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BwieBasel - Basel und das Areal Wolf

Sonderheft BwieBasel Herbst 2021

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GESCHICHTE<br />

weil sie ihn als junges Mädchen gerettet hatte, indem sie<br />

seine durchbrennenden Pferde anhalten konnte.<br />

Die liebenswerte Grossmutter aus dem Welschland konnte<br />

noch im hohen Alter allerlei französische Liedlein singen<br />

<strong>und</strong> scharte viele Kinder um sich. Plötzlich war sie<br />

nicht mehr zu sehen, <strong>und</strong> auch ihr Gesang war nicht mehr<br />

zu hören. Es hiess, sie sei krank, <strong>und</strong> etwa zwei Jahre<br />

später wurde sie unter grosser Anteilnahme der Bevölkerung<br />

zu Grabe getragen. Doch dann tauchte ein unheimliches<br />

Gerücht auf: die Grossmutter sei schon lange gestorben,<br />

aber die Verwandten hätten sie im Keller ihres Hauses<br />

eingesalzen, damit sie weiterhin die kaiserliche Pension<br />

einkassieren konnten. Man habe sie in eine grosse<br />

Waschbütte gelegt <strong>und</strong> reichlich mit Salz bestreut, damit<br />

man sie bei allfälligen Nachforschungen lebensfrisch vor -<br />

zeigen könne. Doch habe die Verwandten <strong>das</strong> schlechte<br />

Gewissen so geplagt, <strong>das</strong>s sie sie nach zwei Jahren endlich<br />

bestatten liessen. – Bei anbrechender Dunkelheit getrauten<br />

sich auch die Mutigsten nicht, alleine im hinteren<br />

Petersberg neben dem <strong>Wolf</strong>sbrunnen vorbei zu gehen,<br />

aus Angst vor dem ruhelosen Geist der eingesalzenen<br />

Grossmutter. Denn dieser huschte nicht geräuschlos<br />

durch Dachgebälk <strong>und</strong> Haustüren, sondern mit grossem<br />

Getöse, Holpern <strong>und</strong> Poltern. Es war als sei sowohl der<br />

Geist der Frau Schönauer auf Rache aus wie auch der<br />

missbrauchte Waschtrog.<br />

Fenriswolf<br />

Der Fenriswolf ist in der nordischen Mythologie <strong>das</strong> erste<br />

Kind des Gottes Loki <strong>und</strong> der Riesin Angrboda.<br />

Fenrisúlfr (altnordisch: fen für ‹Sumpf›) bedeutet wörtlich<br />

‹Sumpf-<strong>Wolf</strong>›. Eine andere Bezeichnung war auch<br />

Hróðvitnir (vitt bedeutete ‹Hexerei› <strong>und</strong> bezieht sich<br />

auf die Vorstellung, <strong>das</strong>s Hexen auf Wölfen reiten).<br />

Die Götter erkannten die Gefahr, die vom Fenriswolf<br />

ausging, <strong>und</strong> brachten ihn nach Asgard, dem Sitz der<br />

Götter, denn sie fürchteten, er werde sie alle verschlingen.<br />

So entschlossen sie sich, ihn für alle Zeiten zu fesseln.<br />

Die ersten beiden Ketten zerriss der <strong>Wolf</strong> jedoch<br />

mühelos. Nun sollte er seine Kraft an der magischen Fessel<br />

Gleipnir erproben, die so harmlos wie ein simpler Faden<br />

aussah. Der Faden war aber von den Zwergen gemacht<br />

worden aus Sachen, die es nicht gibt: aus den<br />

Sehnen der Bären, der Stimme der Fische, den Bärten<br />

der Frauen, dem Speichel der Vögel, dem Geräusch eines<br />

Katzentritts <strong>und</strong> den Wurzeln der Berge.<br />

Der Fenriswolf schöpfte Verdacht. Er verlangte als Pfand<br />

für den Fall eines möglichen Betrugs, <strong>das</strong>s einer der<br />

Götter ihm die rechte Hand ins Maul lege. Keiner wollte<br />

sich dafür hergeben, ausser Tyr, dem Gott des Krieges.<br />

Man fesselte also Fenris, aber je stärker dieser an der<br />

Fessel riss, desto enger zog sie sich zu. Fenris blieb gefangen,<br />

biss Tyr jedoch aus Rache dessen rechte Hand<br />

ab. Befreien wird sich der riesige <strong>Wolf</strong> erst zu ‹Ragnarök›,<br />

dem Ende der Welt. Dann wird er Odin, den Göttervater,<br />

in einem gnadenlosen Kampf töten.<br />

Bild: Odin <strong>und</strong> Fenris, H.A. Guerber: ‹Myths of the Norsemen<br />

from the Ed<strong>das</strong> and Sagas›, London, 1909<br />

Gottesacker <strong>und</strong> Güterbahnhof<br />

1865 entwarf der Basler Bauinspektor Amadeus Merian<br />

den Gottesacker auf dem ‹<strong>Wolf</strong>sfeld›, der – wie der 1868<br />

eröffnete Kannenfeld-Gottesacker – dazu dienen sollte,<br />

die überbelegten Friedhöfe in der Stadt zu entlasten. Das<br />

Land gehörte Margaretha Merian-Burckhardt, Witwe des<br />

Grossgr<strong>und</strong>besitzers Christoph Merian. Diese überliess<br />

die r<strong>und</strong> 500 Aren der Stadt zur Pacht; die spätere Chri-<br />

5: <strong>Wolf</strong>sbrunnen am früheren Petersberg (heute Spiegelhof),<br />

wo der Geist von Grossmutter Schönauer hauste.<br />

Alte germanische Namen<br />

Den Respekt, den die Germanen dem <strong>Wolf</strong> bezeugten<br />

zeigt sich in deren Namen, die noch heute verwendet<br />

werden:<br />

<strong>Wolf</strong> oder Wulf (skandinavisch Ulf)<br />

<strong>Wolf</strong>gang: der mit dem <strong>Wolf</strong> in den Kampf geht<br />

<strong>Wolf</strong>hard: der kühne <strong>Wolf</strong><br />

<strong>Wolf</strong>ram: <strong>Wolf</strong> <strong>und</strong> hraban (Rabe)<br />

<strong>Wolf</strong>dietrich: Sagengestalt aus der Zeit um 1250<br />

Adolf: der edle <strong>Wolf</strong><br />

G<strong>und</strong>olf: der kämpferische <strong>Wolf</strong><br />

Ingolf: Ingwio, wichtigste Gottheit der Germanen<br />

Ludolf: der berühmte <strong>Wolf</strong><br />

Randolf (frz Raoul): <strong>Wolf</strong>s-Schild<br />

Rudolf: der ruhmreiche <strong>Wolf</strong><br />

Vuk, Vukan: serbokroatisch für <strong>Wolf</strong><br />

6 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›

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