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degewo-Broschüre Wiesenburg

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Auf Augenhöhe<br />

Die Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals<br />

in Berlin-Gesundbrunnen<br />

gemeinsam weiterdenken


Auf Augenhöhe<br />

Die Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals<br />

in Berlin-Gesundbrunnen<br />

gemeinsam weiterdenken<br />

In Kooperation mit


2 3<br />

Inhalt<br />

KONTEXT<br />

Ein Ort mit Geschichte findet sein Morgen 5<br />

Haltungen und Interessenslagen 8<br />

Innovation – Aus großem Elend erwachsen 12<br />

Ein Refugium –<br />

und zwar mit mächtig Leben drin 14<br />

Ein Verfahren, viele Ziele 20<br />

Ein Areal – und viele Anforderungen 26<br />

NUTZUNGSKONZEPT<br />

Eine Vision entwickeln 53<br />

Vom Woher und Wohin 58<br />

Visionen verorten 62<br />

KOOPERATIVES VERFAHREN<br />

Schritt für Schritt. Gut organisiert.<br />

Und gut geplant. 31<br />

Kooperieren – und zwar richtig! 34<br />

Beteiligungsformate –<br />

gewohnt, anders oder ganz neu 42<br />

AUSBLICK<br />

Leitfaden und Basis:<br />

Arbeiten mit dem Nutzungskonzept 75<br />

Planung, Genehmigung, Bau 77<br />

Den Betrieb organisieren 78


EIN ORT FINDET SEIN MORGEN<br />

5<br />

1<br />

Ein Ort mit<br />

Geschichte findet<br />

sein Morgen<br />

KONTEXT<br />

Ein Abenteuer beginnt: Die <strong>Wiesenburg</strong><br />

wird saniert und soll doch ihren Charme<br />

behalten. Und dabei vielen Interessen<br />

gerecht werden. Wie schafft man das?<br />

Und wen holt man ins Boot?<br />

Im Dreieck von Panke, Ringbahn und Humboldthain<br />

versteckt sich die <strong>Wiesenburg</strong>. Aus der fahrenden S-Bahn<br />

heraus wirken die Bauten ein bisschen, als seien sie aus der<br />

Zeit gefallen. Aber ihre Zukunft hat gerade begonnen.<br />

Versteckt, verwunschen und visionär:<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> liegt im Berliner<br />

Ortsteil Gesundbrunnen und war<br />

schon immer ein Ort, an dem zukunftsweisende<br />

Pläne Realität wurden. Der<br />

Berliner Asylverein, der sie explizit als Zufluchtsort<br />

für obdachlose Menschen Ende des<br />

19. Jahrhunderts erbaute, realisierte damit<br />

ein Vorhaben, das seiner Zeit weit voraus war.<br />

Erstmals entstanden in Berlin Gebäude als Asyl<br />

für wohnungslose Menschen. Auch heute ist<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> wieder ein visionärer Ort – und<br />

zwar seit vielen Jahrzenten. Denn hier fanden<br />

sich, nach Zerstörungen im zweiten Weltkrieg<br />

und wechselnden gewerblichen Nutzungen, ab<br />

den 1960er Jahren Künstler und Handwerker<br />

zusammen, eigneten sich die erhaltenen Gebäudeteile<br />

an und richteten sie her. So entstand<br />

über die Jahre ein vielfältiger Nutzungsmix<br />

aus Kunst, Kultur, Handwerk und Bildungsangeboten;<br />

er macht die <strong>Wiesenburg</strong> zu einer ganz<br />

besonderen Oase für die Nachbarschaft und für<br />

die gesamte Stadt. Es sind vor allem die Menschen,<br />

die hier leben und arbeiten, die Künstler<br />

und Künstlerinnen, die Kulturschaffenden und<br />

die sozialen Unternehmen, die das Ensemble<br />

prägen – durch sie wurde die <strong>Wiesenburg</strong>, was<br />

sie heute ist: Ein einzigartiger Mikrokosmos und<br />

ein charmantes Refugium, das in Berlin seinesgleichen<br />

sucht.<br />

Im November 2014 übertrug das Land Berlin<br />

das unter Denkmalschutz stehende Areal an das<br />

städtische Wohnungsunternehmen <strong>degewo</strong>.<br />

Die neue Eigentümerin verpflichtete sich nicht<br />

nur, hier neuen Wohnraum für die wachsende<br />

Stadt zu schaffen, sondern auch, den Altbestand<br />

zu erhalten und unter Berücksichtigung<br />

der derzeitigen Nutzung weiterzuentwickeln –<br />

ganz im Sinne einer gemeinwohlorientierten<br />

Stadtentwicklung. Daraus ergeben sich viele<br />

Herausforderungen: Zum einen gilt es, den<br />

Nutzungsmix zu erhalten und all denjenigen<br />

weiter Raum zu geben, die die <strong>Wiesenburg</strong><br />

heute nutzen. Darüber hinaus sollen noch mehr<br />

Flächen für Künstlerinnen und Künstler entstehen,<br />

Kulturschaffende sollen Veranstaltungen<br />

planen und umsetzen können und kleinere<br />

Handwerksbetriebe sollen Platz für ihr Gewerbe<br />

bekommen. Dafür müssen die denkmalgeschützen<br />

Gebäude dringend saniert werden,<br />

noch immer sind sie von den Zerstörungen im<br />

zweiten Weltkrieg gezeichnet. Seither taten die<br />

ehemaligen Verwalter und die Nutzerinnen und<br />

Nutzer der einzelnen Werkstätten und Ateliers,<br />

was ihnen jeweils möglich war – doch es<br />

blieb meist bei einer notdürftigen Lösung. Die<br />

<strong>degewo</strong> AG investierte seit der Übernahme des<br />

Geländes rund 865.000 Euro. Diese Summe beinhaltet<br />

unter anderem Kosten für Sicherungsund<br />

Instandhaltungsmaßnahmen und für zwei<br />

Werkstattverfahren. Und die Wohnungsgesellschaft<br />

schob mit diesem zeit- und gedankenintensiven<br />

Engagement auch den Prozess für den<br />

langfristigen Erhalt der <strong>Wiesenburg</strong> an.<br />

Nutzungsmix<br />

beschreibt die Mischung<br />

und Verflechtung<br />

unterschiedlicher<br />

Nutzungen. Wohnen,<br />

Arbeiten, Freizeit uvm.,<br />

die am gleichen Ort<br />

bzw. in unmittelbarer<br />

Nähe stattfinden.<br />

Gemeinwohlorientierte<br />

Stadtentwicklung<br />

stellt Werte wie Solidarität,<br />

Gemeinschaft,<br />

Selbstwirksamkeit und<br />

Teilhabe ins Zentrum<br />

der Stadtentwicklung –<br />

und nicht die Maximierung<br />

von Gewinn.<br />

Ziel ist es, möglichst<br />

vielen Menschen in der<br />

Stadt langfristig den<br />

Zugang zu bezahlbaren<br />

Räumen zu sichern. Ein<br />

Beispiel für diese Art<br />

der Stadtentwicklung<br />

ist das Angebot der<br />

städtischen Wohnungsgesellschaften<br />

oder<br />

Genossenschaften. 1<br />

1 Vgl. BBSR (Hrsg.) 2020, S. 70


6 KONTEXT EIN ORT FINDET SEIN MORGEN<br />

7<br />

Partizipative<br />

Planungskultur<br />

hat zum Ziel, die<br />

Bedürfnisse und Vorstellungen<br />

möglichst<br />

aller Interessengruppen<br />

in Planungsprozessen<br />

zu berücksichtigen. Vor<br />

allem für Stadtentwicklungsprojekte<br />

ist die<br />

Methode heute nicht<br />

mehr wegzudenken,<br />

denn sie bindet Öffentlichkeit<br />

und Verwaltung<br />

durch unterschiedliche<br />

Formate und Methoden<br />

frühzeitig in den<br />

Prozess ein.<br />

Bundesprogramm<br />

Nationale Projekte<br />

des Städtebaus<br />

ist ein Förderprogramm<br />

der Bundesrepublik für<br />

prominente städtebauliche<br />

Projekte. Sie<br />

spielen für die jeweilige<br />

Gemeinde, Stadt oder<br />

Region eine wichtige<br />

Rolle; ihr Qualitätsanspruch<br />

hinsichtlich<br />

Städtebau, Baukultur<br />

und Beteiligung der<br />

Akteurinnen und<br />

Akteure ist sehr hoch.<br />

Derlei Projekte sind oft<br />

sehr kostspielig, das<br />

Förderprogramm soll<br />

das abfedern. 2<br />

Jetzt kommt es darauf an, die historischen Gebäude<br />

zu sanieren und dabei so behutsam ins<br />

Heute zu holen, dass ihr Charme erhalten bleibt.<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> soll als eine gemischt genutzte<br />

sozio-kulturelle Oase bestehen bleiben, wo<br />

Wohnen, Kultur, Kunst und Handwerk in großer<br />

räumlicher Nähe möglich sind.<br />

Der Eigentümerin ist es wichtig, in der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> vielen Interessen Raum zu geben.<br />

Deshalb setzte sie von Anfang an darauf, mit all<br />

denjenigen gemeinsam über die Zukunft der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> nachzudenken, denen das Areal<br />

wichtig ist und die dort leben und arbeiten. Im<br />

Rahmen einer solchen partizipativen Planungskultur<br />

wurde bereits 2016 ein Entwicklungskonzept<br />

für das Gesamtareal erarbeitet,<br />

das eine Entwicklung des Ortes in einer Kombination<br />

aus alter Bausubstanz und Neubau vorsah.<br />

Im Jahre 2017 schließlich fand ein zweites,<br />

partizipatives Werkstattverfahren statt. Dessen<br />

Ziel war es, ein städtebauliches und architektonisches<br />

Konzept für einen Wohnungsneubau<br />

auf dem südlichen Geländeteil innerhalb des<br />

historischen Ensembles zu erarbeiten. Im Ergebnis<br />

entstehen bis zum Sommer 2021 neue Gebäude<br />

auf dem südlichen Grundstücksteil, sie<br />

bieten nicht nur 102 Mietwohnungen, sondern<br />

auch ca. 500 Quadratmeter Gewerbefläche.<br />

Als städtisches Wohnungsunternehmen hat<br />

<strong>degewo</strong> die Hauptaufgabe, Mieterinnen und<br />

Mietern ausreichend bezahlbare Wohnungen<br />

zur Verfügung zu stellen. Im Sinne einer nachhaltigen<br />

Bewirtschaftung behält sie auch im<br />

Blick, ob ausreichend begleitende Versorgung<br />

wie zum Beispiel Sozialeinrichtungen, Bildungsangebote<br />

oder Mietergärten für ihre Mieterinnen<br />

und Mieter verfügbar sind. Sie achtet<br />

darauf, ob es Orte für Kunst und Kultur, für Freizeit<br />

und Sport gibt. Und denkt an gut gestaltete<br />

Höfe und Gärten, in denen man sich gerne<br />

aufhält, wo Kinder gern spielen, wo man sich<br />

erholen und treffen kann. Schon deshalb liegt<br />

"Die <strong>Wiesenburg</strong> hat sich im Gegensatz<br />

zum neuen Berlin ihr eigenes Tempo<br />

bewahrt und behauptet weiterhin ihr<br />

Recht auf Widerstand und Kreativität"<br />

Enno Kuck, Vorstand "Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V."<br />

ein besonderes Augenmerk auf der Zukunft des<br />

gesamten Areals.<br />

Weil die denkmalgeschützten Bestandsgebäude<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> dafür saniert werden<br />

müssen, stellte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />

und Wohnen in Abstimmung mit<br />

<strong>degewo</strong> und dem Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“<br />

einen Fördermittelantrag im Rahmen des Bundesprogramms<br />

„Nationale Projekte des Städtebaus“.<br />

Die Fördermittelzusage von Anfang<br />

2020 für eine Fördersumme von insgesamt 12,5<br />

Mio. Euro mit einem Eigenanteil für <strong>degewo</strong><br />

von 5 Mio. Euro (Bund 2,9 Mio. Euro und Land<br />

Berlin 4,6 Mio. Euro) erlaubt es, mit der Sanierung<br />

des Altbaubestandes zu beginnen und so<br />

auch die städtebauliche Entwicklung des Gesamtareals<br />

voran zu treiben. In der Konsequenz<br />

soll ein gemischt genutztes Quartier entstehen.<br />

Gesamtprozess<br />

Gewerbeund<br />

Kreativkonzept<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />

Übergabe des Areals<br />

an <strong>degewo</strong><br />

Nov 2014<br />

weitere<br />

Planungen<br />

CREATIVITY<br />

NEEDS<br />

SPACE<br />

PLANUNG<br />

Die "Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals": Von der<br />

Übergabe des Areals an <strong>degewo</strong> über verschiedene Beteiligungsverfahren<br />

hin zur Sanierung des Areals<br />

Als erster Meilenstein dieses Projektes entstand<br />

im Jahr 2020 in einem kooperativen Verfahren<br />

ein Nutzungskonzept für die <strong>Wiesenburg</strong>. Die<br />

vorliegende <strong>Broschüre</strong> dokumentiert, wie intensiv<br />

alle Beteiligten sich der Frage gestellt haben,<br />

wer die <strong>Wiesenburg</strong> künftig wie nutzen soll, wie<br />

vertieft man mögliche Lösungen gegeneinander<br />

abgewogen hat und welche Kompromisse<br />

als Ergebnis von allen für gut befunden wurden.<br />

Mit dem Nutzungskonzept ist eine Grundlage<br />

für die Entwicklung und Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />

entstanden, die von allen Beteiligten<br />

gemeinsam erarbeitet wurde und mitgetragen<br />

wird. Dieses Konzept benennt künftige Nutzungen<br />

in den Gebäuden und im Freiraum und<br />

definiert, wie das Areal künftig durch Zugänge<br />

und Wege in die Nachbarschaft eingebunden<br />

sein soll.<br />

GUTACHTEN<br />

Erstes<br />

Sanierungskonzept<br />

1. Werkstattverfahren<br />

Gewerbe und Kreativkonzept<br />

2016<br />

ZUWENDUNGS-<br />

ANTRAG<br />

Kooperatives Verfahren<br />

„Revitalisierung der <strong>Wiesenburg</strong>“<br />

März-Aug 2020<br />

KOOPV<br />

Nutzungskonzepte<br />

beschreiben die Art<br />

und den Umfang von<br />

Nutzungen. Es wird<br />

definiert, mit welchen<br />

Funktionen ein Ort im<br />

Detail bespielt wird.<br />

Wird hier gewohnt oder<br />

gearbeitet, finden hier<br />

Kunst und Kultur statt?<br />

Sind die Nutzungen<br />

stark verzahnt oder<br />

voneinander abgegrenzt?<br />

Wo liegen<br />

öffentliche Räume und<br />

Außenflächen und wie<br />

intensiv werden sie<br />

genutzt?<br />

Sanierungskonzept<br />

NUTZUNGS-<br />

KONZEPT<br />

GUTACHTEN<br />

2. Werkstattverfahren<br />

zur baulichen<br />

Entwicklung<br />

Mai-Juli 2017<br />

Zuwendungsantrag<br />

Nationale Projekte des Städtebaus<br />

April 2019<br />

Kooperationsvereinbarung<br />

Nutzungskonzept<br />

Kooperative<br />

Verfahren<br />

dienen bei städtebaulichen<br />

Vorhaben<br />

dazu, alle relevanten<br />

Interessen zu berücksichtigen.<br />

Dafür werden<br />

die verschiedenen<br />

Interessengruppen wie<br />

Verbände, Verwaltung,<br />

Politik, Stadtgesellschaft<br />

zusammengeholt;<br />

sie handeln<br />

gemeinsam die Ziele<br />

und passenden Wege<br />

zur Weiterentwicklung<br />

eines Gebietes aus.<br />

Sanierung +<br />

Revitalisierung<br />

2021-2023<br />

Bauantrag<br />

Beginn Neubau<br />

Nov. 2018<br />

Mieten- und<br />

Organisationsmodell<br />

Ende<br />

2021<br />

2 Vgl. BBSR 2020


8 KONTEXT<br />

HALTUNGEN UND INTERESSENSLAGEN<br />

9<br />

Haltungen und<br />

Interessenlagen<br />

Wenke Christoph<br />

Staatssekretärin, Senatsverwaltung für<br />

Stadtentwicklung und Wohnen<br />

„DAS PROJEKT REVITALISIE-<br />

RUNG DES WIESENBURG-<br />

AREALS STEHT FÜR DIE<br />

VERBINDUNG VON BESTEHEN-<br />

DEM UND BENÖTIGTEM. Dank<br />

des hohen Engagements aller<br />

Beteiligten ist das Projekt auf<br />

einem vielversprechenden Weg,<br />

seine Einzigartigkeit zu erhalten<br />

und weiterzuentwickeln: Bei der<br />

Sicherung der Kulturangebote, der<br />

Öffnung in den Stadtteil und der<br />

Schaffung von Wohnungen.<br />

Deshalb engagieren sich auch<br />

Bund und Land in diesem beispielhaften<br />

Vorhaben partizipativer und<br />

gemeinwohlorientierter<br />

Stadtentwicklung.“<br />

Sandra Wehrmann<br />

Vorstandsmitglied <strong>degewo</strong> AG<br />

„DIE WIESENBURG IST FÜR<br />

DEGEWO EIN PROJEKT, DAS IN<br />

JEDER HINSICHT BESONDERS<br />

IST. In die Struktur dieses<br />

einzigartigen Ortes einzugreifen<br />

und diesen zu verändern ist uns<br />

alles andere als leicht gefallen.<br />

Bei der Planung bewegen wir<br />

uns in einem Spannungsfeld<br />

zwischen Entwicklung und<br />

Erhaltung, zwischen Wünschen<br />

und Zwängen. Dieser Beteiligungsprozess<br />

war und ist eine wertvolle<br />

Erfahrung – auch wenn der Weg<br />

mitunter steinig und für viele auch<br />

anstrengend war. Das Aushandeln,<br />

das Finden von Kompromissen,<br />

davon bin ich überzeugt, hat<br />

uns zu einem guten Miteinander<br />

geführt. Am Ende wird die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> – auch baulich –<br />

die Intensität dieses Diskurses<br />

abbilden: Neu und Alt, Bewährtes<br />

und Experimentelles, Gewerbe und<br />

Wohnen werden sich ergänzen<br />

und ein sehr eigenständiges Stück<br />

Berlin bilden.“


10 KONTEXT<br />

HALTUNGEN UND INTERESSENSLAGEN<br />

11<br />

Enno Kuck und Dirk Feistel<br />

Vorstand "Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V."<br />

"MEINE ZUKUNFTSVISION VON<br />

DER WIESENBURG BESTEHT<br />

DARIN, DASS WIR DAS KONZEPT<br />

VON ALT UND NEU VERBINDEN<br />

UND ES GELINGT, ein Stück von<br />

dem Spirit der alten <strong>Wiesenburg</strong><br />

auch auf den Wohnungsneubau<br />

zu übertragen. Wir haben die Hoffnung,<br />

dass der öffentliche Raum<br />

auch wirklich zu einem<br />

gemeinsamen Begegnungsort<br />

werden kann."<br />

„Der Verein Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />

ist angetreten, die anstehenden<br />

Veränderungen auf dem Areal mit<br />

eigenem Gestaltungswillen zu<br />

begleiten und die Entwicklung des<br />

Standortes mitzubestimmen.<br />

WIR SETZEN UNS DAFÜR EIN,<br />

DEN BESONDEREN ZAUBER DES<br />

ORTES ZU WAHREN, kulturelle<br />

Freiräume zu schützen und bezahlbare<br />

Mieten für Kunst, Kultur,<br />

Handwerk und Soziales auf der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> jetzt und für zukünftige<br />

Generationen zu sichern.“<br />

Ephraim Gothe<br />

Stadtbaurat Bezirk Mitte<br />

Christian Luchmann<br />

Geschäftsführung L.I.S.T. GmbH,<br />

Quartiersmanagement<br />

Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />

"DIE BEWOHNERINNEN UND<br />

BEWOHNER DES QUARTIERS<br />

BRAUCHEN EINEN ATTRAKTI-<br />

VEN GRÜNZUG AN DER PANKE<br />

ALS NAHERHOLUNGSRAUM.<br />

Das Quartier ist mit Grünflächen<br />

schon lange unterversorgt. Auch<br />

ziehen mehr Menschen hierher<br />

und viel bauliche Nachverdichtung<br />

passiert – das erhöht den Bedarf.<br />

Deshalb setzen wir uns dafür ein,<br />

das <strong>Wiesenburg</strong>-Areal schrittweise<br />

und behutsam zu öffnen, damit<br />

Fussgängerinnen und Fußgänger<br />

das Gelände vom Pankeuferweg<br />

aus erreichen können. Ausserdem<br />

wollen wir die umliegenden Freiräume<br />

für die Nachbarschaft langfristig<br />

sichern.“


12 KONTEXT<br />

INNOVATION, GEWACHSEN AUS GROSSEM ELEND<br />

13<br />

Innovation – Aus großem<br />

Elend erwachsen<br />

Dezember 2020<br />

Das Nutzungskonzept wird<br />

feierlich beschlossen – wegen<br />

der Corona-Pandemie in<br />

einem virtuellen Treffen.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts entstand die <strong>Wiesenburg</strong> als<br />

Zufluchtsort für alle, denen Berlin sonst keinen Raum bot.<br />

Sie wurde gebaut durch großen Bürgersinn und Anstand.<br />

1895<br />

Baubeginn für ein<br />

innovatives Obdachlosenasyl<br />

für Männer<br />

an der Wiesenstraße;<br />

Bauherr ist der<br />

„Berliner Asylverein<br />

für Obdachlose“.<br />

Finanzierung über<br />

Spenden.<br />

1922-1927<br />

Der Asylverein verpachtet die<br />

gesamte Liegenschaft an die<br />

jüdische Gemeinde. Sie bringt<br />

dort Gemeindemitglieder<br />

unter, die aus Osteuropa geflohen<br />

sind.<br />

1931<br />

Das Obdachlosenasyl wird<br />

geschlossen, weil die Stadt<br />

Berlin mittlerweile neue<br />

Notunterkünfte betreibt<br />

und kein Geld mehr gibt.<br />

Noch im laufenden Betrieb<br />

dreht Fritz Lang hier Teile des<br />

Films „M – Eine Stadt sucht<br />

einen Mörder“.<br />

1944/45<br />

Bomben zerstören weite Teile<br />

des vormaligen Männerasyls,<br />

weitere Bauten kommen<br />

mit leichten Schäden davon.<br />

Nach dem Krieg beziehen<br />

Handwerksbetriebe die<br />

Gebäude und verändern sie<br />

nach ihren Bedürfnissen.<br />

2014<br />

<strong>degewo</strong> wird<br />

Eigentümerin<br />

der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />

Das<br />

Land Berlin<br />

überträgt das<br />

Areal an das<br />

städtische<br />

Wohnungsunternehmen.<br />

2016/17<br />

Zwei Werkstattverfahren zur<br />

Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong> und<br />

zum Wohnungsneubau im<br />

Süden des Areals. Baubeginn<br />

für letzteren ist 2018.<br />

seit Juli 2020<br />

Die Landschafts- und<br />

Sanierungsplanerinnen<br />

und -planer<br />

beginnen mit vorbereitenden<br />

Arbeiten<br />

zur Erstellung eines<br />

Sanierungskonzeptes<br />

auf Grundlage des<br />

Nutzungskonzeptes<br />

und im Auftrag von<br />

<strong>degewo</strong>.<br />

August 2020<br />

Gründung der<br />

Genossenschaft<br />

„Die <strong>Wiesenburg</strong><br />

Berlin eG“ durch die<br />

Nutzerinnen und<br />

Nutzer, mit dem Ziel<br />

des Abschlusses<br />

eines langfristigen<br />

Nutzungsvertrages<br />

für das Areal und<br />

der Bewirtschaftung<br />

in Selbstverwaltung.<br />

13. Dezember 1896<br />

1907<br />

1912<br />

1926<br />

1933<br />

Ab 1961<br />

2015<br />

2020<br />

Einweihung des Neubaus.<br />

Jeder obdachlose Mann<br />

bekommt ein Bett mit zwei<br />

Decken, kann baden, seine<br />

Kleider waschen lassen,<br />

es gibt Suppe, Kaffee und<br />

eine Schrippe. Man darf<br />

anonym bleiben.<br />

Einweihung eines neuen<br />

Frauenasyls an der Kolberger<br />

Straße. Dazu auch<br />

weitere Funktionsbauten am<br />

Männerasyl, zum Beispiel<br />

Maschinenhaus, Werkstatt<br />

und Wäscherei.<br />

Weil Spenden ausbleiben<br />

wird das Frauenasyl – als<br />

erster von künftig mehr und<br />

mehr Bereichen – an Handwerkerinnen<br />

und Handwerker<br />

verpachtet; obdachlose<br />

Frauen übernachten jetzt<br />

ebenfalls im Stammhaus.<br />

Der Verein schließt einen Vertrag<br />

mit der Berliner Stadtverwaltung:<br />

Letztere finanziert<br />

notwendige Reparaturen<br />

und darf dafür im wiedereröffneten<br />

Asyl mitbestimmen.<br />

Dadurch geht aber der<br />

innovative Ansatz verloren<br />

– beispielsweise müssen die<br />

obdachlosen Menschen ab<br />

sofort ihre Namen angeben.<br />

Die „Nationalsozialistische<br />

Volksfürsorge“<br />

konfisziert<br />

das Vermögen<br />

des Vereins. Auf<br />

der <strong>Wiesenburg</strong><br />

findet zunehmend<br />

Rüstungsproduktion<br />

statt.<br />

Der Berliner Asylverein<br />

verwaltet das Areal unter<br />

Leitung der Familie Dumkow,<br />

Nachfahren eines<br />

<strong>Wiesenburg</strong>-Stifters. Die<br />

Wohnungen im Beamtenhaus<br />

werden renoviert<br />

und instandgesetzt.<br />

Seit dem Kulturhauptstadt-Jahr<br />

1988 ist das<br />

Areal auch immer wieder<br />

Ort für Kunst und Kultur.<br />

Gründung des Vereins „Die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ als Interessenvertretung<br />

zum Erhalt<br />

des Ensembles durch die<br />

Nutzerinnen und Nutzer<br />

Die „Revitalisierung des<br />

<strong>Wiesenburg</strong>-Areals“ wird in<br />

einem Beteiligungsverfahren<br />

diskutiert. Entstehen soll ein<br />

Nutzungskonzept, das als<br />

Basis für die weitere Entwicklung<br />

dienen kann.<br />

Sommer 2021<br />

Avisierte Fertigstellung<br />

und Bezug<br />

des Neubaus auf<br />

dem südlichen<br />

Geländeteil. 3<br />

Das Ensemble, das wir heute als <strong>Wiesenburg</strong><br />

kennen, entstand Ende des 19. Jahrhunderts aus<br />

dem Leid, welches das Bevölkerungswachstum<br />

der Industrialisierung mit sich brachte. Zeitgleich<br />

mit der Not der Arbeiterinnen und Arbeiter wuchs auch der<br />

Bürgersinn der Bessergestellten. So gründeten engagierte<br />

Persönlichkeiten, darunter der Industrielle Albert Borsig<br />

und der Arzt Rudolf Virchow, aber auch viele Mitglieder der<br />

Berliner jüdischen Gemeinde, den „Berliner Asylverein für<br />

Obdachlose“. Im Jahr 1896 nahmen sie mit der <strong>Wiesenburg</strong><br />

eine explizit zu diesem Zweck gebaute Notunterkunft für<br />

Männer in Betrieb, die sie als Verein auch selbst verwalteten.<br />

1907 wurde sie durch ein Frauenasyl ergänzt. Deshalb gilt<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> bis heute als besonders bedeutsam für die<br />

Geschichte sozialer Einrichtungen in Berlin. Bis 1914 zählte<br />

man rund 300 000 Übernachtungen pro Jahr. Wer hier Unterschlupf<br />

suchte, durfte anonym bleiben und die Polizei hatte<br />

keinen Zutritt zu den Räumen – für die damalige Zeit eine<br />

äußerst respektvolle und fortschrittliche Art, den Problemen<br />

des Industrialisierungs-Elends zu begegnen.<br />

Wegen der Wirtschaftskrisen und neuerer Obdachlosenasyle<br />

veränderte sich die Nutzung des Areals seit dem ersten<br />

Weltkrieg stetig – Schritt für Schritt weg von der Notunterkunft<br />

hin zu einem Gewerbehof. Nach Bombenangriffen im<br />

zweiten Weltkrieg, die einer mittlerweile hier ansässigen<br />

Fabrik für Rüstungsgüter galten, beräumte man die Trümmer<br />

– und überließ das Gelände weitestgehend denjenigen,<br />

die es sich aneignen wollten.<br />

Dazu gehörten Gewerbe- und Handwerksbetriebe; sie<br />

sicherten die Gebäude notdürftig oder veränderten sie nach<br />

eigenen Anforderungen. Später kamen auch Räume für<br />

Kunst und Kultur hinzu, es entstand ein für Berlin besonderer<br />

Nutzungsmix. Dass die <strong>Wiesenburg</strong> 1995 als Gesamtanlage<br />

unter Denkmalschutz gestellt wurde, verdeutlichte den<br />

historisch-baulichen Wert des Ensembles; so war es vor weitreichender<br />

Veränderung oder gar Abriss bewahrt. Das Land<br />

Berlin übergab das etwa 12 Hektar große Gelände 2014 an<br />

das städtische Wohnungsunternehmen <strong>degewo</strong> – mit dem<br />

Auftrag, Wohnraum zu schaffen und dabei den Altbestand<br />

sowie die derzeitigen Nutzungen zu erhalten.<br />

3 Chronologie vgl. Heather Allen (2020)


14 KONTEXT<br />

REFUGIUM<br />

15<br />

Ein Refugium – und<br />

zwar mit mächtig<br />

Leben drin<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> heute –<br />

mit ihrem verwunschenen<br />

Charakter strahlt sie etwas<br />

Besonderes aus, hat jedoch<br />

auch einen erheblichen<br />

Sanierungsbedarf.<br />

Wie eine Oase in der Eile und im Lärm der Hauptstadt<br />

wirkt das 120 Jahre alte Gebäudeensemble. Und es<br />

birgt viel Erhaltenswertes, wie es in Berlin sonst kaum<br />

mehr zu finden ist.<br />

"Die <strong>Wiesenburg</strong><br />

– Die Geschichte<br />

eines besonderen<br />

Aslys"<br />

Das Buch von Heather<br />

Allen kann unter www.<br />

diewiesenburg.berlin<br />

bezogen werden.<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> ist kein Ort wie jeder<br />

andere in Berlin; ihr besonderer Charakter<br />

zeigt sich schon von außen:<br />

Efeu rankt die Backsteinwände<br />

hinauf, nicht jedes Gebäude wird genutzt, oder<br />

bewohnt. Wer das Areal betritt, fühlt sich leicht<br />

in das unfertige Berlin der Nachwendejahre zurückversetzt.<br />

Das Ensemble erstaunt mit seiner<br />

Patina, die in der Hauptstadt vielerorts verloren<br />

gegangen ist – die Bauten sind ruinös und<br />

sanierungsbedürftig einerseits, provisorisch<br />

belebt, genutzt und bewohnt andererseits.<br />

Hier und da wächst eine Birke aus einer Ruine.<br />

Ganz hinten plätschert die Panke, gesäumt von<br />

Bäumen und Büschen. Die Romantik durchzieht<br />

ein Hauch von Gefahr, in einigen Fassaden<br />

klaffen Risse, in anderen Gebäuden fehlt<br />

gar eine ganze Wand oder das Dach. Damit die<br />

Keller unter den Gebäuden vor dem Einstürzen<br />

gesichert sind, ließ <strong>degewo</strong> hunderte Stützpfeiler<br />

einbauen, um die Verkehrssicherheit zu<br />

gewährleisten. Das Vergängliche, das Unfertige<br />

und Unperfekte machen den Charme der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> aus. Für eine Großstadt fast schon<br />

unwirklich erscheint die Ruhe hier, gelegentlich<br />

unterbrochen vom Rattern einer S-Bahn.<br />

Wie kann es gelingen, diesen besonderen<br />

Charme zu erhalten – trotz Sanierung, trotz<br />

Bewohnerinnen und Bewohner im Neubau und<br />

trotz unterschiedlicher Vorstellungen, wer welchen<br />

Bereich des Ensembles wie nutzen darf?<br />

Historie und Denkmalwert<br />

Was liegt eigentlich hinter diesem Tor? Wer<br />

vom Humboldthain aus gen Norden die<br />

Wiesenstraße entlang geht, kann bestenfalls<br />

erahnen, wie es auf dem Gelände hinter der<br />

Sporthalle aussieht. Dass seit dem Ende des<br />

19. Jahrhunderts hier rund 30 Jahre lang ein<br />

innovatives Obdachlosenasyl lag – Berlins erstes<br />

wohlgemerkt – davon erzählt bis heute die<br />

Anordnung der Gebäude: An der Wiesenstraße<br />

selbst weist nur ein Tor auf den besonderen Ort<br />

hin; dahinter beginnt eine etwa zweihundert<br />

Meter lange Privatstraße, sie führt ins Herz des<br />

Ensembles. An ihrem Ende liegen das Beamtenwohnhaus<br />

und die frühere Sammelhalle, wo<br />

sich am Abend einfand, wer eine Unterkunft<br />

suchte. Zur <strong>Wiesenburg</strong> konnte man von der<br />

Straße aus relativ unbehelligt gelangen: Dem<br />

Verein, der das Asyl erbaute und betrieb, war<br />

daran gelegen, die Anonymität der Hilfesuchenden<br />

zu wahren – und Ansammlungen<br />

obdachloser Menschen auf öffentlicher Straße<br />

vermeiden. Denn letzteres empfanden die Berlinerinnen<br />

und Berliner damals als besonders<br />

störend.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts stellte die Wohnungslosigkeit<br />

ein erhebliches Problem dar;<br />

in Berlin waren viele Menschen ohne Obdach.<br />

Die „bessere Gesellschaft“ blickte ihrerseits<br />

respektlos auf diese Menschen ohne festen<br />

Wohnsitz herab, man empfand sie als<br />

Faulenzerinnen und Faulenzer und ihrer<br />

Situation selbstverschuldet. Folglich gab es<br />

kaum Hilfsangebote, die auf die Bedürfnisse<br />

von obdachlosen Menschen eingingen. Die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> sollte als Modellprojekt und erste<br />

eigens dafür gebaute Notunterkunft einen<br />

neuen Umgang mit Obdachlosigkeit zeigen.<br />

Ihre Architektur ist angelehnt an die repräsentativen<br />

Bauten der Bürgerschicht aus dieser<br />

Zeit, die innere Einrichtung war besonders<br />

fortschrittlich und entsprach den neuesten<br />

Hygienestandards. Dies alles geschah auch, um<br />

der Fürsorge und Wohltätigkeit des Berliner<br />

Asylvereins und des liberalen Bürgertums Ausdruck<br />

zu verleihen. Auch durch die Architektur<br />

sollte deutlich werden, dass die wohnungslosen<br />

Männer und Frauen keinesfalls als Menschen<br />

zweiter Klasse angesehen werden. Und<br />

auch nach außen sollten die Gebäude zeigen,<br />

dass hier etwas Hochwertiges und Langlebiges<br />

entstanden ist. Die rote Backsteinfassade<br />

mit Fenstereinfassungen und Gesimsen aus<br />

Kunststein sowie den Giebeln und verputzten<br />

Blendflächen sind im Stil der deutschen Neorenaissance<br />

erbaut 4 . Hervorzuheben sind auch<br />

die detaillierten Fassaden des dreistöckigen Beamtenwohnhauses<br />

sowie der Sammelhalle mit<br />

dem angrenzenden, eckigen Wasserturm. Die<br />

hinten liegenden Gebäude mit Waschräumen,<br />

Badesaal, Speisehalle und Schlafsälen orientieren<br />

sich an der Industriearchitektur der Zeit –<br />

zu sehen unter anderem an den Sheddächern.<br />

Diese Dachform war in der damaligen Zeit<br />

für Fabrikhallen sehr beliebt, da so viel Licht<br />

in die Räume gelangte, ohne dass man große<br />

Fensterflächen installieren musste oder die<br />

Sonne blendete. Auch für das Obdachlosenasyl<br />

war diese Bauweise durchaus praktisch, konnte<br />

man doch die Räume gut belichten, ohne<br />

dass sie von außen einsehbar waren. Bei ihrer<br />

Fertigstellung entsprach die <strong>Wiesenburg</strong> dem<br />

neusten Stand der Technik mit Heizsystem,<br />

künstlicher Lüftung und Licht- sowie Wasserversorgung<br />

– und das, obwohl ihr Bau nur rund<br />

ein Jahr dauerte und zu großen Teilen aus<br />

Der Giebel der Sammelhalle wurde aus Kunststein gefertigt<br />

Neorenaissance<br />

ist ein Baustil des 19.<br />

Jahrhunderts, der die<br />

Bauweise der Renaissance<br />

zitiert. Bekannte<br />

Beispiele sind u.a. das<br />

Berliner Reichstagsgebäude<br />

oder die Semperoper<br />

in Dresden. Auch<br />

auf der <strong>Wiesenburg</strong> sind<br />

Ansätze der Neorenaissance<br />

zu erkennen.<br />

4 Vgl. Landesdenkmalamt Berlin (2020)


16 KONTEXT<br />

REFUGIUM<br />

17<br />

So wie die Metallbauwerkstatt gibt es mehrere Orte auf der <strong>Wiesenburg</strong>, die zum produzierenden<br />

Gewerbe zählen. Hier wird geschweißt, gehämmert und gefräst.<br />

privaten Spenden finanziert wurde. So verrät<br />

und bewahrt die <strong>Wiesenburg</strong> vieles über die<br />

Sozial- und Baugeschichte Berlins. Deshalb<br />

stellte man sie in den 1980er Jahren zuerst<br />

vorläufig und in den 1990er Jahren schließlich<br />

dauerhaft unter Denkmalschutz.<br />

Bestandsnutzungen – der Mix macht‘s<br />

Der besondere Charme der <strong>Wiesenburg</strong> entsteht<br />

aus einer Vielzahl von Elementen, die<br />

noch vor zwanzig Jahren auch an anderen<br />

Orten in Berlin zusammen auftraten – heute<br />

aber extrem selten geworden sind: Es gibt eine<br />

Nutzungsvielfalt aus Kunst, Kultur, Handwerk<br />

und Wohnen. Und es finden sich hier viele<br />

multifunktional nutzbare Flächen und Räume,<br />

die keiner bestimmten Nutzung zugeordnet<br />

sind und die man sich für eine gewisse Zeit<br />

aneignen kann – ein idealer Nährboden für<br />

Kreativität. Abgeschieden liegt das Gelände<br />

und von der Straße aus nicht einsehbar. Wer<br />

in sein Inneres vorgedrungen ist, kann noch<br />

immer Spuren des zweiten Weltkrieges entdecken.<br />

Verzaubert wirken viele Ecken, auf<br />

den Freiflächen wachsen Büsche und Bäume<br />

wild und schaffen zusammen mit mancher<br />

ruinösen Backsteinwand den Eindruck, man sei<br />

auf einer verwunschenen Insel mitten in der<br />

Großstadt gelandet. Immer wieder aber kommt<br />

man durch ein Geräusch ins Hier und Jetzt<br />

zurück – es surren Maschinen oder es wird ein<br />

Transporter entladen: Die Bestandsnutzungen<br />

unterschiedlicher Gewerbetreibender, Künstlerinnen<br />

und Künstler sowie Kulturschaffender<br />

haben das Gelände über die Jahre belebt und<br />

geprägt. Sowohl Innenräume als auch Außenbereiche<br />

leben von unterschiedlichen, kleinteiligen<br />

Nutzungen aus den Bereichen Kunst,<br />

Kultur, Bildung und Handwerk. Die Vielfalt<br />

spiegelt sich auch im Alltag wider: Handwerker<br />

und Handwerkerinnen bauen, schrauben<br />

oder transportieren Materialien, Gäste oder<br />

Die Tanzhalle dient einheimischen und internationalen<br />

Tänzerinnen und Tänzern als Wirkungsraum<br />

Kundinnen bzw. Kunden kommen, um die<br />

unterschiedlichen Angebote zu besuchen,<br />

Künstlerinnen und Künstler unterhalten sich<br />

bei einem Kaffee auf dem Hof und Bewohner<br />

oder Bewohnerinnen eilen zur Arbeit oder<br />

tragen Einkaufstaschen in ihr Zuhause im ehemaligen<br />

Beamtenwohnhaus. Wer hier wohnt,<br />

gehört gleichermaßen auch zur Gemeinschaft<br />

der Künstlerinnen und Künstler, der Gewerbetreibenden<br />

und Kulturschaffenden: Man nutzt<br />

die Freiflächen gemeinsam, kennt und tauscht<br />

sich aus.<br />

Seit den 1960er Jahren prägen die Menschen,<br />

die auf dem Gelände leben und arbeiten,<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> ganz besonders. Als<br />

<strong>degewo</strong> das Gelände 2014 übernahm, knüpfte<br />

sich daran die Absicht, hier auch neue Flächen<br />

für Wohnen und Gewerbe zu schaffen. Für die<br />

angestammten Nutzerinnen und Nutzer der<br />

<strong>Wiesenburg</strong>, die bislang nur eine formlose<br />

Gemeinschaft bildeten, wurde es durch diese<br />

neuen Rahmenbedingungen wichtig, sich auch<br />

formal zusammen zu schließen: 2015 gründeten<br />

sie einen Verein. So konnten sie in einem<br />

festen Rahmen eine gemeinsame Haltung zur<br />

Zukunft des Areals entwickeln und ihre Vorstellungen<br />

gegenüber der neuen Eigentümerin<br />

kommunizieren. <strong>degewo</strong> fand im Verein „Die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ wiederum eine verbindliche<br />

Vertretung der Nutzerinnen und Nutzer – und<br />

Die Konzertreihe „Classical Sundays" in der Werkhalle <strong>Wiesenburg</strong><br />

findet viel Anklang bei Musikinteressierten.<br />

Auch die Außenräume werden von den Nutzerinnen und Nutzern bei den<br />

unterschiedlichsten Gelegenheiten miteinbezogen. Ob beim Schweißen, Sägen<br />

– oder wie hier bei der Tanzperformance "Arial" von Nikolina Komljenovic.<br />

später auch einen Kooperationspartner für die<br />

weitere Entwicklung. In einem waren sich Mieterinnen<br />

und Mieter mit der Vermieterin schnell<br />

einig: Sollte die <strong>Wiesenburg</strong> eine Zukunft<br />

haben, dann muss sie grundlegend baulich ertüchtigt<br />

werden. Auch deshalb engagierte sich<br />

der Verein von Beginn an intensiv im Verfahren<br />

– dank einer externen Organisationsberatung<br />

auch mit der dafür nötigen fachlichen Expertise.<br />

Während des Beteiligungsprozesses hat<br />

der Verein eine Vielzahl eigener Entwicklungsvorschläge<br />

formuliert, so zum Beispiel mittels<br />

eines „Gewerbe- und Kreativkonzeptes“ (Stand<br />

Februar 2020), das bereits zu Anfang in<br />

das Verfahren zum Nutzungskonzept eingebracht<br />

wurde. Dieses Papier beschreibt die<br />

bestehenden Nutzungen und zeigt Nutzungspotenziale<br />

auf.


18 KONTEXT REFUGIUM<br />

19<br />

Die Bestandsnutzungen<br />

ehem.<br />

Frauenasyl<br />

1 Tanzhalle<br />

Die Tanzhalle befindet sich seit 2008<br />

auf dem Gelände und wurde 2012<br />

mit Mitteln der Städtebauförderung<br />

saniert. Sie bietet Künstlerinnen und<br />

Künstlern Probe- und Veranstaltungsflächen<br />

und Raum für diverse offene<br />

Formate.<br />

2 Philosophiewerkstatt<br />

Die Philosophiewerkstatt ist ein<br />

offener Raum, der von verschiedenen<br />

Personen als Inspirationsquelle, als Ort<br />

für den Gedankenaustausch oder auch<br />

temporär als Lager genutzt wird.<br />

3 Metallbauwerkstatt<br />

In der Metallbauwerkstatt entstehen<br />

seit 2003 Einzelstücke und Serienmodelle.<br />

Zudem werden für internationale<br />

Künstlerinnen und Künstler komplette<br />

Ausstellungen und Kunstwerke<br />

gefertigt.<br />

5<br />

4<br />

6<br />

3<br />

7<br />

8<br />

2<br />

Garagen<br />

Neubau<br />

4 Maschinenbauwerkstatt<br />

In der Maschinenbauwerkstatt entstehen<br />

hochspezialisierte Maschinen,<br />

unter anderem für die Umwelttechnik;<br />

Dafür ist der angrenzende Außenbereich<br />

und die Rampe unverzichtbar.<br />

5 Designwerkstatt<br />

Seit 1999 fertigt ein Produktdesigner<br />

hier Prototypen und Modelle für<br />

hochwertige Büroausstattungen und<br />

Einrichtungsgegenstände.<br />

6 Musikstudio<br />

Auf der <strong>Wiesenburg</strong> entstehen seit<br />

1998 auch professionelle Musikproduktionen.<br />

Das Studio ist innerhalb der<br />

Berliner Musikszene gut vernetzt und<br />

fördert auch lokale Musikerinnen und<br />

Musiker.<br />

9<br />

1<br />

Beamtenwohnhaus<br />

Neubau<br />

Wiesenstraße<br />

7 Holzwerkstatt<br />

Die Holzwerkstatt diente einem Künstler,<br />

der vor nicht allzu langer Zeit verstorben<br />

ist, viele Jahre als Arbeitsraum.<br />

Diese Nutzungsart soll auch in Zukunft<br />

im Bestand erhalten bleiben.<br />

8 Werkhalle <strong>Wiesenburg</strong><br />

Die Werkhalle ist das Atelier eines<br />

schwedischen Künstlers. Seit 2017 finden<br />

hier immer wieder Ausstellungen,<br />

Lesungen, Theateraufführungen, Tanz-<br />

Performances oder Konzerte statt.<br />

9 Clubhaus<br />

Das Clubhaus hat sich zum Treffpunkt<br />

und Aufenthaltsort entwickelt – für<br />

Gewerbetreibende, Künstlerinnen und<br />

Künstler und Gäste der <strong>Wiesenburg</strong><br />

gleichermaßen.<br />

Bedeutung der <strong>Wiesenburg</strong><br />

für die Nachbarschaft<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> prägt durch ihre Mischung aus<br />

Kultur-, Sozial und Stadtgeschichte ihr Quartier<br />

mit – aber auch den Bezirk Mitte und darüber<br />

hinaus. Denn schon in der Vergangenheit<br />

besaß sie eine starke Strahlkraft in die Stadt<br />

hinein, nicht zuletzt als Kultur-, Bildungs- und<br />

Veranstaltungsort. Dass so viele verschiedene<br />

Menschen diesen Ort in ganz verschiedener<br />

Art nutzen, bereichert die Nachbarschaft; die<br />

Kunst-, Kultur- und Bildungsangebote werden<br />

auch von den Anwohnerinnen und Anwohnern<br />

genutzt. Auf dem Gelände finden Musikveranstaltungen<br />

und Konzerte statt, es können Ausstellungen<br />

besucht oder die Proberäume in der<br />

Tanzhalle genutzt werden. Jedes Jahr lädt der<br />

Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ zu einem Festival<br />

auf dem Gelände ein und organisiert Rundgänge,<br />

in denen man vieles über die Geschichte<br />

des Areals erfahren kann. Auch für Schulklassen<br />

gab es bis zur Sperrung des Geländes aus<br />

Sicherheitsgründen lange Zeit Lernangebote.<br />

Sie konnten die besondere Pflanzenwelt erkunden<br />

und das Wäldchen, wo heute das neu<br />

errichtete Wohn- und Gewerbehaus steht, als<br />

grünen Rückzugsort nutzen. In Zukunft sollen<br />

solche Bildungsangebote auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

wieder stärker in den Fokus rücken und mehr<br />

Stadtentwicklung ist Thema auf der <strong>Wiesenburg</strong>. 2018 auf der Gesprächsrunde<br />

„Stadt auf der Rampe #1“ im Rahmen des „<strong>Wiesenburg</strong> On Air“ Festival.<br />

Angebote geschaffen werden, die auch für<br />

die Bewohnerinnen und Bewohner aus dem<br />

Kiez interessant sind. Unterstützung erfährt<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> dabei vom Quartiersmanagement<br />

Reinickendorfer Straße/Pankstraße. Im<br />

integrierten Handlungskonzept des Quartiers<br />

– einem Plan, der unter anderem hinsichtlich<br />

Bildung, Kultur, Mobilität u.Ä. die zukünftige<br />

Entwicklung in diesem Viertel darstellt – ist die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> als wichtiger Akteur für Kultur und<br />

Kreativität genannt 5 .<br />

Musik liegt in der<br />

Luft! So auch im<br />

August 2018 beim<br />

Musik- und Kunst-<br />

Festival "<strong>Wiesenburg</strong><br />

on Air" mit der<br />

Band El Cartel.<br />

5 Vgl. L.I.S.T. GmbH Quartiersmanagement Pankstraße (2019)


20 KONTEXT EIN VERFAHREN, VIELE ZIELE<br />

21<br />

Ein Verfahren,<br />

viele Ziele<br />

Ein voller Aufgabenzettel erwartete die Beteiligten: Im<br />

Fokus stand, die Bestandsgebäude zu erhalten, den<br />

Nutzungsmix zu stärken, respektvoll mit der Geschichte<br />

umzugehen, das Gelände auf programmatische Art zu<br />

öffnen und dabei dem Klimaschutz Rechnung zu tragen.<br />

Zuwendungsziele<br />

Übergeordnetes Ziel ist die Sanierung, Instandsetzung und Revitalisierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />

im kooperativen Verfahren mit Eigentümerin, Nutzerinnen und Nutzern, Bewohnerinnen<br />

und Bewohnern, Quartier und Verwaltung. Folgende Ziele sind Grundlage<br />

des Zuwendungsantrags und mit dem Zuwendungsbescheid bindend<br />

für alle Kernakteurinnen und -akteure:<br />

zung verschiedenster Menschen und<br />

Kulturen zu ermöglichen. Gleichzeitig<br />

sollen die derzeitigen Mieterinnen und<br />

Mieter nicht verdrängt werden, sondern<br />

weiterhin ihrem Gewerbe in ihren<br />

Mietflächen nachgehen können.<br />

Zuwendungsanträge<br />

können von verschiedenen<br />

Institutionen,<br />

Gruppen oder Personen<br />

gestellt werden, um<br />

für konkrete Projekte<br />

Fördermittel von<br />

Bund, Ländern oder<br />

EU zu erhalten. Für<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> stellte<br />

die Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung<br />

und Wohnen einen<br />

Antrag zur Sanierung<br />

des Altbaubestandes<br />

beim Bundesprogramm<br />

„Nationale Projekte des<br />

Städtebaus“.<br />

Bereits zwei Mal holte <strong>degewo</strong> alle<br />

Akteurinnen und Akteure an einen<br />

Tisch, um ihren Vorstellungen zur Zukunft<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> in den künftigen<br />

Planungen Raum zu geben: 2016 entstand<br />

eine grundsätzliche Vision für den Ort; 2017 ein<br />

städtebauliches und architektonisches Konzept<br />

mit Fokus auf den Wohnungsneubau. Als<br />

weiteres Ergebnis dieser beiden Beteiligungsverfahren<br />

stellte die Senatsverwaltung für<br />

Stadtentwicklung und Wohnen einen Antrag<br />

auf Fördermittel im Rahmen des Bundesprogramms<br />

„Nationale Projekte des Städtebaus“.<br />

Ziel ist, die kostenintensive Sanierung der<br />

Altbauten auf der <strong>Wiesenburg</strong> durchführen<br />

zu können – ein Unterfangen, das sich aus<br />

wirtschaftlicher Sicht ohne Förderung schwer<br />

umsetzen ließe. Zwar steht die <strong>Wiesenburg</strong><br />

unter Denkmalschutz, doch auch solchen<br />

Objekten kann der Abriss drohen, wenn ihr<br />

Erhalt wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Folglich<br />

war der Zuwendungsbescheid für die<br />

„Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals“, den<br />

die Senatsverwaltung am 16.01.2020 erhielt,<br />

auch der Schlüssel zum Erhalt der Bestandsbauten<br />

und zur städtebaulichen Weiterentwicklung<br />

und Sanierung des Gesamtareals.<br />

Dank der Fördermittel konnten auch das<br />

Beteiligungsverfahren zum Nutzungskonzept<br />

und die Kooperationsvereinbarung als Grundlage<br />

für die weitere Planung finanziert und<br />

realisiert werden.<br />

Das "Haus 1" des<br />

2017 entwickelten<br />

Wohnungsneubaus<br />

befindet sich in unmittelbarer<br />

Nähe zum<br />

denkmalgeschützen<br />

Gebäudebestand.<br />

1 Revitalisierung und<br />

Erhalt der Bestandsgebäude<br />

Durch die Sanierung der schadhaften,<br />

teilweise ruinösen Bausubstanz<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> soll<br />

dieser besondere Ort unter<br />

Berücksichtigung seiner Historie<br />

erhalten bleiben und darüber hinaus<br />

revitalisiert werden. Durch die<br />

Qualifizierung und die denkmalgerechte<br />

Sanierung soll der Bestand<br />

(Wohnhaus, Sammelhalle und<br />

Bestandsgewerbe) gewürdigt und<br />

durch ergänzende Baumaßnahmen<br />

zeitgemäß weiter interpretiert<br />

werden. Ziel ist es, das einzigartige<br />

Grundstück zu beleben und zukunftsorientiert<br />

zu entwickeln.<br />

2 Potenzialflächen erschließen<br />

und neue Wege schaffen<br />

Durch den Abbruch ungenutzter<br />

Gebäudereste des nicht denkmalwerten<br />

Bestandes sollen neue<br />

Potenzialflächen erschlossen<br />

werden. Dabei sollen neue Wegeverbindungen<br />

und neue Nutzungspotenziale<br />

entstehen.<br />

3 Nutzungsmischung<br />

stärken und bewahren<br />

Gemeinsam mit den bereits bestehenden<br />

sowie künftigen Nutzerinnen<br />

und Nutzer soll ein Konzept<br />

entwickelt werden, um einen Nutzungsmix<br />

aus Wohnen, Gewerbe<br />

und Kultur konfliktfrei erwachsen<br />

zu lassen und so ein lebendiges<br />

Quartier der gemeinsamen Nut-<br />

4 Orte der Begegnung schaffen<br />

Das Gelände hat durch seine<br />

Mischung aus Kultur-, Sozial- und<br />

Stadtgeschichte eine besondere<br />

Bedeutung über das Quartier und<br />

den Bezirk hinaus. So soll beispielsweise<br />

durch die Sicherung und<br />

den Wiederaufbau der ehemaligen<br />

Sammelhalle, zugleich Herzstück<br />

des Areals und Synonym für die<br />

<strong>Wiesenburg</strong>, ein besonderer Kulturort<br />

geschaffen werden, damit das<br />

Areal seine Strahlkraft als lebendiger,<br />

offener und toleranter kultureller<br />

Treffpunkt entfalten kann, der<br />

auf Menschen über die Grenzen<br />

des Quartiers hinaus anziehend<br />

wirkt. Im Sinne einer zukunftsgerichteten<br />

Stadtentwicklung wird<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> gesichert und<br />

erneuert.


22 KONTEXT<br />

EIN VERFAHREN, VIELE ZIELE<br />

23<br />

Handlungsleitende Prinzipien<br />

Darüber hinaus streben die Kernakteurinnen und -akteure an,<br />

die folgenden handlungsleitenden Prinzipien umzusetzen:<br />

DENKMAL<br />

€€€<br />

1 Respektvoller Umgang mit<br />

der Geschichte des Ortes<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> ist ein geschichtsträchtiger,<br />

unter Denkmalschutz<br />

stehender Ort, der vor dem Verfall<br />

und der Unbewohnbarkeit bewahrt<br />

wird. Die außerordentliche historische<br />

Bedeutung wird in der Entwicklung<br />

mitgedacht, zum Beispiel durch Hinweise<br />

auf dem Gelände, Führungen,<br />

behutsame Entwicklung der ehemaligen<br />

Sammelhalle, Bewahrung des<br />

Erscheinungsbildes des gesamten<br />

Geländes und Erhalt der Ruinen mit<br />

sichtbaren Kriegs- und Verfallsschäden.<br />

Notwendige Abstimmungen mit<br />

den Denkmalschutzbehörden werden<br />

vorgenommen und Genehmigungen<br />

rechtskonform eingeholt.<br />

2 Sicherung von<br />

Bestandsnutzungen<br />

Die Bestandsnutzungen sind zu sichern.<br />

Das Nutzungskonzept soll die vorhandenen<br />

und künftigen Nutzungen<br />

ohne wesentliche Störungen für die<br />

Wohnumgebung ermöglichen. Ein entsprechendes<br />

Wege- und Freiraumkonzept<br />

wird die innere Erschließung bzw.<br />

Durchwegung und die entstehende<br />

neue Freiraumstruktur verdeutlichen.<br />

geöffnet<br />

3 Räumliche Öffnung und<br />

Anbindung des Areals<br />

Die räumliche Öffnung und Anbindung<br />

des Areals erfolgt im Rahmen<br />

einer behutsamen Qualifizierung der<br />

neu zu schaffenden Grün- und Freiflächen<br />

mit möglicher, geordneter<br />

Anbindung an den übergeordneten<br />

Pankegrünzug und die umliegenden<br />

Freiräume. Der Umfang der Zugänglichkeit<br />

wird auf Basis des Nutzungskonzeptes<br />

im weiteren Verfahren<br />

konkretisiert.<br />

4 Programmatische Öffnung<br />

und Ermöglichung von neuen<br />

Nutzungspotenzialen<br />

Neue Nutzungspotenziale werden im<br />

Hinblick auf die Bedarfe der derzeitigen<br />

und neuen Bewohnerinnen und<br />

Bewohner der <strong>Wiesenburg</strong> und auf<br />

die Bedarfe des Quartiers erschlossen,<br />

unter Berücksichtigung von Lärmschutzauflagen<br />

und unterschiedlichen<br />

Interessen. Die <strong>Wiesenburg</strong> wird ein<br />

nachbarschaftlicher Ort für soziale<br />

Aktivitäten und bietet Raum zur Entwicklung<br />

zukunftsfähiger Angebote,<br />

welche die Interessen der Nutzerinnen<br />

und Nutzer sowie der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner berücksichtigen. Neben<br />

Wohnen, Kunst, Kultur und Handwerk<br />

ergänzen Sozial- und Bildungseinrichtungen<br />

das Angebot und gewährleisten<br />

eine hohe Nutzungsmischung<br />

im Bestand. Angestrebt werden<br />

Kooperationen mit den umliegenden<br />

Kultur-, Sozial-, und Bildungseinrichtungen<br />

und ein Zusammenwirken mit<br />

der benachbarten Wohnbebauung.<br />

In diesem Zusammenhang wird das<br />

ruinöse Gebäude des ehemaligen<br />

„Frauenasyls“ bezüglich der Nutzung<br />

mitbetrachtet.<br />

5 Sanierungskonzept<br />

Der Charme und das bestehende Erscheinungsbild<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> wird<br />

weitestgehend erhalten: Sie wird auch<br />

künftig ein denkmalgeschützter, historischer<br />

Ort mit kleinteiliger Mischung<br />

aus Gewerbe, Wohnen und Kultur bleiben;<br />

zudem bleiben die Möglichkeiten<br />

bestehen, Flächen gemeinschaftlich<br />

zu nutzen und gemeinsam Verantwortung<br />

für den Ort zu übernehmen. Im<br />

Sanierungskonzept wird bei der Instandsetzung<br />

der genutzten Gewerbeeinheiten<br />

behutsam, in Abstimmung<br />

mit den Bestandsnutzerinnen und<br />

-nutzer vorgegangen. Die Vorgaben<br />

aus dem Förderbescheid werden im<br />

Partizipationsverfahren und dem<br />

anschließenden Sanierungskonzept<br />

konkretisiert.<br />

6 Verhandlung einer Sanierungsvereinbarung<br />

und eines<br />

solidarischen Mieten- und<br />

Organisationsmodells<br />

Vor Start der Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen<br />

wird eine<br />

Duldungs-/Sanierungsvereinbarung<br />

zwischen <strong>degewo</strong> und den derzeitigen<br />

Nutzerinnen und Nutzer abgeschlossen.<br />

Es wird angestrebt, die<br />

Beeinträchtigung durch die Sanierung<br />

so gering wie möglich zu halten. Ein<br />

solidarisches Mietenkonzept und<br />

sozialverträgliche Mieten sowie eine<br />

Verwaltungs- und Organisationsform<br />

(ohne Neubau inklusive ehemaliges<br />

„Frauenasyl“), welche die Ziele der<br />

Gemeinschaft der Nutzerinnen und<br />

Nutzer nach einer Sanierung dauerhaft<br />

sicherstellt, werden in einem geeigneten<br />

Verfahren nach Verabschiedung<br />

des Nutzungskonzeptes erarbeitet.<br />

7 Klimaschutz, Klimaanpassung<br />

und Ressourcenschutz<br />

Die Entwicklung des Areals erfolgt<br />

unter Beachtung der Nachhaltigkeit<br />

in Bezug auf die Klimaschutzziele des<br />

Landes Berlin sowie in Hinblick auf<br />

einen schonenden Einsatz der Ressourcen.<br />

Dazu werden im Rahmen<br />

der Planung der Einsatz erneuerbarer<br />

Energien und ein nachhaltiges Konzept<br />

zum Umgang mit Regenwasser<br />

geprüft. An der Panke gelegen, sollen<br />

die Freiraumqualitäten der <strong>Wiesenburg</strong><br />

durch das Vorhaben gestärkt und<br />

weiterentwickelt werden.


24 KONTEXT<br />

INTERVIEW<br />

25<br />

Erstellung eines Nutzungskonzeptes<br />

Ziel des in dieser <strong>Broschüre</strong> beschriebenen Beteiligungsverfahrens<br />

war es, ein Nutzungskonzept für die <strong>Wiesenburg</strong> zu<br />

erstellen. Es soll die übergeordnete Entwicklungsrichtung,<br />

Teilräume, Erschließung und Durchwegung sowie den<br />

Umfang von Einzelnutzungen und Nutzungsintensitäten<br />

festschreiben. Als nächster Schritt steht die Entwicklung<br />

eines Sanierungskonzeptes an. Darin müssen die Inhalte<br />

des Nutzungskonzeptes mit den Möglichkeiten der baulichräumlichen<br />

Ebene in Einklang gebracht werden.<br />

Das heißt, es gilt zu prüfen, ob sich alle Inhalte des<br />

Nutzungskonzeptes durch die Sanierung der Bestandsbauten<br />

auch wie gewünscht umsetzen lassen oder ob man an<br />

bestimmten Stellen andere Lösungen finden muss. Ganz<br />

konkret könnte das zum Beispiel auch heißen: Wenn es an<br />

einer bestimmten Stelle aus baurechtlicher Sicht einen Notausgang<br />

oder eine Feuerwehrzufahrt braucht, müsste eine<br />

dort eigentlich vorgesehene Nutzung schlussendlich doch<br />

an einen anderen Ort verlegt werden. Gleichzeitig ist die<br />

Kostenseite zu berücksichtigen und möglicherweise eine<br />

Prioritätensetzung bei den Maßnahmen vorzunehmen.<br />

„Jetzt müssen alle<br />

genug Durchhaltevermögen<br />

beweisen“<br />

Lebendig und doch normal soll die <strong>Wiesenburg</strong><br />

sein – und dazu stadtweit Vorbild. Das war eines der<br />

Ziele von Kai Reichelt von der Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung und Wohnen.<br />

Mit der Entwicklung eines Nutzungskonzeptes mussten viele Themen zwischen den Akteurinnen und Akteuren<br />

verhandelt werden. Welche Nutzungen finden auf der <strong>Wiesenburg</strong> künftig Raum?<br />

„Durch die Mittel aus der Städtebauförderung<br />

kommen Projekte wie die <strong>Wiesenburg</strong> jetzt in<br />

die glückliche Lage, Geld für die Sanierung zu<br />

haben. Sonst wäre die Herausforderung – egal<br />

für welchen Eigentümer – zu groß. “<br />

Frieder Rock, Eine für Alle eG<br />

Wie haben Sie die <strong>Wiesenburg</strong><br />

„kennengelernt“?<br />

Zuerst einmal von der S-Bahn aus.<br />

Unglaublich, dachte ich immer, dass es<br />

im Westteil der Stadt noch ein Gelände<br />

in so einem Zustand gibt! Im Prinzip<br />

ist es bis dato ja nur ein kleiner Kreis<br />

von Interessierten, der die <strong>Wiesenburg</strong><br />

kennt – obwohl sie ein beeindruckendes<br />

sozialhistorisches Zeugnis der<br />

Kaiserzeit ist.<br />

Dass es vor der eigentlichen Sanierungsplanung<br />

ein Beteiligungsverfahren<br />

geben würde, war schon mit<br />

dem Zuwendungsantrag klar. Wie<br />

haben sie das Verfahren erlebt?<br />

Die erste Phase, bei der es um die<br />

grundsätzlichen Ziele und Verständigungen<br />

ging und die in der Kooperationsvereinbarung<br />

mündete, empfand<br />

ich sehr produktiv und motivierend.<br />

Kompliziert war dagegen die letzte<br />

Phase, wo zur beabsichtigten geordne-<br />

Kai Reichelt<br />

Städtebauförderung/Stadterneuerung,<br />

Senatsverwaltung für<br />

Stadtentwicklung und Wohnen<br />

ist als Stadtplaner seit 2020 von Seiten<br />

des Zuwendungsgebers für die <strong>Wiesenburg</strong><br />

verantwortlich und hat dabei die<br />

übergeordneten Ziele der Stadtentwicklung<br />

Berlins im Hinterkopf.<br />

ten Öffnung des Areals konsensfähige<br />

Lösungen gefunden werden mussten.<br />

Hier war aber allen bewusst, dass<br />

die Förderung an Voraussetzungen<br />

geknüpft ist. Ohne diesen Druck, wirklich<br />

etwas erreichen zu müssen, wären<br />

wir wohl nicht zu einem Ergebnis gekommen.<br />

Gab es etwas, das Sie besonders<br />

beeindruckt hat?<br />

Trotz unterschiedlicher Positionen war<br />

die Haltung aller Beteiligten immer<br />

eine pragmatische. Man hat sich nicht<br />

in Formalien verloren.<br />

Was ist für Sie – neben dem Nutzungskonzept<br />

– das beste Ergebnis?<br />

Für mich ist am Ende entscheidend,<br />

dass das Projekt auf Kurs bleibt und<br />

<strong>degewo</strong> und der Verein konstruktiv<br />

und vertrauensvoll zusammenarbeiten.<br />

Dazu konnte auch die Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung und<br />

Wohnen beitragen, indem sie dem Verein<br />

eine unabhängige Beratung durch<br />

Frieder Rock von der Eine-für-alle eG<br />

ermöglichte.<br />

Welche Hürden gilt es aus Ihrer Sicht<br />

in der nächsten Zeit zu überwinden?<br />

Nun ja, sagen wir mal, ich bin gespannt,<br />

wie es mit der Sanierungsplanung<br />

ganz konkret weitergeht.<br />

Was passiert zum Beispiel, wenn eine<br />

Gewerbeeinheit verloren geht, weil<br />

an genau der Stelle ein Rettungsweg<br />

notwendig wird? Ich hoffe, dass dann<br />

alle genug Durchhaltevermögen beweisen.<br />

Und dann wird spannend, was<br />

der Bezug des Neubaus mit dem Areal<br />

macht. Wie wird sich die neue Nachbarschaft<br />

mit den vorhandenen und<br />

geplanten Nutzungen auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

arrangieren?<br />

Wie sieht die sanierte <strong>Wiesenburg</strong><br />

in Ihrer Vorstellung aus?<br />

Es ist ein lebendiger und irgendwie<br />

normal gebliebener Ort. Das Highlight<br />

ist die rekonstruierte Sammelhalle. Das<br />

Areal wirkt zugleich nicht wie in einem<br />

Zug durchsaniert, sondern bietet<br />

weiterhin Patina unterschiedlicher<br />

Epochen, unfertig oder provisorisch<br />

wirkende Abschnitte und grüne Oasen.<br />

Insgesamt ist viel vom heutigem<br />

Charme erhalten.<br />

Und worauf freuen Sie sich in<br />

der sanierten <strong>Wiesenburg</strong>?<br />

Auf die Sammelhalle, weil das Ensemble<br />

dann wieder besser erfahrbar ist und<br />

eine Logik bekommt. Zudem wird man<br />

dort etwas über die Geschichte des<br />

Ortes erfahren und es gibt vielfältige<br />

Veranstaltungen. Da würd' ich dann<br />

sicher auch privat mal vorbeischauen.


26 KONTEXT EIN AREAL – UND VIELE ANFORDERUNGEN<br />

27<br />

Ein Areal – und viele<br />

Anforderungen<br />

Bezirksregion<br />

Bezirksregion<br />

Gesundbrunnen<br />

Zentrum<br />

Landschaftsplan<br />

III-L-4 Panke Süd<br />

Wo es in Berlin noch Flächenpotenziale für eine<br />

Entwicklung gibt, treffen viele unterschiedliche<br />

Bedürfnisse und Interessen aufeinander – da macht<br />

auch die <strong>Wiesenburg</strong> keine Ausnahme.<br />

Vorbereitende<br />

Untersuchungen<br />

Mitte – Böttgerstraßenviertel<br />

Kolberger Straße<br />

Panke<br />

<strong>Wiesenburg</strong><br />

Neubau<br />

Luftaufnahme der <strong>Wiesenburg</strong> aus dem Jahr 2019. Die Bauarbeiten für den Neubau haben im April 2019 begonnen.<br />

Wiesenstraße<br />

<strong>Wiesenburg</strong><br />

S-Bahn Ring<br />

Bestand<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> weiterzudenken bedeutet auch,<br />

sich in einem Spannungsfeld zu positionieren,<br />

das sich im Wesentlichen aus drei Eckpunkten<br />

aufspannt. Da ist zum einen der Wunsch, das<br />

historische Ensemble – und damit einen kultur- und sozialgeschichtlichen<br />

Wert für Berlin – zu erhalten. Zum zweiten<br />

bedeutet dieser Ort jeder einzelnen Nutzerin, jedem<br />

einzelnen Nutzer etwas – sei es nun wirtschaftlich, sozial<br />

oder kulturell – oder auch alles zusammen. Drittens bietet<br />

der Ort im dicht bebauten Böttgerstraßenviertel noch Entwicklungspotenzial<br />

und damit potentiell Raum für dringend<br />

benötigte Nutzungen – nicht nur für Wohnungen, sondern<br />

auch für gut gestalteten Frei- und Sozialraum, für Gewerbeund<br />

Kulturflächen. Die <strong>Wiesenburg</strong> rückt damit als eine von<br />

wenigen noch verbliebenen verwunschenen Oasen in den<br />

Fokus der Stadtentwicklung, die wie überall in der Berliner<br />

Innenstadt auch hier großem Druck unterliegt.


28 KONTEXT<br />

EIN AREAL – UND VIELE ANFORDERUNGEN<br />

29<br />

Einordnung in die Berliner<br />

Stadtentwicklungsplanung<br />

Obwohl die <strong>Wiesenburg</strong> als Mikrostandort mit rund 12 Hektar eine für<br />

Berlin vergleichsweise kleine Fläche umfasst, hängt ihre künftige Entwicklung<br />

doch von vielen weiteren lokalen und übergeordneten Planungen<br />

ab und ist damit verknüpft. Diese Abhängigkeiten und Bezüge sollen<br />

nachfolgend erklärt werden.<br />

Landschaftsplan<br />

bezeichnet ein Planungsinstrument<br />

der<br />

öffentlichen Verwaltung.<br />

Er legt innerhalb<br />

eines bestimmten<br />

Bereiches der Stadt fest,<br />

wie Natur und Landschaft<br />

hier gesichert<br />

und verbessert werden<br />

können. Er definiert den<br />

Umgang mit Grün- und<br />

Freiflächen, Flora und<br />

Fauna sowie von Wegeverbindungen<br />

zwischen<br />

bestimmten Bereichen<br />

in der Stadt. 7<br />

Mikrostandort<br />

beschreibt, wie sich ein<br />

Standort hinsichtlich<br />

seiner Lage, Umgebung<br />

und Bedeutung in den<br />

Kontext der Stadtentwicklung<br />

einfügt. Auf<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> werden<br />

übergeordnete Ziele<br />

der städtischen Entwicklung<br />

(z.B. kulturelle<br />

Bildung) auf lokaler<br />

Ebene umgesetzt.<br />

Nachverdichtung<br />

bezeichnet eine Methode,<br />

um in Städten<br />

mehr Raum zu schaffen.<br />

Dafür wird vorrangig<br />

versucht, dort neu<br />

zu bauen, wo bereits<br />

Gebäude stehen. So<br />

werden Brachflächen<br />

oder Hinterhöfe bebaut<br />

oder auch Gebäude<br />

aufgestockt. Diese Herangehensweise<br />

gilt als<br />

besonders nachhaltig,<br />

denn so wird zum Beispiel<br />

die Versiegelung<br />

von weiteren Flächen<br />

an den Rändern der<br />

Stadt vermieden. 6<br />

1 Kulturpolitische Dimension<br />

Im Koalitionsvertrag der Legislaturperiode<br />

2016-2021 wurde festgelegt, dass es das Ziel<br />

der Stadt- und Kulturpolitik ist, bezahlbare<br />

Räume für Kultur- und Kreativwirtschaft in<br />

zentraler Lage zu erhalten und weiterzuentwickeln.<br />

Diese Strategie wird mehr und mehr<br />

in die übergeordneten Planungen überführt<br />

und zeigt sich jüngst in der Entwicklung unterschiedlicher<br />

Kulturstandorte, wie der Alten<br />

Münze, dem Dragonerareal oder der Revitalisierung<br />

des Haus der Statistik.<br />

2 Bestandsentwicklung<br />

In der BerlinStrategie – dem aktuellen Stadtentwicklungskonzept<br />

Berlins, das die mittel- und<br />

langfristigen Entwicklungsperspektiven der<br />

Stadt bis 2030 aufzeigt – stellt die Weiterentwicklung<br />

von bereits bestehenden Gebäuden<br />

oder Arealen einen wichtigen Aspekt dar. Im<br />

Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung soll<br />

das Stadtwachstum zu großen Teilen durch die<br />

Weiterentwicklung und Nachverdichtung des<br />

Bestandes aufgenommen werden: Der vorhandene<br />

Baubestand, die bereits gut entwickelten<br />

Stadträume in der inneren und in der äußeren<br />

Stadt werden effizienter genutzt, d.h. mit Augenmaß<br />

verdichtet und qualitativ aufgewertet.<br />

Ziel ist es, den Bestand konsequent stadt- und<br />

Der gegenüberliegende<br />

Pankewanderweg ist Teil<br />

des Landschaftsplans<br />

und verläuft entlang der<br />

Panke bis an die Berliner<br />

Stadtgrenze<br />

sozialverträglich weiterzuentwickeln. Diese<br />

Ziele der Stadtentwicklung werden von den<br />

Akteurinnen und Akteuren des Verfahrens mit<br />

der behutsamen Sanierung und Entwicklung<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> umgesetzt.<br />

3 Wohnraumversorgung<br />

Auch die Wohnraumversorgung ist erklärtes<br />

und notwendiges Ziel der Berliner Stadtentwicklungspolitik.<br />

Ebenfalls im Koalitionsvertrag<br />

2016-2021 verankert, wird sie als konkrete<br />

Handlungsanweisung maßgeblich an die städtischen<br />

Wohnungsunternehmen herangetragen.<br />

Mit dem Neubau auf dem südlichen Geländeteil<br />

hat <strong>degewo</strong> das Ziel bereits umgesetzt, indem<br />

bis Sommer 2021 insgesamt 102 neue und bezahlbare<br />

Wohnungen entstehen. In allen wichtigen<br />

politischen Leitlinien und übergeordneten<br />

Planungen (zum Beispiel Flächennutzungsplan,<br />

Bereichsentwicklungsplanung BEP 2004 und<br />

Baunutzungsplan) wird die Wohnnutzung auf<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> als Entwicklungsziel hervorgehoben.<br />

Dennoch gilt es, auf einem Gelände<br />

wie der <strong>Wiesenburg</strong>, wo Wohnen und Gewerbe<br />

dicht nebeneinander liegen, einiges zu beachten<br />

– so zum Beispiel störende Faktoren wie<br />

Lärm- und Geruchsemmissionen oder auch die<br />

Betriebszeiten der jeweiligen Gewerbetreibenden.<br />

Die Art und das Maß der Gewerbenutzungen<br />

ist hierbei mit dem Bezirk abzuklären.<br />

4 Landschafts- und Naturraumentwicklung<br />

Auch die Landschaftsplanung des Bezirkes Mitte<br />

stellt Anforderungen an die Entwicklung der<br />

<strong>Wiesenburg</strong>, die im Geltungsbereich des bislang<br />

nicht festgesetzten Landschaftsplanes III-L-4<br />

Panke-Süd liegt. Unter „nicht festgesetzt“ ist zu<br />

verstehen, dass der Plan noch nicht politisch beschlossen<br />

ist und sich in der Revision befindet.<br />

So war die Beteiligung von Ämtern, Fachplanerinnen<br />

und -planern sowie Organisation mit<br />

öffentlichem Auftrag (fachsprachlich als Träger<br />

öffentlicher Belange definiert) als das Nutzungskonzept<br />

erstellt wurde, noch nicht abgeschlossen<br />

– es steht also nicht endgültig fest, wie der<br />

Landschaftsplan im Detail aussehen wird.<br />

5 Vorbereitende Untersuchungen<br />

Mitte - Böttgerstraßenviertel<br />

Das umliegende Böttgerstraßenviertel ist durch<br />

die Kunst- und Kreativszene geprägt und der<br />

Druck, mehr Wohnraum zu bauen, nimmt auch<br />

hier zu. Daher soll die künftige Entwicklung<br />

des Quartiers durch die Festlegung als Sanierungsgebiet<br />

stärker gesteuert werden. Hierfür<br />

werden derzeit vorbereitende Untersuchungen<br />

durchgeführt. Zentrale Themen des Konzeptes<br />

für das Sanierungsgebiet sind erstens die<br />

bessere Vernetzung, zweitens, zusammenhängende<br />

Grünräume zu schaffen und drittens, ein<br />

möglichst barrierefreies Quartier zu entwickeln.<br />

6 Denkmalschutz<br />

Für die konkrete Sanierung wird derzeit eine<br />

aktuelle denkmalfachliche Bewertung erarbeitet,<br />

um den denkmalpflegerischen Bedarf<br />

der bestehenden Gebäude zu beurteilen. In<br />

einem zweiten Schritt gilt es, das Konzept für<br />

die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong> mit den Denkmalschutzbehörden<br />

abzustimmen und alle<br />

notwendigen Sanierungsgenehmigungen<br />

einzuholen.<br />

Die dargestellten Rahmenbedingungen zeigen<br />

es: Für die Entwicklung und Sanierung der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> gibt es unterschiedliche Vorgaben,<br />

Interessen und Planungen, die beachtet werden<br />

müssen – sie alle setzen den Rahmen für<br />

eine äußerst komplexe Aufgabe. Das zeigte sich<br />

bereits im kooperativen Verfahren, wo insbesondere<br />

die Planungen des Bezirkes Mitte sehr<br />

kontroverse Sichtweisen auf den Ort und weitgreifende<br />

Diskussionen auslösten. Dennoch: In<br />

den Debatten zur zukünftigen Entwicklung der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> wurden wichtige Impulse gesetzt<br />

und schließlich ein gemeinsames Ergebnis erzielt;<br />

eine Art „kleinster gemeinsamer Nenner“,<br />

der für die weiteren Schritte als Fundament<br />

dienen wird.<br />

Sanierungsgebiet<br />

bezeichnet einen Bereich<br />

in der Stadt, in<br />

dem es z.B. bezüglich<br />

Wohnen, Arbeiten und<br />

soziale Infrastruktur<br />

Entwicklungsbedarf<br />

gibt. Letzterer wird in<br />

vorbereitenden Untersuchungen<br />

(VU) formell<br />

festgestellt; unter Mitwirkung<br />

unterschiedlicher<br />

lokaler Interessensgruppen.<br />

Bei großem<br />

Entwicklungsrückstand<br />

wird offiziell der Status<br />

als Sanierungsgebiet<br />

erteilt, der Zugang zu<br />

Fördermitteln aus der<br />

Städtebauförderung<br />

des Bundes schafft. 8<br />

Denkmalpflegerische<br />

Bewertung<br />

ist ein unabhängiges<br />

Gutachten, das die Behörden<br />

verlangen, um<br />

Umbauten oder Sanierungen<br />

an einem Denkmal<br />

zu genehmigen.<br />

Es stellt sicher, dass die<br />

schützenswerten Elemente<br />

eines Denkmals<br />

erhalten bleiben. Dafür<br />

werden alle Räume und<br />

Details des Denkmals<br />

genau dokumentiert<br />

und beschrieben – zum<br />

Beispiel besondere<br />

Fenster oder Türen.<br />

6 Vgl. Redaktion Baunetz Wissen (2021) 7 Vgl. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (o.J.) 8 Vgl. Bezirk Berlin-Mitte (o.J.)


SCHRITT FÜR SCHRITT<br />

31<br />

2<br />

KOOPERATIVES<br />

VERFAHREN<br />

Schritt für Schritt.<br />

Gut organisiert.<br />

Und gut geplant.<br />

Viele Menschen engagieren sich für die <strong>Wiesenburg</strong> –<br />

und auch die öffentliche Verwaltung weiß um ihren Wert.<br />

Deshalb war klar: Für ein Ergebnis, das später alle mittragen,<br />

müssen vorher alle ins Boot geholt werden.<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> in das nächste Kapitel ihrer<br />

Geschichte zu führen – das heißt, viele Wünsche,<br />

Ideen und Ziele unter einen Hut zu bringen.<br />

Und zwar auf Augenhöhe.<br />

Vor allem der Eigentümerin und dem<br />

Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ war<br />

seit langem klar, dass ein Konzept<br />

für die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />

nur mit einem partizipativen Entwicklungsansatz<br />

erfolgreich sein kann – nicht nur, weil das<br />

Gelände so eine große historische Bedeutung<br />

hat und für ihr Quartier identitätsstiftend ist,<br />

sondern auch, weil es viel zivilgesellschaftliches<br />

Engagement für das Ensemble gibt. Deshalb<br />

war es unverzichtbar, alle relevanten Beteiligten<br />

in die Erarbeitung des Nutzungskonzeptes<br />

einzubeziehen und ihre verschiedenen Vorstellungen,<br />

Bedürfnisse und Ideen für die Entwicklung<br />

zu diskutieren und zusammenzubringen.<br />

"Eine Kunst fand ich, wie man hier<br />

ganz unterschiedliche und schwierige<br />

Vorstellungen unter einen Hut<br />

gebracht hat. Sodass ich als Mieterrat<br />

– im Namen der Mieter – zufrieden<br />

bin. Den gefundenen Kompromiss<br />

halte ich für einen guten – für alle<br />

Beteiligten.“<br />

Andreas Becker, <strong>degewo</strong> Mieterrat<br />

30


32 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />

SCHRITT FÜR SCHRITT<br />

33<br />

Arbeitsebenen und -schritte<br />

Der Arbeitsprozess wurde im Auftrag der Eigentümerin <strong>degewo</strong> und<br />

dem Berliner Planungs- und Beteiligungsbüro Urban Catalyst koordiniert<br />

und durchgeführt. Urban Catalyst begleitete den Prozess auf drei<br />

Ebenen: Einer Koordinations-, einer Beteiligungs- und einer Konzeptebene<br />

und sorgte für das optimale Zusammenwirken aller drei Ebenen.<br />

Beteiligung<br />

Zuwendungsbescheid<br />

Nationale Projekte<br />

des Städtebaus<br />

Angepasstes Vorgehen &<br />

Rückfragen<br />

22. April<br />

digital<br />

KOOPERATIONS-<br />

VEREINBARUNG<br />

WORKSHOP-<br />

VERANSTALTUNGEN<br />

Enwurf<br />

bis 7. Mai<br />

KoopV<br />

Rückfragen, finale<br />

?!<br />

Anmerkungen bilateral<br />

Kooperationsvereinbarung<br />

(19. Mai 2020)<br />

Nutzungen in<br />

Gebäuden und<br />

Freiraum<br />

(3. Juni 2020)<br />

Nutzungsszenarien<br />

(1. Juli 2020)<br />

Nutzungskonzept<br />

(18. August 2020)<br />

Koordinationsebene<br />

Auf der Koordinationsebene wurde der<br />

Gesamtprozess gesteuert. In Abstimmung<br />

mit <strong>degewo</strong> koordinierte Urban<br />

Catalyst Abläufe und Termine sowie<br />

die Kommunikation der Prozessbeteiligten<br />

untereinander. Dabei wurde<br />

die inhaltliche Abstimmung Schritt für<br />

Schritt an die Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner übertragen, sodass<br />

sich eine kooperative Entscheidungskultur<br />

entwickeln konnte.<br />

Räumliche<br />

Öffnung und<br />

Anbindung<br />

(7. Oktober 2020)<br />

Beteiligungsebnen<br />

Auf der Beteiligungsebene fanden insgesamt<br />

fünf Workshops sowie Videokonferenzen<br />

und weitere Veranstaltungen<br />

statt. Bevor die inhaltliche Arbeit<br />

in Workshops zu den städtebaulichen,<br />

kulturellen und sozialen Qualitäten der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> starten konnte, einigten<br />

sich die Kernakteurinnen und -akteure<br />

in einer entsprechenden Vereinbarung<br />

auf ein gemeinsames Kooperationsverständnis<br />

(siehe Kapitel Kooperationsvereinbarung).<br />

Aufgrund der Corona-<br />

Pandemie fanden die Veranstaltungen<br />

teilweise digital statt – oder auch unter<br />

Einhaltung der Hygieneregeln im<br />

Freien.<br />

Workshop I Workshop II Workshop III Workshop IV Workshop V<br />

Verabschiedung<br />

Nutzungskonzept<br />

Ausstellung<br />

Finaler Versand<br />

KoopV<br />

(01. Dezember 2020)<br />

Einstieg<br />

Hochbauplanungsbüro<br />

konkrete Planungen<br />

Videokonferenz<br />

Finale Abstimmung<br />

(18. November 2020)<br />

Übergabe<br />

Nutzungskonzept<br />

an die Sanierungsplanung<br />

(Dezember)<br />

Einstieg<br />

Landschaftsarchiktekurbüro<br />

Nutzungskonzept<br />

<strong>Wiesenburg</strong><br />

Meilensteinausstellung<br />

(Frühjahr 2021)<br />

Konzeptebene<br />

Die Konzeptebene hatte zum Ziel, ein<br />

Konzept für die künftige Nutzungsmischung<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> zu entwickeln,<br />

das den kommenden Sanierungsprozess<br />

vorbereitet. Um auch künftig<br />

Bestand zu haben, musste es von allen<br />

Partnerinnen und Partnern akzeptiert<br />

und beschlossen werden. Die Inhalte<br />

aus den Workshops und weiteren<br />

Terminen wurden in Protokollen dokumentiert<br />

und abgestimmt. Mit dieser<br />

inhaltlichen Vor- und Nachbereitung<br />

sowie dem Veranschaulichen und<br />

Zusammenführen der Inhalte – zum<br />

Beispiel in Form von Plänen des Areals<br />

– wurde mit dem Nutzungskonzept<br />

ein Grundgerüst für die Sanierung erstellt.<br />

Das Nutzungskonzept wurde in<br />

einer virtuellen, aber dennoch feierlichen<br />

Zusammenkunft beschlossen,<br />

in der alle Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner dem Konzept endgültig<br />

zustimmten. Den letzten Schritt der<br />

Vereinbarung markiert die Beteiligung<br />

der Öffentlichkeit, die aufgrund der<br />

Einschränkungen der Corona-Pandemie<br />

als Open-Air-Ausstellung auf der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> stattfindet.<br />

Konzept<br />

Koordination<br />

Abstimmungen mit Moderation, <strong>degewo</strong> und Kooperationspartnerinnen und -partnern<br />

Zeit Januar 2020 Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Frühjahr 2021<br />

Der Prozess zur Erstellung<br />

des Nutzungskonzeptes<br />

gliederte<br />

sich in eine Vielzahl<br />

an Workshops und<br />

weiteren Terminen.


34 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />

KOOPERIEREN – UND ZWAR RICHTIG!<br />

35<br />

Kooperieren –<br />

und zwar richtig!<br />

Dass es zwischen den einzelnen Akteurinnen und<br />

Akteuren zu einer echten Zusammenarbeit kam, war<br />

nicht selbstverständlich. Um das zu erreichen, waren viel<br />

Engagement und Kraft nötig.<br />

Interessierte<br />

Öffentlichkeit<br />

Anwohnerinnen<br />

und Anwohner<br />

Öffentlichkeit<br />

Bezirk Mitte<br />

verschiedene Fachrichtungen<br />

Zukünftige Nutzende<br />

und Bewohnende<br />

<strong>degewo</strong> Mieterrat<br />

Workshopteilnehmende<br />

Bezirk Mitte<br />

Abteilung Stadtentwicklung,<br />

Soziales und Gesundheit<br />

Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner<br />

Im kooperativen Verfahren spielte die Vielfalt<br />

der Beteiligten eine entscheidende<br />

Rolle. Denn die <strong>Wiesenburg</strong> soll künftig<br />

vielen Bedürfnissen gerecht werden: Hier<br />

soll dringend benötigter neuer Wohnraum<br />

entstehen, die historischen Gebäude sollen<br />

instandgesetzt und erhalten werden und auch<br />

die kulturelle Nutzung soll weiterhin möglich<br />

sein. In die künftige Entwicklung des Geländes<br />

setzen nicht nur die Bestandsnutzerinnen<br />

und -nutzer viele Hoffnungen, sondern auch<br />

der Bezirk Mitte und die Senatsverwaltung für<br />

Stadtentwicklung und Wohnen.<br />

„Die Kooperationsvereinbarung war<br />

unverzichtbar. Das zeigt sich schon<br />

daran, dass wir alle hin und wieder<br />

an ihre Inhalte erinnern mussten.“<br />

Anna Bernegg, Urban Catalyst GmbH<br />

Für Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers<br />

oder Kulturschaffende, Künstlerinnen und<br />

Künstler, aber auch Menschen, die dringend<br />

bezahlbaren Wohnraum benötigen – für sie<br />

alle hat die <strong>Wiesenburg</strong> noch Potenzial. Künftig<br />

könnte sie Platz für neue Nutzungen bieten.<br />

Viele Menschen wünschen sich, dass sie auf<br />

Arealen wie der <strong>Wiesenburg</strong> Raum für ihre Bedürfnisse<br />

finden.<br />

Die Kooperationspartnerinnen und -partner<br />

Für die Entwicklung eines Nutzungskonzeptes<br />

wurden im Vorfeld verschiedene Akteurinnen<br />

und Akteure identifiziert, deren Ziele und Bedürfnisse<br />

einen Einfluss auf die Zukunft der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> haben. Für jede Gruppe wurden<br />

anschließend geeignete Stellvertreterinnen<br />

und Stellvertreter benannt und im Beteiligungsprozess<br />

zusammengebracht. Die fünf<br />

wichtigsten Akteurinnen und Akteure in Bezug<br />

auf die <strong>Wiesenburg</strong> haben sich als Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner für das Nutzungskonzept<br />

engagiert und als legitimierte<br />

Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichen<br />

Interessensgruppen agiert.<br />

Nutzende und Bewohnende<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V. + Berater<br />

Verfahrensbetreuung<br />

Urban Catalyst GmbH<br />

Kommunikation/<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

<strong>degewo</strong><br />

<strong>degewo</strong><br />

Eigentümerin,<br />

Projektträgerin<br />

Senatsverwaltung für<br />

Stadtentwicklung und Wohnen<br />

Referat IV C Städtebauförderung<br />

Nachbarschaft<br />

Quartiersmanagemet<br />

Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />

Planerinnen und Planer,<br />

Projektsteuerung Sanierung<br />

Am Prozess zur Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong> ist eine Vielzahl an unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren beteiligt.<br />

BBR/BBSR<br />

als Vertreter des<br />

Bundesministeriums<br />

des Innern, für Bau<br />

und Heimat


36 KOOPERATIVES VERFAHREN INTERVIEW<br />

37<br />

Integrierte<br />

Gebietsentwicklung<br />

betrachtet bei der<br />

Planungsarbeit verschiedene<br />

Themen wie<br />

Mobilität, Freiraum oder<br />

Wohnen im gegenseitigen<br />

Zusammenhang.<br />

Unter anderem wird<br />

versucht, Synergien zu<br />

schaffen. Ein Beispiel<br />

sind Freiräume, die<br />

zum einen Aufenthaltsqualitäten<br />

bieten, zum<br />

anderen aber auch eine<br />

Kühlfunktion für das<br />

Stadtklima.<br />

<strong>degewo</strong> Nord Wohnungsbaugesellschaft mbH<br />

nimmt als Eigentümerin des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals<br />

die Rolle der Projektträgerin im Entwicklungsprozess<br />

ein. Sie ist Maßnahmenträgerin und<br />

erhält die Zuwendungen aus dem Fördermittelprojekt.<br />

Damit beauftragt sie Dritte – zum<br />

Beispiel Beteiligungs-, Architektur- oder Projektsteuerungsbüros<br />

– das Vorhaben zu planen<br />

und umzusetzen sowie das gesamte Projekt zu<br />

steuern und zu überwachen.<br />

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und<br />

Wohnen, Referat IV C Städtebauförderung/<br />

Stadterneuerung hat eine Vermittlungsfunktion<br />

für die Bundes- sowie Landesmittel. Sie<br />

erhält die Gelder vom Fördermittelgeber, dem<br />

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung<br />

(BBR) und reicht sie an die Projektträgerin<br />

<strong>degewo</strong> Nord Wohnungsbaugesellschaft mbH<br />

weiter. Dabei übt sie auch eine Kontrollfunktion<br />

aus. Sie muss sicherstellen, dass die Förderziele<br />

sowie der besondere Qualitätsanspruch<br />

des Bundesprogramms „Nationale Projekte<br />

des Städtebaus“ eingehalten werden. Das<br />

Programm zeichnet sich durch seinen besonderen<br />

Qualitätsanspruch ("Premiumqualität")<br />

aus – nicht nur hinsichtlich des städtebaulichen<br />

Ansatzes oder der baukulturellen Aspekte,<br />

sondern auch in Bezug auf die Qualität der Beteiligungsprozesse<br />

und die hohen Investitionskosten.<br />

Bezirk Mitte, Abteilung Stadtentwicklung,<br />

Soziales und Gesundheit unterstützt die<br />

Ziele des Vorhabens, das <strong>Wiesenburg</strong>-Areal im<br />

Sinne einer integrierten Gebietsentwicklung<br />

städtebaulich weiter zu entwickeln. Er begleitet<br />

das Verfahren und hat dabei besonders die Entwicklung<br />

des Bezirkes im Blick. Auch geht es<br />

darum, beständig die unterschiedlichen Interessen<br />

und Rahmenbedingungen abzuwägen.<br />

Bei Bedarf stellen die Prozessbeteiligten des<br />

Bezirkes Kontakte zu den betreffenden Ämtern<br />

anderer Fachbereiche her und unterstützen<br />

damit den kontinuierlichen Projektfortschritt.<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V. vertritt die heutigen<br />

Nutzerinnen und Nutzer sowie die Bewohnerinnen<br />

und Bewohner im Verfahren. Von allen<br />

Mitgliedern des Vereins per Abstimmung dazu<br />

berechtigt, entwickeln die abgeordneten Mitglieder<br />

gemeinsam mit den anderen<br />

Akteurinnen und Akteuren das Nutzungskonzept<br />

mit. Im Rahmen einer Sanierungspartnerschaft<br />

(siehe S. 48) ist der Verein gemeinsam<br />

mit der Eigentümerin zu Sanierungskonzept,<br />

Sanierungsvereinbarungen sowie einem Mieten-<br />

und Organisationsmodell kontinuierlich<br />

im Austausch.<br />

Quartiersmanagement Reinickendorfer<br />

Straße/Pankstraße (Träger L.I.S.T. GmbH)<br />

vertritt die Nachbarschaft und bringt seine<br />

Netzwerke in das Verfahren ein. Wichtigstes Kriterium<br />

für das Quartiersmanagement ist, ob die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> künftig als Ort für Nachbarschaft,<br />

Bildung und Kultur fungieren kann und damit<br />

den Bedürfnissen der Quartiersbewohnerinnen<br />

und -bewohner gerecht wird. Zudem stellt das<br />

Quartiersmanagement sicher, dass die <strong>Wiesenburg</strong><br />

künftig stärker für die Nachbarschaft<br />

geöffnet wird und sieht sich mitverantwortlich<br />

für die Anschlussstellen.<br />

Um für das Nutzungskonzept von zusätzlichem<br />

Wissen zum Quartier und zu bestimmten Fachthemen<br />

zu profitieren, wurden für die Workshops<br />

weitere Beteiligte eingeladen.<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

Zukünftige Nutzerinnen und Nutzer<br />

sowie Bewohnerinnen und Bewohner<br />

(z.B. vom Mieterrat der <strong>degewo</strong>, Initiativen,<br />

Vereine und Unternehmen)<br />

Expertinnen und Experten, die dank<br />

einem anderen Hintergrund oder einer<br />

besonderen Expertise Inputs geben<br />

können (z.B. Landschaftsplanung,<br />

Architektur)<br />

begleitend dazu kamen auch Vertreterinnen<br />

und Vertreter des Bundesamts<br />

für Bauwesen und Raumordnung als<br />

Vertreterin des Fördermittelgebers<br />

Bundesministerium des Innern, für Bau<br />

und Heimat (BMI) im Bundesprogramm<br />

„Nationale Projekte des Städtebaus“ zu<br />

den Workshops dazu<br />

„Das Nutzungskonzept<br />

selbst war eigentlich<br />

kein Problem“<br />

Dass Anna Bernegg vom Büro Urban Catalyst als<br />

neutrale Moderatorin aktiv werden musste, war so<br />

nicht geplant. Sie stellte gegenseitigen Respekt<br />

und Zielorientierung in den Fokus.<br />

Wie sind Sie in die Rolle der<br />

neutralen Moderation gekommen?<br />

Wir haben schon im Vorfeld gewusst,<br />

dass wir hier in ein laufendes Verfahren<br />

einsteigen – die Beteiligten<br />

hatten schon eine lange Geschichte<br />

miteinander, aber nicht den gleichen<br />

Kenntnisstand. Dass zum Beispiel<br />

nicht abschließend geklärt war, über<br />

welche Zugänge der Neubau erreichbar<br />

sein wird, hat den Verein total<br />

überrascht. Deshalb kam es am Anfang<br />

zu Konfrontationen. Wir mussten den<br />

ursprünglich geplanten Ablauf überdenken<br />

und haben mit den Beteiligten<br />

eine Kooperationsvereinbarung<br />

erarbeitet, die ein gemeinsames,<br />

inhaltliches Arbeiten möglich machte.<br />

Auf Wunsch aller Beteiligten haben<br />

wir für uns darin die Rolle als neutrale<br />

Moderation entwickelt.<br />

Sie organisieren viele Beteiligungsverfahren<br />

– worin unterschied sich<br />

dieses zu anderen?<br />

Es gab hier viel Intensität und Emotionalität;<br />

da waren starke Haltungen<br />

im Spiel, die sehr konsequent vertreten<br />

wurden. Am Anfang hatte ich mehrfach<br />

das Gefühl, dass hier gleich was<br />

explodieren könnte.<br />

Durch die feierliche Unterzeichnung<br />

der Kooperationsvereinbarung haben<br />

wir dann zum Glück eine große Verbindlichkeit<br />

erreicht – an die wir im<br />

Laufe des Verfahrens aber immer wieder<br />

erinnern mussten.<br />

Welcher Punkt stellte sich als<br />

der komplizierteste heraus?<br />

Eindeutig die Frage nach der Anbindung<br />

und Erschließung – daran hatten<br />

die Akteure aus Verwaltung und Quartiersmanagement<br />

großes Interesse.<br />

Wo ist der Haupteingang? Wer darf da<br />

durch? Wo sind Zäune, wo sind Tore?<br />

Ziel war ebenfalls, die verwunschenen<br />

Ecken und damit auch den Charakter<br />

des Ortes zu erhalten. Die Eigentümerin<br />

war daran interessiert, das Gelände<br />

sicher zu machen und ein gutes Wohnumfeld<br />

für die Mieterinnen und Mieter<br />

zu schaffen. Dem Verein war es aber<br />

wichtig, nicht alle Bereiche in gleichem<br />

Maße zu öffnen – das passte auch gut<br />

zur kulturpolitischen Dimension des<br />

Areals. Denn mit dem Ensemble sollen<br />

auch bezahlbare Flächen für Kunst und<br />

Kultur erhalten bleiben. Das Nutzungskonzept<br />

selbst, also die Entscheidung,<br />

Anna Bernegg<br />

Gesellschafterin<br />

bei Urban Catalyst GmbH<br />

studierte Landschaftsarchitektur und<br />

Urban Design. Sie steuert bei Urban<br />

Catalyst komplexe Stadtentwicklungsprozesse<br />

und sorgt für umsetzbare<br />

Lösungen.<br />

wo welche Nutzungen wie stattfinden,<br />

wurden nicht so kontrovers diskutiert.<br />

Wieso ist das ein Widerspruch?<br />

Die Frage ist: Wieviel Rückzug braucht<br />

Kreativität? Wieviel Störung verträgt<br />

sie? Dass wir jetzt ein unterschriebenes<br />

Nutzungskonzept haben, war nicht<br />

selbstverständlich. Die Frage nach der<br />

Erschließung und Durchwegung hätte<br />

das Verfahren beinahe zum Scheitern<br />

gebracht. Mit dem Nutzungskonzept<br />

haben wir jetzt den kleinsten gemeinsamen<br />

Nenner festgehalten, der<br />

erreichbar war: Es wird Testphasen für<br />

eine behutsamen Öffnung geben –<br />

und dann bewertet man nochmal neu.<br />

Was wünschen Sie sich für<br />

die <strong>Wiesenburg</strong>?<br />

Die Sanierung wird mehrere Jahre<br />

dauern und diese Zeit krempelt den<br />

Ort vermutlich um. Heute kann keiner<br />

sagen, wie sich die Situation dann<br />

darstellt und wie lange die Testphasen<br />

für die Öffnungen dauern sollen, das<br />

wird später nochmals Thema sein.<br />

Aber ich würde mir wünschen, dass die<br />

beiden Grundstücksteile, also Neubau<br />

und Bestand, dann schon ein bisschen<br />

zusammengewachsen sind, dass die<br />

neuen Bewohnerinnen und Bewohner<br />

im Bestandsareal auch eine Nachbarschaft<br />

finden und dass gemeinsam ein<br />

beschwingtes Leben möglich ist.


38 KOOPERATIVES VERFAHREN KOOPERIEREN – UND ZWAR RICHTIG!<br />

39<br />

Was macht die Unterstützung der<br />

Eine für Alle eG in Beteiligungsverfahren<br />

wie diesem so wichtig?<br />

Wir funktionieren für zivilgesellschaftliche<br />

Akteurinnen und Akteure als eine<br />

Art „Nachteilsausgleich“ in Bezug auf<br />

Zeit, Geld und Erfahrung – denn von<br />

diesen drei Elementen haben Beteiligte,<br />

die professionell und von Amts<br />

wegen in derlei Verfahren einbezogen<br />

sind, immer viel mehr. Zivilgesellschaftliche<br />

Akteure und Vereine wie<br />

„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ geraten dadurch<br />

leicht in die Defensive. Außerdem<br />

verstehen wir durch unsere Erfahrung<br />

eher, wie Senat, Bezirk oder auch das<br />

Quartiersmanagement ticken. Eigentlich<br />

hätte der Verein diesen Nachteilsausgleich<br />

schon vor zehn Jahren<br />

gebraucht; nach den ersten beiden<br />

Verfahren war wirklich ein konfliktbeladenes<br />

Verhältnis zur Eigentümerin<br />

entstanden.<br />

Wo lag aus Ihrer Sicht der wichtigste<br />

„Ausgleichsmoment“ im Verfahren<br />

zur Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong>?<br />

In einem solchen Verfahren agiert man<br />

immer auch politisch. Zum Beispiel<br />

brachte das Quartiersmanagement<br />

erst gegen Ende des Diskurses die Information<br />

offensiv ein, dass geplant ist,<br />

hier ein Sanierungsgebiet auszuweisen<br />

– und hat damit begründet, dass der<br />

Weg an der Panke öffentlich sein müsse.<br />

Diese Erwartung gab es übrigens<br />

latent von vielen anderen über das<br />

„Wir sind ein großes<br />

Risiko eingegangen“<br />

Dem Verein <strong>Wiesenburg</strong> e.V. den Rücken stärken –<br />

das war die Aufgabe von Frieder Rock und der<br />

Genossenschaft „Eine für alle eG“. Dank ihm kam<br />

der Verein in eine ganz neue Position.<br />

ganze Verfahren hinweg – außer vom<br />

Verein. Dieser hatte den „Profi“-Argumenten<br />

„nur“ seine Alltagserfahrung<br />

entgegenzusetzen. Aus unserer Sicht<br />

musste sich dazu nicht nur die Verwaltung,<br />

sondern auch der Baustadtrat<br />

eindeutig und politisch zum Umfang<br />

der Öffnung positionieren. Deshalb<br />

haben wir ihn angesprochen. Wir sind<br />

damit das große Risiko eingegangen,<br />

dass die Situation weiter eskaliert.<br />

Welche Rolle spielt der Bereich an<br />

der Panke für die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.?<br />

Für die Kunstschaffenden und Gewerbetreibenden<br />

ist er sehr wichtig,<br />

sie arbeiten dort mit teils schwerem<br />

Gerät und können dabei nicht noch<br />

„auf Väter mit Kleinkindern“ achten.<br />

Und der Stadtrat hat sich dann ja auch<br />

eindeutig gegen die Öffnung dieses<br />

Bereichs im Sinne einer Durchgangszone<br />

positioniert. Unser Vorgehen hat für<br />

Irritationen gesorgt – aber auch dafür,<br />

dass wir noch im Jahr 2020 einen Kompromiss<br />

gefunden haben und eine Formulierung<br />

im Nutzungskonzept, die für<br />

Frieder Rock<br />

Organisationsberater,<br />

Prokurist der Eine für Alle eG<br />

hat langjährige Erfahrung als Berater<br />

von Initiativen, Vereinen und Unternehmen.<br />

Konfliktreiche Situationen<br />

– wie sie auch auf der <strong>Wiesenburg</strong> vorkamen<br />

– gehören für ihn zum Alltag.<br />

alle Seiten tragbar ist. Ich bin allerdings<br />

überzeugt, dass dieses Problem nochmals<br />

aufbrechen wird. Ich finde aber<br />

sehr gut, dass der Verein mittlerweile in<br />

der Lage ist, auf höchster Ebene für die<br />

eigenen Anliegen zu werben. Und das<br />

hat auch nichts Verwerfliches – schließlich<br />

machen das alle so.<br />

Welches sind die nächsten Schritte<br />

für den Verein?<br />

Wir sind gerade dabei zu klären, in<br />

welchem Vertragsverhältnis das Areal<br />

nach Abschluss der Sanierung an die<br />

Genossenschaft zur Bewirtschaftung<br />

übergeben werden kann. Ein Erbbaurecht<br />

über 99 Jahre schafft mehr<br />

Planungssicherheit und stadtpolitisch<br />

einen anderen Horizont als ein Generalmietvertrag<br />

über 30 Jahre. So könnte<br />

die Genossenschaft wirklich zu einer<br />

guten Vertragsgestaltung kommen,<br />

die langfristig trägt. Dabei berate ich<br />

weiterhin. Die Eigentümerin <strong>degewo</strong><br />

möchte der Genossenschaft der Nutzerinnen<br />

und Nutzer möglichst schnell<br />

die Verantwortung für den Betrieb<br />

übergeben und es ist unser Ziel, dass<br />

wir in den nächsten Monaten die Frage<br />

nach dem Vertragsverhältnis geklärt<br />

haben. Daneben geht es um den Aufbau<br />

der neu gegründeten <strong>Wiesenburg</strong><br />

Berlin eG. Diese soll kurzfristig die Vertretung<br />

der <strong>Wiesenburg</strong>erinnen und<br />

<strong>Wiesenburg</strong>er übernehmen und die<br />

Sanierungsphase in den kommenden<br />

Monaten und Jahren aktiv begleiten.<br />

Neutrale Moderation,<br />

unabhängige Beratung<br />

In einer Kooperation verfolgen die Partnerinnen<br />

und Partner üblicherweise ein gemeinsames<br />

Ziel. Anders im Falle des Verfahrens zur<br />

Entwicklung der <strong>Wiesenburg</strong>: Hier gingen die<br />

Interessenlagen anfangs weit auseinander. Der<br />

Wunsch, den Charme des Geländes zu bewahren<br />

und die Gewerbemieten niedrig zu halten<br />

stand auf der einen Seite – auf der anderen<br />

beeinflusste ein hoher Sanierungsdruck und<br />

das Vorhaben der Standortentwicklung den<br />

Prozess. Vor allem zwischen den Nutzerinnen<br />

und Nutzern einerseits und der Eigentümerin<br />

andererseits prägten über Jahre festgefahrene<br />

Positionen und Misstrauen die Situation. All das<br />

behinderte die Zusammenarbeit massiv. Erst<br />

als <strong>degewo</strong> gemeinsam mit der Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung und Wohnen und<br />

dem Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ Fördermittel<br />

des Bundes und des Landes akquirierte und<br />

man sich gemeinsam auf eine Zusammenarbeit<br />

auf Augenhöhe einigte, konnte mit einem weiteren<br />

Beteiligungsverfahren an die bisherigen<br />

Werkstattverfahren angeschlossen werden. Mit<br />

dem Einsatz <strong>degewo</strong>s konnte dadurch Urban<br />

Catalyst als neutrale Moderation eingesetzt<br />

sowie eine unabhängige Beratung für den Verein<br />

bereitgestellt werden. So konnte die Arbeit<br />

an einem tragfähigen Nutzungskonzept wieder<br />

aufgenommen werden.<br />

Dr. Cordelia Polinna (links) und Anna Bernegg (rechts) vom<br />

Büro Urban Catalyst übernahmen im kooperativen Verfahren<br />

die Rolle der neutralen Moderatorinnen.<br />

von links nach rechts: Enno Kuck (Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.), Frieder Rock (Eine für<br />

Alle eG), Dirk Feistel (Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.) und Katrin Baba-Kleinhans (<strong>degewo</strong>)<br />

im Gespräch. Als unabhängiger Berater konnte Frieder Rock in schwierigen<br />

Situationen zwischen den Beteiligten vermitteln.<br />

Neben der neutralen Moderation des Gesamtprozesses<br />

war es wichtig, alle Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner in ihrer Rolle zu<br />

stärken und zu ermächtigen. Doch es gab ein<br />

entscheidendes Ungleichgewicht zwischen<br />

den Beteiligten. Die vier professionell mit<br />

Standortentwicklung vertrauten Akteurinnen<br />

und Akteure brachten naturgemäß die notwendige<br />

fachliche Expertise für die Entwicklung<br />

eines Standortes mit. Dagegen hatten<br />

die ehrenamtlich tätigen Vertreter des Vereins<br />

„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ enorme Kenntnisse über<br />

den Ort sowie viel individuelles Wissen, was die<br />

derzeitigen Nutzerinnen und Nutzer des Areals<br />

sich wünschen und welche kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Nutzungen in Zukunft wichtig<br />

sein würden. Doch es fehlte ihnen an fachlicher<br />

Expertise für die Entwicklung eines Standortes,<br />

um als gleichwertig fachliches Gegenüber zu<br />

agieren und akzeptiert zu werden. Um diesen<br />

Nachteil auszugleichen, wurde ein unabhängiger<br />

Berater für den Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V“<br />

eingesetzt, den die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />

und Wohnen finanziert.


40 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />

KOOPERIEREN – UND ZWAR RICHTIG!<br />

41<br />

Von links nach rechts:<br />

Dirk Feistel und Enno<br />

Kuck (Die <strong>Wiesenburg</strong><br />

e.V.), Hardy Hünich (Leiter<br />

Bestandsmanagement<br />

bei <strong>degewo</strong>) und Gregor<br />

Onasch (Bezirksamt Mitte)<br />

beim ersten Workshop zur<br />

Kooperationsvereinbarung.<br />

Der erste Workshop widmet<br />

sich ausschließlich den<br />

Prinzipien der Zusammenarbeit<br />

– mit dem Ergebnis,<br />

dass alle Beteiligten sich in<br />

der Kooperationsvereinbarung<br />

auf Regeln einigten.<br />

„Wir haben gemerkt,<br />

dass <strong>degewo</strong> es<br />

ehrlich meint“<br />

Sich im Beteiligungsverfahren zu engagieren,<br />

war für Dirk Feistel und Enno Kuck von<br />

„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ selbstverständlich –<br />

und dennoch ging es an die Substanz.<br />

Kooperationsvereinbarungen<br />

werden für eine<br />

strategische und<br />

zeitlich begrenzte<br />

Zusammenarbeit zwischen<br />

Personen oder<br />

Institutionen geschlossen.<br />

Sie definieren die<br />

Rahmenbedingungen<br />

für ein gleichberechtigtes<br />

Miteinander; so<br />

verständigen sich die<br />

Teilnehmenden zum<br />

Beispiel zu Zielen und<br />

Regeln der Zusammenarbeit.<br />

9<br />

Ein echter Meilenstein:<br />

Die Kooperationsvereinbarung<br />

Zu Beginn des Verfahrens standen sehr unterschiedliche<br />

Interessenlagen und Zielvorstellungen<br />

der jeweiligen Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner gegenüber. Vor allem ungeklärte<br />

Fragen zur räumlichen Anbindung und Erschließung<br />

des Grundstücks schienen der<br />

eigentlichen Arbeit am Nutzungskonzept im<br />

Wege zu stehen. Bevor ein inhaltlicher Konsens<br />

über Nutzungen auf dem Gelände erzielt<br />

werden konnte, war es notwendig, eine Verständigung<br />

zu Entwicklungszielen und –wegen<br />

herbeizuführen und diese in einer Kooperationsvereinbarung<br />

festzuschreiben. Um der<br />

Kooperation einen Rahmen zu geben und den<br />

Dialog auf Augenhöhe zu führen, einigten sich<br />

die Kooperationspartnerinnen und -partner auf<br />

gemeinsame Kommunikationsregeln. Schwerpunkte<br />

lagen in der Transparenz und Offenlegung<br />

der Arbeitsschritte, allen Beteiligten den<br />

gleichen Informationsstand zu ermöglichen,<br />

eine Kontinuität in der Zusammensetzung der<br />

Beteiligten sowie die Verbindlichkeit von Absprachen<br />

und zuletzt darauf, dass ein stetiger<br />

Austausch von Informationen stattfindet.<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> und ihre Nutzerinnen<br />

und Nutzer – welche Geschichte<br />

steht dahinter?<br />

Dirk Feistel (DF): Die meisten von uns<br />

sind schon seit 20 Jahren hier. Damals<br />

konnten wir in den Räumen etwas<br />

verwirklichen, das sonst in Berlin nicht<br />

möglich war und es jetzt noch viel<br />

weniger wäre. Jeder hat eine bestimmte<br />

Form von Verantwortung für dieses<br />

Gelände übernommen.<br />

Enno Kuck (EK): Aber mit der Rodung<br />

des Waldgartens und dem Abriss<br />

der dortigen Ruinen war klar, dass<br />

im Zweifel auch der ganze Rest nicht<br />

sicher ist. Das hat sehr an den Leuten<br />

gerüttelt, es war eine totale Bedrohung<br />

für alles, was wir hier seit 20 Jahren<br />

aufgebaut haben – und wir fühlten<br />

uns nicht mehr ernst genommen.<br />

DF: Es gab lange Probleme mit <strong>degewo</strong><br />

auf der Kommunikationsebene. Wir<br />

kommunizierten über Anwälte – ohne,<br />

dass es zu einer einzigen unterschriebenen<br />

Vereinbarung gekommen wäre.<br />

Beiden Seiten war irgendwann klar,<br />

dass sich das ändern muss.<br />

auf eine gemeinsame Linie geeinigt.<br />

So hatten wir den Rücken frei. Der<br />

Senat hat uns Frieder Rock* zur Seite<br />

gestellt, das hat uns inhaltlich, handwerklich,<br />

zeitlich und organisatorisch<br />

auf ein anderes Level gebracht. Von<br />

Seiten der <strong>degewo</strong> waren jetzt neue<br />

Personen beteiligt, auch das war<br />

positiv.<br />

Gab es Momente, die Sie begeistert<br />

haben – die Sie so in den Jahren<br />

zuvor nicht erlebt haben?<br />

EK: Es gab einen Moment der krassen<br />

Konfrontation während der Erarbeitung<br />

der Kooperationsvereinbarung.<br />

Wir waren kurz davor aufzustehen<br />

und abzubrechen, da bat <strong>degewo</strong> um<br />

eine kurze Auszeit, um sich zu beraten.<br />

Danach haben sie einen Kompromissvorschlag<br />

gemacht, mit dem sie eindeutig<br />

auf uns zugingen. Da habe ich<br />

gemerkt: <strong>degewo</strong> meint es ehrlich und<br />

will eine gute Lösung für alle finden.<br />

Wie geht es aus Ihrer Sicht weiter?<br />

DF: Es bleibt arbeitsintensiv. Die<br />

Öffnungen des Areals wurden nicht<br />

abschließend geklärt, aber immerhin<br />

haben wir eine gute Basis geschaffen.<br />

Momentan kommen durch die Planungsbüros<br />

von außen wieder neue<br />

Ideen, die so nicht im Konzept stehen.<br />

Jetzt müssen wir verteidigen, was wir<br />

beschlossen haben und wofür alle<br />

<strong>Wiesenburg</strong>erinnen und <strong>Wiesenburg</strong>er<br />

so lange gekämpft haben.<br />

EK: Deshalb ist es gut, dass unsere Genossenschaft<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> betreiben<br />

wird – so können viele Menschen<br />

weiter Verantwortung übernehmen.<br />

Spannend wird es auch, wenn wir<br />

durch den Bezug des Neubaus neue<br />

Nachbarinnen und Nachbarn bekommen.<br />

Genauso spannend ist auch die<br />

weitere Zusammenarbeit mit dem<br />

Quartiersmanagement in Bezug auf<br />

die Frage, wo wir die <strong>Wiesenburg</strong> in<br />

welchem Maße öffnen.<br />

* Siehe dazu auch das Interview Seite 39<br />

Es ist geschafft! Am 17. Juni 2020 unterzeichnen alle Kooperationspartnerinnen und -partner<br />

die Kooperationsvereinbarung. Von links nach rechts: Susanne Walz (L.I.S.T. GmbH, QM<br />

Reinickendorfer Straße/Pankstraße , Sandra Wehrmann (<strong>degewo</strong>), Ephraim Gothe (Bezirk<br />

Mitte), Katrin Lompscher (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen), Sükran<br />

Altunkaynak (Quartiersmanagerin, QM Reinickendorfer Straße/Pankstraße) sowie Enno Kuck<br />

und Dirk Feistel (Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.)<br />

Anna Bernegg (Urban Catalyst GmbH) stellt den ersten<br />

Entwurf der Kooperationsvereinbarung vor.<br />

Wie kam jetzt doch ein unterzeichnetes<br />

Nutzungskonzept zustande?<br />

EK: Da gab es mehrere Veränderungen<br />

im Vergleich zu dem, was vorher lief.<br />

Wir als Verein haben entschieden: Wir<br />

sind nur dabei, wenn wir wirklich auf<br />

Augenhöhe verhandeln. Vorab haben<br />

wir uns mit allen Vereinsmitgliedern<br />

Dirk Feistel<br />

Vorstand,<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />

betreibt auf der <strong>Wiesenburg</strong> ein Tonstudio<br />

und produziert hier Aufnahmen<br />

nationaler wie internationaler Musikerinnen<br />

und Musiker verschiedener<br />

Genres.<br />

Enno Kuck<br />

Vorstand,<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />

ist als Schlagzeuger seit 30 Jahren<br />

professionell tätig und nutzt<br />

den Proberaum auf der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />

Dazu arbeitet er als Festivalorganisator.<br />

9 Vgl. BBSR (Hrsg.) 2020, S. 89


42 KOOPERATIVES VERFAHREN BETEILIGUNGSFORMATE<br />

43<br />

Auf dem<br />

begehbaren<br />

Plan konnten<br />

die Beteiligten<br />

ihre Ideen<br />

direkt einem<br />

konkreten Ort<br />

zuweisen.<br />

Beteiligungsformate –<br />

gewohnt, anders oder<br />

ganz neu<br />

Workshops, Videokonferenzen und ein begehbarer Plan waren<br />

drei von vielen Elementen, welche die Arbeit am Nutzungskonzept<br />

strukturierten. Sie wurde überschattet von der Corona-Pandemie.<br />

Ausgebremst hat das die Beteiligten aber nicht.<br />

Während der Arbeitsphase brachten<br />

unterschiedliche Veranstaltungsformate<br />

alle Beteiligten<br />

zusammen – entweder physisch<br />

oder virtuell: Die Corona-Pandemie, die kurz<br />

nach Projektstart Kontaktbeschränkungen und<br />

Hygieneregeln notwendig machte, erschwerte<br />

das Arbeiten in bis dato gewohnten Formaten<br />

erheblich. Dennoch fanden insgesamt<br />

fünf Präsenz-Workshops auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

statt, wovon der erste der Erstellung einer<br />

Kooperationsvereinbarung diente. Dazu gab<br />

es zahlreiche Termine zur Abstimmung, sei<br />

es per Videokonferenz oder telefonisch, sie<br />

strukturierten die Arbeit am Konzept. Kern des<br />

Beteiligungsprozesses aber waren die Workshops,<br />

die folgende Themen detailliert in den<br />

Fokus nahmen: „Kooperationsvereinbarung“,<br />

„Nutzungen in Gebäuden und Freiraum“,<br />

„Nutzungsszenarien“, „Nutzungskonzept“ sowie<br />

„Räumliche Öffnung und Anbindung“. Als<br />

besonders bedeutsam und sehr arbeitserleichternd<br />

für alle Beteiligten erwies sich dabei die<br />

Arbeit an einem begehbaren Plan der <strong>Wiesenburg</strong>,<br />

der auf LKW-Plane gedruckt bei jedem<br />

Workshop ausgerollt wurde. Er machte angesprochene<br />

Orte, Räume und Nutzungen auf<br />

niederschwellige Art augenfällig und greifbar.<br />

So war es allen Beteiligten möglich, ihre Ideen<br />

und Vorstellungen klar zu kommunizieren,<br />

indem sie diese direkt einem konkreten Raum<br />

oder Ort auf dem Gelände zuweisen konnten.<br />

Dank diesem handfesten und konkreten<br />

Arbeitsmittel gelang es jeweils, Konflikte zügig<br />

aufzudecken und Interessenlagen in der Diskussion<br />

klar zu benennen. Es ermöglichte einen<br />

kreativen Aushandlungsprozess und diente als<br />

leicht bespielbare Fläche für unterschiedliche<br />

Nutzungsszenarien sowie Entwicklungsvorstellungen.<br />

Und noch ein Unterschied zu anderen<br />

Beteiligungsverfahren vereinfachte die Arbeit<br />

in diesem Prozess: Alle Workshops fanden<br />

direkt vor Ort auf der <strong>Wiesenburg</strong> statt, so dass<br />

Begehungen jederzeit unkompliziert möglich<br />

waren. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

konnten sich so ein Bild der Bestandsgebäude<br />

und Freiräume sowie der aktuellen Nutzung<br />

machen und die Atmosphäre nachempfinden,<br />

welche die einzelnen Orte ausstrahlen.<br />

Mit Hilfe unterschiedlicher<br />

Elemente konnten<br />

die Beteiligten auch<br />

selbst ihre Ideen auf<br />

dem Plan platzieren


44 KOOPERATIVES VERFAHREN BETEILIGUNGSFORMATE<br />

45<br />

3 4 4<br />

1 – Vorgespräche mit Einzelakteurinnen<br />

und -akteuren<br />

Im Frühjahr 2020 fanden Vorgespräche<br />

zwischen der neutralen Moderation<br />

und den jeweiligen Kooperationspartnerinnen<br />

und -partnern statt. Ziel war<br />

es, einen ersten Überblick der Agenda<br />

und der Interessenlagen sowie Sichtweisen<br />

auf den Stand der Diskussion<br />

zu erhalten. Schon im Verlauf dieser<br />

Gespräche zeichnete sich ab, dass<br />

eine gemeinsame Absichtserklärung<br />

zur Zusammenarbeit der unterschiedlichen<br />

Akteurinnen und Akteure notwendig<br />

sein würde.<br />

2 – Videotermin: Angepasstes<br />

Vorgehen und Rückfragen<br />

(22. April 2020)<br />

3<br />

André Schuhknecht von <strong>degewo</strong>-bauWerk, die<br />

interne Planungs- und Bauabteilung, ist von<br />

Beginn an bauherrenseitig bei der Entwicklung<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> involviert.<br />

In einer ersten Videokonferenz wurden<br />

die Kooperationspartnerinnen und<br />

-partner über den bevorstehenden<br />

Prozess informiert. Neben der Vorstellung<br />

des Prozesses fand eine<br />

Befragung der Beteiligten statt: Kerngedanke<br />

war, ihre jeweiligen Ziele, ihre<br />

Vision und ihre Haltung in Bezug auf<br />

die künftige Zusammenarbeit für alle<br />

Beteiligten transparent zu machen. Daraufhin<br />

gab es erste Rückfragen und es<br />

kamen erste Diskussionen zustande.<br />

4 4<br />

3 – Workshop: Kooperationsvereinbarung<br />

(19. Mai 2020)<br />

Der erste Workshop stand im Zeichen<br />

eines gemeinsamen Kooperationsverständnisses.<br />

Er diente dazu, dass alle<br />

teilnehmenden Kooperationspartnerinnen<br />

und -partnern gemeinsame<br />

Ziele und den Handlungsrahmen<br />

für die Zusammenarbeit definieren.<br />

Ergebnis war eine Kooperationsvereinbarung,<br />

die in den darauffolgenden<br />

Wochen im Umlaufverfahren ihre<br />

Konkretisierung fand.<br />

Katrin Baba-Kleinhans von <strong>degewo</strong> begrüßt alle<br />

Anwesenden zum Kooperationsworkshop<br />

oben: Die Kooperationsvereinbarung zu erstellen war für alle mit intensiven Gesprächen verbunden.<br />

Unten: Katrin Baba-Kleinhans verantwortet als Abteilungsleiterin Quartiersmanagement die Beteiligungsverfahren<br />

bei <strong>degewo</strong>.<br />

Beim ersten Workshop zum Thema "Nutzungen in Gebäuden und Freiraum" wurde bereits intensiv über die Erschließung der <strong>Wiesenburg</strong><br />

gesprochen. Die Nutzungen in den Gebäuden standen verhältnismäßig schnell fest.<br />

4 – Workshop: Nutzungen in Gebäuden und Freiraum (3. Juni 2020)<br />

Der erste inhaltliche Workshop begann mit einer Begehung der <strong>Wiesenburg</strong>, sodass<br />

alle Beteiligten das Areal kennen lernen konnten. Thema des Workshops waren<br />

die Nutzungen in Gebäuden und im Freiraum. Unter anderem wurde über die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> als Kunst- und Kulturort gesprochen, der auch für die Öffentlichkeit<br />

zugänglich ist. Thema war auch, welche Bildungsangebote im Quartier gefragt<br />

und notwendig sind. Es wurde deutlich, dass Erschließung und Durchwegung<br />

wichtige Themen für die Entwicklung des Nutzungskonzeptes sein werden.<br />

Erschließung<br />

beschreibt, wie Gebiete,<br />

Gebäude oder Räume<br />

innerhalb von Gebäuden<br />

von außen zugänglich<br />

sind. Auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

beschreibt 'Erschließung'<br />

die Zugänge zum Gelände<br />

sowie die Wege<br />

innerhalb des Areals.


46 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />

BETEILIGUNGSFORMATE<br />

47<br />

5<br />

5<br />

Auf der Pressekonferenz zur Unterzeichnung der<br />

Kooperationsvereinbarung kamen die unterschiedlichen<br />

Akteurinnen und Akteure zusammen.<br />

Auch die ehemalige Verwalterin Anna-<br />

Christin Dumkow (oben, Mitte) war anwesend.<br />

5 – Pressekonferenz: Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung<br />

(17. Juni 2020)<br />

Am 17. Juni 2020 wurde die Kooperationsvereinbarung auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

von allen Beteiligten unterzeichnet. Sie trug ab diesem Datum die Unterschriften<br />

von <strong>degewo</strong>-Vorstandsmitglied Sandra Wehrmann, der ehemaligen<br />

Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen a.D. Katrin Lompscher, des Bezirksstadtrats<br />

Mitte Ephraim Gothe, von Susanne Walz von der L.I.S.T. GmbH /<br />

Quartiersmanagement Reinickendorfer Straße/Pankstraße sowie dem Vereins-<br />

Vorstand „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V“, Dirk Feistel und Enno Kuck.<br />

6 – Workshop: Nutzungsszenarien<br />

(1. Juli 2020)<br />

Im Workshop zu Nutzungsszenarien<br />

konkretisierten die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer die künftigen Nutzungen<br />

im Freiraum. Dafür stellte die<br />

Moderation anfangs zwei gegenteilige<br />

Szenarien vor („Versteckter Ort“ versus<br />

„Öffentlicher Ort“). Sie befähigten<br />

die Teilnehmenden, sich schrittweise<br />

einem Kompromiss anzunähern, wie<br />

die Nutzung und Öffnung des gesamten<br />

Grundstücks künftig aussehen<br />

könnte. Ein spezieller Fokus lag auf der<br />

Frage, wie offen oder geschlossen die<br />

unterschiedlichen Außenräume der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> künftig für die Öffentlichkeit<br />

sein sollen und wie die Erschließung<br />

geregelt wird.<br />

Für das Nutzungskonzept waren die<br />

Rahmenbedingungen zu klären und<br />

Zielkonflikte zu benennen. Diese<br />

wurden sichtbar und deutlich im<br />

begehbaren Plan.


48 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />

BETEILIGUNGSFORMATE<br />

49<br />

7<br />

7<br />

7 – Workshop: Nutzungskonzept<br />

(18. August 2020)<br />

Im Vorfeld erhielten alle Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer einen<br />

ersten Entwurf des Nutzungskonzeptes,<br />

um die in den vorigen<br />

Veranstaltungen diskutierten<br />

Inhalte in einem textlichen Entwurf<br />

abzustimmen. Als besonderes<br />

Konfliktthema erwies sich auch hier<br />

die Frage nach der Erschließung.<br />

Fragen der Durchwegung und der<br />

Zugänge wurden erneut diskutiert<br />

und verhandelt. Die Landschaftsplanerinnen<br />

und -planer sowie<br />

Architektinnen und Architekten<br />

gaben zudem einen Einblick in<br />

ihre vorbereitenden Planungen.<br />

Thema war beispielsweise, wie mit<br />

dem Baumbestand innerhalb der<br />

ruinösen Gebäude umgegangen<br />

werden kann.<br />

7<br />

7<br />

oben links:<br />

Katrin Baba-Kleinhans von<br />

<strong>degewo</strong> ist es wichtig, dass die neuen<br />

Mieterinnen und Mieter ein lebenswertes<br />

Wohnumfeld haben und<br />

gleichzeitig die Bestandsnutzungen<br />

erhalten und gesichert werden.<br />

unten links:<br />

Thomi Bauermeister vom Landschaftsarchitekturbüro<br />

Gruppe F<br />

erläutert, wie man sich einen grünen<br />

Innenhof vorstellen könnte.<br />

oben rechts:<br />

Die neutralen Moderatorinnen<br />

Cordelia Polinna und Anna Bernegg<br />

erläutern den Anwesenden die Zwischenergebnisse.<br />

unten rechts:<br />

Christian Luchmann will sicherstellen,<br />

dass die <strong>Wiesenburg</strong> auch für die<br />

Menschen aus dem Quartier zugänglich<br />

sein soll.


50 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />

BETEILIGUNGSFORMATE<br />

51<br />

„Wir haben den<br />

Verein als Partner<br />

schätzen gelernt“<br />

Beteiligungsprozesse gehören zum Alltag von<br />

Katrin Baba-Kleinhans, Quartiersmanagerin bei<br />

<strong>degewo</strong>. Im Verfahren zur <strong>Wiesenburg</strong> erlebte sie,<br />

wie sich die Rollen schnell wandeln können<br />

Welche Bedeutung hat die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> für <strong>degewo</strong>?<br />

Ich kenne niemanden, den die <strong>Wiesenburg</strong><br />

nicht fasziniert und auch für<br />

<strong>degewo</strong> war sie immer etwas ganz Besonderes.<br />

Das Land Berlin hat das Areal<br />

2014 bewusst einem kommunalen<br />

Wohnungsunternehmen übertragen,<br />

damit hier im Sinne des Denkmalschutzes,<br />

der sozialen Quartiersentwicklung<br />

und der gewachsenen Bewohner- und<br />

Nutzerstruktur gehandelt wird. Auf<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> kommen viele stadtentwicklungspolitische<br />

Themen wie<br />

unter einem Brennglas zusammen: ein<br />

Objekt denkmalgerecht, zukunftsfähig<br />

und wirtschaftlich darstellbar sanieren,<br />

bezahlbare Wohnungen schaffen<br />

und die Anwohnerschaft mitgestalten<br />

lassen.<br />

Inwieweit konnten Sie auf Entwicklungserfahrungen<br />

mit solchen Objekten<br />

in Ihrem Immobilienbestand<br />

zurückgreifen – auch hinsichtlich der<br />

Beteiligung?<br />

Für die <strong>Wiesenburg</strong> als ganz besondere<br />

Immobilie gibt es keine Blaupause,<br />

obwohl unsere Erfahrungen weitreichend<br />

sind: Wir bewirtschaften seit<br />

Jahrzehnten umfassende Immobilienbestände<br />

und sind auch im Neubau<br />

sehr professionell geworden. Bei der<br />

Partizipation ist es eher andersherum<br />

– da ist die <strong>Wiesenburg</strong> für uns so<br />

etwas wie ein Reallabor. Nach drei sehr<br />

unterschiedlichen Werkstattverfahren<br />

fließen die vielfältigen Erfahrungen<br />

jetzt in unsere Beteiligungsprozesse für<br />

andere Vorhaben ein.<br />

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit<br />

mit dem <strong>Wiesenburg</strong>-Verein?<br />

Von Beginn an war der Verein, der sich<br />

recht schnell organisiert hat, ein wichtiger<br />

Partner von <strong>degewo</strong>. Sicherlich – es<br />

hat auch Konflikte gegeben, zeitweilig<br />

war das Verhältnis von wenig Vertrauen<br />

geprägt. Inzwischen haben wir den<br />

Verein als Partner schätzen gelernt und<br />

kommunizieren in der Sanierungspartnerschaft<br />

auf Augenhöhe, auch weil der<br />

Verein verbindlich, professionell und<br />

kooperativ agiert und wir die echte Partnerschaft<br />

als guten Weg erkannt haben.<br />

Wie kam es dazu?<br />

Wir konnten die Beteiligten von Seiten<br />

des Vereins für eine gemeinsame Entwicklungsperspektive<br />

gewinnen. Sie verstanden<br />

unsere Sichtweise zunehmend<br />

Katrin Baba-Kleinhans<br />

Abteilungsleiterin Quartiersmanagement<br />

bei <strong>degewo</strong><br />

ist Diplom-Geografin und beteiligt seit<br />

2018 im Vorfeld von Sanierungs- und<br />

Neubauvorhaben von <strong>degewo</strong> die<br />

relevanten Akteurinnen und Akteure,<br />

damit sie zu Partnerinnen und Partnern<br />

des Projekts werden.<br />

besser – da musste ich wirklich schmunzeln<br />

und es hat mich auch begeistert.<br />

Sie sind selbst zu Projektentwicklern geworden,<br />

als klar wurde, dass sie mit einer<br />

Genossenschaft den Betrieb übernehmen<br />

werden. Das fand ich stark. Aber<br />

auch wir mussten uns öffnen, Kommunikation<br />

hinterfragen und Zugeständnisse<br />

machen. Das bedeutet nicht, dass wir<br />

uns nun immer einig sind und Eintracht<br />

herrscht. Kritisch-konstruktiv würde ich<br />

die Zusammenarbeit beschreiben.<br />

Wie geht es jetzt weiter?<br />

Die Planerinnen und Planer arbeiten<br />

an einem Sanierungskonzept, Grundlage<br />

dafür ist das Nutzungskonzept. Es<br />

zeichnet sich ab, dass wir aus finanziellen<br />

Gründen Prioritäten setzen müssen,<br />

was wir sanieren. Hier prüfen wir in der<br />

Sanierungspartnerschaft die Möglichkeiten<br />

und beziehen den Entwicklungsbeirat<br />

ein. Außerdem entwickeln wir mit<br />

dem Verein ein tragfähiges Konzept für<br />

die Betreibergenossenschaft, schließlich<br />

muss sich der Betrieb rechnen; natürlich<br />

hinsichtlich der Möglichkeiten, die<br />

künstlerische und soziale Nutzungen<br />

haben – um den Sozialgedanken vom<br />

Ursprung der <strong>Wiesenburg</strong> wieder aufzugreifen.<br />

Zwischenzeitlich wird der<br />

Neubau bezogen, es kommen also neue<br />

Leute auf das Gelände. Sie sollen dann<br />

auch ein Teil der <strong>Wiesenburg</strong> werden.<br />

Das wird spannend, aber ich bin optimistisch,<br />

dass das gelingen wird.<br />

Der Knackpunkt in den Workshops: Wie öffnet man die <strong>Wiesenburg</strong> behutsam, aber wirkungskvoll?<br />

In den Diskussionen stellte sich immer wieder die Frage, wo und wie der Ort für Besucherinnen und Besucher zugänglich sein soll.<br />

8 – Workshop: Räumliche<br />

Öffnung und Anbindung<br />

(7. Oktober 2020)<br />

Ein zusätzlicher Workshop zum Thema<br />

„Räumliche Öffnung und Anbindung“<br />

sollte diesen besonders brisanten Themen<br />

Raum verschaffen. Dazu wurden<br />

Stellungnahmen der einzelnen Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner,<br />

die vorab eingereicht worden waren,<br />

während des Workshops mit allen Beteiligten<br />

durchgesprochen. Dennoch<br />

konnte keine finale Einigung erzielt<br />

werden. Man entschied sich aber dazu,<br />

dass ein vom Moderationsbüro Urban<br />

Catalyst formulierter Vorschlag im<br />

Rundlauf final abgestimmt wird.<br />

9 – Videokonferenz: Finale Abstimmung<br />

(18. November 2020)<br />

Ziel des letzten Abstimmungstermins<br />

war es, dass alle Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner finale Änderungen<br />

im Nutzungskonzept anerkennen<br />

sowie dem Formulierungsvorschlag<br />

zur Erschließung zustimmen. Ergebnis<br />

sollte ein von allen mitgetragenes<br />

Nutzungskonzept sein. Nach der<br />

Videokonferenz musste das Kapitel<br />

zur Erschließung erneut überarbeitet<br />

werden; und erhielt schließlich nach<br />

erneutem Versand von allen Kooperationsteilnehmerinnen<br />

und -teilnehmern<br />

seine Zustimmung.<br />

10 – Videokonferenz: Reflexionsrunde<br />

(18. Dezember 2020)<br />

Wegen der Corona-Pandemie wurde<br />

die abschließende Reflexionsrunde<br />

in digitaler Form als Videokonferenz<br />

organisiert. Im virtuellen Raum kamen<br />

Ende 2020 noch einmal alle Kooperationspartnerinnen<br />

und -partner zusammen,<br />

um Highlights und Aha-Momente<br />

im Verfahren zu reflektieren.<br />

Die eigentliche Unterzeichnung<br />

des Nutzungskonzeptes fand aufgrund<br />

des damaligen Corona-Infektionsrisikos<br />

in einem postalischen Umlaufverfahren<br />

im Januar 2021 statt.


EINE VISION ENTWICKELN<br />

53<br />

Eine Vision entwickeln<br />

3<br />

Um sich die künftige <strong>Wiesenburg</strong> vorstellen zu können,<br />

brauchte es Fixpunkte: Welche Kultur soll den Ort prägen?<br />

Wie öffentlich soll das Areal sein? Und wie sehen Gebäude<br />

und Freiraum dann aus?<br />

NUTZUNGS-<br />

KONZEPT<br />

Zu beschreiben, wie und wofür die <strong>Wiesenburg</strong><br />

künftig genutzt werden soll, war das Ziel des<br />

Prozesses. Dieses Ziel zu erreichen, heißt<br />

gleichzeitig, viele Hürden zu nehmen.<br />

Die Basis für die Arbeit am Nutzungskonzept<br />

bildeten zum einen die<br />

Zuwendungsziele des Fördermittelantrags<br />

(siehe S. 22) und zum<br />

anderen die handlungsleitenden Prinzipien<br />

der Kooperationsvereinbarung (siehe S. 23-24).<br />

Diese Elemente wurden während des Beteiligungsverfahrens<br />

weiter diskutiert und daraus<br />

schließlich eine „Kultur des Ortes“ entwickelt.<br />

Es speist sich aus bereits bestehenden wie<br />

auch aus künftigen Eigenschaften der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />

Im Arbeitsprozess wurde das Areal<br />

in Teilräume gegliedert, hierbei waren die<br />

unterschiedlichen Nutzungsintensitäten und<br />

Einzelnutzungen maßgeblich. Auch wurden die<br />

Zugänge und Durchwegungen für die <strong>Wiesenburg</strong><br />

festgelegt.<br />

In Zukunft braucht jede Nutzung auf der <strong>Wiesenburg</strong> einen Ort, an dem sie<br />

stattfindet. Dass dieser Ort am Anfang noch nicht festgelegt war, beförderte<br />

positiv die Kreativität aller Beteiligten.<br />

„Wir wissen, dass die Sanierung<br />

aufwändig wird. Aber wir möchten<br />

so schnell wie möglich einen Ort<br />

schaffen, den man dann auch<br />

vielfältiger nutzen kann.“<br />

Katrin Baba-Kleinhans, <strong>degewo</strong>


54 NUTZUNGSKONZEPT EINE VISION ENTWICKELN<br />

55<br />

Eine Kultur des Ortes<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> mit ihrer Mischung aus Kultur-, Sozial- und Stadtgeschichte<br />

wird auch zukünftig ein besonderer Ort im Quartier sein<br />

– ein Ort mit Charakter. Damit ein solch eigenständiger und souveräner<br />

Charakter entstehen kann, braucht es – vor allem in Hinblick<br />

auf die Sanierung und die damit verbundenen Veränderungen –<br />

vorab ein gemeinsames Verständnis, wie die künftige <strong>Wiesenburg</strong><br />

aussehen soll. Dafür war es hilfreich, zusammen eine Kultur des<br />

Ortes zu definieren.<br />

3 – Ein Bildungs- und Kulturort<br />

für das Quartier<br />

Das Umfeld der <strong>Wiesenburg</strong> ist ein<br />

besonderes, ist es doch durch eine<br />

vielschichtige Sozialstruktur und<br />

unterschiedliche kulturelle Hintergründe<br />

charakterisiert. In einem solchen<br />

Quartier sind offene Bildungs- und<br />

Kulturorte besonders wichtig. Deshalb<br />

werden die Themen Nachbarschaft,<br />

Bildung, Soziales und Kunst – vereint<br />

an einem Ort – der künftige Beitrag<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> zu einem lebenswerten<br />

Kiez sein.<br />

Öffentlicher Charakter<br />

Im Rahmen der Sanierung und Entwicklung<br />

wandelt sich der Charakter der <strong>Wiesenburg</strong>: Da<br />

sind zum einen Wohnungen im Neubau, die<br />

ab Sommer 2021 schon täglich dafür sorgen,<br />

dass viele Menschen auf dem Gelände unterwegs<br />

sind. Sei es nun, weil sie zur Arbeit gehen<br />

oder vom Einkaufen zurückkommen, weil<br />

Kinder zur Schule gehen oder Lieferdienste<br />

Pakete oder Pizza bringen. Zum anderen sollen<br />

im Bereich der Altbauten nach der Sanierung<br />

neue Nutzungen mit Publikumsverkehr ihren<br />

Platz finden. Das Grundstück ist tagsüber wie<br />

nachts geöffnet. Nur die verwinkelten und<br />

schwer überblickbaren Bereiche im inneren<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> werden nachts verschlossen.<br />

Mit dieser „geordneten Öffnung“ behält die<br />

Betreibergenossenschaft den Überblick über<br />

Raumnutzungen und Nutzungsintensitäten;<br />

außerdem können nächtliche Angsträume<br />

sowie Vandalismus verhindert werden.<br />

Nutzungen in Teilräumen<br />

In Zukunft soll der gewohnte Nutzungsmix<br />

aus Wohnen, Kultur, Kunst und Handwerk<br />

weiterentwickelt werden, dazu wird auch der<br />

Bestand nachverdichtet. Im Neubau finden<br />

mehr Bewohnerinnen und Bewohner ein Zuhause.<br />

Künftig soll die <strong>Wiesenburg</strong> aber auch<br />

mehr Kulturschaffenden und -interessierten<br />

etwas bieten. Des Weiteren sollen Schulklassen<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> als einen Lernort außerhalb<br />

der Schulmauern nutzen können. Zwischen<br />

den einzelnen Nutzungen wird es vielfältige<br />

Schnittstellen sowie Überlagerungen geben.<br />

Um die verschiedenen Nutzungen, wie Wohnen,<br />

Kultur, Kunst und Handwerk und ihre<br />

Wechselbeziehungen untereinander leichter zu<br />

überblicken und verstehen zu können, wurde<br />

das Grundstück im Nutzungskonzept in sechs<br />

Teilbereiche untergliedert.<br />

von 6 Uhr<br />

bis 22 Uhr<br />

1 – Ein Ort für die Nutzerinnen und<br />

Nutzer, Bewohnerinnen und Bewohner<br />

und das Quartier<br />

Diese Kultur des Ortes wird geprägt<br />

sein von den Nutzerinnen und Nutzern<br />

sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />

– den derzeitigen wie den<br />

zukünftigen gleichermaßen. Zusätzlich<br />

wird sich das gesamte Ensemble<br />

stärker zum umliegenden Quartier<br />

öffnen und Publikumsverkehr anziehen.<br />

Mehr Menschen werden also den<br />

Ort künftig beleben, die bestehenden<br />

Nutzungen stärken und den Anstoß<br />

für neue Nutzungen geben. Gleichwohl<br />

soll die <strong>Wiesenburg</strong> den Charme<br />

eines verwunschenen und versteckten<br />

Ortes behalten. Sie soll und wird ein<br />

Kultur-, Arbeits- und Rückzugsort mit<br />

vielen Facetten bleiben.<br />

2 – Die Geschichte erlebbar machen<br />

Neben den vielfältigen Nutzungen<br />

prägt vor allem die Geschichte das<br />

denkmalgeschützte Ensemble; seine<br />

historische und sozialpolitische Bedeutung<br />

rückt künftig noch stärker in den<br />

Fokus. In Zukunft soll die Geschichte<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> auf verschiedenen<br />

Wegen sicht- und erlebbar werden.<br />

Nach der Sanierung wird die Geschichte<br />

nicht nur durch Hinweisschilder<br />

und Ausstellungen sowie Führungen<br />

augenfällig. Insbesondere die behutsame<br />

Sanierung der Gebäude und<br />

der feinfühlige Umgang mit den bestehenden<br />

Nutzungen helfen dabei,<br />

das Erscheinungsbild der <strong>Wiesenburg</strong><br />

zu bewahren. Dazu gehört auch der<br />

Erhalt der Ruinen mit ihren Schäden<br />

durch Krieg und Verfall, die auch nach<br />

Jahrzehnten noch immer sichtbar sind.<br />

4 – Eine kontrollierte und<br />

bedarfsorientierte Öffnung<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> ist eine städtische<br />

Oase und bietet Nutzerinnen und<br />

Nutzern sowie Bewohnerinnen und<br />

Bewohnern einen Rückzugsort. Sie ist<br />

aber auch ein Ort von öffentlichem<br />

Interesse. Für ihre Weiterentwicklung<br />

ist es bedeutsam, eine Balance zwischen<br />

dem Gestern und dem Morgen,<br />

zwischen Öffentlichkeit und Privatheit<br />

zu schaffen: Einerseits gilt es, neue Entwicklungen<br />

zu ermöglichen, andererseits<br />

soll die Authentizität des Ortes<br />

erhalten bleiben. Eines von mehreren<br />

Mitteln, diese Balance zu erreichen, besteht<br />

in der kontrollierten und bedarfsabhängigen<br />

Öffnung des Areals für all<br />

diejenigen Menschen, die entdecken<br />

möchten, was die städtische Oase<br />

'<strong>Wiesenburg</strong>' ihnen bieten kann.<br />

5<br />

Den Nutzungsmix<br />

fördern<br />

Teilräume auf der <strong>Wiesenburg</strong> in der Übersicht<br />

Das Lernen begleiten –<br />

drinnen, draußen,<br />

lebenslang<br />

Den Bestand<br />

wertschätzen<br />

4<br />

2<br />

3<br />

1<br />

Die Mitte<br />

beleben<br />

Den Kulturort stärken<br />

6<br />

6<br />

Freiräume schützen,<br />

Freiräume gestalten


56 NUTZUNGSKONZEPT<br />

EINE VISION ENTWICKELN<br />

57<br />

Nutzungen in Gebäuden (Bestand) in %<br />

43 %<br />

Kunst und Kultur<br />

9 %<br />

Produzierendes Gewerbe<br />

10 %<br />

Bestandswohnen<br />

Anteil der Bestandsnutzungen und der neuen Nutzungen<br />

9 %<br />

Bildung/Soziales<br />

4 %<br />

25 %<br />

Kunst & Kultur (gewerblich)<br />

Kunst & Kultur (öffentlich)<br />

Bestandsnutzungen<br />

➔ Tanzhalle<br />

➔ Clubhaus<br />

➔ Musikstudio<br />

➔ Werkhalle <strong>Wiesenburg</strong><br />

➔ Philosophiewerkstatt<br />

➔ Metallbauwerkstatt<br />

➔ Maschinenbauwerkstatt<br />

➔ Design-Werkstatt<br />

➔ Werkstatt (frei)<br />

Neue Nutzungen<br />

➔ Kinder- und Jugendtheater<br />

➔ Bildungszentrum<br />

➔ Grünes Klassenzimmer<br />

➔ Proberaum<br />

➔ Atelier- und Proberäume<br />

➔ Lager Tanzhalle / Hauswerkstatt<br />

Um dieses sensible Gleichgewicht zu schaffen,<br />

wurden die einzelnen Freiräume in verschiedene<br />

Kategorien eingeteilt, u.a. hinsichtlich<br />

der Frage, wie sie genutzt werden und wie<br />

zugänglich sie sind. Im Ergebnis wurden für das<br />

Nutzungskonzept drei verschiedene Stufen der<br />

Nutzungsintensität entwickelt und auf dieser<br />

Basis insgesamt drei Arten von Freiräumen<br />

definiert: Durchgangsorte, Aufenthaltsorte<br />

und Naturräume.<br />

➔<br />

Stufe I – Durchgangs- und Zwischenorte<br />

Hierbei handelt es sich um multifunktional<br />

genutzte Freiräume, die für ein sehr<br />

unterschiedliches Publikum zur Verfügung<br />

stehen und die höchste Frequenz<br />

von Besucherinnen und Besuchern sowie<br />

Nutzerinnen und Nutzern aufweisen. Sie<br />

liegen an Kultur- und Bildungsorten sowie<br />

in der Nähe der Wohngebäude. Es sind Bereiche,<br />

in denen alle verstärkt aufeinander<br />

➔<br />

➔<br />

Rücksicht nehmen müssen, denn nur so<br />

kann der Nutzungsmix auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

langfristig funktionieren.<br />

Stufe II – Aufenthaltsorte und Erschließungsflächen<br />

Hierbei handelt es sich um Freiflächen,<br />

die explizit als Erschließungsfläche oder<br />

als Aufenthaltsort gestaltet werden. Ihnen<br />

wird jeweils vorab eine spezifische Funktion<br />

zugewiesen. Sie sind dementsprechend<br />

weniger multifunktional ausgerichtet als<br />

Freiräume der Stufe I.<br />

Stufe III – Naturräume<br />

Die Nutzungsintensität der Naturräume ist<br />

sehr gering. Diese Freiflächen bleiben im<br />

Wesentlichen unverändert; zumeist stellen<br />

sie Schutzräume für Pflanzen und Tiere<br />

dar, die schon vor der Sanierung an diesen<br />

Orten lebten.<br />

Nutzungsintensität<br />

beschreibt, wie stark<br />

eine Fläche durch unterschiedliche<br />

Nutzungen<br />

beansprucht wird. Ein<br />

Park mit Spiel- und<br />

Sportplätzen hat zum<br />

Beispiel eine viel höhere<br />

Nutzungsintensität als<br />

ein Naturschutzgebiet.<br />

Spontanvegetation<br />

bezeichnet Pflanzen,<br />

die wild und zufällig auf<br />

Stadtbrachen oder am<br />

Wegesrand wachsen.<br />

Hier gibt es oftmals<br />

eine große biologische<br />

Vielfalt, die sich als sehr<br />

unempfindlich gegenüber<br />

Umwelteinflüssen<br />

erweist.<br />

Nutzungen in Gebäuden<br />

Die bisherigen Nutzungen auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

zeigen, welcher Nutzungsmix hier möglich ist.<br />

In der sanierten <strong>Wiesenburg</strong> bildet diese bestehende<br />

Mischung etwa die Hälfte der Gesamtnutzungen.<br />

Besonders wichtig: Den derzeitigen<br />

Mieterinnen und Mietern sind ihre bisherigen<br />

Flächen auch in Zukunft sicher. Doch es sind<br />

neue, ergänzende Nutzungen vorgesehen, weil<br />

die sanierten und revitalisierten Gebäude mehr<br />

Raum bieten. Damit positioniert sich die <strong>Wiesenburg</strong><br />

nicht nur als lokaler Kultur-, sondern<br />

auch als Bildungsstandort. Mit der Einrichtung<br />

eines Grünen Klassenzimmers wird die <strong>Wiesenburg</strong><br />

wieder zum Lernort für Kinder, Jugendliche<br />

und Erwachsene gleichermaßen. Auch ein<br />

Bildungszentrum ist geplant. Die sanierte ehemalige<br />

Sammelhalle macht als multifunktionaler<br />

Veranstaltungsort zusätzliche Kunst- und<br />

Kulturprogramme im Quartier möglich. Weitere<br />

Proben- und Atelierräume komplettieren das<br />

Areal und schaffen neue Räume für Kunst- und<br />

Kulturschaffende in der Stadt. Bei allen Nutzungen<br />

ist immer der wirtschaftliche Rahmen zu<br />

berücksichtigen. Hier muss priorisiert werden,<br />

welche Sanierungsmaßnahmen zunächst umgesetzt<br />

und welche sich derzeit nicht mit den<br />

vorhandenen Mitteln umsetzen lassen.<br />

Nutzungen im Freiraum<br />

Dass die <strong>Wiesenburg</strong> so verwunschen wirkt, hat<br />

maßgeblich mit den unterschiedlichen Freiräumen<br />

zu tun, die von Spontanvegetation<br />

geprägt sind. Dazu kommen viele provisorische<br />

Nutzungen – also solche, die nicht geplant,<br />

sondern durch spontane Aneignung entstanden<br />

sind: Hier und da steht ein Sammelsurium<br />

von alten Stühlen oder von Holzteilen, die<br />

zur Sitzgelegenheit umfunktioniert wurden,<br />

dazwischen eine Kabelrolle als Tisch, daneben<br />

ein Topf mit gemischten Grünpflanzen. So<br />

erscheint die <strong>Wiesenburg</strong> vor allem als grüner<br />

Ort: Nicht nur die Freiflächen sind bewachsen,<br />

auch an Gebäuden rankt Efeu an den Mauern<br />

und Fassen. Aus diesem Grund wurden die<br />

Freiräume auf der <strong>Wiesenburg</strong> auch zum Rückzugsort<br />

für Vögel und Insekten; in den Kellergewölben<br />

siedelten sich Fledermäuse an. Dieser<br />

Aspekt soll bei der künftigen Entwicklung der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> eine Rolle spielen.<br />

Auch in Bezug auf den Freiraum gilt es<br />

künftig, eine neue Balance zu finden: Einerseits<br />

wird es auf der <strong>Wiesenburg</strong> mehr Publikumsverkehr<br />

geben, andererseits soll sie immer<br />

noch den ansässigen Nutzerinnen und Nutzern<br />

als Rückzugsort dienen und der Tier- und<br />

Pflanzenwelt den notwendigen Raum geben.<br />

Legende<br />

Stufe I<br />

Stufe II<br />

Stufe III<br />

Die verschiedenen Stufen der Nutzungsintensität verortet im Lageplan.


58 NUTZUNGSKONZEPT VOM WOHIN UND WOHER<br />

59<br />

Vom Woher<br />

und Wohin<br />

Äußere und Innere Erschließung<br />

Legende<br />

3<br />

Wie wird das Gelände für Menschen aus dem Quartier<br />

und aus der Stadt geöffnet und gleichzeitig der<br />

Charakter der <strong>Wiesenburg</strong> bewahrt? Die Antwort<br />

lautet: vor allem behutsam.<br />

+<br />

Pankewanderweg<br />

Haupterschließung<br />

Innere Erschließung<br />

Abstimmung mit DB<br />

Öffnungs- und<br />

Schließmöglichkeiten<br />

Haupteingang<br />

Bestand/Neubau<br />

Ergänzende<br />

Erschließung<br />

Schlüsselorte<br />

5<br />

8<br />

7<br />

7<br />

6<br />

1<br />

Pankewanderweg<br />

5<br />

2<br />

+<br />

4<br />

Bauordnungsrechtliche<br />

Erschließung<br />

beschreibt den<br />

offiziellen Zugang zu<br />

einem Grundstück nach<br />

Bauordnungsrecht<br />

(BauO Bln). Danach<br />

gilt ein Grundstück als<br />

erschlossen, wenn es an<br />

eine öffentliche Straße<br />

sowie an Energie,<br />

Bewässerung und Entwässerung<br />

angeschlossen<br />

ist.<br />

Öffnungsund<br />

Schließmöglichkeit<br />

wurde im Verfahren<br />

einvernehmlich als Bezeichnung<br />

für die verschließbaren<br />

Zu- und<br />

Durchgänge auf der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> gewählt,<br />

um die konkrete Form –<br />

z.B. als Tor – noch offen<br />

zu halten.<br />

Mit der Idee, neue Angebote zu<br />

schaffen, ergibt sich die Notwendigkeit<br />

für passende Erschließungsmaßnahmen<br />

mit Zugängen<br />

und Wegen – aber wo ein Zugang oder Weg ist,<br />

werden alsbald auch Menschen sein, die ihn<br />

nutzen. Wie bringt man das mit dem Wunsch in<br />

Einklang, die <strong>Wiesenburg</strong> auch als Rückzugsort<br />

zu erhalten?<br />

Öffnung, Testphasen und Gestaltung<br />

Trotz unterschiedlicher Ziele der Akteurinnen<br />

und Akteure und trotz kontroverser Diskussionen<br />

– das zentrale Ziel, die <strong>Wiesenburg</strong><br />

behutsam zu öffnen, blieb immer im Fokus aller<br />

Beteiligten. Das Ergebnis der Gespräche und<br />

Workshops war das folgende: Wie und wann<br />

das Gelände künftig zugänglich sein soll, wird<br />

in den kommenden Jahren schrittweise mit<br />

den Kooperationspartnerinnen und -partnern<br />

einvernehmlich abgestimmt – und zwar unter<br />

Berücksichtigung individueller Sicherheitsbedürfnisse<br />

und sich veränderten Nutzungsintensitäten.<br />

Die Kooperationspartnerinnen und -partner<br />

streben an, das Gelände stufenweise in Testphasen<br />

zu öffnen. Dafür wird ein Entwicklungsbeirat,<br />

der als Steuerungsgremium fungiert,<br />

ein geeignetes Verfahren festlegen. Denn zum<br />

Zeitpunkt des Beteiligungsverfahrens gab es<br />

dazu noch Unsicherheiten, schließlich werden<br />

mit der Sanierung und Inbetriebnahme der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> Veränderungen einhergehen, die<br />

derzeit noch schwer einzuschätzen sind.<br />

Äußere und innere Erschließung<br />

Für die Erschließung der <strong>Wiesenburg</strong> sind zwei<br />

Kategorien von Wegen bzw. Zugängen wichtig:<br />

Die äußere Erschließung – also die Zugänglichkeit<br />

des Areals aus der Umgebung – und die<br />

innere Erschließung – also das Wegenetz auf<br />

dem Areal selbst. Für den Publikumsverkehr<br />

muss das Areal zu den Betriebszeiten geöffnet<br />

sein. Und es bedarf eines durchdachten<br />

inneren Wegenetzes, das auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

zudem sehr komplex ist.<br />

Äußere Erschließung<br />

1 Haupterschließung – Der Zugang Wiesenstraße 55 fungiert<br />

als Haupterschließung des Geländes und als bauordnungsrechtliche<br />

Erschließung des Grundstücks. Das Haupttor an<br />

der Wiesenstraße muss jederzeit eine Zugänglichkeit für alle<br />

Mieterinnen und Mieter, für Feuerwehr und Rettungsdienst<br />

gewährleisten. Von der Haupterschließung ist auch der Zugang<br />

zum Vorplatz der ehemaligen Sammelhalle (7) gegeben.<br />

2 Zugang südlich der Turnhalle – Ein weiterer Zugang, der<br />

vorrangig dem Neubau zuzuordnen ist, wird über die Wiesenstraße<br />

südlich der Turnhalle erfolgen.<br />

3 Zugang Panke – Im Zuge des Sanierungsverfahrens soll an<br />

der Pankequerung entlang der Ringbahn eine Öffnungs- und<br />

Schließmöglichkeit entstehen. Diese schließt die <strong>Wiesenburg</strong><br />

an das bestehende Wegenetz an. Eine Abstimmung mit der<br />

Eigentümerin Deutsche Bahn AG ist erforderlich.<br />

4 Anschluss Spielplatz Kolberger Straße – Die Öffnung soll<br />

im Einklang mit der nutzbaren Spielfläche stehen, ohne diese<br />

zu beeinträchtigen. Es wird lediglich eine fußläufige Zugänglichkeit<br />

zum Wohnungsbau über die Spielplatzfläche geschaffen,<br />

die in erster Linie als Rettungsweg für die Feuerwehr<br />

notwendig ist. Zu dieser Öffnung wird gemeinsam mit dem<br />

Bezirk Mitte eine Lösung erarbeitet, die im Einklang mit der<br />

nutzbaren Spielfläche steht, ohne diese zu beeinträchtigen.<br />

Innere Erschließung<br />

5 Pankeuferweg (Zuwegung Kunst- und Gewerbehof) –<br />

Der Weg, der direkt am Pankeufer rückseitig der Bestandsgewerbe<br />

verläuft, soll für diese als Zufahrt sowie Anlieferungszone<br />

und Rückzugsort erhalten bleiben. Bei Bedarf kann er<br />

als fußläufige Verbindung zum umliegenden Quartier dienen.<br />

Die historische Mauer wird wiederhergestellt und trennt die<br />

gewerblichen Nutzungen von der Wohnnutzung; es gibt eine<br />

bedarfsgerechte Öffnungs- und Schließmöglichkeit.<br />

6 Weg zwischen Bestandswohnen und Turnhalle – Der Weg<br />

dient der Haupterschließung des Neubaus und wird wiederhergestellt;<br />

eine bauliche Trennung verschafft dem Hofgarten<br />

des Bestandswohnhauses mehr Privatheit.<br />

7 Zugang grüner Innenhof – Der grüne Innenhof dient als<br />

Verbindung zwischen Bestandsareal und Neubau und als offener<br />

Bereich im inneren Wegenetz der <strong>Wiesenburg</strong>. Öffnungsund<br />

Schließmöglichkeiten befinden sich am Vorplatz der<br />

Sammelhalle (I) und zwischen Tanzhalle und Haus 1 (II).<br />

8 Erschließung Tanzhalle – Die Tanzhalle erhält mit einem<br />

zusätzlichen Zugang über den grünen Innenhof einen repräsentativen<br />

und barrierefreien Eingang.


60 NUTZUNGSKONZEPT<br />

INTERVIEWS<br />

61<br />

„Wir haben die<br />

Visionen unter unseren<br />

Füßen gehabt“<br />

Annette Overmeyer und Şükran Altunkaynak<br />

wollten als Quartiersmanagerinnen auf der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> einen Bildungsstandort schaffen und<br />

einen fußläufigen Weg zur Panke durchsetzen.<br />

„Ein gemäßigtes<br />

Maß an<br />

Lebendigkeit“<br />

Für Stadtplanerin Kerstin Rietz vom Bezirksamt<br />

Mitte birgt die <strong>Wiesenburg</strong> viele Chancen – nicht<br />

nur für das Quartier, sondern auch als besonderer<br />

Ort über den Bezirk hinaus.<br />

Wie sehen Sie die <strong>Wiesenburg</strong><br />

ganz persönlich?<br />

Annette Overmeyer (AO): Für uns ist<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> insbesondere wegen<br />

ihrer Lage an der Panke ein Wohlfühlort<br />

im Herzen des Quartiersmanagement<br />

Gebiets.<br />

Wie würden Sie die gemeinsame Geschichte<br />

von Quartiersmanagement<br />

und <strong>Wiesenburg</strong> zusammenfassen?<br />

Şükran Altunkaynak (SA): Wir hatten<br />

von Anfang an die Vision, das Areal für<br />

weitere Kreativangebote gemeinwohlorientiert<br />

auszubauen. Aber von einer<br />

Vision hin zu konkreten Umsetzungen<br />

ist es ein langer Weg: Wir haben das ruinöse<br />

Areal lange mit diversen Veranstaltungsformaten<br />

bespielt, um zu testen,<br />

was dort möglich ist – unter dem<br />

Leitbild des Quartiersmanagements<br />

Pankstraße „Kreativ Leben, Lernen und<br />

Arbeiten an der Panke“. Wir konnten<br />

für neue Ideen Architekturstudierende<br />

gewinnen; sie haben in den Ruinen der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> gemeinsam mit Kindern<br />

und Jugendlichen aus dem Quartier<br />

temporäre Bauten errichtet. Die Tanzhalle<br />

ist die erste Vision, die über den<br />

Baufonds aus Mitteln der Sozialen Stadt<br />

in 2008 realisiert wurde.<br />

Inwieweit sind Sie im kooperativen<br />

Verfahren Ihren Zielen – zum Wohle<br />

des Quartiers – näher gekommen?<br />

AO: Wir finden es positiv, dass durch<br />

das Verfahren der Standort und die<br />

Bestandsnutzungen erhalten bleiben<br />

und durch die Nutzungsvereinbarung<br />

eine verbindliche Grundlage geschaffen<br />

wurde, das Areal zukunftsfähig und kooperativ<br />

weiterzuentwickeln. In Zukunft<br />

kommt es darauf an, die Nachbarschaft<br />

an der weiteren Entwicklung durch<br />

passgenaue und zielgruppenspezifische<br />

Formate zu Themen wie Freiraumnutzung<br />

und Programmgestaltung der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> direkt zu beteiligen.<br />

Wie haben Sie das Verfahren<br />

methodisch erlebt?<br />

SA: Durch eine gelungene Visualisierung<br />

und Diskussion von gegensätzlichen<br />

Entwurfsvarianten konnten die<br />

Belange der Bürgerinnen und Bürger,<br />

der Nutzerinnen und Nutzer im Konsens<br />

weiter entwickelt werden. Gut fanden<br />

wir die Arbeit mit dem begehbaren Plan<br />

– da konnte niemand behaupten, er<br />

oder sie habe etwas nicht gesehen. Wir<br />

haben die räumlichen Auswirkungen<br />

der unterschiedlichen Visionen unter<br />

unseren Füßen gehabt.<br />

AO: Der Zusatzworkshop hat sehr gut<br />

auf den hohen Abstimmungsbedarf<br />

zum Thema Erschließung des Areals<br />

entlang der Panke reagiert. Dass wir<br />

vorher Stellungnahmen erarbeiten<br />

mussten, bedeutete für jeden und<br />

jede zwar einen zusätzlichen Arbeitsaufwand,<br />

er hat aber sehr zur Klärung<br />

der unterschiedlichen Standpunkte<br />

beigetragen. Wir haben diese Vorgehensweise<br />

als sehr positiv erfahren.<br />

Was meinen Sie, wie sieht<br />

die <strong>Wiesenburg</strong> 2040 aus?<br />

AO: In 2040 ist die <strong>Wiesenburg</strong> ein lebendiger<br />

Ort für die Nachbarschaft und<br />

ein Leuchtturm für alle Stadtbewohner<br />

und -bewohnerinnen.<br />

SA: Ich hoffe, dass es dann nicht nur<br />

offene Tore gibt – sondern gar keine Tore<br />

mehr. Und es wäre schön, die <strong>Wiesenburg</strong><br />

wäre barrierefrei, wenn wir dann<br />

mit dem Rollator kommen müssen.<br />

Sükran Altunkaynak<br />

Teamleiterin, QM Reinickendorfer<br />

Straße/Pankstraße<br />

ist ursprünglich Architektin und<br />

arbeitet schon viele Jahre als Teamleiterin<br />

des Quartiersmanagements.<br />

Mit der <strong>Wiesenburg</strong> als wichtiger Ort<br />

im Quartier beschäftigt sie sich schon<br />

seit Langem.<br />

Annette Overmeyer<br />

Quartiersmanagerin, QM<br />

Reinickendorfer Straße/<br />

Pankstraße<br />

ist Landschaftsplanerin und Mediatorin<br />

und arbeitet seit 2019 für das<br />

Quartiersmanagement im Wedding.<br />

Im kooperativen Verfahren setzt sie<br />

sich stellvertretend für die Belange der<br />

Bewohnerinnen und Bewohner des<br />

Quartiers ein.<br />

Wo liegt aus Ihrer Sicht das<br />

Potenzial der <strong>Wiesenburg</strong>?<br />

Sozialgeschichtlich ist der Ort für<br />

Berlin als erstes eigens dafür gebautes<br />

Männer- und Frauenobdachlosenasyl in<br />

der Stadt bedeutsam. Jetzt besteht die<br />

Möglichkeit, ihn mit Mitteln des Landes<br />

Berlin und der <strong>degewo</strong> so zu gestalten,<br />

dass er als Ort von Kunst und Kultur mit<br />

den Spuren der Vergangenheit auch in<br />

Zukunft erlebbar wird. Ich sehe durch<br />

die neue Wohnnutzung eine spannende<br />

Nutzungsmischung auf dem Gelände<br />

und auch die Chance, dass mehr Menschen<br />

aus der Nachbarschaft von einer<br />

verstärkten Öffnung profitieren können.<br />

Die Bezeichnung 'Burg' klingt ein bisschen<br />

nach einer Festung und ich hoffe,<br />

dies wird die <strong>Wiesenburg</strong> nicht sein.<br />

Wie haben Sie das Verfahren erlebt?<br />

Es handelte sich bei dem Beteiligungsverfahren<br />

zum Nutzungskonzept um<br />

das dritte Verfahren zur Entwicklung<br />

des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals. Die konkreten<br />

Gutachterergebnisse insbesondere zum<br />

Denkmalschutz und baurechtlichen<br />

Genehmigungen stehen noch aus. Man<br />

hätte das Verfahren mit der Entwurfsplanung<br />

verzahnen können, um frühzeitig<br />

Aussagen zur Genehmigungsfähigkeit<br />

zu erhalten. Stattdessen handelte<br />

es sich auch um eine Art Mediationsverfahren<br />

zwischen Eigentümerin und<br />

den <strong>Wiesenburg</strong>erinnen und <strong>Wiesenburg</strong>ern.<br />

Ich persönlich empfand den<br />

Prozess als zeitaufwändig und teilweise<br />

anstrengend.<br />

Gab es auch Momente, die<br />

Sie begeistert haben?<br />

Den Start fand ich klasse, es gab eine<br />

gemeinsame Aufbruchsstimmung bei<br />

allen Beteiligten. Die Beteiligungsmethode<br />

war professionell vorbereitet<br />

vom Büro Urban Catalyst, vor allem das<br />

große Planungsmodell, in dem man<br />

Nutzungen hin und her rücken konnte.<br />

Welches sind aus Ihrer Sicht<br />

die nächsten Schritte?<br />

Als nächstes müssen die Planungen<br />

genehmigt werden als Voraussetzung,<br />

dass die Sanierung nach dem vorgegebenen<br />

Zeitplan bis 2023 durchgeführt<br />

werden kann. Der Entwicklungsbeirat<br />

wird den Sanierungsprozess begleiten<br />

sowie eventuell Anpassungen im<br />

Nutzungskonzept gut heißen. Das<br />

Nutzungskonzept lässt noch Möglichkeiten<br />

für Konkretisierungen. Eine<br />

Sanierung im laufenden Bestand ist<br />

Kerstin Rietz<br />

Stadtplanerin und Koordinatorin,<br />

Bezirksamt Berlin-Mitte<br />

ist Stadtplanerin bei der Stadtentwicklungsbehörde<br />

im Bezirk Mitte. Sie hat<br />

die Ziele des Bezirks an der städtebaulichen<br />

Entwicklung des <strong>Wiesenburg</strong>-<br />

Areals verfolgt.<br />

sicher eine Herausforderung für die vorhandenen<br />

Mieter und handwerklichen<br />

Betriebe.<br />

Wie beurteilen Sie die Veränderungen,<br />

die sich durch den Bezug des<br />

Neubaus ergeben?<br />

Das Gelände wird mit Einzug der circa<br />

200 Bewohnerinnen und Bewohner in<br />

den Wohnungsneubau belebter sein.<br />

Die neuen Wohnungsmieterinnen<br />

und -mieter werden künftig auch viel<br />

Außenraum einnehmen. Im besten Falle<br />

kommt es zu einem gemäßigten Maß<br />

an Lebendigkeit und Öffentlichkeit. In<br />

jedem Falle bin ich gespannt, wie es mit<br />

der Öffnung weitergeht oder ob es eine<br />

geschlossene Angelegenheit wird. Vielleicht<br />

braucht es auch einen kooperativen<br />

Prozess zwischen alten und neuen<br />

Nutzerinnen und Nutzern – wer weiß?<br />

Worauf freuen Sie sich in der<br />

sanierten <strong>Wiesenburg</strong>?<br />

Die Geschichte der <strong>Wiesenburg</strong> ermöglicht<br />

schlussendlich ihren Erhalt. Ganz<br />

besonders freue ich mich daher auf<br />

eine Dokumentation zur Geschichte des<br />

Ortes – vielleicht in Form eines kleinen<br />

Museums, in dem auch baulich noch<br />

Historisches ablesbar ist, zum Beispiel in<br />

der Sammelhalle oder in der Apsis des<br />

Frauenasyls. Und ich wünsche mir, dass<br />

auch unterschiedliche Kulturangebote<br />

auf der <strong>Wiesenburg</strong> künftig diesen historischen<br />

Aspekt aufnehmen.


Wiesenstraße<br />

62 NUTZUNGSKONZEPT<br />

Visionen verorten<br />

Testphase<br />

?<br />

Nach Abschluss der Sanierung erfolgt<br />

eine Testphase zur Öffnung/Schließung<br />

und die Einigung auf ein geeignetes<br />

Verfahren mit Zeitschiene<br />

Ringbahn<br />

B Naturerfahrungsraum<br />

Das Ergebnis des kooperativen Verfahrens: Die <strong>Wiesenburg</strong> wird ein<br />

vielfältig genutzter Ort – beispielsweise mit den sanierten Gewerberäumen<br />

und der Sammelhalle als multifunktional nutzbarer Raum. Das Wo und<br />

Wie wurde in einem Plan zusammengefasst. Unterschiedliche Teilräume<br />

veranschaulichen das Mit- und Nebeneinander der Nutzungen.<br />

3.<br />

Grünes<br />

Klassenzimmer<br />

(135 m²)<br />

viii.<br />

Werkhalle<br />

<strong>Wiesenburg</strong><br />

(223 m²)<br />

4.1<br />

Proberaum<br />

(35 m²)<br />

2.<br />

Bildungszentrum<br />

(89 m²)<br />

xi.<br />

Clubhaus<br />

(75 m²)<br />

A Vorplatz<br />

Sammelalle<br />

1.2<br />

Wasserturm<br />

(42 m²)<br />

1.3<br />

Ergänzende<br />

Serviceräume<br />

(143 m²)<br />

1.1<br />

Sammelhalle<br />

(320 m²)<br />

Wohnen – Bestand<br />

(241 m²)<br />

Parken<br />

Erhalt Bestandstor<br />

(dauerhaft geöffnet)<br />

? Baumpflanzung<br />

Konkrete Planungen (Baum- bzw.<br />

Grünpflanzungen, Materialität, etc.) werden<br />

im zu erarbeitenden Freiraumkonzept<br />

weiter konkretisiert<br />

Allgemein<br />

?<br />

Grundstücksgrenze<br />

Grenze Bestand/Neubau<br />

Offene Fragen (zu klären<br />

vor Abschluss Sanierung)<br />

Pankegrünzug<br />

Pankewanderweg<br />

Zaun<br />

Mauer<br />

Grüne Grenze<br />

E<br />

vii.<br />

Werkstatt (frei)<br />

(127 m²)<br />

Panke – Anlieferungszone<br />

und Rückzugsort<br />

iii.<br />

Metallbauwerkstatt<br />

(135 m²)<br />

ii.<br />

Philosophiewerkstatt<br />

(44 m²)<br />

4.2<br />

Atelier- &<br />

Proberäume<br />

(72 m²)<br />

i.<br />

Tanzhalle<br />

(142 m²)<br />

C Grüner<br />

Innenhof<br />

H Ergänzung<br />

Durchwegung<br />

1.4<br />

Ergänzende<br />

Serviceräume<br />

(90 m²)<br />

1.5<br />

Nebenraum Sammelhalle<br />

(151 m²)<br />

?<br />

Mehrfachnutzung Sportplatz/Turnhalle<br />

Mehrfachnutzung prüfen.<br />

Nutzungen in Gebäuden<br />

Bestandsnutzungen<br />

Kunst und Kultur<br />

Produzierendes<br />

Gewerbe<br />

Wohnen (Ateliernutzung<br />

im EG Neubau und<br />

ergänzende Nutzungen)<br />

Neue Nutzungen<br />

Kunst & Kultur<br />

(öffentlich)<br />

Kunst & Kultur<br />

(gewerblich)<br />

Bildung / Soziales<br />

Zugang Gebäude<br />

Aktive Ergeschosszone<br />

Neubaupotenzial<br />

Pankewanderweg<br />

vi.<br />

Musikstudio<br />

(230 m²)<br />

v.<br />

Design-<br />

Werkstatt<br />

(56 m²)<br />

iv.<br />

Maschinenbauwerkstatt<br />

(68 m²)<br />

xi.<br />

Lager<br />

(Tanzhalle) &<br />

Hauswerkstatt<br />

(117 m²)<br />

D Freifläche<br />

Tanzhalle<br />

G Freiraumanlagen<br />

Neubau<br />

Wohnen - Neubau<br />

(ca. 188 m²)<br />

Nutzungen im Freiraum<br />

Nutzungsintensität<br />

öffentlich erschlossene<br />

Flächen<br />

kontrolliert geöffnete<br />

Fläche<br />

Schlüsselorte mit<br />

öffentlicher Wirkung<br />

Grün- und Freiflächen<br />

Bestand<br />

Grün- und Freiflächen<br />

Neubau<br />

Außenbereiche<br />

(vermietet)<br />

Bolzplatz<br />

Neupflanzung Bäume<br />

F Aufenthaltsbereich<br />

an der Panke<br />

5.<br />

Ehem. Frauenasyl<br />

(ca. 240 m²)<br />

Wohnen - Neubau<br />

(ca. 1.690 m²)<br />

Turnhalle<br />

Wiesenstraße<br />

+<br />

Aktuell ergänzende<br />

Erschließung für Müll und<br />

Feuerwehr. Erweitertes<br />

Wegerecht wird eingeräumt<br />

Erschließung<br />

Stufe I: Multifunktionale,<br />

höher frequentierte<br />

Räume mit Rücksichtnahme<br />

auf Nutzungsmix<br />

Stufe II: Entsprechend<br />

der Nutzung<br />

gestaltete Freiräume<br />

mit spezifischen<br />

Funktionen,<br />

Erschließungs- und<br />

Aufenthaltsorte<br />

Stufe III: geringe<br />

Nutzungsintensität,<br />

ursprünglicher<br />

Charakter erhalten,<br />

Schutzraum für Flora<br />

und Fauna<br />

?<br />

Spielplatz Kolberger Straße<br />

Nutzung und Umgestaltung im Rahmen der<br />

Vorbereitenden Untersuchungen und<br />

Mehrfachnutzung Turnhalle prüfen<br />

+<br />

Haupteingang<br />

Öffnungs- und<br />

Schließmöglichkeiten<br />

Ergänzende<br />

Erschließung<br />

(u. a. Feuerwehr, Müll)<br />

Feuerwehrzufahrt /<br />

Rettungsweg<br />

Anbindung<br />

Wegenetz<br />

Zuwegung (Kunstund<br />

Gewerbehof)<br />

Haupterschließung<br />

Ergänzende<br />

Erschließung<br />

Innere<br />

Erschließung<br />

Notausgang<br />

Kolberger Straße<br />

0 10 25 m<br />

N


NUTZUNGSKONZEPT<br />

VISIONEN VERORTEN<br />

65<br />

Der Plan zum<br />

Nutzungskonzept<br />

Teilraum 1<br />

Den Kulturort stärken<br />

Vorplatz und Sammelhalle prägen die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> 1<br />

als besonders wichtige Elemente.<br />

Ihre Rolle wird künftig noch unterstrichen.<br />

links oben: Bestandsnutzungen – zum Beispiel das Clubhaus – bleiben erhalten<br />

rechts oben, unten: Die Sammelhalle wird saniert und kann wieder genutzt werden.<br />

Die noch erhaltenen Bauteile werden gesichert und bleiben sichtbar.<br />

Lage Teilraum 1<br />

„Ich freue mich, wenn die<br />

Sammelhalle wieder steht, weil<br />

das Ensemble dadurch wieder<br />

Zusammenhalt und eine Logik<br />

bekommt.“<br />

Kai Reichelt, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen<br />

Treten Besucherinnen und Besucher der <strong>Wiesenburg</strong><br />

durch das historische Tor an der Wiesenstraße, werden sie<br />

im Inneren des Geländes einen lebendigen Ort vorfinden,<br />

dessen Strahlkraft bis in die Nachbarschaft reicht. Zuerst<br />

erreichen sie den Vorplatz am Ende der Privatstraße. Er<br />

fungiert – wie schon zu der Zeit, als die <strong>Wiesenburg</strong> noch<br />

ein Obdachlosenasyl war – als zentraler Empfangsbereich,<br />

Treffpunkt und Verteiler für die <strong>Wiesenburg</strong>. Denn auf diesem<br />

Vorplatz verabreden sich Besucherinnen und Besucher,<br />

um daraufhin gemeinsam zu den vielfältigen Angeboten,<br />

z.B. in der Sammelhalle und im Bildungszentrum, zu gelangen.<br />

Als ein repräsentativer Ort des Ankommens wird<br />

der Platz auch durch eine durchdachte Freiraumplanung<br />

stärker geöffnet; er erhält den höchsten Öffentlichkeitsgrad<br />

auf der <strong>Wiesenburg</strong>. Insbesondere im Alltag kommt ihm<br />

damit eine zentrale Rolle zu. Als Wartebereich, als Ort der<br />

Zusammenkunft und teilweise sogar als Arbeitsraum unter<br />

freiem Himmel wird er genutzt. Hier treffen <strong>Wiesenburg</strong>erinnen<br />

und <strong>Wiesenburg</strong>er, Besucherinnen und Besucher sowie<br />

Nachbarinnen und Nachbarn aufeinander, wenngleich diese<br />

Nutzung auch für eher kurze Zeitspannen gedacht ist. Denn<br />

tatsächlich verweilen sollte man an anderen Orten auf dem<br />

Areal, um die Bewohnerinnen und Bewohner des Bestandswohnhauses<br />

vor erhöhtem Lärm zu bewahren.<br />

Direkt am Vorplatz liegt die Sammelhalle. Nach der<br />

Sanierung wird an diesem multifunktionalen Kunst- und<br />

Kulturort viel passieren: Sie dient dann als Kinder- und<br />

Jugendtheater und soll in Absprache mit der Betreibergenossenschaft<br />

für das Quartier genutzt werden können, z. B.<br />

für Veranstaltungen. Zudem soll hier auch eine Ausstellung<br />

über die Geschichte des Ortes Platz finden, die – zusammen<br />

mit der behutsamen Sanierung – die historische <strong>Wiesenburg</strong><br />

ins Heute holt. In den Nebengebäuden der Sammelhalle<br />

– zum Beispiel im Wasserturm – sollen weitere neue<br />

Nutzungen Platz finden, wie eine Kiezkantine, dazu Serviceräume<br />

für das Theater oder für die Verwaltung der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />

Nicht zuletzt wird die Halle durch die Gestaltung des<br />

Vorplatzes einen repräsentativen Zugang erhalten. Insgesamt<br />

wird diese umsichtige Sanierung der Sammelhalle<br />

auch die <strong>Wiesenburg</strong> im Ganzen als Kulturort stärken.


66 NUTZUNGSKONZEPT<br />

Teilraum 2<br />

Das Lernen begleiten –<br />

drinnen, draußen,<br />

lebenslang<br />

Ein Bildungszentrum, ein „Grünes Klassenzimmer“<br />

und ein Freiraum zur Förderung des<br />

Naturerlebens können Menschen aller<br />

Altersgruppen neue Einsichten vermitteln.<br />

2<br />

Lage Teilraum 2<br />

Zwar liegt die <strong>Wiesenburg</strong> im dicht bebauten Stadtteil<br />

Gesundbrunnnen, dennoch konnte sich hier über die Jahrzehnte<br />

eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt entwickeln.<br />

Förderlich dafür war auch die direkte Lage an der Panke.<br />

Bis vor einigen Jahren bot vor allem ein kleines Wäldchen<br />

(im Bereich des heutigen Neubaus) Kindern und Jugendlichen<br />

aus der sehr urbanen Nachbarschaft die Möglichkeit,<br />

auf Entdeckungstour in der Natur zu gehen – und zwar in<br />

direkter Nähe ihrer Schulen, Kitas und Wohnungen. Diese<br />

und andere Formen der Natur- und Umweltbildung sollen<br />

auf der <strong>Wiesenburg</strong> künftig wieder intensiver möglich sein.<br />

Ein neues Bildungszentrum soll dann als zentrale<br />

Schnittstelle zwischen der <strong>Wiesenburg</strong> und dem<br />

umgebenden Quartier fungieren. Die soziokulturellen<br />

Angebote dieses Zentrums werden auf die Bedürfnisse der<br />

Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen aus dem Böttgerstraßenviertel<br />

eingehen. Dazu soll es Kooperationen mit anliegenden<br />

Schulen und freien Bildungsträgern geben. Es soll<br />

eine Quartierswerkstatt mit unterschiedlichen Kurs- oder<br />

auch freien Nutzungsangeboten entstehen. In weiteren<br />

Räumen werden auch Nachbarschafts- oder Quartierstreffen<br />

stattfinden können und ein Teil der Fläche ist als Proberaum<br />

für Musikerinnen und Musiker vorgesehen. Für all diese Angebote<br />

will das Bildungszentrum auch mit anderen Nutzerinnen<br />

und Nutzern des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals kooperieren. Ob<br />

diese Nutzungen schlussendlich in den derzeitigen Garagen<br />

untergebracht werden oder ob an ihrer Stelle ein Neubau<br />

entsteht, ist noch nicht endgültig entschieden.<br />

Direkt angrenzend an das Bildungszentrum wird zwischen<br />

historischen Mauern, aber unter freiem Himmel, ein<br />

„Grünes Klassenzimmer“ eingerichtet. Einen solchen Lernort<br />

gab es schon einmal auf der <strong>Wiesenburg</strong>. Auch zukünftig<br />

sollen hier wieder naturnaher Unterricht und Seminare in<br />

Kooperation mit umliegenden Schulen angeboten werden.<br />

Als ein weiterer Lernort für Natur- und Umweltbildung<br />

für alle Altersgruppen kann künftig auch der grün geprägte<br />

Teilbereich an der Panke dienen; er soll damit in gewisser<br />

Weise die Funktion übernehmen, die früher das Wäldchen<br />

im Süden des Areals innehatte. Das Ziel: die Artenvielfalt auf<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> sichtbar zu machen und den verwunschenen<br />

Charakter zu erhalten.<br />

oben: Im Sommer ist die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> vielerorts<br />

dicht bewachsen. Hier wird<br />

zuküntig auch wieder ein<br />

grünes Klassenzimmer<br />

seinen Platz finden.<br />

links: Am Übergang zur<br />

Panke ist ebenfalls eine<br />

Öffnungs- und Schließmöglichkeit<br />

vorgesehen.


68 NUTZUNGSKONZEPT VISIONEN VERORTEN<br />

69<br />

Teilraum 3<br />

Die Mitte beleben<br />

Über Jahrzente blieben von einigen Innenräumen<br />

nur ruinöse Reste erhalten. Sie werden mit der<br />

Sanierung zum grünen Herz der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />

3<br />

links oben: Im Garten der Tanzhalle finden viele Insekten einen Rückzugsort;<br />

auch besondere Pflanzen wachsen hier. Den Tänzerinnen und Tänzern dient<br />

er darüber hinaus ebenfalls als Refugium zwischen den Proben.<br />

rechts oben, unten: Im grünen Innenhof soll der Charme der heutigen<br />

<strong>Wiesenburg</strong> weiterhin zu spüren sein. Daher sollen möglichst viele der –<br />

ursprünglich wilden – Pflanzen erhalten bleiben.<br />

Lage Teilraum 3<br />

Im Zentrum der <strong>Wiesenburg</strong> liegt künftig ein grüner<br />

Innenhof. Ruinöse Reste ehemaliger Gebäude, die zwischen<br />

Sammelhalle und gewerblicher Bestandsnutzung erhalten<br />

geblieben sind, werden gesichert. So entsteht u.a. aus dem<br />

ehemaligen Badesaal und einigen Schlafsälen ein grüner<br />

Innenhof: ein Ort zwischen „drinnen“ und „draußen“. Er<br />

wird als eine Art Verteiler oder Schnittstelle zwischen den<br />

angrenzenden Nutzungen und Gebäuden wirken und als<br />

Erholungsraum dienen. Deshalb soll er auch zum Verweilen<br />

einladen: Gäste der Kiezkantine können ihn als Freisitz<br />

nutzen, Kunst- und Kulturschaffende der neuen Atelier- und<br />

Proberäume treffen sich oder Besucherinnen und Besucher<br />

der Tanzhalle gehen über diese Fläche in Richtung des<br />

neuen Eingangs. Wie heute, werden die Freiflächen der<br />

Tanzhalle auch in Zukunft als ökologischer Rückzugsort für<br />

Tiere und Pflanzen erhalten bleiben.<br />

Damit sich Besucherinnen und Besucher innerhalb des<br />

Gebäudeensembles besser orientieren können, wird ein<br />

Wegeleitsystem entstehen. Es soll im Rahmen des Freiraumund<br />

Erschließungskonzeptes weiter ausgearbeitet werden.<br />

Zwischen den Neubauten und dem historischen Ensemble<br />

wird eine Öffnungs- und Schließmöglichkeit eingerichtet,<br />

so können diese beiden Teile miteinander verknüpft werden<br />

oder bei Bedarf auch Rückzugsmöglichkeiten entstehen.


70 NUTZUNGSKONZEPT VISIONEN VERORTEN<br />

71<br />

Teilraum 4<br />

Den Bestand<br />

schützen<br />

Ohne die Bestandsgewerbe wäre die <strong>Wiesenburg</strong> nicht<br />

mehr, was sie heute ist – und deshalb bleiben sie ohne<br />

Wenn und Aber erhalten.<br />

4<br />

links oben: Zwischen Bestandsgewerbe und Frauenasyl wird eine<br />

Öffnungs- und Schließmöglichkeit installiert.<br />

unten: Der Weg direkt an der Panke dient für die Gewerbe und Ateliers<br />

als Anlieferungszone und Rückzugsort.<br />

rechts oben: Der Maler Thomas Bo Henriksson hat seit 2004 sein Atelier auf der<br />

<strong>Wiesenburg</strong>.<br />

rechts Mitte: Der Regieraum des Musikstudio "Studio X Berlin" ist einer der Orte auf<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> für Kunst- und Kulturschaffende.<br />

Lage Teilraum 4<br />

Die Gebäudenutzung auf der <strong>Wiesenburg</strong> hat sich seit<br />

mehr als einem Jahrhundert immer wieder gewandelt und<br />

entwickelt. Fakt ist: Räume und Möglichkeiten wie auf der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> gibt es im heutigen Berlin immer seltener. Deshalb<br />

war allen Kooperationspartnerinnen und -partnern von<br />

Anfang an klar, dass der bestehende Nutzungsmix erhalten<br />

bleiben muss. Kurz und gut: Wer auch nach der Sanierung<br />

hierbleiben möchte, soll das zu einer fairen Miete auch<br />

können. Die Nutzungsvielfalt aus Metall- und Maschinenbau,<br />

Design und Holzverarbeitung, Musikstudio und Werkhalle,<br />

Clubhaus, Philiosophiewerkstatt und Tanzhalle soll den Ort<br />

weiterhin prägen. Vor diesem Hintergrund bleibt auch der<br />

Weg, der auf der Rückseite der Gewerbebauten direkt an der<br />

Panke verläuft, als Anlieferungszone und kreativer Rückzugsort<br />

erhalten. Bei Bedarf kann er künftig tagsüber als fußläufige<br />

Grünverbindung ins Quartier genutzt werden. Dazu wird<br />

eine Öffnungs- und Schließmöglichkeit installiert.<br />

Die Design-Werkstatt wird wie alle Bestandsnutzungen<br />

auf der <strong>Wiesenburg</strong> erhalten bleiben.<br />

Der Zugang zur Tanzhalle. Sie wird künftig auch vom<br />

grünen Innenhof erschlossen.


72 NUTZUNGSKONZEPT<br />

VISIONEN VERORTEN<br />

73<br />

Teilraum 5<br />

Den Nutzungsmix 5<br />

fördern<br />

Das ehemalige Frauenasyl ist bereits<br />

wieder zu neuem Leben erweckt.<br />

Zusammen mit dem Freiraum an der<br />

Panke übernimmt es eine wichtige Rolle<br />

im Bestand.<br />

Teilraum 6<br />

Freiräume schützen, 6<br />

Freiräume gestalten<br />

Egal, ob man auf der <strong>Wiesenburg</strong> wohnt<br />

oder hier arbeitet: Manchmal braucht man<br />

Luft zum Atmen. Verschiedene Freiräume<br />

holen die Natur in den Alltag.<br />

Lage Teilraum 5 Lage Teilraum 6<br />

Die stark einsturzgefährdete<br />

Ruine des<br />

ehemaligen Frauenasyls<br />

befindet sich<br />

bereits im Umbau und<br />

wird in den Neubau<br />

integriert. Hier finden<br />

zukünftig weitere Gewebeeinheiten<br />

Platz<br />

mit einer Gesamtfläche<br />

von rund 450<br />

Quadratmetern.<br />

Auch das ehemalige Frauenasyl an der Kolberger Straße<br />

spielt für die Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong> eine wichtige Rolle.<br />

Von dem Gebäude waren nur noch ruinöse Mauerreste erhalten;<br />

sie wurden denkmalgerecht in den Neubau integriert.<br />

Das Frauenasyl liegt auf dem südlichen Geländeteil<br />

und gehört daher nicht mehr zum Fördergebiet, das sich auf<br />

die noch zu sanierenden Gebäudeteile beschränkt . Trotzdem<br />

wurden die künftigen Nutzungen in diesem Bereich im<br />

kooperativen Verfahren für die gemeinsame Entwicklung<br />

mitgedacht. Und auch der Freiraum zwischen ehemaligem<br />

Frauenasyl und bestehenden Gewerbeeinheiten wird eine<br />

wichtige Funktion bekommen: Er kann künftig als rückseitiger<br />

Zugang zu den Gewerberäumen wie auch zu den Wohnungen<br />

des Neubaus dienen. Dazu wird eine Öffnungs- und<br />

Schließmöglichkeit installiert. Neue Bepflanzungen schaffen<br />

eine „grüne Grenze“. Dadurch wird das <strong>Wiesenburg</strong>-Areal<br />

im Bereich des ehemaligen Frauenasyls vom benachbarten<br />

Privatgrundstück und vom Pankeweg getrennt. Eine<br />

angenehme Beleuchtung soll bei Dunkelheit dafür sorgen,<br />

Angsträume zu vermeiden.<br />

Auch das Beamtenwohnhaus wird saniert und damit langfristig erhalten –<br />

und zwar mit seinem verwunschenen Charme.<br />

Grün- und Freiflächen haben einen hohen Stellenwert auf<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> – insbesondere für die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner! Der Gartenhof des Bestandswohnhauses ist ein<br />

wichtiger Treffpunkt für dessen Mieterinnen und Mieter und<br />

soll hinsichtlich seiner Nutzung und Pflege nicht verändert<br />

werden. Auf dem südlichen Geländeteil entsteht außerdem<br />

Der Garten des Beamtenwohnhauses wird den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />

auch weiterhin zu Verfügung stehen.<br />

ein neu gestalteter Freiraum für die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner des Neubaus. Die Planungen sind mit der Entwicklung<br />

des Neubaus bereits abgeschlossen und befinden<br />

sich in der Umsetzung. Durch gezielte Maßnahmen soll<br />

jedoch auch in diesem Bereich die Artenvielfalt auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />

gefördert werden.


LEITFADEN UND BASIS<br />

75<br />

4<br />

AUSBLICK<br />

Das Nutzungskonzept steht für den ersten Schritt<br />

in Richtung Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />

Ihm werden zahlreiche weitere folgen<br />

– und viele Menschen gehen<br />

auf diesem Weg mit.<br />

Leitfaden und Basis:<br />

Arbeiten mit dem<br />

Nutzungskonzept<br />

Das Ergebnis des Beteiligungsprozesses lautet: Jetzt<br />

geht die eigentliche Arbeit los. Und alle Akteurinnen<br />

und Akteure sitzen weiterhin mit im Boot und tragen<br />

Verantwortung.<br />

Im Nutzungskonzept wurde – neben den<br />

Rahmenbedingungen und Festsetzungen<br />

zu Art und Umfang der Nutzungen – auch<br />

eine Gremienstruktur aufgebaut, die den<br />

Arbeitsprozess während der Sanierung strukturieren<br />

soll. Damit soll erreicht werden, dass<br />

die Kooperationspartnerinnen und -partner<br />

auch in das laufende Sanierungsverfahren<br />

eingebunden bleiben. Konkret sind dafür zwei<br />

Gremien vorgesehen.<br />

Sanierungspartnerschaft<br />

Zwei der fünf Kooperationspartnerinnen und<br />

-partner stehen in besonders ausgeprägter<br />

Verantwortung für die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong>:<br />

<strong>degewo</strong> als Eigentümerin und der Verein<br />

„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ als Vertreter der Bewohnerschaft<br />

und der Nutzerinnen und Nutzer.<br />

Diese beiden Partner bilden die Sanierungspartnerschaft;<br />

sie wird gemeinsam mit den<br />

Fachplanerinnen und -planern die Inhalte aus<br />

dem Nutzungskonzept für die Sanierungsphase<br />

konkretisieren. Zu diesem Zweck trifft sie<br />

sich monatlich.<br />

Entwicklungsbeirat<br />

Als übergeordnetes Steuerungsgremium für<br />

das gesamte Sanierungsverfahren wurde ein<br />

Entwicklungsbeirat gegründet, der aus den<br />

fünf Kooperationspartnerinnen und -partnern<br />

besteht und neutral moderiert wird. Er begleitet<br />

die Umsetzung des Nutzungskonzeptes<br />

und fungiert als Korrektiv. Seine Aufgabe ist es<br />

auch, offene Punkte zu klären – insbesondere<br />

dann, wenn sich die im Nutzungskonzept festgehaltenen<br />

Rahmenbedingungen verändern,<br />

zum Beispiel weil im Planungsprozess neue Erkenntnisse<br />

zutage treten. Im Konfliktfall agiert<br />

der Entwicklungsbeirat als Schlichter. Dazu<br />

trifft er sich mindestens halbjährlich.


76 AUSBLICK<br />

PLANUNG, GENEHMIGUNG, BAU<br />

77<br />

Entwicklungsbeirat<br />

Sanierungspartnerschaft<br />

<strong>degewo</strong><br />

Eigentümerin und<br />

Projektträgerin<br />

Planung,<br />

Genehmigung,<br />

Bau<br />

Die <strong>Wiesenburg</strong> Berlin eG<br />

Betreibergesellschaft<br />

Neutrale Moderation<br />

Das Nutzungskonzept ist nur der erste Schritt hin zum<br />

langfristigen Erhalt der <strong>Wiesenburg</strong>. Wie geht es jetzt<br />

konkret weiter?<br />

Senatsverwaltung für<br />

Stadtentwicklung und Wohnen<br />

Referat IV C Städtebauförderung<br />

Nachbarschaft<br />

Quartiersmanagemet<br />

Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />

Das Sanierungsverfahren wird durch zwei Steuerungsgremien begleitet:<br />

den Entwicklungsbeirat und die Sanierungspartnerschaft.<br />

Offene Punkte und Ergänzungen<br />

Es liegt in der Natur des Vorhabens: Wie bei<br />

jeder Sanierung wird es auch im Falle der<br />

<strong>Wiesenburg</strong> Überraschungen geben. Auch<br />

war 2020 die Untersuchung des Bestandes<br />

nicht abgeschlossen; folglich konnten einige<br />

Punkte nicht abschließend festgelegt werden.<br />

Deshalb überprüfen die Planerteams Schritt<br />

für Schritt, wie sich die Inhalte des Nutzungskonzeptes<br />

konkret umsetzen lassen und teilen<br />

die Ergebnisse im Rahmen der Sanierungspartnerschaft<br />

mit. Die Sanierungspartner berichten<br />

Bezirk Mitte<br />

Abteilung Stadtentwicklung,<br />

Soziales und Gesundheit<br />

im Entwicklungsbeirat vom Stand der Planung<br />

und Umsetzung. Noch offen sind zum Beispiel<br />

die folgenden Aspekte:<br />

➔<br />

➔<br />

Zugänge und Testphasen der behutsamen<br />

Öffnung<br />

Nutzungen in den Kellern (z.B. als Serviceräume,<br />

Sanitär- und Umkleidebereiche<br />

sowie Lagerräume)<br />

Parallel zur Erarbeitung des Nutzungskonzeptes<br />

setzen Architektinnen und<br />

Architekten, Landschaftsplaner und<br />

-planerinnen das Nutzungskonzept in<br />

Entwürfe für die Gebäude und den Freiraum<br />

um, die dann in der Sanierungspartnerschaft<br />

besprochen werden. Im Entwicklungsbeirat<br />

wird daraufhin darüber berichtet und bei gravierenden<br />

Abweichungen oder im Konfliktfall<br />

abgestimmt.<br />

Für den weiteren Fortlauf der Sanierung<br />

muss das Bestehende genau unter die Lupe<br />

genommen werden: Wie kann der Charakter<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> bewahrt bleiben? Was gilt<br />

es zu erhalten? Fliesen, Türrahmen, Fassaden<br />

Keller, Bäume, Wandbeschriftungen? Vielleicht<br />

wird der Erhalt des einen Bauteils, des einen<br />

Elements das Ende eines anderen besiegeln.<br />

Bevor mit dem eigentlichen Bauen begonnen<br />

werden kann, braucht es viele vorbereitende<br />

Arbeiten: Dazu gehören verschiedene aufwändig<br />

zu erstellende Gutachten zum Zustand der<br />

Gebäude – und innovative Konzepte zu ihrem<br />

Erhalt. Und es braucht viele amtliche Genehmigungen<br />

– nicht nur vom Bauamt, sondern<br />

auch von Seiten der Denkmalpflege oder vom<br />

Umweltamt. In der Summe bedeutet das eine<br />

Mammutaufgabe, der sich die beauftragten Sanierungsplanerinnen<br />

und -planer in den kommenden<br />

Monaten stellen werden. Umso besser<br />

ist, dass <strong>degewo</strong> in ihrer Rolle als Bauherrin auf<br />

langjährige Erfahrungen im Sanierungsgeschehen<br />

zurückgreifen kann.<br />

Da man die Planerinnen und Planer bereits<br />

zu einem frühen Zeitpunkt in das kooperative<br />

Verfahren eingebunden hat, kennen sie die<br />

Herausforderungen, Ideen und Wünsche zur<br />

Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong> schon recht genau.<br />

Damit war die Fertigstellung des Nutzungskonzeptes<br />

im Dezember 2020 kein Zieleinlauf,<br />

sondern vielmehr eine Staffelstabübergabe –<br />

und mit ihr geht die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />

in die nächste Runde: Es entstehen konkrete<br />

Vorschläge für die Sanierungsmaßnahmen, für<br />

die Freiraumgestaltung und die Erschließung.<br />

Erst dann folgen die Detailplanungen und<br />

schließlich die eigentliche Bauausführung<br />

und Sanierung.<br />

In der Vorplanung hat sich nun gezeigt, dass<br />

sich das Nutzungskonzept unter den derzeitigen<br />

Rahmenbedingungen aus der Förderung<br />

nicht ohne Weiteres umsetzen lässt. Erforderlich<br />

ist ein weiterer (Re-)Finanzierungsbedarf der<br />

vorgesehenen Maßnahmen. Gleichzeitig sind<br />

die Maßnahmen hinsichtlich einer Reduzierung<br />

des Umfangs zu prüfen. Hierbei werden die Kooperationspartner<br />

auch abwägen müssen.<br />

"Dieses Beteiligungsverfahren war<br />

nur der Anfang. Der Prozess, wie die<br />

<strong>Wiesenburg</strong> in Zukunft aussehen<br />

wird, beginnt jetzt erst richtig."<br />

Kerstin Rietz, Bezirk Mitte


78 AUSBLICK<br />

DEN BETRIEB ORGANISIEREN<br />

79<br />

Den Betrieb<br />

organisieren<br />

Ein Teil der Vereinsmitglieder<br />

von "Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.".<br />

Ende August 2020 gründeten sie eine<br />

Genossenschaft, die künftig den Betrieb<br />

des Areals übernehmen wird.<br />

Der Beteiligungsprozess bot den Rahmen, das<br />

Szenario für den künftigen Betrieb der <strong>Wiesenburg</strong> zu<br />

schreiben. Mit der Eigentümerin und dem <strong>Wiesenburg</strong>-<br />

Verein in den Hauptrollen.<br />

Genossenschaftliche<br />

Selbstverwaltung<br />

Im Rahmen der Zusammenarbeit etablierte<br />

sich der Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ für<br />

die Eigentümerin <strong>degewo</strong> als verlässlicher<br />

Teamplayer – und zwar als einer, der<br />

künftig nicht nur die Sanierung mit begleitet,<br />

sondern auch als engagierter Partner, der den<br />

Betrieb des Areals übernehmen wird und dafür<br />

eine Genossenschaft gegründet hat.<br />

Und noch einen wichtigen Effekt hatte das<br />

kooperative Verfahren: Der Verein konnte sich<br />

als starker Akteur für eine Zusammenarbeit auf<br />

Augenhöhe etablieren – auch dank der Hilfe<br />

durch eine externe Organisationsberatung. Damit<br />

kam er als Vertreter von Nutzerinnen und<br />

Nutzern in die Situation, den Standort nachhaltig<br />

und harmonisch als sozialen, kulturellen<br />

und geschichtsbewussten Ort weiterentwickeln<br />

zu können.<br />

Zukünftig übernimmt diese Rolle die neu<br />

gegründete Genossenschaft, die den Namen<br />

„Die <strong>Wiesenburg</strong> Berlin e.G.“ trägt. Sie wird aller<br />

Voraussicht nach als legitimierte Vertretung der<br />

derzeitigen und zukünftigen Nutzerinnen und<br />

Nutzer die <strong>Wiesenburg</strong> in genossenschaftlicher<br />

Selbstverwaltung betreiben. Dieses<br />

Modell der genossenschaftlichen Selbstverwaltung<br />

des Standortes handelten <strong>degewo</strong> als<br />

Eigentümerin und der Verein Ende des Jahres<br />

2020 miteinander aus. Die neu gegründete<br />

Genossenschaft verpflichtet sich in enger Kooperation<br />

mit <strong>degewo</strong> und dem Verein zu einer<br />

gemeinwohlorientierten Weiterentwicklung<br />

der <strong>Wiesenburg</strong> als Kulturstandort – und zur<br />

dauerhaften Sicherung der derzeitigen Nutzungsmischung<br />

aus Kunst, Kultur, Handwerk,<br />

Bildung und Sozialem.<br />

setzt sich aus zwei<br />

Begriffen zusammen:<br />

Bei der Selbstverwaltung<br />

verwalten<br />

die Betroffenen – zum<br />

Beispiel Initiativen oder<br />

Unternehmen – die von<br />

ihnen genutzten Räume<br />

selbst und verfügen<br />

frei über Mittel, Werte<br />

und Güter. Wird diese<br />

Selbstverwaltung von<br />

einer Genossenschaft<br />

übernommen, hält jedes<br />

Mitglied Genossenschaftsanteile<br />

und ist<br />

damit auch Eigentümerin<br />

bzw. Eigentümer. 10 10 Vgl. BBSR (Hrsg.) 2020, S. 89


80<br />

STICHWORT<br />

81<br />

Impressum<br />

Quellen<br />

Allen, H. & Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />

(Hrsg.) 2020: Die <strong>Wiesenburg</strong> – Die<br />

Geschichte eines besonderen Asyls.<br />

S. 17.<br />

Bezirk Berlin-Mitte (o.J.): Sanierungsgebiet.<br />

(www.berlin.de/ba-mitte/<br />

politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/staedtebaufoerderung/sanierungsgebiete/,<br />

Zugriff am 25.03.2021)<br />

BBSR (Hrsg.) 2020: Glossar der gemeinwohlorientierten<br />

Stadtentwicklung.<br />

Bonn.<br />

BBSR 2020: Bundesprogramm Nationale<br />

Projekte des Städtebaus. (www.<br />

bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/<br />

programme/zip/nps/nps-node.html,<br />

Zugriff am 25.03.2021)<br />

Landesdenkmalamt Berlin (2020):<br />

Denkmaldatenbank, Asyl für Obdachlose<br />

und <strong>Wiesenburg</strong>. (www.berlin.de/<br />

landesdenkmalamt/denkmale/listekarte-datenbank/denkmaldatenbank/<br />

daobj.php?obj_dok_nr=09030335,<br />

Zugriff am 25.03.2021)<br />

L.I.S.T. GmbH Quartiersmanagement<br />

Pankstraße (2019): Integriertes<br />

Handlungs- und Entwicklungskonzept<br />

2019-2021, u.a. S. 8. (www.<br />

stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/<br />

quartiersmanagement/download/<br />

ihek/IHEK_2019_QM_Pankstrasse.pdf,<br />

Zugriff am 25.03.2021)<br />

Redaktion Baunetz Wissen (2021):<br />

Nachverdichtung. (www.baunetzwissen.de/drucken/nachverdichtung-6606453,<br />

Zugriff am 25.03.2021)<br />

Senatsverwaltung für Umwelt,<br />

Verkehr und Klimaschutz (o.J.):<br />

Landschaftsplan. (www.berlin.de/sen/<br />

uvk/natur-und-gruen/landschaftsplanung/landschaftsplan/,<br />

Zugriff am<br />

25.03.2021)<br />

Herausgeber<br />

<strong>degewo</strong> AG<br />

Potsdamer Straße 60<br />

10785 Berlin<br />

www.<strong>degewo</strong>.de<br />

Projektleitung<br />

Paul-Gerhard Lichtenthäler (V.i.S.d.P.)<br />

Katrin Baba-Kleinhans<br />

Isabella Canisius<br />

Kooperationspartnerinnen und -partner<br />

➔ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen<br />

Referat IV C Städtebauförderung/Stadterneuerung<br />

➔ Bezirk Mitte, Abteilung Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit<br />

➔ Quartiersmanagement Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />

➔ Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />

Konzept und Gestaltung<br />

Urban Catalyst GmbH<br />

www.urbancatalyst.de<br />

Anna Bernegg, Tilmann Teske<br />

StudioTrouble<br />

Jenne Grabowski<br />

www.studiotrouble.com<br />

Bildnachweise<br />

Cathrin Bach: S.13<br />

Martin Birkner: S. 9<br />

Miroslav Dilberovic: S. 13, 17, 19<br />

Jörg Dumkow: S. 79<br />

Gene Glover: Cover, S. 2, 3-4, 10, 21,<br />

25, 30, 37-38, 41, 48-50, 61<br />

Martin Gottschalk: S. 15, 69, 74<br />

Ben Gross: S. 8<br />

Landesarchiv Berlin: S. 12-13<br />

Dirk Laubner: S. 26-27<br />

Tina Merkau: S. 11, 13, 16, 20-21, 24,<br />

28-29, 40, 43-47, 60, 65, 70-73<br />

Bojana Nikolic: S. 14, 21, 71<br />

Burkhard Nolte: S. 70<br />

Wolfgang Stahr: S. 2, 15, 17, 52, 65,<br />

67, 69, 73<br />

Urban Catalyst: S. 39-40, 51, 53, 67<br />

und alle Grafiken<br />

Redaktion<br />

Barbara Hallmann<br />

www.barbara-hallmann.com<br />

mit Urban Catalyst GmbH<br />

Druck<br />

Druckhaus Sportflieger, Berlin<br />

Berlin, Mai 2021


Ein Abenteuer beginnt: Die <strong>Wiesenburg</strong> wird saniert<br />

und soll doch ihren Charme behalten. Und dabei<br />

vielen Interessen gerecht werden. Wie schafft man<br />

das? Und wen holt man ins Boot?

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