04.10.2021 Aufrufe

FINE Das Weinmagazin 54. Ausgabe - 03/2021

Das Hauptthema dieser Ausgabe ist: RIOJA Faustino: Rembrandt hinter Gittern RIBERA DEL DUERO Bodegas Portia: Faustinos neues Flaggschiff Weitere Themen sind: FINE CHARTA Die FINE Weinbewertung TASTING Die besten Grand Cru Rieslinge 2020 STEIERMARK Erwin Sabathi macht Pinot Noir TASTING Praxistest: So wirkt Sauerstoff im Wein REPORTAGE Das britische Fort Knox für Weinsammler SPIRITUOSEN Mixing hochwertig und hochprozentig TOSKANA Andrea Franchetti zaubert mit Cabernet Franc GENIESSEN Ursula Heinzelmann zeigt ein Herz für Pasta DIE GLORREICHEN SIEBEN Königsdisziplin Cuvées WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase isst im Goldstein Wiesbaden TASTING Chateau Musars Langstreckenläufer aus dem Libanon DIE PIGOTT KOLUMNE Der schizophrene Cabernet-Sauvignon BESTE LAGEN Spätburgunder aus dem Assmannshäuser Höllenberg NACHGEFRAGT Romanée-Conti reagiert auf Vorwürfe CHAMPAGNE Die 100 wichtigsten Champagner Teil 2 WORTWECHSEL Wein im Restaurant – da läuft was falsch BORDEAUX Troplong Mondot: Auf dem Zauberhügel von Saint-Émilion DAS GROSSE DUTZEND Branaire-Ducru: Geheimtipp aus Bordeaux WEIN UND ZEIT So begann das deutsche Weinwunder WÜRTTEMBERG Moritz Haidle zeigt Profil ABGANG Trauer um einen Großen

Das Hauptthema dieser Ausgabe ist:
RIOJA Faustino: Rembrandt hinter Gittern
RIBERA DEL DUERO Bodegas Portia: Faustinos neues Flaggschiff

Weitere Themen sind:
FINE CHARTA Die FINE Weinbewertung
TASTING Die besten Grand Cru Rieslinge 2020
STEIERMARK Erwin Sabathi macht Pinot Noir
TASTING Praxistest: So wirkt Sauerstoff im Wein
REPORTAGE Das britische Fort Knox für Weinsammler
SPIRITUOSEN Mixing hochwertig und hochprozentig
TOSKANA Andrea Franchetti zaubert mit Cabernet Franc
GENIESSEN Ursula Heinzelmann zeigt ein Herz für Pasta
DIE GLORREICHEN SIEBEN Königsdisziplin Cuvées
WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase isst im Goldstein Wiesbaden
TASTING Chateau Musars Langstreckenläufer aus dem Libanon
DIE PIGOTT KOLUMNE Der schizophrene Cabernet-Sauvignon
BESTE LAGEN Spätburgunder aus dem Assmannshäuser Höllenberg
NACHGEFRAGT Romanée-Conti reagiert auf Vorwürfe
CHAMPAGNE Die 100 wichtigsten Champagner Teil 2
WORTWECHSEL Wein im Restaurant – da läuft was falsch
BORDEAUX Troplong Mondot: Auf dem Zauberhügel von Saint-Émilion
DAS GROSSE DUTZEND Branaire-Ducru: Geheimtipp aus Bordeaux
WEIN UND ZEIT So begann das deutsche Weinwunder
WÜRTTEMBERG Moritz Haidle zeigt Profil
ABGANG Trauer um einen Großen

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Wenn es kommt, dann dick. Im vergangenen Oktober, als die Bodegas Faustino<br />

wie viele Weingüter mit den Übeln der Pandemie zu kämpfen hatten, starb just<br />

auch noch Don Julio. Julio Faustino Martínez, wie der klangvolle Name des<br />

Patrons der Familie vollständig lautet, war eine beeindruckende Persönlichkeit<br />

und seiner Zeit weit voraus. Schon 1960 begann er, Wein nach Österreich zu liefern,<br />

und schob damit den Export von Rioja-Weinen an. Vor allem erfand Martínez<br />

den Primero – die Gran Riserva von Faustino mit ihrer unverkennbaren Ausstattung.<br />

Jeder Weintrinker kennt das Etikett, das den niederländischen Händler<br />

Nicolaes von Bambeeck zeigt, den Rembrandt 1641 porträtierte. Faustino ist der<br />

Rioja-Klassiker schlechthin, kein anderes Label verbindet man stärker mit den<br />

Rotweinen dieser Region. Wohin man auch kommt, die markanten Flaschen<br />

warten schon in den Regalen.<br />

Nun ist es Lourdes Martínez Zabala, die mit ihren drei<br />

Geschwistern die Grupo Faustino führt, zu der sechs<br />

weitere Weingüter gehören. »Es war sehr schlimm,<br />

unseren Vater während der Pandemie zu verlieren«, sagt sie.<br />

»Er war ein großer Visionär, es ist ein riesiger Verlust – für die<br />

Familie und die Rioja.« In diesem Jahr wollten sie gemeinsam<br />

das 160-jährige Bestehen der Bodegas im Anbaugebiet Rioja<br />

Alavesa feiern. Jetzt steht die vierte Generation der Familie<br />

ohne den Patron in der Verantwortung: Ihre Aufgabe ist es,<br />

das Unternehmen in die Zukunft zu führen, ohne die Tradition<br />

und die Werte der Bodegas Faustino zu verlieren.<br />

Schon in den vergangenen Jahren begannen die Nachfahren<br />

damit – unter den wachsamen Augen von Don Julio.<br />

Eine heikle Aufgabe, der sich vor allem Francisco Honrubia<br />

verschrieben hat. »Faustino ist eine der berühmtesten Marken<br />

der Weinwelt, aber wir müssen an ihr arbeiten«, betont er. Seit<br />

Honrubia 2015 zum Direktor des Weinguts berufen wurde,<br />

Was heute als klassisch gilt, kann morgen schon<br />

altmodisch wirken, weiß Francisco Honrubia, der<br />

die Marke Faustino durch die Moderne führen will.<br />

sind neue Töne zu vernehmen in Oyón. Begriffe wie Brand<br />

und Markenkern schwirren durch die Flure, an allen Ecken<br />

wird diskutiert und gefachsimpelt. Der 50-Jährige studierte<br />

Wirtschaftsrecht und war als Manager bei IBM angestellt,<br />

bevor er ins Baskenland wechselte. Honrubia hat ein junges<br />

Team um sich geschart, das nicht alles abnicken muss, was<br />

der Chef vorgibt, und auch eigene Ideen umsetzen darf. Alles<br />

werde auf den Prüfstand gestellt, erklärt der Direktor. Rafael<br />

Martínez Palacios, der kleine Kellermeister mit dem untrüglichen<br />

Instinkt, verabschiedete sich nach mehr als 35 Jahren<br />

in den Ruhestand. Jetzt führt Juanjo Díez das Kellerteam, das<br />

gewaltige Mengen an Trauben zu beinahe elf Millionen Litern<br />

Qualitätswein verarbeitet.<br />

Der Direktor packt das an, wovor sich andere gescheut<br />

haben: Zum ersten Mal in der Geschichte des Weinguts hat er<br />

die Etiketten umgestaltet und »attraktiver gemacht«. Honrubia<br />

nennt es eine »kleine Revolution«. Andere halten es sogar für<br />

einen ungeheuerlichen Vorgang, der sich da abspielt hinter den<br />

Mauern des Weingutes in Oyón. Francisco Honrubia hat den<br />

Ruf, ein zielstrebiger Manager zu sein, der seine Vorstellungen<br />

umzusetzen weiß. Aber abends sieht man ihn hemdsärmelig in<br />

einer der vielen Tapas-Bars in den engen Gassen von Logroño<br />

sitzen, wo er bei einem Gläschen Rotwein den Tag ausklingen<br />

lässt und von allen nur Paco gerufen wird.<br />

Gang durch die Ahnengalerie<br />

Faustino gilt als bodenständiges Unternehmen, die Familie<br />

hat nie vergessen, aus welchen bescheidenen Verhältnissen<br />

sie stammt. Ihr mühsamer Weg zum Erfolg lässt sich auch im<br />

Museum des Familienweinguts verfolgen. An den Wänden<br />

hängen die Porträts der Gründer: Eleuterio Martínez Arzok,<br />

der 1861 das Fundament legte für die Bodegas und mit dem<br />

Verkauf von Fasswein über die Runden kommen musste wie<br />

viele Weinbauern in der ärmlichen Rioja. Daneben posiert sein<br />

Sohn Faustino Martínez Pérez de Albéniz, der 1930 die ersten<br />

Flaschenweine füllte. Er kelterte auch 1955 den ersten Primero<br />

in einem Haus, das 300 Meter entfernt vom heutigen Weingut<br />

stand und später abgerissen wurde. Auf den Korken des<br />

ersten Jahrgangs stand noch Bodegas Santanas, »da waren wohl<br />

gerade keine anderen zur Hand«, scherzt Francisco Honrubia,<br />

der natürlich weiß, dass die früheren Generationen öfter zum<br />

Improvisieren gezwungen waren.<br />

In der Reihe folgt, mit forsch nach hinten gelegtem Haar,<br />

Julio Faustino Martínez, der 1957 das Gut übernahm. Don<br />

Julio erwarb nach und nach Land und ließ es mit Tempranillo<br />

bepflanzen. Er erkannte auch, dass der Verkauf seiner Weine nur<br />

mit einem unverwechselbaren Label erfolgreich sein konnte:<br />

Er entwarf mehrere Künstleretiketten, von denen Rembrandts<br />

Nicolaes von Bambeeck am meisten überzeugte, und brachte<br />

diese Motivweine 1960 auf den Markt. Ein großer Wurf, dem<br />

das Weingut seine internationale Reputation verdankt. Don<br />

Julio erwies sich als Marketinggenie zu einer Zeit, in der kaum<br />

jemand über Marken und Brands redete. Aber die Dynamik<br />

des globalen Weinmarkts hat auch das Traditionshaus erfasst:<br />

Was heute als klassisch und bewährt gilt, kann morgen schon<br />

altmodisch und langweilig empfunden werden. In einer Welt,<br />

die ständig nach neuen Sensationen giert, müssen sich auch die<br />

Bodegas Faustino schneller bewegen. »Wir wollen nicht nur<br />

Wein für die Großväter machen«, sagt Honrubia, »sondern auch<br />

für deren Enkel.« Also hat der Direktor neue Weinlinien wie die<br />

Art Collection eingeführt und damit dem Unternehmen neuen<br />

Schwung verliehen. Eines dürfe man aber nie vergessen, unterstreicht<br />

er: »Faustino war immer eine Geschichte von Winzern,<br />

die sehr eng mit ihrem Land und Boden verbunden sind.«<br />

Es ist noch früh am Morgen, als Ricardo Goñi seine Weinberge<br />

inspiziert. Er ist verantwortlich für alle Reben<br />

der Grupo Faustino – insgesamt 1500 Hektar, die sich<br />

über mehrere Anbaugebiete wie Rioja, Navarra und Ribera del<br />

Duero erstrecken. Allein 700 Hektar liegen in Rioja Alavesa<br />

in den Gemeinden Oyón, Laguardia, Logroño und Mendavia,<br />

sie sind vor allem mit Tempranillo bestockt, dazu kommen<br />

Graciano, Mazuelo und Viura. Die Reben wachsen vor allem<br />

auf kalkhaltigen Lehmböden. Ricardo Goñi ist ein drahtiger<br />

Typ, der schnell redet, ohne Pausen einzulegen. Oft fahre er<br />

durch die hügelige Landschaft, in Gedanken bei den vorherigen<br />

Generationen, die in den Weinbergen arbeiteten – jede mit<br />

ihren eigenen Mitteln. »Mein Job ist heute viel technischer<br />

und präziser«, sagt der 48-Jährige, der 2018 zur Grupo Faustino<br />

stieß und davor 16 Jahre lang in Navarra, Torro und auch in<br />

Argentinien unterwegs war, wo er Reben in über 1000 Meter<br />

Höhe anbaute. Reichlich Erfahrung, die jetzt in seine Arbeit einfließt:<br />

Goñi lässt die Böden seiner Weinberge exakt analysieren<br />

und kontrolliert den Vegetationsverlauf mithilfe von Satelliten.<br />

Jeder Weinberg bekommt einen eigenen Code zugewiesen, so<br />

lässt sich exakt zurückverfolgen, woher die Trauben stammen.<br />

»Aber Wein anzubauen, ist keine Mathematik«, betont Goñi,<br />

man könne modernste Technologie einsetzen und müsse doch<br />

»wie ein Weinbauer mit der Natur denken«.<br />

Der Klimawandel kostet Frische<br />

Ricardo Goñi beobachtet genau, wie der Klimawandel den<br />

Weinanbau verändert. Tempranillo, der den Charakter der<br />

Weine prägt, verliere an Frische, wenn es zu trocken ist. Auch<br />

in Rioja wandern die Reben stetig nach oben, die höchsten<br />

Weinberge der Bodegas liegen inzwischen auf 725 Metern.<br />

»Wir brauchen Säure im Wein«, erläutert Goñi, »und weniger<br />

Zucker.« Deshalb lässt er die Laubwände der Reben nur auf<br />

1960 kamen die<br />

Faustino-Weine mit<br />

Rembrandt-Motiv<br />

auf den Markt –<br />

ein großer Wurf in<br />

einer Zeit, in der<br />

noch kaum jemand<br />

über Branding und<br />

Marketing redete.<br />

Eine Art Collection<br />

spielt nun mit dem<br />

eigenen Image.<br />

12 <strong>FINE</strong> 3 | <strong>2021</strong> RIOJA<br />

RIOJA <strong>FINE</strong> 3 | <strong>2021</strong> 13

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