Lie Ning Queerness ist ein großer Teil<br />
von mir. Der lässt sich nicht wegdenken.<br />
Aber in erster Linie bin ich Musiker,<br />
Tänzer, ich erzähle Geschichten. Dabei<br />
passiert Queerness, permanent. Sie<br />
fließt durch meine Adern und hoffentlich<br />
auch durch den Bildschirm. Manchmal<br />
wird mir aber bewusst, dass ich<br />
sie nicht genug auf den Punkt bringe.<br />
Natürlich sind da draußen ganz viele<br />
Leute, <strong>für</strong> die es wichtig ist zu wissen:<br />
„Hey, die Person ist auch queer; die hat<br />
auch ähnliche Erlebnisse gemacht.“<br />
Deshalb finde ich auch den Pride Month<br />
existentiell. Weil es der Moment ist, in<br />
dem wir noch mal ganz deutlich sagen<br />
können, welche Erlebnisse wir gemacht<br />
haben; was sich verändern muss; wo<strong>für</strong><br />
wir stehen.<br />
LUNA <strong>Das</strong> kann ich auch bei mir bestätigen.<br />
Ich will nicht LUNA sein, die<br />
lesbisch ist und auch Musik macht. Sondern<br />
ich bin Musikerin, die Themen anspricht<br />
in meiner Musik, die mir wichtig<br />
sind. Unter anderem auch das. Weil: <strong>Das</strong><br />
bin ich. <strong>Das</strong> ist eine riesige Verantwortung,<br />
aber ich find’s auch toll, dass man<br />
die Möglichkeit hat, so viele Leute zu<br />
erreichen. So viel haben mir jetzt schon<br />
geschrieben, wie sehr ihnen „blau“ hilft.<br />
Lie Ning Musik ist politischer denn je.<br />
Wir erzählen persönliche Geschichten,<br />
aber jede zuhörende Person kann sie<br />
<strong>für</strong> sich neu interpretieren. Wenn mir<br />
Geschichten zugetragen werden, wie<br />
Menschen meine Songs verstehen, lerne<br />
ich sie selbst noch mal neu können. <strong>Das</strong><br />
ist so ein Glück, so ein Geschenk!<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 5
CAMPUS<br />
TITEL: QUEERER KOSMOS<br />
In der<br />
Ibn-Rushd-Goethe-<br />
Moschee in Moabit:<br />
Tugay Sarac<br />
»Liebe ist Halal«<br />
Der 23-jährige Tugay Sarac leitet die erste queere Gruppe an einer Moschee in Deutschland.<br />
Bis Ende des Jahres ist er auch Gesicht einer Plakatkampagne.<br />
Da<strong>für</strong> bekommt er explizite Morddrohungen. Woher nimmt er seine Kraft?<br />
Als Teenager wollte Tugay Sarac <strong>für</strong> die Dschihadisten<br />
kämpfen <strong>–</strong> damit er doch noch ins Paradies<br />
kommt, obwohl er wusste, dass er schwul ist. Er dachte,<br />
Homosexualität wäre wider den Islam. Und dass er<br />
seine „Sünde“ sühnen müsse. Seitdem hat sich viel getan.<br />
Tugay Sarac hat seinen inneren Frieden gefunden.<br />
Heute ist er 23 Jahre alt und studiert Islamwissenschaft.<br />
Seit Herbst 2018 leitet er die erste Queer-Gruppe<br />
an einer Moschee in Deutschland. An der liberalen<br />
Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Moabit.<br />
Ein Coup der Gruppe, gemeinsam mit der Anlaufstelle<br />
„Islam + Diversity“ der Moschee: die Plakatkampagne<br />
„Liebe ist halal“ quer durch Berlin. Also:<br />
Liebe ist erlaubt, auch im Islam. Zu sehen sind queere<br />
Muslim:innen, auch Tugay Sarac selbst, bis Ende des<br />
Jahres. „Ich habe sehr viele Beleidigungen und Morddrohungen<br />
bekommen“, sagt er. „Und genau deswegen<br />
müssen wir diese Arbeit machen.“ Man kann nur staunen,<br />
woher der 23-Jährige die Kraft nimmt.<br />
„Leute posten solche Sachen über die Plakate mit<br />
mir, dass ich mich nicht mehr sehr sicher fühle.“ Zum<br />
Beispiel? „‚Wenn ich den sehe, stech ich ihn ab.‘ Oder:<br />
‚Die müssen alle geköpft werden.‘“ Wenn Tugay Sarac<br />
durch die Straßen zieht, zieht er Maske und Käppi<br />
auf, um nicht sofort erkannt zu werden. „Die Plakate<br />
werden zerstört. Wir kriegen alle paar Tage ein Poster<br />
zugeschickt, das zerlegt wurde.“ Auch in der Türkei<br />
wurde schon über die Plakatkampagne berichtet <strong>–</strong> so<br />
negativ, dass ein bekannter türkischer Youtuber sein<br />
Interview mit Tugay Sarac niemals veröffentlichte.<br />
Doch Tugay Sarac weiß, warum er all dies macht: „Wir<br />
alle in unserer Gruppe haben früher geglaubt, wir sind<br />
die Einzigen und unnatürlich. Viele Muslime sagen:<br />
‚Bei uns gibt’s keine Schwulen und Lesben.‘ Fast niemand<br />
würde sich als Muslim an einer mehrheitlich<br />
muslimischen Schule trauen zu sagen, dass er schwul<br />
ist.“ Ein Teufelskreis. „Ich will den queeren Menschen<br />
der Zukunft das Leben erleichtern“, sagt Tugay Sarac.“<br />
„<strong>Das</strong>s ihnen Mobbing und Depressionen erspart bleiben.<br />
<strong>Das</strong>s sie ins Bett gehen, ohne an Selbstmord zu<br />
denken.“<br />
Die Plakate sind aber nur ein Teil der Präventionsarbeit,<br />
die Tugay Sarac und die Seinen leisten. Sie<br />
machen auch Workshops an Schulen. Letztens waren<br />
sie in Neukölln. „Wir wollen die Schüler:innen zum<br />
Nachdenken anregen“, sagt Tugay Sarac, „damit sie Gedanken,<br />
die sie als ganz natürlich ansehen, auch mal<br />
hinterfragen. Viele muslimische Schüler:innen denken:<br />
Homosexualität ist verboten. Aber viele wissen<br />
gar nicht: Wo steht das eigentlich? Es steht nirgendwo!<br />
Außer in Überlieferungen, die nicht authentisch sind,<br />
weil sie lange nach dem Tod des Propheten entstanden<br />
sind. Diese Gedanken wollen wir mit ihnen teilen.“<br />
Homosexualität ist also keine Sünde im Islam?<br />
„Unserer Meinung nach ist sie halal, also erlaubt“, sagt<br />
Tugay Sarac. „Wir wollen, dass sie darüber mal nachdenken.<br />
Sie müssen nicht Queer-Aktivist:innen werden<br />
oder die besten Allies sein. Wenn sie mal nachdenken,<br />
ist schon viel getan. Viele sagen dann: ‚Ich<br />
selber bin nicht schwul <strong>–</strong> aber sollen die doch machen,<br />
was sie wollen!‘ Und damit ist schon viel getan.“<br />
<br />
Stefan Hochgesand<br />
Foto: F. Anthea Schaap<br />
6<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
TITEL: QUEERER KOSMOS<br />
CAMPUS<br />
»Ich war unglaublich erleichtert«<br />
Der Berliner Schauspieler Jannik Schümann hat dieses Foto mit seinem Freund gepostet.<br />
Die Reaktionen waren überwältigend<br />
Foto: Privat<br />
ZUR PERSON<br />
Jannik, du magst das Wort Coming-Out<br />
nicht, sondern sagst lieber „Liebesbekenntnis“.<br />
Warum?<br />
In meiner Vorstellung muss es dieses In-<br />
Worte-Packen, dass man homosexuell ist,<br />
gar nicht geben. Man sagt ja auch nicht:<br />
„Mama, Papa, ich bin heterosexuell.“ Ich<br />
wünschte, dass das gleich wahrgenommen<br />
wird. Deswegen finde ich den Begriff<br />
Coming-Out im Zusammenhang mit meinem<br />
Post falsch. Wenn man von Coming-<br />
Out reden möchte, hatte ich das mit meiner<br />
Familie mit 18. Jetzt aber zeige ich, mit wem<br />
ich privat zusammen bin. Und da ist es egal,<br />
ob das eine Frau oder ein Mann ist.<br />
Es wäre sehr schön, in einer Gesellschaft<br />
zu leben, in der das keine Rolle mehr spielt.<br />
Aber aktuell tut es das doch noch, oder?<br />
Ja. Ich habe einfach so getan, als würden wir<br />
schon in dieser Gesellschaft leben, in der<br />
es keinen Unterschied macht. Deswegen<br />
ist ja auch das Medien-Echo auf meinen<br />
Post <strong>vom</strong> Dezember so enorm groß gewesen<br />
<strong>–</strong> weil es vorher noch keine:n junge:n<br />
Schauspieler:in gab in Deutschland, der<br />
oder die das so öffentlich gemacht hätte.<br />
Auch mit der #ActOut-Initiative gehen wir<br />
gerade in eine super Richtung.<br />
Kam dein Post denn spontan?<br />
Nein, nicht spontan. 2019 im Sommer habe<br />
ich mit meinen Agent:innen zu Abend<br />
gegessen <strong>–</strong> und denen mitgeteilt, dass ich<br />
spüre, dass ich das gerne öffentlich machen<br />
möchte, aber noch nicht weiß, wann.<br />
Ich hatte gespürt, dass ich diesen Schritt<br />
gehen muss <strong>für</strong> die Community und <strong>für</strong><br />
die Sichtbarkeit. <strong>Das</strong>s es dann so schnell,<br />
nämlich schon im Winter 2020 passierte <strong>–</strong><br />
das hat dieses Covid-Jahr verursacht. Weil<br />
ich so viel zu Hause war und mir so viele<br />
Gedanken übers Leben gemacht habe und<br />
was mir wichtig ist. Ich habe Weihnachten<br />
gewählt, weil mir das wichtig war als Fest<br />
der Liebe.<br />
Wie war eigentlich dein inneres Coming-<br />
Out? <strong>Das</strong> liegt ja nun schon lang zurück.<br />
Die einzige Hürde war, dass ich wusste, dass<br />
ich Schauspieler werde. <strong>Das</strong> war vor 13 Jahren,<br />
ungefähr. Da habe ich noch richtig doll<br />
gedacht: „<strong>Das</strong> werde ich niemals öffentlich<br />
machen. Machen können. Weil das die<br />
Branche nicht zulässt.“ Und trotzdem hat<br />
eine innere Kraft mich überzeugt, dass ich<br />
nicht gegen mein Schwulsein ankämpfe.<br />
<strong>Das</strong> wäre auch ein aussichtsloser Kampf geworden.<br />
Mein Privatleben wollte ich nach<br />
außen hin schützen <strong>–</strong> bin aber trotzdem<br />
immer schon mit meinem Partner Hand in<br />
Hand gelaufen. Auch in Berlin. Alle meine<br />
Kolleg:innen wussten Bescheid. Auch bei<br />
Gesprächen am Set. Presse und Öffentlichkeit<br />
hab ich aber außen vor gelassen.<br />
Und warum nun also doch der öffentliche<br />
Post?<br />
Den Post hab ich letztlich weniger gemacht,<br />
weil es mein eigenes Bedürfnis war.<br />
Natürlich kam das dazu, dass ich das schön<br />
fände, wenn Felix öffentlich an meiner<br />
Seite steht bei einer Veranstaltung. Aber<br />
viel mehr wog der Grund <strong>für</strong> mich, dass<br />
ich das der Community schuldig war. Ich<br />
selbst hätte als Jugendlicher jemanden gebraucht,<br />
der das als Schauspieler problemlos<br />
offen lebt. Was mich selbst überrascht<br />
hat: Ich habe eine unglaubliche Erleichterung<br />
gespürt, als ich den Post gesetzt habe.<br />
<strong>Das</strong> ist ein wunderschönes Gefühl.<br />
Damals war #ActOut schon voll in der<br />
Planung. Gab’s da schon ein Brodeln hinter<br />
den Kulissen?<br />
Ich hatte das Gefühl, dass ich bei #ActOut<br />
relativ spät angefragt wurde. <strong>Das</strong> war kurz<br />
nachdem ich schon beschlossen hatte, dass<br />
ich am 26.12. den Post mache. Dabei hatte<br />
ich mit niemandem aus der Branche darüber<br />
geredet. Ich bekam also den Anruf von<br />
#ActOut und dachte: Krass, es geht sehr,<br />
sehr vielen Menschen in diesem Jahr so.<br />
<strong>Das</strong> fand ich toll.<br />
Wie war das <strong>für</strong> dich eigentlich, in „Die Mitte<br />
der Welt“ 2016 den bisexuellen Nicholas<br />
zu spielen <strong>–</strong> bevor du selbst öffentlich out<br />
warst?<br />
<strong>Das</strong> ist eine sehr wichtige Frage! Denn sobald<br />
man homosexuelle Rollen annimmt,<br />
rattert das ja durch den Kopf: „Was wird die<br />
Presse fragen?“ <strong>Das</strong> fand ich total traurig,<br />
dass solche Gedanken aufkommen. <strong>Das</strong><br />
war aber 2016 leider noch so. Ich dachte<br />
erst, ich kann das nicht machen, weil die<br />
Interview-Fragen alle auf meine Sexualität<br />
ausgerichtet sein würden. Dann habe ich<br />
aber gedacht, ich muss das machen <strong>–</strong> weil<br />
„Die Mitte der Welt“ schon lange eines<br />
meiner Lieblingsbücher ist. <strong>Das</strong> Besondere<br />
am Charakter von Nicholas aber überhaupt<br />
an „Die Mitte der Welt“ ist ja, dass es gerade<br />
nicht ums Geschlecht geht. <strong>Das</strong> sagt auch<br />
Louis Hofmann in seiner Rolle als Phil. Es<br />
geht in diesem Film nicht um Mobbing. Es<br />
geht nie darum, dass die Familie ein Problem<br />
damit hätte. Auch die Sexualität ist<br />
nebensächlich: Wenn Nicholas eine Nicole<br />
gewesen wäre, hätte sich der Film kaum<br />
verändert. <br />
Stefan Hochgesand<br />
Jannik Schümann („Charité“, „Die Mitte der Welt“), 28 Jahre alt, hat am 26.12.2020 dieses Foto<br />
aus der Hasenheide mit seinem Freund gepostet <strong>–</strong> samt einem Herzchen.<br />
Er ist, gemeinsam mit 185 queeren Menschen aus der Filmbranche, Teil der #ActOut-Initiative,<br />
die es am 5.2.2021 aufs Cover des „SZ-<strong>Magazin</strong>s“ schaffte.<br />
Ihre Position: Queerness darf in der Filmbranche nicht mehr unterdrückt werden.<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 7
CAMPUS<br />
TITEL: QUEERER KOSMOS<br />
Ganz schön bunt<br />
Von Studiengang bis Konferenz, von Buddy-Programm bis Filmfestival:<br />
Wo man sich schlau machen kann über queere Theorie <strong>–</strong><br />
und wie Erstis am besten Anschluss finden<br />
Text: Philipp Wurm<br />
LGTBIQ-Themen<br />
in der Wissenschaft<br />
ZENTRUM FÜR TRANSDISZIPLINÄRE<br />
GESCHLECHTERSTUDIEN<br />
Ob Antidiskriminierungspraxis, Homosexuellenbewegung<br />
oder die Exegese von Rollenbildern im Koran:<br />
In dieser Denkfabrik beleuchten junge und alte<br />
Wissenschaftler:innen gender-theoretische Themen<br />
aus allen Perspektiven. Die „Genderbibliothek“ des<br />
Instituts ist ein Sammelsurium <strong>für</strong> Neugierige, die ihr<br />
Wissen über Mythos und Wirklichkeit in Bezug auf<br />
Cis-, Queer- oder Trans*-Identität vertiefen wollen.<br />
Wer zum Mastermind werden will, kann sich auch<br />
gleich einschreiben <strong>–</strong> und im Studienfach „Gender<br />
Studies“ viele Aha-Momente erleben.<br />
Georgenstraße 47, 1. OG, Mitte, www.gender.hu-berlin.de<br />
MASTER-STUDIENGANG „GENDER,<br />
INTERSEKTIONALITÄT UND POLITIK“ DER FU<br />
Physiker:innen schwören auf Einstein und Marie Curie,<br />
Ökonom:innen auf Schumpeter und Keynes <strong>–</strong> und die<br />
Geschlechterforschung hebt vor allem eine streitbare<br />
Frau aus den USA auf den Sockel, die Philosophin<br />
Judith Butler. Mit ihrem 1990 erschienen Werk „<strong>Das</strong><br />
Unbehagen der Geschlechter“ schuf sie einen Klassiker<br />
des Fachs. Wer den Master-Studiengang „Gender, Intersektionalität<br />
und Politik“ an der FU belegt, hat das<br />
Standard-Buch womöglich schon im eigenen Regal<br />
stehen.Andernfalls kann man sich ja in den kommenden<br />
Jahren abends im Ohrensessel einlesen. Und dann,<br />
nach dem Bachelor in einem anderen Fach, sich <strong>für</strong><br />
dieses Master-Studium einschreiben. Für Leute aus<br />
der LGTBIQ-Szene wird es in den Seminaren besonders<br />
interessant: In dieser Forschungsdisziplin wird der heteronormative<br />
Blick auf die Welt überwunden.<br />
Otto-Suhr-Institut <strong>für</strong> Politikwissenschaft, Fachbereich<br />
Politik- und Sozialwissenschaften, Ihnestraße 22, Dahlem,<br />
www.fu-berlin.de<br />
GENDER OPEN<br />
Ein Open-Source-Projekt von HU, TU und FU: In dieser<br />
digitalen Bibliothek können sich Anfänger:innen,<br />
Quereinsteiger:innen und Profis kostenlos durch<br />
die vertrackten Diskurse der Geschlechterforschung<br />
blättern; der Bestand umfasst 2.000 Publikationen.<br />
Ein Gimmick <strong>für</strong> lange Lesenächte am Laptop.<br />
www.genderopen.de<br />
Konferenzen & Festivals<br />
EVERYBODY’S BUSINESS:<br />
TOILETS AS A CONTESTED SPACE<br />
Wer in einer Gesellschaft die Macht hat, zeigt sich<br />
anhand der Männerdominanz in Chef-Etagen. Oder<br />
anhand der Unverwüstlichkeit des generischen Maskulinums.<br />
Doch auch ein abseitiger Ort wie die Toilette<br />
ist ein Gradmesser. Daher untersuchen die Gender-<br />
Forscher:innen auf dieser Konferenz den Lokus.<br />
Die große Verbreitung von Männer-Pissoirs könnte<br />
nämlich ebenso Ausdruck des Patriarchats sein. Zumal<br />
Urinale <strong>für</strong> Frauen eher selten sind. Wie erbittert<br />
der Kulturkampf ums Klo geführt wird, beweist auch<br />
der Aufschrei, wenn in öffentlichen Gebäuden eine<br />
Toilette <strong>für</strong>s dritte Geschlecht gebaut wird.<br />
Sa 18.11.<strong>–</strong>Mo 20.11., Humboldt-Universität,<br />
www.gender.hu-berlin.de/de/veranstaltungen<br />
SOURA FILM FESTIVAL<br />
Im Westen lockt queeres Kino mittlerweile sogar das<br />
Mainstream-Publikum, wovon allein die Leinwandpräsenz<br />
des frankokanadischen Regie-Superstars Xavier<br />
Dolan zeugt („Laurence Anyways“, „Mommy“). Im Nahen<br />
Osten und Nordafrika, den Kosmen der arabischsprachigen<br />
Welt, sind schwul-lesbische Filmemacher oft Außenseiter<br />
<strong>–</strong> und müssen nicht selten Repressalien <strong>für</strong>chten.<br />
Auf dem Souran-Festival im Neuköllner Kulturzentrum<br />
„Oyoun“ bekommen diese Modernist:innen ein<br />
Podium. Und präsentieren ihre Werke.<br />
Do 21.10.<strong>–</strong>So 24.10, Oyoun, Lucy-Lameck-Str. 32, Neukölln,<br />
www.sourafilmfest.com<br />
VIELFÄLTIGE FAMILIEN:<br />
ELTERNSCHAFT UND FAMILIE/N JENSEITS<br />
VON HETERONORMATIVITÄT UND<br />
ZWEIGESCHLECHTIGKEIT<br />
Lange war die klassische Familie mit Vater, Mutter<br />
und kindlichem Anhang ein unverrückbares Ideal<br />
der bürgerlichen Gesellschaft. Heute ist aus dieser<br />
Monokultur eine Vielfalt geworden. Adoption, Co-<br />
Parenting und andere Modelle ermöglichen auch<br />
queeren Menschen das Familienglück. Auf dieser Tagung<br />
erörtern Wissenschaftler:innen den Trend <strong>–</strong> und<br />
entdecken Vorurteile in der Mehrheitsgesellschaft.<br />
Do+Fr 7.+8.10., Humboldt-Universität, Unter den Linden 6,<br />
Senatssaal, Mitte, www.gender.hu-berlin.de/de/veranstaltungen<br />
8<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
TITEL: QUEERER KOSMOS<br />
CAMPUS<br />
Kulturelle Orte<br />
BUCHHANDLUNG „SHE SAID“<br />
Mitten im hibbeligen Neukölln, genau genommen<br />
am Kottbusser Damm, fächert sich in einem Buchladen<br />
eine ganze Britannica von Literatur jenseits<br />
heterosexueller Männlichkeit auf. Die Politikwissenschaftlerin<br />
und Soziologin Emilia von Senger hat das<br />
Fachgeschäft „She Said“ im Jahr 2020 gegründet <strong>–</strong> und<br />
füllt seither damit ein Vakuum im Buchhandel. Nur<br />
feministische und queere Werke sind dort die begehrte<br />
Ware, von Roman bis Sachbuch, von kanonischem<br />
Werk bis „Spiegel“-Bestseller“, von Virgina Woolf bis<br />
zum Trans*-Aktivisten Linus Giese. Eine Insel der<br />
Horizonterweiterung.<br />
Kottbusser Damm 79, Neukölln, Mo-Fr, 10<strong>–</strong>19 Uhr,<br />
Sa, 10-18 Uhr, www.shesaid.de<br />
SCHWULES MUSEUM<br />
Dieses Ausstellungshaus ist eine Errungenschaft der<br />
Schwulenbewegung der 80er-Jahre. In diesem aufregenden<br />
Jahrzehnt, das erstmals queeres Leben in den<br />
Mittelpunkt des kulturellen Interesses rückte, von Boy<br />
George bis Ralf-König-Comic, ist das Schwule Museum<br />
von Spontis gegründet worden. Heute ist das Museum<br />
längst ein Kulturerbe: Mit rund 1,5 Millionen Archivalien<br />
ist die Sammlung der deutschlandweit größte<br />
Erinnerungsschatz der LGBTIQ-Szene. Mit wechselnden<br />
Ausstellungen mischen sich Kurator:innen immer<br />
wieder in politische Debatten ein.<br />
Schwules Museum Lützowstraße 73, Tiergarten, Mo, Mi, Fr, 12<strong>–</strong>18<br />
Uhr, Do, 12<strong>–</strong>12 Uhr, Sa, 14<strong>–</strong>-19 Uhr, So, 14<strong>–</strong>18 Uhr (außer 1. So im<br />
Monat: 12<strong>–</strong>20 Uhr) www.schwulesmuseum.de<br />
Kontakte & Anlaufstellen<br />
QUEER-REFERATE DER UNIVERSITÄTEN<br />
Die Leute in den Astas von HU, TU und FU, den drei<br />
großen Unis in Berlin, sind Freund:innen der Regenbogenfarben.<br />
Weshalb sie Referate ins Leben<br />
gerufen haben, die die Interessen von Leuten aus der<br />
LGBTIQ-Community vertreten. In diesen Gruppen<br />
können Erstsemester und andere <strong>Campus</strong>-Neulinge<br />
ihren Frust teilen <strong>–</strong> ob über fordernde Lernpläne oder<br />
die Anonymität im Audimax. Oder Flirts und andere<br />
Komplizenschaften anbahnen. Ebenso möglich:<br />
politische:r Aktivist:in zu werden.<br />
Mehr Infos:<br />
Technische Universität: https://asta.tu-berlin.de/queer-referat/<br />
Freie Universität: https://astafu.de/referate/schwul<br />
Humboldt-Universität: https://www.refrat.de/lgbti.html<br />
„QUEER BUDDY PROGRAMM“ DER HWR<br />
Die queere Community an der Hochschule <strong>für</strong> Wirtschaft<br />
und Recht ist ein sehr netter Menschenschlag.<br />
Dort gibt es das „Queer Buddy Programm“: An diesem<br />
können Erstis, Auslandsstudierende und andere Suchende<br />
mit einem Paten bzw. eine Patin anbandeln.<br />
Sodann wird man durchs Dickicht von Vorlesungen,<br />
Seminaren und Lerngruppen navigiert, vielleicht<br />
sogar durchs funkelnde Nachtleben der Stadt. Außerdem<br />
gibt es an der HWR eine Telegram-Gruppe <strong>für</strong><br />
Queers sowie gemeinsame Events, darunter Tingeltouren<br />
entlang von Szene-Locations.<br />
www.asta-hwr.de/meinqueerbuddy2<br />
DER IDIOT<br />
nach Fjodor M. Dostojevskij, Regie: Sebastian Hartmann<br />
Premiere: 23. Oktober 2021<br />
Student:innen-Tickets<br />
<strong>für</strong> alle Vorstellungen 9 Euro<br />
deutschestheater.de<br />
EINSAME MENSCHEN<br />
von Gerhart Hauptmann, Regie: Daniela Löffner<br />
Premiere: 29. Oktober 2021<br />
MICHAEL KOHLHAAS<br />
von Heinrich von Kleist, Regie: Andreas Kriegenburg<br />
Berlin-Premiere: 30. Oktober 2021
CAMPUS<br />
TITEL THEMA BLINDTEXT<br />
In der Schwebe<br />
Die „Floating University“, gelegen in der<br />
Nähe des Tempelhofer Felds, ist eine Lernstätte<br />
<strong>für</strong> Draußenmenschen<br />
Text: Philipp Wurm<br />
Foto: Vorname Nachname<br />
10<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
TITEL THEMA BLINDTEXT<br />
CAMPUS<br />
Fotos: Vorname Nachname<br />
Foto: Lena Giovanazzi<br />
Gegenüber erstreckt sich das große Elysium<br />
der „Stadt von unten“-Demokratie,<br />
nämlich das Tempelhofer Feld. Mit Urban-<br />
Gardening-Kolonien, Skaterpisten und<br />
einer schier endlosen Wiesenfläche. Die<br />
unkonventionelle Nachbarschaft passt zur<br />
„Floating University“, jenem <strong>Campus</strong> in<br />
Kreuzberg, der auf dem Areal eines ehemaligen<br />
Rückhaltebeckens <strong>für</strong> Regenwasser<br />
angesiedelt ist.<br />
Die dortigen Hörsäle sind Bauten, die teils<br />
auf Stegen gebettet sind. Am Ufer steht ein<br />
Kinosaal mit Reetwänden. Manche Konstruktionen<br />
schweben gleichsam übers Nass<br />
in der Grube. <strong>Das</strong> Programm in diesem<br />
Kleinod ist zukunftsweisend: Dort steigen<br />
immer wieder Workshops und andere Zusammenkünfte,<br />
deren Teilnehmer:innen<br />
die Stadt von morgen erproben. Die Philosophie:<br />
ein Großstadtleben im Einklang mit<br />
der Natur. Und mit menschlichen Ursehnsüchten,<br />
etwa nach sozialer Zugehörigkeit.<br />
Errichtet haben diesen Ort die<br />
Architekt:innen des Kollektivs „Raumlabor“.<br />
Für ihre „Floating University“ ist die<br />
Gruppe in diesem Jahr mit dem Goldenen<br />
Löwen auf der Architektur-Biennale ausgezeichnet<br />
worden. Dort hatte es unter<br />
anderem eine Rekon struktion gegeben. Ein<br />
Gütesiegel.<br />
Lilienthalstraße 32, Kreuzberg,<br />
https://floating-berlin.org<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 11
CAMPUS<br />
STUDIEREN: #ICHBINHANNA UND DIE FOLGEN<br />
Forschen kann schön sein. Noch schöner wäre es, wenn sich die meisten Wissenschaftler:innen<br />
nicht ständig um ihre berufliche Zukunft sorgen müssten<br />
12<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
STUDIEREN: #ICHBINHANNA UND DIE FOLGEN<br />
CAMPUS<br />
Der Arbeitskampf<br />
der<br />
schlauen Köpfe<br />
Befristete Verträge,<br />
wenig Geld, viel<br />
Stress <strong>–</strong> die Job-<br />
Bedingungen <strong>für</strong> junge<br />
Wissenschaftler:innen<br />
sind mies. Die Bewegung<br />
„#IchBinHanna“<br />
schuf da<strong>für</strong> öffentliche<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Was hat der Aufschrei<br />
gebracht?<br />
Text: Tim Kröplin<br />
Foto: imago images / Javier de la Torre/Westend61<br />
Wenn man die Psychologin Nadine Meyer* fragt,<br />
wie viele Verträge sie im vergangenen Jahr hatte,<br />
kommt sie durcheinander. „Vielleicht waren es fünf,<br />
sicher bin ich nicht.“<br />
Die 28-Jährige ist Doktorandin an der Humboldt<br />
Universität und vertritt dort derzeit eine Kollegin<br />
in Elternzeit. Davor hatte sie eine neunmonatige<br />
Stelle bei ihrer Doktormutter, ebenfalls an der HU,<br />
und davor war sie an einem außeruniversitären Berufskolleg.<br />
Aufzählungen, die als abendfüllendes<br />
Programm durchgehen und <strong>für</strong> die meisten jungen<br />
Wissenschaftler:innen in Deutschland zum beruflichen<br />
Alltag gehören.<br />
Wie Nadine Meyer hetzen sie von Institut zu Institut,<br />
von Arbeitsvertrag zu Arbeitsvertrag. Manchmal<br />
können sie ein paar Jahre bleiben, manchmal nur<br />
wenige Monate.<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 13
CAMPUS<br />
STUDIEREN: #ICHBINHANNA UND DIE FOLGEN<br />
Innovationen lassen sich so nur schwer erarbeiten.<br />
Für Außenstehende ist ein derartiges Berufsleben<br />
kaum vorstellbar, gibt es doch genug Arbeitsgesetze,<br />
die berufliche Sicherheit versprechen. Gerade<br />
Studienanfänger:innen kann deshalb eine böse Überraschung<br />
erwarten, sollten sie sich <strong>für</strong> eine wissenschaftliche<br />
Laufbahn entscheiden.<br />
Wissenschaftsbetriebe bieten selten unbefristete<br />
Stellen an, da dort gehofft wird, mittels vieler wechselnder<br />
Köpfe mehr geistige Frische zu erreichen <strong>–</strong> zu<br />
Ungunsten der Mitarbeitenden. „Die setzen auf die<br />
Hire-and-Fire-Methode. Kommen, abarbeiten, gehen“,<br />
sagt Meyer. Eine festgefahrene Personalpolitik ist dabei<br />
das eine Problem. <strong>Das</strong> andere ist die Gesetzeslage.<br />
Denn Forschungseinrichtungen begründen die<br />
prekären Arbeitsbedingungen unter anderem mit<br />
dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG).<br />
Ein Wortungetüm, das große Karrierepläne kleinprügelt<br />
<strong>–</strong> und dem Nachwuchs zeigt, was eine Wissenschaftslaufbahn<br />
bedeuten kann.<br />
Kleines Gesetz mit großen Lücken<br />
Vereinfacht macht das Gesetz Kettenbefristungen<br />
möglich. Ohne Sachgrund können Promovierende<br />
dadurch bis zu sechs Jahre befristet beschäftigt werden<br />
<strong>–</strong> und nach Abschluss, in der Post-Doc-Phase,<br />
noch mal weitere sechs Jahre. Je nachdem, ob die<br />
Leute bleiben sollen. Studentische Hilfskräfte dürfen<br />
an Universitäten ebenfalls nur bis zu sechs Jahre<br />
beschäftigt werden. Wer in der Regelzeit bleibt, muss<br />
sich nicht sorgen. Immer fleißig lernen, und es passt<br />
schon. Irgendwie.<br />
Bereits seit 2007 ist das WissZeitVG in Kraft. Eine<br />
Mindestlaufzeit <strong>für</strong> Arbeitsverträge ist darin nicht<br />
genau geregelt. Verträge von einem Jahr oder darunter<br />
sind entsprechend üblich, was Kettenbefristungen<br />
ermöglicht. „Ich habe <strong>für</strong> meine Promotion beim WBZ<br />
einen Zweijahresvertrag mit Chance auf Verlängerung<br />
bekommen <strong>–</strong> wie viele andere auch. Niemand<br />
der Doktorand:innen wurde jedoch in der Zeit fertig.<br />
Nach Ablauf standen wir also wieder mit leeren Händen<br />
da“, sagt Nadine Meyer.<br />
Eigentlich sollte 2016 eine Reform genau diesen<br />
Umstand verhindern. In angenehmem Juristendeutsch<br />
müssen demnach Vertragsbefristungen dem<br />
jeweiligen Qualifikationsziel, etwa Promotion, angemessen<br />
sein. Leider klafft da ein Schlupfloch. Was<br />
„angemessen“ bedeutet, ist offen. Dank einer unkonkreten<br />
Formulierung sind Kurzzeitverträge weiterhin<br />
möglich, das Problem bleibt ungelöst. Gewerkschaften<br />
wie auch Parteien im linken Spektrum forderten<br />
eine weitere Überarbeitung. Getan hat sich lange<br />
nichts. Bis die Initiative „#IchBinHanna“ das Thema<br />
auf eine öffentliche Bühne zerrte.<br />
Druck, Druck, Druck<br />
Ein Video des Bundesministeriums <strong>für</strong> Bildung und<br />
Forschung führte zu einem Aufschrei oder moderner:<br />
einem Shitstorm. Mit verkrampfter Lockerheit<br />
und schrägem Comic-Look werden die Vorteile des<br />
WissZeitVG anhand einer Doktorandin erklärt, der<br />
Biologin Hanna. So sollen die Personaltableaus an den<br />
Unis dank der Regelung nicht verstopfen und nachrückende<br />
Generationen Chancen auf Stellen erhalten.<br />
Nun waren laut Tagesspiegel 2020 nur 19 Prozent aller<br />
Stellen an Universitäten unbefristet, der Rest musste<br />
gehen und sich neu umsehen. Viel Frust also <strong>für</strong> die<br />
Betroffenen. Immerhin hofft man nach Ausbildungsabschluss<br />
auch auf eine Übernahme - wie es in der<br />
freien Wirtschaft häufig der Fall ist.<br />
Rotation an Forschungseinrichtungen soll eigentlich<br />
den Innovationmotor Deutschlands stärken<br />
<strong>–</strong> ähnlich wie ein Ölwechsel. Würden wir Universitäten<br />
als Unternehmen verstehen, wären diese kaum<br />
effizient. Fachkräfte bis zu zwölf Jahre finanziell zu<br />
fördern und auszubilden, um sie darauf entweder<br />
zum Vorgesetzten zu machen, etwa mittels Professorenstellen,<br />
oder gehen zu lassen, sorgt auf den<br />
ersten Blick vielleicht <strong>für</strong> frischen Wind, aber auch <strong>für</strong><br />
verschenktes Potenzial. Viele landen auf dem freien<br />
Markt. Ausgebrannt.<br />
In einem Unternehmen wäre es kaum vorstellbar,<br />
ausgebildete Fachkräfte zum Gehen zu zwingen, um<br />
kurz darauf wieder von vorn anzufangen. Dann heißt<br />
es nämlich: neue Projekte erdenken, Finanzierungsanträge<br />
stellen, Bewerbungen schreiben. In ihrer<br />
Laufbahn steht der wissenschaftliche Nachwuchs<br />
irgendwann knietief im Formularmorast.<br />
Ebenso problematisch daran ist, dass die dadurch<br />
resultierende gelegentliche Arbeitslosigkeit eine Wissenschaftslaufbahn<br />
zu einer Exklusiv-Angelegenheit<br />
<strong>für</strong> privilegierte Milieus macht. Wer es sich leisten<br />
kann, eventuell von der Familie finanziert wird, hat<br />
damit kein Problem. Fehlt jedoch das Geld, war’s das.<br />
Jobs <strong>für</strong> gehobene Gesellschaftsschichten.<br />
Grenzten früher einmal Studiengebühren die<br />
Arbeiterkinder an Unis aus, sind es nun die Bedingungen<br />
im Wissenschaftsbetrieb. „Und wenn nur<br />
noch ein elitärer Haufen an Unis ist, der nichts <strong>für</strong> die<br />
Gesellschaft tut, bringt das auch keinen wirklichen<br />
Fortschritt“, sagt Nadine Meyer.<br />
So lange das Thema auch bekannt ist <strong>–</strong> abseits<br />
der akademischen Bubble war das Problem kaum jemandem<br />
bewusst. Der „#IchBinHanna“-Clip drückte<br />
Betroffenen die heiße Nadel in die Hand, um die Blase<br />
platzen zu lassen. Plötzlich bekamen auch Außenstehende<br />
mit, wie es um die Arbeitsbedingungen in der<br />
Wissenschaft steht.<br />
Wissenschaftler:innen, vereinigt euch!<br />
Drei Jahre nach Erscheinen des Clips, 2021, posteten<br />
Betroffene nun ihre Geschichten auf Twitter. Sie<br />
sprachen von Unsicherheiten, Ängsten, unzähligen<br />
Stunden, die sie <strong>für</strong> Anträge und Gutachten investieren<br />
müssen. Familienplanung? Kaum umsetzbar.<br />
Zeitweise Arbeitslosigkeit? Ganz normal. Überstunden?<br />
Alltag.<br />
„In vielen der Geschichten habe ich mich wiedergefunden.<br />
Häufig lähmt mich der Druck, und es gibt<br />
Tage, an denen ich nicht wirklich arbeiten kann“, sagt<br />
14<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
STUDIEREN: #ICHBINHANNA UND DIE FOLGEN<br />
CAMPUS<br />
„Es treibt einen stets die Frage um,<br />
wo es als nächstes hingeht, ob es<br />
genug Optionen gibt und wenn ja,<br />
welche ich habe“<br />
Mathias Berek, wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
Fotos: Christoph Loeffler<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 15
CAMPUS<br />
STUDIEREN: #ICHBINHANNA UND DIE FOLGEN<br />
Meyer. Solange keine unbefristete Stelle in Aussicht<br />
ist, nimmt der Druck nicht ab.<br />
Der 45-jährige Kulturwissenschaftler Mathias Berek<br />
hat seine Promotion etwa längst hinter sich, 2019<br />
hat er sogar habilitiert. Trotzdem dominieren häufige<br />
Stellenwechsel seine Vita. Derzeit hat er eine auf vier<br />
Jahre befristete Stelle an der TU Berlin.<br />
„<strong>Das</strong> klingt <strong>für</strong> Leute in der Wirtschaft absurd, aber<br />
in unserem Bereich lecken sich die Leute ihre Finger<br />
danach“, sagt er. „Es treibt einen stets die Frage um,<br />
wo es als nächstes hingeht, ob es genug Optionen gibt<br />
und wenn ja, welche ich habe. Man gewöhnt sich so<br />
sehr daran, dass man über eine Stelle über vier Jahre<br />
glücklich ist.“<br />
Eigentlich gibt es genug Studien, die belegen,<br />
dass viel Druck nicht wirklich zu besseren Arbeitsergebnissen<br />
führt <strong>–</strong> das gilt auch <strong>für</strong> innovative<br />
Ideen. Stress lähmt Kreativität. Die aber können<br />
Wissenschaftler:innen gut gebrauchen. Viele wandern<br />
deshalb ins Ausland, weil sie etwa in den USA bessere<br />
Arbeitsbedingungen bekommen, sich entsprechend<br />
mehr aufs Forschen konzentrieren können.<br />
Warum der laute Aufschrei hierzulande so lange<br />
auf sich warten ließ, ist nicht nachvollziehbar <strong>–</strong> weder<br />
<strong>für</strong> Meyer noch <strong>für</strong> Berek. Beide hat die öffentliche<br />
Debatte überrascht, vor allem weil sie so spät kam.<br />
Umso mehr freuen sie sich, dass es allmählich öffentlichen<br />
Anstoß gibt.<br />
Immerhin sind es auch ihre Erfahrungen, die die<br />
Umstände <strong>für</strong> die Öffentlichkeit zugänglich machen,<br />
die Empathie erzeugen <strong>–</strong> auch in der Politik.<br />
Bisschen Reform ist drin<br />
Streiks, Arbeiteraufstände, Kämpfe <strong>für</strong> Gerechtigkeit,<br />
eigentlich das perfekte Thema <strong>für</strong> Sozialdemokraten<br />
und andere Linke, eben <strong>für</strong> eine rot-rot-grüne Regierung.<br />
In Berlin bildet R2G die Stadtregierung, und es<br />
gibt eine Reform des Hochschulgesetzes. Alle Probleme<br />
werden mit ihr jedoch nicht gelöst.<br />
Fangen wir klein an. <strong>Das</strong> Berliner Hochschulgesetz<br />
hat einen neuen Namen: Gesetz zur Stärkung der<br />
Wissenschaft. Ein wenig Pathos schwingt da mit, aber<br />
das ist man von Reformen gewohnt.<br />
Interessanter ist ohnehin der Inhalt.<br />
Wissenschaftler:innen müssen seit der neuen Regelung<br />
künftig nach Abschluss ihrer Promotion<br />
unbefristet beschäftigt werden oder eine Perspektive<br />
auf Entfristung bekommen. Vorher stand ein Kann<br />
anstelle des Müssens.<br />
Nun hassen Arbeitgeber:innen Zwänge. Die<br />
Reform sehen sie entsprechend kritisch. In einem<br />
Änderungsantrag schreibt zum Beispiel die Landeskonferenz<br />
der Rektoren und Präsidenten der Berliner<br />
Hochschulen, dass unbefristete Stellen ein begrenztes<br />
Gut seien. Ähnlich formuliert es der Präsident der<br />
Universität der Künste.<br />
„Natürlich müssen wir davon ausgehen, dass,<br />
wenn wir mehr unbefristete Stellen schaffen, diese<br />
auch sehr begehrt sind <strong>–</strong> und dass nicht alle<br />
Wissenschaftler:innen das Recht auf eine Stelle haben”,<br />
sagt Jule Specht. Die Psychologin und Professorin<br />
an der Humboldt Universität kämpft seit sieben<br />
Jahren <strong>für</strong> bessere Arbeitsbedingungen und hat den<br />
Gesetzesentwurf mit verfasst. „Künftig wird es einen<br />
Wettbewerb geben, was Vor- und Nachteile hat.“<br />
Ein Vorteil dahingehend, dass sich leistungsstarke,<br />
besonders fleißige Menschen durchsetzen können.<br />
Vorher waren gute Leistungen kein goldenes Ticket<br />
<strong>für</strong> eine unbefristete Stelle. Mehr spielte enormes<br />
Glück (oder weniger esoterisch: das richtige Timing)<br />
eine Rolle. Es gibt also neue Regeln <strong>für</strong> den Stellenwettbewerb.<br />
Der Nachteil an ihnen: Menschen, die<br />
ebenso Potenzial haben, können sich eventuell nicht<br />
durchsetzen. Eine Wettbewerbsprämisse ist leider,<br />
dass es auch Verlierer:innen geben muss.<br />
Ein Fortschritt ist es dennoch, wenn auch ein kleiner.<br />
Bisher ist die Reform nur in Berlin in Kraft. Specht<br />
kann sich jedoch vorstellen, dass andere Länder mitziehen.<br />
Allerdings kommt es da drauf an, wer in der<br />
Regierung sitzt. In Berlin waren CDU und FDP gegen<br />
eine Reform des Hochschulgesetzes. „Alternativen<br />
boten sie aber nicht“, sagt Specht. Schade eigentlich.<br />
Mathias Berek hätte diesbezüglich eine Idee: „Wir<br />
könnten etwa über Teilprofessuren nachdenken.“ Teilten<br />
Professor:innen ihre Stellen auf, gäbe es ein größeres<br />
Angebot. <strong>Das</strong> käme auch dem Nachwuchs zugute.<br />
Mit Spaß an der Sache<br />
Immerhin gibt es viele Gründe, in diese einzusteigen.<br />
Für Nadine Meyer ist es etwa die Freiheit, sich mit einem<br />
Thema zu beschäftigen, das ihr am Herzen liegt.<br />
So sieht es auch Mathias Berek: „Trotz aller Lücken<br />
und Durststrecken, die ich beruflich durchmachte,<br />
macht mir Forschen am meisten Spaß. Ich kann mich<br />
dem widmen, was mich begeistert.“ Er kann sich<br />
nicht mehr vorstellen, etwas anderes zu machen. Die<br />
Begeisterung förderte bei ihm ein Professor, der ihn<br />
als studentische Hilfskraft eingestellt hatte <strong>–</strong> wie<br />
übrigens auch bei Jule Specht. Die Magie der Mister-<br />
Miyagi-Momente. Sie sind nicht zwangsläufig nötig,<br />
können aber helfen, Leidenschaft anzuheizen.<br />
Specht versucht deswegen, ihre studentischen<br />
Hilfskräfte ebenso zu fördern: „Bei mir können sie<br />
sich zudem eigenen kleinen Forschungsprojekten<br />
widmen, dadurch die Ups und Downs wissenschaftlicher<br />
Arbeit kennenlernen.“ Wichtig ist aber auch, sie<br />
über die schwierigen Rahmenbedingungen aufzuklären.<br />
Gelegentliche Arbeitslosigkeit, die Selbstbehauptung<br />
in der Ellbogen-Gesellschaft des akademischen<br />
Betriebs, der Stress mit Formularen verlangen einiges<br />
ab.<br />
Fragwürdig, ob jemand freiwillig ein solches<br />
Arbeitsleben in Wirtschaftsunternehmen in Kauf<br />
nehmen würde. Es sind weitere Reformen nötig. Dann<br />
wandert der Nachwuchs auch nicht ab, und der Innovationsmotor<br />
an den Unis läuft fleißig weiter.<br />
*Name durch die Redaktion geändert<br />
16<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
STUDIEREN: #ICHBINHANNA UND DIE FOLGEN<br />
CAMPUS<br />
„Künftig wird es einen<br />
Wettbewerb geben, was Vorund<br />
Nachteile hat “<br />
Jule Specht, Doktorandin<br />
Foto: Jens Gyarmaty<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 17
Advertorial<br />
Deutsche Post DHL<br />
stellt <strong>Studierende</strong> ein<br />
Voll- und Teilzeit möglich sowie Option auf längerfristigen Job<br />
„An den ersten Tagen hatte ich Bedenken,<br />
als ich all die Pakete <strong>für</strong> meine Tour sah.<br />
Doch was anfangs viel aussieht, ist schnell<br />
abgearbeitet“, sagt Leon Sulejmani. Der<br />
19-Jährige studiert Wirtschaftsingenieurswesen<br />
an der TU Berlin und jobbt nebenbei<br />
als Paketzusteller bei DHL. „Zunächst<br />
bin ich zwei Wochen mit meinem Ausbilder<br />
die Tour gefahren. So bin ich gut in den<br />
Job reingekommen“, erzählt der Student.<br />
Arbeiten in der Nähe des<br />
Wohnortes<br />
Leon Sulejmani beginnt morgens um 8<br />
Uhr. Am Logistikzentrum in Kleinmachnow<br />
belädt er seinen Transporter mit Paketen.<br />
„Da DHL in ganz Berlin zustellt,<br />
können wir meist in der Nähe unseres<br />
Wohnortes arbeiten. <strong>Das</strong> spart Zeit“, sagt<br />
Sulejmani, der in Lichterfelde wohnt. Gegen<br />
9.30 Uhr fährt er mit dem beladenen<br />
Transporter in sein Zustellgebiet in Dahlem.<br />
<strong>Das</strong> Navi tariert die Tourabfolge genau<br />
aus, damit Leon Sulejmani keine unnötigen<br />
Kilometer fährt.<br />
„Außerdem sind wir gut ausgestattet. Wir<br />
bekommen Funktionskleidung gestellt.<br />
Zum Schutz gegen Corona erhalten wir<br />
Mund-Nasen-Schutzmasken, Desinfektionsmittel,<br />
und Wasserkanister zum Händewaschen<br />
sind in den Fahrzeugen“, erzählt<br />
Leon Sulejmani. Darüber hinaus sieht er in<br />
seinem Studentenjob bei DHL eine optimale<br />
Vorbereitung <strong>für</strong> sein späteres Berufsleben:<br />
„In der Uni lernen wir die Theorie, wie<br />
man Abläufe verbessert und Bereiche wirtschaftlicher<br />
aufstellt. Wie das in der Praxis<br />
aussieht, erlebe ich zum Beispiel, wenn<br />
neue Technik eingeführt wird, die die Zustellung<br />
vereinfacht.“<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> die<br />
Bewerbung<br />
Die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Bewerbung<br />
als Paketzusteller/in sind ein Autoführerschein,<br />
ein einwandfreies Führungszeugnis<br />
und körperliche Fitness. Darüber hinaus<br />
müssen sich die Bewerber/innen gut<br />
auf Deutsch verständigen sowie schreiben<br />
können.<br />
Jobmöglichkeiten und Gehalt<br />
<strong>Studierende</strong> können als Paket- oder Briefzusteller/in<br />
oder Sortierkraft in einem Logistikzentrum<br />
das gesamte Jahr hindurch<br />
als „Abrufkraft“ oder „Aushilfe in Teilzeit“<br />
arbeiten. „Abrufkräfte“ legen ihre Wochenarbeitszeit<br />
von Woche zu Woche individuell<br />
fest. „Aushilfen in Teilzeit“ haben einen<br />
bindenden Dienstplan, der 15-25 Stunden<br />
pro Woche umfasst. Auch Praktika <strong>für</strong><br />
Schüler/innen sind möglich. DHL zahlt einen<br />
Stundenlohn ab 13,34 €, bzw. 14,06 €<br />
oder 14,60 € - je nach Standort. Wer langfristig<br />
bleibt, erhält zudem Urlaubs- und<br />
Weihnachtsgeld sowie regelmäßig Tariferhöhungen.<br />
„Wenn man sich gut anstellt,<br />
gibt’s auch mal Trinkgeld“, so Leon Sulejmani.<br />
Weitere Infos und Bewerbung unter: www.<br />
werde-einer-von-uns.de oder per Mail an:<br />
Bewerbung.Berlin@deutschepost.de<br />
Für Überstunden gibt es<br />
Freizeitausgleich<br />
Gegen 15 Uhr fährt der Student zum Logistikzentrum<br />
zurück. „Dann habe ich rund<br />
160 Pakete zugestellt. Die meisten wiegen<br />
3-4 Kg, bis zu 31,5 Kg wiegen einzelne zwischendurch.<br />
Da<strong>für</strong> haben wir eine Handkarre.<br />
Ich komme gut in dem Job klar und<br />
bin meist früher fertig als vorgesehen“, sagt<br />
Leon Sulejmani. Sollten doch einmal Überstunden<br />
anfallen, können sie in Absprache<br />
mit dem Chef später „abgebummelt“ werden.<br />
Sulejmani wollte mit dem DHL-Job eigentlich<br />
nur die Wartezeit auf seinen Studienplatz<br />
überbrücken. Doch er ist geblieben.<br />
„Ich verstehe mich gut mit meinen Kollegen.<br />
Mit einigen treffe ich mich in der Freizeit“,<br />
erzählt der Paketzusteller.<br />
Gute Ausstattung <strong>für</strong> die<br />
Mitarbeitenden<br />
Für Leon<br />
Sulejmani ist der<br />
Zustelljob eine<br />
gute Vorbereitung<br />
<strong>für</strong> sein späteres<br />
Berufsleben.<br />
Fotos: Deutsche Post DHL/Denis Herklotz, Thomas Szudobaj, Simon Löffler, Julia Schlüter
Advertorial<br />
Erfolgreicher Karrierestart im Weltkonzern<br />
Drei Nachwuchs-Teamplayer beantworten drei Fragen<br />
Dennis Baron, 32 Jahre,<br />
Personalchef von rund 4.000<br />
Mitarbeitern in der Niederlassung<br />
Brief in Hennigsdorf<br />
Mandy Hänel, 31 Jahre,<br />
Chefin von rund 300<br />
Brief zustellern/innen in<br />
Berlin-Mitte<br />
Lisa Schlüter, 26 Jahre,<br />
seit einem halben Jahr<br />
Trainee bei DHL Supply Chain<br />
in Bonn<br />
Wie bist Du auf die Idee gekommen, Dich<br />
bei der Deutschen Post zu bewerben?<br />
Ich habe Wirtschaftsrecht studiert und<br />
war nebenbei ein Jahr lang Praktikant in<br />
der Personalabteilung bei der Deutschen<br />
Post in Schönefeld. Ich habe Einblicke in<br />
Recruiting über Verhandlungen mit der Gewerkschaft<br />
im Streik bis hin zur Beratung<br />
von Führungskräften bekommen. Für mich<br />
war schnell klar, in dem Konzern möchte<br />
ich bleiben.<br />
Welche Stationen hast Du bisher in Deiner<br />
Karriere gemacht?<br />
Ich habe als Sachbearbeiter in der Abteilung<br />
angefangen, in der ich Praktikant<br />
war und immer wieder meine Kenntnisse<br />
erweitert: Ich habe Schulungen in<br />
Arbeitsrecht und Gesundheitsmanagement<br />
gegeben, Projekte entwickelt und<br />
gelernt, Mitarbeitergespräche zu führen.<br />
Im nächsten Schritt habe ich den Personalchef<br />
der Niederlassung vertreten. Nach<br />
vier Jahren wurde ich selbst Personalchef<br />
in Lübeck. Ein halbes Jahr später bekam<br />
ich dieselbe Funktion in der Niederlassung<br />
in Hennigsdorf.<br />
Welche Tipps hast Du <strong>für</strong> <strong>Studierende</strong> <strong>für</strong><br />
ihren Berufseinstieg?<br />
Habt Geduld und Mut! Geduld ist wahnsinnig<br />
wichtig. Oft steht die eigene Erwartung<br />
an die berufliche Entwicklung, insbesondere<br />
beim Zeithorizont, nicht mit der<br />
gesunden Realität im Einklang. Für eine<br />
nachhaltige persönliche Entwicklung und<br />
dem damit verbundenen Erfolg sollte sich<br />
jede/r Zeit geben. Und ich finde es immer<br />
erfrischend, wenn Berufseinsteigende den<br />
Mut haben, ins kalte Wasser zu springen<br />
und sich neuen Herausforderungen stellen.<br />
Welche Aspekte waren <strong>für</strong> Dich bei der<br />
Berufswahl entscheidend?<br />
Ich habe mich <strong>für</strong> ein Duales Studium bei<br />
der Deutschen Post entschieden, da mir in<br />
dem Bewerbungsgespräch die Stationen<br />
im Unternehmen und die Inhalte des Studiums<br />
genau erläutert wurden. Die gute<br />
Struktur hat mir gefallen. Außerdem finde<br />
ich es spannend, wie viele Menschen daran<br />
beteiligt sind und wie genau die Prozesse<br />
aufeinander abgestimmt sind, damit die<br />
Post schnell beim richtigen Empfänger ankommt.<br />
Seit der Corona-Pandemie weiß ich<br />
besonders zu schätzen, dass ich einen systemrelevanten<br />
Job und somit ein sicheres<br />
Einkommen habe.<br />
Was schätzt Du an Deinem Arbeitgeber?<br />
Immer wenn ich signalisiert habe, dass<br />
ich etwas Neues machen möchte, war es<br />
möglich. Junge Menschen können schnell<br />
Fach- und Führungsverantwortung in unserem<br />
Konzern übernehmen und werden<br />
entsprechend gefördert. Ich durfte zum<br />
Beispiel eine Station in einer anderen Logistiksparte<br />
in Irland einlegen und an einem<br />
Mentoringprogramm speziell <strong>für</strong> Frauen<br />
teilnehmen. Mit 29 Jahren habe ich die<br />
Teamleitung <strong>für</strong> 300 Mitarbeitende übertragen<br />
bekommen.<br />
Was ist Dir im Berufsalltag besonders<br />
wichtig?<br />
Ich bin froh, dass ich noch nie eine Form<br />
von Diskriminierung in meinem Job erlebt<br />
habe. Denn mir ist ein wertschätzender<br />
Umgang wichtig. Meine Chefs sind immer<br />
respektvoll mit mir und den anderen<br />
Mitarbeitenden umgegangen und ich lege<br />
auch in meinem Team großen Wert darauf.<br />
So kommt jeder gerne zur Arbeit.<br />
Warum interessierst Du Dich <strong>für</strong> Logistik?<br />
In meinem BWL-Studium hatte ich einen<br />
Kurs Supply Chain Management. <strong>Das</strong> sind<br />
logistiknahe Dienstleistungen. Zum Beispiel<br />
beauftragen Firmen bei DHL Supply Chain,<br />
dass ihre Kleidungsstücke zusammengelegt<br />
oder auf Bügel aufgehängt und in bestimmten<br />
Größen an bestimmten Tagen an ihre Filialen<br />
geliefert werden. Diesen Logistikzweig<br />
finde ich spannend. Ich habe dann ein Praktikum<br />
bei Daimler im Supply Chain und Logistik<br />
Management gemacht. Da hat sich mein<br />
Eindruck bestätigt. Die Branche ist sehr vielfältig.<br />
Von der Belieferung von Supermärkten<br />
über Schwerlasttransporte und Container-<br />
Schifffahrt bis hin zu Express-Flugzeugen,<br />
die gekühlte Impfstoffe um die Welt fliegen.<br />
Wieso hast Du Dich <strong>für</strong> ein Traineeprogramm<br />
bei der DPDHL Group entschieden?<br />
Ich lerne in eineinhalb Jahren drei Bereiche<br />
des Unternehmens kennen. Darunter ist eine<br />
Auslandsstation. Wir nehmen an Weiterbildungen<br />
teil. Ich wollte zu einem großen Konzern,<br />
weil ich so die Chance habe, weltweit<br />
zu arbeiten. Mir war auch wichtig, dass sich<br />
mein Arbeitgeber <strong>für</strong> den Klimaschutz einsetzt<br />
und gesellschaftliches Engagement fördert.<br />
Wir Trainees haben zum Beispiel nach<br />
den Überschwemmungen im Ahrtal den Menschen<br />
beim Aufräumen geholfen.<br />
Welche Tipps hast Du <strong>für</strong> <strong>Studierende</strong>,<br />
damit sie den richtigen Job finden?<br />
Ich fand es entscheidend, relevante Praktika<br />
zu machen. So konnte ich eingrenzen, was ich<br />
machen will. Die Jobmessen an der Uni waren<br />
<strong>für</strong> mich Gold wert. Und <strong>für</strong> die Auswahlverfahren<br />
in den Firmen ist es ratsam, sich im<br />
Vorfeld über Assessment-Center und gut über<br />
das jeweilige Unternehmen zu informieren.
CAMPUS<br />
STUDIEREN: IM HOME OFFICE MIT ANGSTSTÖRUNG<br />
Jede:r Vierte:r erkrankt<br />
im Lauf seines Lebens<br />
an einer Angsterkrankung.<br />
Unser Autor, der<br />
gerade sein Studium<br />
begonnen hat, ist<br />
einer von ihnen. Seine<br />
favorisierte Umgebung:<br />
lieber zu Hause als der<br />
Hörsaal<br />
Am liebsten zu Hause<br />
Unser Autor, 23, leidet unter Panikattacken. Während der<br />
Corona-Lockdowns fühlte er sich salonfähig mit seinen<br />
Ängsten. Nun <strong>für</strong>chtet er die Rückkehr der Normalität<br />
Text: Jürgen Jonas Rauscher<br />
Sobald es anfängt, denke ich immer:<br />
„Okay, jetzt komme ich nicht mehr davon.“<br />
Wobei das nicht ganz stimmt. Denn<br />
okay ist dann nichts. Eigentlich denke<br />
ich etwas wie: „Verdammt-verdammtverdammt.“<br />
Dazu stöhne ich.<br />
Wenn es anfängt, gibt es einen Moment<br />
der Helligkeit im Kopf. Sehr komisch,<br />
eine Art existenzieller Schwindel.<br />
Mit ihm kommen Todesangst und Untergangsgefühl<br />
<strong>–</strong> und gehen nicht mehr weg.<br />
Mein Herz hetzt. <strong>Das</strong> beruhigt nicht gerade,<br />
denn ich bin in keiner Belastungssituation,<br />
die dieses Up-Tempo rechtfertigen<br />
würde. Es erscheint mir verzweifelt, was<br />
mein gutes Herz macht. Eine wirkungslose<br />
Pumpkanonade in einem stechenden<br />
Brustkorb. Egal, was ich tue, ich entkomme<br />
dem Schrecken nicht. Er hämmert<br />
mir als Erkenntnis durchs Gehirn: „Ich<br />
sterbe!“ Sonst ist da nichts. Ich denke, dass<br />
es vorbei ist. Ich kann nichts dagegen tun,<br />
mich nicht retten. Ich kann das Leben<br />
nicht im Körper halten. <strong>Das</strong> klingt pathetisch<br />
und fühlt sich traurig real an.<br />
Später, ungefähr nach einer halben<br />
Stunde, mal etwas früher, ist der Mensch,<br />
also ich, bei dem es nach einem Herzinfarkt<br />
oder Ähnlichem aussah, okay, bloß<br />
müde. <strong>Das</strong> ist sensationell. <strong>Das</strong> ist eine<br />
Panikattacke.<br />
Gleichzeitig ist es auch keine. Denn<br />
systematisiert nimmt man diese Kaskaden<br />
der Angst nicht wahr. Was mit einem<br />
passiert, wirkt nicht ungefährlich und<br />
vorübergehend. <strong>Das</strong> ist das Wesen der Panikattacke:<br />
dass man sie nicht als solche<br />
erkennt.<br />
Ich werde übernächste Woche 23. Die<br />
letzten sieben Jahre gab es keinen Tag, an<br />
dem mir Angst keine drahtschlingenhafte,<br />
Kopf und Körper durchziehende Struktur<br />
gewesen wäre, die mich dann und<br />
wann starr werden lässt. Was ich habe, ja,<br />
woran ich leide, verbalisieren verschiedene<br />
Diagnosen: Panikstörung, Cardiophobie<br />
(Herzangst), Depression.<br />
An irgendeiner Form der Angststörung<br />
erkrankt hierzulande im Laufe seines<br />
Lebens jede:r Vierte. In der Corona-<br />
Pandemie nahm und nimmt ihre Verbreitung,<br />
gerade die Verbreitung von Panikstörungen,<br />
zu. Corona und Angst ist eine<br />
spannende Kombination. Als das Virus in<br />
Foto: .marqs / Photocase<br />
20<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
STUDIEREN: IM HOME OFFICE MIT ANGSTSTÖRUNG<br />
CAMPUS<br />
Europa eintraf, wurde Angst gesellschaftlich<br />
beachtet. Die Angst hatte zuvor ihre<br />
wesenhafte Funktion als Schutzmechanismus<br />
des Überlebens angetreten. Leben<br />
und Lebensweisen änderten sich folglich.<br />
Nur bei mir nicht.<br />
Bei mir passierte überhaupt nichts. Im<br />
Gegenteil: Alle Menschen glichen sich an<br />
mich an. Die Menschheit wurde ängstlich<br />
und vernünftig häuslich. Im Frühling<br />
2020 saß ich viel zu Hause herum, wie ich<br />
allgemein oft zu Hause herumsaß <strong>–</strong> bloß<br />
saßen jetzt viele zu Hause. Ich bekam die<br />
Rolle des gesellschaftsunfähigen Trottels<br />
los. Außerdem hatte ich den Vorteil des<br />
gewohnten Gangs.<br />
Mit Angst und Einsamkeit kenne ich<br />
mich aus. Vor allem meine Generation<br />
der Unsteten beklagte sich über dieses<br />
Zuhausesitzen, den erzwungenen Stillstand.<br />
Ehrlich gesagt wunderte ich mich<br />
darüber. Ich kannte es, empfand nichts<br />
Besonderes mehr daran und gestand mir<br />
keine Bitterkeit zu. Für mich schienen die<br />
Pandemie und ihre Lockdowns zu Beginn<br />
nicht nachteilig zu sein.<br />
Im März letzten Jahres bereitete ich<br />
mich auf die Abitur-Prüfungen vor. Eine<br />
Schule zu besuchen, das war, seit ich<br />
Angst habe, nie einfach. Angst neigt zum<br />
Wuchern. Bei mir begann sie auf dem<br />
Fußballplatz, nachdem ich <strong>vom</strong> Tod eines<br />
italienischen Profis gelesen hatte. Warum<br />
sollte mir das nicht auch passieren? Sukzessive<br />
fraßen sich Angst und Panik in alle<br />
Lebensbereiche.<br />
In den Jahren der verschiedenen<br />
Therapien, Medikamente und Versuche<br />
bin ich ins Hintertreffen geraten, was<br />
meinen Lebenslauf angeht. Dann, mit<br />
21, als nurmehr ein Schuljahr fehlte und<br />
ich wieder nicht mehr konnte, hatte ich<br />
die Idee, mich selbstständig zu Hause<br />
aufs Abitur vorzubereiten. „Abitur als<br />
anderer Bewerber“ heißt das formell, „externes<br />
Abitur“ informell. Dazu braucht<br />
es einige Unterlagen, die man der Schule,<br />
an der man die Prüfungen ablegen will,<br />
einreicht. Eine Art Bewerbungsgespräch<br />
findet auch statt. <strong>Das</strong> war im Januar 2020.<br />
Da war noch kein Corona. Wenn man<br />
damals <strong>–</strong> wie ich <strong>–</strong> nach Unterstützung<br />
fragte und die Schulleitung um Klausuren<br />
der Abschlussklasse bat, um seinen Leistungsstand<br />
überprüfen zu können, sagte<br />
die Schule: keine Chance, unzumutbar<br />
aufwendig. Schließlich durfte man jedoch<br />
<strong>–</strong> gegen Zahlung einer Kaution <strong>–</strong> Schulbücher<br />
leihen.<br />
Ein Gleicher unter Gleichen<br />
Zweieinhalb Monate später veränderte<br />
Corona die Strukturen. Unterricht lief<br />
nun online, und ich wurde Gleicher unter<br />
Gleichen. Ich konnte halblegal auf die<br />
Lernplattform zugreifen, indem mir jemand<br />
seinen Zugangscode gab. Übungen,<br />
Hefteinträge, Handouts, Lösungen. Ich<br />
bekam die Sache mit dem Abitur hin <strong>–</strong><br />
als merkwürdiger Gast in einer fremden<br />
Klasse, der sich jeden Morgen Benzodiazepin<br />
einschmiss.<br />
Es war wichtig, dass das geklappt hat.<br />
Bei chronischen Krankheiten existiert<br />
nämlich, was mein Psychotherapeut „unausgleichende<br />
Ungerechtigkeit“ nennt.<br />
Der Mechanismus des Folgeschmerzes.<br />
Man fühlt nicht nur den Schmerz der<br />
Krankheit an sich, sondern ebenso den<br />
Schmerz, bestimmte Dinge aufgrund<br />
der Erkrankung nicht zu schaffen. Also:<br />
Es geht einem schlecht, wodurch es einem<br />
schlechter geht. Nach Erik Erikson,<br />
einem bekannten Psychoanalytiker,<br />
kommt es zu Krisen, wenn alterstypische<br />
Entwicklungsaufgaben nicht bewältigt<br />
werden können. Dann erfährt man beispielsweise<br />
eine Adoleszenzkrise, die<br />
sich etwa aufspalten kann in Sexual- und<br />
Identitätskrisen. Also: lange keinen Sex<br />
haben oder die Frage, wie man wäre, wäre<br />
man kein Bewohner des Angstlands. <strong>Das</strong><br />
macht die Dinge nicht leichter. Für mich<br />
war es leichter, als alle Menschen Angst<br />
hatten.<br />
Ich ähnelte der Norm. Ich begann<br />
sogar ein Studium in einer kleiner<br />
deutschen Studentenstadt: Sprach- und<br />
Textwissenschaften. Im vergangenen<br />
Sommersemester konnte ich jede Vorlesung,<br />
jedes Seminar, jedes Tutorium<br />
mitmachen. Die Prüfungen am eigenen<br />
Schreibtisch waren ebenfalls kein Problem.<br />
In dieser Form ginge das ohne Corona<br />
nicht. Fänden alle Veranstaltungen<br />
in Präsenzlehre statt, würde ich es nicht<br />
jeden Tag an die Uni schaffen, zu groß die<br />
Schikanen der Panik. Ich geriete wieder<br />
ins Hintertreffen.<br />
Gerade verlieren die meisten Menschen<br />
ihre Enge <strong>–</strong> zumindest bis in den<br />
Spätherbst. <strong>Das</strong> macht mir Angst. Denn<br />
mir bleibt die Enge, wenn sich die Welt<br />
jetzt weitet. Ich bin wenig in Übung, was<br />
öffentliches Leben betrifft, und mir fehlt<br />
der Vorteil des gewohnten Gangs. Meine<br />
Universität plant, in den vor der Pandemie<br />
üblichen Modus zurückzukehren.<br />
Der vietnamesisch-US-amerikanische<br />
Schriftsteller und Professor Viet Thanh<br />
Nguyen hat in einem Artikel <strong>für</strong> die New<br />
York Times festgestellt, dass er Lehrveranstaltungen<br />
gerne online hält. Denn,<br />
so der Pulitzer-Preisträger von 2016, es<br />
führe zu mehr „human connection“. Auf<br />
mich projiziert stimmt das. Ich hätte gerne,<br />
dass es so bleibt. <strong>Das</strong> heißt nicht, dass<br />
ich ewigen Online-Unterricht fordere,<br />
eher hybride Unterrichtsformen <strong>für</strong> hybride<br />
Lebenszustände.<br />
Mir selbst liegt am meisten daran,<br />
einen gewöhnlichen Alltag zu leben. Es<br />
geht nicht darum, einen Schutzraum zu<br />
haben. Es geht um eine Art Diversifikation<br />
des Normalen. Auch vor Corona gab<br />
es Menschen mit Schwierigkeiten. Und<br />
auch danach wird es solche Menschen<br />
geben.<br />
Berlin am besten erleben<br />
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WINTERSEMESTER 2021/22 21
CAMPUS<br />
TITEL THEMA BLINDTEXT<br />
Draußen vor der Tür<br />
Berlins Parks und Promenaden sind in der<br />
kalten Jahreszeit der perfekte Ort <strong>für</strong> die<br />
Leichtigkeit des Seins<br />
Text: Philipp Wurm<br />
Foto: Vorname Nachname<br />
22<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
TITEL THEMA BLINDTEXT<br />
CAMPUS<br />
Fotos: Vorname Foto: imago Nachname images / Bildgehege<br />
Dieses vermaledeite Leben im Bann der Pandemie,<br />
das eine Wiederkehr des Immergleichen<br />
bedeutete, mit Masken, Inzidenzzahlen und<br />
Christian Drosten, veränderte die Perspektive. Es<br />
schärfte den Blick da<strong>für</strong>, welche Preziosen dieses<br />
sonst so schroffe Berlin draußen vor der Tür zu<br />
bieten hat.<br />
Bislang hatte man die Stadt ja meistens nur<br />
von innen erlebt, im Großraumbüro, in der Bar<br />
oder im Club, auch im eigenen Wohnzimmer.<br />
Oder, im Leben von Menschen mit Semesterticket,<br />
in der Mensa und anderen Räumen der<br />
Hochschulbauten.<br />
Im Angesicht von Covid 19 waren auf einmal<br />
Open-Air-Locations die neuen Knotenpunkte<br />
des gesellschaftlichen Lebens, der Treptower<br />
Park etwa oder das Tempelhofer Feld, das Trottoir<br />
vor dem Späti, der Uferweg an irgendeinem<br />
Kanal. An der frischen Luft hatten die Aerosole<br />
ihren Schrecken verloren <strong>–</strong> und, außerhalb des<br />
Radius̓ der 1,50-Meter-Abstände, wohl auch ihre<br />
Gefahr.<br />
Und so wird in diesem Herbst und Winter<br />
wieder eine große Sehnsucht nach der Unschuld<br />
der Parks und Promenaden empfunden werden<br />
<strong>–</strong> unabhängig davon, ob Corona uns eine weitere<br />
Infektionswelle einbrocken wird.<br />
Zu einprägsam war die im Corona-Winter<br />
2021/22 gemachte Erfahrung, dass Spaziergänge<br />
die Menschen miteinander verbinden können.<br />
Und zu lebhaft ist außerdem die Erinnerung an<br />
die Atemwolken, die unsere Kompagnons im gemeinsamen<br />
Gespräch ausstießen. Ihr Dunst war<br />
warm, aber harmlos.<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 23
CAMPUS<br />
LEBEN: INTERVIEW MIT DRANGSAL<br />
»Meine Musik<br />
ist lustig, aber<br />
kein Witz«<br />
Drangsal ist der Liebling aller Glitzerboys und<br />
Glamourgirls. Warum will der wichtigste Popstar<br />
Berlins nicht mehr cool sein <strong>–</strong> und nennt sogar<br />
einen Song „Schnuckel“?<br />
Interview: Julia Lorenz<br />
Drangsal, dein neues, drittes Album<br />
heißt „Exit Strategy“. Wann wolltest du<br />
das letzte Mal ganz, ganz dringend raus<br />
aus einer Situation?<br />
Vorgestern. Reicht das oder soll ich mehr<br />
erzählen?<br />
Wenn es nicht zu kompromittierend ist.<br />
Es wäre sehr kompromittierend. Ich bin<br />
mit mir selbst schon überfordert, und<br />
wenn dann die Befindlichkeiten anderer<br />
Menschen dazukommen, hätte ich oft<br />
gern eine Exit Strategy.<br />
Dein Song „Urlaub von mir“ handelt von<br />
Selbstüberdruss...<br />
Die ganze Platte handelt davon! Sowas<br />
sieht man aber immer erst mit Abstand.<br />
Wenn man noch mittendrin steckt, fragt<br />
man sich eher: Ist hier die Snare zu laut?<br />
Passt das Master? Erst, wenn man das<br />
Bigger Picture sieht, denkt man: Fuck, da<br />
geht’s ja überall um denselben Mist! Ein<br />
Album zu machen, ist wie ein tausendteiliges<br />
Puzzle zusammenzusetzen. Wenn<br />
du anfängst, weißt du noch nicht, was das<br />
Bild ergeben wird.<br />
Beim Song „Schnuckel“ habe ich gedacht...<br />
...der Typ verliert seinen Verstand?<br />
Vor allem habe ich gedacht, dass das nur<br />
sehr wenige Leute singen könnten, ohne<br />
sich komplett lächerlich zu machen.<br />
<strong>Das</strong> schönste Kompliment, was mir je<br />
einer zu meiner Musik gemacht hat, war:<br />
Jeden anderen würde man da<strong>für</strong> auslachen.<br />
Diese Narrenfreiheit finde ich saugeil.<br />
In einem Song das Wort „Zuckerpuppe“<br />
zu singen, ist of course provokant, weil<br />
sich das nicht gehört <strong>für</strong> einen Feuilletonliebling-Indie-Schmindie-Künstler.<br />
Aber<br />
ich liebe den Spagat zwischen Wendungen<br />
wie „Omnipräsenz trotz Renitenz“ und<br />
„Komasaufen“.<br />
Humor und Musik ist oft eine gefährliche<br />
Kombination.<br />
Meine Musik ist kein Joke. Sie ist lustig,<br />
aber eben kein Witz. Man soll mal drüber<br />
lachen, sie auch lächerlich finden können.<br />
Ich bin darüber weg, mich so ernst zu<br />
nehmen. Weißt du, was mich noch krass<br />
anschiebt? Schnuller. Was ein Wort! Oder<br />
auch Pampers! Zuckermaus! Schnecke!<br />
Schlimme Worte. Glitschige Worte. Sowas<br />
will ich. Ich mag dorthin gehen, wo Sprache<br />
Cringe wird. Jemand hat mal auf Twitter<br />
geschrieben: Ich fänd Drangsal geil,<br />
wenn seine Texte nicht so Cringe wären.<br />
Und ich dachte: Danke! Ernsthaft!<br />
Was macht Spaß daran, „cringy“ zu sein?<br />
Ich will den Cringe entcringen. Ich mag<br />
nicht cool sein, weil ich leider nicht besonders<br />
cool bin. Leute sagen immer, ich<br />
wirke total selbstbewusst, und mit der<br />
Glatze sehe ich jetzt auch ein wenig gefährlich<br />
aus. Aber eigentlich bin ich ganz<br />
klein und cringy, und das finde ich schön.<br />
Hast du auch Schamgrenzen?<br />
Natürlich. Ich schäme mich <strong>für</strong> super<br />
vieles. Für Sachen, die ich gesagt hab, <strong>für</strong><br />
Verhalten, das ich nicht hinterfragt hab.<br />
24<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
LEBEN: INTERVIEW MIT DRANGSAL<br />
CAMPUS<br />
Drangsal heißt<br />
eigentlich Max Gruber<br />
und ist 28 Jahre alt<br />
Foto: Max <strong>vom</strong> Hofe<br />
Für Lügen. Aber ich schäme mich nicht<br />
<strong>für</strong> Äußerlichkeiten oder meinen Musikgeschmack.<br />
Nicht mal <strong>für</strong> die Rave-Synthesizer im<br />
Titelsong „Exit Strategy“? Die wären<br />
den meisten sicher zu drüber.<br />
I don’t give a shit! Wenn du Musik so<br />
hörst, hast du in meinen Augen verloren.<br />
Ich liebe Pathos. Ich liebe unironisch<br />
TicTacToe, und ich möchte damit auch<br />
hausieren gehen, weil ich nicht so tun<br />
will, als würde ich den ganzen Tag Blumfeld<br />
hören. Don’t get me wrong: Ich liebe<br />
Blumfeld, aber wenn ich die höre, muss<br />
ich halt googeln, was „Litanei“ bedeutet.<br />
Meine Musik ist <strong>für</strong> mich wie Hubba Bubba,<br />
zuckersüß, ungesund und schmeckt<br />
nur kurz intensiv. Ich bin gut darin, so zu<br />
tun, als sei ich schlau. Als seien all diese<br />
Geschmacklosigkeiten Genregrenzen<br />
sprengender Mut. Man kann aber auch<br />
sagen, das ist peinlicher Schlagermüll.<br />
Beides ist okay.<br />
Warum ist Kitsch so kraftvoll?<br />
Weil er einfach ist. Wir leben in einer<br />
Welt, die täglich komplexer wird. Aber<br />
ein „Küss mich, Baby“, ausgestreute Rosenblätter,<br />
Satinbettwäsche <strong>–</strong> das ist alles<br />
einfach zu verstehen. Vielleicht ist Kitsch<br />
auch eine Exit Strategy, eine Ablenkung<br />
von der ganzen Scheiße. Wenn alles immer<br />
schwieriger zu durchsteigen ist, will<br />
ich gegensteuern und dumme Musik<br />
machen.<br />
Da<strong>für</strong> ist deine Musik im Gegensatz<br />
zu, sagen wir, Bloodhound Gang oder<br />
Rammstein aber erstaunlich unproblematisch.<br />
Was heißt unproblematisch! Ich war saulange<br />
sauproblematisch. Was ich schon<br />
über andere Künstler gesagt hab, geht auf<br />
keine Kuhhaut.<br />
<strong>Das</strong> war zu Beginn deiner Karriere.<br />
Deine Rolle: der Lästerer, der gegen alle<br />
schießt, ob Isolation Berlin oder Balbina.<br />
Ja, und die Rolle habe ich dann super gerne<br />
gespielt. In den vergangenen Jahren<br />
habe ich mich sehr oft aufrichtig entschuldigt.<br />
Und sehr viel therapeutische<br />
Aufbauarbeit an mir selbst geleistet. Ein<br />
paar Türen, die ich mir selbst zugenagelt<br />
habe, werden nie wieder aufgehen. And<br />
that’s fine. Aber ich bin eben keine 21<br />
mehr und find es nicht cool, ein Hater zu<br />
sein. Es ist so leicht, Leute von dir fernzuhalten,<br />
indem du eklig bist. <strong>Das</strong> ist eine<br />
Form von Kontrolle, aber ätzend.<br />
Welche Sache, die du im Leben gelernt<br />
hast, würdest du gern wieder verlernen?<br />
Zumindest <strong>für</strong> Momente: echte Reflexionsfähigkeit.<br />
Es ist nervig, wenn man<br />
merkt, dass man ein Wichser ist. Dieser<br />
Nach-mir-die-Sintflut-Fuck-you-all-Typ<br />
zu sein, war schon entspannter. Aber ich<br />
bin okay damit, wie es jetzt ist. I am fine.<br />
6 von 10.<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 25
CAMPUS<br />
LEBEN: GUTE PLATTENLÄDEN<br />
Dodo Beach East:<br />
Der älteste<br />
Plattenladen in Ost-Berlin<br />
Ost-Berlins ältester Plattenladen konzentriert sich<br />
auf Krach aus den Gattungen Punk, Metal, Hardcore,<br />
Garage, Hip Hop und Rock’n Roll. Gelegentlich spielen<br />
auch Bands in dem legendären Laden von Henry Voss<br />
alias Vossi. Seit 2018 heißt Vopo Records nun Dodo<br />
Beach East. In Schöneberg gibt es ein<br />
zweites Geschäft.<br />
Dodo Beach East, Danziger Straße 31,<br />
Prenzlauer Berg, Di<strong>–</strong>Sa 13<strong>–</strong>18 Uhr,<br />
www.dodobeacheast.de,<br />
Soultrade: Mit viel Gefühl<br />
<strong>für</strong> Black Music<br />
Dodo Beach, Vorbergstraße 8,<br />
Schöneberg, Mo<strong>–</strong>Sa 13<strong>–</strong>18 Uhr<br />
www.dodobeach.de<br />
Soultrade in Kreuzkölln ist bereits seit Jahrzehnten eine der<br />
Anlaufstellen <strong>für</strong> Vinyl in Berlin. Hier findet ihr genauso neue<br />
Platten wie auch Second-Hand-Ware. Gestartet ist der Plattenladen<br />
mit dem Fokus auf mit Black Music. Heute gibt es hier<br />
Platten aller möglichen Genres.<br />
Soultrade, Sanderstraße 29, Neukölln,<br />
Mo-Fr 12-20 Uhr, Sa 11-18 Uhr, www.soultrade.de<br />
Hardwax: Kathedrale<br />
<strong>für</strong> Fans von Techno und<br />
Electronica<br />
Tanzbares und<br />
DJ-Equipment kaufen bei<br />
Groove Records<br />
Soul, Funk, HipHop, Reggae, Rare Grooves und vieles mehr <strong>für</strong><br />
Freunde von saftiger Tanzmusik aus aller Herren Länder und allen<br />
Epochen. Neben einem ziemlich überwältigenden Angebot bietet<br />
der Laden auch DJ-Equipment an. In den großen Läden herrscht<br />
meist ein anonymer Markt, während man sich bei Groove Records<br />
kennt, Informationen austauscht, mit Gleichgesinnten unterhalten<br />
kann und dazu eine fachkompetente individuelle Beratung<br />
hat. Da<strong>für</strong> steht Betreiber Detlef „Detta“ Müller mit seinem<br />
guten Namen <strong>–</strong> und das schon seit 36 Jahren.<br />
Groove Records, Pücklerstraße 36, Kreuzberg,<br />
Mo-Fr 12<strong>–</strong>19 Uhr, Sa 12<strong>–</strong>18 Uhr, bei Facebook<br />
Nachdem Mark Ernestus im Kumpelnest 3000<br />
ausgestiegen war, eröffnete der Labelbetreiber und<br />
Produzent seinen ersten Hardwax-Laden in der Reichenberger<br />
Straße. Mittlerweile residiert der Laden am<br />
Paul-Lincke-Ufer <strong>–</strong> und gehört noch immer zu den<br />
wichtigsten Anlaufstellen <strong>für</strong> elektronische Musik.<br />
Techno, Avantgarde, Electronica und Experimentelles<br />
stehen im Zentrum. Platten-Freaks aus aller<br />
Welt reisen eigens nach Berlin, um bei Hardwax<br />
einzukaufen.<br />
Hardwax, Paul-Lincke-Ufer 44a, Kreuzberg,<br />
Mo-Sa 15-20 Uhr, www.hardwax.com<br />
26<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
LEBEN: GUTE PLATTENLÄDEN<br />
CAMPUS<br />
Schall & Rausch<br />
Plattenläden in Berlin:<br />
Hier kauft ihr entspannt Vinyl ein<br />
Die einen kaufen sich die 2000. Neupressung von Nirvana, die anderen<br />
suchen den neusten Underground-Hit <strong>–</strong> Vinyl ist nie wirklich aus der Mode<br />
gekommen. Zuletzt gab es ein Revival, immer wieder erscheinen auch<br />
Alben, die es zuvor noch nie gegeben hat. <strong>Das</strong> begeistert Sammler*innen<br />
und neue Fans. Wir haben <strong>für</strong> euch Plattenläden in Berlin aufgelistet, in<br />
denen sich das Stöbern immer lohnt.<br />
Der Plattenladen<br />
Bis Aufs Messer verkauft<br />
Ware <strong>für</strong> die Avantgarde<br />
Ausgefallene Musik, Avantgarde, Doom, Dark Jazz, Noise, Krach,<br />
Experiment, Ambient. Neben viel neuem Vinyl <strong>für</strong> Auskenner:innen<br />
stehen immer auch ein paar Kisten mit gebrauchten LPs herum. Regelmäßig<br />
wird auch Kunst ausgestellt und neben Musik auch mit<br />
Plakaten, Siebdrucken, T-Shirts und Merch-Produkten gehandelt.<br />
Bis Aufs Messer, Marchlewskistraße 107, Friedrichshain,<br />
Mo-Fr 11-20 Uhr, Sa 11-18 Uhr,<br />
www.bisaufsmesser.com<br />
Foto: Kuzmick / stock.adobe.com<br />
Bei OYE Records<br />
stehen HipHop, Jazz und<br />
Elektro im Vordergrund<br />
Zumeist werden Neuheiten und Neuauflagen verkauft,<br />
aber auch etwas Second-Hand-Ware ist in den Regalen zu<br />
finden. Ziemlich hippe Angelegenheit, aber wer nicht nur<br />
Stones und Beatles sucht, sollte sich in Neukölln beziehungsweise<br />
der Filiale in Prenzlauer Berg umsehen.<br />
OYE Records, Oderberger Straße 4, Prenzlauer Berg,<br />
Mo<strong>–</strong>Fr 11<strong>–</strong>19 Uhr, Sa 11<strong>–</strong>18 Uhr<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 27
CAMPUS<br />
GASTRO: DER HYPE UM KOMBUCHA<br />
Die Bouche-Boys: Yannic Poepperling, Felix Rank, Walker Brengel (v. l. n. r.)<br />
Die fabelhaften<br />
Bouche-Boys<br />
Ein Besuch im Hinterland der Landsberger Allee bei der<br />
kosmopolitischen Jungs truppe von Bouche Berlin.<br />
Einer, oh ja, Kombucha-Brauerei<br />
Text: Julia Lorenz, Fotos: Anthea F. Schaap<br />
Bis es soweit ist, guckt man noch auf eine menschenleere<br />
Straße, wenn man Tim Müllers Manufaktur<br />
verlässt, einmal ums Haus läuft und an der nächsten<br />
Tür klopft. Walker Brengel öffnet diese Tür zur<br />
Brauerei von Bouche Berlin, die eher aussieht wie ein<br />
Studio: An den Wänden der Halle, die Brengel, Yannic<br />
Poepperling und Felix Rank vor wenigen Monaten<br />
bezogen haben, hängen Gemälde und Fotografien.<br />
Vom Werkraum, der von einem orangegelben Plastikvorhang<br />
verhängt wird, über den Instagram-Account<br />
der „Bouche Boys“ bis zu ihrem eigenen Dandy-Look<br />
ist alles durchgestylt. Schließlich wollen die drei ein<br />
Produkt populär machen, das in Deutschland ein<br />
Imageproblem hat: Kombucha, ein Gärgetränk, das<br />
entsteht, wenn Tee mit einem Hefe pilz fermentiert<br />
wird <strong>–</strong> und bei falscher Zubereitung absolut gräss-<br />
Fotos: F. Anthea Schaap<br />
28<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
GASTRO: DER HYPE UM KOMBUCHA<br />
CAMPUS<br />
lich schmeckt. „Aus Marketing-Gründen sollte man<br />
eigentlich sagen: Wir sind eine Brauerei und machen<br />
vergorenen Tee“, sagt Walker Brengel.<br />
Er, Poepperling und Rank haben nie studiert, wie<br />
man Glucuron- von Gluconsäure unterscheidet. Sie<br />
sind Bildende Künstler, die Arbeiten an den Wänden<br />
stammen teils von ihnen selbst. Kennengelernt haben<br />
sie sich in einer Ateliergemeinschaft in Pankow. Dort<br />
baute Brengel, der aus Milwaukee stammt, eine Ecke<br />
seines Ateliers zum Kombucha-Labor um <strong>–</strong> weil er<br />
das Getränk seit seinem Umzug nach Berlin vermisst.<br />
„In den Staaten ist Kombucha seit Jahren ein Trend“,<br />
sagt er. „In Deutschland hatte ich es fast vergessen.“<br />
Der Kombucha-Grundstock, der aus Teepilz, diversen<br />
Hefen und Essigbakterien besteht, lagert in<br />
einem Container vor dem Produktionsraum der drei.<br />
Drinnen befinden sich große Bottiche aus Edelstahl,<br />
in denen Schwarzer und Grüner Tee mit Zucker und<br />
der Starter-Flüssigkeit angesetzt werden. Die Hefekulturen<br />
fressen den Zucker auf und produzieren<br />
dabei Ethanol und Kohlenstoffdioxid, wobei verschiedene<br />
Säuren entstehen. Je nachdem, wie die Bakterien<br />
zusammenwirken, ist geschmacklich zwischen Cidre<br />
über Bier bis hin zu Kwass oder säuerlichem Eistee<br />
alles drin.<br />
In den Internetforen, in denen sich die Kombucha-<br />
Autodidakten zu Beginn informierten, konnte ihnen<br />
schnell keiner mehr was beibringen. Brengel erzählt,<br />
er stelle sich seit Jahren seine eigenen Ölfarben zum<br />
Malen her und wollte sich das Kombucha-Handwerk<br />
genauso erarbeiten wie das Farbenmischen: keine Tabellen,<br />
keine Notizen, viel Freestyle-Gematsche. Bevor<br />
das Klemmbrett zum Einsatz kommt, müsse sich ein<br />
Grundgefühl <strong>für</strong> Mischungsverhältnisse und Konsistenzen<br />
einstellen. „Ich bin am Anfang verzweifelt,<br />
weil ich dachte: Cool, die Rezeptur schmeckt jetzt geil<br />
<strong>–</strong> aber wie haben wir das gemacht?“, sagt Felix Rank.<br />
Nach zweieinhalb Jahren war das perfekte Kombucha-<br />
Grundrezept gefunden. Im Vordergrund steht nicht<br />
Essig-, sondern Milchsäure, sodass die Kombucha wie<br />
eine Art widerspenstige, aber trotzdem weiche Kreuzung<br />
aus Molke und Pale Ale schmeckt.<br />
Der Wandel und das coole Wissen<br />
„Als Künstler fragen wir uns immer, was man anders<br />
machen kann”, sagt Brengel. Deshalb kommen neben<br />
Tee, Pilz und Zucker auch noch Zutaten wie Melone<br />
und Szechuan-Pfeffer in den Tank. Auf dem Boden<br />
der Kühlzelle liegt ein großer Bund frischer Hopfen,<br />
den Rank am vergangenen Wochenende <strong>für</strong> die Zubereitung<br />
gesammelt hat. Neben ihren beiden Sorten<br />
mit Zitrone und Melone bringen Brengel, Poepperling<br />
und Rank auch immer wieder limitierte „Artist<br />
Editions“ heraus, die mit Zutaten wie Tannenzapfen<br />
geschmacklich fordernder als die Standards sind.<br />
„Bei normalen Limos schmeckt man die Zitrone,<br />
und dann war’s das“, sagt Poepperling. „Uns geht es<br />
um eine aromatische Reise mit Anfang, Ende und<br />
Ein Loft? Eine<br />
Agentur? Ein<br />
Künstleratelier?<br />
Die Jungs von<br />
Bouche Berlin<br />
haben <strong>für</strong> ihre<br />
Kombucha-<br />
Limonade ein<br />
durchaus<br />
ganzheitliches<br />
ästhetisches<br />
Konzept<br />
Abgang.“ Dazu lassen sie die Etiketten der Sondereditionen<br />
mit Kunst von Freunden bedrucken. Auf<br />
einer gerade ausverkauften Edition ist ein kleiner<br />
Druck der Künstlerin Sonja Yakovleva zu sehen, der<br />
eine masturbierende Frau zeigt. Es ist ihr Weg, um<br />
Brauerei- und Kunsthandwerk zu verbinden <strong>–</strong> und<br />
Kombucha seinen muffigen, spleenigen Ruf zu nehmen.<br />
<strong>Das</strong> funktioniert tatsächlich. Am Anfang zogen<br />
sie noch mit ihrem Kombucha von Café zu Bar, um<br />
die Betreiber zu überzeugen, heute führen Lokale wie<br />
Remi, Standard Pizza und einige Naturweinbars den<br />
Bouche-Kombucha. Manche sogar <strong>vom</strong> Fass.<br />
Brengel, Poepperling und Rank sind Teil einer<br />
kleinen, aber gut vernetzten Kombucha-Bewegung in<br />
Berlin. Vorm Wandel im Industriegebiet an der Georg-<br />
Knorr-Straße haben sie keine Angst, sagen sie. Wie<br />
auch Tim Müller und seine Spirituosen-Manufaktur<br />
sitzen sie fest im Sattel: Der Vermieter möge sie, abreißen<br />
darf das denkmalgeschützte Gebäude auch<br />
keiner. Wie die Manufaktur-Pioniere in die neue Welt<br />
passen werden, die dort bald aus dem Boden schießen<br />
wird, weiß niemand. Für den Moment ist Ruhe in<br />
Marzahn. Und der Destillateur Norbert Madroß noch<br />
immer mit sehr vielen Birnen beschäftigt.<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 29
CAMPUS<br />
PR PR<br />
PROGRAMM<br />
Von Popkonzert bis<br />
Pornfilmfestival<br />
Berlin ist aufregend, aber unübersichtlich. Wir geben<br />
euch Tipps <strong>für</strong> die spannendsten Veranstaltungen<br />
in den kommenden Monaten<br />
GRA<br />
Neue National galerie<br />
WIEDERERÖFFNUNG Frisch<br />
saniert hat die Neue Nationalgalerie<br />
mit drei Ausstellungen wieder<br />
aufgemacht. Neben Einzelschauen<br />
von Alexander Calder und Rosa<br />
Barba präsentiert sich die Sammlung<br />
neu geordnet. <strong>Das</strong> Team unter<br />
Leitung von Joachim Jäger hat sie<br />
auf ihre Verbindung zu Politik und<br />
Gesellschaft untersucht <strong>–</strong> auch<br />
Raubkunst, Rassismus und Revolution<br />
sind jetzt Thema.<br />
Neue Nationalgalerie<br />
Potsdamer Str. 50, Tiergarten,<br />
Di<strong>–</strong>So 10<strong>–</strong>18 Uhr,<br />
www.smb.museum<br />
BDSM und Kink beim Festival 3hd<br />
SEX <strong>Das</strong> Creamcake-Festival „3hd“ erforscht Formen sexueller<br />
Ausschweifungen von BDSM bis Kink. <strong>Das</strong> Festival findet an sechs<br />
Tagen statt, die sich über den gesamten Oktober verteilen. Queerfeministische<br />
Künstler:innen, Musiker:innen, Performer:innen, SM-<br />
Künstler:innen und Dominas/ Doms kommen in einer Reihe von Konzerten,<br />
Workshops und diskursiven Veranstaltungen zusammen.<br />
Im gesamten Stadtgebiet u. a. Park Center Treptow, Berlinische Galerie,<br />
HAU und Silent Green, bis 31.10., Programm: www.3hd-festival.com<br />
Smerz in der Volksbühne<br />
ELECTROPOP <strong>Das</strong> supercoole<br />
norwegische Duo kombiniert die<br />
Klänge elektronischer und<br />
klassischer Instrumente und<br />
reichert diese mit tiefen Bässen<br />
und R’n’B-Vocals an. <strong>Das</strong> fachmännisch<br />
gestaltete Debütalbum<br />
„Believer“ führt auf eine grüblerische,<br />
verwirrende Odyssee, auf die<br />
uns Smerz nun in der Volksbühne<br />
live mitnimmt.<br />
Volksbühne Am Rosa-Luxemburg-<br />
Platz, Mitte, 15.10., 21 Uhr,<br />
www.volksbuehne.berlin<br />
Fotos: BBR/Marcus Ebener / Ludwig Mies van der Rohe/VG Bild-Kunst, Bonn 2021; Genevieve Belleveau; imago images / Gonzales Photo/Thomas Rasmussen<br />
30<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
Fotos: PornfilmfestivalBerlin 2021; Sabine Ehrl; Jörg Metzner; Helmut Newton Estate / Courtesy Helmut Newton Foundation; Gob Squad; Jaja Varmuž<br />
Pornfilmfestival<br />
SEX Ende Oktober startet die<br />
16. Ausgabe des Pornfilmfestivals,<br />
das Sex, Erotik und Geschlechterbilder<br />
thematisiert. Dieses Jahr<br />
gilt es einiges aufzuholen, mussten<br />
doch coronabedingt die monatlichen<br />
Vorführungen bis in den<br />
Sommer hinein ausfallen. So kann<br />
man u. a. die Kurzfilmprogramme<br />
„Sex Work Porn Shorts“ und<br />
„In Motion Porn Shorts“ sehen.<br />
Dazu kommt die Retrospektive<br />
„Ein Virus kennt keine Moral <strong>–</strong> Die<br />
Aids-Ära im Kino“.<br />
O<br />
PROGRAMM<br />
MM<br />
AMM<br />
Moviemento Kottbusser Damm 22,<br />
Kreuzberg, 26.<strong>–</strong>31.10., Infos + Karten:<br />
www.pornfilmfestivalberlin.de<br />
Helmut Newton. Legacy<br />
Final Girls Film Festival<br />
FILMEMACHERINNEN Nach einer<br />
erfolgreichen digitalen Ausgabe<br />
Anfang des Jahres findet der<br />
zweite Teil des sechsten „Final<br />
Girls Film Festival“ nun vor Ort<br />
im City Kino Wedding statt. <strong>Das</strong><br />
Halloween-Wochenende verspricht<br />
ein Line-Up mit Kurzund<br />
Spielfilmen von Frauen und<br />
nicht-binären Filmemacher:innen<br />
sowie Talks und ein Special zum<br />
Thema Sterben. Eröffnet wird mit<br />
Rose Glass’ gefeiertem Horrorfilm<br />
„Saint Maud“.<br />
City Kino Wedding Müllerstr. 74,<br />
Wedding, 29.-31.10., Infos + Karten:<br />
www.finalgirlsberlin.com<br />
KULTFOTOGRAFIE Die Ausstellung „Helmut Newton. Legacy" sollte<br />
anlässlich des 100. Geburtstages des Kultfotografen eröffnen.<br />
Pandemiebedingt passiert das nun ein Jahr später. Der Fokus dieser von<br />
Stiftungsdirektor Matthias Harder kuratierten Schau liegt auf Newtons<br />
Modefotografie, wenngleich man nicht darauf verzichten will, auch die<br />
bekannten Bilder von Newton mitzuzeigen. Schließlich soll die<br />
Ausstellung noch in anderen Häusern gastieren. Ab Sommer 2022<br />
ist eine umfangreiche Welttournee geplant.<br />
Museum <strong>für</strong> Fotografie Jebensstr. 2, Charlottenburg, 31.10.<strong>–</strong>15.5.22,<br />
Di<strong>–</strong>So 11<strong>–</strong>19 Uhr, www.smb.museum<br />
WINTERSEMESTER 2021/22 31<br />
Für <strong>Studierende</strong> mit Kind: Beethoven <strong>–</strong> Ein Leben<br />
CAMPUS<br />
MUSIKTHEATER Die Originalpartituren Beethovens ziehen sich als roter<br />
Faden durch den biografischen Abend <strong>für</strong> Zuschauende ab zehn Jahren,<br />
den das auf biografische Singspiele profilierte Musiktheater Atze in<br />
Kooperation mit der Deutschen Oper inszeniert hat. Kammerorchester,<br />
Band und Chor untermalen unter Leitung von Sinem Altan wichtige<br />
Lebensabschnitte des auch tragischen Ausnahmekünstlers, und<br />
illustrieren mit der Wiener Klassik und der Romantik dabei ebenso die<br />
Epochen, in denen Beethoven wirkte.<br />
Atze Musiktheater Luxemburger Str. 20, Wedding, 30.10., 17 Uhr,<br />
www.atzeberlin.de<br />
1984: Back to No Future<br />
ZEITREISE Gob Squad reist zurück<br />
in der Zeit: Die Kollektivmitglieder<br />
begegnen sich selbst als Teenager<br />
und setzen in den Jugendzimmern<br />
Puzzlestücke der eigenen Vergangenheit<br />
zusammen. Dabei gehen<br />
sie der Frage nach, inwieweit Jugendliche<br />
ihr Schicksal selbst in<br />
der Hand halten oder vorgefertigten<br />
Schablonen folgen. Man will<br />
zudem „Machtmechanismen und<br />
-auswirkungen unserer bilderbesessenen<br />
Welt“ aufzeigen.<br />
HAU 2 Hallesches Ufer 32, Kreuzberg,<br />
1.-5.11., www.hebbel-am-ufer.de<br />
Theater der Dinge 2021<br />
ANTHROPOZÄN „Die Welt ohne<br />
uns“ ist das Motto der Festivalausgabe,<br />
das 20 künstlerische Positionen<br />
zum Ende des Anthropozäns<br />
vorstellt. Aus Slowenien kommt<br />
die Eröffnungsinszenierung „Still<br />
Life“ des Puppentheaters Ljubljana<br />
(Foto), aus Katalonien „Understory“,<br />
das möglichem Leben in<br />
einer <strong>vom</strong> Menschen zerstörten<br />
Umwelt nachgeht: Pilzgeflechte.<br />
Neben Aufführungen gibt es Installationen,<br />
Vorträge und Filme.<br />
Schaubude Greifswalder Str. 81<strong>–</strong>84,<br />
Prenzlauer Berg, 4.<strong>–</strong>13.11.,<br />
www.schaubude.berlin
CAMPUS<br />
Slippery Slope<br />
GESELLSCHAFTLICHE VERÄNDERUNG Der Ausdruck „Slippery Slope“<br />
stammt aus der Argumentationstheorie und bezeichnet den<br />
rhetorischen Kniff, dem Gegner die angeblich unvermeitlichen Folgen<br />
seines Handelns dystopisch zu beschreiben. Etwa die Beschwörung<br />
einer „Flüchtlingsflut“, die unweigerlich auf Asylerleichterungen folgen<br />
würde. Yael Ronen setzt sich in ihrer neuen Inszenierung gemeinsam mit<br />
dem Singer-Songwriter Shlomi Shaban bewusst auf die Slippery Slope,<br />
die abschüssige Bahn, um nach der Corona-Krise nicht einfach „back to<br />
normal“ zu gehen, sondern die Zäsur risikofreudig als Chance zu einer<br />
wirklichen gesellschaftlichen und ökologischen Veränderung zu nutzen.<br />
AMFotos: Esra Rotthoff; Steve Gullick; AFRIKAMERA; Edgar Arceneaux; imago images / F. Anthea Schaap; Jan Schröder<br />
R<br />
RO<br />
PROGRAMM<br />
GRAM<br />
Maxim Gorki Theater Am Festungsgraben 2, Mitte,<br />
6.11., 19.30 Uhr, www.gorki.de<br />
Church for Sale<br />
JUBILÄUM 25 Jahre ist es her,<br />
dass der Hamburger Bahnhof<br />
eröffnet wurde. Die Jubiläumsausstellung<br />
zeigt Werke aus der<br />
Sammlung Haubrok und der<br />
Sammlung der Nationalgalerie.<br />
Der Fokus liegt auf Kunst, die die<br />
Verletzlichkeit der menschlichen<br />
Existenz zeigt. Mit Arbeiten von<br />
Bruce Nauman, Christoph Büchel,<br />
Jenny Holzer, Kara Walker und<br />
vielen anderen.<br />
Hamburger Bahnhof <strong>–</strong> Museum<br />
<strong>für</strong> Gegenwart Invalidenstr. 50,<br />
Mitte, ab 28.11., Di<strong>–</strong>Fr 10<strong>–</strong>18 Uhr, Sa+So<br />
11<strong>–</strong>18 Uhr, www.smb.museum<br />
Nordische Autoren Berlins<br />
LITERATUR <strong>Das</strong> LCB veranstaltet<br />
ein Symposium, das Berliner<br />
Autoren aus den nordischen Ländern<br />
(Skandinavien plus Island)<br />
gewidmet ist. Der Tag umfasst<br />
eine Mischung aus Lesungen und<br />
Podiumsdiskussionen, von denen<br />
viele teilweise oder vollständig auf<br />
Englisch abgehalten werden. Vielleicht<br />
ist es an der Zeit, Jo Nesbø<br />
beiseite zu legen und eure nordische<br />
Seite zu diversifizieren.<br />
Literarisches Colloquium Berlin<br />
Am Sandwerder 5, Wannsee, 26.11.,<br />
ab 10 Uhr, www.lcb.de<br />
32<br />
Jon Hopkins<br />
TECHNO Er ist vielleicht der<br />
Lieblings-Techno-Produzent<br />
deiner Mutter. Nun, in dem Fall<br />
stimmt es: Mutter weiß es am besten!<br />
Hopkins’ Kompositionen sind<br />
fesselnd und seine Live-Shows<br />
einfach erstaunlich. Nachdem er<br />
2018 das letzte Mal in Berlin gastierte,<br />
kehrt er nun im Rahmen<br />
der „Polarity Tour“ zurück in die<br />
Hauptstadt.<br />
Tempodrom Möckernstr. 10,<br />
Kreuzberg, 15.11., 20 Uhr,<br />
www.tempodrom.de<br />
Afrikamera<br />
KOLONIALISMUSKRITIK Nach<br />
einer erfolgreichen Online-Ausgabe<br />
im vergangenen Jahr kehrt<br />
Berlins jährliche und immer wieder<br />
spannende Feier des aktuellen<br />
afrikanischen Kinos in diesem Jahr<br />
zum 14. Mal ins Arsenal zurück.<br />
<strong>Das</strong> Programm verspricht, den<br />
Kolonialismus sowie moderne<br />
Facetten des Kontinents und<br />
seines filmischen Talents zu<br />
untersuchen.<br />
Arsenal Potsdamer Str. 2, Tiergarten,<br />
15.<strong>–</strong>21.11., www.afrikamera.de<br />
Fisch-sucht-Fahrrad-Partyreihe im Frannz<br />
SINGLEPARTY Kein Bock mehr auf Tinder? Dann versucht euer<br />
Glück doch bei der Fisch-sucht-Fahrrad-Partyreihe, die nach der<br />
coronabedingten Pause endlich wieder alle zwei Wochen stattfindet.<br />
Dort könnt ihr nicht nur zu 80s und 90s, Rock und Charts abtanzen,<br />
sondern auch an mehreren Speed-Dating-Runden teilnehmen, einen<br />
Tanzkurs besuchen oder mit Hilfe der Date Doctors neue Menschen<br />
kennenlernen. Ab 1.30 Uhr werden dann Liebeslieder aufgelegt.<br />
Frannz Schönhauser Allee 36, Prenzlauer Berg, nächste Termine: 8.+22.10.,<br />
12.+26.11. und 10.12., www.fischsuchtfahrrad.berlin<br />
WINTERSEMESTER 2021/22
Fotos: Jan Windszus Photography; imago images / Jürgen Ritter; Staatliche Museen Berlin / Stiftung Preussischer Kulturbesitz / Nationalgalerie / Andres Kilger<br />
O<br />
Orpheus in der Unterwelt<br />
OPERETTE Es war ein Novum<br />
in der damals 99-jährigen Geschichte<br />
der Salzburger Festspiele,<br />
als 2019 mit Jacques<br />
Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“<br />
erstmalig eine Operette<br />
auf dem Programm stand. Barrie<br />
Kosky inszenierte den Klassiker<br />
enorm temporeich, schrill und<br />
herrlich überdreht. Publikum<br />
und Kritik feierten Regieeinfälle<br />
und das lebendige Ensemble<br />
Around The World<br />
In 14 Films<br />
RÜCKSCHAU Berlins „Festival<br />
der Festivals“ ist der ideale<br />
Abschluss des Jahres mit einer<br />
kuratierten Schau der besten<br />
Filme aus Cannes, Locarno,<br />
Venedig und weiteren internationalen<br />
Filmfestivals. Sämtliche<br />
Filme laufen im Kino in der Kulturbrauerei.<br />
Welche das genau<br />
sind, erfahrt ihr ab November<br />
unter www.14films.de.<br />
Kino in der Kulturbrauerei<br />
Schönhauser Allee 36,<br />
Prenzlauer Berg, 2.<strong>–</strong>11.12.,<br />
www.14films.de<br />
WINTERSEMESTER 2021/22<br />
M<br />
M<br />
um Max Hopp als John Styx<br />
gleichermaßen. Mit der Berlin-<br />
Premiere von „Orpheus in der<br />
Unterwelt“ sind Kosky in seiner<br />
letzten Spielzeit als Intendant<br />
der Komischen Oper ähnliche<br />
Reaktionen bei der vergnüglichen<br />
Mythenzertrümmerung<br />
wie in Salzburg garantiert.<br />
Komische Oper Behrenstr. 55<strong>–</strong>57,<br />
Mitte, 7.12., 19.30 Uhr,<br />
www.komische-oper-berlin.de<br />
Anna D. Therbusch<br />
EMANZIPATION Anna Dorothea<br />
Therbusch wurde vor 300<br />
Jahren in Berlin geboren und<br />
avancierte hier zu einer der<br />
bedeutendsten Künstlerinnen<br />
des 18. Jahrhunderts. Die Gemäldegalerie<br />
ehrt die Pionierin<br />
der Frauenemanzipation mit<br />
einer eigenen Ausstellung, die<br />
sich vornehmlich aus den Werken<br />
der Eigensammlungen der<br />
Staatlichen Museen zu Berlin<br />
zusammensetzt.<br />
Gemäldegalerie Matthäikirchplatz,<br />
Tiergarten, ab 3.12., Di<strong>–</strong>Fr<br />
10<strong>–</strong>18 Uhr, Sa+So 11<strong>–</strong>18 Uhr<br />
NACH DER<br />
NATUR<br />
AUFTAKTAUSSTELLUNG DER<br />
HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU<br />
BERLIN IM HUMBOLDT LABOR<br />
EINTRITT FREI<br />
INFOS & TICKETS UNTER<br />
HUMBOLDTFORUM.ORG
CAMPUS<br />
DIE LETZTE SEITE<br />
Meine erste Vorlesung<br />
In der ersten Reihe habe ich gesessen. Kein Wunder: Während meines<br />
Studiums bin ich immer Streberin gewesen. Der Ort war ein Hörsaal in<br />
den schönen Gebäuden der Universität von Lyon, die früher eine Tabak-<br />
Manufaktur gewesen ist. Eine Einführung ins Fach Jura hörte ich dort. Eigentlich<br />
war ich <strong>für</strong> Angewandte Fremdsprachen eingeschrieben, aber an französischen<br />
Hochschulen sieht der Lehrplan <strong>für</strong> junge Student:innen eine Art Studium Generale<br />
vor. Ob während dieser ersten Vorlesung vorne eine Professorin oder ein Professor stand,<br />
weiß ich nicht mehr. Erinnern kann ich mich aber noch daran, dass mir die Berechenbarkeit<br />
der Fragestellungen, die in der Vorlesung zur Sprache kamen, sehr gefallen hat.<br />
Denn in Jura gibt es, wie in Mathe oder Physik, am Ende eines Problems stets eine richtige<br />
Antwort <strong>–</strong> das dachte ich jedenfalls damals. Ich dachte mir damals auch, dass ich<br />
später einen guten Job haben muss. Meine Mutter, eine Krankenschwester, war alleinerziehend,<br />
mit mir und meinen beiden Geschwistern. Aus diesen Gründen habe ich einige<br />
Zeit danach probiert, komplett zu Jura zu wechseln. <strong>Das</strong> Aufnahmegespräch schien<br />
nur eine Formalie zu sein. Ich hatte gute Noten und sogar ein Auslandsjahr in London<br />
verbracht. Doch der Dekan wollte mir meine Scheine nicht anrechnen und lehnte den<br />
Quereinstieg ab <strong>–</strong> ohne richtige Begründung. Ich hätte mit Jura also noch mal von vorne<br />
anfangen müssen. Stattdessen habe ich dann in Lyon einen Master of Business Administration<br />
gemacht. Damals war mir noch nicht bewusst, dass hinter dem Verhalten des<br />
Dekans strukturelle Diskriminierung gesteckt hatte. Später bin ich nach Berlin gezogen,<br />
wo ich an der Hertie School Of Governance einen Master of Public Policy gemacht und<br />
an der Humboldt-Uni in Politikwissenschaft promoviert habe. In meinen Studien haben<br />
rechtliche Fragen immer wieder eine Rolle gespielt. Die Rechtswissenschaft prägt mich<br />
bis heute: Als Aktivistin, die gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit kämpft, kann<br />
ich juristische Perspektiven in meine Argumentationen einbauen. Es gibt nämlich eine<br />
Menge Gesetze, die Ungleichheiten verschärfen, das Ehegattensplitting zum Beispiel<br />
oder das deutsche Erbrecht. «<br />
Protokoll: Philipp Wurm<br />
ZUR PERSON<br />
Emilia Roig ist Leiterin des Centers For Intersectional<br />
Justice, einem Berliner Think Tank. Sie hat<br />
u. a. an der Jean-Moulin-Universität in Lyon sowie<br />
an der Hertie School Of Governance und an der<br />
Humbolt-Uni studiert. Die promovierte Politikwissenschaftlerin,<br />
geboren 1983, hat 2021 das Sachbuch<br />
„Why We Matter <strong>–</strong> <strong>Das</strong> Ende der Unterdrückung“<br />
veröffentlicht. Die Tochter eines jüdisch-algerischen<br />
Vaters und einer aus Martinique stammenden Mutter<br />
ist in einem Pariser Vorort aufgewachsen. Sie lehrt u.<br />
a. Critical Race Theory, Postkoloniale Studien sowie<br />
Europarecht. Roig wohnt in Berlin.<br />
Impressum<br />
<strong>tipBerlin</strong><br />
<strong>Campus</strong><br />
Wintersemester 2021/22<br />
HERAUSGEBER<br />
Tip Berlin Media Group GmbH,<br />
Salzufer 11, 10587 Berlin<br />
Tel. 030-2332 69 600<br />
GESCHÄFTSFÜHRUNG<br />
Robert Rischke<br />
REDAKTION<br />
Stefanie Dörre (V.i.S.d.P.),<br />
Philipp Wurm (Projektleitung)<br />
PROGRAMM<br />
Max Müller<br />
LAYOUT<br />
Oliver Mezger<br />
FOTOREDAKTION<br />
Dorit Loock<br />
CHEFIN VOM DIENST<br />
Natalie Moritz<br />
ANZEIGENLEITUNG<br />
Robert Rischke<br />
ANZEIGEN<br />
Sophie Blenn, Iris Karlinski, Sibylle<br />
Reinhardt, Christian Reither,<br />
Michelle Thiede (Ltg.),<br />
Tel. 030-2332 69 610<br />
ANZEIGENDISPOSITION<br />
Bianca Haas (Ltg.), Heike Korge,<br />
Peter Redetzki, Sigune Sachweh<br />
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