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Mensa 75th anniversary special issue

An special issue to Mensa's 75th anniversary produced by MinD-Mag, the magazine of Mensa in Deutschland

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1912<br />

Das Intelligenzalter sagt für sich genommen<br />

zwar aus, auf welchem geistigen Niveau<br />

jemand operiert; was er jedoch nicht<br />

sagt, ist, wie dieser Wert mit Blick auf die<br />

Gesamtentwicklung zu beurteilen ist. Ein<br />

Sechsjähriger, der auf dem Stand eines<br />

Neunjährigen ist, hat einen ganz anderen<br />

Förderbedarf als ein Zwölfjähriger mit einem<br />

Alters-IQ von neun …<br />

Dem begegnete der Breslauer Psychologe<br />

und Philosoph William Stern, indem er das<br />

Intelligenzalter einfach durch das Lebensalter<br />

teilte (um „krumme Zahlen“ zu vermeiden,<br />

wurde dieser „Intelligenzquotient“<br />

später dann noch mit 100 multipliziert). Mit<br />

einem IQ von 100 liegt man somit perfekt in<br />

der Norm – das Intelligenzalter entspricht<br />

dem Lebensalter. Alles über 100 weist auf<br />

einen Entwicklungsvorsprung hin, alles darunter<br />

auf eine Verzögerung.<br />

1916<br />

Der IQ setzt seine Siegestour jenseits des Atlantiks<br />

fort: Lewis Madison Terman (1877–<br />

1956), einem Pädagogikprofessor an der<br />

Universität Stanford, gelingt es, das Einzeltestverfahren<br />

von Binet und Simon so zu<br />

adaptieren, dass es in Gruppen angewandt<br />

werden kann. Der „Stanford-Binet-Test“ bildet<br />

die Grundlage für die späteren Tests<br />

zur Erfassung der intellektuellen Fähigkeiten<br />

von Armeerekruten. Terman sah in solchen<br />

Massentests eine Chance, menschliche<br />

Fortpflanzung gezielt zu steuern. Für<br />

seine positive Haltung zur Eugenik, der Anwendung<br />

erbbiologischer Erkenntnisse auf<br />

die Bevölkerungspolitik, welche mit der<br />

Vernichtung sogenannten „lebensunwerten<br />

Lebens“ im Nationalsozialismus ihren<br />

schrecklichen Höhepunkt erreichte, wird<br />

er heute sehr kritisiert.<br />

Leta Stetter Hollingworth (1886–1939),<br />

eine junge Professorin an der Columbia-<br />

University, testet in einem Kurs zur Psychologie<br />

außergewöhnlicher Kinder einen<br />

achtjährigen Jungen mit dem Stanford-Binet-Test.<br />

Der Kleine erreicht einen IQ von<br />

sagenhaften 187. Für Hollingworth ist diese<br />

Begegnung der Kristallisationskern ihrer<br />

Forschungen zu Höchstbegabten. Insgesamt<br />

identifiziert sie zwölf Kinder, die einen<br />

IQ von mindestens 180 haben.<br />

Mit einem so extremen Entwicklungsvorsprung<br />

hat man es definitiv nicht leicht,<br />

und ohne individuelle Förderung geht es<br />

nicht – das belegen ihre Analysen. Noch<br />

bevor sie ihr Buch über die Höchstbegabten<br />

vollenden kann, stirbt sie 1939 an Brustkrebs.<br />

Ihr Ehemann stellt das Werk 1942 in<br />

ihrem Namen fertig.<br />

Der Erste Weltkrieg war binnen kurzer<br />

Zeit von einem Fest des Nationalismus zu<br />

einem zermürbenden Stellungskrieg mutiert<br />

– mit herben Verlusten, und das, wie<br />

viele Zeitgenossen es wahrnahmen, vor allem<br />

bei den Tüchtigsten. Umso wichtiger<br />

also, dass von den verbleibenden „jeder<br />

Mann an seinen rechten Platz“ komme!<br />

Und das sollte schon in der Schule anfangen.<br />

Der Sammelband „Der Aufstieg der<br />

Begabten“, herausgegeben von Peter Petersen<br />

im Auftrag des „Deutschen Ausschusses<br />

für Erziehung und Unterricht“, unterstreicht<br />

die Wichtigkeit der Begabtenauslese<br />

und -förderung in Deutschland – und das<br />

nicht nur im intellektuellen, sondern auch<br />

im handwerklichen und technischen Bereich.<br />

Auch William Stern, der Erfinder des<br />

IQ, ist mit einem Beitrag vertreten.<br />

1917<br />

In den USA geht der Trend zur Massentestung<br />

einstweilen weiter: Robert Yerkes und<br />

sechs weitere Kollegen, darunter Lewis Madison<br />

Terman, entwickeln den „Army-Al-<br />

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30 | mind magazin sonderheft 75 jahre mensa | oktober 2021

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