FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 20
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
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q SALLY WILLIAMS IM INTERVIEW<br />
» In London auftreten wäre ein Traum. «<br />
Ich denke da nicht so sehr an Bühnen, aber gegebenenfalls an<br />
Orte. Ich hatte eine Freundin, die nach London gezogen ist, die<br />
Stadt, von der ich immer gehofft habe, dass man dort einmal<br />
irgendetwas organisieren könnte. Für einen Auftritt in London<br />
wäre es mir auch nicht um die Gage gegangen, sondern einfach<br />
um das Feeling – und um den EngländerInnen zu zeigen, was<br />
ich für eine Rampensau bin. Diese Chance hat sich aber leider<br />
nie ergeben, weil sich die richtigen Connections nicht finden<br />
lassen haben. Aber in London auftreten wäre tatsächlich ein<br />
Traum, den ich gerne mal verwirklichen würde. Ich bin bisher<br />
dreimal dort gewesen und liebe die Kulturszene. Ich mag vor<br />
allem die Menschen und diese Vielfalt – eine ganz großartige<br />
Metropole, finde ich.<br />
Du sprachst gerade von der Rampensau in dir. Braucht die<br />
private Sally auch Applaus, bevor sie am Frühstückstisch<br />
erscheint ?<br />
Das wäre doch mal etwas ! Nein, auf der Bühne legst du natürlich<br />
immer nochmal eine Schippe drauf. Aber im Grunde steckt<br />
in den meisten Shows und Auftritten sehr viel von der privaten<br />
Sally. Ich bin also nicht diese Art von Typ, die sich nach dem<br />
Auftritt abschminkt und völlig introvertiert, saft- und kraftlos<br />
durch die Gegend irrt. Ich bin auch privat sehr präsent und,<br />
ohne jetzt überheblich klingen zu wollen, ist es eigentlich egal,<br />
ob ich die Show-Sally oder die private Sally bin. Wenn ich einen<br />
Laden betrete, kriegen die Leute das mit.<br />
Bedeutet diese Beschreibung deiner Person, dass du privat<br />
auch lieber als Sally unterwegs bist ?<br />
Immer ! Dazu muss ich jedoch auch sagen, dass ich das bin,<br />
was man heute auf neu-deutsch »divers« nennt.<br />
Wie schwierig war es, in der damaligen Zeit einen Begriff<br />
dafür zu finden ?<br />
In jungen Jahren wusste ich nur: Ich bin kein richtiger Junge.<br />
Das war ich nie. Und dann musste ich erst mal herausfinden,<br />
dass ich auch kein Mädchen bin. Als ich gerade neu in der Szene<br />
war, rieten mir viele, dass ich mich doch umoperieren lassen<br />
solle, weil ich mich so feminin geben würde. Aber das war nie<br />
mein Ding. Ich war halt immer irgendwie zwischen den beiden<br />
Geschlechtern. Und das bedeutet für mich eben auch, dass ich,<br />
wenn ich ausgehe, als Sally unterwegs bin.<br />
Also bleibt die ungeschminkte Sally ein Mysterium ?<br />
Meine engen FreundInnen wissen schon, wie schrecklich ich<br />
ohne alles aussehe, aber mein gesellschaftliches Leben findet im<br />
Grunde genommen nur als »Sally von ihrer besten Seite« statt.<br />
Trotzdem wohnst du so wie du bist unerkannt im eher<br />
beschaulichen Findorff. Wieso ?<br />
Das liegt einerseits natürlich daran, dass ich mich für Besorgungen<br />
nicht eine Stunde lang in ein Outfit schmeiße. Im Alltag<br />
bleibe ich ungeschminkt und auch unerkannt. Selbst ganz enge<br />
Bekannte erkennen mich nicht mehr auf der Straße. Die Situationen<br />
hatte ich schon einige Male. Es ja ist auch kein Geheimnis,<br />
dass ich adoptiert wurde und ich die ersten drei Jahre meines<br />
Lebens fast vollständig hier gelebt habe. Erinnern kann ich<br />
mich zwar nicht dran – trotzdem ist es irgendwie ein bisschen<br />
»back to the roots«.<br />
Erlebst du Findorff als liberal und aufgeschlossen oder würdest<br />
du es als kleinbürgerlich und konservativ beschreiben ?<br />
Die konservative Seite von Findorff stirbt ja allmählich aus.<br />
Eigentlich sind das nur noch die alten FindorfferInnen, die auch<br />
schon vor 15 Jahren alt waren. Aktuell erlebe ich den Stadtteil<br />
ein bisschen im grün-liberalen Wandel. Und dementsprechend<br />
ist es auch in Findorff ein sehr angenehmes und entspanntes<br />
Leben. Ich habe hier keine Probleme.<br />
Probleme hast du sowieso eher selten. In einem Interview hast<br />
du mal gesagt, dass sich die Menschen eigentlich immer mit<br />
dir verstehen …<br />
Weil sie merken, dass ich keine »Transenshow« abziehe, wie ich<br />
das in meinem Slang jetzt sagen würde. Sie merken, dass ich<br />
einfach ich bin. Ich habe mit so vielen unterschiedlichen Szenarien<br />
und Menschen zu tun gehabt, dass ich mir inzwischen eine<br />
wirklich gute Menschenkenntnis angeeignet habe. Ein Freund<br />
von mir arbeitet zum Beispiel in einer Skinhead-Kneipe. Da bin<br />
ich eines Abends einfach mal rein, weil ich ihn auf der Arbeit<br />
besuchen wollte. Für mich war es das Selbstverständlichste<br />
überhaupt, aber den acht, neun Typen, die da an der Bar saßen,<br />
ist bei meinem Anblick alles aus ihren Gesichtern gefallen. Und<br />
als ich Sekt bestellt habe, meinte sder Kleinste von ihnen, sich<br />
vor seinen Kumpels profilieren zu müssen. Er fing dann direkt<br />
mir gegenüber mit persönlichen Beleidigungen an. u<br />
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