FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 20
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
PROFILE<br />
q MARCEL KUECK INTERVIEWT PROMINENTE. ABER NICHT NUR<br />
» Ich glaube, dass es wichtig ist, authentisch zu bleiben.«<br />
MARCEL KUECK<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 14<br />
PODCASTER<br />
M<br />
arcel, für unsere analog aufgestellten<br />
LeserInnen: Was ist ein<br />
Podcaster ?<br />
Ich hoffe, dass ich darauf einigermaßen<br />
qualifiziert antworten kann<br />
(lacht). Im Grunde genommen ist<br />
ein Podcaster nichts anderes als der<br />
Produzent seines eigenen Podcasts.<br />
Einen Podcast wiederum können<br />
sich eure LeserInnen vorstellen wie eine Art Radioshow, die<br />
man sich im Internet immer wieder anhören kann. Ausschließlich<br />
Audio und »on demand«, wie wir vom Fach sagen würden.<br />
Dein Podcast heißt »Telefonbuch Spontan«. Was verbirgt sich<br />
dahinter ?<br />
Ich greife in »Telefonbuch Spontan« auf mein streng geheimes<br />
Telefonbuch zurück und spreche mit meinen Kontakten 25<br />
Minuten lang über Gott und die Welt. Wen ich anrufe, entscheide<br />
ich während des Podcasts intuitiv – und versuche so für ein<br />
interessantes und vor allem unterhaltendes Gespräch zu sorgen.<br />
Wer waren bisher deine GesprächspartnerInnen – und welche<br />
Sendung ist dir besonders in Erinnerung geblieben ?<br />
Um die Sendungen immer wieder interessant zu gestalten, rufe<br />
ich natürlich Kontakte an, die vermutlich etwas zu erzählen<br />
haben. Das sind zum einen prominente Persönlichkeiten, wie<br />
Axel Schulz oder Johannes Strate von der Band »Revolverheld«.<br />
Darüber hinaus gibt es aber auch außergewöhnliche Sendungen<br />
wie die mit Tina Sohrab. Tina ist mit 15 Jahren über Nacht<br />
einfach erblindet. Sie musste sich urplötzlich in einem Leben<br />
wiederfinden, welches anders verlaufen würde, als sie sich es<br />
irgendwann mal ausgemalt hat. Das sind natürlich Sendungen,<br />
die sehr nah gehen und mich sowie meine HörerInnen ganz<br />
besonders berühren.<br />
Reife Leistung: »Telefonbuch Spontan« stieg in diesem Jahr in<br />
der Rubrik »Unterhaltung« bis auf Platz 3 der iTunes-Charts.<br />
Wie schafft man das ?<br />
Ich habe an meinem Geburtstag davon erfahren – und diese<br />
Platzierung war mit Abstand der schönste Moment in meiner<br />
bisherigen beruflichen Laufbahn. Zu wissen, dass andere, dir<br />
völlig fremde Personen, mögen was du machst; das ist unglaublich.<br />
Ein Erfolgsgeheimnis habe ich aber nicht – sonst wäre es<br />
vermutlich auch die #1 geworden (lacht). Ich glaube, dass es in<br />
erster Linie wichtig ist, absolut authentisch zu bleiben und immer<br />
genau das durchzuziehen, was man selbst am meisten mag<br />
und gut findet. Die eigene Begeisterung, für das, was man tut,<br />
spüren die ZuhörerInnen: Es zahlt sich so gut wie immer aus.<br />
Du hast gleichzeitig viel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />
gearbeitet, unter anderem für den WDR und Radio<br />
Bremen. Was hast du dort gemacht ?<br />
Von Zeit zu Zeit darf ich dort beim internationalen und interkulturellen<br />
Hörfunkprogramm »Cosmo« die verschiedensten<br />
Kulturen kennenlernen und mit ganz fantastischen Menschen<br />
sprechen. Vom Leichenbestatter, der gerade dabei ist, ein<br />
Bestattungsfahrrad zu bauen, bis hin zur Kneipenwirtin, die<br />
aufgrund der Corona-Pandemie kurz vor der Insolvenz steht.<br />
Mehr Abwechslung geht nicht: Ich freue mich jedes Mal aufs<br />
Neue, wenn ich einen Anruf der Redaktion bekomme.<br />
Warum hast du bisher ausschließlich bei öffentlich-rechtlichen<br />
Sendern gearbeitet ? Promiaffin, wie du bist, wären Privatsender<br />
wie RTL eigentlich naheliegender – zumal auch der<br />
Trash-Faktor dort sehr viel höher ist. Oder brauchst du für<br />
deine Arbeit einen qualitativen Rahmen ?<br />
Privatsender müssen aufgrund ihres Trash-Faktors qualitativ ja<br />
nicht schlecht sein. Tatsächlich durfte ich während eines Praktikums<br />
vor ganz vielen Jahren auch schon ein bisschen Luft im<br />
Privatfernsehen schnuppern. Als kleines Kind war es für mich<br />
jedoch schon immer ein Traum, bei Radio Bremen zu arbeiten.<br />
Als ich die Chance hatte, bin ich dann irgendwie bei den<br />
öffentlich-rechtlichen gelandet. Aber wenn RTL noch jemanden<br />
braucht: Meine E-Mails lese ich täglich (lacht) !<br />
Brauchen wir öffentlich-rechtliche Sender ? Viele BeitragszahlerInnen<br />
empfinden den Rundfunkbeitrag als »GEZ-Zwangsgebühr«<br />
– insbesondere die jüngeren VertreterInnen der Netflix<br />
Generation. Wie ist deine Meinung dazu ?<br />
Ich passe absolut in die Netflix-Generation und muss auch ganz<br />
offen sagen, dass ich mich nicht selten über die ARD und das<br />
ZDF ärgere. Dennoch benötigt unsere Demokratie mehr als nur<br />
On-demand-Serien und »Big Brother«. Die öffentlich-rechtlichen<br />
Sender waren und bleiben unabhängig. Sie informieren mich so<br />
vielfältig, dass ich mir meine eigene Meinung bilden kann – zum<br />
Beispiel zu politischen Themen. Die »Zwangsgebühr« stellt also<br />
zur Bildung einer eigenen Meinung auch eine Aufrechterhaltung<br />
unserer Informationsbeschaffung dar. Dafür lasse ich mich<br />
gerne »zwingen« meinen Rundfunkbeitrag zu entrichten ! u<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 15