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Gedenkschrift zur siebenten Stolpersteinverlegung in Bruchsal am 8. Juni 2021

In dieser Gedenkschrift sind Opferbiographien der folgenden Bruchsaler Familien enthalten: Schloßberger, Katz, Straus, Baer, Hahn, Tuteur und Kann.

In dieser Gedenkschrift sind Opferbiographien der folgenden Bruchsaler Familien enthalten: Schloßberger, Katz, Straus, Baer, Hahn, Tuteur und Kann.

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Leben im großzügigen Eigenheim kaum genießen, da er wenig später, am 19. Oktober

1898, starb und somit seinem bereits 1894 verstorbenen Sohn Sally nachfolgte. Für Hugo

und seinen jüngsten Bruder Julius bedeutete dies, dass sie, nun 27-jährig und 22-jährig,

an der Seite ihrer Onkel und Mitinhaber des Rohtabakgroßhandels „Wolf Katz und Co.“

Verantwortung übernehmen mussten. Im 1. Weltkrieg wurden beide einberufen. Julius

Katz war seit August 1914 Infanterist, erreichte den Grad eines Leutnants und wurde leicht

verwundet. Hugo Katz kam im November 1915 als Landsturmmann nach Karlsruhe und

wurde im Juli 1917 zur Verleihung des Badischen Kriegsverdienstkreuzes vorgeschlagen,

weil er „mittels Kartei ein- und ausgehende Briefe mit großem Fleiß und anerkennenswertem

Eifer bearbeitet.“ Beide Brüder blieben unverheiratet und bewohnten gemeinsam

mit ihrer Mutter Fanny weiterhin die Villa in der Schillerstraße 14. Es kann davon ausgegangen

werden, dass sie von einer oder zwei Hausangestellten unterstützt wurden. In den

Adressbüchern 1930/31 und 1933/36 wird Rosa Nohlen als Haushälterin genannt.

Die Machtübernahme Hitlers fiel für Hugo Katz zusammen mit persönlichen Schicksalsschlägen:

Am 26. November 1933 verstarb Mutter Fanny fast 85-jährig, am 24. Januar

1934 Bruder Julius im Alter von 57 Jahren. Hugo Katz, nun 62-jährig und letztes Mitglied

seines Familienzweigs, musste sich Gedanken machen, was aus seinen Firmenanteilen

nach seinem Tod werden sollte. Offenbar entschied er sich dafür, dass sein Vermögen denjenigen

Verwandten zu Gute kommen sollte, die ebenfalls Anteile am Familienunternehmen

„Tabakgroßhandel Wolf Katz und Co.“ besaßen, nämlich den Nachkommen seiner

Onkel Nathan Katz und Ferdinand Katz. Hugo Katz war gemeinsam mit seinem Cousin

Ernst Katz, dem Sohn des Nathan, Geschäftsführer der Firma, und jeder besaß 40%. Die

in Darmstadt wohnende Tante Emma Katz, die Witwe Ferdinands, war mit 20% stille Teilhaberin.

Deren Enkel, Johann Friedrich Strauß, bis zu seiner Entlassung 1933 Landgerichtsrat

in Darmstadt, trat in die Firma in Bruchsal 1934 bis 1935 ein, wanderte 1936 aber

nach Palästina aus. Hugo Katz‘ Testament war 1934 demnach so verfasst, dass es nicht

diese genannten Familienzweige explizit begünstigte, sondern alle anderen ausschloss: Die

Nachkommen der beiden Tanten väterlicherseits (Karoline Altschul geb. Katz und Fanny

Simon geb. Katz) sowie die einzige Schwester der Mutter, Sofie Metzger geb. Berg, wurden

enterbt. Ob vielleicht ein schlechtes Verhältnis zu diesen Verwandten dazu den Ausschlag

gab? Zumindest für die Tante Sofie Metzger kann dies mit Bestimmtheit verneint werden:

Sie starb am 22. Juli 1937 in Bruchsal in der Villa des Hugo Katz, und er war es auch, der

ihren Tod beim Standesamt anzeigte. Wohnte die verwitwete, 85-jährige Sofie Metzger bei

ihm oder war sie nur zu Besuch? Und warum kümmerten sich nicht ihre beiden Kinder

Leo und Flora, die in Karlsruhe wohnten, um sie? Wir wissen es nicht.

Wann Hugo Katz Bruchsal und Deutschland verließ, ist ebenfalls unklar. In einer Klageschrift

von 1941 wird der Dezember 1937 genannt. Im Bruchsaler Adressbuch von 1938

ist er hingegen noch als Bewohner seiner Villa in der Schillerstraße 14 verzeichnet. Am

24. Juni 1938 verfügte das Finanzamt Bruchsal, dass etwaige Erlöse aus der „Firma Wolf

Katz und Co. Rohtabake“ oder aus dem Verkauf des Privateigentums der Beteiligten bis

zu einer Höhe von 2,6 Millionen Reichsmark zur Begleichung angeblicher Steuerschulden

gepfändet seien. Hugo Katz und sein Cousin Ernst Katz befanden sich zu diesem

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