Bikester Magazin CH/AT Winter 2021

© FROG BIKES
Es regnete, als wir im Trailcenter Glentress
ankamen. Eigentlich regnete es immer,
wenn wir die Räder aus dem vollgepackten
kleinen Auto schälten. Mittlerweile wussten
wir, es würde sich trotzdem lohnen. Manche
Klischees über Schottland sind offensichtlich
wahr. Dazu gehört glücklicherweise auch
die Sache mit den erstklassigen Biketrails.
Wir hatten die beeindruckenden Berghänge
der Highlands längst hinter uns gelassen.
Das Tweed Valley mutete mit seiner
Hügellandschaft gemütlich an, dennoch
stellte sich der grösste der 7-Stanes
Trailcenter, etwa eine Autostunde südlich von
Glasgow, als Highlight unseres Schottland-
Trips heraus. Nie zuvor hatte uns jemand den
Spass im Gelände und alles drum herum so
komfortabel auf dem Silbertablett serviert.
Was war so einladend?
Bevor es losging, nahmen wir Platz im
Glentress Peel Café, einem hellen Gebäude
aus heimischem Holz und viel Glas, das auch
in einer Grossstadt gut aufgehoben wäre.
Bei Kaffee und Scrambled Eggs studierten
wir die Streckenkarte, Schwierigkeitsgrade
und Fahrzeiten. Noch ahnten wir nicht, dass
die gute Beschilderung unterwegs eine Karte
vollkommen entbehrlich machen würde. Für
unseren gemütlichen Start wurden wir belohnt.
Langsam brach die Sonne durch die Glasfront.
Mit ihr tauchten mehr und mehr Menschen
auf. Bemerkenswert war die bunte Mischung
an bikenden Gästen. Durchgestylte Enduro-
Pilot*innen, Classic-Bike-Fans, Gruppen auf
E-Bikes und Cross-Country-Feilen – wirklich
jedes Mountainbike-Genre war vertreten;
darunter auffällig viele Frauen und jede Menge
Kinder.
Diesen Eindruck bestätigt auch Graeme
McLean, Projektleiter von Developing
Mountainbiking in Scotland – sowohl mit
konkreten Zahlen als auch aus persönlicher
Beobachtung. Das Büro der staatlichen
Initiative zur Koordinierung und Förderung
des Mountainbike-Sports in Schottland liegt
keine 200 Meter vom Café entfernt. Übers
Jahr zählt Glentress etwa 310.000 bikende
Gäste, Tendenz steigend. Es ist damit das
bestbesuchte Trailcenter in Schottland und
vermutlich ganz Grossbritanniens. Der
Erfolg ist kein Zufall, sondern Teil einer
komplexen Strategie, wie Graeme erklärt.
«Das ganze Trailcenter-Konzept dreht sich
darum, Barrieren abzubauen für einen
leichteren Zugang zum Biken. Du hast kein
Bike? Leih dir eins vor Ort. Du hast kaum
Erfahrung im Kartenlesen? Alle Trails sind
markiert. Du befürchtest, die Wege könnten
zu schwer für dich sein? Für alle Trails sind
Schwierigkeitsgrade ausgewiesen.»
BIKESTER