28.10.2021 Aufrufe

Campz Magazin Winter 2021

Draußen zu sein, gibt uns Abstand vom Alltag, den wir auch in Herbst und Winter bitter nötig haben. Wenn die Tage kürzer werden, können diese kostbaren Erfahrungen sogar noch intensiver sein als an einem heissen Sommertag. Geräusche gehen im prasselnden Regen unter oder werden vom Nebel verschluckt. Alles jenseits des schmalen Lichtkegels der Stirnlampe versinkt im Nichts. Jede Menge dieser Momente, für die du schon mal eine kalte Nasenspitze in Kauf nehmen kannst, findest du im neuen Campz-Magazin.

Draußen zu sein, gibt uns Abstand vom Alltag, den wir auch in Herbst und Winter bitter nötig haben. Wenn die Tage kürzer werden, können diese kostbaren Erfahrungen sogar noch intensiver sein als an einem heissen Sommertag. Geräusche gehen im prasselnden Regen unter oder werden vom Nebel verschluckt. Alles jenseits des schmalen Lichtkegels der Stirnlampe versinkt im Nichts. Jede Menge dieser Momente, für die du schon mal eine kalte Nasenspitze in Kauf nehmen kannst, findest du im neuen Campz-Magazin.

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WE TAKE YOU OUTDOORS<br />

HERBST / WINTER<br />

<strong>2021</strong>


UNSERE ALLESKÖNNER<br />

Jeder Tag ist der beste Tag, um in die Natur zu gehen! Vom<br />

Frühling, über lange Sommerabende, in einen goldenen Herbst bis<br />

hin zu fantastischen <strong>Winter</strong>tagen hält dich die 3M Thinsulate<br />

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Daune zuverlässig warm, verzeiht aber auch leichte Feuchtigkeit<br />

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Photos: Ben Matthews


Editorial<br />

Liebe Outdoorfans,<br />

aus der Vogelperspektive betrachtet passiert auf<br />

einer <strong>Winter</strong>wanderung nicht besonders viel.<br />

Die Märchenlandschaft des verschneiten Harzes<br />

hinterlässt dennoch Eindrücke, die bleiben. Auch<br />

der Spaziergang mit einem Alpaka an deiner Seite<br />

zeichnet sich vor allem durch das aus, was nicht da<br />

ist: Lärm, Hektik und Stress. Draussen sein gibt uns<br />

Abstand vom Alltag, den wir auch im Herbst und<br />

<strong>Winter</strong> bitter nötig haben. Wenn die Tage kürzer<br />

werden, können diese kostbaren Erfahrungen<br />

sogar noch intensiver sein als an einem heissen<br />

Sommertag. Geräusche gehen im prasselnden Regen<br />

unter oder werden vom Nebel verschluckt. Alles<br />

jenseits des schmalen Lichtkegels der Stirnlampe<br />

versinkt im Nichts. Dafür kann man schon mal<br />

eine kalte Nasenspitze in Kauf nehmen, oder?<br />

Euer CAMPZ-Team<br />

3


Inhalt<br />

Special Moments 05<br />

Ganz tief durchatmen<br />

Ein <strong>Winter</strong>traum in Weiss 10<br />

Wandern auf dem Harzer Hexenstieg<br />

Gelassenheit finden auf dem Jakobsweg 18<br />

Raimund Joos und seine jahrzehntelange Pilgerreise<br />

Das steckt drin 22<br />

Packliste für Mehrtageswanderungen<br />

Probiers mal mit Gemütlichkeit 24<br />

Eine Schneewanderung mit einem Alpaka<br />

Vom Zauber der Verwilderung 30<br />

Entdecke deinen inneren Wildfang wieder!<br />

GIVE A SHIT about nature 36<br />

Pandemie und Social Media – wie steht es um unsere Nationalparks?<br />

„An unseren Produkten hängen Leben“ 40<br />

Warum für Petzl Qualität immer auch Nachhaltigkeit bedeutet<br />

<strong>Winter</strong>training fürs Trailrunning 46<br />

Wir machen dich zum Ausdauerwunder!<br />

Kind an Bord! 52<br />

Geschichten von werdenden Müttern, die gerne draussen unterwegs sind<br />

Wie hältst du dich warm? 60<br />

Daune oder Synthetik im Schlafsack?<br />

Alone in the dark 62<br />

Kopfkino und unerwarteter Besuch<br />

Cover Foto: © Columbia


Special Moments<br />

© Mountain Equipment


© Patagonia, Burton


Special Moments


© Marmot


Special Moments


Text und Fotos: Romy Robst / etappen-wandern.de<br />

Ein <strong>Winter</strong>traum<br />

in Weiss<br />

Wandern auf dem Harzer Hexenstieg<br />

Die Wetter-App auf meinem Handy weist mich freundlich darauf hin, dass die hübsch weiss gezuckerte<br />

Nadelbäume in der Ferne, der lustige Schneemann im Garten und die bizarr gefrorenen Eiszapfen am<br />

Fenster meiner kleinen Pension einen Haken haben: Draussen ist es kalt. Genauer gesagt minus 9 Grad.<br />

Ich blicke auf die wenigen Habseligkeiten, die es in meinen Trekking-Rucksack geschafft haben und nun<br />

vor mir auf dem Bett ausgebreitet liegen. Heute werde ich wohl besser den dicken Merinopullover anziehen<br />

und – obwohl ich weiss, dass mir spätestens nach dem ersten Aufstieg nicht mehr kalt sein wird – ziehe mein<br />

Fleece besser auch noch an. Denn heute, am dritten Tag meiner winterlichen Weitwanderung auf dem Harzer<br />

Hexenstieg, soll es auf den höchsten Punkt des Mittelgebirges gehen. Dank vieler Tageswanderungen hinauf<br />

zum Brocken weiss ich, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dort oben in arktischer Kälte zu stehen.


In winterlicher Stille<br />

Als ich mich gegen 8 Uhr auf die Königsetappe<br />

meiner Wanderung begebe, lugen gerade die ersten<br />

Sonnenstrahlen über die Bergkuppen und färben<br />

die winterliche Schwarz-Weiss-Landschaft in ein<br />

mildes Orange. Einige Zentimeter Neuschnee<br />

bedecken die angenehm zu gehenden Wege, sodass<br />

jeder Schritt ein wohlig klingendes Knirschen unter<br />

meinen Wanderschuhen auslöst. Mein Wanderhund<br />

Lotte spielt derweil Brummkreisel im Schnee,<br />

wälzt sich, legt einen übermütigen Sprint ein und<br />

rennt anschliessend mit wehenden Schlappohren<br />

direkt auf mich zu. Auch meine Freude über diese<br />

Bilderbuchlandschaft, durch die wir beide einsam<br />

streifen, ist sicher mindestens genauso gross.<br />

Mittelgebirge haben es mir besonders im <strong>Winter</strong><br />

angetan. Abseits der Skipisten trifft man auf eine<br />

Stille, die einfach unbeschreiblich schön ist. Nur<br />

wenige andere Menschen zieht es zum Wandern und<br />

Skitourengehen in die verschneiten Wälder. Die dicke<br />

Schneedecke schluckt so ziemlich alle Geräusche<br />

der urbanen Zivilisation. Manchmal schweben zarte<br />

Schneeflocken lautlos zu Boden. Selbst das Plätschern<br />

der typischen kleinen Harzer Wasserkanäle erstarrt.<br />

Stattdessen hängen mannshohe Eiszapfen von den<br />

Felsen. Während es mich im Sommer viel lieber auf<br />

hohe, aussichtsreiche Gipfel zieht, bin ich im <strong>Winter</strong><br />

mit einer Waldwanderung mehr als zufrieden. So<br />

auch an diesem Tag. Da wir mit der aufgehenden<br />

Sonne gestartet sind, haben wir den sonst so stark<br />

frequentierten Aufstieg zum höchsten Berg Sachsen-<br />

Anhalts fast für uns allein. Wir entdecken frische<br />

Spuren von Rotwild im Schnee – mein Hund mit der<br />

Nase, ich ganz konventionell mit den Augen. Wenn<br />

die Tage kürzer werden, gehen wir immer früh los.<br />

Nicht nur, weil wir es ruhig mögen und versuchen die<br />

frischen Tierspuren zu lesen, sondern weil es sicherer<br />

ist. Ich will keinesfalls mit knappem Zeitbudget<br />

plötzlich auf einen zugeschneiten Pfad treffen, sodass<br />

wir uns entweder durch einen halben Meter Schnee<br />

kämpfen oder diesen weiträumig umgehen müssten.


Über den Wolken<br />

Aber das passiert an diesem Tag nicht. Auch<br />

wenn der Harzer Hexenstieg kein ausgewiesener<br />

<strong>Winter</strong>wanderweg ist, werden die Wege oft genug<br />

begangen, sodass wir ohne grosse Kraftanstrengung<br />

gemütlich vorankommen. Allerdings ohne gross etwas<br />

sehen zu können. Wie so oft – der Brockengipfel<br />

beeindruckt mit durchschnittlich 300 (!) Nebeltagen<br />

im Jahr – ist alles um uns herum weiss. Der Boden,<br />

die Bäume, der Himmel. Kaum lässt sich der<br />

Horizont ausmachen. Aber zumindest wärmt uns<br />

der Aufstieg zur 1.141 Meter hohen Erhebung. Was<br />

ich in diesem Moment noch nicht weiss: Ich erwische<br />

einen der seltenen Tage mit Inversionswetterlage.<br />

Oben wird der Gipfel gerade so aus dem Nebelmeer<br />

herausschauen und blauer Himmel über mir stehen.<br />

Doch bis ich in den Genuss dieses unvergesslichen<br />

Moments komme, muss ich mehrfach anhalten, um<br />

mich von der warmen Kleidung zu befreien. Vor allem<br />

im <strong>Winter</strong> wäre es fatal, wenn ich nassgeschwitzt<br />

bin. Dann ist die Kälte eine garantierte Begleiterin<br />

des Weiterweges. Es heisst, man solle sich im <strong>Winter</strong><br />

immer nur so warm anziehen, dass man gerade nicht<br />

friert. Gute Funktionskleidung und das Zwiebelprinzip<br />

sind meine besten Freunde beim <strong>Winter</strong>wandern.<br />

Selbstredend, dass ich alle Schichten etwa im gleichen<br />

Atemzug mit Erreichen des kühlen Gipfelplateaus<br />

sofort wieder anziehe. Denn auch wenn die Sonne<br />

hier oben scheint, der Wind auf dem Berg, dem<br />

man ein isländisches Klima nachsagt, fühlt sich auf<br />

meinen kalten, rosigen Wangen an wie Tausende<br />

kleine Nadelstiche. Meine Wimpern und die Tasthaare<br />

um die Schnauze meiner Hündin sind in Windeseile<br />

weiss gefärbt und das Handy wandert in meinen<br />

Handschuh. Die Akkus moderner Smartphones mögen<br />

nämlich keine Kälte und hier oben sind mindestens<br />

minus 13 Grad. Bei frostigen Temperaturen<br />

entladen sich moderne Telefone mitunter rasant.<br />

Wer wie ich das Handy zwecks Navigation oder<br />

für Bilder nutzt, sollte es am Körper tragen.<br />

13


Von Brockengeistern und dem<br />

„Hogwarts-Express“<br />

Auf einem höheren Gipfel im Mittelgebirge ist im<br />

<strong>Winter</strong> irgendwie alles surreal. Auf dem Brocken<br />

einmal mehr. Schliesslich thront hier knapp unterhalb<br />

des Gipfelsteins gar ein eigener nostalgischer Bahnhof.<br />

Die berühmte Harzer Schmalspurbahn taucht nicht<br />

selten beim Aufstieg mystisch wie Harry Potters<br />

Hogwarts-Express dampfend und tutend aus dem<br />

dicken Nebel auf, um die Endstation zu erreichen. An<br />

den Bahnhofslaternen hat sich in Windrichtung im<br />

Laufe des <strong>Winter</strong>s zentimeterdickes Eis gebildet, das<br />

wie eine Fahne die Metallpfosten ziert. Die Kiefern<br />

verwandeln sich unter der Last von Schnee und Eis zu<br />

„Brockengeistern“ mit merkwürdigen Formationen,<br />

die ihnen auch den Namen „Krüppelkiefern“ beschert<br />

haben. Immer wieder ziehen Zuckerwattewolken<br />

vorbei. Doch so schön dieser Anblick auch ist:<br />

Bevor wir noch festfrieren, kehren wir lieber zu<br />

einem warmen Tee und einer Portion Nudeln<br />

in die nahe gelegene Hütte ein und werden erst<br />

einmal wieder warm. Unsere Pause fällt an einem<br />

solchen Ort gern auch mal etwas länger aus. Auch<br />

wenn auf unserer Wanderung viele Schutzhütten<br />

zumindest Schutz vor Wind und Witterung<br />

bieten, um sich vor Auskühlung zu schützen,<br />

machen wir draussen lieber viele kurze Pausen.


Kindsein – alles ist erlaubt<br />

Als wir uns frisch gestärkt wieder an den Abstieg<br />

machen, hat sich einmal mehr das Wetter gedreht. Der<br />

blaue Himmel hüllt sich wieder in ein undurchsichtiges<br />

Weiss und die schwachen Sonnenstrahlen sind für<br />

den Rest des Tages verschwunden. Wir sind uns<br />

dennoch dieses besonderen Momentes oben am<br />

Gipfelplateau bewusst und marschieren mit guter<br />

Laune unserem Tagesziel entgegen. Nur wenige<br />

Höhenmeter später hat uns der winterliche Wald<br />

zurück. Der mir im Sommer als breiter Pfad bekannte<br />

Weg ist zu einer kleinen Trittspur geschrumpft. Nur<br />

mit Mühe passen zwei Wanderschuhe nebeneinander.<br />

Die Tannen rechts und links neben uns tragen eine<br />

zehn Zentimeter dicke Schneeschicht. Neben dem<br />

Weg versinken wir bis zu den Knien im kühlen Weiss.<br />

Ich kann dennoch nicht anders und pflüge einen<br />

grossen Schneeengel in die weisse Pracht. Wer es<br />

zulässt, kann gerade im <strong>Winter</strong> seinem inneren Kind<br />

eine grosse Freude machen. Da ist es auch egal, ob es<br />

ein Schneeengel, ein liebevoll gebauter Schneemann<br />

oder eine fröhliche Schneeballschlacht ist. Da ich<br />

allein unterwegs bin, bleibt mir nur, Schneebälle für<br />

meinen Hund zu formen und sie dann möglichst weit<br />

wegzuwerfen. Auf langweiligeren Wegabschnitten<br />

ist es unser Mittel der Wahl, um uns die Zeit zu<br />

vertreiben. Aber wenn ich ehrlich bin, es ist im<br />

<strong>Winter</strong> ohnehin nur sehr selten langweilig. Vor<br />

allem, wenn sich alternative Abstiege anbieten. Seit<br />

einer <strong>Winter</strong>durchquerung des Schwarzwaldes habe<br />

ich nämlich immer eine kleine Rodelschale für das<br />

Hinterteil dabei. In der Nähe des Feldberges reifte<br />

damals in mir die Idee, nach 20 Jahren endlich mal<br />

wieder zu rodeln. In einem Sportgeschäft erwarb<br />

ich die besagte Schale und stürzte mich am ersten<br />

abschüssigen Hang ins Abenteuer. Vielleicht nicht so<br />

elegant wie vor zwanzig Jahren, aber mit mindestens<br />

genauso viel Freude rodelte ich, bemüht den tief<br />

hängenden Ästen auszuweichen, den ersten Berg<br />

hinab. Seither nutze ich jede günstige Gelegenheit,<br />

mir den Abstieg zu erleichtern. Auf dieser Wanderung<br />

sind jedoch noch andere Skills gefragt: Balance und<br />

Trittsicherheit. Kurz vor unserem Ziel geht es stufig<br />

hinab durch den Wald, der mit einigen vereisten<br />

Passagen alle Konzentration fordert. Nachdem ich<br />

einige Male ins Rutschen gekommen bin, entscheide<br />

ich mich schliesslich doch dafür, meine Leichtgrödel<br />

(Spikes) anzulegen. Die kleinen Zacken verhindern<br />

das Rutschen auf Eis zuverlässig und werden mit<br />

einem Gummi rasch am normalen Wanderschuh<br />

befestigt. So kann ich zumindest meinem Hund mit<br />

seinen eingebauten „Spikes“ etwas entgegensetzen<br />

und erreiche sicher mein Hotel für die Nacht.<br />

15


Vielseitige bergige <strong>Winter</strong>landschaften<br />

Als ich schliesslich drei Tage später, nach insgesamt<br />

sechs <strong>Winter</strong>tagen, mein Ziel dieses Weitwanderweges<br />

erreiche, bin ich voll mit vielen traumhaften<br />

Eindrücken. Hinter mir liegen 100 Kilometer reinstes<br />

Wandervergnügen. Von Osterode im Westen des<br />

Harzes bin ich bis nach Thale im Osten fast einmal<br />

quer durch den ganzen Harz gelaufen. Der Harz als<br />

nördlichstes, aber sehr kleines Mittelgebirge ist ein<br />

Paradebeispiel für die Vielseitigkeit des <strong>Winter</strong>s in<br />

den Bergen. Zu Beginn staunte ich über norwegisches<br />

Flair an den vielen zugefrorenen Stauseen und den<br />

niedlichen bunten Holzhäusern. Mich zog es an<br />

zugefrorenen Bachläufen und imposanten Eis-<br />

Wasserfällen vorbei, die sich gar zum Eisklettern<br />

eignen. Die im Sommer oft dunklen Nadelwälder<br />

strahlten freundlich in ihrem weissen Gewand,<br />

während sich im Osten des Harzes Laubwälder zu<br />

wahren Aussichtswegen verwandeln, wenn das<br />

Blattwerk nicht mehr die Sicht versperrt. Mir bleibt<br />

ein famoser Sonnenuntergang auf einer typischen<br />

Harzklippe in Erinnerung ebenso wie dieser besondere<br />

Moment am Entensumpf. Dort warf die tief stehende<br />

Sonne zarte Sonnenstrahlen durch die Bäume, die<br />

der See reflektierte. Auch das Nebelmeer auf dem<br />

Brocken ist eines dieser vielen Geschenke, die der<br />

<strong>Winter</strong> bereithält. Wir müssen sie nur annehmen.<br />

Das grösste Geschenk jedoch ist die tiefe Ruhe und<br />

Entspannung, die ein solches kurzes <strong>Winter</strong>abenteuer<br />

mir gibt. Das laute Rauschen im Kopf, das mich an<br />

einem hektischen Arbeitstag stets begleitet, wird bei<br />

einer solchen Wanderung wie die grossen Baumriesen<br />

einfach zugeschneit. Es wird ganz still – draussen und<br />

in mir. Nur das zarte Gezwitscher der Standvögel und<br />

das sanfte Knirschen des Schnees unter den Schuhen<br />

unterbricht die winterliche Ruhe. Jedes Mal aufs Neue<br />

bin ich erstaunt, wie schnell ich auf Mehrtagestouren<br />

diesen Frieden finde. Umso schöner ist es, dass<br />

Weitwanderungen nicht mehr nur auf den Sommer<br />

beschränkt sind und ich mir solche Auszeiten auch im<br />

<strong>Winter</strong> nehme. In meinem Kalender ist zumindest eine<br />

winterliche Mehrtagestour immer fest eingeplant.


Mit Hund im <strong>Winter</strong> unterwegs<br />

Das Wandern mit Hund ist im <strong>Winter</strong> eine wahre Freude. Besondere Anforderungen an den Hund gibt es dabei<br />

nur selten, denn die vierbeinigen Freunde haben im <strong>Winter</strong> zumeist sogar eine bessere „Serienausstattung“ als<br />

Herrchen und Frauchen und mit ihren Krallen und Pfoten meist einen sehr viel besseren Halt auf rutschigem<br />

Untergrund. Bei etwas schwierigeren Passagen kann ein gutes Hundegeschirr mit Tragegriff sinnvoll sein.<br />

Einige Hunde neigen bei bestimmten Schneeverhältnissen dazu, dass sich Schnee im Fell und unter den<br />

Pfoten aufstollt. Dicke Eisbälle bilden sich dann an empfindlichen Pfoten. Zwei Dinge schaffen Abhilfe:<br />

Eine dicke Schicht Vaseline unter den Pfoten verhindert zumindest kurzzeitig das Aufstollen. Alternativ<br />

gibt es sogenannten Pfotenschutz (Booties), der wie eine Socke über die Pfoten gezogen wird und vor den<br />

schmerzhaften Eisklumpen schützt. Je nach Kälteempfinden und Alter des Hundes bietet sich eine Softshelljacke<br />

als Wärmeschutz an, denn unsere in der Regel im Haus lebenden Hunde sind heute deutlich kälteempfindlicher.<br />

17


Text: Josh Gale, Fotos: Raimund Joos<br />

Gelassenheit finden<br />

auf dem Jakobsweg<br />

Raimund Joos und seine jahrzehntelange Pilgerreise


Raimund Joos ist über 35.000 Kilometer auf dem<br />

Jakobsweg gewandert. Er hat elf Bücher über die<br />

alten Pilgerwege in Spanien und Portugal verfasst<br />

und uns berichtet, was er auf dem Weg gelernt hat.<br />

Die autonome Region Galicien im Nordwesten<br />

Spaniens ist bekannt für ihren Regen. Es regnet<br />

so viel, dass Babys schon mit einem Regenschirm<br />

geboren werden – das behauptet man jedenfalls.<br />

2008 wanderte Raimund Joos unter dem<br />

wolkenverhangenen, galicischen Himmel und<br />

versuchte, den Jakobsweg wiederzufinden, von dem<br />

er abgekommen war. Just in diesem Moment tauchte<br />

eine zierliche Gestalt mit einem pinken Regenschirm<br />

auf. Joos rief ihr aus einiger Entfernung zu und<br />

fragte nach dem Weg. Der Regenschirm hob sich<br />

und eine 80 Jahre alte Señora winkte ihm, näher zu<br />

kommen. Sie erklärte ihm den Weg und drängte ihm<br />

zum Abschied den Regenschirm auf. Er versuchte,<br />

das Geschenk abzulehnen, aber es half nichts, im<br />

nächsten Moment war sie schon weitergegangen.<br />

Ihm fiel auf, dass die gütige Frau diesen Regenschirm<br />

schon seit Jahren gehegt haben muss, ihn aber von<br />

einem Moment auf den nächsten weggegeben hat.<br />

Für Raimund Joos stellt diese kleine Geschichte den<br />

menschlichen Geist des Jakobswegs dar, ein Geist,<br />

der seiner Meinung nach droht, verloren zu gehen.<br />

Mal wieder unterwegs<br />

Raimund Joos wäre lieber nicht mit dem Fahrrad<br />

unterwegs. Schon als Kind ging er in seiner Heimat<br />

in der Nähe der Fränkischen Schweiz immer lieber<br />

zu Fuss. Seine Eltern, beide wanderten gerne, haben<br />

dafür gesorgt, dass auch er seine Liebe fürs Gehen<br />

entwickelte. Heute schreibt er Reiseführer mit dem<br />

Ziel, auch andere dafür zu begeistern. Er betrachtet<br />

sie als „Freund auf dem Weg“, der Menschen dabei<br />

hilft, positive, lebensverändernde Erfahrungen<br />

zu machen. So wie er, als er vor 28 Jahren zum<br />

ersten Mal auf dem Jakobsweg gewandert ist.<br />

Aus einer Krise heraus<br />

Heute ist Raimund Joos 53 Jahre alt, aber als ihn<br />

der Jakobsweg zum ersten Mal in seinen Bann<br />

zog, war er erst 24. Nicht alles war für ihn glatt<br />

gelaufen. Er lebte und studierte in Eichstätt, einer<br />

der Städte, durch die der Ostbayrische Jakobsweg<br />

führt. Nachdem er zweimal durch seine Prüfungen<br />

gefallen war, lag sein Selbstvertrauen im Keller.<br />

Plötzlich stand alles auf dem Prüfstand. Also liess<br />

er alle Sorgen hinter sich, reiste nach Burgos und<br />

wanderte von dort aus 500 Kilometer nach Santiago<br />

de Compostela. Es war schwieriger als erwartet. „Ich<br />

hatte nagelneue Schuhe an, die noch nicht eingelaufen<br />

waren, keine Regenjacke und mein Rucksack wog<br />

zwölf Kilo“, erinnert er sich. „Ich hatte Blasen an<br />

den Füssen und der ganze Weg war eine Tortur.“<br />

Als ich diesen Artikel schreibe, ist Raimund gerade<br />

in Spanien. Dieses Mal ist er aus Zeitnot mit einem<br />

E-Bike unterwegs, um einen seiner sechs Reiseführer<br />

über die verschiedenen Routen des Jakobswegs zu<br />

aktualisieren. Sein Pilgerführer „Jakobsweg Caminho<br />

Português“ ist das meistverkaufte Buch seiner<br />

Kategorie in Deutschland. Die knallgelben Bände<br />

sind ein sicheres Zeichen, um deutschsprachige<br />

Reisende auf einem der zahlreichen langen<br />

Pilgerwege zu erkennen, die alle nach Santiago de<br />

Compostela, der Hauptstadt Galiciens, führen.<br />

Aber Joos gab nicht auf. Er übernachtete in einfachen<br />

Herbergen und Notunterkünften. Er gewöhnte<br />

sich an kalte Duschen, ass (und genoss) günstige<br />

Bocadillos, lernte den Regen zu lieben, freundete sich<br />

mit anderen Pilgerreisenden an und erlebte nach 200<br />

Kilometern eine Offenbarung. „Wenn wir an unsere<br />

Grenzen stossen und so viel leiden, passiert eine Art<br />

Wunder – eine Veränderung entsteht daraus“, sagt<br />

er. „Der Jakobsweg gab mir innere Gelassenheit. Ich<br />

lernte, dass es nicht viel braucht, um glücklich zu<br />

sein. Du brauchst nur eine positive innere Haltung.“<br />

19


Seinen Weg finden<br />

Überglücklich über seine Entdeckung wanderte<br />

er den Jakobsweg vier weitere Male auf<br />

unterschiedlichen Routen. Dann ergab sich die<br />

Möglichkeit, Wanderführer zu schreiben, womit<br />

seine Leidenschaft für den Jakobsweg zum Beruf<br />

wurde. Seitdem hat er jeden Einzelabschnitt auf den<br />

Jakobswegen in Spanien und Portugal mindestens<br />

drei Mal begangen. Am besten gefällt ihm die<br />

1.000 Kilometer lange Via de la Plata. Der spärlich<br />

erschlossene Weg hat weitaus weniger Infrastruktur<br />

und Tourismus als der Camino Francés. Damit<br />

behält er die Einfachheit des Jakobswegs, wie er<br />

ihn zuerst erlebt hat. Seitdem haben sich die Welt<br />

und der Jakobsweg nämlich stark verändert.<br />

Autopilot auf dem Jakobsweg?<br />

Ach, das Internet! So viel Gutes, aber auch vieles zum<br />

Verzweifeln. Wenn dann auch noch Smartphones<br />

dazukommen, hast du den Smombie (Smartphone-<br />

Zombie). Raimund besitzt ein Smartphone und<br />

ist dem Internet gegenüber aufgeschlossen – nur<br />

eben mit bestimmten Einschränkungen. Auf dem<br />

Jakobsweg bringen Smartphones oft mehr Schaden<br />

als Nutzen, meint er. In den letzten Jahrzehnten<br />

hat die Popularität des Jakobswegs explosionsartig<br />

zugenommen. Menschen aus aller Welt ziehen sich<br />

zurück und wandern vier bis sechs Wochen, um zu<br />

entdecken, ein tieferes Bewusstsein zu erreichen,<br />

sich zu erholen und um manchmal einfach nur für<br />

sich zu sein. Aber Joos merkt an, dass der Boom den<br />

Geist des Jakobswegs gefährdet: „Einerseits wird der<br />

Jakobsweg immer zugänglicher, was wunderbar ist.<br />

Selbst Menschen im Rollstuhl können ihn erleben.<br />

Aber andererseits müssen wir uns fragen, wonach wir<br />

suchen. Ist es Zufriedenheit? Ich glaube nicht, dass<br />

es Menschen glücklich macht, auf dem Jakobsweg zu<br />

wandern und dabei ständig auf ihr Smartphone zu<br />

starren.“ Wenn er auf dem Jakobsweg unterwegs ist<br />

und ein Restaurant sucht, fragt er Einheimische nach<br />

ihren Empfehlungen. Wenn er den Weg nicht kennt,<br />

fragt er jemanden, was zu der berührenden Szene<br />

mit der älteren Frau und ihrem pinken Regenschirm<br />

führte. Er hält nur wenig Kontakt mit seiner Familie<br />

zu Hause und hört tagelang keine Nachrichten aus<br />

Deutschland. Dadurch ist er vollkommen präsent,<br />

in jedem Moment mitten im Leben. „Heutzutage<br />

sind viele Pilgerreisende mehr im Kontakt mit ihren<br />

Bekannten auf Facebook als mit den Leuten, mit denen<br />

sie vor Ort unterwegs sind“, meint er. „Natürlich kann<br />

man den Jakobsweg so erleben, wie man will. Aber<br />

die Frage ist, ob du das wirklich so machen willst.“<br />

Den Geist wiederentdecken<br />

Joos hat einen einfachen Rat für den Jakobsweg:<br />

Lass dein Smartphone einfach zu Hause oder<br />

schalte es maximal einmal am Tag für zehn<br />

Minuten an. „Mach alles so einfach wie möglich“,<br />

schlägt er vor. „Um wirklich abzuschalten, solltest<br />

du das Internet meiden. Öffne deinen Geist und<br />

nimm dir Zeit. Keine Eile! Wenn du das tust,<br />

entdeckst du deine eigene innere Gelassenheit.“


„Öffne deinen Geist und nimm dir Zeit.<br />

Keine Eile! Wenn du das tust, entdeckst<br />

du deine eigene innere Gelassenheit.“<br />

- Raimund Joos<br />

21


Das steckt drin<br />

Packliste für Mehrtageswanderungen im <strong>Winter</strong><br />

Wanderungen über mehrere Tage oder sogar Wochen, wie zum Beispiel der Jakobsweg, stellen in Sachen Ausrüstung eine<br />

kleine Herausforderung dar. Durchgehend warm und trocken zu bleiben, ist allerdings keine Raketenwissenschaft – es braucht<br />

nur ein wenig Vorausplanung. Nach deinen ersten Etappen hast du dich auch an das (gar nicht mal so hohe) Gewicht deines<br />

Rucksacks gewöhnt und kannst den ganz speziellen Zauber und die Ruhe eines <strong>Winter</strong>tages in der Natur geniessen.<br />

Wanderschuhe<br />

leichte Schuhe für Unterkunft, Einkäufe etc.<br />

drei Paar Socken<br />

zwei Softshell-Hosen<br />

Regenhose<br />

zwei Langarm-Unterhemden<br />

drei kurze Unterhosen<br />

zwei lange Unterhosen<br />

zwei BHs<br />

warmer Fleece-Pullover<br />

leichte Daunenjacke<br />

Regenjacke<br />

Mütze<br />

leichte, faltbare Wanderstöcke<br />

Rucksack (55 Liter)<br />

leichter Daunenschlafsack<br />

Schlafsack-Inlett<br />

Mikrofaserhandtuch<br />

Erste-Hilfe-Set<br />

Packsäcke<br />

Reiseführer<br />

Handschuhe (bei Bedarf )


© Martin Ohliger<br />

23


Text und Fotos: Magda Lehnert / wanderfolk.de<br />

Probiers mal mit<br />

Gemütlichkeit<br />

Eine Schneewanderung mit einem Alpaka<br />

Leise rieseln einzelne Schneeflocken zu Boden und legen eine verheissungsvolle Stille<br />

über die Felder. Die Luft ist bitterkalt und unter den Füssen knirscht der Schnee.<br />

Es ist ein verhangener <strong>Winter</strong>nachmittag, an dem keine Jacke dick genug scheint.<br />

Gut, dass ich diesen in unmittelbarer Nähe genau der Tiere verbringen werde, die<br />

in erster Linie für ihre wärmespendende Wolle bekannt sind – doch nicht nur dafür.<br />

Als hinter dem Zaun ein Paar Kulleraugen nach dem anderen auftaucht, muss ich<br />

unweigerlich lachen. Zu albern ist ihre Erscheinung, zu herzerwärmend ihr Blick, um<br />

nicht selbst die schlechteste Stimmung oder den grauesten <strong>Winter</strong>tag zu erhellen!<br />

25


Ein Tier, das dich zur Ruhe zwingt<br />

Dick eingepackt und voller Vorfreude kann ich es<br />

kaum erwarten, die gebuchte Alpaka-Wanderung<br />

zu beginnen. Doch hierfür geht’s zunächst in den<br />

Stall – Kennenlernen ist angesagt. Denn wenn man<br />

schon zusammen spazieren geht, sollte man sich<br />

vorher doch wenigstens begrüssen. Im Stall ist die<br />

Stimmung immer noch lustig, doch noch ein anderes,<br />

unerwartetes Gefühl erfüllt die Atmosphäre: Ruhe.<br />

Monoton mahlen die Alpakas leise das Heu, während<br />

weisser Dampf aus ihren Nüstern steigt. Es gibt<br />

kein Scharren und nervöses Treten, bestenfalls ein<br />

leises Rascheln, wenn die Tiere den Kopf in die Tröge<br />

stecken. Das anfänglich ausgelassene Lachen meiner<br />

Mitwandernden verändert sich in dieser Umgebung<br />

zu einem leisen Lächeln, laute Worte werden zu einem<br />

angehaltenen Flüstern. Tatsächlich erlebe ich hier<br />

genau jenes Phänomen, das Alpakas zu anerkannten<br />

Therapietieren macht. „Man sagt diesen sanftmütigen<br />

und sensiblen Tieren nach, dass sie dem Menschen<br />

tief in die Seele blicken. Sie spiegeln uns sofort<br />

unser Verhalten und unsere Emotionen, wie Freude,<br />

Aufregung, Angst oder Ungeduld“, erklärt Linda<br />

Hanspach, Betreiberin des Oberlausitzer Alpakaland<br />

e.V. Bist du zu Beginn der Begegnung also noch<br />

aufgeregt und wuselig, zwingt dich die Gegenwart<br />

eines Alpakas regelrecht zur Ruhe. Was vielleicht ein<br />

wenig psychedelisch klingen mag, hat nachweisbare<br />

Konsequenzen: Der Umgang mit Alpakas senkt die<br />

Herzfrequenz und macht langfristig ausgeglichener.<br />

Das Vlies der Götter<br />

Ich jedoch kann es im Moment gar nicht erwarten,<br />

Arya, meinen Alpaka-Buddy für den heutigen Tag,<br />

kennenzulernen. Rötlich braun und kuschelig ist ihr<br />

dickes lockiges Fell, die Ohren schwarz und fransig<br />

wie zwei Pinsel und das Maul fast lächerlich klein<br />

im Vergleich zum sonst so grossen runden Kopf mit<br />

den liebevollen Augen. Angst habe ich keine – wenn<br />

auch gebührenden Respekt – denn „mein“ Alpaka<br />

ist zum Glück deutlich kleiner als ich. Eines der<br />

Merkmale im Übrigen, an dem sich Alpakas und<br />

Lamas leicht voneinander unterscheiden lassen:<br />

Lamas sind mit einer Schulterhöhe von bis zu 1,30<br />

Meter deutlich grösser als ihre kleinen Verwandten.<br />

Während das Lama vorrangig als Lastentier<br />

genutzt wurde, wurden Alpakas schon 3.000 v. Chr.<br />

vorwiegend wegen ihrer Wolle gezüchtet. In ihrem<br />

ursprünglichen Lebensraum, den Anden, müssen<br />

die Tiere extreme Temperaturschwankungen von<br />

bis zu minus 30 Grad in der Nacht und 20 Grad<br />

am Tag ausgleichen, wodurch ihr Fell sowohl<br />

herausragende wärmende als auch kühlende<br />

Thermoeigenschaften besitzt. Kaum verwunderlich<br />

also, dass das „Vlies der Götter“ auch heute immer<br />

noch zu den wertvollsten Naturfasern der Welt zählt.<br />

Abstand vom Alltag an langer Leine<br />

Nach dem Halftern und einer Einweisung zu den<br />

grundlegenden Verhaltensregeln geht’s auch schon los.<br />

Trotz meiner anfänglichen Euphorie und ausreichend<br />

Erfahrung mit Pferden klammere ich mich nun doch<br />

mit beiden Händen an den Führstrick. Arya schaut<br />

nervös von links nach rechts, trappelt, mal träge,<br />

mal schnell, ein kleiner Hopser an einem Stein ...<br />

Ihre Bewegungen sind schwer abschätzbar, doch ich<br />

versuche mich zu konzentrieren. Nach und nach finden<br />

wir eine Routine. Ein Schritt von mir im knirschenden<br />

Schnee, zwei von ihr, eine kurze Berührung an ihrer<br />

Flanke (nicht am Kopf, denn das mögen Alpakas nicht,<br />

wie ich gelernt habe) – nach einer Weile knirschen<br />

wir also so vor uns hin, mein Blick löst sich langsam<br />

vom Boden und findet seinen Weg in die verschneite<br />

<strong>Winter</strong>landschaft. Inzwischen ist der Strick auch längst<br />

nicht mehr so kurz und Arya trabt an langer Leine<br />

ruhig neben mir her. Schon nach wenigen Minuten<br />

finden Linda Hanspachs Worte damit ihre Bestätigung:<br />

„Alpakas interessieren sich weder für Vergangenes<br />

noch für zukünftige Ereignisse. Sie möchten, dass<br />

der Mensch, der sie führt, einhundertprozentig im<br />

Hier und Jetzt ist – was uns wiederum hilft, Arbeit,<br />

Alltag und Probleme während der gemeinsamen Zeit<br />

einfach mal links liegen zu lassen.“ Rückblickend<br />

könnte ich nicht einmal mehr benennen, woran ich<br />

die eineinhalb Stunden, die ich mit Arya unterwegs<br />

war, gedacht habe: Da waren nur sie, ihre Wärme,<br />

die nicht mehr ganz so unangenehme Kälte und der<br />

Schnee. Als wir den Hof wieder erreichen, befinde ich<br />

mich in einem fast schon meditativen Zustand und<br />

kann mir kaum noch vorstellen, es zu irgendeinem<br />

Zeitpunkt befremdlich gefunden zu haben, mit<br />

einem Alpaka zu wandern. Umso schöner, dass ich<br />

die Gelegenheit habe, mit einem heissen Tee in der<br />

Hand noch eine Weile im Stall zu sitzen und den<br />

Alpakas beim Schnurpsen des Heus zuzuhören …


27


ADIDAS TERREX<br />

Free Hiker GTX<br />

© Martin Ohliger<br />

Was uns begeistert<br />

Rosie und ihre adidas TERREX Free Hiker GTX<br />

Wer bist du und was machst du bei CAMPZ?<br />

Warum empfiehlst du diese Schuhe?<br />

Hey, ich bin Rosie und arbeite als Redakteurin<br />

und Übersetzerin im Team Text von CAMPZ. Ich<br />

übersetze und bastele an Produktbeschreibungen,<br />

Ratgebern und allen Texten, die unseren Kund*innen<br />

dabei helfen, die perfekten Produkte für ihre<br />

Abenteuer zu finden. Wenn ich nicht gerade schreibe,<br />

dann wandere ich an Küstenpfaden entlang,<br />

schlage mich durchs Unterholz oder erkunde meine<br />

Heimatstadt zu Fuß. Gehen ist mir unglaublich<br />

wichtig und draußen zu sein hilft mir dabei, einen<br />

klaren Kopf zu bekommen und den Alltagsstress zu<br />

vergessen. Mich zu bewegen, den Rhythmus meiner<br />

Füße zu hören und mich auf die kleinen aufblitzenden<br />

Momente dramatischer Schönheit zu konzentrieren,<br />

die sonst ungesehen verfliegen: Das alles hilft mir,<br />

Körper und Geist in Balance zu halten – und ich habe<br />

währenddessen immer ein Grinsen im Gesicht.<br />

Ich liebe meine treuen adidas TERREX Free Hiker<br />

GTX einfach. Ich besitze mehrere Wanderschuhe,<br />

aber wenn es losgeht, dann greife ich automatisch<br />

fast jedes Mal zu diesen Schönheiten. Wenn ich<br />

für Stunden unterwegs bin, dann brauche ich sehr<br />

spezifische Features und die bekomme ich mit<br />

diesen Schuhen. Meine Füße knicken nach innen<br />

weg (Überpronation) und ich brauche eine Menge<br />

Support für mein Fußgewölbe. In diesen Schuhen<br />

habe ich genug Platz für meine Einlagen und der<br />

hohe Schaft, der sich fast wie ein zweites Paar<br />

Socken anfühlt, gibt meinen Knöcheln zusätzliche<br />

Stabilität. Manchmal bin ich auch mit einer Mischung<br />

aus Laufen und Wandern unterwegs und die Free<br />

Hiker können alle Geschwindigkeiten mitgehen.<br />

Außerdem werden sie sowohl mit Asphalt als<br />

auch mit losem Untergrund fertig – und sehen<br />

sowohl in der Stadt als auch im Wald gut aus!


Stand #TogetherForGlaciers<br />

Zusammenstehen für die Gletscher – unterstütze<br />

uns dabei, das Bewusstsein für den Klimawandel zu<br />

erhöhen und Emissionen zu verringern.<br />

So, wie die Gletscher die Berge formen, die uns bewegen,<br />

formen wir die Zukunft der Gletscher. Das Handeln der Menschen<br />

beschleunigt den Klimawandel und die Gletscherschmelze. Um<br />

diesen Trend umzukehren, handeln wir. Jetzt. Gemeinsam mit dir.<br />

Alle zusammen.<br />

MAMMUT.COM


Text: Josh Gale<br />

Vom Zauber der<br />

Verwilderungg<br />

Entdecke deinen inneren Wildfang wieder!<br />

Die sanfte Morgendämmerung hüllt mich und die Hügel rund um die spanische Stadt<br />

Teruel in ein goldenes Licht. Ich habe den Tag in aller Frühe mit einer Qigong-Session<br />

begonnen. Erfüllt von innerer Ruhe und tiefer Zufriedenheit lasse ich meinen Blick in die<br />

Weite schweifen, als ich eine Bewegung aus meinem Augenwinkel wahrnehme. Ich lasse<br />

meinen Blick der Neugierde folgen und erspähe einen Fuchs. Er kommt direkt hinter den<br />

Bäumen hervor und bleibt einen Moment regungslos stehen, als er mich entdeckt. Er hat<br />

mich im Visier und beobachtet mich, doch irgendetwas muss ihm signalisieren, dass von<br />

mir keine Gefahr ausgeht. Er setzt sich hin, ohne dabei den Blick von mir zu wenden. Seine<br />

goldenen Augen lassen erahnen, welche tiefen Geheimnisse dahinter verborgen liegen –<br />

tiefgründig, rätselhaft und weise. Und so schauen wir uns beide eine Weile an, bis der Fuchs<br />

sich erhebt, umdreht und auf gleichem Wege wieder zwischen den Bäumen abtaucht.


31


Dies ist genau die Art von Erlebnissen in der Natur,<br />

die sich Stevan Bonitz für die Menschen erhofft,<br />

die seine Wildniserfahrungskurse in Heidelberg<br />

besuchen. Stevan, 36, hat 2016 die Wildnisschule<br />

Heidelberg gegründet. Sein begehrter Kurs „Step into<br />

the Wild“ hilft den Teilnehmer*innen dabei, sich in<br />

der Natur wohlzufühlen. Das klingt zunächst einmal<br />

sehr simpel, es ist allerdings ein Gefühl, welches der<br />

heutigen Generation immer mehr verloren geht.<br />

Studien aus den USA und Großbritannien zeigen,<br />

dass wir heutzutage etwa 90 Prozent unserer Zeit<br />

in geschlossenen Räumen verbringen. Kinder<br />

spielen heute nur noch halb so viel draußen wie<br />

ihre Eltern in ihrem Alter. Eine Untersuchung<br />

ergab, dass Kinder in den USA etwa 7,5 Stunden<br />

pro Tag vor Bildschirmen verbringen. Es ist<br />

daher nicht verwunderlich, dass sich die Indoor-<br />

Generation im Freien nicht auf Anhieb wohlfühlt.<br />

Für Stevan geht es bei seiner Arbeit darum, diesen<br />

Trend umzukehren. „Der erste Schritt ist, nachts<br />

gemeinsam um ein Lagerfeuer zu sitzen und umgeben<br />

von Natur zu schlafen“, sagt er. „Für viele ist es<br />

das erste Mal. Ihre Sinneswahrnehmung beginnt<br />

sofort, sich zu verbessern. Draußen im Wald gibt<br />

uns die Natur eine Menge Input. Unser Körper<br />

und unser Gehirn nehmen diese Informationen<br />

auf und beginnen, präsenter zu werden.“<br />

© Wildnisschule Heidelberg<br />

Stevan begann seine Ausbildung 2013 bei<br />

Wolfgang Peham, dem Leiter von Wildniswissen,<br />

Deutschlands ältester Wildnisschule. Davor hat<br />

Stevan als Jugendbetreuer gearbeitet und war oftmals<br />

unzufrieden, weil er nicht die erhofften Ergebnisse<br />

erzielte. Ihm fehlten Begegnungen mit der Natur<br />

und er begann, Ansätze zu verfolgen, die unsere<br />

Beziehung zur Natur als Basis betrachten und den<br />

Kindern und Jugendlichen Halt bieten können.<br />

Bei seiner Recherche stieß er auf bekannte<br />

Wildnisschulen in den USA, die ihn wiederum zu<br />

Wolfgang Peham führten, der dort ausgebildet<br />

wurde. „Wenn du nicht mit der Natur verbunden<br />

bist, fehlt dir etwas in deinem Leben“, sagt<br />

Stevan. „Dieses Defizit macht dein Leben,<br />

deinen Geist und deinen Körper krank.“


Lass dein Telefon zu Hause und beobachte die<br />

Stille um dich herum. Öffne dich der Welt um dich<br />

herum. „Behalte einen Weitwinkelblick, anstatt<br />

dich auf eine Sache zu konzentrieren“, sagt Stevan.<br />

„Beobachte alles, was um dich herum passiert.<br />

Was kannst du sehen, riechen und hören?“<br />

Kreative Fragen stellen (alle zwei Wochen)<br />

Es gibt aber gute Nachrichten: Mit ein wenig Hingabe<br />

lässt sich die Verbindung zur Natur wiederherstellen,<br />

schließlich sind wir ein Teil der Natur. Um die<br />

Wiedereingliederung zu erleichtern, führt Stevan<br />

die Teilnehmer*innen durch 13 Kernroutinen. Jede<br />

davon erfordert Zeit und mehrfache Wiederholung.<br />

Hier stellt Stevan sechs Übungen vor, die<br />

jede*r auf eigene Faust ausprobieren kann.<br />

Deinen Sitzplatz finden (täglich)<br />

Diese Routine ist die erste und wichtigste von<br />

allen. Wenn du nur eine Übung umsetzt, dann<br />

diese. Wähle einen Platz in der Natur, an dem keine<br />

oder nur wenige Menschen sind. Besuche diesen<br />

Ort täglich, egal bei welchem Wetter. Setze dich<br />

für 10, 15 oder 30 Minuten an diesen Ort. Dabei<br />

ist es wichtiger, regelmäßig für kürzere Zeit dort<br />

zu verweilen als einmalig für besonders lange<br />

Zeit. Reduziere alle Hürden, die dich von deiner<br />

täglichen Routine abhalten könnten. Wähle eine<br />

überschaubare Zeitspanne, die sich leicht in deinen<br />

Alltag integrieren lässt. Wähle einen Spot in deiner<br />

Nähe, um ihn schnell erreichen zu können. Es kann<br />

dein eigener Garten sein oder der Park um die Ecke.<br />

Suche dir einen Baum in der Natur, der dich<br />

irgendwie anspricht. Stelle oder setze dich für ein<br />

paar Minuten vor seinen Stamm und sauge seine<br />

Präsenz auf. Beginne dann, dem Baum Fragen zu<br />

stellen. In seinen Kursen leitet Stevan diese Übung<br />

und fordert die Teilnehmer*innen auf, 100 Fragen zu<br />

stellen. „Es geht darum, dass wir anfangen, über den<br />

Tellerrand zu schauen“, erklärt er. „Es fordert unsere<br />

Denkroutine heraus und hilft den Teilnehmer*innen,<br />

wieder neugierig zu werden.“ Fragen könnten<br />

zum Beispiel sein: Lieber Baum, wie tief sind deine<br />

Wurzeln? Warum ist deine Rinde so rau? Was könnte<br />

ich sehen, wenn ich auf dich klettern würde?<br />

Frei wandern (alle zwei Wochen)<br />

Dies ist die zweitwichtigste Kernübung, bei der<br />

es darum geht, die bekannten Pfade zu verlassen.<br />

Dafür braucht es zwei bis drei Stunden Zeit. Gehe<br />

in einen Wald, verlasse den vorgegebenen Weg<br />

und wandere drauflos. Es muss gar nicht weit sein.<br />

Stevan empfiehlt, sein Bauchgefühl zu befragen,<br />

in welche Richtung man gehen soll. „Wenn du<br />

den Weg verlässt, lässt du deine Routine und<br />

gewohnten Muster hinter dir“, sagt Stevan. „Gehe<br />

unvoreingenommen umher, frei von To-do-Listen<br />

oder Erwartungen. Du wirst eine Menge entdecken.“<br />

Zur Sicherheit solltest du jedoch einen vertrauten<br />

Ort wählen und jemandem sagen, wohin du gehst.<br />

33


Karten zeichnen (alle zwei Wochen)<br />

Wie gut kennst du deine Umgebung wirklich? In<br />

dieser Übung geht es darum, eine gute Ortskenntnis<br />

zu entwickeln. Fang klein mit einem Block und<br />

Stift an und skizziere eine Karte der Gegend um<br />

deinen Sitzplatz herum. Gibt es einen Bach? Dann<br />

zeichne ihn ein, wie er sich über das Land bewegt.<br />

Gibt es einen Hügel oder eine Anhöhe? Zeichne<br />

sie ein. Füge Sträucher, Bäume, den Fundort von<br />

Früchten, Kräutern oder Beeren hinzu. Erweitere<br />

deine Karte nach und nach, bis sie ein Gebiet von<br />

vielen Quadratkilometern umfasst. „Wenn man<br />

das über eine sehr lange Zeit macht, kennt man<br />

seine eigene Umgebung wirklich“, sagt Stevan.<br />

© Wildnisschule Heidelberg<br />

Deine Blumen kennenlernen (alle zwei Wochen)<br />

Gehe spazieren und suche dir eine Blume zum<br />

Erkunden. Mach dir in deinem neuen Naturtagebuch<br />

Notizen über ihre Umgebung. Wächst sie in weicher<br />

Erde oder in einem sandigen Boden? Gibt es Wasser<br />

in der Nähe? Notiere so viele Informationen, wie<br />

du kannst. Wähle die Blume aus, setze dich und<br />

versuche sie so gut es geht aus deinem Gedächtnis zu<br />

zeichnen. Schaue die Blume dafür 15 Sekunden lang<br />

an, dann lege sie aus deinem Sichtfeld und zeichne<br />

auf, woran du dich erinnern kannst. Wiederhole<br />

dies fünf Mal. „Die Verbesserung ist unglaublich“,<br />

sagt Stevan. „Die letzte Zeichnung hat eine Menge<br />

Details.“ Zurück zu Hause, schaue in einem<br />

Botanikbuch oder im Internet nach, um die Blume<br />

zu identifizieren und etwas über sie zu lernen.


Unter den Sternen schlafen (monatlich)<br />

Den Naturdrang in dir entdecken<br />

Wenn du einen eigenen Garten hast, kannst du<br />

diese Übung hier machen. Ansonsten suchst du dir<br />

einen Platz im Wald zum Biwakieren. Nimm für<br />

die erste Übernachtung alles mit, was du brauchst,<br />

um dich sicher und geborgen zu fühlen und eine<br />

gute Nacht draußen zu verbringen. Dein Telefon,<br />

Buch oder E-Reader sollten allerdings zu Hause<br />

bleiben. Mach es dir gemütlich und lass deine<br />

Sinne die Nacht inhalieren. Gehe beim nächsten<br />

Mal wieder an die gleiche Stelle zurück und lerne<br />

den Ort noch besser kennen. Für eine zusätzliche<br />

Herausforderung: Nimm bei jeder Übernachtung<br />

unter freiem Himmel einen Gegenstand weniger<br />

mit. Du kannst zum Beispiel ein Tarp anstatt des<br />

Zeltes mitnehmen. Und beim übernächsten Mal<br />

kannst du auch das Tarp zu Hause lassen. Wenn das<br />

Wetter es zulässt, kannst du auch deinen Schlafsack<br />

zu Hause lassen. Wie viel brauchst du wirklich?<br />

Stevan sagt, dass wir unseren inneren Wildfang<br />

herauskitzeln, wenn wir diese sechs Kernroutinen<br />

regelmäßig durchführen. Was bedeutet das genau?<br />

Durch diese gezielten Übungen können wir unsere<br />

angeborene kindliche Neugier und unser Staunen<br />

für die Welt um uns herum wiederentdecken.<br />

Diese steckt immer in uns, sie wird nur zumeist<br />

unterdrückt – von unserem Lebensmittelpunkt<br />

zwischen vier Wänden, unseren Gewohnheitsmustern<br />

und einem überhöhten Maß an Kontrolle.<br />

Damit die Verwilderung zum Erfolg führt,<br />

ist es wichtig, dass du die Übungen deinen<br />

Lebensumständen anpasst. Mach sie nicht zu einem<br />

weiteren Punkt auf deiner To-do-Liste, die dich<br />

unter Druck setzt. Wenn du in die Natur trittst, sei<br />

entspannt, ausgeglichen und im Hier und Jetzt. Wer<br />

weiß, welchem magischen Geschöpf du begegnest.<br />

35


Dieser Text wurde zuerst in der zweiten Ausgabe des<br />

fantastischen THE FEMALE EXPLORER <strong>Magazin</strong>s<br />

abgedruckt. Wir arbeiten an weiteren gemeinsamen<br />

Projekten – bis dahin findest du die aktuelle Ausgabe<br />

auf www.thefemaleexplorer.de und eine lebhafte<br />

Community auf Instagram @thefemaleexplorer


Text: Tabea Burchgart<br />

GIVE A SHIT<br />

ABOUT NATURE<br />

Pandemie und Social Media – wie steht es um unsere Nationalparks?<br />

Wir sind gerne draussen, wollen die Natur geniessen, die Schönheit wertschätzen und Fotos machen, um sie<br />

bei Instagram zu posten. Und wir wollen die Natur schützen, nachhaltiger leben und unsere Wälder, Berge<br />

und Meere bewahren. Aber können diese Wünsche überhaupt gemeinsam funktionieren?<br />

War 2020 ein gutes Jahr für die deutsche Wildnis?<br />

© Leonore Herzog<br />

Im letzten Jahr sind die Zahlen des inländischen<br />

Tourismus in die Höhe geschossen, bestätigt der<br />

Nationale Naturlandschaften e. V. (NN), eine<br />

gemeinnützige Organisation, die zwischen den<br />

Naturgebieten der Bundesländer vermittelt.<br />

Durch Reiseverbote und gesperrte Grenzen<br />

haben wir uns wieder auf das Freizeitangebot vor<br />

der eigenen Haustür besonnen. „Super für den<br />

Umweltschutz!“ könnte man meinen, bedeutete<br />

es doch weniger Flugzeugverkehr, Kreuzfahrten<br />

und allgemein weniger Emissionen und Schäden<br />

durch Tourismus. Vielerorts kam es jedoch zum<br />

gegenteiligen Effekt – die Naturgebiete des Landes<br />

waren überlaufen, Besucherzahlen in Nationalparks<br />

sind explodiert. Müll, Lärm und Autos im Übermass.<br />

Das Taschentuch, mit dem sich nach dem Pinkeln<br />

abgewischt wurde, verrottet dort über die nächsten<br />

Monate bis Jahre. Darum muss sich der Wald mit<br />

seinen Pflanzen und Insekten kümmern. Und um die<br />

dabei eventuell verbleibenden Chemikalien auch.<br />

37


Nationalparks vor dem Burn-out?<br />

Dieser Heimathype hat die Verantwortlichen der<br />

Nationalparks unvorbereitet getroffen und es blieb<br />

ihnen kaum Zeit, einheitliche und langfristige<br />

Lösungen zu finden. Viele neue Besucher*innen<br />

waren uninformiert und verstiessen deshalb gegen<br />

die Regeln der Schutzgebiete. Ranger*innen, welche<br />

Tourist*innen auf die Regelverstösse hinwiesen, wurde<br />

mit Unverständnis oder sogar Aggressivität begegnet.<br />

Und sind wir mal ehrlich – wissen wir denn immer,<br />

ob wir uns gerade in einem Schutzgebiet befinden?<br />

Hashtags statt Heimatschutz<br />

Viele Naturschützer*innen sehen den Umgang mit<br />

den sozialen Medien, insbesondere Instagram, sehr<br />

kritisch. Durch das unbedachte Posten von Bildern<br />

und Videos inklusive Geotagging werden abgelegene<br />

Naturparadiese zum Selfie-Hotspot. Ein Beispiel dafür<br />

sind der Wasserfall und die Wasserbecken (Gumpen)<br />

im Nationalpark Berchtesgaden. „Die Ufervegetation<br />

ist bereits komplett zertreten, Berge von Müll werden<br />

hinterlassen und illegale Lagerfeuer gemacht.<br />

Unbelehrbare campieren im Schutzgebiet, hinterlassen<br />

sogar ihre Billig-Zelte und Schlafsäcke“, schreibt<br />

der Nationalpark auf seinem eigenen Instagram-<br />

Account. Dieser dient der Information über den Park,<br />

dessen Natur und insbesondere dessen Regeln.<br />

© Bastian Steinecker<br />

„An alle Influencer*innen: Mit euren teilweise<br />

enormen Reichweiten habt ihr viel Einfluss auf<br />

viele Menschen. Seid euch bewusst, dass ihr durch<br />

solche Postings die Natur zerstört.“ – Berchtesgaden<br />

appelliert auf dem Account an die Vernunft und den<br />

Verstand der Menschen. 2019 sind zwei Touristen<br />

durch die starke Strömung in den Naturpools in die<br />

Tiefe gerissen worden und ums Leben gekommen.<br />

Warum dürfen Menschen dann überhaupt in<br />

Nationalparks, deren Aufgabe es ist, zu beobachten<br />

und zu erforschen, wie sich die Natur ohne das<br />

Einwirken vom Menschen entwickelt? Finanziell<br />

sind die Nationalparks nicht auf Tourismus<br />

angewiesen, da sie als Behörden vom Staat<br />

finanziert werden. Welchen Mehrwert haben<br />

Besucher*innen also für die Nationalparks?<br />

In Deutschland darf der Zugang zu Wäldern<br />

niemandem verwehrt bleiben, weil diese als<br />

Erholungs- und Ruhegebiete nutzbar sein müssen.<br />

Nur einzelne Wege können gesperrt werden, wenn<br />

es einen akuten Grund dafür gibt – das gilt auch für<br />

Nationalparks. Der NN e. V. erachtet den Vorteil in<br />

erster Linie in der Möglichkeit, die Menschen für<br />

den Umwelt- und Naturschutz zu sensibilisieren.<br />

Der Nationalpark Bayerischer Wald sieht den Wert<br />

der Besucher*innen ausserdem darin, Menschen<br />

die Prozesse der Natur näherzubringen: „Der<br />

grosse Mehrwert des Parks ist unserer Meinung<br />

nach der Fakt, dass wir hier im entstehenden<br />

Naturwald die Begeisterung der Menschen für<br />

Wildnis und Prozessschutz wecken können. So für<br />

den Schutz der Natur zu sensibilisieren ist in der<br />

heutigen Gesellschaft ein wertvoller Beitrag.“<br />

© Bastian Steinecker


Andererseits entstehe auch ein Mehrwert für<br />

die Region: „Die Gemeinden und Betriebe rund<br />

um das Schutzgebiet sind auf die Finanzkraft<br />

durch Nationalparkbesucher*innen angewiesen.<br />

Der Nationalpark Bayerischer Wald ist als<br />

‚Attraktion‘ der Region nicht wegzudenken“,<br />

sagt Julia Zink vom Nationalpark Bayerischer<br />

Wald. Britta Hars, ehemalige Mitarbeiterin des<br />

Nationalparks Schwarzwald, betont ausserdem,<br />

dass es in der Bevölkerung eine Anerkennung<br />

der Nationalparks geben muss, weil diese eben<br />

staatlich, d. h. von Steuergeldern finanziert werden.<br />

Die Öffentlichkeit kann deswegen natürlich nicht<br />

aus den Gebieten ausgeschlossen werden.<br />

Schutz durch Verzicht?<br />

Vielleicht ist die grundlegende Frage nicht, wie<br />

die Nationalparks mit Tourist*innen umgehen<br />

sollten – sondern wie wir besser mit Nationalparks<br />

umgehen. Wir sollten lernen, eigenverantwortlich<br />

informierte Entscheidungen zu treffen, wo,<br />

wann und wie wir uns in der Natur aufhalten.<br />

„Natur zu schützen bedeutet Verzicht“, sagt Britta<br />

Hars. Julia Zink vom Bayerischen Wald stimmt<br />

dem nur bedingt zu: „Zum Schutz der Natur<br />

muss man sich im Nationalpark an Regeln halten<br />

und deshalb auch auf manche Dinge verzichten.<br />

In einem Nationalpark geniesst die Natur eben<br />

Vorrang. Aber das heisst nicht, dass man auf<br />

schöne Naturerlebnisse verzichten muss.“<br />

Wir müssen verstehen, dass unser Handeln<br />

Einfluss auf unsere Umwelt hat und, auch wenn<br />

wir es nur gut meinen, oft negative Folgen. Der NN<br />

e. V. betont, dass es besonders um den Verzicht<br />

von egoistischen Verhaltensweisen ginge. In<br />

Naturschutzgebieten gilt es in erster Linie, die<br />

Natur zu schützen und so zu hinterlassen, dass sie<br />

auch von anderen genossen werden kann – das<br />

muss über unseren eigenen Bedürfnissen stehen.<br />

Wir sollten häufiger unsere geplanten Ausflüge und<br />

Urlaube hinterfragen und sie den Bedürfnissen der<br />

Natur anpassen – und nicht unseren eigenen.<br />

39


Anzeige<br />

© Petzl, F. Kretschmann<br />

„ An unseren Produkten<br />

hängen Leben“<br />

Warum für Petzl Qualität immer auch Nachhaltigkeit bedeutet<br />

Als Fernand Petzl in den 1930er-Jahren anfing, die Höhlen unter seinem Hausberg Dent de Crolles in den<br />

französischen Voralpen zu erkunden, ahnte er noch nicht, was er damit auslösen würde. Ihn trieb es einfach immer<br />

tiefer in das damals längste bekannte Höhlensystem der Welt. Wenn er nicht im Berg unterwegs war, tüftelte<br />

der ausgebildete Mechaniker in seiner Werkstatt an Spezialausrüstung für seine Expeditionen. So entstanden in<br />

Zusammenarbeit mit anderen Höhlenforschern eine Handvoll Produkte, welche die Höhlenforschung revolutionierten,<br />

unter anderem das Nylonseil, eine neuartige Stirnlampe – und ganz nebenbei auch die Firma Petzl.


© Petzl, Stephane Cande<br />

Gesundes Wachstum<br />

Annette Vogt arbeitet in der deutschen Niederlassung<br />

und erzählt, wie es damals war: „Es ging vor allem<br />

darum, dass man Licht brauchte, aber trotzdem beide<br />

Hände frei haben wollte. Aus der Problematik heraus<br />

ist die erste Stirnlampe entstanden, bei der Licht- und<br />

Energiequelle am Kopf saßen.“ Im weiteren Verlauf<br />

des Gesprächs wird auch klar, dass Petzl von Anfang<br />

an keine gewöhnliche Firma war: „Diese Lampe<br />

war so eine revolutionäre Erfindung, dass kurz nach<br />

Firmengründung ein riesiger Auftrag aus den USA<br />

reinkam. Wirtschaftlich wäre das ein Supererfolg<br />

gewesen und natürlich hätte man das irgendwie<br />

geschafft. Aber hätte man auch die Qualität halten<br />

können? Und auf wessen Kosten wäre so ein enormer<br />

Bauchaufschwung gegangen?“ Letzten Endes wurde<br />

der Auftrag abgelehnt – die eigenen Ansprüche waren<br />

wichtiger als kurzfristiger ökonomischer Erfolg. 50<br />

Jahre später zählt die Firma 1.000 Mitarbeiter*innen<br />

und wird in über 50 Ländern vertrieben, geschadet<br />

hat das Beharren auf den eigenen Werten also nicht.<br />

41


Immer noch ein Familienunternehmen<br />

Hilfreich bei der Entwicklung war sicher, dass<br />

die Familie Petzl von der Gründung bis heute die<br />

Firmengeschicke lenkt und keine externen Investoren<br />

auf schnelle Profite drängen. Immer wieder kommt<br />

Annette im Gespräch auf das Qualitätsbewusstsein<br />

der Firmenführung zurück. An Produkten von<br />

Petzl hängen im wahrsten Sinne des Wortes Leben.<br />

Deshalb kann man sich keine Schnellschüsse leisten,<br />

sondern muss zu 200 Prozent sicher sein, dass ein<br />

über Jahre entwickeltes Produkt auch tatsächlich<br />

den Anforderungen entspricht. Aufmerksamkeit und<br />

Liebe zum Detail machen dabei den Unterschied. Eines<br />

dieser Details ist sicherlich, dass das Hauptquartier<br />

am Fuße des Dent de Crolles steht und täglich an den<br />

Erfinder- und Pioniergeist des Gründers erinnert.<br />

In den Firmensitz eingegliedert ist eine der vier<br />

eigenen Produktionsstätten und das Logistikzentrum.<br />

Zwei weitere Werke befinden sich in der näheren<br />

Umgebung und ermöglichen so für einen Großteil der<br />

Produkte das Siegel „Made in Europe“. Im Werk in<br />

Malaysia werden hauptsächlich Textilien hergestellt.<br />

Wer selber vor Ort produziert und nicht jede<br />

Saison aufs Neue an den billigsten Zulieferer am<br />

anderen Ende der Welt outsourct, kann natürlich<br />

ganz andere Standards durchsetzen. Qualität ist<br />

aber nicht nur eine Frage der besten Rohstoffe<br />

und der perfekten Verarbeitung. Sie entsteht<br />

vor allem durch gewissenhafte, gut ausgebildete<br />

Mitarbeiter*innen, weshalb die Festanstellung<br />

direkt bei Petzl an allen Standorten der Standard<br />

ist. Wer sich seines Arbeitsplatzes sicher ist,<br />

kann durch gute Arbeit für Sicherheit sorgen.<br />

andere setzen einen anderen Fokus. Wir haben mit der<br />

Familie Petzl eine Firmenspitze, die sich stets darüber<br />

im Klaren ist, dass wir unsere Umwelt schützen<br />

und erhalten müssen, wenn wir uns weiter in der<br />

Natur bewegen wollen, in der unsere Sportarten nun<br />

einmal stattfinden“, bringt Annette das firmeneigene<br />

Selbstverständnis auf den Punkt. Das drückt sich<br />

zum Beispiel darin aus, dass im CO 2 -Bericht des<br />

Unternehmens die gesamte Lebensdauer einer<br />

Stirnlampe, also über den Verkaufszeitpunkt hinaus,<br />

miteinbezogen wird. Die 18 Prozent Anteil, die der<br />

Stromverbrauch der Lampe nach ihrem Verkauf in der<br />

CO 2 -Bilanz einnimmt, hätte man auch elegant unter<br />

den Teppich kehren können. „Aus dem Lager, aus<br />

dem Sinn“ gilt aber nicht. Stattdessen forscht man in<br />

Crolles weiter an stromsparenden Innovationen und<br />

ruht sich nicht darauf aus, schon 2001 mit der Tikka<br />

die allererste Stirnlampe mit LED-Beleuchtung auf<br />

den Markt gebracht zu haben. Gerade im Bereich<br />

der Elektronik passiert immer noch viel und es ist zu<br />

hoffen, dass manche dieser Neuerungen erlauben,<br />

noch mehr Licht aus weniger Strom herauszuholen<br />

oder die LEDs noch länger durchhalten zu lassen.<br />

© Petzl, Stephane Cande<br />

Gute Qualität ist immer nachhaltig<br />

Qualität beschränkt sich bei Petzl aber nicht nur<br />

auf besonders zuverlässige und robuste Produkte,<br />

sondern geht weit darüber hinaus. Auch hier spielt<br />

das Familienunternehmen wieder voll seine Stärken<br />

aus, denn der Fokus auf Nachhaltigkeit wurde nicht<br />

erst auf einen Impuls aus der Marketingabteilung in<br />

den letzten Jahren auf die Agenda gehievt. „Es geht<br />

auch darum, was ein Unternehmen für Ansprüche<br />

an sich selbst hat. Manchen Firmen sind die Umwelt<br />

oder Menschenrechte in der Produktion sehr wichtig,


Anzeige<br />

Zweite Chance für alte Schätzchen<br />

Eine lange Lebensdauer ist für Petzl ohnehin<br />

selbstverständlich. Die Firma stellt keine<br />

Modeprodukte her, sondern Gebrauchsgegenstände,<br />

die über einen möglichst langen Zeitraum<br />

Sicherheit bieten müssen. Robustes Design<br />

trägt auch zur Verbesserung der Ökobilanz bei,<br />

denn je länger man ein Produkt benutzt, desto<br />

kleiner fällt sein Fußabdruck aus. Und wenn<br />

die Stirnlampe doch mal schlappmacht, dann<br />

bietet Petzl für viele Modelle Ersatzteile an.<br />

So kann gerade auch älteren Schätzchen oft<br />

wieder neues Leben eingehaucht werden.<br />

Petzl ist ohne Frage schon weit gekommen.<br />

Abgeschlossen ist der Prozess aber noch lange nicht.<br />

Bis zum Jahr 2025 sollen alle Produktverpackungen<br />

komplett ohne Einwegplastik auskommen. Der<br />

Prozess ist nur deswegen noch nicht abgeschlossen,<br />

weil eine Umstellung dieser Größenordnung nicht<br />

über Nacht passieren kann – erst recht nicht,<br />

weil der Markt langsamer ist als Petzl und das<br />

Angebot an Alternativen noch überschaubar ist.<br />

© Petzl<br />

So oder so kannst du davon ausgehen, dass alle<br />

Produkte von Petzl Leben auf doppelte Weise<br />

absichern – ganz direkt, wenn du an der Wand hängst,<br />

und auch auf unscheinbarere, aber ebenso effektive<br />

Weise in Entwicklung und Produktion. Und solange<br />

man vom Hauptquartier noch den Dent de Crolles<br />

sehen kann, wird sich daran auch sicher nichts ändern.<br />

43


MSR<br />

Mutha Bubba NX<br />

© Bastian Steinecker<br />

Was uns begeistert<br />

Josh und sein MSR Mutha Bubba NX Zelt<br />

Wer bist du und was machst du bei CAMPZ?<br />

Warum empfiehlst du dieses Zelt?<br />

„Kia ora koutou“ – das ist eine traditionelle<br />

Begrüssung in Te Reo, der Sprache der Maori. Ich<br />

bin Josh und ich komme aus Tāmaki Makaurau in<br />

Aotearoa (der Maori-Name für Neuseeland, der in<br />

etwa „Land der langen weissen Wolke“ bedeutet). Ich<br />

arbeite als Redakteur für CAMPZ und schreibe Blogund<br />

<strong>Magazin</strong>artikel, aber auch viele andere Texte,<br />

die in unserem Shop erscheinen. In dem Rahmen<br />

habe ich schon über viele unglaubliche Abenteuer<br />

und Athlet*innen geschrieben. Lange Wanderungen<br />

sind meine liebste Outdoor-Beschäftigung. Ich bin<br />

schon viele anspruchsvolle Trails gewandert, unter<br />

anderem drei Mal den Jakobsweg. Lange zu Fuss<br />

unterwegs zu sein, ist eine Form der Meditation<br />

für mich. Es bringt das hervor, was wirklich<br />

zählt – Dankbarkeit für die einfachen Dinge.<br />

Eine meiner eindrücklichsten Wanderungen war<br />

der 78 Kilometer lange Hillary Trail im Waitakare-<br />

Regenwald, wo ich mein MSR Mutha Bubba NX lieben<br />

lernte. Wenn du Trekkingtouren ernst nimmst, dann<br />

stehen Zelte von MSR bei dir wahrscheinlich hoch<br />

im Kurs, weil sie robust, relativ leicht und einfach<br />

gut designt sind. Ich bin recht gross und das Drei-<br />

Personen-Zelt bietet mir genug Platz, um mich<br />

auszustrecken und zu bewegen, selbst wenn ich es<br />

mit meiner Frau teile. Es hat auch noch eine Menge<br />

Stauraum für mein Gepäck. Und am wichtigsten:<br />

Wenn es stürmt, dann kann ich mich darauf<br />

verlassen, dass es stehenbleibt und mich warm und<br />

trocken hält. Die nächste Wanderung auf meiner<br />

Liste ist die Rota Vicentina im Süden Portugals<br />

und das Mutha Bubba ist auf jeden Fall dabei.


Trägst du immer noch Plastik?<br />

Entscheide dich für Kleidung aus 100% Merino.


© Salomon, Alexis Berg


Text: Susanne Kraft<br />

<strong>Winter</strong>training<br />

fürs Trailrunning<br />

Wir machen dich zum Ausdauerwunder!<br />

Trailrunning, das ist ein ständiger Wechsel zwischen bergauf und bergab,<br />

zwischen Laufen, Wandern und schnellem Gehen. Dafür musst du nicht<br />

unbedingt hohe Berge in der Nähe haben. Die freie Natur genügt: Ein Wald,<br />

Feldwege oder hügeliges Terrain eignen sich perfekt, um mit dem Trailrunning<br />

zu starten. Beim Trailrunning geht es nicht um ein monotones Abspulen von<br />

Kilometern. Es geht um das Sein in der Natur – mit allen Sinnen. Du kümmerst<br />

dich nicht um die Zeit, die man für eine bestimmte Strecke benötigt. Du läufst<br />

dein Tempo. Es geht darum, ein Abenteuer zu erleben und es zu beenden.<br />

Damit das klappt und du deine Trailruns in vollen Zügen geniessen<br />

kannst, solltest du langsam, aber stetig die körperlichen Voraussetzungen<br />

dafür schaffen. Die <strong>Winter</strong>monate eignen sich besonders gut, um diese<br />

Basis aufzubauen. Sehen wir uns an, welche Inhalte du im Training<br />

berücksichtigen solltest und wie du den <strong>Winter</strong> effektiv dafür nutzt!<br />

47


Baue das Fundament deiner Ausdauer<br />

Beim Aufbau der Ausdauerleistungsfähigkeit verhält<br />

es sich wie beim Bau eines Hauses: Willst du ein<br />

stabiles und hohes Haus bauen, braucht es zunächst<br />

ein solides Fundament. Das Fundament aller guten<br />

Ausdauersportler*innen ist die Grundlagenausdauer.<br />

Regelmässig durchgeführt profitierst du in vielerlei<br />

Hinsicht vom Grundlagentraining: Du kannst<br />

längere Läufe und mehr Höhenmeter absolvieren,<br />

ohne dabei stark zu ermüden. Dadurch reduziert<br />

sich auch deine Regenerationszeit. Und deine<br />

Läufe werden sich automatisch leichter anfühlen.<br />

Für dich bedeutet das: mehr Spass und Genuss<br />

bei jeder deiner sportlichen Aktivitäten.<br />

Spitzenbereich<br />

Entwicklungsbereich<br />

Grundlagentraining 2<br />

Grundlagentraining 1<br />

Kompensationsbereich<br />

Regeneration<br />

INTENSITÄT<br />

Die Ausdauerleistung setzt sich aus vier Stufen<br />

zusammen, wobei die Grundlagenausdauer<br />

die Basis repräsentiert. Die Elemente deiner<br />

Ausdauerleistung kannst du mit den Stockwerken<br />

eines Hauses vergleichen. Die unteren tragen die<br />

darüberliegenden. Erst wenn sie gut ausgebildet<br />

sind, kannst du ein Stockwerk höhersteigen.<br />

Das verlangt viel Geduld, denn leider gibt es<br />

keinen Lift, der uns den Weg verkürzt. Unsere<br />

einzige Option: regelmässiges Training.<br />

© Salomon, Jeremy Bernard<br />

Je höher hinauf du in deinem Haus gelangst, umso<br />

mehr nimmt die Intensität deines Trainings zu.<br />

Das heisst aber nicht, dass du später immer in den<br />

obersten Stockwerken trainierst. Beim Trailrunning<br />

wirst du dich sowohl zu Beginn als auch in Zukunft<br />

die meiste Zeit im untersten Stockwerk aufhalten.<br />

Nur ab und zu steigst du in den Dachboden hinauf.<br />

Zum Beispiel, um dich gezielt auf einen Wettkampf<br />

vorzubereiten oder dein Tempo zu steigern.


Was bewirkt regelmässiges<br />

Grundlagentraining?<br />

Was also geschieht in deinem Körper, wenn du<br />

regelmässig im Stockwerk der Grundlagenausdauer<br />

1 trainierst? Die Veränderungen und Anpassungen<br />

passieren vorwiegend auf der Ebene deines<br />

Stoffwechsels und in deinem Herz-Kreislauf-<br />

System. Nach einigen Wochen regelmässigen<br />

Trainings wird die Pumpleistung deines Herzens<br />

steigen, dein Atemvolumen wird sich vergrössern,<br />

du kannst mehr Sauerstoff im Blut transportieren<br />

und deine Muskulatur wird besser durchblutet.<br />

Vor allem aber wird dein Körper lernen, Fett<br />

effizient zu verstoffwechseln. Denn bei niedriger<br />

Intensität sind freie Fettsäuren die Energiequelle,<br />

die der Körper als Treibstoff für die Muskulatur<br />

heranzieht. Ein gut trainierter Fettstoffwechsel hat<br />

den Vorteil, dass die begrenzten Kohlenhydratspeicher<br />

geschont und nicht so schnell entleert werden.<br />

Die Kohlenhydratspeicher in den Muskeln und der<br />

Leber reichen nur für Belastungen von einigen<br />

Minuten. Unsere Fettspeicher hingegen könnten uns<br />

über mehrere Ultramarathons hinweghelfen. Das<br />

niederintensive Grundlagentraining hat zum Ziel,<br />

diese fast unbegrenzte Energiequelle nutzen zu lernen.<br />

Das Schöne am Grundlagentraining: Es muss<br />

nicht anstrengend sein, um positiv zu wirken!<br />

„Lächeln statt Hecheln“ lautet das Motto beim<br />

Grundlagentraining. Mach nicht den gleichen Fehler<br />

wie viele andere Trailrunning-Anfänger*innen<br />

und verausgabe dich bei deinen Läufen zu stark.<br />

Trainiere so, dass du das Gefühl hast, ewig<br />

weiterlaufen zu können. Und wechsle ins Gehen,<br />

sobald es bergauf zu anstrengend wird!<br />

Wie erkennst du nun, ob du dich im<br />

Grundlagenbereich befindest? Wähle dein Tempo<br />

so, dass du dich noch mühelos unterhalten<br />

könntest. Du solltest etwas ins Schwitzen<br />

kommen, dein Puls steigt leicht an und deine<br />

Atemfrequenz erhöht sich. Während eines Laufs<br />

kannst du immer wieder versuchen, ein paar<br />

Atemzüge durch die Nase zu machen. Ist das<br />

mühelos möglich, bist du auf der sicheren Seite.<br />

Willst du es genau wissen, dann trainierst du nach<br />

Puls und verwendest einen Herzfrequenzmonitor<br />

bzw. eine GPS-Uhr mit Pulsgurt. Die Herzfrequenz<br />

beim Grundlagentraining sollte bei etwa 70<br />

Prozent deiner maximalen Herzfrequenz liegen.<br />

Wie trainiere ich meine Grundlagenausdauer?<br />

Hier macht ein Grossteil der Hobbysportler*innen<br />

schon den ersten Fehler: Die meisten trainieren<br />

zu intensiv. Mit dem Hintergedanken „Nur hartes<br />

Training ist wahres Training“ versuchen wir,<br />

in möglichst kurzer Zeit möglichst viel aus uns<br />

herauszuholen. Nach der Arbeit noch schnell<br />

ballern! Ist das effektiv? Weit gefehlt! Wenn du<br />

nur so trainierst, kostet das viel Energie, du fühlst<br />

dich danach platt, regenerierst nur langsam und<br />

deine Ausdauer wird im schlimmsten Fall sogar<br />

schlechter. Denn anstatt deinen Fettstoffwechsel<br />

zu trainieren, entleerst du mit intensivem<br />

Training nur deine Kohlenhydratspeicher.<br />

Wer schon einige Trails in den Beinen hat, weiss:<br />

Auf Trails ist es nicht immer einfach, den Puls tief zu<br />

halten. Sobald das Gelände ansteigt, beginnt auch der<br />

Puls in die Höhe zu schiessen. Genau darum bietet<br />

sich der <strong>Winter</strong> perfekt fürs Grundlagentraining<br />

an. In den Bergen und auf Trails liegt in der kalten<br />

Jahreszeit häufig Schnee und wir weichen ins<br />

flachere Tal aus. Der <strong>Winter</strong> ist die ideale Zeit<br />

für Grundlagenläufe im Flachen. Bis zum Start<br />

in die Trailrunning-Saison können wir so unser<br />

Fundament mit gemütlichen Läufen festigen.<br />

Ist dein Fundament gut getrocknet und du hast<br />

bereits einige Monate Grundlagentraining in<br />

den Beinen, kannst du beginnen, intensivere<br />

Einheiten und Intervalle in dein Training zu<br />

integrieren. Beachte beim Intervalltraining bitte<br />

diese Grundregel: Viel hilft nicht viel, sondern<br />

die Dosis und die Qualität sind entscheidend!<br />

49


Es ist kalt, es regnet, ich bin müde<br />

Besonders im <strong>Winter</strong> finden wir schnell Gründe,<br />

um das Training sausen zu lassen. Bei Kälte und<br />

Dunkelheit sind das Sofa, eine Tasse Tee und der<br />

Fernseher einfach verlockender als die Laufschuhe.<br />

Blöderweise fruchtet Ausdauertraining nur, wenn du<br />

über einen langen Zeitraum regelmässig trainierst.<br />

Regelmässig bedeutet in diesem Fall mehrmals pro<br />

Woche, und das über mehrere Monate. Zu Beginn<br />

reichen zwei bis drei Einheiten pro Woche mit einer<br />

Länge von 30 Minuten bis zu einer Stunde. Mit<br />

steigender Trainingserfahrung kannst du deine Läufe<br />

verlängern oder zusätzliche Einheiten absolvieren.<br />

Plane aber mindestens einen Ruhetag pro Woche ein!<br />

Will die Motivation mal gar nicht aufkommen, dann<br />

denke daran: Nach einem Lauf an der frischen Luft<br />

ist die Couch am Abend gleich doppelt so bequem.<br />

Die Ausdauer ist die wichtigste Fähigkeit, die du<br />

fürs Trailrunning mitbringen solltest. Aber nicht die<br />

einzige. Über die <strong>Winter</strong>monate hast du bestimmt<br />

Zeit, dich auch diesen wichtigen Trainingsinhalten<br />

zu widmen: Stabilität, Kraft und Technik.<br />

Mach dir schnelle Beine<br />

Wenn du nicht in den Bergen wohnst und die<br />

Kraft zusätzlich beim Berglaufen trainieren<br />

kannst, ist es besonders wichtig, zu Hause oder im<br />

Kraftraum eine Basis aufzubauen. Krafttraining<br />

macht dich am Berg leistungsfähiger und schützt<br />

vor Verletzungen und Überlastungen.<br />

Zusätzlich solltest du dir kleine Anstiege in der<br />

Umgebung suchen und das Bergauf- und vor allem<br />

das Bergablaufen üben. Das verfeinert nicht nur<br />

deine Technik, sondern verbessert auch deine<br />

Koordination und bereitet deine Muskulatur und<br />

Strukturen wie Sehnen, Bänder und Knochen<br />

auf die Belastung beim Berglaufen vor. Ein leicht<br />

ansteigendes und abfallendes Waldstück mit<br />

Wurzeln und Steinen ist das perfekte Gelände dafür.<br />

Konzentriere dich beim Bergauf- und Bergablaufen<br />

darauf, dass du mit dem Vorfuss aufsetzt.<br />

© Salomon, Jeremy Bernard<br />

Zur Verbesserung deiner neuromuskulären<br />

Ansteuerung kannst du auch Bergsprints (6<br />

bis 10 Mal für 10 Sekunden mit einer Minute<br />

Gehpause) in dein Ausdauertraining einstreuen.<br />

Sie helfen, deine Lauftechnik zu verbessern,<br />

und verschaffen dir noch schnellere Beine!<br />

Mit jeder Menge neuem Trainingswissen im<br />

Hinterkopf bist du jetzt bestimmt bereit, ein<br />

echtes Ausdauerwunder zu werden. Wenn du<br />

gleich durchstarten willst, dann haben wir eine<br />

Beispieltrainingswoche für Anfänger*innen<br />

und Fortgeschrittene für dich!


Beispieltrainingswoche für Anfänger*innen<br />

Ausdauer<br />

Kraft<br />

Ausgleich<br />

MO<br />

DI<br />

Ruhetag<br />

30 Min. Nüchternlauf,<br />

flach vor dem Frühstück<br />

Dehnen & ausrollen<br />

MI<br />

Stabi- & Krafttraining<br />

DO<br />

40 Min.<br />

GA1-Lauf, flach<br />

FR<br />

Stabi- & Krafttraining<br />

SA<br />

SO<br />

Ruhetag<br />

60 Min. Lauf, hügelig<br />

(Anstiege gehen)<br />

Beispieltrainingswoche für Fortgeschrittene<br />

Ausdauer<br />

Kraft<br />

Ausgleich<br />

MO<br />

Stabi- & Krafttraining<br />

Dehnen & ausrollen<br />

DI<br />

MI<br />

DO<br />

Fahrtenspiel flach:<br />

1 km langsam, 1 km schnell, das<br />

Ganze 5x, 10 Min. auslaufen<br />

Ruhetag<br />

Longrun flach im<br />

GA1-Bereich 1,5-2h<br />

FR<br />

Stabi- & Krafttraining<br />

Dehnen & ausrollen<br />

SA<br />

SO<br />

60 Min. GA1-Lauf flach. In den<br />

Lauf einstreuen: 3×3 Min. bei<br />

90 % der max. Herzfrequenz<br />

Trailrun hügelig<br />

2-3 h mit möglichst vielen<br />

Höhenmetern im GA1-Bereich<br />

51


Text: Jana Zoricic<br />

Kind an Bord!<br />

Geschichten von werdenden Müttern,<br />

die gerne draussen unterwegs sind<br />

Dass Bewegung während der Schwangerschaft gesund ist, darüber sind sich Ärzt*innen einig. Aber<br />

was ist mit Outdoorsport draussen in der Natur? Viele würden wahrscheinlich sofort mit „viel zu<br />

gefährlich!“ antworten, aber das stimmt so nicht ganz. Denn in diesem Fall kommt ein sehr wichtiger<br />

Faktor hinzu: die eigene Komfortzone. Die sieht bei den erfahrenen Outdoorsportlerinnen, mit<br />

denen ich für diesen Artikel gesprochen habe, schlichtweg anders aus. Wo ich als Nichtschwangere<br />

schon ein mulmiges Gefühl kriege, sind diese Mütter ganz in ihrem Element. Für sie wäre es ein<br />

grösseres Ding der Unmöglichkeit, plötzlich aufzuhören, als einfach weiterzumachen. Der Körper<br />

arbeitet wie im Autopiloten, jeder Schritt sitzt. Das ist, wie wenn man sich beim Autofahren<br />

nicht mehr an den Weg erinnert, weil man jeden Handgriff bereits verinnerlicht hat. Mit dem<br />

Autofahren hört man schliesslich auch nicht einfach auf, nur weil man schwanger ist, oder?<br />

Um mich herum ist gerade ein regelrechter Baby-<br />

Boom ausgebrochen. Es war unfassbar spannend<br />

zu beobachten, wie die vielen werdenden Mütter<br />

ihre Schwangerschaft erlebt haben, allesamt mit<br />

ihrer Kugel draussen unterwegs ob in den Bergen,<br />

im Wald oder im Schnee. Doch eins habe ich nach<br />

den ersten Gesprächen sehr schnell gelernt: So<br />

spannend sollte das gar nicht sein, denn im Grunde<br />

genommen haben alle einfach weitergemacht wie<br />

bisher – wenn die Gesundheit es zugelassen hat.<br />

Die Begeisterung und das Mitteilungsbedürfnis<br />

waren gross, was mir gezeigt hat, dass über<br />

dieses Thema noch nicht genug gesprochen wird.<br />

Höchste Zeit also, die Perspektive der Mütter<br />

zu beleuchten. Bühne frei also für Geschichten<br />

und Zitate von drei Müttern, für die es während<br />

ihrer Schwangerschaft völlig selbstverständlich<br />

war, weiter draussen unterwegs zu sein.


© Lena Stoffel<br />

53


Den eigenen Körper neu kennenlernen<br />

Besonders interessant fand ich, wie<br />

alle Mütter über ihr neu gewonnenes<br />

Körpergefühl berichtet haben. Anna Weiss,<br />

Tourismusexpertin und Outdoorenthusiastin,<br />

berichtete davon, wie sie ein feinjustiertes<br />

Gespür dafür entwickelte, was ihr und dem<br />

Kind guttat und was nicht – und war letztlich<br />

bis ins dritte Trimester hinein noch auf dem<br />

Mountainbike unterwegs. Sie wartete darauf,<br />

dass der Moment kam, wo ihr Körper ihr<br />

signalisierte, dass es nun zu anstrengend wird,<br />

doch der kam erst kurz vor der Entbindung.<br />

Anna: „Ich bin überzeugt davon, dass die meisten<br />

Frauen einen untrüglichen Instinkt dafür haben,<br />

was ihnen guttut und was nicht. Körper und<br />

Geister erklären unmissverständlich, was geht und<br />

was nicht. Leider wird diese zarte innere Stimme<br />

oft übertönt von den beherzten Ratschlägen<br />

der Bedenkenträger. Die gibt es viele. Und sie<br />

geben ihre Meinung gern laut, ungefragt und<br />

wiederholt zur Kenntnis. Es braucht schon ein<br />

dickes Fell, um sich von all den gut gemeinten<br />

Ratschlägen nicht völlig irremachen zu lassen.<br />

Mein Lebensstil ist für viele schon im normalen<br />

Alltag nicht nachvollziehbar – wenn dann noch<br />

eine Schwangerschaft hinzukommt, halten dich<br />

viele für verrückt und unverantwortlich. Dabei<br />

ist Bewegung für meinen Körper die absolute<br />

Normalität. Was für mich völlig normal ist, ist für<br />

andere extrem. Ihnen fehlt meine Erfahrung, sie<br />

können nicht nachvollziehen, wie ich mich fühle.<br />

Natürlich habe ich mich mit der wertvollen Fracht<br />

in meinem Bauch sehr bedacht verhalten und habe<br />

vieles lieber sein lassen. Dennoch war ich verblüfft,<br />

wie lange ich ein gutes Gefühl zum Beispiel beim<br />

Mountainbiken hatte. Intuitiv griff mein Körper<br />

auf abgespeicherte Bewegungsmuster zurück und<br />

liess mich völlig ruhig und konzentriert fahren.<br />

Das Gefühl nach dem Sport war unbeschreiblich.<br />

Ich redete ganz viel mit dem Baby und erzählte<br />

ihm, was wir gerade gemeinsam erlebt hatten.<br />

Dabei stellte ich mir immer vor, wie es –<br />

genau wie ich – vor Glück gluckste in seiner<br />

© Jens Scheibe


endorphingesättigten kleinen Bubble.“<br />

Neue Komfortzonen abstecken<br />

Aline Bock hatte ebenfalls eine spannende<br />

Einschätzung zum Thema Körpergefühl: In ihrer<br />

langen Karriere als Snowboard-Profi hatte sie<br />

schon mit vielen Verletzungen zu kämpfen – und<br />

sie vermutet, dass sie dadurch gelernt hat, die<br />

Grenzen ihres Körpers besser einzuschätzen.<br />

Das hat ihr in ihrer besonderen Schwangerschaft<br />

sehr geholfen. Die Freeride-Weltmeisterin wurde<br />

letztes Jahr im September schwanger, und das mit<br />

Zwillingen. Kombiniert mit ihrem Alter fiel sie<br />

unter die Kategorie Risikoschwangerschaft, doch<br />

ihre Frauenärztin hat kein Problem darin gesehen,<br />

dass Aline weiter Sport machen könnte, solange<br />

sie es in Massen tut. Doch was bedeutet bei einer<br />

Profisportlerin „in Massen“? Das musste Aline für<br />

sich selbst herausfinden, wie das für sie aussieht.<br />

Sie steht seit 25 Jahren auf dem Snowboard, hat die<br />

steilsten Berge und Abfahrten bezwungen – und<br />

da sieht die Komfortzone vollkommen anders aus.<br />

Deswegen waren für sie Splitboard-Touren und<br />

Pistentage auch noch in der 26. Woche kein Problem.<br />

Aline: „Meine Komfortzone sieht einfach anders<br />

aus. Was für andere Extremsport ist, das ist für mich<br />

nur noch die Piste runterkullern. Da habe ich eher<br />

Angst, dass mich jemand anders umrast, aber zum<br />

Glück waren die Pisten recht leer letzten <strong>Winter</strong>. Ich<br />

weiss nicht, ob das jemand zu mir gesagt hat oder<br />

ob ich mir das selbst überlegt habe, aber ich hatte<br />

immer im Hinterkopf: Solange es Mami gut geht,<br />

geht es den Kindern gut. Was Mami Spass macht, das<br />

ist auch gut für die Kinder. Und in meinem Fall war<br />

das im Powder und auf Pisten unterwegs sein. Ich<br />

brauche das einfach, draussen sein, mich bewegen.“<br />

Trotzdem gab es genügend Tage, an denen Aline<br />

zu müde oder erschöpft war, um was anderes zu<br />

machen, als sich zu Hause auszuruhen, und das hat<br />

sie dann auch getan. Doch glücklicherweise blieb sie<br />

abgesehen davon von Beschwerden verschont – und<br />

konnte so viel Zeit wie möglich draussen verbringen.<br />

© Domi Tauber<br />

55


© Mareen Werner<br />

Wohlfühlen lautet die Devise<br />

Es geht nicht darum, irgendwelche Wettbewerbe<br />

in Sachen „Wer ist die fitteste Mami“ zu gewinnen<br />

– eine Schwangerschaft ist keine Zeit, um neue<br />

Fitnessrekorde aufzustellen oder die nächste<br />

Challenge anzunehmen. Es geht ums Wohlbefinden<br />

– denn das ist schliesslich der Grund, warum wir<br />

alle gern in der Natur unterwegs sind. Die frische<br />

Luft, die Bewegung, die wunderschöne Natur um<br />

uns herum, das tut einfach gut. Und wie Aline<br />

bereits gesagt hat – ist die Mami glücklich, ist das<br />

Kind glücklich. Mareen Werner, Medienexpertin<br />

in der Radbranche und begeisterte Radfahrerin,<br />

hatte während ihrer gesamten Schwangerschaft<br />

Probleme mit ihrer Blutgerinnung und musste<br />

dementsprechend vorsichtig sein, doch<br />

weiter unterwegs und aktiv sein hat zu ihrem<br />

Gesundheitszustand massgeblich beigetragen.<br />

Mareen: „Ich fahre jetzt seit ein paar Monaten E-Bike,<br />

weil die Puste fehlt, aber ich geniesse jeden Moment<br />

auf dem Rad! Ich bin jeden Tag draussen, spazieren im<br />

Wald, um fit zu bleiben, und bei schönem Wetter auch<br />

gern mit dem Rad. Ich höre in mich rein und wenn ich<br />

mich gut fühle, dann fahre ich. Im Umfeld (nicht das<br />

persönliche) gibt es dafür auch viel Unverständnis.<br />

Aber es ist wichtig, in Bewegung zu bleiben in der<br />

Schwangerschaft. Ich bin mir sicher, dass ich dadurch<br />

die letzten Wochen so gut wegstecke ohne grössere<br />

Probleme. Radfahren macht einfach glücklich.“<br />

© Axel Brunst


Steffie Teltscher, Mountainbikerin mit langjähriger<br />

Erfahrung, erzählt ebenfalls von intensivem<br />

Körpergespür und ungefragten Kommentaren: „Schon<br />

im Bauch war mein Sohn ein sehr aktives Kind. Somit<br />

habe ich ihn auch immer spüren können. Das hat mir<br />

immer Sicherheit gegeben, dass alles in Ordnung<br />

ist. Anfangs habe ich nicht glauben können, wenn<br />

mir das jemand gesagt hat, aber sobald die Kugel<br />

zu sehen war, wusste ich, wovon alle Schwangeren<br />

immer reden.“ (Anm. d. Red.: das Körpergefühl.)<br />

„Leider gab es aber auch hin und wieder ein paar<br />

vorwurfsvolle Blicke auf den Trails (meist von<br />

Männern) und ein paar Kommentare, die mich wohl<br />

verunsichern sollten. Dazu kann ich nur sagen, das<br />

geht euch nichts an! Jede Frau sollte das tun, womit<br />

sie sich wohlfühlt, und auch so lange, wie sie will.“<br />

Alle Mütter haben es durch die Blume bereits erwähnt:<br />

Man muss sich sehr viel anhören als schwangere<br />

Outdoorsportlerin. Frauen wird plötzlich jegliches<br />

Verantwortungsbewusstsein abgesprochen, obwohl sie<br />

diejenigen sind, die das Kind in ihrem Körper tragen.<br />

Selbstverständlich nicht von ihren betreuenden<br />

Ärzt*innen, sondern von völlig Unbeteiligten. Doch<br />

seid unbesorgt, die Kinder sind wohlauf und die frisch<br />

gebackenen Mamis können es kaum erwarten, ihre<br />

Liebe für die Natur zu teilen und weiterzugeben.<br />

57


GARMIN<br />

Forerunner 735XT<br />

© Lukas Bach<br />

Was uns begeistert<br />

Marie und ihre Garmin Forerunner 735XT<br />

Wer bist du und was machst du bei CAMPZ?<br />

Warum empfiehlst du diese Uhr?<br />

Ich heisse Marie und ich habe mein duales<br />

Studium im Bereich BWL-Handel bei CAMPZ<br />

abgeschlossen und vor einem Jahr im Supply<br />

Chain Management im Einkauf angefangen. Unter<br />

anderem bin ich dort für die Bestellungen bei<br />

unseren Lieferanten verantwortlich. Bei diesen<br />

bestellen wir zwei Mal die Woche anhand der<br />

verkauften Artikel im Onlineshop. Ansonsten<br />

gehört zu unseren Tätigkeiten die Koordinierung<br />

der Anlieferung in Absprache mit den verschiedenen<br />

Lagern, Bearbeitung der Auftragsbestätigung sowie<br />

die Rechnungsprüfung. Zudem gehört der Besuch<br />

auf Messen wie zum Beispiel der Eurobike dazu,<br />

um Neuheiten kennenzulernen. In meiner Freizeit<br />

gehe ich viel joggen, wandern sowie Rad fahren.<br />

Anhand verschiedener Tests habe ich mich für<br />

diese Uhr von Garmin entschieden, da ich sie vielfältig<br />

zum Schwimmen, Laufen, Wandern und Radfahren<br />

einsetzen wollte. Das Preis-Leistung-Verhältnis war<br />

ein weiterer ausschlaggebender Punkt.Wichtig war<br />

mir ausserdem, dass die Uhr nicht so gross ist, damit<br />

ich sie auch im Alltag tragen kann. Ich habe mich für<br />

eine Garmin Uhr entschieden, da ich von dieser Marke<br />

einen Fahrradcomputer habe, mit welchem ich sehr<br />

gute Erfahrungen gemacht habe. Ausserdem kann<br />

ich die beiden Geräte in der Garmin App integrieren.<br />

In dieser App kann ich nach einer Aktivität zum<br />

Beispiel meine gelaufenen Strecken auswerten<br />

und erkennen, wie ich mich gesteigert habe.


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Wie hältst du dich warm?<br />

Daune oder Synthetik im Schlafsack?<br />

Es gibt kaum ein schöneres Gefühl, als nach einem<br />

langen Tag in der Natur in einem kuscheligen<br />

Daunenschlafsack zu schlafen. Du spürst fast schon,<br />

wie sich die Daunen immer wieder ausdehnen und<br />

einen dicken Puffer zwischen deinen Körper und die<br />

Kälte bringen. Die Wärme, welche von den Daunen<br />

im Schlafsack gehalten wird, ist superangenehm.<br />

Denn Daune wärmt nicht nur, sondern sorgt auch<br />

für das beste Schlafklima ohne stickigen Hitzestau.<br />

Ein weiterer Pluspunkt ist das Gewicht. Ein<br />

Daunenschlafsack hat ein erheblich geringeres<br />

Gewicht als ein Kunstfaserschlafsack im selben<br />

Temperaturbereich. Wer einen klein verpackbaren<br />

und leichten Schlafsack sucht, kommt an<br />

hochwertiger Daune nicht vorbei. Besonders bei<br />

längeren Touren ist das ein grosser Vorteil. Man<br />

schleppt einfach weniger Gewicht mit sich herum<br />

und hat dazu auch noch mehr Platz im Rucksack.<br />

Matze<br />

© Matthias Haag<br />

Daune für Trekkingtouren<br />

Die Entscheidung Daune oder Kunstfaser ist<br />

vermutlich schon so alt, wie es Schlafsäcke<br />

gibt. Auch ich stand vor ein paar Jahren da und<br />

musste mir einen neuen Schlafsack kaufen.<br />

Haupteinsatzgebiet sollten Trekkingtouren sein.<br />

Der doch enorme Preisunterschied zwischen Daune<br />

und Synthetik brachte mich schon ins Grübeln.<br />

Nach einigem Überlegen ist meine Entscheidung<br />

dann auf einen Daunenschlafsack gefallen.<br />

Allerdings gibt es auch einen Nachteil: Daunen sind<br />

ein Naturmaterial und daher leider sehr empfindlich<br />

gegenüber zu viel Feuchtigkeit. Werden die Daunen<br />

im Schlafsack feucht oder sogar richtig nass, fallen sie<br />

in sich zusammen und verlieren ihre Isolationskraft.<br />

Jedoch wird in diesem Punkt oft übertrieben –<br />

Daune ist keine Zuckerwatte. Der Schlafsack muss<br />

schon direkt dem Regen oder sehr starkem Tau<br />

ausgesetzt sein, damit die Daunen wirklich an<br />

Kraft verlieren. Sollte das jedoch mal passieren,<br />

braucht es nur reichlich trockene Wärme, um die<br />

Isolationskraft der Daune wiederherzustellen.<br />

Letztlich ist es mit dem Daunenschlafsack wie<br />

mit jedem andern Ausrüstungsstück auch. Bei<br />

sachgerechter Pflege freut man sich über die<br />

lange Lebensdauer der Daunen und hat einen<br />

Schlafsack, der einem über Jahre hinweg kuschelig<br />

warme Nächte unter freiem Himmel ermöglicht.


Beatrice<br />

Synthetik für den Campingplatz<br />

Für meinen Zelturlaub auf dem Campingplatz nutze<br />

ich hauptsächlich Schlafsäcke mit synthetischer<br />

Füllung. Es stimmt, dass Daune eine bessere Isolation<br />

und einen besseren Klimahaushalt bietet. Da ich in<br />

der Regel aber nur im Frühjahr und Sommer zelte,<br />

ist die Nutzbarkeit bei kälteren Temperaturen<br />

für mich nicht so relevant. Normalerweise bin ich<br />

auch nicht auf Trekkingtouren in Höhenlagen<br />

unterwegs, sodass ich meinen Schlafsack zumeist<br />

sogar nur offen als Decke verwende, weil es mir<br />

sowieso immer zu heiss ist. Ausserdem habe<br />

ich mit einem Deckenschlafsack deutlich mehr<br />

Beinfreiheit als in einem Mumienschlafsack<br />

und kann mich auch leichter umdrehen.<br />

Wichtiger sind für mich in diesem Fall die<br />

Robustheit des Schlafsacks, der deutlich günstigere<br />

Anschaffungspreis und die einfachere Pflege und<br />

Lagerung. Daune sollte nicht feucht werden, da sie<br />

sonst in der Funktion leidet. Ein Kunstfaserschlafsack<br />

ist hier deutlich unempfindlicher und lässt sich auch<br />

mal einfach in die Waschmaschine schmeissen,<br />

wenn er Dreck abbekommt. Im Campingurlaub<br />

ist das eigentlich unvermeidbar, insofern nehmen<br />

mir die Kunstfasern hier gleich zwei Sorgen ab.<br />

© Beatrice Reinhardt<br />

Ausserdem sollten Daunenschlafsäcke auch<br />

nicht dauerhaft in einem Kompressionspacksack<br />

gelagert werden, damit sie ihre wärmespendenden<br />

Eigenschaften behalten. Sie müssen entweder<br />

komplett ausgebreitet oder in einem grossen<br />

Aufbewahrungspacksack lagern, damit die<br />

Federn im Schlafsack locker liegen können.<br />

Da ich nur begrenzten Lagerplatz in meiner<br />

Wohnung habe, ist mir die viel unkompliziertere<br />

Handhabung eines Synthetikschlafsacks lieber.<br />

Wenn ich mit dem Auto zum Camping fahre,<br />

sind auch das Gewicht und das Packmass nicht<br />

so entscheidend wie auf einer Rucksacktour.<br />

Nichtsdestotrotz gibt es auch superkleine und leichte<br />

Schlafsäcke mit Kunstfaserfüllung, die sich locker<br />

in oder an einem Rucksack transportieren lassen –<br />

die bieten dann fast das Beste aus beiden Welten!<br />

61


Text: Madeleine Bacz<br />

Alone in the dark<br />

Kopfkino und unerwarteter Besuch<br />

Einfach wäre langweilig – auch wenn Madeleine viel zu bescheiden<br />

wäre, um das für sich selbst festzustellen, könnte das als ihr<br />

Lebensmotto durchgehen. Sie arbeitet bei CAMPZ im Customer<br />

Relationship Management und unternimmt jedes Jahr mindestens<br />

eine Reise, die dem Rest der Belegschaft die Münder offen stehen<br />

lässt. Hier berichtet sie von ihren ersten Nächten alleine draussen<br />

im Zelt, die sie im Rahmen einer Deutschlandtour per Rad erlebte.


© Martin Ohliger<br />

2.500 Kilometer Auszeit<br />

40-Stunden-Woche, berufsbegleitendes Studium<br />

und dazu noch der Stress einer anstehenden<br />

Abschlussarbeit: Ich hatte eine Auszeit bitter nötig.<br />

Um mal so richtig abzuschalten, bin ich mit meinem<br />

Fahrrad einmal quer durch Deutschland gefahren.<br />

Dabei standen auch ein paar Nächte in der Wildnis<br />

an (natürlich nur dort, wo es erlaubt war). Kein<br />

Campingplatz, keine Dusche, im Idealfall nicht einmal<br />

Telefonempfang. Ich wollte einfach mal richtig raus.<br />

Dabei bin ich nun wirklich kein Campingprofi. Als<br />

Kind war ich zwei- oder dreimal im Turnzeltlager und<br />

das war es dann auch mit meiner Campingerfahrung.<br />

Trotzdem wollte ich unbedingt mal ausprobieren, mit<br />

dem Zelt in der Wildnis zu schlafen. Ich wollte meine<br />

Tage nicht von Check-in-Zeiten diktieren lassen,<br />

sondern flexibel bleiben und das Zelt aufschlagen,<br />

wann und wo es mir passte. Natürlich lockte mich<br />

auch ein bisschen das Abenteuer. Im Alltag bin<br />

ich total perfektionistisch und durchstrukturiert,<br />

aber eben nicht die totale Kontrolle zu haben,<br />

reizt mich an solchen Trips. Normalerweise kann<br />

ich nicht gut loslassen, deswegen entspannt<br />

es mich total, morgens loszufahren und nicht<br />

zu wissen, wo ich abends schlafen werde.<br />

Aus diesem Grund kann ich die Vorfreude, die andere<br />

Leute beim Planen empfinden, auch überhaupt nicht<br />

verstehen. Die komplette Route habe ich in nur zehn<br />

Minuten zusammengeklickt. Hätte ich ausführlicher<br />

geplant und genau festgelegt, wie viele Kilometer<br />

ich jeden Tag fahre, dann hätten die Tage, an denen<br />

ich knapp 200 Kilometer gemacht habe, ganz anders<br />

ausgesehen. Aber das ist das Schöne für mich: Ich<br />

bin aus meiner Komfortzone raus und kann meine<br />

Grenzen neu definieren. Meine Vorbereitung aufs<br />

Bikepacking war auf einem ähnlichen Niveau. Ich habe<br />

ein paar YouTube-Videos angesehen und das war es.<br />

63


Einfach drauflos<br />

Die ersten Nächte der Reise habe ich auf<br />

Campingplätzen geschlafen. Das war nicht schlecht,<br />

weil ich so lernen konnte, mein Zelt aufzubauen.<br />

Irgendwann kam ich dann aber in Gebiete, wo<br />

Wildcampen erlaubt war, und es war klar: Jetzt<br />

passiert es. Das Gefühl war irgendwo zwischen<br />

Aufregung und Freude, aber ich fühlte schon<br />

einen gewissen Druck, weil ich vor Einbruch der<br />

Dunkelheit einen guten Platz finden musste, um<br />

das Zelt aufbauen zu können. Dabei wusste ich<br />

nicht mal, wonach ich Ausschau halten sollte!<br />

Etwas abseits der Strasse habe ich dann aber eine<br />

Wiese gefunden, die nicht so aussah, als seien da<br />

viele Leute unterwegs, und mich dafür entschieden.<br />

Ich war den ganzen Tag gefahren und eine Dusche<br />

wäre super gewesen. Stattdessen musste ich mich<br />

mit feuchten Babytüchern bettfertig machen. Es war<br />

trotzdem ein sehr angenehmes Gefühl, so schlafen<br />

zu gehen, weil die ganzen Hintergrundgeräusche<br />

eines Campingplatzes fehlten. Sobald die Sonne weg<br />

ist, wird es da draussen ganz ruhig, bis die Sonne<br />

wieder aufgeht und die Vögel anfangen zu zwitschern.<br />

Ich stehe normalerweise eher spät auf, aber auf<br />

der Tour hatte ich einen ganz anderen Rhythmus,<br />

den ich vor allem morgens voll genossen habe.<br />

© Madeleine Bacz<br />

Was macht diese Geräusche?<br />

Die Nacht war trotzdem unruhig, weil ich ein bisschen<br />

Kopfkino hatte. Ich hatte unterschiedliche Stimmen<br />

im Kopf. Die eine fand es cool, dass ich es durchziehe,<br />

aber eine andere hatte Bedenken, dass etwas passiert,<br />

und eine dritte fragte, was eigentlich gross passieren<br />

soll. Ich lag da also mit sehr gemischten Gefühlen.<br />

Als ich aufgewacht bin, tauchten auch direkt Fragen<br />

auf: Wie sieht es da draussen aus? Sind da vielleicht<br />

doch Menschen? Sitzt jemand in dem Hochsitz?<br />

Trotzdem hatte ich eine grosse Ruhe in mir. Klar,<br />

ich hatte nicht besonders gut geschlafen, aber in<br />

dem Zelt fühlte ich mich schon sehr geschützt.<br />

Am zweiten Abend habe ich mir dann auch keine<br />

weiteren Gedanken gemacht. Es lief ja prima!<br />

Nachdem ich das Zelt aufgebaut hatte, habe ich<br />

kurz vor der Dämmerung dann die ersten Geräusche


gehört, die ich so gar nicht einordnen konnte. Da<br />

war irgendein Lebewesen, das geschnaubt, im Laub<br />

gescharrt und sich am Baum gekratzt hat. War das<br />

ein Reh? Kurz bevor es stockdunkel wurde, war<br />

mir aber klar, dass es Wildschweine sein mussten.<br />

Ich war richtig gelähmt, weil ich nicht wusste, was<br />

die beste Option war. Wäre es eine gute Idee, das<br />

Zelt zu verlassen? Was soll ich machen, wenn die<br />

Wildschweine näherkommen? Ich hatte zwar ein<br />

Messer und Pfefferspray mitgegeben bekommen, um<br />

mich wehren zu können, aber was könnte ich damit<br />

gegen Wildschweine ausrichten? Ich konnte auch nicht<br />

so genau einschätzen, wie nahe die Tiere wirklich<br />

waren, und war zwischendurch fest überzeugt, dass<br />

sie direkt vor dem Eingang des Zeltes standen.<br />

In der Nacht habe ich so gut wie gar nicht geschlafen,<br />

weil die Geräusche auch nicht aufhören wollten.<br />

Am Morgen habe ich mich automatisch sicherer<br />

gefühlt, weil es hell wurde und weil ich lange<br />

nichts mehr gehört hatte. Ich bin dann aus dem<br />

Zelt raus, habe alles hastig zusammengepackt,<br />

die Taschen irgendwie ans Rad gehängt und bin<br />

ganz schnell zur nächsten Strasse vorgefahren.<br />

Ausnahme und Regel<br />

Aus der Nacht habe ich aber vor allem mitgenommen,<br />

mein eigenes Ding zu machen. Mein Grundvertrauen,<br />

dass alles schon irgendwie funktioniert, wurde eher<br />

bestätigt. Unterm Strich hatte ich bis dahin eine gute<br />

und eine schlechte Nacht – die schlechte war halt die<br />

Ausnahme von der Regel. Und auch der Rest meines<br />

Trips hat mir bestätigt: Ich brauche nicht viel, um<br />

etwas zu erleben, nur ein gewisses Grundvertrauen,<br />

um den Dingen ihren Lauf zu lassen. Dann bin ich<br />

bereit für tolle Erfahrungen und Begegnungen.<br />

65


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Internetstores GmbH<br />

Friedrichstrasse 6<br />

D-70174 Stuttgart<br />

Fotos:<br />

Axel Brunst, Bastian Steinecker, Jens Scheibe, Lena<br />

Stoffel, Leonore Herzog, Lukas Bach, Madeleine<br />

Bacz, Magda Lehnert, Martin Ohliger, Romy Probst<br />

Amtsgericht Stuttgart<br />

HRB 741359 – Sitz: Stuttgart<br />

Lektorat:<br />

Herwig Frenzel<br />

Geschäftsführer/Verantwortliche<br />

für Herausgabe und Inhalt:<br />

Dr. Hans Dohrmann (CEO), Thomas Spengler (CCO)<br />

Druckerei:<br />

Vogel Druck und Medienservice GmbH<br />

Leibnizstrasse 5, D-97204 Höchberg<br />

Anzeigen:<br />

Kristin Struntz, Philipp Seyb<br />

Redaktion:<br />

Bastian Steinecker, Jana Zoricic,<br />

Joshua Gale, Martin Ohliger<br />

Datenschutz:<br />

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Kundenservice, Friedrichstrasse 6, D-70174 Stuttgart<br />

oder schreibe eine E-Mail an: info@campz.de<br />

Urheberrecht:<br />

Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Nachdruck oder Vervielfältigung auf Papier<br />

und elektronischen Datenträgern sowie<br />

Einspeisung in Datennetze nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung der Internetstores GmbH.<br />

Redaktioneller Stand: 29. September <strong>2021</strong><br />

Grafik:<br />

Jonas Christoph, Melanie Oestreich<br />

Mitarbeit an dieser Ausgabe:<br />

Beatrice Reinhardt, Madeleine Bacz, Magda Lehnert,<br />

Marie Steinmaier, Matthias Haag, Romy Probst,<br />

Rosie Hendry, Susanne Kraft, Tabea Burchgart<br />

Unsere Druckerei und das Papier des CAMPZ<br />

<strong>Magazin</strong>s sind FSC-zertifiziert.


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