SB_20217NLP
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2021<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Untersuchungen zu<br />
Umformeigenschaften<br />
von rührreibgeschweißten<br />
Mischverbindungen
Untersuchungen zu<br />
Umformeigenschaften von<br />
rührreibgeschweißten<br />
Mischverbindungen<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 20.217 N<br />
DVS-Nr.: 05.3052<br />
RWTH Aachen,<br />
Institut für Schweißtechnik<br />
und Fügetechnik (ISF)<br />
RWTH Aachen,<br />
Institut für Bildsame Formgebung<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 20.217 / DVS-Nr.: 05.3052 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF<br />
im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2021 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 497<br />
Bestell-Nr.: 170607<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-497-5<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Seite 2 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.217N<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Kurzzusammenfassung ...................................................................................................... 4<br />
2. Danksagung ....................................................................................................................... 6<br />
3. Einleitung ............................................................................................................................ 7<br />
3.1. Forschungsziel............................................................................................................. 8<br />
4. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und Ergebnisse mit Zielen des<br />
Forschungsantrags ............................................................................................................. 9<br />
5. Durchgeführte Arbeiten, Ergebnisse und Bewertung ........................................................ 12<br />
5.1. Auswahl und umformtechnische Charakterisierung der im Projekt verwendeten<br />
Grundwerkstoffe ............................................................................................................... 12<br />
5.2. Ausarbeitung einer anlagen- und werkstoffunabhängigen Methodik<br />
......................................................................................................................................... 18<br />
5.3. Prozessrobustheit Rührreibschweißen von Misch-verbindungen<br />
......................................................................................................................................... 21<br />
5.3.1. Ermittlung von Rührreibschweißparametern in Abhängigkeit der gewählten<br />
Materialkombinationen ........................................................................................... 21<br />
5.3.2. Bewertung des Einflusses der Schweißparameterfelder auf die Ausbildung der<br />
Schweißnaht .......................................................................................................... 26<br />
5.3.3. Metallographische und rasterelektronenmikroskopische Analysen der<br />
Schweißnähte ........................................................................................................ 34<br />
5.3.4. Herstellung von Multi-Material-Blechhalbzeugen<br />
.............................................................................................................................. 43<br />
5.3.5. Erweiterung der Schweißparameterfelder durch Vorwärmung<br />
.............................................................................................................................. 44<br />
5.3.6. Thermische Auslagerungsversuche und Analysen des Phasenwachstums<br />
.............................................................................................................................. 45<br />
5.4. Einfluss der Nahteigenschaften auf die Umformbarkeit von Mischverbindungen<br />
......................................................................................................................................... 50<br />
5.4.1. Materialprüfung und Charakterisierung von rührreibgeschweißten<br />
Mischverbindungen ................................................................................................ 50<br />
5.4.2. Untersuchungen zur Umformbarkeit von Schweißverbunden<br />
.............................................................................................................................. 54<br />
5.4.3. Bewertung der Umformbarkeit bei variierenden Schweißparametern und<br />
Rückkopplung zum Schweißprozess ..................................................................... 69<br />
5.5. Simulation und Modellbildung zum Umformverhalten der Schweißnaht<br />
......................................................................................................................................... 69<br />
5.5.1. FE-Modellerstellung zur Umformbarkeit der Multi-Material-Verbunde<br />
.............................................................................................................................. 69
Seite 3 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.217N<br />
5.5.2. Vergleich der Lösungsansätze und Validierung<br />
.............................................................................................................................. 71<br />
5.6. Herstellung von praxisrelevanten Musterbauteilen<br />
......................................................................................................................................... 77<br />
6. Darstellung des wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Nutzens der erzielten<br />
Ergebnisse insbesondere für KMU sowie ihres innovativen Beitrags und ihrer industriellen<br />
Anwendungsmöglichkeiten ............................................................................................... 87<br />
7. Zusammenfassung und Ausblick ...................................................................................... 88<br />
8. Verwendung der Zuwendungen ........................................................................................ 92<br />
9. Notwendigkeit und Angemessenheit der Arbeiten ............................................................. 93<br />
10. Ergebnistransfer in die Wirtschaft ..................................................................................... 94<br />
11. Durchführende Forschungseinrichtungen ......................................................................... 98<br />
12. Literaturverzeichnis........................................................................................................... 99<br />
13. Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... 100<br />
14. Anhang ........................................................................................................................... 105<br />
14.1. Versuchsplan DC04-AW5754 mit Ergebnissen der Zug- und Schwenkbiegeversuche<br />
....................................................................................................................................... 105<br />
14.2. Versuchsplan optimierter Parameterbereich CW008A-AW1050A mit Ergebnissen der<br />
Zug- und Schwenkbiegeversuche ................................................................................... 106<br />
14.3. Probenlage und Zuweisung für thermische Auslagerungsversuche<br />
....................................................................................................................................... 106
Seite 7 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.217N<br />
3. Einleitung<br />
Viele Industriezweige, insbesondere im Transportsektor, stehen zunehmend vor großen<br />
Herausforderungen in Bezug auf ökologische und wirtschaftliche Aspekte. Ein wichtiger Ansatz,<br />
um die Emissionen von Fahrzeugen zu senken und einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz<br />
zu leisten, ist die Reduzierung des Gewichts des Gesamtfahrzeugs bzw. seiner<br />
Einzelkomponenten. Das Einsparpotential bei konsequentem Leichtbau wird hier je nach<br />
Fahrzeugklasse auf bis zu 30 % geschätzt [1]. Somit hat der Leichtbau seit vielen Jahren Einzug<br />
in den Bereich des Mobilitätssektors gehalten. Leichtbau kann unter anderem durch gezielte<br />
Bauteilauslegung in Bezug auf den Materialeinsatz, die Kombination von unterschiedlichen<br />
Werkstoffen oder auch die Kombination von beidem erreicht werden. Verschiedene Werkstoffe<br />
in unterschiedlicher Dicke ermöglichen ein belastungsoptimiertes Bauteil zu designen, das<br />
entsprechend des Einsatzortes alle gewünschten Eigenschaften bereitstellt.<br />
Multi-Material-Verbunde in komplexen Formen herzustellen stellt insbesondere die Fügetechnik<br />
vor große Herausforderungen, da bei komplexen Bauteilgeometrien die Zugänglichkeit für das<br />
jeweilige gewählte Fügeverfahren unter Umständen nicht gegeben ist. Das Fügen von<br />
Mischverbindungen im ebenen Zustand mit der sich anschließenden Formgebung zu einem<br />
funktionsfähigen Bauteil stellt dagegen die Umformtechnik aufgrund der unterschiedlichen<br />
Materialeigenschaften vor große Herausforderungen.<br />
Vorherige Untersuchungen [2] haben gezeigt, dass der Fügeprozess des Rührreibschweißens je<br />
nach Wahl der Rührreibschweißparameter unterschiedliche Materialeigenschaften hervorruft.<br />
Ziel des in diesem Abschlussbericht beschrieben Projekts war es für unterschiedliche<br />
Mischverbindungen die Rührreibschweißparameter zu identifizieren, bei denen der<br />
Materialverbund eine hohe Umformbarkeit aufweist, während eine zuverlässige Nahtausbildung<br />
gewährleistet ist.<br />
Dazu wurden drei Mischverbindungen in Betracht gezogen. Eine Aluminium-Stahl-<br />
Mischverbindung mit einer Blechdicke von jeweils 1 mm, eine Aluminium-Kupfer-<br />
Mischverbindung mit Blechdicken von 3 mm und eine Aluminium-Magnesium-Mischverbindung<br />
mit 2,4 mm dicken Blechen. Nach der Charakterisierung der einzelnen Grundwerkstoffe in Zugund<br />
Nakajima-Versuchen wurden Mischverbindungen der genannten Werkstoffkombinationen<br />
mit unterschiedlichen Schweißparametern hergestellt. Zur Ausbildung der Anbindung wurde<br />
anschließend ein Bezug zu den Schweißparametern hergestellt und Handlungsempfehlungen für<br />
die Optimierung der Verbindung abgeleitet. Die mechanischen Eigenschaften der<br />
Mischverbindungen wurden hinsichtlich der Zugfestigkeit sowie der maximalen Umformbarkeit<br />
quantifiziert. Diese wurden dabei in Abhängigkeit der Schweißnahtausrichtung betrachtet.<br />
Weiterhin wurden Grenzformänderungskurven der Mischverbindungen bestimmt und die<br />
Übertragbarkeit von genormten Testmethoden wie Nakajima-Versuchen auf Multi-<br />
Materialverbindungen analysiert. Auf Basis der sich als erfolgreich darstellenden<br />
Schweißparameter wurden Demonstratorbauteile gefertigt, welche in erster Linie für die<br />
Aluminium-Stahl-Verbindung vielversprechende Ergebnisse liefert. Zusätzlich wurde anhand von<br />
FE-Simulation zum Umformverhalten der Mischverbindungen im Nakajima-Test analysiert,<br />
welche Modellierung der Schweißnaht für die Umformsimulation hinreichend ist.<br />
Es konnte im Verlauf des Projektes gezeigt werden, dass durch eine Anpassung der<br />
Rührreibschweißparameter die Umformbarkeit der geschweißten Mischverbindungen gezielt<br />
beeinflusst werden kann. Als treibende Einflussgröße für die Steigerung der monoaxialen
Seite 8 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.217N<br />
Umformbarkeit konnte bei allen untersuchten Mischverbindungen der Versatz der<br />
Werkzeugachse zum Stoß identifiziert werden. Im Verlaufe des Projektes wurden für alle drei<br />
Mischverbindungen Schweißparameterkombinationen identifiziert, welche gute Zugfestigkeiten,<br />
für Al-St und Al-Cu im Bereich der Grundwerkstofffestigkeiten, aufweisen. Die Umformbarkeit der<br />
Mischverbindungen blieb in allen Fällen der Charakterisierung der Mischverbindungen in<br />
Nakajima-Versuchen unterhalb der Benchmarkversuche der Grundwerkstoffe. Einachsige<br />
Biegung zeigte vielversprechende Ergebnisse zum Übertrag in praktische Anwendungen,<br />
während mehrachsige Belastungszustände zum frühzeitigen Versagen aufgrund von<br />
Spannungsspitzen in der heterogen ausgebildeten Schweißzone führten.<br />
3.1. Forschungsziel<br />
Der Stand der Technik zu Projektbeginn sowie eigene Untersuchungen zeigten, dass<br />
Mischverbindungen grundsätzlich rührreibgeschweißt werden können, es jedoch an<br />
systematischem Prozesswissen über eine umformtechnische Anwendung an solchen<br />
Verbindungen fehlt. Bisherige Untersuchungen von rührreibgeschweißten Mischverbindungen<br />
konzentrieren sich entweder auf die grundlegende Beschreibung der Bindungsmechanismen<br />
oder auf einfache mechanische Eigenschaften (z.B. Zugfestigkeiten). Nur wenige Ergebnisse aus<br />
der Forschung beschreiben die Umformbarkeit von Mischverbindungen. Dabei spielt die<br />
Umformbarkeit bei dem sehr großen Sektor der blechverarbeitenden Industrie eine häufig<br />
einsatzentscheidende Rolle.<br />
Im Fokus der Verbundcharakterisierung steht der Einfluss einer veränderlichen Schweißnahtlage<br />
auf die Materialeigenschaften sowie das Formänderungsvermögen während verschiedener<br />
Belastungszustände. Diese werden mittels konventioneller Prüfverfahren aus der<br />
Blechumformung abgebildet und unter Zuhilfenahme von optischen Messsystemen bestimmt. So<br />
sollen Multi-Material-Halbzeuge geschweißt und für den Umformprozess entsprechend ausgelegt<br />
werden.<br />
Das Forschungsziel dieses Vorhabens war, dass durch Verständnis der Umformbarkeit von<br />
rührreibgeschweißten Mischverbindungen und den damit verbundenen Fehlerrisiken geeignete<br />
Schweißprozessmodifikationen gefunden werden, die die sichere und fehlerfreie Herstellung<br />
entsprechender Verbindungen ermöglichen. Hieraus ergaben sich folgende Forschungsfragen:<br />
Welche Einflussgrößen des Rührreibschweißprozesses können hinsichtlich optimaler<br />
Umformeigenschaften beeinflusst werden?<br />
Wie kann die Umformbarkeit rührreibgeschweißter Mischverbindungen in Abhängigkeit<br />
unterschiedlicher Schweißparameterfelder bewertet werden?<br />
Wie sieht eine werkstoff- und anlagenunabhängige Methodik zur Optimierung der<br />
Umformeigenschaften für rührreibgeschweißte Mischverbindungen durch Anpassung der<br />
Schweißparameter/Schweißparameterfelder im Rührreibschweißprozess aus?
Seite 9 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.217N<br />
4. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und<br />
Ergebnisse mit Zielen des Forschungsantrags<br />
Die Bearbeitung des Projektes erfolgte durch Mitarbeitende des Instituts für Schweißtechnik und<br />
Fügetechnik der RWTH Aachen University sowie Mitarbeitende des Instituts für Bildsame<br />
Formgebung der RWHT Aachen University.<br />
Das Projekt war in mehrere aufeinander aufbauende und teilweise zwischen den<br />
Forschungsstellen parallelisierte Arbeitspakete gegliedert (vgl. Abbildung 1). AP1 diente der<br />
allgemeinen Festlegung der Versuchswerkstoffe. Diese erfolgte in Absprache mit den Mitgliedern<br />
des projektbegleitenden Ausschusses. In der Kickoff-Sitzung wurden die ersten zwei<br />
Materialkombinationen und in der 4. Sitzung die dritte Materialkombination basierend auf den im<br />
Antrag erarbeiteten Anwendungsfeldern und der industriellen Relevanz festgelegt (siehe 5.1).<br />
Diese wurden charakterisiert und entsprechende Schweißversuchsstände und<br />
Werkstückprüfstände vorbereitet. Ziel von AP2 war die Erarbeitung eines methodischen<br />
Vorgehens zum Aufbau von Prozessverständnis und Umformbarkeit sowie die Verbreitung dieses<br />
Wissens. In AP3 wurden die rührreibschweißtechnischen Gesichtspunkte der<br />
Mischverbindungen betrachtet und die Erkenntnisse aus AP4 in den Schweißprozess<br />
rückgeführt. AP4 befasste sich mit der Charakterisierung der Nahteigenschaften auf die<br />
Umformbarkeit, wobei die Ergebnisse aus AP1 als Benchmark genutzt wurden und die<br />
Ergebnisse als direkter Eingang für die Schweißparameteroptimierung von AP3 dienen. AP5<br />
behandelte die simulative Abbildung der erzeugten Mischverbindungen sowie deren<br />
Umformbarkeit. Weiterer Bestandteil war die Validierung der über verschiedene Ansätze erzielten<br />
Ergebnisse. Abschließen wurden in AP6 Funktionsdemonstratoren, basierend auf potentiellen<br />
Anwendungen der Mischverbindungen erstellt.