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Gedenkschrift zur siebenten Stolpersteinverlegung in Bruchsal am 8. Juni 2021

In dieser Gedenkschrift sind Opferbiographien der folgenden Bruchsaler Familien enthalten: Schloßberger, Katz, Straus, Baer, Hahn, Tuteur und Kann.

In dieser Gedenkschrift sind Opferbiographien der folgenden Bruchsaler Familien enthalten: Schloßberger, Katz, Straus, Baer, Hahn, Tuteur und Kann.

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arbeitete als Ärztin. Lediglich die in sogenannter „Mischehe“ lebende Tochter Else Frank

blieb in München wohnhaft. Alle anderen Mitglieder der umfangreichen Familie Straus

verließen Bruchsal und Deutschland nach und nach. Den in der Schweiz wohnhaften Verwandten

ist es gelungen, mehrere Dutzend Angehörige der großen Sippe Straus über die

Schweiz ins Ausland, meist nach Südamerika, zu schleusen. Unter ihnen ist auch Dr. Moritz

Straus (1882-1959), einer der jüngeren Brüder von Lazarus und Max. Er war Besitzer

der Argus Motorengesellschaft und Anteilseigner der Horch AG. Lediglich Johanna Straus

blieb. Warum verließ sie Deutschland nicht? Verkannte sie die Gefahr? Hatte sie Angst vor

einem Neuanfang? Im Alter von 65 Jahren sicher keine Kleinigkeit.

Am 22. Oktober 1940 wurde Johanna Straus zusammen mit nahezu allen Juden aus Baden

und der Pfalz ins südfranzösische Lager Gurs deportiert. Am 6. Januar 1941 war sie in

der Krankenstation („Infirmerie“) des Ilot K und beantragte aufgrund ihres Gesundheitszustands

ihre Entlassung, die ihr auch am Folgetag gewährt wurde. Dieser Vorgang ist

sehr ungewöhnlich, da in diesem ersten, harten Winter etwa 1000 der 6500 Deportierten

starben, und sicher hätten diese nahezu alle einen Grund gehabt, „aufgrund des Gesundheitszustands“

das Lager zu verlassen. Man kann daher vermuten, dass Einfluss und finanzielle

Mittel der Großfamilie Straus einen Beitrag dazu leisteten, dass Johanna Straus am

07.01.1941 nach Fontana bei Pau kam, dann nach Billère (bis April 1941). Von Dezember

1941 bis März 1942 war sie in Izeste (Bas-Pyrénées), vom 15.07.1942 bis 15.10.1942 in

Morláas, dann wieder in Gurs. Am 21.06.1943 wurde sie aus Gurs nach Saint-Sébastien

(Creuse) entlassen – davon zeugt ein an

diesem Tag vom Direktor des Lagers

Gurs mit offiziellem Siegel des französischen

Innenministers ausgefertigtes

„certificat de liberation“. Auch dies

äußerst ungewöhnlich: Eigentlich wurden

in den Jahren 1942/43 nahezu alle

in französischen Lagern befindlichen

Juden nach Auschwitz verbracht und

ermordet.

Johanna Straus konnte nach Kriegsende

zu ihrer Tochter Else Frank und ihrem

Schwiegersohn Heinrich Frank nach

München übersiedeln, wo sie am 1. Januar

1948 starb. Ungeklärt ist, warum

ihre Beisetzung in Bruchsal erst für den

25. April 1949 protokolliert wurde. Auf

jeden Fall trägt der gemeinsame, prachtvolle

Grabstein auf dem Jüdischen

Grabstein von Lazarus und Johanna Straus auf dem

Jüdischen Friedhof Bruchsal. Foto: Rolf Schmitt.

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Friedhof Bruchsal bis heute die Namen

von Lazarus und Johanna Straus.

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