ST-KATALOG-BREYER-1.5a-FlipBook
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Ophelia
und die Weltraumbabys
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Der Himmel! Liebe! Freiheit! Was für ein Traum, du armer Narr!
Du bist mit ihm geschmolzen wie Schnee im Feuer:
Deine großen Visionen erstickten deine Sprache
- Und die schreckliche Unendlichkeit verstörte dein blaues Auge!
Ciel! Amour! Liberté! Quel rêve, ô pauvre folle !
Tu te fondais à lui comme une neige au feu :
Tes grandes visions étranglaient ta parole
– Et l’infini terrible effara ton oeil bleu !
(Ophélie, Arthur Rimbaud)
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Alles mit allem verbunden
Rosemarie Poiarkov
Gab es im Weltraum so etwas wie Zeit, bevor der Mensch von ihr sprach?
Gibt es für Embryos in der Gebärmutter schon so etwas wie Zeit? Die
Weltraumbabys in Tomsits´ Arbeiten haben keinen Anfang und kein Ende;
verbunden mit allem, fließt es aus dem Bild hinaus, fließt es hinein, es ist. Bei
mir, sagt Sandy Tomsits, ist ohnehin alles mit allem verbunden. Ich weiß oft
nicht, warum ich genau das male, was ich male, beginne mit einer leisen
Ahnung. Und dann entsteht etwas.
So wie Ophelia.
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Ophelias Gesicht ist schon aus der Zeit gefallen. Nur die Brustwarze erinnert
mich durch den fast natürlichen Farbton an das Leben, das der Ewigkeit
voranging. Dabei sieht man die Warze gar nicht; man sieht nur den
Warzenhof, der, hat man ihn erst mal entdeckt, auch dem Busen und dem
Bauch, gehalten in sattem Seegrün, das Lebendige lässt, vielleicht auch erst
wieder zurückgibt.
In das Haar der liegenden Frau ist ein Arm eingebettet, die Handfläche hell
und offen.
Hände seien ihr sehr wichtig. Sie können heilen und beschützen, können
Energie übertragen, sie können aber auch ordnen, sie haben, sagt Tomsits,
alles Menschliche an sich.
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Auch wenn die Hand in dunklen Sandtönen dem Grün des Wassers – der
Algen – entgegengesetzt ist - sie erreicht Ophelia nicht, und der Arm bleibt
für mich ein bloßes Körperglied, das zu niemandem gehört, unheimlich auch
in seiner Symmetrie, mit der er ins Geschehen greift.
Da sind aber auch die Hände Ophelias, große Hände. Behalte ich das
gesamte Bild im Blick, dann sehe ich einen Arm, der soweit nach hinten
gestreckt ist, wie es sich so richtig gut anfühlt, sich mal in alle Richtungen
dehnen und strecken. Halte ich jedoch meinen Blick auf die Hand gerichtet,
sehe ich erst, wie blass die Hand ist, und frage mich, ob die Frau sich nicht
doch nach Hilfe streckt, sich nach einer Möglichkeit sehnt, die es nur
außerhalb des Flusses, des Sees auf dessen Oberfläche sie treibt, geben
könnte.
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Die andere Hand hält einen Vogel. Die Finger sind unnatürlich gekrümmt,
aber es ist eine Handlung und damit in der Zeit, die Taube wirkt geborgen,
strahlt eine gewisse Zufriedenheit aus.
Jedes Mal, bevor eine Beziehung zu Ende ging, habe ich von einem Vogel
geträumt, sagt Tomsits, aber die Taube hat auch etwas Versöhnliches an
sich, etwas von Urvertrauen.
Ophelia, 1994 als Mischtechnik (Acryl und Tusche) auf Karton entstanden,
war eines der ersten großformatigen Bilder, die Sandy Tomsits geschaffen
hat. Thematisch ist es für die Künstlerin ungewöhnlich, so wie auch die
Hommage an Georg Trakl und seine Schwester Margarethe, die hier zum
ersten Mal ausgestellt werden.
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Die Weltraumbabys hingegen begleiteten Tomsits über viele Jahre, über ihre
gelbe, rote und blaue Phase und der Zeit in Essen, wo sie am Theater
arbeitete und auch ausstellte.
Vom Format her der Ophelia ähnlich ist Gemelle di Venezia, das in Sandtönen
ebenso vom Vergehen der Zeit wie vom Urvertrauen erzählt. Eine Art
Nabelschnur verbindet die Embryos miteinander, aber es ist nicht eine feste,
dicke Verbindung, sondern eine, die sich in mehrere dünne Linien auffächert.
Bei anderen Bildern der Serie der Weltraumbabys scheint die mitten am
Bauch zu sehende Nabelschnur das Einzige zu sein, was sie auf mir vertrauter
Erde hält, wenn sie wie Aliens in unbekannten Räumen schweben, leicht
durchsichtig, noch ohne Blick. Oft sind es mir dann schon zu viele
Verbindungen zu einem Außerhalb – ich sehe keine Kraft mehr, an der die
Babys Teil haben, keine Geborgenheit im Verbundensein und
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Gehaltenwerden, sondern Wesen, die in einem oder auch mehreren Netzen
gefangen sind, eine Art Fesselung, Marionetten.
Mein Lieblingsbild der Weltraumbabys ist das chronologisch erste der Serie:
Waterfall, 1990. Noch relativ abstrakt, ist doch schon alles in ihm enthalten.
Dabei verdichten sich die Oberfläche des Büttenpapiers und die
Aquarellfarbe zu einer Struktur, die ich beim Betrachten des Bildes auf der
Haut zu spüren glaube.
Bei den New-York-Grafiken hat Tomsits hingegen sehr realistisch begonnen
und dann in Folge immer mehr mit Auslassungen gearbeitet. In vielen dieser
Bilder (Fettkohle auf Papier) scheint der Moment zu einem Monument zu
werden. Die Wolkenkratzer des ehemaligen Inbegriffs einer Großstadt sind
Burgen, die über dem menschlichen Treiben thronen. Unvorstellbar scheint
es zu sein, dass sie jemals nicht mehr da sein werden. Und doch sind sie es
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vielleicht schon jetzt nur mehr in den Bildern von Sandy Tomsits, der Zeit
enthoben.
Ihre Werke trösten sie, sagt Sandy Tomsits. Sie sind Familie, sind Freundinnen
und Freunde, die sie ihr Leben lang begleiten. Die da sind, als Teil von ihr
selbst, und von ihrem Leben zeugen, dem jetzigen und dem vergangenen,
was immer wichtiger wird, je schneller die Zeit zu vergehen scheint.
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MISCHTECHNIK AUF LEINWAND UND AQUARELLPAPIER
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,,Weltraumbabys“
laufende Aquarell-Serie seit dem Jahr 1990
sie haben keine namen.
sie haben ahnungen, emotionen, und einen grundton.
sie lieben das wasser, die farbe, die direktheit eines striches, aber auch das
verschwimmen, das auslassen, das schweben im unberührten weiß. sie
kommunizieren mit der welt, aber sind nicht in der welt. sie wissen um die
begrenzungen des daseins und kommen laut oder leise aufs papier.
sie fangen nirgendwo an und hören nirgendwo auf.
sie tragen geheimnisse in sich. sie entscheiden, wohin sie sich wenden. sie
verbünden sich mit dem betrachter, sie finden, zu wem sie gehören.
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HOMMAGE AN GEORG TRAKL UND SEINE SCHWESTER MARGARETHE
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Georg Trakl, österreichischer Dichter des Expressionismus, begegnete mir
während meines Germanistikstudiums. Diese schreiende, dunkle
Dichterseele und seine inzestuös anmutende Beziehung zu seiner jüngeren
Schwester Margarethe suchte ich in einer Hommage an Trakl zu
verbildlichen. Verzweiflung, Sehnsucht, Autoaggression und verbotene
Lust.
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GRAFIK - New York
An die dreihundert Grafiken entstanden 1991 während eines New York
Aufenthaltes im öffentlichen Raum: Central Park, Manhatten Downtown,
Battery Park City, Chinatown, Little Italy, Bronx, Greenwich Village – pure
Betriebsamkeit, eilige Menschen, das Dröhnen von Baulärm, Taxisirenen,
die Wassertanks auf den Dächern, überbordende Architektur. Alles das
verband sich beim Zeichnen mit der Notwendigkeit innerer Konzentration
und Stille, um dem Wesen der Stadt nahe zu kommen.
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BILDERVERZEICHNIS
7 Ophelia Acryl/Tusche auf Hartkarton 108cm x 158cm 1994
17 Gemelle di Venezia Mischtechnik auf Leinwand 100cm x 135cm 1996
19 Big Bang, Acryl Mischtechnik auf Leinwand 100cm x 100cm 1995
21 Weltraumbaby Blue Phase, Retreat Acryl auf Leinwand 85cm x 70cm 2015
22 Weltraumbaby Blue Phase, Rain Mischtechnik auf Leinwand 85cm x 70cm 2015
23 Weltraumbaby Blue Phase, Concentration Mischtechnik auf Leinwand 80cm x 80 cm 2015
25 Weltraumbaby Waterfall Aquarell auf Büttenpapier 87cm x 61cm 1990
26 Weltraumbaby Warrior I Aquarell auf Büttenpapier 73cm x 51cm 2011
27 Weltraumbaby Warrior II Aquarell auf Büttenpapier 73cm x 51cm 2011
29 Twins of Rome, Red Phase Aquarell auf Büttenpapier 110cm x 71cm 2010
31 Weltraumbaby, Red Phase IV Aquarell auf Büttenpapier 65cm x 50cm 2017
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32 Weltraumbaby Yellow Phase,
Deep Thoughts
Aquarell auf Büttenpapier 74,5cm x 79cm 2012
33 Twin Lucky Yellow, Yellow Phase Aquarell auf Büttenpapier 74,5cm x 79cm 2012
34 Weltraumbaby Hidden Aquarell auf Büttenpapier 74,5cm x 79cm, 2016
35 Weltraumbaby, Red Phase, Quick Moves Aquarell auf Büttenpapier 74,5cm x 79cm 2010
39 Inner Mirrow, Georg Trakl Acryl, Mischtechnik auf Papier 101,5cm x 73cm 1989
41 Patience, Margarethe Jeanne Trakl Acryl, Mischtechnik auf Papier 101,5cm x 73cm 1989
45-49 N.Y. Graphics Fettkohle auf Papier 1991
AUSSTELLUNGEN
Wien Rote Bar, 1989, Erste Bank, 1992, Essen NRW Einzelausstellungen: Kunstspur Essen NRW 2010,
Meine Wand, Acryl auf Leinwand & Rauminstallation, Afrika Galerie am Folkwang Museum, 2013, Galerie
Giessler & Sandmann, Essen, NRW 2019, Baden Galerie Breyer, Baden bei Wien, 2021, Ophelia & die
Weltraumbabys
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Sandy Tomsits
ich bin 1967 in wien geboren. kurz vor der matura war MALEN meine ausdrucksform.
1987 machte ich die dreitägige aufnahmsprüfung an der akademie der bildenden künste in
wien. ich wurde in der meisterklasse von ARNULF RAINER aufgenommen und hatte mit
anderen studenten ein großraumatelier im erdgeschoß der akademie.
wir haben an der akademie damals nie gelernt, wie wir uns am markt präsentieren, und wie man
von der kunst leben kann.
trotzdem sind einige aus unserer klasse heute am kunstmarkt vertreten. Dazu zählen FRANCO
KAPPL oder ELKE KRYSTUFEK.
nach einem ersten gespräch mit einem wiener galeristen 1992 hatte ich mich dazu entschieden,
nicht am kunstmarkt um eine stellung zu ringen. ich male, wenn ich eine idee zu einem bild
habe. ich stelle aus, wenn sich eine gelegenheit ergibt.
www.sandytomsits.at
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Rosemarie Poiarkov
wurde 1974 in Baden bei Wien geboren. Sie studierte Philosophie, Germanistik und
Politikwissenschaft. Nach und neben Tätigkeiten als Journalistin und Trainerin für Deutsch als
Fremdsprache arbeitet sie heute vorrangig als Autorin (Prosa, Theatertexte, Hörspiele) und
Dramaturgin bei Theaterperformances. Seit dem Studium lebt sie in Wien.
Christopher Alan Lane
hat seine Kindheit in Mailand, Eindhoven und Klagenfurt verbracht. In einer Künstlerfamilie (und
teilweise im Künstlerhauscafe in Kärnten) aufgewachsen, lag der Schritt nahe nach Wirtschaftsund
Architekturstudium in Wien neben der Vermarktung der Bilder seines Vaters Leslie L. Lane
sein Kunstverständnis und -Interesse parallel zu einem erfolgreichen Berufsleben weiter
auszubauen und im dritten Covid19 Lockdown eine Galerie zu eröffnen.
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,,Baden hat kulturellen Weltrang und auch wenn die Zeiten für viele
Kunstschaffende schwer sind, erwachsen auch immer wieder gute, neue
Chancen“, so der engagierte Galerist Christopher Alan Lane. Im Lockdown
präsentierte Lane laufend Kunst über die Schaufenster seiner Galerie und
erkannte die Rückbesinnung auf innere Werte und die größeren Zeitfenster sich mit Kunst zu
beschäftigen als funktionierendes Geschäftsmodell. Schwerpunkte der Galerie sind:
o zeitgenössische Kunst, klassische Moderne und Informell: Druckgrafiken von Arnulf
Rainer zeitgenössische Kunst mit Schwerpunkt auf internationale Künstler, die in
Österreich ansässig sind: Arnold Reinthaler, Todt Khome, Martin Gubo, Leslie L. Lane,
Geza Balint, Sandy Tomsits, Rosa Roedelius, Birgit Sauer u.a.
o Originale und Grafiken der Wiener Schule des Phantastischen Realismus: Maitre Leherb,
Ernst Fuchs, Wolfgang Hutter, Rudolf Hausner, Anton Lehmden, Arik Brauer, Fritz
Janschka, Peter Proksch, Kurt Fiala, Kurt Regschek, Rainer Stern, Franz Luby;
Die Galerie Breyer, nur fünfzig Meter vom Arnulf-Rainer-Museum in Baden, Breyerstraße 7, 2500 Baden, ist zu
Vernissagen sowie am Freitag 11-14:00 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter +43(0)69915135983
geöffnet.
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OPHELIA & DIE WELTRAUMBABYS
Sonderedition anlässlich der Vernissage in dder Galerie Breyer / Baden, Auflage: 35 Stk.
© 2021 Sandy Tomsits
Bilder & Texte:
Vorwort:
Sandy Tomsits
Rosemarie Poiarkov
Gestaltung:
Herstellung:
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