degewo-Broschüre Wiesenburg
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Auf Augenhöhe<br />
Die Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals<br />
in Berlin-Gesundbrunnen<br />
gemeinsam weiterdenken
Auf Augenhöhe<br />
Die Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals<br />
in Berlin-Gesundbrunnen<br />
gemeinsam weiterdenken<br />
In Kooperation mit
2 3<br />
Inhalt<br />
KONTEXT<br />
Ein Ort mit Geschichte findet sein Morgen 5<br />
Haltungen und Interessenslagen 8<br />
Innovation – Aus großem Elend erwachsen 12<br />
Ein Refugium –<br />
und zwar mit mächtig Leben drin 14<br />
Ein Verfahren, viele Ziele 20<br />
Ein Areal – und viele Anforderungen 26<br />
NUTZUNGSKONZEPT<br />
Eine Vision entwickeln 53<br />
Vom Woher und Wohin 58<br />
Visionen verorten 62<br />
KOOPERATIVES VERFAHREN<br />
Schritt für Schritt. Gut organisiert.<br />
Und gut geplant. 31<br />
Kooperieren – und zwar richtig! 34<br />
Beteiligungsformate –<br />
gewohnt, anders oder ganz neu 42<br />
AUSBLICK<br />
Leitfaden und Basis:<br />
Arbeiten mit dem Nutzungskonzept 75<br />
Planung, Genehmigung, Bau 77<br />
Den Betrieb organisieren 78
EIN ORT FINDET SEIN MORGEN<br />
5<br />
1<br />
Ein Ort mit<br />
Geschichte findet<br />
sein Morgen<br />
KONTEXT<br />
Ein Abenteuer beginnt: Die <strong>Wiesenburg</strong><br />
wird saniert und soll doch ihren Charme<br />
behalten. Und dabei vielen Interessen<br />
gerecht werden. Wie schafft man das?<br />
Und wen holt man ins Boot?<br />
Im Dreieck von Panke, Ringbahn und Humboldthain<br />
versteckt sich die <strong>Wiesenburg</strong>. Aus der fahrenden S-Bahn<br />
heraus wirken die Bauten ein bisschen, als seien sie aus der<br />
Zeit gefallen. Aber ihre Zukunft hat gerade begonnen.<br />
Versteckt, verwunschen und visionär:<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> liegt im Berliner<br />
Ortsteil Gesundbrunnen und war<br />
schon immer ein Ort, an dem zukunftsweisende<br />
Pläne Realität wurden. Der<br />
Berliner Asylverein, der sie explizit als Zufluchtsort<br />
für obdachlose Menschen Ende des<br />
19. Jahrhunderts erbaute, realisierte damit<br />
ein Vorhaben, das seiner Zeit weit voraus war.<br />
Erstmals entstanden in Berlin Gebäude als Asyl<br />
für wohnungslose Menschen. Auch heute ist<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> wieder ein visionärer Ort – und<br />
zwar seit vielen Jahrzenten. Denn hier fanden<br />
sich, nach Zerstörungen im zweiten Weltkrieg<br />
und wechselnden gewerblichen Nutzungen, ab<br />
den 1960er Jahren Künstler und Handwerker<br />
zusammen, eigneten sich die erhaltenen Gebäudeteile<br />
an und richteten sie her. So entstand<br />
über die Jahre ein vielfältiger Nutzungsmix<br />
aus Kunst, Kultur, Handwerk und Bildungsangeboten;<br />
er macht die <strong>Wiesenburg</strong> zu einer ganz<br />
besonderen Oase für die Nachbarschaft und für<br />
die gesamte Stadt. Es sind vor allem die Menschen,<br />
die hier leben und arbeiten, die Künstler<br />
und Künstlerinnen, die Kulturschaffenden und<br />
die sozialen Unternehmen, die das Ensemble<br />
prägen – durch sie wurde die <strong>Wiesenburg</strong>, was<br />
sie heute ist: Ein einzigartiger Mikrokosmos und<br />
ein charmantes Refugium, das in Berlin seinesgleichen<br />
sucht.<br />
Im November 2014 übertrug das Land Berlin<br />
das unter Denkmalschutz stehende Areal an das<br />
städtische Wohnungsunternehmen <strong>degewo</strong>.<br />
Die neue Eigentümerin verpflichtete sich nicht<br />
nur, hier neuen Wohnraum für die wachsende<br />
Stadt zu schaffen, sondern auch, den Altbestand<br />
zu erhalten und unter Berücksichtigung<br />
der derzeitigen Nutzung weiterzuentwickeln –<br />
ganz im Sinne einer gemeinwohlorientierten<br />
Stadtentwicklung. Daraus ergeben sich viele<br />
Herausforderungen: Zum einen gilt es, den<br />
Nutzungsmix zu erhalten und all denjenigen<br />
weiter Raum zu geben, die die <strong>Wiesenburg</strong><br />
heute nutzen. Darüber hinaus sollen noch mehr<br />
Flächen für Künstlerinnen und Künstler entstehen,<br />
Kulturschaffende sollen Veranstaltungen<br />
planen und umsetzen können und kleinere<br />
Handwerksbetriebe sollen Platz für ihr Gewerbe<br />
bekommen. Dafür müssen die denkmalgeschützen<br />
Gebäude dringend saniert werden,<br />
noch immer sind sie von den Zerstörungen im<br />
zweiten Weltkrieg gezeichnet. Seither taten die<br />
ehemaligen Verwalter und die Nutzerinnen und<br />
Nutzer der einzelnen Werkstätten und Ateliers,<br />
was ihnen jeweils möglich war – doch es<br />
blieb meist bei einer notdürftigen Lösung. Die<br />
<strong>degewo</strong> AG investierte seit der Übernahme des<br />
Geländes rund 865.000 Euro. Diese Summe beinhaltet<br />
unter anderem Kosten für Sicherungsund<br />
Instandhaltungsmaßnahmen und für zwei<br />
Werkstattverfahren. Und die Wohnungsgesellschaft<br />
schob mit diesem zeit- und gedankenintensiven<br />
Engagement auch den Prozess für den<br />
langfristigen Erhalt der <strong>Wiesenburg</strong> an.<br />
Nutzungsmix<br />
beschreibt die Mischung<br />
und Verflechtung<br />
unterschiedlicher<br />
Nutzungen. Wohnen,<br />
Arbeiten, Freizeit uvm.,<br />
die am gleichen Ort<br />
bzw. in unmittelbarer<br />
Nähe stattfinden.<br />
Gemeinwohlorientierte<br />
Stadtentwicklung<br />
stellt Werte wie Solidarität,<br />
Gemeinschaft,<br />
Selbstwirksamkeit und<br />
Teilhabe ins Zentrum<br />
der Stadtentwicklung –<br />
und nicht die Maximierung<br />
von Gewinn.<br />
Ziel ist es, möglichst<br />
vielen Menschen in der<br />
Stadt langfristig den<br />
Zugang zu bezahlbaren<br />
Räumen zu sichern. Ein<br />
Beispiel für diese Art<br />
der Stadtentwicklung<br />
ist das Angebot der<br />
städtischen Wohnungsgesellschaften<br />
oder<br />
Genossenschaften. 1<br />
1 Vgl. BBSR (Hrsg.) 2020, S. 70
6 KONTEXT EIN ORT FINDET SEIN MORGEN<br />
7<br />
Partizipative<br />
Planungskultur<br />
hat zum Ziel, die<br />
Bedürfnisse und Vorstellungen<br />
möglichst<br />
aller Interessengruppen<br />
in Planungsprozessen<br />
zu berücksichtigen. Vor<br />
allem für Stadtentwicklungsprojekte<br />
ist die<br />
Methode heute nicht<br />
mehr wegzudenken,<br />
denn sie bindet Öffentlichkeit<br />
und Verwaltung<br />
durch unterschiedliche<br />
Formate und Methoden<br />
frühzeitig in den<br />
Prozess ein.<br />
Bundesprogramm<br />
Nationale Projekte<br />
des Städtebaus<br />
ist ein Förderprogramm<br />
der Bundesrepublik für<br />
prominente städtebauliche<br />
Projekte. Sie<br />
spielen für die jeweilige<br />
Gemeinde, Stadt oder<br />
Region eine wichtige<br />
Rolle; ihr Qualitätsanspruch<br />
hinsichtlich<br />
Städtebau, Baukultur<br />
und Beteiligung der<br />
Akteurinnen und<br />
Akteure ist sehr hoch.<br />
Derlei Projekte sind oft<br />
sehr kostspielig, das<br />
Förderprogramm soll<br />
das abfedern. 2<br />
Jetzt kommt es darauf an, die historischen Gebäude<br />
zu sanieren und dabei so behutsam ins<br />
Heute zu holen, dass ihr Charme erhalten bleibt.<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> soll als eine gemischt genutzte<br />
sozio-kulturelle Oase bestehen bleiben, wo<br />
Wohnen, Kultur, Kunst und Handwerk in großer<br />
räumlicher Nähe möglich sind.<br />
Der Eigentümerin ist es wichtig, in der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> vielen Interessen Raum zu geben.<br />
Deshalb setzte sie von Anfang an darauf, mit all<br />
denjenigen gemeinsam über die Zukunft der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> nachzudenken, denen das Areal<br />
wichtig ist und die dort leben und arbeiten. Im<br />
Rahmen einer solchen partizipativen Planungskultur<br />
wurde bereits 2016 ein Entwicklungskonzept<br />
für das Gesamtareal erarbeitet,<br />
das eine Entwicklung des Ortes in einer Kombination<br />
aus alter Bausubstanz und Neubau vorsah.<br />
Im Jahre 2017 schließlich fand ein zweites,<br />
partizipatives Werkstattverfahren statt. Dessen<br />
Ziel war es, ein städtebauliches und architektonisches<br />
Konzept für einen Wohnungsneubau<br />
auf dem südlichen Geländeteil innerhalb des<br />
historischen Ensembles zu erarbeiten. Im Ergebnis<br />
entstehen bis zum Sommer 2021 neue Gebäude<br />
auf dem südlichen Grundstücksteil, sie<br />
bieten nicht nur 102 Mietwohnungen, sondern<br />
auch ca. 500 Quadratmeter Gewerbefläche.<br />
Als städtisches Wohnungsunternehmen hat<br />
<strong>degewo</strong> die Hauptaufgabe, Mieterinnen und<br />
Mietern ausreichend bezahlbare Wohnungen<br />
zur Verfügung zu stellen. Im Sinne einer nachhaltigen<br />
Bewirtschaftung behält sie auch im<br />
Blick, ob ausreichend begleitende Versorgung<br />
wie zum Beispiel Sozialeinrichtungen, Bildungsangebote<br />
oder Mietergärten für ihre Mieterinnen<br />
und Mieter verfügbar sind. Sie achtet<br />
darauf, ob es Orte für Kunst und Kultur, für Freizeit<br />
und Sport gibt. Und denkt an gut gestaltete<br />
Höfe und Gärten, in denen man sich gerne<br />
aufhält, wo Kinder gern spielen, wo man sich<br />
erholen und treffen kann. Schon deshalb liegt<br />
"Die <strong>Wiesenburg</strong> hat sich im Gegensatz<br />
zum neuen Berlin ihr eigenes Tempo<br />
bewahrt und behauptet weiterhin ihr<br />
Recht auf Widerstand und Kreativität"<br />
Enno Kuck, Vorstand "Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V."<br />
ein besonderes Augenmerk auf der Zukunft des<br />
gesamten Areals.<br />
Weil die denkmalgeschützten Bestandsgebäude<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> dafür saniert werden<br />
müssen, stellte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
und Wohnen in Abstimmung mit<br />
<strong>degewo</strong> und dem Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“<br />
einen Fördermittelantrag im Rahmen des Bundesprogramms<br />
„Nationale Projekte des Städtebaus“.<br />
Die Fördermittelzusage von Anfang<br />
2020 für eine Fördersumme von insgesamt 12,5<br />
Mio. Euro mit einem Eigenanteil für <strong>degewo</strong><br />
von 5 Mio. Euro (Bund 2,9 Mio. Euro und Land<br />
Berlin 4,6 Mio. Euro) erlaubt es, mit der Sanierung<br />
des Altbaubestandes zu beginnen und so<br />
auch die städtebauliche Entwicklung des Gesamtareals<br />
voran zu treiben. In der Konsequenz<br />
soll ein gemischt genutztes Quartier entstehen.<br />
Gesamtprozess<br />
Gewerbeund<br />
Kreativkonzept<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />
Übergabe des Areals<br />
an <strong>degewo</strong><br />
Nov 2014<br />
weitere<br />
Planungen<br />
CREATIVITY<br />
NEEDS<br />
SPACE<br />
PLANUNG<br />
Die "Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals": Von der<br />
Übergabe des Areals an <strong>degewo</strong> über verschiedene Beteiligungsverfahren<br />
hin zur Sanierung des Areals<br />
Als erster Meilenstein dieses Projektes entstand<br />
im Jahr 2020 in einem kooperativen Verfahren<br />
ein Nutzungskonzept für die <strong>Wiesenburg</strong>. Die<br />
vorliegende <strong>Broschüre</strong> dokumentiert, wie intensiv<br />
alle Beteiligten sich der Frage gestellt haben,<br />
wer die <strong>Wiesenburg</strong> künftig wie nutzen soll, wie<br />
vertieft man mögliche Lösungen gegeneinander<br />
abgewogen hat und welche Kompromisse<br />
als Ergebnis von allen für gut befunden wurden.<br />
Mit dem Nutzungskonzept ist eine Grundlage<br />
für die Entwicklung und Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />
entstanden, die von allen Beteiligten<br />
gemeinsam erarbeitet wurde und mitgetragen<br />
wird. Dieses Konzept benennt künftige Nutzungen<br />
in den Gebäuden und im Freiraum und<br />
definiert, wie das Areal künftig durch Zugänge<br />
und Wege in die Nachbarschaft eingebunden<br />
sein soll.<br />
GUTACHTEN<br />
Erstes<br />
Sanierungskonzept<br />
1. Werkstattverfahren<br />
Gewerbe und Kreativkonzept<br />
2016<br />
ZUWENDUNGS-<br />
ANTRAG<br />
Kooperatives Verfahren<br />
„Revitalisierung der <strong>Wiesenburg</strong>“<br />
März-Aug 2020<br />
KOOPV<br />
Nutzungskonzepte<br />
beschreiben die Art<br />
und den Umfang von<br />
Nutzungen. Es wird<br />
definiert, mit welchen<br />
Funktionen ein Ort im<br />
Detail bespielt wird.<br />
Wird hier gewohnt oder<br />
gearbeitet, finden hier<br />
Kunst und Kultur statt?<br />
Sind die Nutzungen<br />
stark verzahnt oder<br />
voneinander abgegrenzt?<br />
Wo liegen<br />
öffentliche Räume und<br />
Außenflächen und wie<br />
intensiv werden sie<br />
genutzt?<br />
Sanierungskonzept<br />
NUTZUNGS-<br />
KONZEPT<br />
GUTACHTEN<br />
2. Werkstattverfahren<br />
zur baulichen<br />
Entwicklung<br />
Mai-Juli 2017<br />
Zuwendungsantrag<br />
Nationale Projekte des Städtebaus<br />
April 2019<br />
Kooperationsvereinbarung<br />
Nutzungskonzept<br />
Kooperative<br />
Verfahren<br />
dienen bei städtebaulichen<br />
Vorhaben<br />
dazu, alle relevanten<br />
Interessen zu berücksichtigen.<br />
Dafür werden<br />
die verschiedenen<br />
Interessengruppen wie<br />
Verbände, Verwaltung,<br />
Politik, Stadtgesellschaft<br />
zusammengeholt;<br />
sie handeln<br />
gemeinsam die Ziele<br />
und passenden Wege<br />
zur Weiterentwicklung<br />
eines Gebietes aus.<br />
Sanierung +<br />
Revitalisierung<br />
2021-2023<br />
Bauantrag<br />
Beginn Neubau<br />
Nov. 2018<br />
Mieten- und<br />
Organisationsmodell<br />
Ende<br />
2021<br />
2 Vgl. BBSR 2020
8 KONTEXT<br />
HALTUNGEN UND INTERESSENSLAGEN<br />
9<br />
Haltungen und<br />
Interessenlagen<br />
Wenke Christoph<br />
Staatssekretärin, Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung und Wohnen<br />
„DAS PROJEKT REVITALISIE-<br />
RUNG DES WIESENBURG-<br />
AREALS STEHT FÜR DIE<br />
VERBINDUNG VON BESTEHEN-<br />
DEM UND BENÖTIGTEM. Dank<br />
des hohen Engagements aller<br />
Beteiligten ist das Projekt auf<br />
einem vielversprechenden Weg,<br />
seine Einzigartigkeit zu erhalten<br />
und weiterzuentwickeln: Bei der<br />
Sicherung der Kulturangebote, der<br />
Öffnung in den Stadtteil und der<br />
Schaffung von Wohnungen.<br />
Deshalb engagieren sich auch<br />
Bund und Land in diesem beispielhaften<br />
Vorhaben partizipativer und<br />
gemeinwohlorientierter<br />
Stadtentwicklung.“<br />
Sandra Wehrmann<br />
Vorstandsmitglied <strong>degewo</strong> AG<br />
„DIE WIESENBURG IST FÜR<br />
DEGEWO EIN PROJEKT, DAS IN<br />
JEDER HINSICHT BESONDERS<br />
IST. In die Struktur dieses<br />
einzigartigen Ortes einzugreifen<br />
und diesen zu verändern ist uns<br />
alles andere als leicht gefallen.<br />
Bei der Planung bewegen wir<br />
uns in einem Spannungsfeld<br />
zwischen Entwicklung und<br />
Erhaltung, zwischen Wünschen<br />
und Zwängen. Dieser Beteiligungsprozess<br />
war und ist eine wertvolle<br />
Erfahrung – auch wenn der Weg<br />
mitunter steinig und für viele auch<br />
anstrengend war. Das Aushandeln,<br />
das Finden von Kompromissen,<br />
davon bin ich überzeugt, hat<br />
uns zu einem guten Miteinander<br />
geführt. Am Ende wird die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> – auch baulich –<br />
die Intensität dieses Diskurses<br />
abbilden: Neu und Alt, Bewährtes<br />
und Experimentelles, Gewerbe und<br />
Wohnen werden sich ergänzen<br />
und ein sehr eigenständiges Stück<br />
Berlin bilden.“
10 KONTEXT<br />
HALTUNGEN UND INTERESSENSLAGEN<br />
11<br />
Enno Kuck und Dirk Feistel<br />
Vorstand "Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V."<br />
"MEINE ZUKUNFTSVISION VON<br />
DER WIESENBURG BESTEHT<br />
DARIN, DASS WIR DAS KONZEPT<br />
VON ALT UND NEU VERBINDEN<br />
UND ES GELINGT, ein Stück von<br />
dem Spirit der alten <strong>Wiesenburg</strong><br />
auch auf den Wohnungsneubau<br />
zu übertragen. Wir haben die Hoffnung,<br />
dass der öffentliche Raum<br />
auch wirklich zu einem<br />
gemeinsamen Begegnungsort<br />
werden kann."<br />
„Der Verein Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />
ist angetreten, die anstehenden<br />
Veränderungen auf dem Areal mit<br />
eigenem Gestaltungswillen zu<br />
begleiten und die Entwicklung des<br />
Standortes mitzubestimmen.<br />
WIR SETZEN UNS DAFÜR EIN,<br />
DEN BESONDEREN ZAUBER DES<br />
ORTES ZU WAHREN, kulturelle<br />
Freiräume zu schützen und bezahlbare<br />
Mieten für Kunst, Kultur,<br />
Handwerk und Soziales auf der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> jetzt und für zukünftige<br />
Generationen zu sichern.“<br />
Ephraim Gothe<br />
Stadtbaurat Bezirk Mitte<br />
Christian Luchmann<br />
Geschäftsführung L.I.S.T. GmbH,<br />
Quartiersmanagement<br />
Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />
"DIE BEWOHNERINNEN UND<br />
BEWOHNER DES QUARTIERS<br />
BRAUCHEN EINEN ATTRAKTI-<br />
VEN GRÜNZUG AN DER PANKE<br />
ALS NAHERHOLUNGSRAUM.<br />
Das Quartier ist mit Grünflächen<br />
schon lange unterversorgt. Auch<br />
ziehen mehr Menschen hierher<br />
und viel bauliche Nachverdichtung<br />
passiert – das erhöht den Bedarf.<br />
Deshalb setzen wir uns dafür ein,<br />
das <strong>Wiesenburg</strong>-Areal schrittweise<br />
und behutsam zu öffnen, damit<br />
Fussgängerinnen und Fußgänger<br />
das Gelände vom Pankeuferweg<br />
aus erreichen können. Ausserdem<br />
wollen wir die umliegenden Freiräume<br />
für die Nachbarschaft langfristig<br />
sichern.“
12 KONTEXT<br />
INNOVATION, GEWACHSEN AUS GROSSEM ELEND<br />
13<br />
Innovation – Aus großem<br />
Elend erwachsen<br />
Dezember 2020<br />
Das Nutzungskonzept wird<br />
feierlich beschlossen – wegen<br />
der Corona-Pandemie in<br />
einem virtuellen Treffen.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts entstand die <strong>Wiesenburg</strong> als<br />
Zufluchtsort für alle, denen Berlin sonst keinen Raum bot.<br />
Sie wurde gebaut durch großen Bürgersinn und Anstand.<br />
1895<br />
Baubeginn für ein<br />
innovatives Obdachlosenasyl<br />
für Männer<br />
an der Wiesenstraße;<br />
Bauherr ist der<br />
„Berliner Asylverein<br />
für Obdachlose“.<br />
Finanzierung über<br />
Spenden.<br />
1922-1927<br />
Der Asylverein verpachtet die<br />
gesamte Liegenschaft an die<br />
jüdische Gemeinde. Sie bringt<br />
dort Gemeindemitglieder<br />
unter, die aus Osteuropa geflohen<br />
sind.<br />
1931<br />
Das Obdachlosenasyl wird<br />
geschlossen, weil die Stadt<br />
Berlin mittlerweile neue<br />
Notunterkünfte betreibt<br />
und kein Geld mehr gibt.<br />
Noch im laufenden Betrieb<br />
dreht Fritz Lang hier Teile des<br />
Films „M – Eine Stadt sucht<br />
einen Mörder“.<br />
1944/45<br />
Bomben zerstören weite Teile<br />
des vormaligen Männerasyls,<br />
weitere Bauten kommen<br />
mit leichten Schäden davon.<br />
Nach dem Krieg beziehen<br />
Handwerksbetriebe die<br />
Gebäude und verändern sie<br />
nach ihren Bedürfnissen.<br />
2014<br />
<strong>degewo</strong> wird<br />
Eigentümerin<br />
der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />
Das<br />
Land Berlin<br />
überträgt das<br />
Areal an das<br />
städtische<br />
Wohnungsunternehmen.<br />
2016/17<br />
Zwei Werkstattverfahren zur<br />
Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong> und<br />
zum Wohnungsneubau im<br />
Süden des Areals. Baubeginn<br />
für letzteren ist 2018.<br />
seit Juli 2020<br />
Die Landschafts- und<br />
Sanierungsplanerinnen<br />
und -planer<br />
beginnen mit vorbereitenden<br />
Arbeiten<br />
zur Erstellung eines<br />
Sanierungskonzeptes<br />
auf Grundlage des<br />
Nutzungskonzeptes<br />
und im Auftrag von<br />
<strong>degewo</strong>.<br />
August 2020<br />
Gründung der<br />
Genossenschaft<br />
„Die <strong>Wiesenburg</strong><br />
Berlin eG“ durch die<br />
Nutzerinnen und<br />
Nutzer, mit dem Ziel<br />
des Abschlusses<br />
eines langfristigen<br />
Nutzungsvertrages<br />
für das Areal und<br />
der Bewirtschaftung<br />
in Selbstverwaltung.<br />
13. Dezember 1896<br />
1907<br />
1912<br />
1926<br />
1933<br />
Ab 1961<br />
2015<br />
2020<br />
Einweihung des Neubaus.<br />
Jeder obdachlose Mann<br />
bekommt ein Bett mit zwei<br />
Decken, kann baden, seine<br />
Kleider waschen lassen,<br />
es gibt Suppe, Kaffee und<br />
eine Schrippe. Man darf<br />
anonym bleiben.<br />
Einweihung eines neuen<br />
Frauenasyls an der Kolberger<br />
Straße. Dazu auch<br />
weitere Funktionsbauten am<br />
Männerasyl, zum Beispiel<br />
Maschinenhaus, Werkstatt<br />
und Wäscherei.<br />
Weil Spenden ausbleiben<br />
wird das Frauenasyl – als<br />
erster von künftig mehr und<br />
mehr Bereichen – an Handwerkerinnen<br />
und Handwerker<br />
verpachtet; obdachlose<br />
Frauen übernachten jetzt<br />
ebenfalls im Stammhaus.<br />
Der Verein schließt einen Vertrag<br />
mit der Berliner Stadtverwaltung:<br />
Letztere finanziert<br />
notwendige Reparaturen<br />
und darf dafür im wiedereröffneten<br />
Asyl mitbestimmen.<br />
Dadurch geht aber der<br />
innovative Ansatz verloren<br />
– beispielsweise müssen die<br />
obdachlosen Menschen ab<br />
sofort ihre Namen angeben.<br />
Die „Nationalsozialistische<br />
Volksfürsorge“<br />
konfisziert<br />
das Vermögen<br />
des Vereins. Auf<br />
der <strong>Wiesenburg</strong><br />
findet zunehmend<br />
Rüstungsproduktion<br />
statt.<br />
Der Berliner Asylverein<br />
verwaltet das Areal unter<br />
Leitung der Familie Dumkow,<br />
Nachfahren eines<br />
<strong>Wiesenburg</strong>-Stifters. Die<br />
Wohnungen im Beamtenhaus<br />
werden renoviert<br />
und instandgesetzt.<br />
Seit dem Kulturhauptstadt-Jahr<br />
1988 ist das<br />
Areal auch immer wieder<br />
Ort für Kunst und Kultur.<br />
Gründung des Vereins „Die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ als Interessenvertretung<br />
zum Erhalt<br />
des Ensembles durch die<br />
Nutzerinnen und Nutzer<br />
Die „Revitalisierung des<br />
<strong>Wiesenburg</strong>-Areals“ wird in<br />
einem Beteiligungsverfahren<br />
diskutiert. Entstehen soll ein<br />
Nutzungskonzept, das als<br />
Basis für die weitere Entwicklung<br />
dienen kann.<br />
Sommer 2021<br />
Avisierte Fertigstellung<br />
und Bezug<br />
des Neubaus auf<br />
dem südlichen<br />
Geländeteil. 3<br />
Das Ensemble, das wir heute als <strong>Wiesenburg</strong><br />
kennen, entstand Ende des 19. Jahrhunderts aus<br />
dem Leid, welches das Bevölkerungswachstum<br />
der Industrialisierung mit sich brachte. Zeitgleich<br />
mit der Not der Arbeiterinnen und Arbeiter wuchs auch der<br />
Bürgersinn der Bessergestellten. So gründeten engagierte<br />
Persönlichkeiten, darunter der Industrielle Albert Borsig<br />
und der Arzt Rudolf Virchow, aber auch viele Mitglieder der<br />
Berliner jüdischen Gemeinde, den „Berliner Asylverein für<br />
Obdachlose“. Im Jahr 1896 nahmen sie mit der <strong>Wiesenburg</strong><br />
eine explizit zu diesem Zweck gebaute Notunterkunft für<br />
Männer in Betrieb, die sie als Verein auch selbst verwalteten.<br />
1907 wurde sie durch ein Frauenasyl ergänzt. Deshalb gilt<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> bis heute als besonders bedeutsam für die<br />
Geschichte sozialer Einrichtungen in Berlin. Bis 1914 zählte<br />
man rund 300 000 Übernachtungen pro Jahr. Wer hier Unterschlupf<br />
suchte, durfte anonym bleiben und die Polizei hatte<br />
keinen Zutritt zu den Räumen – für die damalige Zeit eine<br />
äußerst respektvolle und fortschrittliche Art, den Problemen<br />
des Industrialisierungs-Elends zu begegnen.<br />
Wegen der Wirtschaftskrisen und neuerer Obdachlosenasyle<br />
veränderte sich die Nutzung des Areals seit dem ersten<br />
Weltkrieg stetig – Schritt für Schritt weg von der Notunterkunft<br />
hin zu einem Gewerbehof. Nach Bombenangriffen im<br />
zweiten Weltkrieg, die einer mittlerweile hier ansässigen<br />
Fabrik für Rüstungsgüter galten, beräumte man die Trümmer<br />
– und überließ das Gelände weitestgehend denjenigen,<br />
die es sich aneignen wollten.<br />
Dazu gehörten Gewerbe- und Handwerksbetriebe; sie<br />
sicherten die Gebäude notdürftig oder veränderten sie nach<br />
eigenen Anforderungen. Später kamen auch Räume für<br />
Kunst und Kultur hinzu, es entstand ein für Berlin besonderer<br />
Nutzungsmix. Dass die <strong>Wiesenburg</strong> 1995 als Gesamtanlage<br />
unter Denkmalschutz gestellt wurde, verdeutlichte den<br />
historisch-baulichen Wert des Ensembles; so war es vor weitreichender<br />
Veränderung oder gar Abriss bewahrt. Das Land<br />
Berlin übergab das etwa 12 Hektar große Gelände 2014 an<br />
das städtische Wohnungsunternehmen <strong>degewo</strong> – mit dem<br />
Auftrag, Wohnraum zu schaffen und dabei den Altbestand<br />
sowie die derzeitigen Nutzungen zu erhalten.<br />
3 Chronologie vgl. Heather Allen (2020)
14 KONTEXT<br />
REFUGIUM<br />
15<br />
Ein Refugium – und<br />
zwar mit mächtig<br />
Leben drin<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> heute –<br />
mit ihrem verwunschenen<br />
Charakter strahlt sie etwas<br />
Besonderes aus, hat jedoch<br />
auch einen erheblichen<br />
Sanierungsbedarf.<br />
Wie eine Oase in der Eile und im Lärm der Hauptstadt<br />
wirkt das 120 Jahre alte Gebäudeensemble. Und es<br />
birgt viel Erhaltenswertes, wie es in Berlin sonst kaum<br />
mehr zu finden ist.<br />
"Die <strong>Wiesenburg</strong><br />
– Die Geschichte<br />
eines besonderen<br />
Aslys"<br />
Das Buch von Heather<br />
Allen kann unter www.<br />
diewiesenburg.berlin<br />
bezogen werden.<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> ist kein Ort wie jeder<br />
andere in Berlin; ihr besonderer Charakter<br />
zeigt sich schon von außen:<br />
Efeu rankt die Backsteinwände<br />
hinauf, nicht jedes Gebäude wird genutzt, oder<br />
bewohnt. Wer das Areal betritt, fühlt sich leicht<br />
in das unfertige Berlin der Nachwendejahre zurückversetzt.<br />
Das Ensemble erstaunt mit seiner<br />
Patina, die in der Hauptstadt vielerorts verloren<br />
gegangen ist – die Bauten sind ruinös und<br />
sanierungsbedürftig einerseits, provisorisch<br />
belebt, genutzt und bewohnt andererseits.<br />
Hier und da wächst eine Birke aus einer Ruine.<br />
Ganz hinten plätschert die Panke, gesäumt von<br />
Bäumen und Büschen. Die Romantik durchzieht<br />
ein Hauch von Gefahr, in einigen Fassaden<br />
klaffen Risse, in anderen Gebäuden fehlt<br />
gar eine ganze Wand oder das Dach. Damit die<br />
Keller unter den Gebäuden vor dem Einstürzen<br />
gesichert sind, ließ <strong>degewo</strong> hunderte Stützpfeiler<br />
einbauen, um die Verkehrssicherheit zu<br />
gewährleisten. Das Vergängliche, das Unfertige<br />
und Unperfekte machen den Charme der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> aus. Für eine Großstadt fast schon<br />
unwirklich erscheint die Ruhe hier, gelegentlich<br />
unterbrochen vom Rattern einer S-Bahn.<br />
Wie kann es gelingen, diesen besonderen<br />
Charme zu erhalten – trotz Sanierung, trotz<br />
Bewohnerinnen und Bewohner im Neubau und<br />
trotz unterschiedlicher Vorstellungen, wer welchen<br />
Bereich des Ensembles wie nutzen darf?<br />
Historie und Denkmalwert<br />
Was liegt eigentlich hinter diesem Tor? Wer<br />
vom Humboldthain aus gen Norden die<br />
Wiesenstraße entlang geht, kann bestenfalls<br />
erahnen, wie es auf dem Gelände hinter der<br />
Sporthalle aussieht. Dass seit dem Ende des<br />
19. Jahrhunderts hier rund 30 Jahre lang ein<br />
innovatives Obdachlosenasyl lag – Berlins erstes<br />
wohlgemerkt – davon erzählt bis heute die<br />
Anordnung der Gebäude: An der Wiesenstraße<br />
selbst weist nur ein Tor auf den besonderen Ort<br />
hin; dahinter beginnt eine etwa zweihundert<br />
Meter lange Privatstraße, sie führt ins Herz des<br />
Ensembles. An ihrem Ende liegen das Beamtenwohnhaus<br />
und die frühere Sammelhalle, wo<br />
sich am Abend einfand, wer eine Unterkunft<br />
suchte. Zur <strong>Wiesenburg</strong> konnte man von der<br />
Straße aus relativ unbehelligt gelangen: Dem<br />
Verein, der das Asyl erbaute und betrieb, war<br />
daran gelegen, die Anonymität der Hilfesuchenden<br />
zu wahren – und Ansammlungen<br />
obdachloser Menschen auf öffentlicher Straße<br />
vermeiden. Denn letzteres empfanden die Berlinerinnen<br />
und Berliner damals als besonders<br />
störend.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts stellte die Wohnungslosigkeit<br />
ein erhebliches Problem dar;<br />
in Berlin waren viele Menschen ohne Obdach.<br />
Die „bessere Gesellschaft“ blickte ihrerseits<br />
respektlos auf diese Menschen ohne festen<br />
Wohnsitz herab, man empfand sie als<br />
Faulenzerinnen und Faulenzer und ihrer<br />
Situation selbstverschuldet. Folglich gab es<br />
kaum Hilfsangebote, die auf die Bedürfnisse<br />
von obdachlosen Menschen eingingen. Die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> sollte als Modellprojekt und erste<br />
eigens dafür gebaute Notunterkunft einen<br />
neuen Umgang mit Obdachlosigkeit zeigen.<br />
Ihre Architektur ist angelehnt an die repräsentativen<br />
Bauten der Bürgerschicht aus dieser<br />
Zeit, die innere Einrichtung war besonders<br />
fortschrittlich und entsprach den neuesten<br />
Hygienestandards. Dies alles geschah auch, um<br />
der Fürsorge und Wohltätigkeit des Berliner<br />
Asylvereins und des liberalen Bürgertums Ausdruck<br />
zu verleihen. Auch durch die Architektur<br />
sollte deutlich werden, dass die wohnungslosen<br />
Männer und Frauen keinesfalls als Menschen<br />
zweiter Klasse angesehen werden. Und<br />
auch nach außen sollten die Gebäude zeigen,<br />
dass hier etwas Hochwertiges und Langlebiges<br />
entstanden ist. Die rote Backsteinfassade<br />
mit Fenstereinfassungen und Gesimsen aus<br />
Kunststein sowie den Giebeln und verputzten<br />
Blendflächen sind im Stil der deutschen Neorenaissance<br />
erbaut 4 . Hervorzuheben sind auch<br />
die detaillierten Fassaden des dreistöckigen Beamtenwohnhauses<br />
sowie der Sammelhalle mit<br />
dem angrenzenden, eckigen Wasserturm. Die<br />
hinten liegenden Gebäude mit Waschräumen,<br />
Badesaal, Speisehalle und Schlafsälen orientieren<br />
sich an der Industriearchitektur der Zeit –<br />
zu sehen unter anderem an den Sheddächern.<br />
Diese Dachform war in der damaligen Zeit<br />
für Fabrikhallen sehr beliebt, da so viel Licht<br />
in die Räume gelangte, ohne dass man große<br />
Fensterflächen installieren musste oder die<br />
Sonne blendete. Auch für das Obdachlosenasyl<br />
war diese Bauweise durchaus praktisch, konnte<br />
man doch die Räume gut belichten, ohne<br />
dass sie von außen einsehbar waren. Bei ihrer<br />
Fertigstellung entsprach die <strong>Wiesenburg</strong> dem<br />
neusten Stand der Technik mit Heizsystem,<br />
künstlicher Lüftung und Licht- sowie Wasserversorgung<br />
– und das, obwohl ihr Bau nur rund<br />
ein Jahr dauerte und zu großen Teilen aus<br />
Der Giebel der Sammelhalle wurde aus Kunststein gefertigt<br />
Neorenaissance<br />
ist ein Baustil des 19.<br />
Jahrhunderts, der die<br />
Bauweise der Renaissance<br />
zitiert. Bekannte<br />
Beispiele sind u.a. das<br />
Berliner Reichstagsgebäude<br />
oder die Semperoper<br />
in Dresden. Auch<br />
auf der <strong>Wiesenburg</strong> sind<br />
Ansätze der Neorenaissance<br />
zu erkennen.<br />
4 Vgl. Landesdenkmalamt Berlin (2020)
16 KONTEXT<br />
REFUGIUM<br />
17<br />
So wie die Metallbauwerkstatt gibt es mehrere Orte auf der <strong>Wiesenburg</strong>, die zum produzierenden<br />
Gewerbe zählen. Hier wird geschweißt, gehämmert und gefräst.<br />
privaten Spenden finanziert wurde. So verrät<br />
und bewahrt die <strong>Wiesenburg</strong> vieles über die<br />
Sozial- und Baugeschichte Berlins. Deshalb<br />
stellte man sie in den 1980er Jahren zuerst<br />
vorläufig und in den 1990er Jahren schließlich<br />
dauerhaft unter Denkmalschutz.<br />
Bestandsnutzungen – der Mix macht‘s<br />
Der besondere Charme der <strong>Wiesenburg</strong> entsteht<br />
aus einer Vielzahl von Elementen, die<br />
noch vor zwanzig Jahren auch an anderen<br />
Orten in Berlin zusammen auftraten – heute<br />
aber extrem selten geworden sind: Es gibt eine<br />
Nutzungsvielfalt aus Kunst, Kultur, Handwerk<br />
und Wohnen. Und es finden sich hier viele<br />
multifunktional nutzbare Flächen und Räume,<br />
die keiner bestimmten Nutzung zugeordnet<br />
sind und die man sich für eine gewisse Zeit<br />
aneignen kann – ein idealer Nährboden für<br />
Kreativität. Abgeschieden liegt das Gelände<br />
und von der Straße aus nicht einsehbar. Wer<br />
in sein Inneres vorgedrungen ist, kann noch<br />
immer Spuren des zweiten Weltkrieges entdecken.<br />
Verzaubert wirken viele Ecken, auf<br />
den Freiflächen wachsen Büsche und Bäume<br />
wild und schaffen zusammen mit mancher<br />
ruinösen Backsteinwand den Eindruck, man sei<br />
auf einer verwunschenen Insel mitten in der<br />
Großstadt gelandet. Immer wieder aber kommt<br />
man durch ein Geräusch ins Hier und Jetzt<br />
zurück – es surren Maschinen oder es wird ein<br />
Transporter entladen: Die Bestandsnutzungen<br />
unterschiedlicher Gewerbetreibender, Künstlerinnen<br />
und Künstler sowie Kulturschaffender<br />
haben das Gelände über die Jahre belebt und<br />
geprägt. Sowohl Innenräume als auch Außenbereiche<br />
leben von unterschiedlichen, kleinteiligen<br />
Nutzungen aus den Bereichen Kunst,<br />
Kultur, Bildung und Handwerk. Die Vielfalt<br />
spiegelt sich auch im Alltag wider: Handwerker<br />
und Handwerkerinnen bauen, schrauben<br />
oder transportieren Materialien, Gäste oder<br />
Die Tanzhalle dient einheimischen und internationalen<br />
Tänzerinnen und Tänzern als Wirkungsraum<br />
Kundinnen bzw. Kunden kommen, um die<br />
unterschiedlichen Angebote zu besuchen,<br />
Künstlerinnen und Künstler unterhalten sich<br />
bei einem Kaffee auf dem Hof und Bewohner<br />
oder Bewohnerinnen eilen zur Arbeit oder<br />
tragen Einkaufstaschen in ihr Zuhause im ehemaligen<br />
Beamtenwohnhaus. Wer hier wohnt,<br />
gehört gleichermaßen auch zur Gemeinschaft<br />
der Künstlerinnen und Künstler, der Gewerbetreibenden<br />
und Kulturschaffenden: Man nutzt<br />
die Freiflächen gemeinsam, kennt und tauscht<br />
sich aus.<br />
Seit den 1960er Jahren prägen die Menschen,<br />
die auf dem Gelände leben und arbeiten,<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> ganz besonders. Als<br />
<strong>degewo</strong> das Gelände 2014 übernahm, knüpfte<br />
sich daran die Absicht, hier auch neue Flächen<br />
für Wohnen und Gewerbe zu schaffen. Für die<br />
angestammten Nutzerinnen und Nutzer der<br />
<strong>Wiesenburg</strong>, die bislang nur eine formlose<br />
Gemeinschaft bildeten, wurde es durch diese<br />
neuen Rahmenbedingungen wichtig, sich auch<br />
formal zusammen zu schließen: 2015 gründeten<br />
sie einen Verein. So konnten sie in einem<br />
festen Rahmen eine gemeinsame Haltung zur<br />
Zukunft des Areals entwickeln und ihre Vorstellungen<br />
gegenüber der neuen Eigentümerin<br />
kommunizieren. <strong>degewo</strong> fand im Verein „Die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ wiederum eine verbindliche<br />
Vertretung der Nutzerinnen und Nutzer – und<br />
Die Konzertreihe „Classical Sundays" in der Werkhalle <strong>Wiesenburg</strong><br />
findet viel Anklang bei Musikinteressierten.<br />
Auch die Außenräume werden von den Nutzerinnen und Nutzern bei den<br />
unterschiedlichsten Gelegenheiten miteinbezogen. Ob beim Schweißen, Sägen<br />
– oder wie hier bei der Tanzperformance "Arial" von Nikolina Komljenovic.<br />
später auch einen Kooperationspartner für die<br />
weitere Entwicklung. In einem waren sich Mieterinnen<br />
und Mieter mit der Vermieterin schnell<br />
einig: Sollte die <strong>Wiesenburg</strong> eine Zukunft<br />
haben, dann muss sie grundlegend baulich ertüchtigt<br />
werden. Auch deshalb engagierte sich<br />
der Verein von Beginn an intensiv im Verfahren<br />
– dank einer externen Organisationsberatung<br />
auch mit der dafür nötigen fachlichen Expertise.<br />
Während des Beteiligungsprozesses hat<br />
der Verein eine Vielzahl eigener Entwicklungsvorschläge<br />
formuliert, so zum Beispiel mittels<br />
eines „Gewerbe- und Kreativkonzeptes“ (Stand<br />
Februar 2020), das bereits zu Anfang in<br />
das Verfahren zum Nutzungskonzept eingebracht<br />
wurde. Dieses Papier beschreibt die<br />
bestehenden Nutzungen und zeigt Nutzungspotenziale<br />
auf.
18 KONTEXT REFUGIUM<br />
19<br />
Die Bestandsnutzungen<br />
ehem.<br />
Frauenasyl<br />
1 Tanzhalle<br />
Die Tanzhalle befindet sich seit 2008<br />
auf dem Gelände und wurde 2012<br />
mit Mitteln der Städtebauförderung<br />
saniert. Sie bietet Künstlerinnen und<br />
Künstlern Probe- und Veranstaltungsflächen<br />
und Raum für diverse offene<br />
Formate.<br />
2 Philosophiewerkstatt<br />
Die Philosophiewerkstatt ist ein<br />
offener Raum, der von verschiedenen<br />
Personen als Inspirationsquelle, als Ort<br />
für den Gedankenaustausch oder auch<br />
temporär als Lager genutzt wird.<br />
3 Metallbauwerkstatt<br />
In der Metallbauwerkstatt entstehen<br />
seit 2003 Einzelstücke und Serienmodelle.<br />
Zudem werden für internationale<br />
Künstlerinnen und Künstler komplette<br />
Ausstellungen und Kunstwerke<br />
gefertigt.<br />
5<br />
4<br />
6<br />
3<br />
7<br />
8<br />
2<br />
Garagen<br />
Neubau<br />
4 Maschinenbauwerkstatt<br />
In der Maschinenbauwerkstatt entstehen<br />
hochspezialisierte Maschinen,<br />
unter anderem für die Umwelttechnik;<br />
Dafür ist der angrenzende Außenbereich<br />
und die Rampe unverzichtbar.<br />
5 Designwerkstatt<br />
Seit 1999 fertigt ein Produktdesigner<br />
hier Prototypen und Modelle für<br />
hochwertige Büroausstattungen und<br />
Einrichtungsgegenstände.<br />
6 Musikstudio<br />
Auf der <strong>Wiesenburg</strong> entstehen seit<br />
1998 auch professionelle Musikproduktionen.<br />
Das Studio ist innerhalb der<br />
Berliner Musikszene gut vernetzt und<br />
fördert auch lokale Musikerinnen und<br />
Musiker.<br />
9<br />
1<br />
Beamtenwohnhaus<br />
Neubau<br />
Wiesenstraße<br />
7 Holzwerkstatt<br />
Die Holzwerkstatt diente einem Künstler,<br />
der vor nicht allzu langer Zeit verstorben<br />
ist, viele Jahre als Arbeitsraum.<br />
Diese Nutzungsart soll auch in Zukunft<br />
im Bestand erhalten bleiben.<br />
8 Werkhalle <strong>Wiesenburg</strong><br />
Die Werkhalle ist das Atelier eines<br />
schwedischen Künstlers. Seit 2017 finden<br />
hier immer wieder Ausstellungen,<br />
Lesungen, Theateraufführungen, Tanz-<br />
Performances oder Konzerte statt.<br />
9 Clubhaus<br />
Das Clubhaus hat sich zum Treffpunkt<br />
und Aufenthaltsort entwickelt – für<br />
Gewerbetreibende, Künstlerinnen und<br />
Künstler und Gäste der <strong>Wiesenburg</strong><br />
gleichermaßen.<br />
Bedeutung der <strong>Wiesenburg</strong><br />
für die Nachbarschaft<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> prägt durch ihre Mischung aus<br />
Kultur-, Sozial und Stadtgeschichte ihr Quartier<br />
mit – aber auch den Bezirk Mitte und darüber<br />
hinaus. Denn schon in der Vergangenheit<br />
besaß sie eine starke Strahlkraft in die Stadt<br />
hinein, nicht zuletzt als Kultur-, Bildungs- und<br />
Veranstaltungsort. Dass so viele verschiedene<br />
Menschen diesen Ort in ganz verschiedener<br />
Art nutzen, bereichert die Nachbarschaft; die<br />
Kunst-, Kultur- und Bildungsangebote werden<br />
auch von den Anwohnerinnen und Anwohnern<br />
genutzt. Auf dem Gelände finden Musikveranstaltungen<br />
und Konzerte statt, es können Ausstellungen<br />
besucht oder die Proberäume in der<br />
Tanzhalle genutzt werden. Jedes Jahr lädt der<br />
Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ zu einem Festival<br />
auf dem Gelände ein und organisiert Rundgänge,<br />
in denen man vieles über die Geschichte<br />
des Areals erfahren kann. Auch für Schulklassen<br />
gab es bis zur Sperrung des Geländes aus<br />
Sicherheitsgründen lange Zeit Lernangebote.<br />
Sie konnten die besondere Pflanzenwelt erkunden<br />
und das Wäldchen, wo heute das neu<br />
errichtete Wohn- und Gewerbehaus steht, als<br />
grünen Rückzugsort nutzen. In Zukunft sollen<br />
solche Bildungsangebote auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
wieder stärker in den Fokus rücken und mehr<br />
Stadtentwicklung ist Thema auf der <strong>Wiesenburg</strong>. 2018 auf der Gesprächsrunde<br />
„Stadt auf der Rampe #1“ im Rahmen des „<strong>Wiesenburg</strong> On Air“ Festival.<br />
Angebote geschaffen werden, die auch für<br />
die Bewohnerinnen und Bewohner aus dem<br />
Kiez interessant sind. Unterstützung erfährt<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> dabei vom Quartiersmanagement<br />
Reinickendorfer Straße/Pankstraße. Im<br />
integrierten Handlungskonzept des Quartiers<br />
– einem Plan, der unter anderem hinsichtlich<br />
Bildung, Kultur, Mobilität u.Ä. die zukünftige<br />
Entwicklung in diesem Viertel darstellt – ist die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> als wichtiger Akteur für Kultur und<br />
Kreativität genannt 5 .<br />
Musik liegt in der<br />
Luft! So auch im<br />
August 2018 beim<br />
Musik- und Kunst-<br />
Festival "<strong>Wiesenburg</strong><br />
on Air" mit der<br />
Band El Cartel.<br />
5 Vgl. L.I.S.T. GmbH Quartiersmanagement Pankstraße (2019)
20 KONTEXT EIN VERFAHREN, VIELE ZIELE<br />
21<br />
Ein Verfahren,<br />
viele Ziele<br />
Ein voller Aufgabenzettel erwartete die Beteiligten: Im<br />
Fokus stand, die Bestandsgebäude zu erhalten, den<br />
Nutzungsmix zu stärken, respektvoll mit der Geschichte<br />
umzugehen, das Gelände auf programmatische Art zu<br />
öffnen und dabei dem Klimaschutz Rechnung zu tragen.<br />
Zuwendungsziele<br />
Übergeordnetes Ziel ist die Sanierung, Instandsetzung und Revitalisierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />
im kooperativen Verfahren mit Eigentümerin, Nutzerinnen und Nutzern, Bewohnerinnen<br />
und Bewohnern, Quartier und Verwaltung. Folgende Ziele sind Grundlage<br />
des Zuwendungsantrags und mit dem Zuwendungsbescheid bindend<br />
für alle Kernakteurinnen und -akteure:<br />
zung verschiedenster Menschen und<br />
Kulturen zu ermöglichen. Gleichzeitig<br />
sollen die derzeitigen Mieterinnen und<br />
Mieter nicht verdrängt werden, sondern<br />
weiterhin ihrem Gewerbe in ihren<br />
Mietflächen nachgehen können.<br />
Zuwendungsanträge<br />
können von verschiedenen<br />
Institutionen,<br />
Gruppen oder Personen<br />
gestellt werden, um<br />
für konkrete Projekte<br />
Fördermittel von<br />
Bund, Ländern oder<br />
EU zu erhalten. Für<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> stellte<br />
die Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung<br />
und Wohnen einen<br />
Antrag zur Sanierung<br />
des Altbaubestandes<br />
beim Bundesprogramm<br />
„Nationale Projekte des<br />
Städtebaus“.<br />
Bereits zwei Mal holte <strong>degewo</strong> alle<br />
Akteurinnen und Akteure an einen<br />
Tisch, um ihren Vorstellungen zur Zukunft<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> in den künftigen<br />
Planungen Raum zu geben: 2016 entstand<br />
eine grundsätzliche Vision für den Ort; 2017 ein<br />
städtebauliches und architektonisches Konzept<br />
mit Fokus auf den Wohnungsneubau. Als<br />
weiteres Ergebnis dieser beiden Beteiligungsverfahren<br />
stellte die Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung und Wohnen einen Antrag<br />
auf Fördermittel im Rahmen des Bundesprogramms<br />
„Nationale Projekte des Städtebaus“.<br />
Ziel ist, die kostenintensive Sanierung der<br />
Altbauten auf der <strong>Wiesenburg</strong> durchführen<br />
zu können – ein Unterfangen, das sich aus<br />
wirtschaftlicher Sicht ohne Förderung schwer<br />
umsetzen ließe. Zwar steht die <strong>Wiesenburg</strong><br />
unter Denkmalschutz, doch auch solchen<br />
Objekten kann der Abriss drohen, wenn ihr<br />
Erhalt wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Folglich<br />
war der Zuwendungsbescheid für die<br />
„Revitalisierung des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals“, den<br />
die Senatsverwaltung am 16.01.2020 erhielt,<br />
auch der Schlüssel zum Erhalt der Bestandsbauten<br />
und zur städtebaulichen Weiterentwicklung<br />
und Sanierung des Gesamtareals.<br />
Dank der Fördermittel konnten auch das<br />
Beteiligungsverfahren zum Nutzungskonzept<br />
und die Kooperationsvereinbarung als Grundlage<br />
für die weitere Planung finanziert und<br />
realisiert werden.<br />
Das "Haus 1" des<br />
2017 entwickelten<br />
Wohnungsneubaus<br />
befindet sich in unmittelbarer<br />
Nähe zum<br />
denkmalgeschützen<br />
Gebäudebestand.<br />
1 Revitalisierung und<br />
Erhalt der Bestandsgebäude<br />
Durch die Sanierung der schadhaften,<br />
teilweise ruinösen Bausubstanz<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> soll<br />
dieser besondere Ort unter<br />
Berücksichtigung seiner Historie<br />
erhalten bleiben und darüber hinaus<br />
revitalisiert werden. Durch die<br />
Qualifizierung und die denkmalgerechte<br />
Sanierung soll der Bestand<br />
(Wohnhaus, Sammelhalle und<br />
Bestandsgewerbe) gewürdigt und<br />
durch ergänzende Baumaßnahmen<br />
zeitgemäß weiter interpretiert<br />
werden. Ziel ist es, das einzigartige<br />
Grundstück zu beleben und zukunftsorientiert<br />
zu entwickeln.<br />
2 Potenzialflächen erschließen<br />
und neue Wege schaffen<br />
Durch den Abbruch ungenutzter<br />
Gebäudereste des nicht denkmalwerten<br />
Bestandes sollen neue<br />
Potenzialflächen erschlossen<br />
werden. Dabei sollen neue Wegeverbindungen<br />
und neue Nutzungspotenziale<br />
entstehen.<br />
3 Nutzungsmischung<br />
stärken und bewahren<br />
Gemeinsam mit den bereits bestehenden<br />
sowie künftigen Nutzerinnen<br />
und Nutzer soll ein Konzept<br />
entwickelt werden, um einen Nutzungsmix<br />
aus Wohnen, Gewerbe<br />
und Kultur konfliktfrei erwachsen<br />
zu lassen und so ein lebendiges<br />
Quartier der gemeinsamen Nut-<br />
4 Orte der Begegnung schaffen<br />
Das Gelände hat durch seine<br />
Mischung aus Kultur-, Sozial- und<br />
Stadtgeschichte eine besondere<br />
Bedeutung über das Quartier und<br />
den Bezirk hinaus. So soll beispielsweise<br />
durch die Sicherung und<br />
den Wiederaufbau der ehemaligen<br />
Sammelhalle, zugleich Herzstück<br />
des Areals und Synonym für die<br />
<strong>Wiesenburg</strong>, ein besonderer Kulturort<br />
geschaffen werden, damit das<br />
Areal seine Strahlkraft als lebendiger,<br />
offener und toleranter kultureller<br />
Treffpunkt entfalten kann, der<br />
auf Menschen über die Grenzen<br />
des Quartiers hinaus anziehend<br />
wirkt. Im Sinne einer zukunftsgerichteten<br />
Stadtentwicklung wird<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> gesichert und<br />
erneuert.
22 KONTEXT<br />
EIN VERFAHREN, VIELE ZIELE<br />
23<br />
Handlungsleitende Prinzipien<br />
Darüber hinaus streben die Kernakteurinnen und -akteure an,<br />
die folgenden handlungsleitenden Prinzipien umzusetzen:<br />
DENKMAL<br />
€€€<br />
1 Respektvoller Umgang mit<br />
der Geschichte des Ortes<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> ist ein geschichtsträchtiger,<br />
unter Denkmalschutz<br />
stehender Ort, der vor dem Verfall<br />
und der Unbewohnbarkeit bewahrt<br />
wird. Die außerordentliche historische<br />
Bedeutung wird in der Entwicklung<br />
mitgedacht, zum Beispiel durch Hinweise<br />
auf dem Gelände, Führungen,<br />
behutsame Entwicklung der ehemaligen<br />
Sammelhalle, Bewahrung des<br />
Erscheinungsbildes des gesamten<br />
Geländes und Erhalt der Ruinen mit<br />
sichtbaren Kriegs- und Verfallsschäden.<br />
Notwendige Abstimmungen mit<br />
den Denkmalschutzbehörden werden<br />
vorgenommen und Genehmigungen<br />
rechtskonform eingeholt.<br />
2 Sicherung von<br />
Bestandsnutzungen<br />
Die Bestandsnutzungen sind zu sichern.<br />
Das Nutzungskonzept soll die vorhandenen<br />
und künftigen Nutzungen<br />
ohne wesentliche Störungen für die<br />
Wohnumgebung ermöglichen. Ein entsprechendes<br />
Wege- und Freiraumkonzept<br />
wird die innere Erschließung bzw.<br />
Durchwegung und die entstehende<br />
neue Freiraumstruktur verdeutlichen.<br />
geöffnet<br />
3 Räumliche Öffnung und<br />
Anbindung des Areals<br />
Die räumliche Öffnung und Anbindung<br />
des Areals erfolgt im Rahmen<br />
einer behutsamen Qualifizierung der<br />
neu zu schaffenden Grün- und Freiflächen<br />
mit möglicher, geordneter<br />
Anbindung an den übergeordneten<br />
Pankegrünzug und die umliegenden<br />
Freiräume. Der Umfang der Zugänglichkeit<br />
wird auf Basis des Nutzungskonzeptes<br />
im weiteren Verfahren<br />
konkretisiert.<br />
4 Programmatische Öffnung<br />
und Ermöglichung von neuen<br />
Nutzungspotenzialen<br />
Neue Nutzungspotenziale werden im<br />
Hinblick auf die Bedarfe der derzeitigen<br />
und neuen Bewohnerinnen und<br />
Bewohner der <strong>Wiesenburg</strong> und auf<br />
die Bedarfe des Quartiers erschlossen,<br />
unter Berücksichtigung von Lärmschutzauflagen<br />
und unterschiedlichen<br />
Interessen. Die <strong>Wiesenburg</strong> wird ein<br />
nachbarschaftlicher Ort für soziale<br />
Aktivitäten und bietet Raum zur Entwicklung<br />
zukunftsfähiger Angebote,<br />
welche die Interessen der Nutzerinnen<br />
und Nutzer sowie der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner berücksichtigen. Neben<br />
Wohnen, Kunst, Kultur und Handwerk<br />
ergänzen Sozial- und Bildungseinrichtungen<br />
das Angebot und gewährleisten<br />
eine hohe Nutzungsmischung<br />
im Bestand. Angestrebt werden<br />
Kooperationen mit den umliegenden<br />
Kultur-, Sozial-, und Bildungseinrichtungen<br />
und ein Zusammenwirken mit<br />
der benachbarten Wohnbebauung.<br />
In diesem Zusammenhang wird das<br />
ruinöse Gebäude des ehemaligen<br />
„Frauenasyls“ bezüglich der Nutzung<br />
mitbetrachtet.<br />
5 Sanierungskonzept<br />
Der Charme und das bestehende Erscheinungsbild<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> wird<br />
weitestgehend erhalten: Sie wird auch<br />
künftig ein denkmalgeschützter, historischer<br />
Ort mit kleinteiliger Mischung<br />
aus Gewerbe, Wohnen und Kultur bleiben;<br />
zudem bleiben die Möglichkeiten<br />
bestehen, Flächen gemeinschaftlich<br />
zu nutzen und gemeinsam Verantwortung<br />
für den Ort zu übernehmen. Im<br />
Sanierungskonzept wird bei der Instandsetzung<br />
der genutzten Gewerbeeinheiten<br />
behutsam, in Abstimmung<br />
mit den Bestandsnutzerinnen und<br />
-nutzer vorgegangen. Die Vorgaben<br />
aus dem Förderbescheid werden im<br />
Partizipationsverfahren und dem<br />
anschließenden Sanierungskonzept<br />
konkretisiert.<br />
6 Verhandlung einer Sanierungsvereinbarung<br />
und eines<br />
solidarischen Mieten- und<br />
Organisationsmodells<br />
Vor Start der Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen<br />
wird eine<br />
Duldungs-/Sanierungsvereinbarung<br />
zwischen <strong>degewo</strong> und den derzeitigen<br />
Nutzerinnen und Nutzer abgeschlossen.<br />
Es wird angestrebt, die<br />
Beeinträchtigung durch die Sanierung<br />
so gering wie möglich zu halten. Ein<br />
solidarisches Mietenkonzept und<br />
sozialverträgliche Mieten sowie eine<br />
Verwaltungs- und Organisationsform<br />
(ohne Neubau inklusive ehemaliges<br />
„Frauenasyl“), welche die Ziele der<br />
Gemeinschaft der Nutzerinnen und<br />
Nutzer nach einer Sanierung dauerhaft<br />
sicherstellt, werden in einem geeigneten<br />
Verfahren nach Verabschiedung<br />
des Nutzungskonzeptes erarbeitet.<br />
7 Klimaschutz, Klimaanpassung<br />
und Ressourcenschutz<br />
Die Entwicklung des Areals erfolgt<br />
unter Beachtung der Nachhaltigkeit<br />
in Bezug auf die Klimaschutzziele des<br />
Landes Berlin sowie in Hinblick auf<br />
einen schonenden Einsatz der Ressourcen.<br />
Dazu werden im Rahmen<br />
der Planung der Einsatz erneuerbarer<br />
Energien und ein nachhaltiges Konzept<br />
zum Umgang mit Regenwasser<br />
geprüft. An der Panke gelegen, sollen<br />
die Freiraumqualitäten der <strong>Wiesenburg</strong><br />
durch das Vorhaben gestärkt und<br />
weiterentwickelt werden.
24 KONTEXT<br />
INTERVIEW<br />
25<br />
Erstellung eines Nutzungskonzeptes<br />
Ziel des in dieser <strong>Broschüre</strong> beschriebenen Beteiligungsverfahrens<br />
war es, ein Nutzungskonzept für die <strong>Wiesenburg</strong> zu<br />
erstellen. Es soll die übergeordnete Entwicklungsrichtung,<br />
Teilräume, Erschließung und Durchwegung sowie den<br />
Umfang von Einzelnutzungen und Nutzungsintensitäten<br />
festschreiben. Als nächster Schritt steht die Entwicklung<br />
eines Sanierungskonzeptes an. Darin müssen die Inhalte<br />
des Nutzungskonzeptes mit den Möglichkeiten der baulichräumlichen<br />
Ebene in Einklang gebracht werden.<br />
Das heißt, es gilt zu prüfen, ob sich alle Inhalte des<br />
Nutzungskonzeptes durch die Sanierung der Bestandsbauten<br />
auch wie gewünscht umsetzen lassen oder ob man an<br />
bestimmten Stellen andere Lösungen finden muss. Ganz<br />
konkret könnte das zum Beispiel auch heißen: Wenn es an<br />
einer bestimmten Stelle aus baurechtlicher Sicht einen Notausgang<br />
oder eine Feuerwehrzufahrt braucht, müsste eine<br />
dort eigentlich vorgesehene Nutzung schlussendlich doch<br />
an einen anderen Ort verlegt werden. Gleichzeitig ist die<br />
Kostenseite zu berücksichtigen und möglicherweise eine<br />
Prioritätensetzung bei den Maßnahmen vorzunehmen.<br />
„Jetzt müssen alle<br />
genug Durchhaltevermögen<br />
beweisen“<br />
Lebendig und doch normal soll die <strong>Wiesenburg</strong><br />
sein – und dazu stadtweit Vorbild. Das war eines der<br />
Ziele von Kai Reichelt von der Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung und Wohnen.<br />
Mit der Entwicklung eines Nutzungskonzeptes mussten viele Themen zwischen den Akteurinnen und Akteuren<br />
verhandelt werden. Welche Nutzungen finden auf der <strong>Wiesenburg</strong> künftig Raum?<br />
„Durch die Mittel aus der Städtebauförderung<br />
kommen Projekte wie die <strong>Wiesenburg</strong> jetzt in<br />
die glückliche Lage, Geld für die Sanierung zu<br />
haben. Sonst wäre die Herausforderung – egal<br />
für welchen Eigentümer – zu groß. “<br />
Frieder Rock, Eine für Alle eG<br />
Wie haben Sie die <strong>Wiesenburg</strong><br />
„kennengelernt“?<br />
Zuerst einmal von der S-Bahn aus.<br />
Unglaublich, dachte ich immer, dass es<br />
im Westteil der Stadt noch ein Gelände<br />
in so einem Zustand gibt! Im Prinzip<br />
ist es bis dato ja nur ein kleiner Kreis<br />
von Interessierten, der die <strong>Wiesenburg</strong><br />
kennt – obwohl sie ein beeindruckendes<br />
sozialhistorisches Zeugnis der<br />
Kaiserzeit ist.<br />
Dass es vor der eigentlichen Sanierungsplanung<br />
ein Beteiligungsverfahren<br />
geben würde, war schon mit<br />
dem Zuwendungsantrag klar. Wie<br />
haben sie das Verfahren erlebt?<br />
Die erste Phase, bei der es um die<br />
grundsätzlichen Ziele und Verständigungen<br />
ging und die in der Kooperationsvereinbarung<br />
mündete, empfand<br />
ich sehr produktiv und motivierend.<br />
Kompliziert war dagegen die letzte<br />
Phase, wo zur beabsichtigten geordne-<br />
Kai Reichelt<br />
Städtebauförderung/Stadterneuerung,<br />
Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung und Wohnen<br />
ist als Stadtplaner seit 2020 von Seiten<br />
des Zuwendungsgebers für die <strong>Wiesenburg</strong><br />
verantwortlich und hat dabei die<br />
übergeordneten Ziele der Stadtentwicklung<br />
Berlins im Hinterkopf.<br />
ten Öffnung des Areals konsensfähige<br />
Lösungen gefunden werden mussten.<br />
Hier war aber allen bewusst, dass<br />
die Förderung an Voraussetzungen<br />
geknüpft ist. Ohne diesen Druck, wirklich<br />
etwas erreichen zu müssen, wären<br />
wir wohl nicht zu einem Ergebnis gekommen.<br />
Gab es etwas, das Sie besonders<br />
beeindruckt hat?<br />
Trotz unterschiedlicher Positionen war<br />
die Haltung aller Beteiligten immer<br />
eine pragmatische. Man hat sich nicht<br />
in Formalien verloren.<br />
Was ist für Sie – neben dem Nutzungskonzept<br />
– das beste Ergebnis?<br />
Für mich ist am Ende entscheidend,<br />
dass das Projekt auf Kurs bleibt und<br />
<strong>degewo</strong> und der Verein konstruktiv<br />
und vertrauensvoll zusammenarbeiten.<br />
Dazu konnte auch die Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung und<br />
Wohnen beitragen, indem sie dem Verein<br />
eine unabhängige Beratung durch<br />
Frieder Rock von der Eine-für-alle eG<br />
ermöglichte.<br />
Welche Hürden gilt es aus Ihrer Sicht<br />
in der nächsten Zeit zu überwinden?<br />
Nun ja, sagen wir mal, ich bin gespannt,<br />
wie es mit der Sanierungsplanung<br />
ganz konkret weitergeht.<br />
Was passiert zum Beispiel, wenn eine<br />
Gewerbeeinheit verloren geht, weil<br />
an genau der Stelle ein Rettungsweg<br />
notwendig wird? Ich hoffe, dass dann<br />
alle genug Durchhaltevermögen beweisen.<br />
Und dann wird spannend, was<br />
der Bezug des Neubaus mit dem Areal<br />
macht. Wie wird sich die neue Nachbarschaft<br />
mit den vorhandenen und<br />
geplanten Nutzungen auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
arrangieren?<br />
Wie sieht die sanierte <strong>Wiesenburg</strong><br />
in Ihrer Vorstellung aus?<br />
Es ist ein lebendiger und irgendwie<br />
normal gebliebener Ort. Das Highlight<br />
ist die rekonstruierte Sammelhalle. Das<br />
Areal wirkt zugleich nicht wie in einem<br />
Zug durchsaniert, sondern bietet<br />
weiterhin Patina unterschiedlicher<br />
Epochen, unfertig oder provisorisch<br />
wirkende Abschnitte und grüne Oasen.<br />
Insgesamt ist viel vom heutigem<br />
Charme erhalten.<br />
Und worauf freuen Sie sich in<br />
der sanierten <strong>Wiesenburg</strong>?<br />
Auf die Sammelhalle, weil das Ensemble<br />
dann wieder besser erfahrbar ist und<br />
eine Logik bekommt. Zudem wird man<br />
dort etwas über die Geschichte des<br />
Ortes erfahren und es gibt vielfältige<br />
Veranstaltungen. Da würd' ich dann<br />
sicher auch privat mal vorbeischauen.
26 KONTEXT EIN AREAL – UND VIELE ANFORDERUNGEN<br />
27<br />
Ein Areal – und viele<br />
Anforderungen<br />
Bezirksregion<br />
Bezirksregion<br />
Gesundbrunnen<br />
Zentrum<br />
Landschaftsplan<br />
III-L-4 Panke Süd<br />
Wo es in Berlin noch Flächenpotenziale für eine<br />
Entwicklung gibt, treffen viele unterschiedliche<br />
Bedürfnisse und Interessen aufeinander – da macht<br />
auch die <strong>Wiesenburg</strong> keine Ausnahme.<br />
Vorbereitende<br />
Untersuchungen<br />
Mitte – Böttgerstraßenviertel<br />
Kolberger Straße<br />
Panke<br />
<strong>Wiesenburg</strong><br />
Neubau<br />
Luftaufnahme der <strong>Wiesenburg</strong> aus dem Jahr 2019. Die Bauarbeiten für den Neubau haben im April 2019 begonnen.<br />
Wiesenstraße<br />
<strong>Wiesenburg</strong><br />
S-Bahn Ring<br />
Bestand<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> weiterzudenken bedeutet auch,<br />
sich in einem Spannungsfeld zu positionieren,<br />
das sich im Wesentlichen aus drei Eckpunkten<br />
aufspannt. Da ist zum einen der Wunsch, das<br />
historische Ensemble – und damit einen kultur- und sozialgeschichtlichen<br />
Wert für Berlin – zu erhalten. Zum zweiten<br />
bedeutet dieser Ort jeder einzelnen Nutzerin, jedem<br />
einzelnen Nutzer etwas – sei es nun wirtschaftlich, sozial<br />
oder kulturell – oder auch alles zusammen. Drittens bietet<br />
der Ort im dicht bebauten Böttgerstraßenviertel noch Entwicklungspotenzial<br />
und damit potentiell Raum für dringend<br />
benötigte Nutzungen – nicht nur für Wohnungen, sondern<br />
auch für gut gestalteten Frei- und Sozialraum, für Gewerbeund<br />
Kulturflächen. Die <strong>Wiesenburg</strong> rückt damit als eine von<br />
wenigen noch verbliebenen verwunschenen Oasen in den<br />
Fokus der Stadtentwicklung, die wie überall in der Berliner<br />
Innenstadt auch hier großem Druck unterliegt.
28 KONTEXT<br />
EIN AREAL – UND VIELE ANFORDERUNGEN<br />
29<br />
Einordnung in die Berliner<br />
Stadtentwicklungsplanung<br />
Obwohl die <strong>Wiesenburg</strong> als Mikrostandort mit rund 12 Hektar eine für<br />
Berlin vergleichsweise kleine Fläche umfasst, hängt ihre künftige Entwicklung<br />
doch von vielen weiteren lokalen und übergeordneten Planungen<br />
ab und ist damit verknüpft. Diese Abhängigkeiten und Bezüge sollen<br />
nachfolgend erklärt werden.<br />
Landschaftsplan<br />
bezeichnet ein Planungsinstrument<br />
der<br />
öffentlichen Verwaltung.<br />
Er legt innerhalb<br />
eines bestimmten<br />
Bereiches der Stadt fest,<br />
wie Natur und Landschaft<br />
hier gesichert<br />
und verbessert werden<br />
können. Er definiert den<br />
Umgang mit Grün- und<br />
Freiflächen, Flora und<br />
Fauna sowie von Wegeverbindungen<br />
zwischen<br />
bestimmten Bereichen<br />
in der Stadt. 7<br />
Mikrostandort<br />
beschreibt, wie sich ein<br />
Standort hinsichtlich<br />
seiner Lage, Umgebung<br />
und Bedeutung in den<br />
Kontext der Stadtentwicklung<br />
einfügt. Auf<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> werden<br />
übergeordnete Ziele<br />
der städtischen Entwicklung<br />
(z.B. kulturelle<br />
Bildung) auf lokaler<br />
Ebene umgesetzt.<br />
Nachverdichtung<br />
bezeichnet eine Methode,<br />
um in Städten<br />
mehr Raum zu schaffen.<br />
Dafür wird vorrangig<br />
versucht, dort neu<br />
zu bauen, wo bereits<br />
Gebäude stehen. So<br />
werden Brachflächen<br />
oder Hinterhöfe bebaut<br />
oder auch Gebäude<br />
aufgestockt. Diese Herangehensweise<br />
gilt als<br />
besonders nachhaltig,<br />
denn so wird zum Beispiel<br />
die Versiegelung<br />
von weiteren Flächen<br />
an den Rändern der<br />
Stadt vermieden. 6<br />
1 Kulturpolitische Dimension<br />
Im Koalitionsvertrag der Legislaturperiode<br />
2016-2021 wurde festgelegt, dass es das Ziel<br />
der Stadt- und Kulturpolitik ist, bezahlbare<br />
Räume für Kultur- und Kreativwirtschaft in<br />
zentraler Lage zu erhalten und weiterzuentwickeln.<br />
Diese Strategie wird mehr und mehr<br />
in die übergeordneten Planungen überführt<br />
und zeigt sich jüngst in der Entwicklung unterschiedlicher<br />
Kulturstandorte, wie der Alten<br />
Münze, dem Dragonerareal oder der Revitalisierung<br />
des Haus der Statistik.<br />
2 Bestandsentwicklung<br />
In der BerlinStrategie – dem aktuellen Stadtentwicklungskonzept<br />
Berlins, das die mittel- und<br />
langfristigen Entwicklungsperspektiven der<br />
Stadt bis 2030 aufzeigt – stellt die Weiterentwicklung<br />
von bereits bestehenden Gebäuden<br />
oder Arealen einen wichtigen Aspekt dar. Im<br />
Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung soll<br />
das Stadtwachstum zu großen Teilen durch die<br />
Weiterentwicklung und Nachverdichtung des<br />
Bestandes aufgenommen werden: Der vorhandene<br />
Baubestand, die bereits gut entwickelten<br />
Stadträume in der inneren und in der äußeren<br />
Stadt werden effizienter genutzt, d.h. mit Augenmaß<br />
verdichtet und qualitativ aufgewertet.<br />
Ziel ist es, den Bestand konsequent stadt- und<br />
Der gegenüberliegende<br />
Pankewanderweg ist Teil<br />
des Landschaftsplans<br />
und verläuft entlang der<br />
Panke bis an die Berliner<br />
Stadtgrenze<br />
sozialverträglich weiterzuentwickeln. Diese<br />
Ziele der Stadtentwicklung werden von den<br />
Akteurinnen und Akteuren des Verfahrens mit<br />
der behutsamen Sanierung und Entwicklung<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> umgesetzt.<br />
3 Wohnraumversorgung<br />
Auch die Wohnraumversorgung ist erklärtes<br />
und notwendiges Ziel der Berliner Stadtentwicklungspolitik.<br />
Ebenfalls im Koalitionsvertrag<br />
2016-2021 verankert, wird sie als konkrete<br />
Handlungsanweisung maßgeblich an die städtischen<br />
Wohnungsunternehmen herangetragen.<br />
Mit dem Neubau auf dem südlichen Geländeteil<br />
hat <strong>degewo</strong> das Ziel bereits umgesetzt, indem<br />
bis Sommer 2021 insgesamt 102 neue und bezahlbare<br />
Wohnungen entstehen. In allen wichtigen<br />
politischen Leitlinien und übergeordneten<br />
Planungen (zum Beispiel Flächennutzungsplan,<br />
Bereichsentwicklungsplanung BEP 2004 und<br />
Baunutzungsplan) wird die Wohnnutzung auf<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> als Entwicklungsziel hervorgehoben.<br />
Dennoch gilt es, auf einem Gelände<br />
wie der <strong>Wiesenburg</strong>, wo Wohnen und Gewerbe<br />
dicht nebeneinander liegen, einiges zu beachten<br />
– so zum Beispiel störende Faktoren wie<br />
Lärm- und Geruchsemmissionen oder auch die<br />
Betriebszeiten der jeweiligen Gewerbetreibenden.<br />
Die Art und das Maß der Gewerbenutzungen<br />
ist hierbei mit dem Bezirk abzuklären.<br />
4 Landschafts- und Naturraumentwicklung<br />
Auch die Landschaftsplanung des Bezirkes Mitte<br />
stellt Anforderungen an die Entwicklung der<br />
<strong>Wiesenburg</strong>, die im Geltungsbereich des bislang<br />
nicht festgesetzten Landschaftsplanes III-L-4<br />
Panke-Süd liegt. Unter „nicht festgesetzt“ ist zu<br />
verstehen, dass der Plan noch nicht politisch beschlossen<br />
ist und sich in der Revision befindet.<br />
So war die Beteiligung von Ämtern, Fachplanerinnen<br />
und -planern sowie Organisation mit<br />
öffentlichem Auftrag (fachsprachlich als Träger<br />
öffentlicher Belange definiert) als das Nutzungskonzept<br />
erstellt wurde, noch nicht abgeschlossen<br />
– es steht also nicht endgültig fest, wie der<br />
Landschaftsplan im Detail aussehen wird.<br />
5 Vorbereitende Untersuchungen<br />
Mitte - Böttgerstraßenviertel<br />
Das umliegende Böttgerstraßenviertel ist durch<br />
die Kunst- und Kreativszene geprägt und der<br />
Druck, mehr Wohnraum zu bauen, nimmt auch<br />
hier zu. Daher soll die künftige Entwicklung<br />
des Quartiers durch die Festlegung als Sanierungsgebiet<br />
stärker gesteuert werden. Hierfür<br />
werden derzeit vorbereitende Untersuchungen<br />
durchgeführt. Zentrale Themen des Konzeptes<br />
für das Sanierungsgebiet sind erstens die<br />
bessere Vernetzung, zweitens, zusammenhängende<br />
Grünräume zu schaffen und drittens, ein<br />
möglichst barrierefreies Quartier zu entwickeln.<br />
6 Denkmalschutz<br />
Für die konkrete Sanierung wird derzeit eine<br />
aktuelle denkmalfachliche Bewertung erarbeitet,<br />
um den denkmalpflegerischen Bedarf<br />
der bestehenden Gebäude zu beurteilen. In<br />
einem zweiten Schritt gilt es, das Konzept für<br />
die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong> mit den Denkmalschutzbehörden<br />
abzustimmen und alle<br />
notwendigen Sanierungsgenehmigungen<br />
einzuholen.<br />
Die dargestellten Rahmenbedingungen zeigen<br />
es: Für die Entwicklung und Sanierung der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> gibt es unterschiedliche Vorgaben,<br />
Interessen und Planungen, die beachtet werden<br />
müssen – sie alle setzen den Rahmen für<br />
eine äußerst komplexe Aufgabe. Das zeigte sich<br />
bereits im kooperativen Verfahren, wo insbesondere<br />
die Planungen des Bezirkes Mitte sehr<br />
kontroverse Sichtweisen auf den Ort und weitgreifende<br />
Diskussionen auslösten. Dennoch: In<br />
den Debatten zur zukünftigen Entwicklung der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> wurden wichtige Impulse gesetzt<br />
und schließlich ein gemeinsames Ergebnis erzielt;<br />
eine Art „kleinster gemeinsamer Nenner“,<br />
der für die weiteren Schritte als Fundament<br />
dienen wird.<br />
Sanierungsgebiet<br />
bezeichnet einen Bereich<br />
in der Stadt, in<br />
dem es z.B. bezüglich<br />
Wohnen, Arbeiten und<br />
soziale Infrastruktur<br />
Entwicklungsbedarf<br />
gibt. Letzterer wird in<br />
vorbereitenden Untersuchungen<br />
(VU) formell<br />
festgestellt; unter Mitwirkung<br />
unterschiedlicher<br />
lokaler Interessensgruppen.<br />
Bei großem<br />
Entwicklungsrückstand<br />
wird offiziell der Status<br />
als Sanierungsgebiet<br />
erteilt, der Zugang zu<br />
Fördermitteln aus der<br />
Städtebauförderung<br />
des Bundes schafft. 8<br />
Denkmalpflegerische<br />
Bewertung<br />
ist ein unabhängiges<br />
Gutachten, das die Behörden<br />
verlangen, um<br />
Umbauten oder Sanierungen<br />
an einem Denkmal<br />
zu genehmigen.<br />
Es stellt sicher, dass die<br />
schützenswerten Elemente<br />
eines Denkmals<br />
erhalten bleiben. Dafür<br />
werden alle Räume und<br />
Details des Denkmals<br />
genau dokumentiert<br />
und beschrieben – zum<br />
Beispiel besondere<br />
Fenster oder Türen.<br />
6 Vgl. Redaktion Baunetz Wissen (2021) 7 Vgl. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (o.J.) 8 Vgl. Bezirk Berlin-Mitte (o.J.)
SCHRITT FÜR SCHRITT<br />
31<br />
2<br />
KOOPERATIVES<br />
VERFAHREN<br />
Schritt für Schritt.<br />
Gut organisiert.<br />
Und gut geplant.<br />
Viele Menschen engagieren sich für die <strong>Wiesenburg</strong> –<br />
und auch die öffentliche Verwaltung weiß um ihren Wert.<br />
Deshalb war klar: Für ein Ergebnis, das später alle mittragen,<br />
müssen vorher alle ins Boot geholt werden.<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> in das nächste Kapitel ihrer<br />
Geschichte zu führen – das heißt, viele Wünsche,<br />
Ideen und Ziele unter einen Hut zu bringen.<br />
Und zwar auf Augenhöhe.<br />
Vor allem der Eigentümerin und dem<br />
Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ war<br />
seit langem klar, dass ein Konzept<br />
für die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />
nur mit einem partizipativen Entwicklungsansatz<br />
erfolgreich sein kann – nicht nur, weil das<br />
Gelände so eine große historische Bedeutung<br />
hat und für ihr Quartier identitätsstiftend ist,<br />
sondern auch, weil es viel zivilgesellschaftliches<br />
Engagement für das Ensemble gibt. Deshalb<br />
war es unverzichtbar, alle relevanten Beteiligten<br />
in die Erarbeitung des Nutzungskonzeptes<br />
einzubeziehen und ihre verschiedenen Vorstellungen,<br />
Bedürfnisse und Ideen für die Entwicklung<br />
zu diskutieren und zusammenzubringen.<br />
"Eine Kunst fand ich, wie man hier<br />
ganz unterschiedliche und schwierige<br />
Vorstellungen unter einen Hut<br />
gebracht hat. Sodass ich als Mieterrat<br />
– im Namen der Mieter – zufrieden<br />
bin. Den gefundenen Kompromiss<br />
halte ich für einen guten – für alle<br />
Beteiligten.“<br />
Andreas Becker, <strong>degewo</strong> Mieterrat<br />
30
32 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />
SCHRITT FÜR SCHRITT<br />
33<br />
Arbeitsebenen und -schritte<br />
Der Arbeitsprozess wurde im Auftrag der Eigentümerin <strong>degewo</strong> und<br />
dem Berliner Planungs- und Beteiligungsbüro Urban Catalyst koordiniert<br />
und durchgeführt. Urban Catalyst begleitete den Prozess auf drei<br />
Ebenen: Einer Koordinations-, einer Beteiligungs- und einer Konzeptebene<br />
und sorgte für das optimale Zusammenwirken aller drei Ebenen.<br />
Beteiligung<br />
Zuwendungsbescheid<br />
Nationale Projekte<br />
des Städtebaus<br />
Angepasstes Vorgehen &<br />
Rückfragen<br />
22. April<br />
digital<br />
KOOPERATIONS-<br />
VEREINBARUNG<br />
WORKSHOP-<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Enwurf<br />
bis 7. Mai<br />
KoopV<br />
Rückfragen, finale<br />
?!<br />
Anmerkungen bilateral<br />
Kooperationsvereinbarung<br />
(19. Mai 2020)<br />
Nutzungen in<br />
Gebäuden und<br />
Freiraum<br />
(3. Juni 2020)<br />
Nutzungsszenarien<br />
(1. Juli 2020)<br />
Nutzungskonzept<br />
(18. August 2020)<br />
Koordinationsebene<br />
Auf der Koordinationsebene wurde der<br />
Gesamtprozess gesteuert. In Abstimmung<br />
mit <strong>degewo</strong> koordinierte Urban<br />
Catalyst Abläufe und Termine sowie<br />
die Kommunikation der Prozessbeteiligten<br />
untereinander. Dabei wurde<br />
die inhaltliche Abstimmung Schritt für<br />
Schritt an die Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner übertragen, sodass<br />
sich eine kooperative Entscheidungskultur<br />
entwickeln konnte.<br />
Räumliche<br />
Öffnung und<br />
Anbindung<br />
(7. Oktober 2020)<br />
Beteiligungsebnen<br />
Auf der Beteiligungsebene fanden insgesamt<br />
fünf Workshops sowie Videokonferenzen<br />
und weitere Veranstaltungen<br />
statt. Bevor die inhaltliche Arbeit<br />
in Workshops zu den städtebaulichen,<br />
kulturellen und sozialen Qualitäten der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> starten konnte, einigten<br />
sich die Kernakteurinnen und -akteure<br />
in einer entsprechenden Vereinbarung<br />
auf ein gemeinsames Kooperationsverständnis<br />
(siehe Kapitel Kooperationsvereinbarung).<br />
Aufgrund der Corona-<br />
Pandemie fanden die Veranstaltungen<br />
teilweise digital statt – oder auch unter<br />
Einhaltung der Hygieneregeln im<br />
Freien.<br />
Workshop I Workshop II Workshop III Workshop IV Workshop V<br />
Verabschiedung<br />
Nutzungskonzept<br />
Ausstellung<br />
Finaler Versand<br />
KoopV<br />
(01. Dezember 2020)<br />
Einstieg<br />
Hochbauplanungsbüro<br />
konkrete Planungen<br />
Videokonferenz<br />
Finale Abstimmung<br />
(18. November 2020)<br />
Übergabe<br />
Nutzungskonzept<br />
an die Sanierungsplanung<br />
(Dezember)<br />
Einstieg<br />
Landschaftsarchiktekurbüro<br />
Nutzungskonzept<br />
<strong>Wiesenburg</strong><br />
Meilensteinausstellung<br />
(Frühjahr 2021)<br />
Konzeptebene<br />
Die Konzeptebene hatte zum Ziel, ein<br />
Konzept für die künftige Nutzungsmischung<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> zu entwickeln,<br />
das den kommenden Sanierungsprozess<br />
vorbereitet. Um auch künftig<br />
Bestand zu haben, musste es von allen<br />
Partnerinnen und Partnern akzeptiert<br />
und beschlossen werden. Die Inhalte<br />
aus den Workshops und weiteren<br />
Terminen wurden in Protokollen dokumentiert<br />
und abgestimmt. Mit dieser<br />
inhaltlichen Vor- und Nachbereitung<br />
sowie dem Veranschaulichen und<br />
Zusammenführen der Inhalte – zum<br />
Beispiel in Form von Plänen des Areals<br />
– wurde mit dem Nutzungskonzept<br />
ein Grundgerüst für die Sanierung erstellt.<br />
Das Nutzungskonzept wurde in<br />
einer virtuellen, aber dennoch feierlichen<br />
Zusammenkunft beschlossen,<br />
in der alle Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner dem Konzept endgültig<br />
zustimmten. Den letzten Schritt der<br />
Vereinbarung markiert die Beteiligung<br />
der Öffentlichkeit, die aufgrund der<br />
Einschränkungen der Corona-Pandemie<br />
als Open-Air-Ausstellung auf der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> stattfindet.<br />
Konzept<br />
Koordination<br />
Abstimmungen mit Moderation, <strong>degewo</strong> und Kooperationspartnerinnen und -partnern<br />
Zeit Januar 2020 Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Frühjahr 2021<br />
Der Prozess zur Erstellung<br />
des Nutzungskonzeptes<br />
gliederte<br />
sich in eine Vielzahl<br />
an Workshops und<br />
weiteren Terminen.
34 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />
KOOPERIEREN – UND ZWAR RICHTIG!<br />
35<br />
Kooperieren –<br />
und zwar richtig!<br />
Dass es zwischen den einzelnen Akteurinnen und<br />
Akteuren zu einer echten Zusammenarbeit kam, war<br />
nicht selbstverständlich. Um das zu erreichen, waren viel<br />
Engagement und Kraft nötig.<br />
Interessierte<br />
Öffentlichkeit<br />
Anwohnerinnen<br />
und Anwohner<br />
Öffentlichkeit<br />
Bezirk Mitte<br />
verschiedene Fachrichtungen<br />
Zukünftige Nutzende<br />
und Bewohnende<br />
<strong>degewo</strong> Mieterrat<br />
Workshopteilnehmende<br />
Bezirk Mitte<br />
Abteilung Stadtentwicklung,<br />
Soziales und Gesundheit<br />
Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner<br />
Im kooperativen Verfahren spielte die Vielfalt<br />
der Beteiligten eine entscheidende<br />
Rolle. Denn die <strong>Wiesenburg</strong> soll künftig<br />
vielen Bedürfnissen gerecht werden: Hier<br />
soll dringend benötigter neuer Wohnraum<br />
entstehen, die historischen Gebäude sollen<br />
instandgesetzt und erhalten werden und auch<br />
die kulturelle Nutzung soll weiterhin möglich<br />
sein. In die künftige Entwicklung des Geländes<br />
setzen nicht nur die Bestandsnutzerinnen<br />
und -nutzer viele Hoffnungen, sondern auch<br />
der Bezirk Mitte und die Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung und Wohnen.<br />
„Die Kooperationsvereinbarung war<br />
unverzichtbar. Das zeigt sich schon<br />
daran, dass wir alle hin und wieder<br />
an ihre Inhalte erinnern mussten.“<br />
Anna Bernegg, Urban Catalyst GmbH<br />
Für Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers<br />
oder Kulturschaffende, Künstlerinnen und<br />
Künstler, aber auch Menschen, die dringend<br />
bezahlbaren Wohnraum benötigen – für sie<br />
alle hat die <strong>Wiesenburg</strong> noch Potenzial. Künftig<br />
könnte sie Platz für neue Nutzungen bieten.<br />
Viele Menschen wünschen sich, dass sie auf<br />
Arealen wie der <strong>Wiesenburg</strong> Raum für ihre Bedürfnisse<br />
finden.<br />
Die Kooperationspartnerinnen und -partner<br />
Für die Entwicklung eines Nutzungskonzeptes<br />
wurden im Vorfeld verschiedene Akteurinnen<br />
und Akteure identifiziert, deren Ziele und Bedürfnisse<br />
einen Einfluss auf die Zukunft der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> haben. Für jede Gruppe wurden<br />
anschließend geeignete Stellvertreterinnen<br />
und Stellvertreter benannt und im Beteiligungsprozess<br />
zusammengebracht. Die fünf<br />
wichtigsten Akteurinnen und Akteure in Bezug<br />
auf die <strong>Wiesenburg</strong> haben sich als Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner für das Nutzungskonzept<br />
engagiert und als legitimierte<br />
Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichen<br />
Interessensgruppen agiert.<br />
Nutzende und Bewohnende<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V. + Berater<br />
Verfahrensbetreuung<br />
Urban Catalyst GmbH<br />
Kommunikation/<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>degewo</strong><br />
<strong>degewo</strong><br />
Eigentümerin,<br />
Projektträgerin<br />
Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung und Wohnen<br />
Referat IV C Städtebauförderung<br />
Nachbarschaft<br />
Quartiersmanagemet<br />
Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />
Planerinnen und Planer,<br />
Projektsteuerung Sanierung<br />
Am Prozess zur Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong> ist eine Vielzahl an unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren beteiligt.<br />
BBR/BBSR<br />
als Vertreter des<br />
Bundesministeriums<br />
des Innern, für Bau<br />
und Heimat
36 KOOPERATIVES VERFAHREN INTERVIEW<br />
37<br />
Integrierte<br />
Gebietsentwicklung<br />
betrachtet bei der<br />
Planungsarbeit verschiedene<br />
Themen wie<br />
Mobilität, Freiraum oder<br />
Wohnen im gegenseitigen<br />
Zusammenhang.<br />
Unter anderem wird<br />
versucht, Synergien zu<br />
schaffen. Ein Beispiel<br />
sind Freiräume, die<br />
zum einen Aufenthaltsqualitäten<br />
bieten, zum<br />
anderen aber auch eine<br />
Kühlfunktion für das<br />
Stadtklima.<br />
<strong>degewo</strong> Nord Wohnungsbaugesellschaft mbH<br />
nimmt als Eigentümerin des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals<br />
die Rolle der Projektträgerin im Entwicklungsprozess<br />
ein. Sie ist Maßnahmenträgerin und<br />
erhält die Zuwendungen aus dem Fördermittelprojekt.<br />
Damit beauftragt sie Dritte – zum<br />
Beispiel Beteiligungs-, Architektur- oder Projektsteuerungsbüros<br />
– das Vorhaben zu planen<br />
und umzusetzen sowie das gesamte Projekt zu<br />
steuern und zu überwachen.<br />
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und<br />
Wohnen, Referat IV C Städtebauförderung/<br />
Stadterneuerung hat eine Vermittlungsfunktion<br />
für die Bundes- sowie Landesmittel. Sie<br />
erhält die Gelder vom Fördermittelgeber, dem<br />
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung<br />
(BBR) und reicht sie an die Projektträgerin<br />
<strong>degewo</strong> Nord Wohnungsbaugesellschaft mbH<br />
weiter. Dabei übt sie auch eine Kontrollfunktion<br />
aus. Sie muss sicherstellen, dass die Förderziele<br />
sowie der besondere Qualitätsanspruch<br />
des Bundesprogramms „Nationale Projekte<br />
des Städtebaus“ eingehalten werden. Das<br />
Programm zeichnet sich durch seinen besonderen<br />
Qualitätsanspruch ("Premiumqualität")<br />
aus – nicht nur hinsichtlich des städtebaulichen<br />
Ansatzes oder der baukulturellen Aspekte,<br />
sondern auch in Bezug auf die Qualität der Beteiligungsprozesse<br />
und die hohen Investitionskosten.<br />
Bezirk Mitte, Abteilung Stadtentwicklung,<br />
Soziales und Gesundheit unterstützt die<br />
Ziele des Vorhabens, das <strong>Wiesenburg</strong>-Areal im<br />
Sinne einer integrierten Gebietsentwicklung<br />
städtebaulich weiter zu entwickeln. Er begleitet<br />
das Verfahren und hat dabei besonders die Entwicklung<br />
des Bezirkes im Blick. Auch geht es<br />
darum, beständig die unterschiedlichen Interessen<br />
und Rahmenbedingungen abzuwägen.<br />
Bei Bedarf stellen die Prozessbeteiligten des<br />
Bezirkes Kontakte zu den betreffenden Ämtern<br />
anderer Fachbereiche her und unterstützen<br />
damit den kontinuierlichen Projektfortschritt.<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V. vertritt die heutigen<br />
Nutzerinnen und Nutzer sowie die Bewohnerinnen<br />
und Bewohner im Verfahren. Von allen<br />
Mitgliedern des Vereins per Abstimmung dazu<br />
berechtigt, entwickeln die abgeordneten Mitglieder<br />
gemeinsam mit den anderen<br />
Akteurinnen und Akteuren das Nutzungskonzept<br />
mit. Im Rahmen einer Sanierungspartnerschaft<br />
(siehe S. 48) ist der Verein gemeinsam<br />
mit der Eigentümerin zu Sanierungskonzept,<br />
Sanierungsvereinbarungen sowie einem Mieten-<br />
und Organisationsmodell kontinuierlich<br />
im Austausch.<br />
Quartiersmanagement Reinickendorfer<br />
Straße/Pankstraße (Träger L.I.S.T. GmbH)<br />
vertritt die Nachbarschaft und bringt seine<br />
Netzwerke in das Verfahren ein. Wichtigstes Kriterium<br />
für das Quartiersmanagement ist, ob die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> künftig als Ort für Nachbarschaft,<br />
Bildung und Kultur fungieren kann und damit<br />
den Bedürfnissen der Quartiersbewohnerinnen<br />
und -bewohner gerecht wird. Zudem stellt das<br />
Quartiersmanagement sicher, dass die <strong>Wiesenburg</strong><br />
künftig stärker für die Nachbarschaft<br />
geöffnet wird und sieht sich mitverantwortlich<br />
für die Anschlussstellen.<br />
Um für das Nutzungskonzept von zusätzlichem<br />
Wissen zum Quartier und zu bestimmten Fachthemen<br />
zu profitieren, wurden für die Workshops<br />
weitere Beteiligte eingeladen.<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
Zukünftige Nutzerinnen und Nutzer<br />
sowie Bewohnerinnen und Bewohner<br />
(z.B. vom Mieterrat der <strong>degewo</strong>, Initiativen,<br />
Vereine und Unternehmen)<br />
Expertinnen und Experten, die dank<br />
einem anderen Hintergrund oder einer<br />
besonderen Expertise Inputs geben<br />
können (z.B. Landschaftsplanung,<br />
Architektur)<br />
begleitend dazu kamen auch Vertreterinnen<br />
und Vertreter des Bundesamts<br />
für Bauwesen und Raumordnung als<br />
Vertreterin des Fördermittelgebers<br />
Bundesministerium des Innern, für Bau<br />
und Heimat (BMI) im Bundesprogramm<br />
„Nationale Projekte des Städtebaus“ zu<br />
den Workshops dazu<br />
„Das Nutzungskonzept<br />
selbst war eigentlich<br />
kein Problem“<br />
Dass Anna Bernegg vom Büro Urban Catalyst als<br />
neutrale Moderatorin aktiv werden musste, war so<br />
nicht geplant. Sie stellte gegenseitigen Respekt<br />
und Zielorientierung in den Fokus.<br />
Wie sind Sie in die Rolle der<br />
neutralen Moderation gekommen?<br />
Wir haben schon im Vorfeld gewusst,<br />
dass wir hier in ein laufendes Verfahren<br />
einsteigen – die Beteiligten<br />
hatten schon eine lange Geschichte<br />
miteinander, aber nicht den gleichen<br />
Kenntnisstand. Dass zum Beispiel<br />
nicht abschließend geklärt war, über<br />
welche Zugänge der Neubau erreichbar<br />
sein wird, hat den Verein total<br />
überrascht. Deshalb kam es am Anfang<br />
zu Konfrontationen. Wir mussten den<br />
ursprünglich geplanten Ablauf überdenken<br />
und haben mit den Beteiligten<br />
eine Kooperationsvereinbarung<br />
erarbeitet, die ein gemeinsames,<br />
inhaltliches Arbeiten möglich machte.<br />
Auf Wunsch aller Beteiligten haben<br />
wir für uns darin die Rolle als neutrale<br />
Moderation entwickelt.<br />
Sie organisieren viele Beteiligungsverfahren<br />
– worin unterschied sich<br />
dieses zu anderen?<br />
Es gab hier viel Intensität und Emotionalität;<br />
da waren starke Haltungen<br />
im Spiel, die sehr konsequent vertreten<br />
wurden. Am Anfang hatte ich mehrfach<br />
das Gefühl, dass hier gleich was<br />
explodieren könnte.<br />
Durch die feierliche Unterzeichnung<br />
der Kooperationsvereinbarung haben<br />
wir dann zum Glück eine große Verbindlichkeit<br />
erreicht – an die wir im<br />
Laufe des Verfahrens aber immer wieder<br />
erinnern mussten.<br />
Welcher Punkt stellte sich als<br />
der komplizierteste heraus?<br />
Eindeutig die Frage nach der Anbindung<br />
und Erschließung – daran hatten<br />
die Akteure aus Verwaltung und Quartiersmanagement<br />
großes Interesse.<br />
Wo ist der Haupteingang? Wer darf da<br />
durch? Wo sind Zäune, wo sind Tore?<br />
Ziel war ebenfalls, die verwunschenen<br />
Ecken und damit auch den Charakter<br />
des Ortes zu erhalten. Die Eigentümerin<br />
war daran interessiert, das Gelände<br />
sicher zu machen und ein gutes Wohnumfeld<br />
für die Mieterinnen und Mieter<br />
zu schaffen. Dem Verein war es aber<br />
wichtig, nicht alle Bereiche in gleichem<br />
Maße zu öffnen – das passte auch gut<br />
zur kulturpolitischen Dimension des<br />
Areals. Denn mit dem Ensemble sollen<br />
auch bezahlbare Flächen für Kunst und<br />
Kultur erhalten bleiben. Das Nutzungskonzept<br />
selbst, also die Entscheidung,<br />
Anna Bernegg<br />
Gesellschafterin<br />
bei Urban Catalyst GmbH<br />
studierte Landschaftsarchitektur und<br />
Urban Design. Sie steuert bei Urban<br />
Catalyst komplexe Stadtentwicklungsprozesse<br />
und sorgt für umsetzbare<br />
Lösungen.<br />
wo welche Nutzungen wie stattfinden,<br />
wurden nicht so kontrovers diskutiert.<br />
Wieso ist das ein Widerspruch?<br />
Die Frage ist: Wieviel Rückzug braucht<br />
Kreativität? Wieviel Störung verträgt<br />
sie? Dass wir jetzt ein unterschriebenes<br />
Nutzungskonzept haben, war nicht<br />
selbstverständlich. Die Frage nach der<br />
Erschließung und Durchwegung hätte<br />
das Verfahren beinahe zum Scheitern<br />
gebracht. Mit dem Nutzungskonzept<br />
haben wir jetzt den kleinsten gemeinsamen<br />
Nenner festgehalten, der<br />
erreichbar war: Es wird Testphasen für<br />
eine behutsamen Öffnung geben –<br />
und dann bewertet man nochmal neu.<br />
Was wünschen Sie sich für<br />
die <strong>Wiesenburg</strong>?<br />
Die Sanierung wird mehrere Jahre<br />
dauern und diese Zeit krempelt den<br />
Ort vermutlich um. Heute kann keiner<br />
sagen, wie sich die Situation dann<br />
darstellt und wie lange die Testphasen<br />
für die Öffnungen dauern sollen, das<br />
wird später nochmals Thema sein.<br />
Aber ich würde mir wünschen, dass die<br />
beiden Grundstücksteile, also Neubau<br />
und Bestand, dann schon ein bisschen<br />
zusammengewachsen sind, dass die<br />
neuen Bewohnerinnen und Bewohner<br />
im Bestandsareal auch eine Nachbarschaft<br />
finden und dass gemeinsam ein<br />
beschwingtes Leben möglich ist.
38 KOOPERATIVES VERFAHREN KOOPERIEREN – UND ZWAR RICHTIG!<br />
39<br />
Was macht die Unterstützung der<br />
Eine für Alle eG in Beteiligungsverfahren<br />
wie diesem so wichtig?<br />
Wir funktionieren für zivilgesellschaftliche<br />
Akteurinnen und Akteure als eine<br />
Art „Nachteilsausgleich“ in Bezug auf<br />
Zeit, Geld und Erfahrung – denn von<br />
diesen drei Elementen haben Beteiligte,<br />
die professionell und von Amts<br />
wegen in derlei Verfahren einbezogen<br />
sind, immer viel mehr. Zivilgesellschaftliche<br />
Akteure und Vereine wie<br />
„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ geraten dadurch<br />
leicht in die Defensive. Außerdem<br />
verstehen wir durch unsere Erfahrung<br />
eher, wie Senat, Bezirk oder auch das<br />
Quartiersmanagement ticken. Eigentlich<br />
hätte der Verein diesen Nachteilsausgleich<br />
schon vor zehn Jahren<br />
gebraucht; nach den ersten beiden<br />
Verfahren war wirklich ein konfliktbeladenes<br />
Verhältnis zur Eigentümerin<br />
entstanden.<br />
Wo lag aus Ihrer Sicht der wichtigste<br />
„Ausgleichsmoment“ im Verfahren<br />
zur Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong>?<br />
In einem solchen Verfahren agiert man<br />
immer auch politisch. Zum Beispiel<br />
brachte das Quartiersmanagement<br />
erst gegen Ende des Diskurses die Information<br />
offensiv ein, dass geplant ist,<br />
hier ein Sanierungsgebiet auszuweisen<br />
– und hat damit begründet, dass der<br />
Weg an der Panke öffentlich sein müsse.<br />
Diese Erwartung gab es übrigens<br />
latent von vielen anderen über das<br />
„Wir sind ein großes<br />
Risiko eingegangen“<br />
Dem Verein <strong>Wiesenburg</strong> e.V. den Rücken stärken –<br />
das war die Aufgabe von Frieder Rock und der<br />
Genossenschaft „Eine für alle eG“. Dank ihm kam<br />
der Verein in eine ganz neue Position.<br />
ganze Verfahren hinweg – außer vom<br />
Verein. Dieser hatte den „Profi“-Argumenten<br />
„nur“ seine Alltagserfahrung<br />
entgegenzusetzen. Aus unserer Sicht<br />
musste sich dazu nicht nur die Verwaltung,<br />
sondern auch der Baustadtrat<br />
eindeutig und politisch zum Umfang<br />
der Öffnung positionieren. Deshalb<br />
haben wir ihn angesprochen. Wir sind<br />
damit das große Risiko eingegangen,<br />
dass die Situation weiter eskaliert.<br />
Welche Rolle spielt der Bereich an<br />
der Panke für die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.?<br />
Für die Kunstschaffenden und Gewerbetreibenden<br />
ist er sehr wichtig,<br />
sie arbeiten dort mit teils schwerem<br />
Gerät und können dabei nicht noch<br />
„auf Väter mit Kleinkindern“ achten.<br />
Und der Stadtrat hat sich dann ja auch<br />
eindeutig gegen die Öffnung dieses<br />
Bereichs im Sinne einer Durchgangszone<br />
positioniert. Unser Vorgehen hat für<br />
Irritationen gesorgt – aber auch dafür,<br />
dass wir noch im Jahr 2020 einen Kompromiss<br />
gefunden haben und eine Formulierung<br />
im Nutzungskonzept, die für<br />
Frieder Rock<br />
Organisationsberater,<br />
Prokurist der Eine für Alle eG<br />
hat langjährige Erfahrung als Berater<br />
von Initiativen, Vereinen und Unternehmen.<br />
Konfliktreiche Situationen<br />
– wie sie auch auf der <strong>Wiesenburg</strong> vorkamen<br />
– gehören für ihn zum Alltag.<br />
alle Seiten tragbar ist. Ich bin allerdings<br />
überzeugt, dass dieses Problem nochmals<br />
aufbrechen wird. Ich finde aber<br />
sehr gut, dass der Verein mittlerweile in<br />
der Lage ist, auf höchster Ebene für die<br />
eigenen Anliegen zu werben. Und das<br />
hat auch nichts Verwerfliches – schließlich<br />
machen das alle so.<br />
Welches sind die nächsten Schritte<br />
für den Verein?<br />
Wir sind gerade dabei zu klären, in<br />
welchem Vertragsverhältnis das Areal<br />
nach Abschluss der Sanierung an die<br />
Genossenschaft zur Bewirtschaftung<br />
übergeben werden kann. Ein Erbbaurecht<br />
über 99 Jahre schafft mehr<br />
Planungssicherheit und stadtpolitisch<br />
einen anderen Horizont als ein Generalmietvertrag<br />
über 30 Jahre. So könnte<br />
die Genossenschaft wirklich zu einer<br />
guten Vertragsgestaltung kommen,<br />
die langfristig trägt. Dabei berate ich<br />
weiterhin. Die Eigentümerin <strong>degewo</strong><br />
möchte der Genossenschaft der Nutzerinnen<br />
und Nutzer möglichst schnell<br />
die Verantwortung für den Betrieb<br />
übergeben und es ist unser Ziel, dass<br />
wir in den nächsten Monaten die Frage<br />
nach dem Vertragsverhältnis geklärt<br />
haben. Daneben geht es um den Aufbau<br />
der neu gegründeten <strong>Wiesenburg</strong><br />
Berlin eG. Diese soll kurzfristig die Vertretung<br />
der <strong>Wiesenburg</strong>erinnen und<br />
<strong>Wiesenburg</strong>er übernehmen und die<br />
Sanierungsphase in den kommenden<br />
Monaten und Jahren aktiv begleiten.<br />
Neutrale Moderation,<br />
unabhängige Beratung<br />
In einer Kooperation verfolgen die Partnerinnen<br />
und Partner üblicherweise ein gemeinsames<br />
Ziel. Anders im Falle des Verfahrens zur<br />
Entwicklung der <strong>Wiesenburg</strong>: Hier gingen die<br />
Interessenlagen anfangs weit auseinander. Der<br />
Wunsch, den Charme des Geländes zu bewahren<br />
und die Gewerbemieten niedrig zu halten<br />
stand auf der einen Seite – auf der anderen<br />
beeinflusste ein hoher Sanierungsdruck und<br />
das Vorhaben der Standortentwicklung den<br />
Prozess. Vor allem zwischen den Nutzerinnen<br />
und Nutzern einerseits und der Eigentümerin<br />
andererseits prägten über Jahre festgefahrene<br />
Positionen und Misstrauen die Situation. All das<br />
behinderte die Zusammenarbeit massiv. Erst<br />
als <strong>degewo</strong> gemeinsam mit der Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung und Wohnen und<br />
dem Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ Fördermittel<br />
des Bundes und des Landes akquirierte und<br />
man sich gemeinsam auf eine Zusammenarbeit<br />
auf Augenhöhe einigte, konnte mit einem weiteren<br />
Beteiligungsverfahren an die bisherigen<br />
Werkstattverfahren angeschlossen werden. Mit<br />
dem Einsatz <strong>degewo</strong>s konnte dadurch Urban<br />
Catalyst als neutrale Moderation eingesetzt<br />
sowie eine unabhängige Beratung für den Verein<br />
bereitgestellt werden. So konnte die Arbeit<br />
an einem tragfähigen Nutzungskonzept wieder<br />
aufgenommen werden.<br />
Dr. Cordelia Polinna (links) und Anna Bernegg (rechts) vom<br />
Büro Urban Catalyst übernahmen im kooperativen Verfahren<br />
die Rolle der neutralen Moderatorinnen.<br />
von links nach rechts: Enno Kuck (Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.), Frieder Rock (Eine für<br />
Alle eG), Dirk Feistel (Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.) und Katrin Baba-Kleinhans (<strong>degewo</strong>)<br />
im Gespräch. Als unabhängiger Berater konnte Frieder Rock in schwierigen<br />
Situationen zwischen den Beteiligten vermitteln.<br />
Neben der neutralen Moderation des Gesamtprozesses<br />
war es wichtig, alle Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner in ihrer Rolle zu<br />
stärken und zu ermächtigen. Doch es gab ein<br />
entscheidendes Ungleichgewicht zwischen<br />
den Beteiligten. Die vier professionell mit<br />
Standortentwicklung vertrauten Akteurinnen<br />
und Akteure brachten naturgemäß die notwendige<br />
fachliche Expertise für die Entwicklung<br />
eines Standortes mit. Dagegen hatten<br />
die ehrenamtlich tätigen Vertreter des Vereins<br />
„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ enorme Kenntnisse über<br />
den Ort sowie viel individuelles Wissen, was die<br />
derzeitigen Nutzerinnen und Nutzer des Areals<br />
sich wünschen und welche kulturellen und gesellschaftlichen<br />
Nutzungen in Zukunft wichtig<br />
sein würden. Doch es fehlte ihnen an fachlicher<br />
Expertise für die Entwicklung eines Standortes,<br />
um als gleichwertig fachliches Gegenüber zu<br />
agieren und akzeptiert zu werden. Um diesen<br />
Nachteil auszugleichen, wurde ein unabhängiger<br />
Berater für den Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V“<br />
eingesetzt, den die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
und Wohnen finanziert.
40 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />
KOOPERIEREN – UND ZWAR RICHTIG!<br />
41<br />
Von links nach rechts:<br />
Dirk Feistel und Enno<br />
Kuck (Die <strong>Wiesenburg</strong><br />
e.V.), Hardy Hünich (Leiter<br />
Bestandsmanagement<br />
bei <strong>degewo</strong>) und Gregor<br />
Onasch (Bezirksamt Mitte)<br />
beim ersten Workshop zur<br />
Kooperationsvereinbarung.<br />
Der erste Workshop widmet<br />
sich ausschließlich den<br />
Prinzipien der Zusammenarbeit<br />
– mit dem Ergebnis,<br />
dass alle Beteiligten sich in<br />
der Kooperationsvereinbarung<br />
auf Regeln einigten.<br />
„Wir haben gemerkt,<br />
dass <strong>degewo</strong> es<br />
ehrlich meint“<br />
Sich im Beteiligungsverfahren zu engagieren,<br />
war für Dirk Feistel und Enno Kuck von<br />
„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ selbstverständlich –<br />
und dennoch ging es an die Substanz.<br />
Kooperationsvereinbarungen<br />
werden für eine<br />
strategische und<br />
zeitlich begrenzte<br />
Zusammenarbeit zwischen<br />
Personen oder<br />
Institutionen geschlossen.<br />
Sie definieren die<br />
Rahmenbedingungen<br />
für ein gleichberechtigtes<br />
Miteinander; so<br />
verständigen sich die<br />
Teilnehmenden zum<br />
Beispiel zu Zielen und<br />
Regeln der Zusammenarbeit.<br />
9<br />
Ein echter Meilenstein:<br />
Die Kooperationsvereinbarung<br />
Zu Beginn des Verfahrens standen sehr unterschiedliche<br />
Interessenlagen und Zielvorstellungen<br />
der jeweiligen Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner gegenüber. Vor allem ungeklärte<br />
Fragen zur räumlichen Anbindung und Erschließung<br />
des Grundstücks schienen der<br />
eigentlichen Arbeit am Nutzungskonzept im<br />
Wege zu stehen. Bevor ein inhaltlicher Konsens<br />
über Nutzungen auf dem Gelände erzielt<br />
werden konnte, war es notwendig, eine Verständigung<br />
zu Entwicklungszielen und –wegen<br />
herbeizuführen und diese in einer Kooperationsvereinbarung<br />
festzuschreiben. Um der<br />
Kooperation einen Rahmen zu geben und den<br />
Dialog auf Augenhöhe zu führen, einigten sich<br />
die Kooperationspartnerinnen und -partner auf<br />
gemeinsame Kommunikationsregeln. Schwerpunkte<br />
lagen in der Transparenz und Offenlegung<br />
der Arbeitsschritte, allen Beteiligten den<br />
gleichen Informationsstand zu ermöglichen,<br />
eine Kontinuität in der Zusammensetzung der<br />
Beteiligten sowie die Verbindlichkeit von Absprachen<br />
und zuletzt darauf, dass ein stetiger<br />
Austausch von Informationen stattfindet.<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> und ihre Nutzerinnen<br />
und Nutzer – welche Geschichte<br />
steht dahinter?<br />
Dirk Feistel (DF): Die meisten von uns<br />
sind schon seit 20 Jahren hier. Damals<br />
konnten wir in den Räumen etwas<br />
verwirklichen, das sonst in Berlin nicht<br />
möglich war und es jetzt noch viel<br />
weniger wäre. Jeder hat eine bestimmte<br />
Form von Verantwortung für dieses<br />
Gelände übernommen.<br />
Enno Kuck (EK): Aber mit der Rodung<br />
des Waldgartens und dem Abriss<br />
der dortigen Ruinen war klar, dass<br />
im Zweifel auch der ganze Rest nicht<br />
sicher ist. Das hat sehr an den Leuten<br />
gerüttelt, es war eine totale Bedrohung<br />
für alles, was wir hier seit 20 Jahren<br />
aufgebaut haben – und wir fühlten<br />
uns nicht mehr ernst genommen.<br />
DF: Es gab lange Probleme mit <strong>degewo</strong><br />
auf der Kommunikationsebene. Wir<br />
kommunizierten über Anwälte – ohne,<br />
dass es zu einer einzigen unterschriebenen<br />
Vereinbarung gekommen wäre.<br />
Beiden Seiten war irgendwann klar,<br />
dass sich das ändern muss.<br />
auf eine gemeinsame Linie geeinigt.<br />
So hatten wir den Rücken frei. Der<br />
Senat hat uns Frieder Rock* zur Seite<br />
gestellt, das hat uns inhaltlich, handwerklich,<br />
zeitlich und organisatorisch<br />
auf ein anderes Level gebracht. Von<br />
Seiten der <strong>degewo</strong> waren jetzt neue<br />
Personen beteiligt, auch das war<br />
positiv.<br />
Gab es Momente, die Sie begeistert<br />
haben – die Sie so in den Jahren<br />
zuvor nicht erlebt haben?<br />
EK: Es gab einen Moment der krassen<br />
Konfrontation während der Erarbeitung<br />
der Kooperationsvereinbarung.<br />
Wir waren kurz davor aufzustehen<br />
und abzubrechen, da bat <strong>degewo</strong> um<br />
eine kurze Auszeit, um sich zu beraten.<br />
Danach haben sie einen Kompromissvorschlag<br />
gemacht, mit dem sie eindeutig<br />
auf uns zugingen. Da habe ich<br />
gemerkt: <strong>degewo</strong> meint es ehrlich und<br />
will eine gute Lösung für alle finden.<br />
Wie geht es aus Ihrer Sicht weiter?<br />
DF: Es bleibt arbeitsintensiv. Die<br />
Öffnungen des Areals wurden nicht<br />
abschließend geklärt, aber immerhin<br />
haben wir eine gute Basis geschaffen.<br />
Momentan kommen durch die Planungsbüros<br />
von außen wieder neue<br />
Ideen, die so nicht im Konzept stehen.<br />
Jetzt müssen wir verteidigen, was wir<br />
beschlossen haben und wofür alle<br />
<strong>Wiesenburg</strong>erinnen und <strong>Wiesenburg</strong>er<br />
so lange gekämpft haben.<br />
EK: Deshalb ist es gut, dass unsere Genossenschaft<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> betreiben<br />
wird – so können viele Menschen<br />
weiter Verantwortung übernehmen.<br />
Spannend wird es auch, wenn wir<br />
durch den Bezug des Neubaus neue<br />
Nachbarinnen und Nachbarn bekommen.<br />
Genauso spannend ist auch die<br />
weitere Zusammenarbeit mit dem<br />
Quartiersmanagement in Bezug auf<br />
die Frage, wo wir die <strong>Wiesenburg</strong> in<br />
welchem Maße öffnen.<br />
* Siehe dazu auch das Interview Seite 39<br />
Es ist geschafft! Am 17. Juni 2020 unterzeichnen alle Kooperationspartnerinnen und -partner<br />
die Kooperationsvereinbarung. Von links nach rechts: Susanne Walz (L.I.S.T. GmbH, QM<br />
Reinickendorfer Straße/Pankstraße , Sandra Wehrmann (<strong>degewo</strong>), Ephraim Gothe (Bezirk<br />
Mitte), Katrin Lompscher (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen), Sükran<br />
Altunkaynak (Quartiersmanagerin, QM Reinickendorfer Straße/Pankstraße) sowie Enno Kuck<br />
und Dirk Feistel (Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.)<br />
Anna Bernegg (Urban Catalyst GmbH) stellt den ersten<br />
Entwurf der Kooperationsvereinbarung vor.<br />
Wie kam jetzt doch ein unterzeichnetes<br />
Nutzungskonzept zustande?<br />
EK: Da gab es mehrere Veränderungen<br />
im Vergleich zu dem, was vorher lief.<br />
Wir als Verein haben entschieden: Wir<br />
sind nur dabei, wenn wir wirklich auf<br />
Augenhöhe verhandeln. Vorab haben<br />
wir uns mit allen Vereinsmitgliedern<br />
Dirk Feistel<br />
Vorstand,<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />
betreibt auf der <strong>Wiesenburg</strong> ein Tonstudio<br />
und produziert hier Aufnahmen<br />
nationaler wie internationaler Musikerinnen<br />
und Musiker verschiedener<br />
Genres.<br />
Enno Kuck<br />
Vorstand,<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />
ist als Schlagzeuger seit 30 Jahren<br />
professionell tätig und nutzt<br />
den Proberaum auf der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />
Dazu arbeitet er als Festivalorganisator.<br />
9 Vgl. BBSR (Hrsg.) 2020, S. 89
42 KOOPERATIVES VERFAHREN BETEILIGUNGSFORMATE<br />
43<br />
Auf dem<br />
begehbaren<br />
Plan konnten<br />
die Beteiligten<br />
ihre Ideen<br />
direkt einem<br />
konkreten Ort<br />
zuweisen.<br />
Beteiligungsformate –<br />
gewohnt, anders oder<br />
ganz neu<br />
Workshops, Videokonferenzen und ein begehbarer Plan waren<br />
drei von vielen Elementen, welche die Arbeit am Nutzungskonzept<br />
strukturierten. Sie wurde überschattet von der Corona-Pandemie.<br />
Ausgebremst hat das die Beteiligten aber nicht.<br />
Während der Arbeitsphase brachten<br />
unterschiedliche Veranstaltungsformate<br />
alle Beteiligten<br />
zusammen – entweder physisch<br />
oder virtuell: Die Corona-Pandemie, die kurz<br />
nach Projektstart Kontaktbeschränkungen und<br />
Hygieneregeln notwendig machte, erschwerte<br />
das Arbeiten in bis dato gewohnten Formaten<br />
erheblich. Dennoch fanden insgesamt<br />
fünf Präsenz-Workshops auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
statt, wovon der erste der Erstellung einer<br />
Kooperationsvereinbarung diente. Dazu gab<br />
es zahlreiche Termine zur Abstimmung, sei<br />
es per Videokonferenz oder telefonisch, sie<br />
strukturierten die Arbeit am Konzept. Kern des<br />
Beteiligungsprozesses aber waren die Workshops,<br />
die folgende Themen detailliert in den<br />
Fokus nahmen: „Kooperationsvereinbarung“,<br />
„Nutzungen in Gebäuden und Freiraum“,<br />
„Nutzungsszenarien“, „Nutzungskonzept“ sowie<br />
„Räumliche Öffnung und Anbindung“. Als<br />
besonders bedeutsam und sehr arbeitserleichternd<br />
für alle Beteiligten erwies sich dabei die<br />
Arbeit an einem begehbaren Plan der <strong>Wiesenburg</strong>,<br />
der auf LKW-Plane gedruckt bei jedem<br />
Workshop ausgerollt wurde. Er machte angesprochene<br />
Orte, Räume und Nutzungen auf<br />
niederschwellige Art augenfällig und greifbar.<br />
So war es allen Beteiligten möglich, ihre Ideen<br />
und Vorstellungen klar zu kommunizieren,<br />
indem sie diese direkt einem konkreten Raum<br />
oder Ort auf dem Gelände zuweisen konnten.<br />
Dank diesem handfesten und konkreten<br />
Arbeitsmittel gelang es jeweils, Konflikte zügig<br />
aufzudecken und Interessenlagen in der Diskussion<br />
klar zu benennen. Es ermöglichte einen<br />
kreativen Aushandlungsprozess und diente als<br />
leicht bespielbare Fläche für unterschiedliche<br />
Nutzungsszenarien sowie Entwicklungsvorstellungen.<br />
Und noch ein Unterschied zu anderen<br />
Beteiligungsverfahren vereinfachte die Arbeit<br />
in diesem Prozess: Alle Workshops fanden<br />
direkt vor Ort auf der <strong>Wiesenburg</strong> statt, so dass<br />
Begehungen jederzeit unkompliziert möglich<br />
waren. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
konnten sich so ein Bild der Bestandsgebäude<br />
und Freiräume sowie der aktuellen Nutzung<br />
machen und die Atmosphäre nachempfinden,<br />
welche die einzelnen Orte ausstrahlen.<br />
Mit Hilfe unterschiedlicher<br />
Elemente konnten<br />
die Beteiligten auch<br />
selbst ihre Ideen auf<br />
dem Plan platzieren
44 KOOPERATIVES VERFAHREN BETEILIGUNGSFORMATE<br />
45<br />
3 4 4<br />
1 – Vorgespräche mit Einzelakteurinnen<br />
und -akteuren<br />
Im Frühjahr 2020 fanden Vorgespräche<br />
zwischen der neutralen Moderation<br />
und den jeweiligen Kooperationspartnerinnen<br />
und -partnern statt. Ziel war<br />
es, einen ersten Überblick der Agenda<br />
und der Interessenlagen sowie Sichtweisen<br />
auf den Stand der Diskussion<br />
zu erhalten. Schon im Verlauf dieser<br />
Gespräche zeichnete sich ab, dass<br />
eine gemeinsame Absichtserklärung<br />
zur Zusammenarbeit der unterschiedlichen<br />
Akteurinnen und Akteure notwendig<br />
sein würde.<br />
2 – Videotermin: Angepasstes<br />
Vorgehen und Rückfragen<br />
(22. April 2020)<br />
3<br />
André Schuhknecht von <strong>degewo</strong>-bauWerk, die<br />
interne Planungs- und Bauabteilung, ist von<br />
Beginn an bauherrenseitig bei der Entwicklung<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> involviert.<br />
In einer ersten Videokonferenz wurden<br />
die Kooperationspartnerinnen und<br />
-partner über den bevorstehenden<br />
Prozess informiert. Neben der Vorstellung<br />
des Prozesses fand eine<br />
Befragung der Beteiligten statt: Kerngedanke<br />
war, ihre jeweiligen Ziele, ihre<br />
Vision und ihre Haltung in Bezug auf<br />
die künftige Zusammenarbeit für alle<br />
Beteiligten transparent zu machen. Daraufhin<br />
gab es erste Rückfragen und es<br />
kamen erste Diskussionen zustande.<br />
4 4<br />
3 – Workshop: Kooperationsvereinbarung<br />
(19. Mai 2020)<br />
Der erste Workshop stand im Zeichen<br />
eines gemeinsamen Kooperationsverständnisses.<br />
Er diente dazu, dass alle<br />
teilnehmenden Kooperationspartnerinnen<br />
und -partnern gemeinsame<br />
Ziele und den Handlungsrahmen<br />
für die Zusammenarbeit definieren.<br />
Ergebnis war eine Kooperationsvereinbarung,<br />
die in den darauffolgenden<br />
Wochen im Umlaufverfahren ihre<br />
Konkretisierung fand.<br />
Katrin Baba-Kleinhans von <strong>degewo</strong> begrüßt alle<br />
Anwesenden zum Kooperationsworkshop<br />
oben: Die Kooperationsvereinbarung zu erstellen war für alle mit intensiven Gesprächen verbunden.<br />
Unten: Katrin Baba-Kleinhans verantwortet als Abteilungsleiterin Quartiersmanagement die Beteiligungsverfahren<br />
bei <strong>degewo</strong>.<br />
Beim ersten Workshop zum Thema "Nutzungen in Gebäuden und Freiraum" wurde bereits intensiv über die Erschließung der <strong>Wiesenburg</strong><br />
gesprochen. Die Nutzungen in den Gebäuden standen verhältnismäßig schnell fest.<br />
4 – Workshop: Nutzungen in Gebäuden und Freiraum (3. Juni 2020)<br />
Der erste inhaltliche Workshop begann mit einer Begehung der <strong>Wiesenburg</strong>, sodass<br />
alle Beteiligten das Areal kennen lernen konnten. Thema des Workshops waren<br />
die Nutzungen in Gebäuden und im Freiraum. Unter anderem wurde über die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> als Kunst- und Kulturort gesprochen, der auch für die Öffentlichkeit<br />
zugänglich ist. Thema war auch, welche Bildungsangebote im Quartier gefragt<br />
und notwendig sind. Es wurde deutlich, dass Erschließung und Durchwegung<br />
wichtige Themen für die Entwicklung des Nutzungskonzeptes sein werden.<br />
Erschließung<br />
beschreibt, wie Gebiete,<br />
Gebäude oder Räume<br />
innerhalb von Gebäuden<br />
von außen zugänglich<br />
sind. Auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
beschreibt 'Erschließung'<br />
die Zugänge zum Gelände<br />
sowie die Wege<br />
innerhalb des Areals.
46 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />
BETEILIGUNGSFORMATE<br />
47<br />
5<br />
5<br />
Auf der Pressekonferenz zur Unterzeichnung der<br />
Kooperationsvereinbarung kamen die unterschiedlichen<br />
Akteurinnen und Akteure zusammen.<br />
Auch die ehemalige Verwalterin Anna-<br />
Christin Dumkow (oben, Mitte) war anwesend.<br />
5 – Pressekonferenz: Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung<br />
(17. Juni 2020)<br />
Am 17. Juni 2020 wurde die Kooperationsvereinbarung auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
von allen Beteiligten unterzeichnet. Sie trug ab diesem Datum die Unterschriften<br />
von <strong>degewo</strong>-Vorstandsmitglied Sandra Wehrmann, der ehemaligen<br />
Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen a.D. Katrin Lompscher, des Bezirksstadtrats<br />
Mitte Ephraim Gothe, von Susanne Walz von der L.I.S.T. GmbH /<br />
Quartiersmanagement Reinickendorfer Straße/Pankstraße sowie dem Vereins-<br />
Vorstand „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V“, Dirk Feistel und Enno Kuck.<br />
6 – Workshop: Nutzungsszenarien<br />
(1. Juli 2020)<br />
Im Workshop zu Nutzungsszenarien<br />
konkretisierten die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer die künftigen Nutzungen<br />
im Freiraum. Dafür stellte die<br />
Moderation anfangs zwei gegenteilige<br />
Szenarien vor („Versteckter Ort“ versus<br />
„Öffentlicher Ort“). Sie befähigten<br />
die Teilnehmenden, sich schrittweise<br />
einem Kompromiss anzunähern, wie<br />
die Nutzung und Öffnung des gesamten<br />
Grundstücks künftig aussehen<br />
könnte. Ein spezieller Fokus lag auf der<br />
Frage, wie offen oder geschlossen die<br />
unterschiedlichen Außenräume der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> künftig für die Öffentlichkeit<br />
sein sollen und wie die Erschließung<br />
geregelt wird.<br />
Für das Nutzungskonzept waren die<br />
Rahmenbedingungen zu klären und<br />
Zielkonflikte zu benennen. Diese<br />
wurden sichtbar und deutlich im<br />
begehbaren Plan.
48 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />
BETEILIGUNGSFORMATE<br />
49<br />
7<br />
7<br />
7 – Workshop: Nutzungskonzept<br />
(18. August 2020)<br />
Im Vorfeld erhielten alle Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer einen<br />
ersten Entwurf des Nutzungskonzeptes,<br />
um die in den vorigen<br />
Veranstaltungen diskutierten<br />
Inhalte in einem textlichen Entwurf<br />
abzustimmen. Als besonderes<br />
Konfliktthema erwies sich auch hier<br />
die Frage nach der Erschließung.<br />
Fragen der Durchwegung und der<br />
Zugänge wurden erneut diskutiert<br />
und verhandelt. Die Landschaftsplanerinnen<br />
und -planer sowie<br />
Architektinnen und Architekten<br />
gaben zudem einen Einblick in<br />
ihre vorbereitenden Planungen.<br />
Thema war beispielsweise, wie mit<br />
dem Baumbestand innerhalb der<br />
ruinösen Gebäude umgegangen<br />
werden kann.<br />
7<br />
7<br />
oben links:<br />
Katrin Baba-Kleinhans von<br />
<strong>degewo</strong> ist es wichtig, dass die neuen<br />
Mieterinnen und Mieter ein lebenswertes<br />
Wohnumfeld haben und<br />
gleichzeitig die Bestandsnutzungen<br />
erhalten und gesichert werden.<br />
unten links:<br />
Thomi Bauermeister vom Landschaftsarchitekturbüro<br />
Gruppe F<br />
erläutert, wie man sich einen grünen<br />
Innenhof vorstellen könnte.<br />
oben rechts:<br />
Die neutralen Moderatorinnen<br />
Cordelia Polinna und Anna Bernegg<br />
erläutern den Anwesenden die Zwischenergebnisse.<br />
unten rechts:<br />
Christian Luchmann will sicherstellen,<br />
dass die <strong>Wiesenburg</strong> auch für die<br />
Menschen aus dem Quartier zugänglich<br />
sein soll.
50 KOOPERATIVES VERFAHREN<br />
BETEILIGUNGSFORMATE<br />
51<br />
„Wir haben den<br />
Verein als Partner<br />
schätzen gelernt“<br />
Beteiligungsprozesse gehören zum Alltag von<br />
Katrin Baba-Kleinhans, Quartiersmanagerin bei<br />
<strong>degewo</strong>. Im Verfahren zur <strong>Wiesenburg</strong> erlebte sie,<br />
wie sich die Rollen schnell wandeln können<br />
Welche Bedeutung hat die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> für <strong>degewo</strong>?<br />
Ich kenne niemanden, den die <strong>Wiesenburg</strong><br />
nicht fasziniert und auch für<br />
<strong>degewo</strong> war sie immer etwas ganz Besonderes.<br />
Das Land Berlin hat das Areal<br />
2014 bewusst einem kommunalen<br />
Wohnungsunternehmen übertragen,<br />
damit hier im Sinne des Denkmalschutzes,<br />
der sozialen Quartiersentwicklung<br />
und der gewachsenen Bewohner- und<br />
Nutzerstruktur gehandelt wird. Auf<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> kommen viele stadtentwicklungspolitische<br />
Themen wie<br />
unter einem Brennglas zusammen: ein<br />
Objekt denkmalgerecht, zukunftsfähig<br />
und wirtschaftlich darstellbar sanieren,<br />
bezahlbare Wohnungen schaffen<br />
und die Anwohnerschaft mitgestalten<br />
lassen.<br />
Inwieweit konnten Sie auf Entwicklungserfahrungen<br />
mit solchen Objekten<br />
in Ihrem Immobilienbestand<br />
zurückgreifen – auch hinsichtlich der<br />
Beteiligung?<br />
Für die <strong>Wiesenburg</strong> als ganz besondere<br />
Immobilie gibt es keine Blaupause,<br />
obwohl unsere Erfahrungen weitreichend<br />
sind: Wir bewirtschaften seit<br />
Jahrzehnten umfassende Immobilienbestände<br />
und sind auch im Neubau<br />
sehr professionell geworden. Bei der<br />
Partizipation ist es eher andersherum<br />
– da ist die <strong>Wiesenburg</strong> für uns so<br />
etwas wie ein Reallabor. Nach drei sehr<br />
unterschiedlichen Werkstattverfahren<br />
fließen die vielfältigen Erfahrungen<br />
jetzt in unsere Beteiligungsprozesse für<br />
andere Vorhaben ein.<br />
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit<br />
mit dem <strong>Wiesenburg</strong>-Verein?<br />
Von Beginn an war der Verein, der sich<br />
recht schnell organisiert hat, ein wichtiger<br />
Partner von <strong>degewo</strong>. Sicherlich – es<br />
hat auch Konflikte gegeben, zeitweilig<br />
war das Verhältnis von wenig Vertrauen<br />
geprägt. Inzwischen haben wir den<br />
Verein als Partner schätzen gelernt und<br />
kommunizieren in der Sanierungspartnerschaft<br />
auf Augenhöhe, auch weil der<br />
Verein verbindlich, professionell und<br />
kooperativ agiert und wir die echte Partnerschaft<br />
als guten Weg erkannt haben.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Wir konnten die Beteiligten von Seiten<br />
des Vereins für eine gemeinsame Entwicklungsperspektive<br />
gewinnen. Sie verstanden<br />
unsere Sichtweise zunehmend<br />
Katrin Baba-Kleinhans<br />
Abteilungsleiterin Quartiersmanagement<br />
bei <strong>degewo</strong><br />
ist Diplom-Geografin und beteiligt seit<br />
2018 im Vorfeld von Sanierungs- und<br />
Neubauvorhaben von <strong>degewo</strong> die<br />
relevanten Akteurinnen und Akteure,<br />
damit sie zu Partnerinnen und Partnern<br />
des Projekts werden.<br />
besser – da musste ich wirklich schmunzeln<br />
und es hat mich auch begeistert.<br />
Sie sind selbst zu Projektentwicklern geworden,<br />
als klar wurde, dass sie mit einer<br />
Genossenschaft den Betrieb übernehmen<br />
werden. Das fand ich stark. Aber<br />
auch wir mussten uns öffnen, Kommunikation<br />
hinterfragen und Zugeständnisse<br />
machen. Das bedeutet nicht, dass wir<br />
uns nun immer einig sind und Eintracht<br />
herrscht. Kritisch-konstruktiv würde ich<br />
die Zusammenarbeit beschreiben.<br />
Wie geht es jetzt weiter?<br />
Die Planerinnen und Planer arbeiten<br />
an einem Sanierungskonzept, Grundlage<br />
dafür ist das Nutzungskonzept. Es<br />
zeichnet sich ab, dass wir aus finanziellen<br />
Gründen Prioritäten setzen müssen,<br />
was wir sanieren. Hier prüfen wir in der<br />
Sanierungspartnerschaft die Möglichkeiten<br />
und beziehen den Entwicklungsbeirat<br />
ein. Außerdem entwickeln wir mit<br />
dem Verein ein tragfähiges Konzept für<br />
die Betreibergenossenschaft, schließlich<br />
muss sich der Betrieb rechnen; natürlich<br />
hinsichtlich der Möglichkeiten, die<br />
künstlerische und soziale Nutzungen<br />
haben – um den Sozialgedanken vom<br />
Ursprung der <strong>Wiesenburg</strong> wieder aufzugreifen.<br />
Zwischenzeitlich wird der<br />
Neubau bezogen, es kommen also neue<br />
Leute auf das Gelände. Sie sollen dann<br />
auch ein Teil der <strong>Wiesenburg</strong> werden.<br />
Das wird spannend, aber ich bin optimistisch,<br />
dass das gelingen wird.<br />
Der Knackpunkt in den Workshops: Wie öffnet man die <strong>Wiesenburg</strong> behutsam, aber wirkungskvoll?<br />
In den Diskussionen stellte sich immer wieder die Frage, wo und wie der Ort für Besucherinnen und Besucher zugänglich sein soll.<br />
8 – Workshop: Räumliche<br />
Öffnung und Anbindung<br />
(7. Oktober 2020)<br />
Ein zusätzlicher Workshop zum Thema<br />
„Räumliche Öffnung und Anbindung“<br />
sollte diesen besonders brisanten Themen<br />
Raum verschaffen. Dazu wurden<br />
Stellungnahmen der einzelnen Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner,<br />
die vorab eingereicht worden waren,<br />
während des Workshops mit allen Beteiligten<br />
durchgesprochen. Dennoch<br />
konnte keine finale Einigung erzielt<br />
werden. Man entschied sich aber dazu,<br />
dass ein vom Moderationsbüro Urban<br />
Catalyst formulierter Vorschlag im<br />
Rundlauf final abgestimmt wird.<br />
9 – Videokonferenz: Finale Abstimmung<br />
(18. November 2020)<br />
Ziel des letzten Abstimmungstermins<br />
war es, dass alle Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner finale Änderungen<br />
im Nutzungskonzept anerkennen<br />
sowie dem Formulierungsvorschlag<br />
zur Erschließung zustimmen. Ergebnis<br />
sollte ein von allen mitgetragenes<br />
Nutzungskonzept sein. Nach der<br />
Videokonferenz musste das Kapitel<br />
zur Erschließung erneut überarbeitet<br />
werden; und erhielt schließlich nach<br />
erneutem Versand von allen Kooperationsteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmern<br />
seine Zustimmung.<br />
10 – Videokonferenz: Reflexionsrunde<br />
(18. Dezember 2020)<br />
Wegen der Corona-Pandemie wurde<br />
die abschließende Reflexionsrunde<br />
in digitaler Form als Videokonferenz<br />
organisiert. Im virtuellen Raum kamen<br />
Ende 2020 noch einmal alle Kooperationspartnerinnen<br />
und -partner zusammen,<br />
um Highlights und Aha-Momente<br />
im Verfahren zu reflektieren.<br />
Die eigentliche Unterzeichnung<br />
des Nutzungskonzeptes fand aufgrund<br />
des damaligen Corona-Infektionsrisikos<br />
in einem postalischen Umlaufverfahren<br />
im Januar 2021 statt.
EINE VISION ENTWICKELN<br />
53<br />
Eine Vision entwickeln<br />
3<br />
Um sich die künftige <strong>Wiesenburg</strong> vorstellen zu können,<br />
brauchte es Fixpunkte: Welche Kultur soll den Ort prägen?<br />
Wie öffentlich soll das Areal sein? Und wie sehen Gebäude<br />
und Freiraum dann aus?<br />
NUTZUNGS-<br />
KONZEPT<br />
Zu beschreiben, wie und wofür die <strong>Wiesenburg</strong><br />
künftig genutzt werden soll, war das Ziel des<br />
Prozesses. Dieses Ziel zu erreichen, heißt<br />
gleichzeitig, viele Hürden zu nehmen.<br />
Die Basis für die Arbeit am Nutzungskonzept<br />
bildeten zum einen die<br />
Zuwendungsziele des Fördermittelantrags<br />
(siehe S. 22) und zum<br />
anderen die handlungsleitenden Prinzipien<br />
der Kooperationsvereinbarung (siehe S. 23-24).<br />
Diese Elemente wurden während des Beteiligungsverfahrens<br />
weiter diskutiert und daraus<br />
schließlich eine „Kultur des Ortes“ entwickelt.<br />
Es speist sich aus bereits bestehenden wie<br />
auch aus künftigen Eigenschaften der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />
Im Arbeitsprozess wurde das Areal<br />
in Teilräume gegliedert, hierbei waren die<br />
unterschiedlichen Nutzungsintensitäten und<br />
Einzelnutzungen maßgeblich. Auch wurden die<br />
Zugänge und Durchwegungen für die <strong>Wiesenburg</strong><br />
festgelegt.<br />
In Zukunft braucht jede Nutzung auf der <strong>Wiesenburg</strong> einen Ort, an dem sie<br />
stattfindet. Dass dieser Ort am Anfang noch nicht festgelegt war, beförderte<br />
positiv die Kreativität aller Beteiligten.<br />
„Wir wissen, dass die Sanierung<br />
aufwändig wird. Aber wir möchten<br />
so schnell wie möglich einen Ort<br />
schaffen, den man dann auch<br />
vielfältiger nutzen kann.“<br />
Katrin Baba-Kleinhans, <strong>degewo</strong>
54 NUTZUNGSKONZEPT EINE VISION ENTWICKELN<br />
55<br />
Eine Kultur des Ortes<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> mit ihrer Mischung aus Kultur-, Sozial- und Stadtgeschichte<br />
wird auch zukünftig ein besonderer Ort im Quartier sein<br />
– ein Ort mit Charakter. Damit ein solch eigenständiger und souveräner<br />
Charakter entstehen kann, braucht es – vor allem in Hinblick<br />
auf die Sanierung und die damit verbundenen Veränderungen –<br />
vorab ein gemeinsames Verständnis, wie die künftige <strong>Wiesenburg</strong><br />
aussehen soll. Dafür war es hilfreich, zusammen eine Kultur des<br />
Ortes zu definieren.<br />
3 – Ein Bildungs- und Kulturort<br />
für das Quartier<br />
Das Umfeld der <strong>Wiesenburg</strong> ist ein<br />
besonderes, ist es doch durch eine<br />
vielschichtige Sozialstruktur und<br />
unterschiedliche kulturelle Hintergründe<br />
charakterisiert. In einem solchen<br />
Quartier sind offene Bildungs- und<br />
Kulturorte besonders wichtig. Deshalb<br />
werden die Themen Nachbarschaft,<br />
Bildung, Soziales und Kunst – vereint<br />
an einem Ort – der künftige Beitrag<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> zu einem lebenswerten<br />
Kiez sein.<br />
Öffentlicher Charakter<br />
Im Rahmen der Sanierung und Entwicklung<br />
wandelt sich der Charakter der <strong>Wiesenburg</strong>: Da<br />
sind zum einen Wohnungen im Neubau, die<br />
ab Sommer 2021 schon täglich dafür sorgen,<br />
dass viele Menschen auf dem Gelände unterwegs<br />
sind. Sei es nun, weil sie zur Arbeit gehen<br />
oder vom Einkaufen zurückkommen, weil<br />
Kinder zur Schule gehen oder Lieferdienste<br />
Pakete oder Pizza bringen. Zum anderen sollen<br />
im Bereich der Altbauten nach der Sanierung<br />
neue Nutzungen mit Publikumsverkehr ihren<br />
Platz finden. Das Grundstück ist tagsüber wie<br />
nachts geöffnet. Nur die verwinkelten und<br />
schwer überblickbaren Bereiche im inneren<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> werden nachts verschlossen.<br />
Mit dieser „geordneten Öffnung“ behält die<br />
Betreibergenossenschaft den Überblick über<br />
Raumnutzungen und Nutzungsintensitäten;<br />
außerdem können nächtliche Angsträume<br />
sowie Vandalismus verhindert werden.<br />
Nutzungen in Teilräumen<br />
In Zukunft soll der gewohnte Nutzungsmix<br />
aus Wohnen, Kultur, Kunst und Handwerk<br />
weiterentwickelt werden, dazu wird auch der<br />
Bestand nachverdichtet. Im Neubau finden<br />
mehr Bewohnerinnen und Bewohner ein Zuhause.<br />
Künftig soll die <strong>Wiesenburg</strong> aber auch<br />
mehr Kulturschaffenden und -interessierten<br />
etwas bieten. Des Weiteren sollen Schulklassen<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> als einen Lernort außerhalb<br />
der Schulmauern nutzen können. Zwischen<br />
den einzelnen Nutzungen wird es vielfältige<br />
Schnittstellen sowie Überlagerungen geben.<br />
Um die verschiedenen Nutzungen, wie Wohnen,<br />
Kultur, Kunst und Handwerk und ihre<br />
Wechselbeziehungen untereinander leichter zu<br />
überblicken und verstehen zu können, wurde<br />
das Grundstück im Nutzungskonzept in sechs<br />
Teilbereiche untergliedert.<br />
von 6 Uhr<br />
bis 22 Uhr<br />
1 – Ein Ort für die Nutzerinnen und<br />
Nutzer, Bewohnerinnen und Bewohner<br />
und das Quartier<br />
Diese Kultur des Ortes wird geprägt<br />
sein von den Nutzerinnen und Nutzern<br />
sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
– den derzeitigen wie den<br />
zukünftigen gleichermaßen. Zusätzlich<br />
wird sich das gesamte Ensemble<br />
stärker zum umliegenden Quartier<br />
öffnen und Publikumsverkehr anziehen.<br />
Mehr Menschen werden also den<br />
Ort künftig beleben, die bestehenden<br />
Nutzungen stärken und den Anstoß<br />
für neue Nutzungen geben. Gleichwohl<br />
soll die <strong>Wiesenburg</strong> den Charme<br />
eines verwunschenen und versteckten<br />
Ortes behalten. Sie soll und wird ein<br />
Kultur-, Arbeits- und Rückzugsort mit<br />
vielen Facetten bleiben.<br />
2 – Die Geschichte erlebbar machen<br />
Neben den vielfältigen Nutzungen<br />
prägt vor allem die Geschichte das<br />
denkmalgeschützte Ensemble; seine<br />
historische und sozialpolitische Bedeutung<br />
rückt künftig noch stärker in den<br />
Fokus. In Zukunft soll die Geschichte<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> auf verschiedenen<br />
Wegen sicht- und erlebbar werden.<br />
Nach der Sanierung wird die Geschichte<br />
nicht nur durch Hinweisschilder<br />
und Ausstellungen sowie Führungen<br />
augenfällig. Insbesondere die behutsame<br />
Sanierung der Gebäude und<br />
der feinfühlige Umgang mit den bestehenden<br />
Nutzungen helfen dabei,<br />
das Erscheinungsbild der <strong>Wiesenburg</strong><br />
zu bewahren. Dazu gehört auch der<br />
Erhalt der Ruinen mit ihren Schäden<br />
durch Krieg und Verfall, die auch nach<br />
Jahrzehnten noch immer sichtbar sind.<br />
4 – Eine kontrollierte und<br />
bedarfsorientierte Öffnung<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> ist eine städtische<br />
Oase und bietet Nutzerinnen und<br />
Nutzern sowie Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern einen Rückzugsort. Sie ist<br />
aber auch ein Ort von öffentlichem<br />
Interesse. Für ihre Weiterentwicklung<br />
ist es bedeutsam, eine Balance zwischen<br />
dem Gestern und dem Morgen,<br />
zwischen Öffentlichkeit und Privatheit<br />
zu schaffen: Einerseits gilt es, neue Entwicklungen<br />
zu ermöglichen, andererseits<br />
soll die Authentizität des Ortes<br />
erhalten bleiben. Eines von mehreren<br />
Mitteln, diese Balance zu erreichen, besteht<br />
in der kontrollierten und bedarfsabhängigen<br />
Öffnung des Areals für all<br />
diejenigen Menschen, die entdecken<br />
möchten, was die städtische Oase<br />
'<strong>Wiesenburg</strong>' ihnen bieten kann.<br />
5<br />
Den Nutzungsmix<br />
fördern<br />
Teilräume auf der <strong>Wiesenburg</strong> in der Übersicht<br />
Das Lernen begleiten –<br />
drinnen, draußen,<br />
lebenslang<br />
Den Bestand<br />
wertschätzen<br />
4<br />
2<br />
3<br />
1<br />
Die Mitte<br />
beleben<br />
Den Kulturort stärken<br />
6<br />
6<br />
Freiräume schützen,<br />
Freiräume gestalten
56 NUTZUNGSKONZEPT<br />
EINE VISION ENTWICKELN<br />
57<br />
Nutzungen in Gebäuden (Bestand) in %<br />
43 %<br />
Kunst und Kultur<br />
9 %<br />
Produzierendes Gewerbe<br />
10 %<br />
Bestandswohnen<br />
Anteil der Bestandsnutzungen und der neuen Nutzungen<br />
9 %<br />
Bildung/Soziales<br />
4 %<br />
25 %<br />
Kunst & Kultur (gewerblich)<br />
Kunst & Kultur (öffentlich)<br />
Bestandsnutzungen<br />
➔ Tanzhalle<br />
➔ Clubhaus<br />
➔ Musikstudio<br />
➔ Werkhalle <strong>Wiesenburg</strong><br />
➔ Philosophiewerkstatt<br />
➔ Metallbauwerkstatt<br />
➔ Maschinenbauwerkstatt<br />
➔ Design-Werkstatt<br />
➔ Werkstatt (frei)<br />
Neue Nutzungen<br />
➔ Kinder- und Jugendtheater<br />
➔ Bildungszentrum<br />
➔ Grünes Klassenzimmer<br />
➔ Proberaum<br />
➔ Atelier- und Proberäume<br />
➔ Lager Tanzhalle / Hauswerkstatt<br />
Um dieses sensible Gleichgewicht zu schaffen,<br />
wurden die einzelnen Freiräume in verschiedene<br />
Kategorien eingeteilt, u.a. hinsichtlich<br />
der Frage, wie sie genutzt werden und wie<br />
zugänglich sie sind. Im Ergebnis wurden für das<br />
Nutzungskonzept drei verschiedene Stufen der<br />
Nutzungsintensität entwickelt und auf dieser<br />
Basis insgesamt drei Arten von Freiräumen<br />
definiert: Durchgangsorte, Aufenthaltsorte<br />
und Naturräume.<br />
➔<br />
Stufe I – Durchgangs- und Zwischenorte<br />
Hierbei handelt es sich um multifunktional<br />
genutzte Freiräume, die für ein sehr<br />
unterschiedliches Publikum zur Verfügung<br />
stehen und die höchste Frequenz<br />
von Besucherinnen und Besuchern sowie<br />
Nutzerinnen und Nutzern aufweisen. Sie<br />
liegen an Kultur- und Bildungsorten sowie<br />
in der Nähe der Wohngebäude. Es sind Bereiche,<br />
in denen alle verstärkt aufeinander<br />
➔<br />
➔<br />
Rücksicht nehmen müssen, denn nur so<br />
kann der Nutzungsmix auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
langfristig funktionieren.<br />
Stufe II – Aufenthaltsorte und Erschließungsflächen<br />
Hierbei handelt es sich um Freiflächen,<br />
die explizit als Erschließungsfläche oder<br />
als Aufenthaltsort gestaltet werden. Ihnen<br />
wird jeweils vorab eine spezifische Funktion<br />
zugewiesen. Sie sind dementsprechend<br />
weniger multifunktional ausgerichtet als<br />
Freiräume der Stufe I.<br />
Stufe III – Naturräume<br />
Die Nutzungsintensität der Naturräume ist<br />
sehr gering. Diese Freiflächen bleiben im<br />
Wesentlichen unverändert; zumeist stellen<br />
sie Schutzräume für Pflanzen und Tiere<br />
dar, die schon vor der Sanierung an diesen<br />
Orten lebten.<br />
Nutzungsintensität<br />
beschreibt, wie stark<br />
eine Fläche durch unterschiedliche<br />
Nutzungen<br />
beansprucht wird. Ein<br />
Park mit Spiel- und<br />
Sportplätzen hat zum<br />
Beispiel eine viel höhere<br />
Nutzungsintensität als<br />
ein Naturschutzgebiet.<br />
Spontanvegetation<br />
bezeichnet Pflanzen,<br />
die wild und zufällig auf<br />
Stadtbrachen oder am<br />
Wegesrand wachsen.<br />
Hier gibt es oftmals<br />
eine große biologische<br />
Vielfalt, die sich als sehr<br />
unempfindlich gegenüber<br />
Umwelteinflüssen<br />
erweist.<br />
Nutzungen in Gebäuden<br />
Die bisherigen Nutzungen auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
zeigen, welcher Nutzungsmix hier möglich ist.<br />
In der sanierten <strong>Wiesenburg</strong> bildet diese bestehende<br />
Mischung etwa die Hälfte der Gesamtnutzungen.<br />
Besonders wichtig: Den derzeitigen<br />
Mieterinnen und Mietern sind ihre bisherigen<br />
Flächen auch in Zukunft sicher. Doch es sind<br />
neue, ergänzende Nutzungen vorgesehen, weil<br />
die sanierten und revitalisierten Gebäude mehr<br />
Raum bieten. Damit positioniert sich die <strong>Wiesenburg</strong><br />
nicht nur als lokaler Kultur-, sondern<br />
auch als Bildungsstandort. Mit der Einrichtung<br />
eines Grünen Klassenzimmers wird die <strong>Wiesenburg</strong><br />
wieder zum Lernort für Kinder, Jugendliche<br />
und Erwachsene gleichermaßen. Auch ein<br />
Bildungszentrum ist geplant. Die sanierte ehemalige<br />
Sammelhalle macht als multifunktionaler<br />
Veranstaltungsort zusätzliche Kunst- und<br />
Kulturprogramme im Quartier möglich. Weitere<br />
Proben- und Atelierräume komplettieren das<br />
Areal und schaffen neue Räume für Kunst- und<br />
Kulturschaffende in der Stadt. Bei allen Nutzungen<br />
ist immer der wirtschaftliche Rahmen zu<br />
berücksichtigen. Hier muss priorisiert werden,<br />
welche Sanierungsmaßnahmen zunächst umgesetzt<br />
und welche sich derzeit nicht mit den<br />
vorhandenen Mitteln umsetzen lassen.<br />
Nutzungen im Freiraum<br />
Dass die <strong>Wiesenburg</strong> so verwunschen wirkt, hat<br />
maßgeblich mit den unterschiedlichen Freiräumen<br />
zu tun, die von Spontanvegetation<br />
geprägt sind. Dazu kommen viele provisorische<br />
Nutzungen – also solche, die nicht geplant,<br />
sondern durch spontane Aneignung entstanden<br />
sind: Hier und da steht ein Sammelsurium<br />
von alten Stühlen oder von Holzteilen, die<br />
zur Sitzgelegenheit umfunktioniert wurden,<br />
dazwischen eine Kabelrolle als Tisch, daneben<br />
ein Topf mit gemischten Grünpflanzen. So<br />
erscheint die <strong>Wiesenburg</strong> vor allem als grüner<br />
Ort: Nicht nur die Freiflächen sind bewachsen,<br />
auch an Gebäuden rankt Efeu an den Mauern<br />
und Fassen. Aus diesem Grund wurden die<br />
Freiräume auf der <strong>Wiesenburg</strong> auch zum Rückzugsort<br />
für Vögel und Insekten; in den Kellergewölben<br />
siedelten sich Fledermäuse an. Dieser<br />
Aspekt soll bei der künftigen Entwicklung der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> eine Rolle spielen.<br />
Auch in Bezug auf den Freiraum gilt es<br />
künftig, eine neue Balance zu finden: Einerseits<br />
wird es auf der <strong>Wiesenburg</strong> mehr Publikumsverkehr<br />
geben, andererseits soll sie immer<br />
noch den ansässigen Nutzerinnen und Nutzern<br />
als Rückzugsort dienen und der Tier- und<br />
Pflanzenwelt den notwendigen Raum geben.<br />
Legende<br />
Stufe I<br />
Stufe II<br />
Stufe III<br />
Die verschiedenen Stufen der Nutzungsintensität verortet im Lageplan.
58 NUTZUNGSKONZEPT VOM WOHIN UND WOHER<br />
59<br />
Vom Woher<br />
und Wohin<br />
Äußere und Innere Erschließung<br />
Legende<br />
3<br />
Wie wird das Gelände für Menschen aus dem Quartier<br />
und aus der Stadt geöffnet und gleichzeitig der<br />
Charakter der <strong>Wiesenburg</strong> bewahrt? Die Antwort<br />
lautet: vor allem behutsam.<br />
+<br />
Pankewanderweg<br />
Haupterschließung<br />
Innere Erschließung<br />
Abstimmung mit DB<br />
Öffnungs- und<br />
Schließmöglichkeiten<br />
Haupteingang<br />
Bestand/Neubau<br />
Ergänzende<br />
Erschließung<br />
Schlüsselorte<br />
5<br />
8<br />
7<br />
7<br />
6<br />
1<br />
Pankewanderweg<br />
5<br />
2<br />
+<br />
4<br />
Bauordnungsrechtliche<br />
Erschließung<br />
beschreibt den<br />
offiziellen Zugang zu<br />
einem Grundstück nach<br />
Bauordnungsrecht<br />
(BauO Bln). Danach<br />
gilt ein Grundstück als<br />
erschlossen, wenn es an<br />
eine öffentliche Straße<br />
sowie an Energie,<br />
Bewässerung und Entwässerung<br />
angeschlossen<br />
ist.<br />
Öffnungsund<br />
Schließmöglichkeit<br />
wurde im Verfahren<br />
einvernehmlich als Bezeichnung<br />
für die verschließbaren<br />
Zu- und<br />
Durchgänge auf der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> gewählt,<br />
um die konkrete Form –<br />
z.B. als Tor – noch offen<br />
zu halten.<br />
Mit der Idee, neue Angebote zu<br />
schaffen, ergibt sich die Notwendigkeit<br />
für passende Erschließungsmaßnahmen<br />
mit Zugängen<br />
und Wegen – aber wo ein Zugang oder Weg ist,<br />
werden alsbald auch Menschen sein, die ihn<br />
nutzen. Wie bringt man das mit dem Wunsch in<br />
Einklang, die <strong>Wiesenburg</strong> auch als Rückzugsort<br />
zu erhalten?<br />
Öffnung, Testphasen und Gestaltung<br />
Trotz unterschiedlicher Ziele der Akteurinnen<br />
und Akteure und trotz kontroverser Diskussionen<br />
– das zentrale Ziel, die <strong>Wiesenburg</strong><br />
behutsam zu öffnen, blieb immer im Fokus aller<br />
Beteiligten. Das Ergebnis der Gespräche und<br />
Workshops war das folgende: Wie und wann<br />
das Gelände künftig zugänglich sein soll, wird<br />
in den kommenden Jahren schrittweise mit<br />
den Kooperationspartnerinnen und -partnern<br />
einvernehmlich abgestimmt – und zwar unter<br />
Berücksichtigung individueller Sicherheitsbedürfnisse<br />
und sich veränderten Nutzungsintensitäten.<br />
Die Kooperationspartnerinnen und -partner<br />
streben an, das Gelände stufenweise in Testphasen<br />
zu öffnen. Dafür wird ein Entwicklungsbeirat,<br />
der als Steuerungsgremium fungiert,<br />
ein geeignetes Verfahren festlegen. Denn zum<br />
Zeitpunkt des Beteiligungsverfahrens gab es<br />
dazu noch Unsicherheiten, schließlich werden<br />
mit der Sanierung und Inbetriebnahme der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> Veränderungen einhergehen, die<br />
derzeit noch schwer einzuschätzen sind.<br />
Äußere und innere Erschließung<br />
Für die Erschließung der <strong>Wiesenburg</strong> sind zwei<br />
Kategorien von Wegen bzw. Zugängen wichtig:<br />
Die äußere Erschließung – also die Zugänglichkeit<br />
des Areals aus der Umgebung – und die<br />
innere Erschließung – also das Wegenetz auf<br />
dem Areal selbst. Für den Publikumsverkehr<br />
muss das Areal zu den Betriebszeiten geöffnet<br />
sein. Und es bedarf eines durchdachten<br />
inneren Wegenetzes, das auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
zudem sehr komplex ist.<br />
Äußere Erschließung<br />
1 Haupterschließung – Der Zugang Wiesenstraße 55 fungiert<br />
als Haupterschließung des Geländes und als bauordnungsrechtliche<br />
Erschließung des Grundstücks. Das Haupttor an<br />
der Wiesenstraße muss jederzeit eine Zugänglichkeit für alle<br />
Mieterinnen und Mieter, für Feuerwehr und Rettungsdienst<br />
gewährleisten. Von der Haupterschließung ist auch der Zugang<br />
zum Vorplatz der ehemaligen Sammelhalle (7) gegeben.<br />
2 Zugang südlich der Turnhalle – Ein weiterer Zugang, der<br />
vorrangig dem Neubau zuzuordnen ist, wird über die Wiesenstraße<br />
südlich der Turnhalle erfolgen.<br />
3 Zugang Panke – Im Zuge des Sanierungsverfahrens soll an<br />
der Pankequerung entlang der Ringbahn eine Öffnungs- und<br />
Schließmöglichkeit entstehen. Diese schließt die <strong>Wiesenburg</strong><br />
an das bestehende Wegenetz an. Eine Abstimmung mit der<br />
Eigentümerin Deutsche Bahn AG ist erforderlich.<br />
4 Anschluss Spielplatz Kolberger Straße – Die Öffnung soll<br />
im Einklang mit der nutzbaren Spielfläche stehen, ohne diese<br />
zu beeinträchtigen. Es wird lediglich eine fußläufige Zugänglichkeit<br />
zum Wohnungsbau über die Spielplatzfläche geschaffen,<br />
die in erster Linie als Rettungsweg für die Feuerwehr<br />
notwendig ist. Zu dieser Öffnung wird gemeinsam mit dem<br />
Bezirk Mitte eine Lösung erarbeitet, die im Einklang mit der<br />
nutzbaren Spielfläche steht, ohne diese zu beeinträchtigen.<br />
Innere Erschließung<br />
5 Pankeuferweg (Zuwegung Kunst- und Gewerbehof) –<br />
Der Weg, der direkt am Pankeufer rückseitig der Bestandsgewerbe<br />
verläuft, soll für diese als Zufahrt sowie Anlieferungszone<br />
und Rückzugsort erhalten bleiben. Bei Bedarf kann er<br />
als fußläufige Verbindung zum umliegenden Quartier dienen.<br />
Die historische Mauer wird wiederhergestellt und trennt die<br />
gewerblichen Nutzungen von der Wohnnutzung; es gibt eine<br />
bedarfsgerechte Öffnungs- und Schließmöglichkeit.<br />
6 Weg zwischen Bestandswohnen und Turnhalle – Der Weg<br />
dient der Haupterschließung des Neubaus und wird wiederhergestellt;<br />
eine bauliche Trennung verschafft dem Hofgarten<br />
des Bestandswohnhauses mehr Privatheit.<br />
7 Zugang grüner Innenhof – Der grüne Innenhof dient als<br />
Verbindung zwischen Bestandsareal und Neubau und als offener<br />
Bereich im inneren Wegenetz der <strong>Wiesenburg</strong>. Öffnungsund<br />
Schließmöglichkeiten befinden sich am Vorplatz der<br />
Sammelhalle (I) und zwischen Tanzhalle und Haus 1 (II).<br />
8 Erschließung Tanzhalle – Die Tanzhalle erhält mit einem<br />
zusätzlichen Zugang über den grünen Innenhof einen repräsentativen<br />
und barrierefreien Eingang.
60 NUTZUNGSKONZEPT<br />
INTERVIEWS<br />
61<br />
„Wir haben die<br />
Visionen unter unseren<br />
Füßen gehabt“<br />
Annette Overmeyer und Şükran Altunkaynak<br />
wollten als Quartiersmanagerinnen auf der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> einen Bildungsstandort schaffen und<br />
einen fußläufigen Weg zur Panke durchsetzen.<br />
„Ein gemäßigtes<br />
Maß an<br />
Lebendigkeit“<br />
Für Stadtplanerin Kerstin Rietz vom Bezirksamt<br />
Mitte birgt die <strong>Wiesenburg</strong> viele Chancen – nicht<br />
nur für das Quartier, sondern auch als besonderer<br />
Ort über den Bezirk hinaus.<br />
Wie sehen Sie die <strong>Wiesenburg</strong><br />
ganz persönlich?<br />
Annette Overmeyer (AO): Für uns ist<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> insbesondere wegen<br />
ihrer Lage an der Panke ein Wohlfühlort<br />
im Herzen des Quartiersmanagement<br />
Gebiets.<br />
Wie würden Sie die gemeinsame Geschichte<br />
von Quartiersmanagement<br />
und <strong>Wiesenburg</strong> zusammenfassen?<br />
Şükran Altunkaynak (SA): Wir hatten<br />
von Anfang an die Vision, das Areal für<br />
weitere Kreativangebote gemeinwohlorientiert<br />
auszubauen. Aber von einer<br />
Vision hin zu konkreten Umsetzungen<br />
ist es ein langer Weg: Wir haben das ruinöse<br />
Areal lange mit diversen Veranstaltungsformaten<br />
bespielt, um zu testen,<br />
was dort möglich ist – unter dem<br />
Leitbild des Quartiersmanagements<br />
Pankstraße „Kreativ Leben, Lernen und<br />
Arbeiten an der Panke“. Wir konnten<br />
für neue Ideen Architekturstudierende<br />
gewinnen; sie haben in den Ruinen der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> gemeinsam mit Kindern<br />
und Jugendlichen aus dem Quartier<br />
temporäre Bauten errichtet. Die Tanzhalle<br />
ist die erste Vision, die über den<br />
Baufonds aus Mitteln der Sozialen Stadt<br />
in 2008 realisiert wurde.<br />
Inwieweit sind Sie im kooperativen<br />
Verfahren Ihren Zielen – zum Wohle<br />
des Quartiers – näher gekommen?<br />
AO: Wir finden es positiv, dass durch<br />
das Verfahren der Standort und die<br />
Bestandsnutzungen erhalten bleiben<br />
und durch die Nutzungsvereinbarung<br />
eine verbindliche Grundlage geschaffen<br />
wurde, das Areal zukunftsfähig und kooperativ<br />
weiterzuentwickeln. In Zukunft<br />
kommt es darauf an, die Nachbarschaft<br />
an der weiteren Entwicklung durch<br />
passgenaue und zielgruppenspezifische<br />
Formate zu Themen wie Freiraumnutzung<br />
und Programmgestaltung der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> direkt zu beteiligen.<br />
Wie haben Sie das Verfahren<br />
methodisch erlebt?<br />
SA: Durch eine gelungene Visualisierung<br />
und Diskussion von gegensätzlichen<br />
Entwurfsvarianten konnten die<br />
Belange der Bürgerinnen und Bürger,<br />
der Nutzerinnen und Nutzer im Konsens<br />
weiter entwickelt werden. Gut fanden<br />
wir die Arbeit mit dem begehbaren Plan<br />
– da konnte niemand behaupten, er<br />
oder sie habe etwas nicht gesehen. Wir<br />
haben die räumlichen Auswirkungen<br />
der unterschiedlichen Visionen unter<br />
unseren Füßen gehabt.<br />
AO: Der Zusatzworkshop hat sehr gut<br />
auf den hohen Abstimmungsbedarf<br />
zum Thema Erschließung des Areals<br />
entlang der Panke reagiert. Dass wir<br />
vorher Stellungnahmen erarbeiten<br />
mussten, bedeutete für jeden und<br />
jede zwar einen zusätzlichen Arbeitsaufwand,<br />
er hat aber sehr zur Klärung<br />
der unterschiedlichen Standpunkte<br />
beigetragen. Wir haben diese Vorgehensweise<br />
als sehr positiv erfahren.<br />
Was meinen Sie, wie sieht<br />
die <strong>Wiesenburg</strong> 2040 aus?<br />
AO: In 2040 ist die <strong>Wiesenburg</strong> ein lebendiger<br />
Ort für die Nachbarschaft und<br />
ein Leuchtturm für alle Stadtbewohner<br />
und -bewohnerinnen.<br />
SA: Ich hoffe, dass es dann nicht nur<br />
offene Tore gibt – sondern gar keine Tore<br />
mehr. Und es wäre schön, die <strong>Wiesenburg</strong><br />
wäre barrierefrei, wenn wir dann<br />
mit dem Rollator kommen müssen.<br />
Sükran Altunkaynak<br />
Teamleiterin, QM Reinickendorfer<br />
Straße/Pankstraße<br />
ist ursprünglich Architektin und<br />
arbeitet schon viele Jahre als Teamleiterin<br />
des Quartiersmanagements.<br />
Mit der <strong>Wiesenburg</strong> als wichtiger Ort<br />
im Quartier beschäftigt sie sich schon<br />
seit Langem.<br />
Annette Overmeyer<br />
Quartiersmanagerin, QM<br />
Reinickendorfer Straße/<br />
Pankstraße<br />
ist Landschaftsplanerin und Mediatorin<br />
und arbeitet seit 2019 für das<br />
Quartiersmanagement im Wedding.<br />
Im kooperativen Verfahren setzt sie<br />
sich stellvertretend für die Belange der<br />
Bewohnerinnen und Bewohner des<br />
Quartiers ein.<br />
Wo liegt aus Ihrer Sicht das<br />
Potenzial der <strong>Wiesenburg</strong>?<br />
Sozialgeschichtlich ist der Ort für<br />
Berlin als erstes eigens dafür gebautes<br />
Männer- und Frauenobdachlosenasyl in<br />
der Stadt bedeutsam. Jetzt besteht die<br />
Möglichkeit, ihn mit Mitteln des Landes<br />
Berlin und der <strong>degewo</strong> so zu gestalten,<br />
dass er als Ort von Kunst und Kultur mit<br />
den Spuren der Vergangenheit auch in<br />
Zukunft erlebbar wird. Ich sehe durch<br />
die neue Wohnnutzung eine spannende<br />
Nutzungsmischung auf dem Gelände<br />
und auch die Chance, dass mehr Menschen<br />
aus der Nachbarschaft von einer<br />
verstärkten Öffnung profitieren können.<br />
Die Bezeichnung 'Burg' klingt ein bisschen<br />
nach einer Festung und ich hoffe,<br />
dies wird die <strong>Wiesenburg</strong> nicht sein.<br />
Wie haben Sie das Verfahren erlebt?<br />
Es handelte sich bei dem Beteiligungsverfahren<br />
zum Nutzungskonzept um<br />
das dritte Verfahren zur Entwicklung<br />
des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals. Die konkreten<br />
Gutachterergebnisse insbesondere zum<br />
Denkmalschutz und baurechtlichen<br />
Genehmigungen stehen noch aus. Man<br />
hätte das Verfahren mit der Entwurfsplanung<br />
verzahnen können, um frühzeitig<br />
Aussagen zur Genehmigungsfähigkeit<br />
zu erhalten. Stattdessen handelte<br />
es sich auch um eine Art Mediationsverfahren<br />
zwischen Eigentümerin und<br />
den <strong>Wiesenburg</strong>erinnen und <strong>Wiesenburg</strong>ern.<br />
Ich persönlich empfand den<br />
Prozess als zeitaufwändig und teilweise<br />
anstrengend.<br />
Gab es auch Momente, die<br />
Sie begeistert haben?<br />
Den Start fand ich klasse, es gab eine<br />
gemeinsame Aufbruchsstimmung bei<br />
allen Beteiligten. Die Beteiligungsmethode<br />
war professionell vorbereitet<br />
vom Büro Urban Catalyst, vor allem das<br />
große Planungsmodell, in dem man<br />
Nutzungen hin und her rücken konnte.<br />
Welches sind aus Ihrer Sicht<br />
die nächsten Schritte?<br />
Als nächstes müssen die Planungen<br />
genehmigt werden als Voraussetzung,<br />
dass die Sanierung nach dem vorgegebenen<br />
Zeitplan bis 2023 durchgeführt<br />
werden kann. Der Entwicklungsbeirat<br />
wird den Sanierungsprozess begleiten<br />
sowie eventuell Anpassungen im<br />
Nutzungskonzept gut heißen. Das<br />
Nutzungskonzept lässt noch Möglichkeiten<br />
für Konkretisierungen. Eine<br />
Sanierung im laufenden Bestand ist<br />
Kerstin Rietz<br />
Stadtplanerin und Koordinatorin,<br />
Bezirksamt Berlin-Mitte<br />
ist Stadtplanerin bei der Stadtentwicklungsbehörde<br />
im Bezirk Mitte. Sie hat<br />
die Ziele des Bezirks an der städtebaulichen<br />
Entwicklung des <strong>Wiesenburg</strong>-<br />
Areals verfolgt.<br />
sicher eine Herausforderung für die vorhandenen<br />
Mieter und handwerklichen<br />
Betriebe.<br />
Wie beurteilen Sie die Veränderungen,<br />
die sich durch den Bezug des<br />
Neubaus ergeben?<br />
Das Gelände wird mit Einzug der circa<br />
200 Bewohnerinnen und Bewohner in<br />
den Wohnungsneubau belebter sein.<br />
Die neuen Wohnungsmieterinnen<br />
und -mieter werden künftig auch viel<br />
Außenraum einnehmen. Im besten Falle<br />
kommt es zu einem gemäßigten Maß<br />
an Lebendigkeit und Öffentlichkeit. In<br />
jedem Falle bin ich gespannt, wie es mit<br />
der Öffnung weitergeht oder ob es eine<br />
geschlossene Angelegenheit wird. Vielleicht<br />
braucht es auch einen kooperativen<br />
Prozess zwischen alten und neuen<br />
Nutzerinnen und Nutzern – wer weiß?<br />
Worauf freuen Sie sich in der<br />
sanierten <strong>Wiesenburg</strong>?<br />
Die Geschichte der <strong>Wiesenburg</strong> ermöglicht<br />
schlussendlich ihren Erhalt. Ganz<br />
besonders freue ich mich daher auf<br />
eine Dokumentation zur Geschichte des<br />
Ortes – vielleicht in Form eines kleinen<br />
Museums, in dem auch baulich noch<br />
Historisches ablesbar ist, zum Beispiel in<br />
der Sammelhalle oder in der Apsis des<br />
Frauenasyls. Und ich wünsche mir, dass<br />
auch unterschiedliche Kulturangebote<br />
auf der <strong>Wiesenburg</strong> künftig diesen historischen<br />
Aspekt aufnehmen.
Wiesenstraße<br />
62 NUTZUNGSKONZEPT<br />
Visionen verorten<br />
Testphase<br />
?<br />
Nach Abschluss der Sanierung erfolgt<br />
eine Testphase zur Öffnung/Schließung<br />
und die Einigung auf ein geeignetes<br />
Verfahren mit Zeitschiene<br />
Ringbahn<br />
B Naturerfahrungsraum<br />
Das Ergebnis des kooperativen Verfahrens: Die <strong>Wiesenburg</strong> wird ein<br />
vielfältig genutzter Ort – beispielsweise mit den sanierten Gewerberäumen<br />
und der Sammelhalle als multifunktional nutzbarer Raum. Das Wo und<br />
Wie wurde in einem Plan zusammengefasst. Unterschiedliche Teilräume<br />
veranschaulichen das Mit- und Nebeneinander der Nutzungen.<br />
3.<br />
Grünes<br />
Klassenzimmer<br />
(135 m²)<br />
viii.<br />
Werkhalle<br />
<strong>Wiesenburg</strong><br />
(223 m²)<br />
4.1<br />
Proberaum<br />
(35 m²)<br />
2.<br />
Bildungszentrum<br />
(89 m²)<br />
xi.<br />
Clubhaus<br />
(75 m²)<br />
A Vorplatz<br />
Sammelalle<br />
1.2<br />
Wasserturm<br />
(42 m²)<br />
1.3<br />
Ergänzende<br />
Serviceräume<br />
(143 m²)<br />
1.1<br />
Sammelhalle<br />
(320 m²)<br />
Wohnen – Bestand<br />
(241 m²)<br />
Parken<br />
Erhalt Bestandstor<br />
(dauerhaft geöffnet)<br />
? Baumpflanzung<br />
Konkrete Planungen (Baum- bzw.<br />
Grünpflanzungen, Materialität, etc.) werden<br />
im zu erarbeitenden Freiraumkonzept<br />
weiter konkretisiert<br />
Allgemein<br />
?<br />
Grundstücksgrenze<br />
Grenze Bestand/Neubau<br />
Offene Fragen (zu klären<br />
vor Abschluss Sanierung)<br />
Pankegrünzug<br />
Pankewanderweg<br />
Zaun<br />
Mauer<br />
Grüne Grenze<br />
E<br />
vii.<br />
Werkstatt (frei)<br />
(127 m²)<br />
Panke – Anlieferungszone<br />
und Rückzugsort<br />
iii.<br />
Metallbauwerkstatt<br />
(135 m²)<br />
ii.<br />
Philosophiewerkstatt<br />
(44 m²)<br />
4.2<br />
Atelier- &<br />
Proberäume<br />
(72 m²)<br />
i.<br />
Tanzhalle<br />
(142 m²)<br />
C Grüner<br />
Innenhof<br />
H Ergänzung<br />
Durchwegung<br />
1.4<br />
Ergänzende<br />
Serviceräume<br />
(90 m²)<br />
1.5<br />
Nebenraum Sammelhalle<br />
(151 m²)<br />
?<br />
Mehrfachnutzung Sportplatz/Turnhalle<br />
Mehrfachnutzung prüfen.<br />
Nutzungen in Gebäuden<br />
Bestandsnutzungen<br />
Kunst und Kultur<br />
Produzierendes<br />
Gewerbe<br />
Wohnen (Ateliernutzung<br />
im EG Neubau und<br />
ergänzende Nutzungen)<br />
Neue Nutzungen<br />
Kunst & Kultur<br />
(öffentlich)<br />
Kunst & Kultur<br />
(gewerblich)<br />
Bildung / Soziales<br />
Zugang Gebäude<br />
Aktive Ergeschosszone<br />
Neubaupotenzial<br />
Pankewanderweg<br />
vi.<br />
Musikstudio<br />
(230 m²)<br />
v.<br />
Design-<br />
Werkstatt<br />
(56 m²)<br />
iv.<br />
Maschinenbauwerkstatt<br />
(68 m²)<br />
xi.<br />
Lager<br />
(Tanzhalle) &<br />
Hauswerkstatt<br />
(117 m²)<br />
D Freifläche<br />
Tanzhalle<br />
G Freiraumanlagen<br />
Neubau<br />
Wohnen - Neubau<br />
(ca. 188 m²)<br />
Nutzungen im Freiraum<br />
Nutzungsintensität<br />
öffentlich erschlossene<br />
Flächen<br />
kontrolliert geöffnete<br />
Fläche<br />
Schlüsselorte mit<br />
öffentlicher Wirkung<br />
Grün- und Freiflächen<br />
Bestand<br />
Grün- und Freiflächen<br />
Neubau<br />
Außenbereiche<br />
(vermietet)<br />
Bolzplatz<br />
Neupflanzung Bäume<br />
F Aufenthaltsbereich<br />
an der Panke<br />
5.<br />
Ehem. Frauenasyl<br />
(ca. 240 m²)<br />
Wohnen - Neubau<br />
(ca. 1.690 m²)<br />
Turnhalle<br />
Wiesenstraße<br />
+<br />
Aktuell ergänzende<br />
Erschließung für Müll und<br />
Feuerwehr. Erweitertes<br />
Wegerecht wird eingeräumt<br />
Erschließung<br />
Stufe I: Multifunktionale,<br />
höher frequentierte<br />
Räume mit Rücksichtnahme<br />
auf Nutzungsmix<br />
Stufe II: Entsprechend<br />
der Nutzung<br />
gestaltete Freiräume<br />
mit spezifischen<br />
Funktionen,<br />
Erschließungs- und<br />
Aufenthaltsorte<br />
Stufe III: geringe<br />
Nutzungsintensität,<br />
ursprünglicher<br />
Charakter erhalten,<br />
Schutzraum für Flora<br />
und Fauna<br />
?<br />
Spielplatz Kolberger Straße<br />
Nutzung und Umgestaltung im Rahmen der<br />
Vorbereitenden Untersuchungen und<br />
Mehrfachnutzung Turnhalle prüfen<br />
+<br />
Haupteingang<br />
Öffnungs- und<br />
Schließmöglichkeiten<br />
Ergänzende<br />
Erschließung<br />
(u. a. Feuerwehr, Müll)<br />
Feuerwehrzufahrt /<br />
Rettungsweg<br />
Anbindung<br />
Wegenetz<br />
Zuwegung (Kunstund<br />
Gewerbehof)<br />
Haupterschließung<br />
Ergänzende<br />
Erschließung<br />
Innere<br />
Erschließung<br />
Notausgang<br />
Kolberger Straße<br />
0 10 25 m<br />
N
NUTZUNGSKONZEPT<br />
VISIONEN VERORTEN<br />
65<br />
Der Plan zum<br />
Nutzungskonzept<br />
Teilraum 1<br />
Den Kulturort stärken<br />
Vorplatz und Sammelhalle prägen die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> 1<br />
als besonders wichtige Elemente.<br />
Ihre Rolle wird künftig noch unterstrichen.<br />
links oben: Bestandsnutzungen – zum Beispiel das Clubhaus – bleiben erhalten<br />
rechts oben, unten: Die Sammelhalle wird saniert und kann wieder genutzt werden.<br />
Die noch erhaltenen Bauteile werden gesichert und bleiben sichtbar.<br />
Lage Teilraum 1<br />
„Ich freue mich, wenn die<br />
Sammelhalle wieder steht, weil<br />
das Ensemble dadurch wieder<br />
Zusammenhalt und eine Logik<br />
bekommt.“<br />
Kai Reichelt, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen<br />
Treten Besucherinnen und Besucher der <strong>Wiesenburg</strong><br />
durch das historische Tor an der Wiesenstraße, werden sie<br />
im Inneren des Geländes einen lebendigen Ort vorfinden,<br />
dessen Strahlkraft bis in die Nachbarschaft reicht. Zuerst<br />
erreichen sie den Vorplatz am Ende der Privatstraße. Er<br />
fungiert – wie schon zu der Zeit, als die <strong>Wiesenburg</strong> noch<br />
ein Obdachlosenasyl war – als zentraler Empfangsbereich,<br />
Treffpunkt und Verteiler für die <strong>Wiesenburg</strong>. Denn auf diesem<br />
Vorplatz verabreden sich Besucherinnen und Besucher,<br />
um daraufhin gemeinsam zu den vielfältigen Angeboten,<br />
z.B. in der Sammelhalle und im Bildungszentrum, zu gelangen.<br />
Als ein repräsentativer Ort des Ankommens wird<br />
der Platz auch durch eine durchdachte Freiraumplanung<br />
stärker geöffnet; er erhält den höchsten Öffentlichkeitsgrad<br />
auf der <strong>Wiesenburg</strong>. Insbesondere im Alltag kommt ihm<br />
damit eine zentrale Rolle zu. Als Wartebereich, als Ort der<br />
Zusammenkunft und teilweise sogar als Arbeitsraum unter<br />
freiem Himmel wird er genutzt. Hier treffen <strong>Wiesenburg</strong>erinnen<br />
und <strong>Wiesenburg</strong>er, Besucherinnen und Besucher sowie<br />
Nachbarinnen und Nachbarn aufeinander, wenngleich diese<br />
Nutzung auch für eher kurze Zeitspannen gedacht ist. Denn<br />
tatsächlich verweilen sollte man an anderen Orten auf dem<br />
Areal, um die Bewohnerinnen und Bewohner des Bestandswohnhauses<br />
vor erhöhtem Lärm zu bewahren.<br />
Direkt am Vorplatz liegt die Sammelhalle. Nach der<br />
Sanierung wird an diesem multifunktionalen Kunst- und<br />
Kulturort viel passieren: Sie dient dann als Kinder- und<br />
Jugendtheater und soll in Absprache mit der Betreibergenossenschaft<br />
für das Quartier genutzt werden können, z. B.<br />
für Veranstaltungen. Zudem soll hier auch eine Ausstellung<br />
über die Geschichte des Ortes Platz finden, die – zusammen<br />
mit der behutsamen Sanierung – die historische <strong>Wiesenburg</strong><br />
ins Heute holt. In den Nebengebäuden der Sammelhalle<br />
– zum Beispiel im Wasserturm – sollen weitere neue<br />
Nutzungen Platz finden, wie eine Kiezkantine, dazu Serviceräume<br />
für das Theater oder für die Verwaltung der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />
Nicht zuletzt wird die Halle durch die Gestaltung des<br />
Vorplatzes einen repräsentativen Zugang erhalten. Insgesamt<br />
wird diese umsichtige Sanierung der Sammelhalle<br />
auch die <strong>Wiesenburg</strong> im Ganzen als Kulturort stärken.
66 NUTZUNGSKONZEPT<br />
Teilraum 2<br />
Das Lernen begleiten –<br />
drinnen, draußen,<br />
lebenslang<br />
Ein Bildungszentrum, ein „Grünes Klassenzimmer“<br />
und ein Freiraum zur Förderung des<br />
Naturerlebens können Menschen aller<br />
Altersgruppen neue Einsichten vermitteln.<br />
2<br />
Lage Teilraum 2<br />
Zwar liegt die <strong>Wiesenburg</strong> im dicht bebauten Stadtteil<br />
Gesundbrunnnen, dennoch konnte sich hier über die Jahrzehnte<br />
eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt entwickeln.<br />
Förderlich dafür war auch die direkte Lage an der Panke.<br />
Bis vor einigen Jahren bot vor allem ein kleines Wäldchen<br />
(im Bereich des heutigen Neubaus) Kindern und Jugendlichen<br />
aus der sehr urbanen Nachbarschaft die Möglichkeit,<br />
auf Entdeckungstour in der Natur zu gehen – und zwar in<br />
direkter Nähe ihrer Schulen, Kitas und Wohnungen. Diese<br />
und andere Formen der Natur- und Umweltbildung sollen<br />
auf der <strong>Wiesenburg</strong> künftig wieder intensiver möglich sein.<br />
Ein neues Bildungszentrum soll dann als zentrale<br />
Schnittstelle zwischen der <strong>Wiesenburg</strong> und dem<br />
umgebenden Quartier fungieren. Die soziokulturellen<br />
Angebote dieses Zentrums werden auf die Bedürfnisse der<br />
Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen aus dem Böttgerstraßenviertel<br />
eingehen. Dazu soll es Kooperationen mit anliegenden<br />
Schulen und freien Bildungsträgern geben. Es soll<br />
eine Quartierswerkstatt mit unterschiedlichen Kurs- oder<br />
auch freien Nutzungsangeboten entstehen. In weiteren<br />
Räumen werden auch Nachbarschafts- oder Quartierstreffen<br />
stattfinden können und ein Teil der Fläche ist als Proberaum<br />
für Musikerinnen und Musiker vorgesehen. Für all diese Angebote<br />
will das Bildungszentrum auch mit anderen Nutzerinnen<br />
und Nutzern des <strong>Wiesenburg</strong>-Areals kooperieren. Ob<br />
diese Nutzungen schlussendlich in den derzeitigen Garagen<br />
untergebracht werden oder ob an ihrer Stelle ein Neubau<br />
entsteht, ist noch nicht endgültig entschieden.<br />
Direkt angrenzend an das Bildungszentrum wird zwischen<br />
historischen Mauern, aber unter freiem Himmel, ein<br />
„Grünes Klassenzimmer“ eingerichtet. Einen solchen Lernort<br />
gab es schon einmal auf der <strong>Wiesenburg</strong>. Auch zukünftig<br />
sollen hier wieder naturnaher Unterricht und Seminare in<br />
Kooperation mit umliegenden Schulen angeboten werden.<br />
Als ein weiterer Lernort für Natur- und Umweltbildung<br />
für alle Altersgruppen kann künftig auch der grün geprägte<br />
Teilbereich an der Panke dienen; er soll damit in gewisser<br />
Weise die Funktion übernehmen, die früher das Wäldchen<br />
im Süden des Areals innehatte. Das Ziel: die Artenvielfalt auf<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> sichtbar zu machen und den verwunschenen<br />
Charakter zu erhalten.<br />
oben: Im Sommer ist die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> vielerorts<br />
dicht bewachsen. Hier wird<br />
zuküntig auch wieder ein<br />
grünes Klassenzimmer<br />
seinen Platz finden.<br />
links: Am Übergang zur<br />
Panke ist ebenfalls eine<br />
Öffnungs- und Schließmöglichkeit<br />
vorgesehen.
68 NUTZUNGSKONZEPT VISIONEN VERORTEN<br />
69<br />
Teilraum 3<br />
Die Mitte beleben<br />
Über Jahrzente blieben von einigen Innenräumen<br />
nur ruinöse Reste erhalten. Sie werden mit der<br />
Sanierung zum grünen Herz der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />
3<br />
links oben: Im Garten der Tanzhalle finden viele Insekten einen Rückzugsort;<br />
auch besondere Pflanzen wachsen hier. Den Tänzerinnen und Tänzern dient<br />
er darüber hinaus ebenfalls als Refugium zwischen den Proben.<br />
rechts oben, unten: Im grünen Innenhof soll der Charme der heutigen<br />
<strong>Wiesenburg</strong> weiterhin zu spüren sein. Daher sollen möglichst viele der –<br />
ursprünglich wilden – Pflanzen erhalten bleiben.<br />
Lage Teilraum 3<br />
Im Zentrum der <strong>Wiesenburg</strong> liegt künftig ein grüner<br />
Innenhof. Ruinöse Reste ehemaliger Gebäude, die zwischen<br />
Sammelhalle und gewerblicher Bestandsnutzung erhalten<br />
geblieben sind, werden gesichert. So entsteht u.a. aus dem<br />
ehemaligen Badesaal und einigen Schlafsälen ein grüner<br />
Innenhof: ein Ort zwischen „drinnen“ und „draußen“. Er<br />
wird als eine Art Verteiler oder Schnittstelle zwischen den<br />
angrenzenden Nutzungen und Gebäuden wirken und als<br />
Erholungsraum dienen. Deshalb soll er auch zum Verweilen<br />
einladen: Gäste der Kiezkantine können ihn als Freisitz<br />
nutzen, Kunst- und Kulturschaffende der neuen Atelier- und<br />
Proberäume treffen sich oder Besucherinnen und Besucher<br />
der Tanzhalle gehen über diese Fläche in Richtung des<br />
neuen Eingangs. Wie heute, werden die Freiflächen der<br />
Tanzhalle auch in Zukunft als ökologischer Rückzugsort für<br />
Tiere und Pflanzen erhalten bleiben.<br />
Damit sich Besucherinnen und Besucher innerhalb des<br />
Gebäudeensembles besser orientieren können, wird ein<br />
Wegeleitsystem entstehen. Es soll im Rahmen des Freiraumund<br />
Erschließungskonzeptes weiter ausgearbeitet werden.<br />
Zwischen den Neubauten und dem historischen Ensemble<br />
wird eine Öffnungs- und Schließmöglichkeit eingerichtet,<br />
so können diese beiden Teile miteinander verknüpft werden<br />
oder bei Bedarf auch Rückzugsmöglichkeiten entstehen.
70 NUTZUNGSKONZEPT VISIONEN VERORTEN<br />
71<br />
Teilraum 4<br />
Den Bestand<br />
schützen<br />
Ohne die Bestandsgewerbe wäre die <strong>Wiesenburg</strong> nicht<br />
mehr, was sie heute ist – und deshalb bleiben sie ohne<br />
Wenn und Aber erhalten.<br />
4<br />
links oben: Zwischen Bestandsgewerbe und Frauenasyl wird eine<br />
Öffnungs- und Schließmöglichkeit installiert.<br />
unten: Der Weg direkt an der Panke dient für die Gewerbe und Ateliers<br />
als Anlieferungszone und Rückzugsort.<br />
rechts oben: Der Maler Thomas Bo Henriksson hat seit 2004 sein Atelier auf der<br />
<strong>Wiesenburg</strong>.<br />
rechts Mitte: Der Regieraum des Musikstudio "Studio X Berlin" ist einer der Orte auf<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> für Kunst- und Kulturschaffende.<br />
Lage Teilraum 4<br />
Die Gebäudenutzung auf der <strong>Wiesenburg</strong> hat sich seit<br />
mehr als einem Jahrhundert immer wieder gewandelt und<br />
entwickelt. Fakt ist: Räume und Möglichkeiten wie auf der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> gibt es im heutigen Berlin immer seltener. Deshalb<br />
war allen Kooperationspartnerinnen und -partnern von<br />
Anfang an klar, dass der bestehende Nutzungsmix erhalten<br />
bleiben muss. Kurz und gut: Wer auch nach der Sanierung<br />
hierbleiben möchte, soll das zu einer fairen Miete auch<br />
können. Die Nutzungsvielfalt aus Metall- und Maschinenbau,<br />
Design und Holzverarbeitung, Musikstudio und Werkhalle,<br />
Clubhaus, Philiosophiewerkstatt und Tanzhalle soll den Ort<br />
weiterhin prägen. Vor diesem Hintergrund bleibt auch der<br />
Weg, der auf der Rückseite der Gewerbebauten direkt an der<br />
Panke verläuft, als Anlieferungszone und kreativer Rückzugsort<br />
erhalten. Bei Bedarf kann er künftig tagsüber als fußläufige<br />
Grünverbindung ins Quartier genutzt werden. Dazu wird<br />
eine Öffnungs- und Schließmöglichkeit installiert.<br />
Die Design-Werkstatt wird wie alle Bestandsnutzungen<br />
auf der <strong>Wiesenburg</strong> erhalten bleiben.<br />
Der Zugang zur Tanzhalle. Sie wird künftig auch vom<br />
grünen Innenhof erschlossen.
72 NUTZUNGSKONZEPT<br />
VISIONEN VERORTEN<br />
73<br />
Teilraum 5<br />
Den Nutzungsmix 5<br />
fördern<br />
Das ehemalige Frauenasyl ist bereits<br />
wieder zu neuem Leben erweckt.<br />
Zusammen mit dem Freiraum an der<br />
Panke übernimmt es eine wichtige Rolle<br />
im Bestand.<br />
Teilraum 6<br />
Freiräume schützen, 6<br />
Freiräume gestalten<br />
Egal, ob man auf der <strong>Wiesenburg</strong> wohnt<br />
oder hier arbeitet: Manchmal braucht man<br />
Luft zum Atmen. Verschiedene Freiräume<br />
holen die Natur in den Alltag.<br />
Lage Teilraum 5 Lage Teilraum 6<br />
Die stark einsturzgefährdete<br />
Ruine des<br />
ehemaligen Frauenasyls<br />
befindet sich<br />
bereits im Umbau und<br />
wird in den Neubau<br />
integriert. Hier finden<br />
zukünftig weitere Gewebeeinheiten<br />
Platz<br />
mit einer Gesamtfläche<br />
von rund 450<br />
Quadratmetern.<br />
Auch das ehemalige Frauenasyl an der Kolberger Straße<br />
spielt für die Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong> eine wichtige Rolle.<br />
Von dem Gebäude waren nur noch ruinöse Mauerreste erhalten;<br />
sie wurden denkmalgerecht in den Neubau integriert.<br />
Das Frauenasyl liegt auf dem südlichen Geländeteil<br />
und gehört daher nicht mehr zum Fördergebiet, das sich auf<br />
die noch zu sanierenden Gebäudeteile beschränkt . Trotzdem<br />
wurden die künftigen Nutzungen in diesem Bereich im<br />
kooperativen Verfahren für die gemeinsame Entwicklung<br />
mitgedacht. Und auch der Freiraum zwischen ehemaligem<br />
Frauenasyl und bestehenden Gewerbeeinheiten wird eine<br />
wichtige Funktion bekommen: Er kann künftig als rückseitiger<br />
Zugang zu den Gewerberäumen wie auch zu den Wohnungen<br />
des Neubaus dienen. Dazu wird eine Öffnungs- und<br />
Schließmöglichkeit installiert. Neue Bepflanzungen schaffen<br />
eine „grüne Grenze“. Dadurch wird das <strong>Wiesenburg</strong>-Areal<br />
im Bereich des ehemaligen Frauenasyls vom benachbarten<br />
Privatgrundstück und vom Pankeweg getrennt. Eine<br />
angenehme Beleuchtung soll bei Dunkelheit dafür sorgen,<br />
Angsträume zu vermeiden.<br />
Auch das Beamtenwohnhaus wird saniert und damit langfristig erhalten –<br />
und zwar mit seinem verwunschenen Charme.<br />
Grün- und Freiflächen haben einen hohen Stellenwert auf<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> – insbesondere für die Bewohnerinnen und<br />
Bewohner! Der Gartenhof des Bestandswohnhauses ist ein<br />
wichtiger Treffpunkt für dessen Mieterinnen und Mieter und<br />
soll hinsichtlich seiner Nutzung und Pflege nicht verändert<br />
werden. Auf dem südlichen Geländeteil entsteht außerdem<br />
Der Garten des Beamtenwohnhauses wird den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
auch weiterhin zu Verfügung stehen.<br />
ein neu gestalteter Freiraum für die Bewohnerinnen und<br />
Bewohner des Neubaus. Die Planungen sind mit der Entwicklung<br />
des Neubaus bereits abgeschlossen und befinden<br />
sich in der Umsetzung. Durch gezielte Maßnahmen soll<br />
jedoch auch in diesem Bereich die Artenvielfalt auf der <strong>Wiesenburg</strong><br />
gefördert werden.
LEITFADEN UND BASIS<br />
75<br />
4<br />
AUSBLICK<br />
Das Nutzungskonzept steht für den ersten Schritt<br />
in Richtung Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong>.<br />
Ihm werden zahlreiche weitere folgen<br />
– und viele Menschen gehen<br />
auf diesem Weg mit.<br />
Leitfaden und Basis:<br />
Arbeiten mit dem<br />
Nutzungskonzept<br />
Das Ergebnis des Beteiligungsprozesses lautet: Jetzt<br />
geht die eigentliche Arbeit los. Und alle Akteurinnen<br />
und Akteure sitzen weiterhin mit im Boot und tragen<br />
Verantwortung.<br />
Im Nutzungskonzept wurde – neben den<br />
Rahmenbedingungen und Festsetzungen<br />
zu Art und Umfang der Nutzungen – auch<br />
eine Gremienstruktur aufgebaut, die den<br />
Arbeitsprozess während der Sanierung strukturieren<br />
soll. Damit soll erreicht werden, dass<br />
die Kooperationspartnerinnen und -partner<br />
auch in das laufende Sanierungsverfahren<br />
eingebunden bleiben. Konkret sind dafür zwei<br />
Gremien vorgesehen.<br />
Sanierungspartnerschaft<br />
Zwei der fünf Kooperationspartnerinnen und<br />
-partner stehen in besonders ausgeprägter<br />
Verantwortung für die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong>:<br />
<strong>degewo</strong> als Eigentümerin und der Verein<br />
„Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ als Vertreter der Bewohnerschaft<br />
und der Nutzerinnen und Nutzer.<br />
Diese beiden Partner bilden die Sanierungspartnerschaft;<br />
sie wird gemeinsam mit den<br />
Fachplanerinnen und -planern die Inhalte aus<br />
dem Nutzungskonzept für die Sanierungsphase<br />
konkretisieren. Zu diesem Zweck trifft sie<br />
sich monatlich.<br />
Entwicklungsbeirat<br />
Als übergeordnetes Steuerungsgremium für<br />
das gesamte Sanierungsverfahren wurde ein<br />
Entwicklungsbeirat gegründet, der aus den<br />
fünf Kooperationspartnerinnen und -partnern<br />
besteht und neutral moderiert wird. Er begleitet<br />
die Umsetzung des Nutzungskonzeptes<br />
und fungiert als Korrektiv. Seine Aufgabe ist es<br />
auch, offene Punkte zu klären – insbesondere<br />
dann, wenn sich die im Nutzungskonzept festgehaltenen<br />
Rahmenbedingungen verändern,<br />
zum Beispiel weil im Planungsprozess neue Erkenntnisse<br />
zutage treten. Im Konfliktfall agiert<br />
der Entwicklungsbeirat als Schlichter. Dazu<br />
trifft er sich mindestens halbjährlich.
76 AUSBLICK<br />
PLANUNG, GENEHMIGUNG, BAU<br />
77<br />
Entwicklungsbeirat<br />
Sanierungspartnerschaft<br />
<strong>degewo</strong><br />
Eigentümerin und<br />
Projektträgerin<br />
Planung,<br />
Genehmigung,<br />
Bau<br />
Die <strong>Wiesenburg</strong> Berlin eG<br />
Betreibergesellschaft<br />
Neutrale Moderation<br />
Das Nutzungskonzept ist nur der erste Schritt hin zum<br />
langfristigen Erhalt der <strong>Wiesenburg</strong>. Wie geht es jetzt<br />
konkret weiter?<br />
Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung und Wohnen<br />
Referat IV C Städtebauförderung<br />
Nachbarschaft<br />
Quartiersmanagemet<br />
Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />
Das Sanierungsverfahren wird durch zwei Steuerungsgremien begleitet:<br />
den Entwicklungsbeirat und die Sanierungspartnerschaft.<br />
Offene Punkte und Ergänzungen<br />
Es liegt in der Natur des Vorhabens: Wie bei<br />
jeder Sanierung wird es auch im Falle der<br />
<strong>Wiesenburg</strong> Überraschungen geben. Auch<br />
war 2020 die Untersuchung des Bestandes<br />
nicht abgeschlossen; folglich konnten einige<br />
Punkte nicht abschließend festgelegt werden.<br />
Deshalb überprüfen die Planerteams Schritt<br />
für Schritt, wie sich die Inhalte des Nutzungskonzeptes<br />
konkret umsetzen lassen und teilen<br />
die Ergebnisse im Rahmen der Sanierungspartnerschaft<br />
mit. Die Sanierungspartner berichten<br />
Bezirk Mitte<br />
Abteilung Stadtentwicklung,<br />
Soziales und Gesundheit<br />
im Entwicklungsbeirat vom Stand der Planung<br />
und Umsetzung. Noch offen sind zum Beispiel<br />
die folgenden Aspekte:<br />
➔<br />
➔<br />
Zugänge und Testphasen der behutsamen<br />
Öffnung<br />
Nutzungen in den Kellern (z.B. als Serviceräume,<br />
Sanitär- und Umkleidebereiche<br />
sowie Lagerräume)<br />
Parallel zur Erarbeitung des Nutzungskonzeptes<br />
setzen Architektinnen und<br />
Architekten, Landschaftsplaner und<br />
-planerinnen das Nutzungskonzept in<br />
Entwürfe für die Gebäude und den Freiraum<br />
um, die dann in der Sanierungspartnerschaft<br />
besprochen werden. Im Entwicklungsbeirat<br />
wird daraufhin darüber berichtet und bei gravierenden<br />
Abweichungen oder im Konfliktfall<br />
abgestimmt.<br />
Für den weiteren Fortlauf der Sanierung<br />
muss das Bestehende genau unter die Lupe<br />
genommen werden: Wie kann der Charakter<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> bewahrt bleiben? Was gilt<br />
es zu erhalten? Fliesen, Türrahmen, Fassaden<br />
Keller, Bäume, Wandbeschriftungen? Vielleicht<br />
wird der Erhalt des einen Bauteils, des einen<br />
Elements das Ende eines anderen besiegeln.<br />
Bevor mit dem eigentlichen Bauen begonnen<br />
werden kann, braucht es viele vorbereitende<br />
Arbeiten: Dazu gehören verschiedene aufwändig<br />
zu erstellende Gutachten zum Zustand der<br />
Gebäude – und innovative Konzepte zu ihrem<br />
Erhalt. Und es braucht viele amtliche Genehmigungen<br />
– nicht nur vom Bauamt, sondern<br />
auch von Seiten der Denkmalpflege oder vom<br />
Umweltamt. In der Summe bedeutet das eine<br />
Mammutaufgabe, der sich die beauftragten Sanierungsplanerinnen<br />
und -planer in den kommenden<br />
Monaten stellen werden. Umso besser<br />
ist, dass <strong>degewo</strong> in ihrer Rolle als Bauherrin auf<br />
langjährige Erfahrungen im Sanierungsgeschehen<br />
zurückgreifen kann.<br />
Da man die Planerinnen und Planer bereits<br />
zu einem frühen Zeitpunkt in das kooperative<br />
Verfahren eingebunden hat, kennen sie die<br />
Herausforderungen, Ideen und Wünsche zur<br />
Zukunft der <strong>Wiesenburg</strong> schon recht genau.<br />
Damit war die Fertigstellung des Nutzungskonzeptes<br />
im Dezember 2020 kein Zieleinlauf,<br />
sondern vielmehr eine Staffelstabübergabe –<br />
und mit ihr geht die Sanierung der <strong>Wiesenburg</strong><br />
in die nächste Runde: Es entstehen konkrete<br />
Vorschläge für die Sanierungsmaßnahmen, für<br />
die Freiraumgestaltung und die Erschließung.<br />
Erst dann folgen die Detailplanungen und<br />
schließlich die eigentliche Bauausführung<br />
und Sanierung.<br />
In der Vorplanung hat sich nun gezeigt, dass<br />
sich das Nutzungskonzept unter den derzeitigen<br />
Rahmenbedingungen aus der Förderung<br />
nicht ohne Weiteres umsetzen lässt. Erforderlich<br />
ist ein weiterer (Re-)Finanzierungsbedarf der<br />
vorgesehenen Maßnahmen. Gleichzeitig sind<br />
die Maßnahmen hinsichtlich einer Reduzierung<br />
des Umfangs zu prüfen. Hierbei werden die Kooperationspartner<br />
auch abwägen müssen.<br />
"Dieses Beteiligungsverfahren war<br />
nur der Anfang. Der Prozess, wie die<br />
<strong>Wiesenburg</strong> in Zukunft aussehen<br />
wird, beginnt jetzt erst richtig."<br />
Kerstin Rietz, Bezirk Mitte
78 AUSBLICK<br />
DEN BETRIEB ORGANISIEREN<br />
79<br />
Den Betrieb<br />
organisieren<br />
Ein Teil der Vereinsmitglieder<br />
von "Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.".<br />
Ende August 2020 gründeten sie eine<br />
Genossenschaft, die künftig den Betrieb<br />
des Areals übernehmen wird.<br />
Der Beteiligungsprozess bot den Rahmen, das<br />
Szenario für den künftigen Betrieb der <strong>Wiesenburg</strong> zu<br />
schreiben. Mit der Eigentümerin und dem <strong>Wiesenburg</strong>-<br />
Verein in den Hauptrollen.<br />
Genossenschaftliche<br />
Selbstverwaltung<br />
Im Rahmen der Zusammenarbeit etablierte<br />
sich der Verein „Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.“ für<br />
die Eigentümerin <strong>degewo</strong> als verlässlicher<br />
Teamplayer – und zwar als einer, der<br />
künftig nicht nur die Sanierung mit begleitet,<br />
sondern auch als engagierter Partner, der den<br />
Betrieb des Areals übernehmen wird und dafür<br />
eine Genossenschaft gegründet hat.<br />
Und noch einen wichtigen Effekt hatte das<br />
kooperative Verfahren: Der Verein konnte sich<br />
als starker Akteur für eine Zusammenarbeit auf<br />
Augenhöhe etablieren – auch dank der Hilfe<br />
durch eine externe Organisationsberatung. Damit<br />
kam er als Vertreter von Nutzerinnen und<br />
Nutzern in die Situation, den Standort nachhaltig<br />
und harmonisch als sozialen, kulturellen<br />
und geschichtsbewussten Ort weiterentwickeln<br />
zu können.<br />
Zukünftig übernimmt diese Rolle die neu<br />
gegründete Genossenschaft, die den Namen<br />
„Die <strong>Wiesenburg</strong> Berlin e.G.“ trägt. Sie wird aller<br />
Voraussicht nach als legitimierte Vertretung der<br />
derzeitigen und zukünftigen Nutzerinnen und<br />
Nutzer die <strong>Wiesenburg</strong> in genossenschaftlicher<br />
Selbstverwaltung betreiben. Dieses<br />
Modell der genossenschaftlichen Selbstverwaltung<br />
des Standortes handelten <strong>degewo</strong> als<br />
Eigentümerin und der Verein Ende des Jahres<br />
2020 miteinander aus. Die neu gegründete<br />
Genossenschaft verpflichtet sich in enger Kooperation<br />
mit <strong>degewo</strong> und dem Verein zu einer<br />
gemeinwohlorientierten Weiterentwicklung<br />
der <strong>Wiesenburg</strong> als Kulturstandort – und zur<br />
dauerhaften Sicherung der derzeitigen Nutzungsmischung<br />
aus Kunst, Kultur, Handwerk,<br />
Bildung und Sozialem.<br />
setzt sich aus zwei<br />
Begriffen zusammen:<br />
Bei der Selbstverwaltung<br />
verwalten<br />
die Betroffenen – zum<br />
Beispiel Initiativen oder<br />
Unternehmen – die von<br />
ihnen genutzten Räume<br />
selbst und verfügen<br />
frei über Mittel, Werte<br />
und Güter. Wird diese<br />
Selbstverwaltung von<br />
einer Genossenschaft<br />
übernommen, hält jedes<br />
Mitglied Genossenschaftsanteile<br />
und ist<br />
damit auch Eigentümerin<br />
bzw. Eigentümer. 10 10 Vgl. BBSR (Hrsg.) 2020, S. 89
80<br />
STICHWORT<br />
81<br />
Impressum<br />
Quellen<br />
Allen, H. & Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />
(Hrsg.) 2020: Die <strong>Wiesenburg</strong> – Die<br />
Geschichte eines besonderen Asyls.<br />
S. 17.<br />
Bezirk Berlin-Mitte (o.J.): Sanierungsgebiet.<br />
(www.berlin.de/ba-mitte/<br />
politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/staedtebaufoerderung/sanierungsgebiete/,<br />
Zugriff am 25.03.2021)<br />
BBSR (Hrsg.) 2020: Glossar der gemeinwohlorientierten<br />
Stadtentwicklung.<br />
Bonn.<br />
BBSR 2020: Bundesprogramm Nationale<br />
Projekte des Städtebaus. (www.<br />
bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/<br />
programme/zip/nps/nps-node.html,<br />
Zugriff am 25.03.2021)<br />
Landesdenkmalamt Berlin (2020):<br />
Denkmaldatenbank, Asyl für Obdachlose<br />
und <strong>Wiesenburg</strong>. (www.berlin.de/<br />
landesdenkmalamt/denkmale/listekarte-datenbank/denkmaldatenbank/<br />
daobj.php?obj_dok_nr=09030335,<br />
Zugriff am 25.03.2021)<br />
L.I.S.T. GmbH Quartiersmanagement<br />
Pankstraße (2019): Integriertes<br />
Handlungs- und Entwicklungskonzept<br />
2019-2021, u.a. S. 8. (www.<br />
stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/<br />
quartiersmanagement/download/<br />
ihek/IHEK_2019_QM_Pankstrasse.pdf,<br />
Zugriff am 25.03.2021)<br />
Redaktion Baunetz Wissen (2021):<br />
Nachverdichtung. (www.baunetzwissen.de/drucken/nachverdichtung-6606453,<br />
Zugriff am 25.03.2021)<br />
Senatsverwaltung für Umwelt,<br />
Verkehr und Klimaschutz (o.J.):<br />
Landschaftsplan. (www.berlin.de/sen/<br />
uvk/natur-und-gruen/landschaftsplanung/landschaftsplan/,<br />
Zugriff am<br />
25.03.2021)<br />
Herausgeber<br />
<strong>degewo</strong> AG<br />
Potsdamer Straße 60<br />
10785 Berlin<br />
www.<strong>degewo</strong>.de<br />
Projektleitung<br />
Paul-Gerhard Lichtenthäler (V.i.S.d.P.)<br />
Katrin Baba-Kleinhans<br />
Isabella Canisius<br />
Kooperationspartnerinnen und -partner<br />
➔ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen<br />
Referat IV C Städtebauförderung/Stadterneuerung<br />
➔ Bezirk Mitte, Abteilung Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit<br />
➔ Quartiersmanagement Reinickendorfer Straße/Pankstraße<br />
➔ Die <strong>Wiesenburg</strong> e.V.<br />
Konzept und Gestaltung<br />
Urban Catalyst GmbH<br />
www.urbancatalyst.de<br />
Anna Bernegg, Tilmann Teske<br />
StudioTrouble<br />
Jenne Grabowski<br />
www.studiotrouble.com<br />
Bildnachweise<br />
Cathrin Bach: S.13<br />
Martin Birkner: S. 9<br />
Miroslav Dilberovic: S. 13, 17, 19<br />
Jörg Dumkow: S. 79<br />
Gene Glover: Cover, S. 2, 3-4, 10, 21,<br />
25, 30, 37-38, 41, 48-50, 61<br />
Martin Gottschalk: S. 15, 69, 74<br />
Ben Gross: S. 8<br />
Landesarchiv Berlin: S. 12-13<br />
Dirk Laubner: S. 26-27<br />
Tina Merkau: S. 11, 13, 16, 20-21, 24,<br />
28-29, 40, 43-47, 60, 65, 70-73<br />
Bojana Nikolic: S. 14, 21, 71<br />
Burkhard Nolte: S. 70<br />
Wolfgang Stahr: S. 2, 15, 17, 52, 65,<br />
67, 69, 73<br />
Urban Catalyst: S. 39-40, 51, 53, 67<br />
und alle Grafiken<br />
Redaktion<br />
Barbara Hallmann<br />
www.barbara-hallmann.com<br />
mit Urban Catalyst GmbH<br />
Druck<br />
Druckhaus Sportflieger, Berlin<br />
Berlin, Mai 2021
Ein Abenteuer beginnt: Die <strong>Wiesenburg</strong> wird saniert<br />
und soll doch ihren Charme behalten. Und dabei<br />
vielen Interessen gerecht werden. Wie schafft man<br />
das? Und wen holt man ins Boot?