30.09.2021 Aufrufe

Red Bulletin Innovator

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IDEAS FOR A BETTER FUTURE INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 02/2021<br />

LEBT<br />

DIESER<br />

MANN<br />

Ideas for a better future<br />

DAS<br />

PERFEKTE<br />

LEBEN?<br />

Biohacking-Pionier<br />

Ben Greenfield sagt nein.<br />

Aber er tut verdammt viel,<br />

um sehr alt zu werden.<br />

Und dabei sehr jung<br />

zu bleiben.<br />

Das Magazin für Innovation<br />

von The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

DAS<br />

GROSSE<br />

BIOHACKING-<br />

DOSSIER<br />

Es geht um Licht,<br />

Ernährung, Atmung,<br />

Wärme, Kälte<br />

und Schlaf.<br />

Und vor allem geht es<br />

um Eigenverantwortung.<br />

2,50<br />

EURO<br />

02 2021 AUSGABE<br />

DEUTSCHLAND


omegawatches.com<br />

NUR IM KINO<br />

JAMES BOND’S CHOICE<br />

Auf den Spuren eines geheimnisvollen Bösewichts<br />

stellt sich Bond seiner neuesten Mission in Keine<br />

Zeit zu sterben mit der OMEGA Seamaster Diver<br />

300M am Handgelenk. Dieser Zeitmesser<br />

im leichten Titandesign ist jederzeit einsatzbereit,<br />

mit einem Höchstmaß an Präzision und<br />

Antimagnetismus, auf das man sich dank Master<br />

Chronometer Zertifizierung immer verlassen kann.


INNOVATOR<br />

EDITORIAL<br />

CONTRIBUTORS<br />

Stefan Wagner<br />

In unserer Schwesterzeitschrift<br />

carpe diem berichtet er als<br />

Kolumnist aus dem Leben eines<br />

Hobby-Biohackers. Bei uns durfte<br />

Wagner ausführlich ran: Gemeinsam<br />

mit Top-Biohacker Andreas<br />

Breitfeld optimierte er unsere<br />

Sonderstrecke, die Ihnen Lust<br />

dar auf macht, Ihr Leben zu verbessern.<br />

Und die Welt obendrein.<br />

AB SEITE 29<br />

Ben Greenfield<br />

Der einflussreichste Biohacker<br />

der Welt eröffnet dieses Special<br />

als Interviewgast. Sein Gespräch<br />

mit The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong>Innovator</strong><br />

fand Greenfield so spannend,<br />

dass er es seinem Millionenpublikum<br />

sogar als Podcast<br />

zur Verfügung stellte.<br />

AB SEITE 32<br />

RESET YOUR LIFE!<br />

Michael Greve arbeitet daran, Krebs, Alzheimer,<br />

Diabetes, Herzinfarkt zu besiegen. Wieso der<br />

deutsche Internet-Milliardär das tut, wie atemberaubend<br />

weit die Wissenschaft schon heute<br />

ist und was Sie jetzt tun können, um ein Alter<br />

zu erreichen, das Sie niemals für möglich gehalten<br />

hätten: ab Seite 56. Greves Story ist Herzstück<br />

unseres Biohacking-Schwerpunkts, der<br />

randvoll mit spannenden Fragen und ebenso<br />

erstaun lichen Antworten ist. Können Sie Ihr<br />

Gehirn trainieren wie einen Muskel? (Antwort:<br />

Ja, Sie können.) Macht es Sie gesünder, barfuß<br />

im Wald zu spazieren? Und was hat das alles<br />

mit einer besseren Welt zu tun? Biohacking-<br />

Special, Seite 29 bis Seite 77.<br />

Fitness steigern, Pandemien bekämpfen,<br />

Sprachen lernen – spielend! Darum geht es<br />

ab Seite 78: Zehn Gaming-Pioniere verraten,<br />

welche Computerspiele unser Leben (und unsere<br />

Skills) auf geniale Art verbessern können.<br />

Viel Vergnügen mit diesem Heft!<br />

JOE PUGLIESE/AUGUST (COVER), MARTIN KREIL, BEN GREENFIELD FITNESS<br />

4 INNOVATOR


Ultron Air<br />

Elektrisiere die Stadt<br />

Der A-TO Ultron Air bringt dich schnell<br />

und umweltfreundlich von A nach B.<br />

Ausgestattet mit allen erforderlichen<br />

Sicherheits-Features und einem<br />

kräftigen Elektromotor sorgt der<br />

hochwertige E-Scooter für mehr<br />

Speed und Performance.<br />

Auch als eKFV-Variante erhältlilch.


INHALT<br />

BULLEVARD<br />

12<br />

14<br />

16<br />

17<br />

18<br />

Emission Impossible<br />

Die Luftfahrt kommt dem<br />

klimaneutralen Fliegen einen<br />

großen Schritt näher.<br />

Besser essen<br />

Dank einem dänischen Startup<br />

können wir Lebensmittel<br />

per App retten.<br />

Lebensretter<br />

Das smarte Armband Bluefox<br />

erkennt die Wassertiefe und<br />

rettet Ertrinkenden das Leben.<br />

Der Why-Faktor<br />

Eine Berliner Plattform hilft<br />

Menschen dabei, ihr persönliches<br />

„Warum?“ zu finden.<br />

Elektro-Hengst<br />

Wie Ford die DNA seines Sportwagens<br />

Mustang in die Zukunft<br />

übersetzt.<br />

20<br />

22<br />

24<br />

26<br />

Guardian Angel<br />

Ein Satelliten-Beobachtungssystem<br />

spürt aus großer Höhe<br />

Waldbrände auf.<br />

Die geben Stoff<br />

Zwei Bayern bauen Möbel aus<br />

einem neuen Material, das<br />

Kunststoff ersetzen kann.<br />

Modul-Auto<br />

Camper oder lieber Pick-up?<br />

Der XBUS ist vielseitig wie<br />

ein Schweizer Taschenmesser.<br />

Full Metal Jacket<br />

Die Jacke der Zukunft ist<br />

aus Kupfer – und desinfiziert<br />

sich von selbst.<br />

GUIDE<br />

90<br />

94<br />

SAVE THE DATE<br />

Geh da hin!<br />

Die besten innovativen Events<br />

im In- und Ausland.<br />

WETTBEWERB<br />

Kampf der Ideen<br />

<strong>Red</strong> Bull Basement fördert<br />

junge Vordenker.<br />

96<br />

98<br />

KOLUMNE<br />

Gut unterwegs<br />

Wie Mobilität unseren<br />

Zusammenhalt stärken kann.<br />

TECH-HIGHLIGHT<br />

Heißer als heiß<br />

Dieser Kernreaktor könnte<br />

die Energiewende einläuten.<br />

FEATURE<br />

78<br />

GAMING<br />

Smartes Zocken<br />

Diese Videospiele heben unser<br />

Leben und unsere Gesell schaft<br />

aufs nächste Level.<br />

6 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

DAS BIOHACKING<br />

SPECIAL<br />

29<br />

ESSAY<br />

Biohacking – ein Plädoyer<br />

für Selbstoptimierung<br />

Warum Sie jetzt Ihr Leben in die eigene<br />

Hand nehmen sollten. Und wie Sie<br />

damit sogar die Welt besser machen.<br />

32<br />

PORTRÄT<br />

Lebt dieser Mann<br />

das perfekte Leben?<br />

Gentests, High Intensity Workouts<br />

und Eisbäder: Ben Greenfield ist der<br />

einflussreichste Biohacker der Welt.<br />

50<br />

KÖRPER<br />

Smart Brain<br />

Dein Gehirn ist viel klüger, schneller,<br />

ausdauernder und leistungs fähiger,<br />

als du denkst.<br />

NORMAN KONRAD<br />

42<br />

GADGETS<br />

Richtig aufgedreht<br />

Mikrostrom, Blutzucker-<br />

Monitore und Co:<br />

die besten Bio hacking-<br />

Gadgets, die es bereits<br />

zu kaufen gibt.<br />

56<br />

ALTERN<br />

Michael Greve ist Milliardär und<br />

möglicherweise der Mann, der Sie<br />

150 Jahre alt werden lässt.<br />

Wie Sie jünger älter werden<br />

68<br />

NATUR<br />

Danke, Mama<br />

Hitze, Kälte, Wasser, Wald und Co:<br />

die zehn großzügigsten Biohacking-<br />

Geschenke von Mutter Natur.<br />

INNOVATOR 7


Das Besondere an einem<br />

Abenteuer ist nicht nur das Ziel,<br />

sondern auch der Weg dahin.<br />

Eine besondere Verbindung: drei <strong>Red</strong> Bull<br />

Athleten und der Taycan Cross Turismo.<br />

Mit Dominik Gührs, Corinna Schwiegershausen und Petra Klingler machen<br />

sich drei Topathleten auf den Weg, einen lange bestehenden Traum wahr<br />

werden zu lassen. Dank ihres Talents und dem vollelektrischen Taycan<br />

Cross Turismo als verlässlichen Begleiter sind sie dafür bestens gerüstet.<br />

Wie es endet, erfahrt ihr unter www.porsche.de/redbullathleten<br />

Taycan Cross Turismo Modelle: Stromverbrauch kombiniert in kWh/100 km: 29,4–28,1 (NEFZ); 26,4–22,4 (WLTP); CO₂-Emissionen<br />

kombiniert in g/km: 0 (NEFZ); 0 (WLTP); elektrische Reichweite in km: 388–456 (WLTP) · 438–541 (WLTP innerorts); Stand 08/2021


INNOVATOR<br />

BULLEVARD<br />

IDEEN<br />

FÜR EINE<br />

BESSERE<br />

WELT<br />

JOHANNES LANG<br />

INNOVATOR 11


BULLEVARD <br />

Flugzeug, neu gedacht: Der<br />

ZEROe-Wasserstoffantrieb<br />

erlaubt revolutionäre Designs<br />

mit neuer Innenraumaufteilung<br />

– wie hier<br />

in der „Blended Wing<br />

Body“-Variante.<br />

FLIEGEN OHNE CO<br />

EMISSION<br />

²<br />

IMPOSSIBLE<br />

Killt Fliegen das Klima? Ja.<br />

Präziser: Flugreisen, wie wir sie<br />

bisher kennen. Denn der Airbus<br />

ZEROe, das erste emissionsfreie<br />

Passagierflugzeug, soll Fliegen<br />

ab 2035 klimaneutral machen.<br />

AIRBUS ALEX LISETZ JOHANNES LANG<br />

12 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

Wer fliegt, sündigt. Einmal<br />

München – New York<br />

bläst pro Person so viel CO ²<br />

in<br />

den Himmel wie die Heizung<br />

eines Haushalts über ein Jahr.<br />

Ein Inlandsflug zum Businesslunch<br />

verursacht zwanzigmal<br />

so viel Treibhausgase wie die<br />

gleiche Strecke per Bahn.<br />

Doch bald könnte Fliegen<br />

die umweltfreundlichste Fortbewegungsart<br />

sein. Unter den<br />

Kerosin-Sündern der Gegenwart<br />

hat Airbus als Erster die<br />

Zeichen der Zeit erkannt. Der<br />

europäische Luftfahrt-Gigant<br />

(Umsatz 2020: 50 Mrd. Euro)<br />

entwickelt gerade das weltweit<br />

erste Passagierflugzeug,<br />

das keine Abgase produziert.<br />

Richtig gelesen: null. Eine<br />

Lockerungsübung für Ingenieure,<br />

die kreativen Auslauf<br />

erhalten? Ganz und gar nicht.<br />

Der Airbus ZEROe soll 2035<br />

serienreif sein und könnte<br />

eine neue Ära der Luftfahrtindustrie<br />

einläuten.<br />

WASSER MARSCH<br />

Während Airbus für andere<br />

Prototypen auch schon mit<br />

nachhaltigen und umweltfreundlichen<br />

Kerosin-Alternativen<br />

experimentierte,<br />

setzt der ZEROe komplett auf<br />

Wasserstoffantrieb. Airbus<br />

arbeitet dafür in Bremen und<br />

Nantes an drei Konzepten:<br />

einem Propellerflugzeug für<br />

100 Passagiere und zwei Jets<br />

mit je zwei Turbofan-Triebwerken<br />

für bis zu 200 Passagiere.<br />

Am aufregendsten sieht<br />

das tropfenförmige Jet-Konzept<br />

„BWB“ (Blended Wing<br />

Body) aus. Hier könnte die<br />

Raumaufteilung zwischen<br />

Passagier-, Gepäcks- und<br />

Motor bereich völlig neu gedacht<br />

werden, die Wasserstofftanks<br />

wären wahrscheinlich<br />

unterhalb der Flügel. Parallel<br />

dazu entwickelt Airbus<br />

gemeinsam mit Europas wichtigsten<br />

Flughäfen die nötige<br />

Infrastruktur. Das „Hydrogen<br />

Hubs at Airports“-Projekt<br />

sieht die flächendeckende Errichtung<br />

von Wasserstofftanks<br />

vor, die auch Servicefahrzeuge<br />

nützen können. Wenn die<br />

Konkurrenz da nur keinen<br />

Zeitenwandel verschläft …<br />

airbus.com<br />

Im klimaneutralen<br />

Airbus<br />

ZEROe könnte<br />

sogar Greta T.<br />

mit ruhigem<br />

Gewissen nach<br />

Malle jetten.<br />

INNOVATOR 13


BULLEVARD <br />

Ein Drittel aller noch genießbaren<br />

Lebensmittel<br />

weltweit ist für die Tonne.<br />

Allein in Deutschland landen<br />

pro Person und Jahr 75 Kilo<br />

Essen im Müll. * Was für ein<br />

Mist, dachte sich eine Gruppe<br />

junger Dänen und gründete<br />

2016 das Start-up „Too Good<br />

To Go“ zur Lebensmittelrettung.<br />

Dessen Nutzer können<br />

mit einer App täglich<br />

überschüssiges Essen in teilnehmenden<br />

Restaurants, Bäckereien<br />

oder Supermärkten<br />

finden und zum reduzierten<br />

Preis mit nach Hause nehmen.<br />

Frisches Brot, indisches<br />

Curry, belegte Brötchen –<br />

was genau das Angebot von<br />

„Too Good To Go“ umfasst,<br />

ist, na ja, eine Überraschung.<br />

Schließlich – und das ist die<br />

Ironie an der Sache – wissen<br />

ja nicht einmal die Betriebe<br />

selbst, was am Ende des Tages<br />

übrigbleiben wird. Nur dass<br />

es keine Zeit zu vergeuden<br />

gibt, ist allen klar. Deshalb<br />

sind im digitalen Stadtplan<br />

Abholorte und -zeiten für die<br />

User vermerkt.<br />

„Too Good To Go“ ist das<br />

Produkt einer Wegwerfgesellschaft,<br />

die sich damit einer<br />

ihrer brennendsten Fragen<br />

stellt. „Die Ver schwen dung<br />

von Lebensmitteln ist ein<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

EINMAHLIGES<br />

KONZEPT<br />

Das Start-up „Too Good To Go“ aus Dänemark<br />

hat die Lebensmittelverschwendung gehörig<br />

satt und deshalb eine App entwickelt, mit der<br />

sich noch genießbares Essen retten lässt.<br />

„FOOD-WASTE IST<br />

EIN GLOBALES<br />

PROBLEM, DAS<br />

DEN KLIMA-<br />

WANDEL ENORM<br />

BEEINFLUSST.“<br />

riesiges globales Problem, das<br />

einen enormen Einfluss auf<br />

den Klima wandel hat“, sagt<br />

CEO Mette Lykke, die die App<br />

mit aufgebaut hat. Acht Prozent<br />

aller Treibhausgase werden<br />

von unserem lieblosen<br />

Umgang mit Lebensmitteln<br />

verursacht. Wer sie vergeudet,<br />

verschwendet Ressourcen wie<br />

Wasser, Boden und Arbeitskraft.<br />

Damit treffen Lykke<br />

und ihr Team einen Nerv.<br />

NEUN MILLIONEN<br />

MAHLZEITEN GERETTET<br />

Seit dem Start von „Too Good<br />

To Go“ 2016 in Deutschland<br />

haben sich bereits 5,9 Millionen<br />

Menschen die zugehörige<br />

App herntergeladen – mehr<br />

als 9,1 Millionen Mahlzeiten<br />

konnten so vor dem Mülleimer<br />

gerettet werden. Tendenz:<br />

steigend. „Denn mit<br />

immer mehr neuen Partnern<br />

aus dem Handel werden wir<br />

in Zukunft noch viel mehr<br />

Lebensmittel gemeinsam retten<br />

können“, sagt „Too Good<br />

To Go“-Deutschlandchefin<br />

Laure Berment<br />

Apropos Partner: Schon<br />

8600 Cafés, Restaurants,<br />

Supermärkte, Bäckereien und<br />

Hotels ar beiten mit „Too Good<br />

To Go“ zusammen. Die Betriebe<br />

haben nicht nur weniger<br />

Abfall, sondern gewinnen mit<br />

der App auch neue Kunden.<br />

Eine klassische Win-Win­<br />

Situation. Und wer weiß, vielleicht<br />

ist die Sache mit der<br />

Lebensmittel verschwen dung<br />

ja bald wirklich gegessen.<br />

toogoodtogo.de<br />

*<br />

Quelle: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html<br />

LES KANER SABRINA LUTTENBERGER JOHANNES LANG<br />

14 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

Mette Lykke,<br />

CEO von „Too Good<br />

To Go“, will keine<br />

Gedanken mehr<br />

an Lebensmittelverschwendung<br />

verschwenden<br />

müssen.<br />

INNOVATOR 15


BULLEVARD INNOVATOR<br />

NOTFALLSYSTEM<br />

BAY-WATCH<br />

Ertrinken ist die dritthäufigste<br />

Unfall-Todesursache weltweit<br />

– eine Gruppe von Schweizer<br />

Ingenieuren hat jetzt etwas<br />

dagegen entwickelt: BlueFox.<br />

Jährlich verlieren etwa<br />

320.000 Menschen ihr<br />

Leben im Wasser, schätzt die<br />

WHO. Dabei zeigen Statistiken,<br />

dass sich die Unfälle oft<br />

nahe am Ufer oder bei einem<br />

Boot ereignen und die meisten<br />

Opfer als gute Schwimmer<br />

galten. Viel mehr braungebrannte,<br />

muskulöse Rettungsschwimmer<br />

täten also not –<br />

doch es wäre zu aufwendig,<br />

an allen nahe am Wasser gebauten<br />

Orten einen Hochsitz<br />

zu installieren, der auch noch<br />

rund um die Uhr besetzt ist.<br />

Hilfe verspricht jetzt ein kleines<br />

buntes Armband aus<br />

Schweizer Produktion.<br />

EINZIGARTIGES SYSTEM<br />

Lange Jahre sammelte die<br />

Deep Blue AG Erfahrung mit<br />

Unterwasser-Technologien –<br />

etwa mit der Entwicklung von<br />

Sicherheitssoftware für Motorund<br />

Segelyachten – und<br />

brachte dann ein weltweit<br />

einzigartiges System zum<br />

Schutz vor Ertrinken auf<br />

den Markt: BlueFox.<br />

BALLON MIT SIRENE<br />

Herzstück ist ein 70 Gramm<br />

leichtes Armband mit eingebautem<br />

Mikrocomputer und<br />

einer Kapsel, die eine lebensrettende<br />

Safety-Einheit enthält.<br />

Während des Aufenthalts<br />

im Wasser überwacht<br />

das System permanent die<br />

Tiefe, in der sich die badende<br />

Person befindet. Bleibt diese<br />

zu lang unter einer bestimmten<br />

Wassertiefe, wird der<br />

Notfall ausgelöst: Ein Ventil<br />

öffnet sich. Gas, gespeichert<br />

DIE MEISTEN<br />

ERTRINKEN NAHE<br />

AM UFER ODER<br />

BEI BOOTEN.<br />

in flüssigem Zustand, bläst<br />

binnen Sekunden einen Ballon<br />

auf. Der drückt die Notfallkapsel<br />

aus dem Armband,<br />

findet seinen Weg an die<br />

Wasseroberfläche und schlägt<br />

Alarm: Eine Sirene kreischt<br />

drei Minuten mit 100 Dezibel<br />

unüberhörbar um Hilfe.<br />

KOMPLETTLÖSUNG<br />

BlueFox lässt sich ganz individuell<br />

programmieren, es<br />

werden aber auch Lösungen<br />

z. B. für öffentliche Schwimmbäder<br />

angeboten. Dieses Armband<br />

wacht nicht nur über<br />

Schwimmende, sondern dient<br />

gleich als Zahlsystem sowie<br />

als Türöffner am Eingang und<br />

an den Garderobekästchen.<br />

bluefox-swiss.com<br />

BlueFox:<br />

ein Armband, das<br />

im Notfall ganz<br />

laut um Hilfe<br />

schreien kann<br />

BLUEFOX-SWISS.COM GÜNTER KRALICEK JOHANNES LANG<br />

16 INNOVATOR


BULLEVARD INNOVATOR<br />

COACHING<br />

DER SINN<br />

DES LEBENS<br />

Die Kraft der Positiven<br />

Psychologie nutzt ein Berliner<br />

Start-up für lebenswichtige<br />

Entscheidungen ihrer Kunden.<br />

Effekt: mehr Glück, mehr<br />

Identifikation und neue<br />

Freundschaften mit<br />

Gleichgesinnten.<br />

WHY-LAB.COM DAVID MAYER JOHANNES LANG<br />

Ist dieses Versprechen<br />

womöglich ein wenig anmaßend?<br />

Nicht weniger als<br />

den Sinn ihres Lebens stellen<br />

Sarah Reitz, 30, Luca Lea<br />

Kleene, 31, und Nikola Berkmann,<br />

33, ihren Kunden in<br />

Aussicht. Auf whylab, einer<br />

digitalen Plattform für Purpose<br />

und Persönlichkeitsentwicklung,<br />

können sie herausfinden,<br />

warum genau sie auf<br />

diesem Planeten sein wollen.<br />

Anmaßend? „Die Beschäftigung<br />

mit uns selbst und der<br />

Frage, ob wir nach unseren<br />

Vorstellungen leben, ist ein<br />

Urbedürfnis – das wir nur verlernt<br />

haben“, entgegnet Reitz.<br />

RETTENDER AUSTAUSCH<br />

Wie sich das anfühlt, erlebte<br />

sie selbst. Nach ihrem Berufseinstieg<br />

in einer Unternehmensberatung<br />

fragte sich die<br />

Psychologin, weshalb sie sich<br />

die Überstunden antat und<br />

welches größere Ziel sie in<br />

ihrem Leben verfolgte. Erfolglos<br />

suchte sie in Büchern,<br />

Blogs und Podcasts nach<br />

Antworten. „Ich fühlte mich<br />

allein“, erinnert sie sich.<br />

Das änderte sich, als sie ihren<br />

Frust artikulierte. Freunde<br />

berichteten von ähnlichen<br />

Sorgen. Eine Freundin war es<br />

auch, die ihr Kleene und Berkmann<br />

vorstellte, die ebenfalls<br />

suchten. Sie beschlossen, ihre<br />

Erfahrungen zu bündeln und<br />

anderen zu helfen.<br />

whylab bietet verschiedene<br />

Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Wer etwa<br />

für 390 Euro einen Kurs<br />

bucht, trifft sich sechsmal<br />

wöchentlich mit fünf anderen<br />

Teilnehmern zur Videosession.<br />

Mit Tools der Positiven Psychologie,<br />

im gegenseitigen<br />

Austausch und angeleitet von<br />

einem Coach, ermitteln sie<br />

ihre Werte und Stärken und<br />

formulieren ihr persönliches<br />

„Purpose-Statement“.<br />

„Viele sehen sich danach<br />

mit neuen Augen“, sagt Reitz.<br />

Einer jungen Frau wurde klar,<br />

dass sie Menschen verbinden<br />

möchte – und sie bekam mit<br />

dem neu gewonnenen Selbstbewusstsein<br />

eine Zusage für<br />

einen Job als Pädagogin. Das<br />

klingt dann doch weniger anmaßend<br />

als, nun ja, sinnvoll.<br />

why-lab.com<br />

Grenzenlos verbunden:<br />

Alle whylab-Trainings finden<br />

per Videocall statt.<br />

Früher<br />

berieten sie<br />

Firmen, heute<br />

helfen sie<br />

Menschen<br />

(v. li.): Nikola<br />

Berkmann,<br />

Luca Lea<br />

Kleene, Sarah<br />

Reitz<br />

INNOVATOR 17


BULLEVARD <br />

STAMMBAUM<br />

57 Jahre, sechs Generationen:<br />

Mit dem Mach-E erfindet sich<br />

die traditionsreiche Mustang-<br />

Reihe völlig neu.<br />

1964 Die erste Generation wird<br />

vorgestellt und begründet die neue<br />

Coupé-Kategorie der „Pony Cars“.<br />

E-MOBILITÄT<br />

SAUBERER<br />

MUSKEL-<br />

PROTZ<br />

Wie Murat Güler, Pkw-Chefdesigner<br />

von Ford Europa, die<br />

DNA der Benzin-Ikone Mustang<br />

in die Zukunft übersetzte, um mit<br />

dem elektrisch angetriebenen<br />

Nachfolger Mach-E Kohlenstoffdioxid<br />

zu bekämpfen.<br />

gehen. Wie stellt man sicher, dass<br />

die Mustang-DNA unter völlig anderen<br />

Vorzeichen – länger, höher,<br />

moderner, elektrisch – immer<br />

noch erkennbar bleibt?<br />

„Der Anfang war tatsächlich<br />

nicht ganz einfach“, erinnert sich<br />

Murat Güler. „Im ersten Schritt<br />

haben wir die wichtigsten Grundcharakteristika<br />

des Mustangs<br />

herausgearbeitet: den Übergang<br />

einer langen Motorhaube in die<br />

A-Säule mit ihrer Windschutzscheibe,<br />

was dem Auto etwas<br />

Skulpturales gibt. Dann die Front<br />

mit aggressivem Blick und einem<br />

Kühlergrill, der hier nur noch angedeutet<br />

ist, weil man ihn technisch<br />

wegen des E-Antriebs nicht<br />

mehr braucht. Ganz wichtig im<br />

Seitenprofil ist die coupéartige<br />

Linie mit dem Hüftschwung über<br />

dem Hinterrad, den schon die<br />

ersten Mustang-Generationen<br />

hatten. Schließlich das Heck mit<br />

den charakteristischen drei vertikalen<br />

Leuchten, die wir modern<br />

interpretiert haben.“<br />

1973 Generation 2 folgt konsequent<br />

demselben Prinzip: kompakte Karosserie,<br />

großer Motor mit bis zu 320 PS.<br />

1979 Typisch für den Downsizing-<br />

Trend ihrer Zeit, setzt Generation 3<br />

auf gerade Linien und kleine Motoren.<br />

Die erste Assoziation mit<br />

„Ford Mustang“ ist bei den<br />

meisten Menschen „Bullitt“,<br />

jener legendäre Film mit Steve<br />

McQueen in der Hauptrolle, der<br />

sich vor allem wegen der atemberaubenden<br />

Verfolgungsjagd<br />

durch San Francisco ins kollektive<br />

Gedächtnis eingeprägt hat.<br />

Bei Murat Güler war das nicht<br />

anders, als ihn, den Pkw-Chefdesigner<br />

von Ford Europa, die<br />

Aufgabe ereilte, im Team mit US-<br />

Kollegen den Mustang Mach-E zu<br />

gestalten. Herausforderung: Statt<br />

eines Muscle-Cars mit V8-Motor<br />

sollte es um ein Elektro-Crossover<br />

WELTWEIT ERKENNBAR<br />

Generell sei es wichtig, meint er,<br />

nicht bloß zu kopieren oder zu<br />

übernehmen, sondern entscheidende<br />

Design-Elemente sanft zu<br />

modulieren, um sie in die Gegenwart<br />

zu überführen. Einflüsse der<br />

ersten Generation – der selbstbewusste,<br />

niedrige Auftritt – seien<br />

in den Mach-E genauso eingeflossen<br />

wie der letzten, natürlich<br />

immer unter Rücksichtnahme<br />

auf den technischen Nutzen. Man<br />

habe sich erst gar nicht mit Retro-<br />

Design aufgehalten, sondern,<br />

ausgehend von der Ikone, immer<br />

nach vorn in die Zukunft gedacht:<br />

„Uns war wichtig, dass der<br />

1994 Zum 30. Geburtstag folgt die<br />

wieder kräftigere vierte Generation –<br />

etwa mit 5-Liter-V8-Motor.<br />

FORD WERNER JESSNER JOHANNES LANG<br />

18 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

„GUTES DESIGN<br />

FUNKTIONIERT AUS<br />

SICH HERAUS, MAN<br />

MUSS ES NICHT<br />

ERKLÄREN.“<br />

2021<br />

Der Mustang Mach-E ist<br />

der erste Elektriker mit<br />

dem legendären Namen.<br />

2014 Ausgewachsenes Rennpferd:<br />

Generation 6 leistet in der Top-<br />

Version bis zu 771 PS.<br />

2004 Der fünften Generation sieht<br />

man die Gene des Ur-Mustangs dank<br />

Retro-Design wieder deutlich an.<br />

MURAT<br />

GÜLER<br />

PKW-CHEF-<br />

DESIGNER VON<br />

FORD EUROPA<br />

1971 geboren,<br />

studierte er in<br />

der Schweiz.<br />

Güler begann<br />

seine Karriere<br />

bei VW, ging danach<br />

zu Mercedes<br />

und arbeitet seit<br />

2009 bei Ford.<br />

Mach-E ein modernes Statement<br />

abgibt, kein rückwärts<br />

gewandtes.“ Dazu bringt<br />

Güler zwei Beispiele: „Das<br />

saubere Design der Front mit<br />

ihrem geschlossenen Kühlergrill<br />

und das Heck, das gerade<br />

bei E-Autos mit seiner Aerodynamik<br />

für die Reichweite<br />

eine große Rolle spielt.“<br />

Dass er und sein Team<br />

als ersten rein elektrisch entwickelten<br />

Ford grade einen<br />

Mustang entwerfen durften,<br />

empfindet Murat Güler als<br />

Glücksfall: „Es gibt jede Menge<br />

Firmen da draußen, die einen<br />

Tsunami an Elektroautos mit<br />

fancy Design-Features auf den<br />

Markt bringen. Wir als Ford<br />

Motor Company sind in der<br />

glücklichen Lage, eine Ikone<br />

im Haus zu haben, deren<br />

‚Sprache‘ sich gut auf den<br />

Elektroantrieb umsetzen<br />

ließ.“ Und zwar so, dass es<br />

auf der ganzen Welt funktioniert:<br />

„Egal ob man den Mustang<br />

Mach-E in Norwegen, in<br />

Los Angeles oder in Shanghai<br />

auf die Straße stellt – das<br />

Ding passt überall hin, und<br />

jeder weiß, worum es geht.<br />

Gutes Design funktioniert aus<br />

sich heraus. Man muss es<br />

nicht erklären.“<br />

Optik ist freilich nur das<br />

eine. Was aussieht wie ein<br />

Mustang, muss auch fahren<br />

wie einer. Schon die Basisversion<br />

ist mit 269 PS ausgesprochen<br />

gut aufgestellt.<br />

In seiner stärksten Variante<br />

(487 PS) beschleunigt der<br />

Mach-E in 3,5 Sekunden aus<br />

dem Stand auf 100 km/h –<br />

etwas, was sein berühmter<br />

Urahn aus „Bullitt“ niemals<br />

geschafft hätte. Die berühmteste<br />

Auto-Verfolgungsjagd<br />

der Filmgeschichte hat er<br />

trotzdem gewonnen.<br />

ford.de<br />

INNOVATOR 19


BULLEVARD <br />

Die OroraTech-<br />

Satelliten sind mit<br />

Infrarot sensoren<br />

versehen –<br />

zum Erkennen<br />

extrem hoher<br />

Temperaturen.<br />

Rechts: Satelliten-<br />

Live-Bild mit<br />

aufgespürten<br />

Bränden (rot) und<br />

zum Teil starker<br />

Rauchentwicklung.<br />

SATELLITEN-TECHNIK<br />

BRAND<br />

IN SICHT<br />

Ein Münchner Start-up<br />

ent wickelt kleine Satelliten,<br />

mit deren Hilfe Wald- und<br />

Buschbrände vom Weltall<br />

aus früh zeitig erkannt und<br />

bekämpft werden können.<br />

Meldungen über verheerende<br />

Waldbrände<br />

zählen seit einigen Jahren<br />

leider zum Standardrepertoire<br />

internationaler Nachrichtensendungen.<br />

Ob in Australien,<br />

Brasilien, Kalifornien oder<br />

auch in Europa: Es brennt an<br />

allen Ecken und Enden. Diese<br />

Feuer sind nicht nur eine<br />

unmittelbare Gefahr für Tier,<br />

Mensch und deren Lebensräume,<br />

sondern auch eine<br />

enorme Belastung für das<br />

globale Ökosystem. Flächenbrände<br />

setzen jährlich rund<br />

acht Milliarden Tonnen CO ²<br />

frei. Das ist mehr als der<br />

weltweite Ausstoß durch<br />

den Straßenverkehr.<br />

EHRGEIZIGE MISSION<br />

OroraTech ist ein bayerisches<br />

Start-up, das 2018 von vier<br />

ehemaligen Studenten der<br />

Technischen Universität München<br />

gegründet wurde. Das<br />

Team hat eine ambitionierte<br />

Mission: die zerstörerische<br />

Gewalt von Busch- und Waldbränden<br />

zu zähmen. Mithilfe<br />

von Satellitentechnik und<br />

einem ausgeklügelten Algorithmus<br />

gelingt es den Entwicklern,<br />

aktuelle Brandherde<br />

in den entlegensten Winkeln<br />

des Planeten frühzeitig zu erkennen.<br />

So kann verhindert<br />

werden, dass die Feuer außer<br />

Kontrolle geraten. Die Beobachtung<br />

aus dem Weltall spart<br />

wertvolle Zeit.<br />

EINEM AUSGEKLÜGELTEN<br />

ALGORITHMUS GELINGT<br />

ES, BRANDHERDE SELBST<br />

IN DEN ENTLEGENSTEN<br />

WINKELN DER ERDE FRÜH-<br />

ZEITIG AUFZUSPÜREN.<br />

20 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

ZUKUNFTSPLANUNG<br />

Das System ist schon heute<br />

erfolgreich im Einsatz: Staatliche<br />

Stellen, Versicherungsgesellschaften<br />

und große<br />

Forstbetriebe in mehreren<br />

Ländern nutzen es bereits.<br />

Derzeit greift der Algo rithmus<br />

auf Daten von 14 bestehenden<br />

Satelliten zurück.<br />

In Zukunft möchte das Startup<br />

eigene Nanosatelliten<br />

mit einer speziellen Thermal-<br />

Infrarot kamera bauen, um<br />

noch bessere Ergebnisse<br />

liefern zu können.<br />

SATELLITENNETZ 2026<br />

Vor kurzem hat das junge<br />

Unternehmen in seiner Series-<br />

A-Finanzierungsrunde 5,8 Millionen<br />

Euro eingesammelt.<br />

Mit dem Geld kann der erste<br />

selbst gebaute Kleinsatellit<br />

noch dieses Jahr ins All geschossen<br />

werden. Bis 2026<br />

soll dann ein ganzes Netz aus<br />

mehr als 100 Orora-Satelliten<br />

um die Erde kreisen, um<br />

globale Brandherde so zielsicher<br />

und zeitnah wie<br />

möglich zu melden.<br />

ororatech.com<br />

GÜNTER KRALICEK JOHANNES LANG<br />

THOMAS<br />

GRÜBLER<br />

CEO U N D<br />

CO-FOUNDER<br />

ORORATECH<br />

Der 29-Jährige<br />

gründete Orora-<br />

Tech gemeinsam<br />

mit Rupert<br />

Amann, Florian<br />

Mauracher und<br />

Björn Stoffers.<br />

2019 wurde<br />

das Team in die<br />

„Forbes DACH“-<br />

„30 Under 30“-<br />

Liste gewählt.<br />

INNOVATOR 21


BULLEVARD <br />

GRÜNES DESIGN<br />

GUTER STOFF<br />

Stylisch, stabil, komplett recycelbar:<br />

Zwei Bayern bauen Möbel aus einem<br />

selbst entwickelten Material, das umweltschäd<br />

lichen Kunststoff ersetzen kann.<br />

Manchmal liegt der<br />

Schlüssel zu einer<br />

großen Erfindung direkt vor<br />

dir – es fehlt nur der Geistesblitz,<br />

um ihn zu erkennen.<br />

Ferdinand Kraemer weiß das.<br />

Mit seinem WG-Mitbewohner<br />

Franziskus Wozniak träumte<br />

der Produktdesign-Student<br />

in München nicht etwa davon,<br />

Kopfhörer zu gestalten,<br />

sondern die beiden wollten<br />

ein Material erfinden, das die<br />

Umwelt möglichst wenig Ressourcen<br />

kostet.<br />

Zur selben Zeit arbeitete<br />

Kraemer im Studium beinahe<br />

täglich mit aus Holzresten<br />

gefertigten Pressspanplatten.<br />

Jahrelang beachtete<br />

er den Werkstoff nicht weiter,<br />

bis ihm plötzlich dieser<br />

Gedanke kam: Warum spielt<br />

dieses umweltschonende<br />

und bereits massenhaft eingesetzte<br />

Material im Design<br />

eigentlich immer nur eine<br />

Nebenrolle? Es war der geistige<br />

Startschuss zu WYE<br />

Design, einem Start-up, das<br />

2021 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis<br />

und den German<br />

Design Award gewann.<br />

Prämiert wurden die farbenfrohen,<br />

schlanken Tische und<br />

Hocker, gefertigt aus dem<br />

Stoff Neolign. Diesen lassen<br />

Kraemer und Wozniak – nach<br />

Vorbild der Pressspanplatte –<br />

aus Nebenproprodukten der<br />

Holzindustrie, Polymeren<br />

und Farbpigmenten fertigen.<br />

Ergebnis: ein outdoor fähiges,<br />

reparierfreundliches, komplett<br />

wiederverwertbares<br />

Material, das alle Vorteile von<br />

Kunststoff mit der warmen<br />

Oberfläche von Holz vereint.<br />

BALD AUF HOHER SEE?<br />

„Noch schrauben wir die Möbel<br />

zusammen, bald können<br />

DAVID MAYER JOHANNES LANG<br />

22 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

Design von Dauer:<br />

Dank ihrer schmalen<br />

Silhouetten haben<br />

die Möbel einen<br />

hohen Wiedererkennungswert.<br />

Die<br />

Preise starten bei<br />

169 Euro für einen<br />

Hocker, der Tisch<br />

kostet 899 Euro.<br />

FERDINAND<br />

KRAEMER, 34<br />

GRÜ N D ER &<br />

HEAD OF DESIGN<br />

FR ANZISKUS<br />

WOZNIAK, 33<br />

GRÜNDER & CEO<br />

Gespann mit Geschichte:<br />

Schon<br />

in ihrer Kindheit<br />

in Neuburg an der<br />

Donau nahe Ingolstadt<br />

verbrachten<br />

die Schulfreunde<br />

jeden Nachmittag<br />

miteinander. Heute<br />

leiten sie WYE<br />

Design: Wozniak<br />

verantwortet<br />

das Business,<br />

Kraemer die<br />

Formgebung.<br />

wir sie per Spritzguss oder<br />

3D-Druck in einem Stück<br />

herstellen“, sagt Designer<br />

Kraemer. Als Nächstes entwirft<br />

er neben Schneidebrettern<br />

ganze Küchen. Grundsätzlich<br />

kommt Neolign überall<br />

dort in Frage, wo bislang<br />

Kunststoff im Einsatz ist.<br />

Kürzlich signalisierte etwa<br />

ein Hersteller von Luxus-<br />

Yachten erstes Interesse.<br />

wye-design.com<br />

Mehr Struktur:<br />

Auf den ersten<br />

Blick erscheint<br />

Neolign künstlich,<br />

doch wer darüberstreicht,<br />

spürt<br />

am Profil das enthaltene<br />

Holz. Dieses<br />

stammt von<br />

Nebenprodukten<br />

der Industrie.<br />

INNOVATOR 23


BULLEVARD <br />

MOBILITÄT<br />

BASIC<br />

INSTINCT<br />

Mit dem Projekt XBUS hat das deutsche<br />

Unternehmen Electric Brands die Grundlinie<br />

des Autos neu vermessen. Herausgekommen<br />

ist ein lustiges, extrem<br />

wandlungsfähiges Gefährt mit 20 PS.<br />

Tolle Kiste: Der 3,65 Meter<br />

lange XBUS hat den gleichen<br />

Spirit wie einst der Citroën<br />

2CV, die legendäre „Ente“.<br />

ELECTRICBRANDS.DE ANDREAS WOLLINGER JOHANNES LANG<br />

24 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

Die individuelle Mobilität<br />

verändert sich aus<br />

gegebenem Anlass gerade<br />

massiv, da sind frische Ideen<br />

gefragt. Die großen Player<br />

der Autobranche tun sich mit<br />

radikalen Ansätzen schwer.<br />

Zu lang waren ihre Rezepte<br />

erfolgreich, und gewachsene<br />

Strukturen widersetzen sich<br />

revolutionären Bestrebungen<br />

für gewöhnlich heftig.<br />

DIE GRETCHENFRAGE<br />

Das erst 2017 in Münster gegründete<br />

Unternehmen Electric<br />

Brands hingegen hatte<br />

überhaupt kein Problem damit,<br />

das Auto zu hinterfragen.<br />

Wichtigster Zugang war<br />

die Frage: Was brauchen wir<br />

eigentlich wirklich, um unser<br />

Mobilitäts bedürfnis zu befriedigen?<br />

LEICHT & SPARSAM<br />

Mittlerweile hat das, was bei<br />

diesen Überlegungen herausgekommen<br />

ist, Gestalt angenommen:<br />

Der XBUS, der<br />

nach dem „Lego-Prinzip“ entwickelt<br />

worden ist, sieht aus<br />

wie eine Zeichentrick-Version<br />

des alten VW-Busses, hat aber<br />

das Zeug dazu, unser Weltbild<br />

in Sachen Auto nachhaltig<br />

zu verändern: Das ab<br />

Dezember dieses Jahres in<br />

Serienproduktion gehende<br />

Gefährt ist extrem leicht (Gewicht<br />

der Basisversion ohne<br />

Batterien: 450 Kilo) und hat<br />

Solar zellen auf dem Dach,<br />

die Strom für eine zusätzliche<br />

Reichweite von bis<br />

zu 200 Kilometern pro Tag<br />

erzeugen. Der Energieverbrauch<br />

liegt ungefähr bei<br />

einem Drittel von dem eines<br />

konventionellen Elektroautos,<br />

die Reichweite eher darüber:<br />

bis zu 800 Kilometer.<br />

DIE SOLARZELLEN<br />

ERZEUGEN PRO TAG<br />

200 KILOMETER<br />

REICHWEITE.<br />

MODUL-SYSTEM<br />

Dazu kommt noch seine<br />

Wandlungsfähigkeit – ein<br />

smartes Modul-System, das<br />

die verschiedensten Einsatzzwecke<br />

zulässt: vom Bus über<br />

einen Transporter (Zuladung:<br />

eine Tonne) und einen Pickup<br />

bis hin zum luxuriös ausgestatteten<br />

Campingbus. Die<br />

Preise sind moderat: zwischen<br />

15.800 und 26.800 Euro.<br />

TOP-SPEED: 100 KM/H<br />

Gewöhnungsbedürftig ist,<br />

dass der Antrieb nur 20 PS<br />

leistet; genug, um 100 km/h<br />

Höchst geschwindigkeit<br />

zu erreichen. Aber ehrlich:<br />

Braucht man an der mobilen<br />

Basis wirklich mehr?<br />

electricbrands.de<br />

INNOVATOR 25


BULLEVARD <br />

HIGHTECH-KLEIDUNG<br />

FULL<br />

METAL<br />

JACKET<br />

Das britische Designerlabel<br />

Vollebak kreiert Survival-<br />

Bekleidung für die Zukunft,<br />

darunter auch eine Jacke,<br />

die vor Viren und Bakterien<br />

schützen soll.<br />

Die englischen Zwillingsbrüder<br />

Nick und Steve<br />

Tidball (Jahrgang 1979) sind<br />

Designer, Extremsportler und<br />

Marketingprofis. Das merkt<br />

man gleich, wenn man sich<br />

durch die Homepage ihres<br />

Labels Vollebak klickt. Hier<br />

wird nicht gekleckert, hier<br />

wird geklotzt. Für Sätze ohne<br />

Superlative haben die Tidball-<br />

Twins wenig übrig. Wohin die<br />

Reise geht, macht bereits das<br />

Intro deutlich: „In jeder Branche<br />

baut jemand die Zukunft,<br />

sei es Technologie, Architektur,<br />

Lebensmittel, Autos oder<br />

Weltraumraketen. In der Kleidung<br />

sind wir es.“ Falsche Bescheidenheit<br />

kann man den<br />

beiden also nicht vorwerfen.<br />

Dazu passt auch der Name:<br />

Vollebak ist flämisch und bedeutet<br />

„Vollgas“. Gegründet<br />

wurde das Label 2015 als<br />

„experimentellste Adventure-<br />

Marke der Welt“ – wobei<br />

„Welt“ durchaus vollumfänglich<br />

gemeint ist. Die Survival-<br />

Wear von Vollebak soll die<br />

Menschheit nicht nur sicher<br />

durch die „nächste Eiszeit,<br />

vulkanische Winter und Mega-<br />

Dürren“ führen, sondern sich<br />

auch hervorragend für die<br />

ersten Missionen zum Mars<br />

eignen. Das Sortiment reicht<br />

von Jacken und Hosen bis hin<br />

zu Hemden und Hoodies. Die<br />

Kleinserien- Kollektion wechselt<br />

schnell, das innovative<br />

Konzept dahinter ist aber stets<br />

das gleiche: Verwendet werden<br />

ausschließlich Hightech-<br />

Materialien, die bisher so<br />

noch nie verarbeitet wurden.<br />

TERMINATOR-OUTFIT<br />

Das „Indestructible Jacket“<br />

(575 Euro) etwa besteht aus<br />

100 Prozent Dyneema, einer<br />

Polyethylen-Faser mit ultrahoher<br />

Molekülmasse, die<br />

gemeinhin für antiballistische<br />

Panzerungen oder Verstauungssysteme<br />

für Containerschiffe<br />

verwendet wird. Das<br />

vierlagige „50.000 BC Jacket“<br />

(1145 Euro) wiederum ist<br />

als mobile Höhle konzipiert,<br />

die jedem Steinzeitler ein<br />

verzücktes „Uahhrg!“ entlockt<br />

hätte, und die „100 Year“-<br />

Serie richtet sich an Kunden,<br />

die ihr modisches Erscheinungsbild<br />

eher längerfristig<br />

Die „Full Metal Jacket“ besteht zu 65 Prozent<br />

aus Kupfer. Das Metall gibt Ionen an die Oberfläche<br />

der Jacke ab. Und diese hindern Viren,<br />

Bakterien oder Pilze am Überleben.<br />

Ein mikroskopischer Blick ins Innere der<br />

Jacke: Insgesamt elf Kilometer Kupferfaden<br />

durchziehen das High-End-Kleidungsstück.<br />

anlegen – sie soll nämlich<br />

100 Jahre halten. Absolutes<br />

Highlight ist jedoch das „Full<br />

Metal Jacket“ (995 Euro),<br />

in dem elf Kilometer Kupferfaden<br />

verarbeitet sind: Kupferionen<br />

wirken auf Krankheitserreger<br />

– Bakterien, Viren<br />

oder Pilze – abtötend. Gar<br />

kein schlechtes Verkaufsargument<br />

in aktuellen Zeiten.<br />

Nebenbei ist die Jacke hochgradig<br />

wasser- und winddicht<br />

als auch atmungsaktiv. Wermutstropfen:<br />

Die Kollektion<br />

bedient derzeit nur Herren,<br />

aber laut Vollebak wird schon<br />

an einer Damen-Linie gearbeitet.<br />

Ergibt Sinn – denn<br />

das Überleben der Menschheit<br />

hängt nicht so sehr davon<br />

ab, welche Kleidung Mann<br />

und Frau anziehen, sondern<br />

mehr davon, was passiert,<br />

wenn sie diese ablegen.<br />

Onlineshop: vollebak.com<br />

VOLLEBAK JAKOB HÜBNER JOHANNES LANG<br />

26 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

„WIR NUTZEN<br />

WISSENSCHAFT UND<br />

TECHNOLOGIE,<br />

UM DIE ZUKUNFT<br />

DER KLEIDUNG<br />

VORWEGZUNEHMEN.“<br />

Ein Roboter-Model<br />

mit der „Full Metal<br />

Jacket“ – als Sinnbild<br />

für die Zukunft: Laut<br />

Vollebak soll dieses<br />

Kleidungsstück bald<br />

schon Marsreisende<br />

vor außerirdischen<br />

Mikroben schützen.<br />

INNOVATOR 27


AUF DEM SPRUNG IN<br />

DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT?<br />

Wie Sie alle<br />

Hürden meistern:<br />

www.wingfinder.com<br />

F R E E A S S E S S M E N T


BIOHACKING SPECIAL<br />

NIMM DEIN<br />

LEBEN<br />

SELBST IN<br />

DIE HAND<br />

Mach es schöner. Mach es länger.<br />

Mach es intensiver.<br />

Mach es spannender. Mach es lebenswerter.<br />

INNOVATOR 29


BIOHACKING SPECIAL<br />

... UND VERBESSERE<br />

DADURCH DIE WELT.<br />

DENN DARUM<br />

GEHT ES.<br />

Text Stefan Wagner<br />

ANDREAS BREITFELD<br />

ist das Mastermind hinter diesem<br />

Biohacking-Special und eine<br />

prägende Persönlichkeit der<br />

inter nationalen Szene. In seinem<br />

spektakulären Münchner Biohacking-Lab<br />

– der einzigen derartigen<br />

Ein richtung in Europa –<br />

stehen alle wesentlichen Tools,<br />

Technologien und Gadgets auch<br />

für Besucher zur Verfügung.<br />

breitfeld-biohacking.com,<br />

Instagram: breitfeld_biohacking<br />

Die folgenden Seiten haben sich einiges vorgenommen.<br />

Sie wollen die Welt verbessern, und zwar über einen<br />

kleinen Umweg, nämlich über den Umweg Ihres Lebens.<br />

Die folgenden Seiten folgen der Absicht, Ihre Entzündungswerte<br />

zu senken, Ihren Schlaf zu Ihrem besten<br />

Freund zu machen, Sie ins Eisbad zu locken, Ihnen<br />

zu zeigen, wie Sie Ihren Dopaminhaushalt in den Griff<br />

kriegen, Sie kreativer zu machen und intelligenter.<br />

Kurz gesagt: Die folgenden Seiten wollen Ihnen<br />

den Begriff „Biohacking“ nahebringen.<br />

30 INNOVATOR


„Biohacking“ ist ein relativ neues Wort. Sein Erfinder ist der<br />

Amerikaner Dave Asprey. Asprey ist IT-Genie (er betrieb die<br />

ersten Server für ein unbekanntes Start-up, das sich Google<br />

nannte), er verdiente Millionen Dollar, verlor sie wieder, wurde<br />

sehr fett und ziemlich krank. Dann hatte er die Idee, an seinen<br />

Organismus wie an ein Computersystem heranzugehen: Er begann<br />

experimentell zu erforschen, welche Interventio nen – im<br />

IT-Fachjargon „Hacks“ – welche Auswirkungen auf das gesamte<br />

System haben. Aber eben kein digitales System, sondern ein<br />

biologisches.<br />

Daher also Biohacking.<br />

Das alles funktionierte ziemlich gut. Heute ist Asprey der<br />

berühmteste Biohacker der Welt (ziemlich auf Augenhöhe<br />

mit Ben Greenfield, wir verweisen bei der Gelegenheit gleich<br />

auf Seite 32), Asprey ist reich und schlank und gesund und<br />

verfolgt sehr öffentlich den Plan, sein Leben nicht vor seinem<br />

180. Geburtstag zu beenden, also nicht vor dem Jahr 2153.<br />

Im Deutschen verwenden wir für „Biohacking“ ein sehr dummes<br />

Wort. Es lautet „Selbst optimierung“ und kapiert nicht im Allergeringsten,<br />

worum es geht.<br />

Denn es geht darum, zu erkennen, dass unsere eigene Lebensenergie,<br />

unsere Gesundheit und Vitalität die wirksamsten<br />

Hebel sind, die Welt zu verbessern. Ein gesunder Chirurg setzt<br />

seine Schnitte präziser als ein kranker. Eine entspannte Mutter<br />

erzieht liebevoller, eine energiegeladene Vorstandsvorsitzende<br />

trifft klügere Entscheidungen, ein lebensfroher Priester predigt<br />

überzeugender, ein konzen trierter Liebhaber liebt einfühlsamer<br />

und ausdauernder.<br />

Es liegt sehr wesentlich an uns selbst, wie entspannt, energiegeladen,<br />

lebensfroh und konzen triert wir durchs Leben gehen.<br />

Wir haben auf all das direkten Zugriff.<br />

Unser eigenes körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden<br />

bildet die Grundlage unserer Lebensenergie. Unsere<br />

Lebensenergie ist Voraussetzung dafür, dass wir unser eigenes<br />

Leben und das unserer Nächsten und Übernächsten so gestalten<br />

und so beeinflussen, dass es ein gutes wird, ein erfülltes,<br />

ein glückliches.<br />

Und wenn unser Leben und alles drumherum so gut geworden<br />

sind, dass wir das alles gerne länger genießen würden, dann<br />

kümmern wir uns natürlich auch darum, dass wir eben ein paar<br />

Jahre länger auf diesem Planeten bleiben, es müssen ja nicht<br />

gleich 180 sein.<br />

Das ist der Anspruch.<br />

Darum geht’s beim Biohacking.<br />

UNSER EIGENES KÖRPERLICHES,<br />

GEISTIGES UND SEELISCHES<br />

WOHLBEFINDEN BILDET<br />

DIE GRUNDLAGE<br />

UNSERER LEBENSENERGIE.<br />

Deswegen versuchen wir Biohacker,<br />

unseren Stress in den Griff<br />

zu kriegen, wir atmen und meditieren,<br />

wir machen Krafttraining<br />

und trinken gefiltertes Wasser,<br />

wir duschen kalt, wir nehmen<br />

Magnesium und Melatonin, wir<br />

fasten, wir baden im Wald.<br />

Wir trainieren damit unsere<br />

Mitochondrien. Das sind jene<br />

fernen Nachfahren von Bakterien,<br />

die im Inneren jeder einzelnen<br />

unserer Zellen wohnen und dort<br />

durch ihren Bakterien-Stoffwechsel<br />

jene Energie erzeugen,<br />

von der wir gar nicht genug<br />

kriegen können: ATP, Adenosintriphosphat,<br />

den Treibstoff des<br />

Lebens, ein wenig vereinfacht<br />

gesagt: Bakterienkacke.<br />

Auf den kommenden Seiten<br />

möchten wir Ihnen gerne Lust<br />

machen, Ihr Leben selbst in die<br />

Hand zu nehmen. Wir möchten<br />

Sie gerne anstiften, die Verantwortung<br />

für Ihre Gesundheit<br />

zu nehmen, die Verantwortung<br />

für Ihre Lebensenergie, für Ihre<br />

Lebensfreude, für Ihre Leistungsfähigkeit<br />

im Job und im Sport.<br />

Wir möchten gerne, dass Sie liebevoller,<br />

zugewandter, energischer,<br />

geduldiger, beharrlicher, aufrichtiger,<br />

zuversichtlicher durchs<br />

Leben gehen.<br />

Es ist gar nicht so schwer,<br />

Sie werden sehen.<br />

Wenn ich da jetzt von „wir“<br />

gesprochen habe, meine ich<br />

Andreas Breitfeld und mich,<br />

mein Name ist Stefan Wagner.<br />

Wir sind stolz, dass wir die kommenden<br />

Seiten gemeinsam für<br />

Sie entwickeln durften. Andreas<br />

ist professioneller Biohacker,<br />

und zwar nicht irgendeiner: Er ist<br />

unter den Biohackern ungefähr<br />

das, was Rafael Nadal unter den<br />

Tennisspielern ist. (Ich bin unter<br />

den Biohackern ungefähr das,<br />

was ich unter den Tennisspielern<br />

bin, aber darauf wollen wir jetzt<br />

nicht näher eingehen.)<br />

Viel Vergnügen mit den<br />

kommenden Seiten und damit,<br />

was Sie draus machen.<br />

INNOVATOR 31


BIOHACKING SPECIAL<br />

LEBT<br />

DIESER<br />

MANN<br />

DAS<br />

PERFEKTE<br />

LEBEN?<br />

Dieser Mann ist Ben Greenfield,<br />

der aktuell wahrscheinlich<br />

fitteste und gesündeste<br />

Mann und ziemlich sicher<br />

der einflussreichste Biohacker<br />

auf diesem Planeten.<br />

Er kommt einer – je nach<br />

Perspektive beängstigenden<br />

oder begeisternden – Idee von<br />

Perfektion der Lebensführung<br />

ziemlich nahe.<br />

Ein Gespräch über Gentests<br />

und Kälte, über das Verspeisen<br />

von Bandwürmern, über den<br />

Menschen als Maschine, übers<br />

Barfußlaufen, selbstsüchtigen<br />

Bullshit, über Gott (buchstäblich)<br />

und die Welt (ebenfalls<br />

buch stäblich) und warum es<br />

eine gute Idee ist, E-Mails erst<br />

nachmittags zu beantworten.<br />

Text Andreas Breitfeld, Stefan Wagner<br />

Fotos Joe Pugliese<br />

JOE PUGLIESE/AUGUST<br />

32 INNOVATOR


MACH’S DIR<br />

UNBEQUEM!<br />

Hitze und Kälte: „Es<br />

bringt deiner Langlebigkeit<br />

einen Riesenvorteil,<br />

wenn du regelmäßig<br />

deine Temperatur-<br />

Komfortzone verlässt.<br />

Hitze und Kälte machen<br />

deine Zellen widerstandsfähiger<br />

gegen<br />

Stress – sie sind<br />

Workouts für deine<br />

Zell gesundheit.“<br />

INNOVATOR 33


34 <br />

Ben Greenfield lebt auf einer Farm<br />

mitten im Wald in Spokane im<br />

Bundesstaat Washington, eigenes<br />

Eisbecken, eigenes Gym. Seine<br />

13-jährigen Zwillingsbuben unterrichtet<br />

er gemeinsam mit seiner<br />

Frau zu Hause, und nicht nur in<br />

den üblichen Fächern: Die Buben<br />

veröffentlichen einen Podcast<br />

und jagen mit ihrem Vater im<br />

Wald mit Speeren sowie Pfeil und<br />

Bogen, danach wird das erlegte<br />

Wild zubereitet. Ben Greenfield<br />

liest ein Buch und veröffentlicht<br />

zwei Podcasts pro Woche, er hält<br />

Vorträge in der ganzen Welt (Dollar-Honorar:<br />

komfortabel fünfstellig),<br />

hat mit „Kion“ eine Supplement-Company<br />

aufgebaut, mit<br />

„Boundless“ das aktuell gültige<br />

Standardwerk zum Thema Biohacking<br />

verfasst. Außerdem ist<br />

sein Sexleben erstklassig (er hat<br />

den Hacks eigene Podcast-Folgen<br />

gewidmet), und er hat das große<br />

Glück, ernsthaft gottgläubig zu<br />

sein. Er steht üblicherweise gegen<br />

vier Uhr morgens auf, seine<br />

Arbeitstage beginnen aber nicht<br />

vor zehn Uhr, denn davor lernt,<br />

liest und schreibt er, erledigt<br />

Workouts, Meditationen und<br />

kümmert sich um die Familie,<br />

außer INNOVATOR by The <strong>Red</strong><br />

<strong>Bulletin</strong> fragt um einen Interviewtermin<br />

an, dann lässt sich da<br />

ausnahmsweise auch vor zehn<br />

was machen. Wir wissen das zu<br />

schätzen.<br />

Das Interview führten Andreas<br />

Breitfeld und Stefan Wagner.<br />

Die beiden neigen ein wenig zum<br />

Atheismus. Breitfeld trägt sich<br />

seit dem Gespräch mit Greenfield<br />

aber ernsthaft mit dem Gedanken,<br />

eine Bibel anzuschaffen.<br />

„ MACH EINEN GENTEST,<br />

MANN! DER AUFWAND IST<br />

LÄCHERLICH GERING IM<br />

VERGLEICH ZUM WISSEN,<br />

DAS DU BEKOMMST.“<br />

the red bulletin inno vator: Ben, Headline<br />

dieses Artikels ist „Lebt dieser Mann das perfekte<br />

Leben?“. Tut er das?<br />

ben greenfield: Körperliche, geistige, spirituelle<br />

Perfektion? Nein. „Strebt dieser Mann nach<br />

dem perfekten Leben?“, stellt mir diese Frage,<br />

darauf sage ich ja. Aber lebt er es? Nein. Schafft<br />

kein Mensch. Will ich gar nicht.<br />

Wieso willst du das nicht?<br />

Es bereichert unser Leben, dass wir immer wieder<br />

verletzt sind, krank, unglücklich, unzufrieden.<br />

Dieses sisyphosartige uphill battle ist gut für uns.<br />

Es hält uns bescheiden, weil es uns klarmacht:<br />

Wir sind endlich. Stellt euch vor, wir wären alle<br />

perfekt. Gäbe es dann noch Fortschritt in Medizin,<br />

Technik, in allen Fragen der Gesundheit?<br />

Nein. Weil der Antrieb fehlen würde. Ich selbst<br />

hatte meine Themen mit dem Darm, mit dem<br />

Schlaf, und in der Beschäftigung damit habe ich<br />

viel gelernt, wie ich anderen helfen und damit<br />

letztlich auch die Welt ein kleines bisschen verbessern<br />

kann. Nein, ich lebe kein perfektes Leben,<br />

ich werde das nie tun, ich werde weiterhin<br />

jeden Tag danach streben, im Wissen, dass ich<br />

jeden Tag am Versuch scheitere.<br />

Ist das für einen professionellen Biohacker der<br />

Sinn des Lebens? Nach Perfektion streben?<br />

Jedenfalls geht es im Leben meiner Meinung<br />

nach darum, dem optimalen Level näher zu<br />

kommen, auf dem Körper, Geist und Seele funktionieren<br />

können. Dafür stehen uns unglaublich<br />

viele Möglichkeiten zur Verfügung, jahrtausendealte<br />

und hypermoderne Tools, Rotlichttherapiegeräte,<br />

hyperbare Sauerstoffkammern, Supplements,<br />

Nootropics, smart drugs, unser enormes<br />

Wissen über Ernährung, über Hyperthermie,<br />

Thermogenese. Es liegt nur an uns selbst, diese<br />

Möglichkeiten zu nützen. Und sehr, sehr viele<br />

Menschen könnten diesem optimalen Zustand<br />

sehr leicht sehr viel näher kommen.<br />

Du bist tiefgläubig. Wie verträgt sich der<br />

Glaube an eine höhere Macht mit der Grundidee<br />

des Biohacking? Biohacking heißt doch,<br />

konsequent die Verantwortung fürs eigene<br />

Leben zu übernehmen.<br />

Warum soll ich mich mit dieser Frage auseinandersetzen?<br />

Ich bin Judeo-Christ, Gott ist die<br />

Instanz der absoluten Wahrheit in meinem Leben.<br />

Dass diese Instanz nicht komplett erforscht<br />

werden kann, hab ich akzeptiert. Ich habe nicht<br />

zu 100 Prozent Einfluss auf mein Leben, werde<br />

ich nie haben, ich tue also einfach, was in meiner<br />

Hand liegt: Ich wache jeden Tag auf und suche<br />

nach Wegen, wie ich mehr Energie haben kann,<br />

wie ich meine geistige Leistungsfähigkeit verbessern,<br />

wie ich life span und health span –<br />

also wie lang mein Leben dauert und wie lang<br />

ich gesund bleibe – in ein optimales Verhältnis<br />

bringen kann. Wie ich mit den Belastungen umgehen<br />

kann, die immer mehr zunehmen, mit<br />

der Umweltverschmutzung, der unnatürlichen<br />

JOE PUGLIESE/AUGUST, GETTY IMAGES, GETTY IMAGES,<br />

@SARAHCRESSWELLPHOTO, MASSINE, GABRIEL MACHADO


BIOHACKING:<br />

DIE STARS<br />

DAVE ASPREY<br />

The Godfather of<br />

Biohacking, der den<br />

Begriff prägte und<br />

jahrelang die Szene<br />

weltweit dominierte.<br />

TIM GRAY<br />

Britischer Gesundheits-Guru.<br />

Europas<br />

Mischung aus Asprey<br />

und Greenfield.<br />

SIMONE KOCH<br />

Berliner Ärztin und<br />

wandelndes Lexikon.<br />

Was sie nicht weiß,<br />

gibt es nicht.<br />

MAX GOTZLER<br />

Früherer Leistungssportler,<br />

Münchner,<br />

das Biohacking-Gesicht<br />

in Deutschland.<br />

MELINA VICARIO<br />

Die Mindset-Expertin<br />

bringt NLP-Knowhow<br />

ins Biohacking.<br />

WORKOUT: KURZ,<br />

HART, LANGSAM<br />

Zwei Stunden Gym?<br />

„Nett. Aber unnötig. In<br />

20 oder 30 Minuten High<br />

Intensity Training oder<br />

Super Slow Training<br />

kannst du denselben<br />

Effekt erzielen. Es geht<br />

im Training wie in allen<br />

Fragen des Biohacking<br />

darum, die ‚minimal<br />

effective dose‘ herauszufinden.“<br />

XIMENA<br />

DE LA SERNA<br />

Expertin für weibliches<br />

Biohacking.<br />

Aufgewachsen in<br />

Kolumbien, lebt heute<br />

in Deutschland.<br />

INNOVATOR 35


elektromagnetischen Strahlung.<br />

Wie ich spirituell wachsen, Gott<br />

näherkommen kann. Ich wache<br />

jeden Tag auf und bin einfach nur<br />

neugierig, im Wortsinn gierig auf<br />

Neues, ich will diese Fachartikel<br />

lesen, die Bücher, die Audiobooks<br />

hören, Podcasts, ich will jeden<br />

Abend zu Bett gehen und sagen<br />

können: Ich weiß jetzt mehr über<br />

Körper, Geist und Seele als am<br />

Morgen. Und ich will das, was ich<br />

gelernt habe, nützen. Für mich,<br />

aber viel mehr für meine Familie,<br />

Freunde, für andere Menschen.<br />

Okay, in einem Satz: Was ist<br />

nun der Sinn des Lebens, in den<br />

Worten des einflussreichsten<br />

Biohackers der Welt?<br />

Gottes Schöpfung auskosten und<br />

genießen, das ist der Sinn des<br />

Lebens. Jeden Tag mit einem<br />

breiten Grinsen aufwachen, weil<br />

wir auf diesem magischen Planeten<br />

leben dürfen. Andere lieben<br />

und die goldene Regel befolgen:<br />

Behandle andere so, wie du von<br />

ihnen behandelt werden willst.<br />

Ent scheidungen so treffen, dass<br />

sie anderen nützen und nicht<br />

in erster Linie dir selbst. Herausfinden,<br />

was deine Fähigkeiten<br />

sind, und mit diesen Fähigkeiten<br />

Einfluss nehmen auf diesen Planeten,<br />

an jedem Tag, an dem du<br />

das Glück hast, hier sein zu dürfen.<br />

So sehe ich das. Von einem<br />

evolutionären Standpunkt aus<br />

betrachtet sind wir vielleicht nicht<br />

mehr als ein paar hoffnungslose<br />

Klumpen Fleisch auf einem Felsen,<br />

der durchs Weltall rast, während<br />

wir versuchen, uns an Maslows<br />

Pyramide der Bedürfnisse abzuarbeiten,<br />

essen, trinken, Sex<br />

haben, uns die soziale Leiter raufkämpfen.<br />

Damit gebe ich mich<br />

nicht zufrieden. Ich sage: Tu das,<br />

was du am besten kannst, mach<br />

damit die Welt besser. Und liebe.<br />

Grundlage von all dem ist die<br />

eigene Gesundheit. Korrekt?<br />

Uh, nein. Völlig falsch. Es geht<br />

nicht um deine Gesundheit. Es<br />

geht um die Gesundheit der anderen,<br />

die körperliche, geistige,<br />

seelische Gesundheit aller Menschen,<br />

mit denen du zu tun hast.<br />

Deine eigene Gesundheit ist dafür<br />

nur ein Tool. Du musst gesund<br />

genug sein, um für andere da sein<br />

zu können. Viele betreiben einen<br />

Kult um ihre Gesundheit, ihre<br />

Leistungsfähigkeit und Produktivität,<br />

um ihre Fitness, um toller<br />

auszusehen, noch mehr Geld zu<br />

verdienen. Das ist selbstsüchtig,<br />

selbstverliebt, egoistisch. Und<br />

wahnsinnig unbefriedigend. Es<br />

geht nicht darum, dich selbst zu<br />

optimieren. Es geht darum, dass<br />

du gut genug in Form bist, um für<br />

andere da sein zu können. Probier<br />

das mal aus, du wirst sehen, dann<br />

wird die Sache unglaublich befriedigend!<br />

Gesundheit, Fitness, Biohacking<br />

bekommen dadurch erst<br />

ihre Bedeutung, ihre Tiefe. Und<br />

sobald du das verstanden hast,<br />

setzt sich ganz automatisch ein<br />

Limit für die Zeit und den Aufwand, den du ins<br />

Biohacking investierst. Dann kommt ein Begriff<br />

wie minimal effective dose ins Spiel. Zwei Stunden<br />

Gym? Nett, aber du kannst in 20 oder 30 Minuten<br />

High Intensity Training oder Super Slow Training<br />

denselben Effekt erzielen. 30 Minuten Kälteexposition<br />

sind unnötig, wenn du zwei Minuten<br />

in Eiswasser mit null Grad sitzt. Selber Effekt,<br />

Bruchteil der Zeit, so gehe ich an Biohacking<br />

heran. Nicht wie viel Zeit ich damit verbringen<br />

kann, sondern wie wenig. Und wie viel mehr Zeit<br />

mir dadurch bleibt für meine Frau, meine Kids,<br />

für Leute, die meine Hilfe brauchen könnten.<br />

Wo ist die Grenze zwischen nötig und unnötig<br />

in der Praxis?<br />

Da geht es um Effizienz und Effektivität. Dabei<br />

helfen dir drei Dinge. Das erste: Selbstvermessung.<br />

Lass dein Blut, Mikrobiom, den Hormonstatus,<br />

Speichel, Urin, deine Genetik testen.<br />

Vor ein paar Jahren hat das noch zehntausende<br />

BEN GREENFIELD FITNESS<br />

36 INNOVATOR


„ ZIEMLICH WITZIG, DASS DIE FRANZÖSIN, DIE DERZEIT<br />

DEN REKORD HÄLT, MIT 121 ODER 122 JAHREN, JEDEN TAG<br />

EINE ZIGARETTE RAUCHTE UND IHR GLÄSCHEN TRANK.“<br />

JOE PUGLIESE/AUGUST<br />

TESTE ZUERST,<br />

OPTIMIERE DANN<br />

Training, Ernährung,<br />

Genetik,<br />

Hormone,<br />

Entspannung ...<br />

„Blut, Mikrobiom,<br />

Hormonstatus,<br />

Speichel, Urin,<br />

Genetik: Teste<br />

das alles! Vor ein<br />

paar Jahren hat<br />

das noch zehntausende<br />

Dollar<br />

gekostet, jetzt<br />

lässt du dir um<br />

ein paar Dollar all<br />

diese Tests nach<br />

Hause schicken.“<br />

... und Schlaf!<br />

„Es gibt richtig<br />

gute Devices, die<br />

deinen Schlaf<br />

messen. Nütze<br />

diese Devices, sie<br />

geben dir laserscharfes<br />

Feedback<br />

auf alles,<br />

was du tust.“<br />

Dollar gekostet, jetzt lässt du dir<br />

um ein paar Dollar all diese Tests<br />

nach Hause schicken. Der Fortschritt<br />

in diesem Bereich ist einfach<br />

nur unglaublich. Es gibt<br />

richtig gute Devices, die deine<br />

Herzratenvariabilität messen,<br />

deinen Schlaf. Das gibt dir laserscharfes<br />

Feedback auf alles, was<br />

du tust. Und vor allem: Du arbeitest<br />

nicht mehr im Blindflug an<br />

irgendwelchen Verbesserungen<br />

und verschwendest jede Menge<br />

Zeit mit dem Optimieren von<br />

Dingen, die ohnehin in Ordnung<br />

sind. Schritt eins ist also: Check<br />

dir ein Wearable, das deinen<br />

Schlaf trackt und deine HRV,<br />

Ruhepuls, tägliche Schritte, deine<br />

Körpertemperatur. Check dir<br />

einen ordentlichen Gentest. Mach<br />

einen Stuhltest und finde heraus,<br />

ob in deinem Darm alles okay ist,<br />

mit Hefen, Pilzen, Parasiten, wie<br />

die Entzündungswerte aussehen.<br />

Prüfe deinen Hormonstatus und<br />

deine Neurotransmitter über<br />

Speichel und Urin. Investiere<br />

in ein richtig gutes Blutbild mit<br />

Mikronährstoffstatus.<br />

Zu Hause einen Gentest zu<br />

machen ist noch nicht wirklich<br />

Mainstream. Kann man nicht<br />

ein wenig niederschwelliger<br />

starten?<br />

Es gibt keinen Grund, das nicht<br />

zu tun, Mann! Gentest heißt, ein<br />

Wattestäbchen in den Mund zu<br />

nehmen. Der Aufwand ist lächerlich<br />

gering im Vergleich zum<br />

Wissen und zur Klarheit, die dir<br />

all das gibt.<br />

Gut, Nummer eins war Testen.<br />

Nummer zwei?<br />

Mach es zu einem Teil deines<br />

Bewusstseins, für andere da zu<br />

sein. Andere zu lieben. Das ist der<br />

innerste, der wichtigste Fokus<br />

deines Lebens. Wenn du den verlierst,<br />

wachst du am Morgen auf,<br />

und die einzige Frage ist: Was<br />

kann ich mir heute Gutes tun?<br />

Dann kommen diese ganzen<br />

Affirmationen: Ich bin so toll, ich bin so großartig,<br />

ich kann alles im Leben erreichen. Das ist<br />

selbstsüchtiger Bullshit.<br />

Was tust du als Erstes, wenn du morgens<br />

aufwachst?<br />

Ich frage mich: Wofür bin ich dankbar? Wem<br />

kann ich Gutes wünschen, Gutes tun? Und am<br />

Abend frage ich mich: Was hätte ich heute besser<br />

tun können? Wann habe ich heute die innigste<br />

Verbindung zum Sinn des Lebens gespürt?<br />

Wenn ich an diesem Tag zwei Stunden im Gym<br />

verbracht habe, 45 Minuten in der hyperbaren<br />

Sauerstoffkammer, wenn ich ausgiebige Saunaund<br />

Kältesessions hinter mich gebracht habe,<br />

nun ja, dann wird nicht viel Zeit übrig geblieben<br />

sein, in der ich für andere da war. Das mag<br />

vielleicht ein perfekter Bio hacking-Tag gewesen<br />

sein, in den Augen anderer, in meinen Augen<br />

war es ein vergeudeter Tag, ein Tag mit zu viel<br />

Biohacking.<br />

INNOVATOR 37


Okay, wir hatten da jetzt Selbstvermessung<br />

und Liebe als die ersten beiden Orientierungspunkte<br />

an der Kreuzung von Effizienz und<br />

Effektivität. Was ist Nummer drei?<br />

Jetzt werden manche Leute sagen, das ist ein<br />

wenig, hm, wunderlich. Aber egal. Die Wurzel der<br />

menschlichen Emotionen war niemals und wird<br />

niemals das Gehirn sein. Das ist das Herz oder,<br />

wie man sagt, das Bauchgefühl. Nummer drei<br />

ist: Stell dir ehrliche Fragen, lass sie vom Herzen<br />

beantworten. Das Herz kennt die Wahrheit.<br />

Wie würdest du jemanden, der noch nie<br />

davon gehört hat, in zwei Minuten für Biohacking<br />

begeistern? Für die Möglichkeiten,<br />

sein eigenes und das Leben anderer zu verbessern,<br />

indem man Verantwortung für die<br />

eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit,<br />

für das eigene Lebensglück übernimmt?<br />

Ich würde es so sagen: Der menschliche Körper<br />

ist kein Computer, aber er ist programmierbar.<br />

Er hat etwas von einer Maschine, und du kannst<br />

sehr gut dafür sorgen, dass sie besser funktioniert,<br />

sauberer läuft.<br />

Was ist der erste Hack, den du empfiehlst?<br />

Ich würde dich als Erstes fragen: Womit bist du<br />

unhappy? Wenn jemand schon weiß, wie wichtig<br />

Training ist, und er sich im Alltag viel bewegt,<br />

statt nur rumzusitzen, brauchen wir über dieses<br />

Thema vorläufig nicht zu reden. Und auch wenn<br />

Schlaf fundamental ist: Ich werde dir nichts zu<br />

deinem Schlaf raten, wenn du zu einer vernünftigen<br />

Zeit ins Bett gehst, dein Zimmer dunkel,<br />

kühl und ruhig hältst und dein Schlafzimmer<br />

nicht zum Arbeiten oder Fernsehen missbrauchst.<br />

Denn dann machst du schon sehr vieles richtig.<br />

Natürlich kannst du, wenn du willst, immer noch<br />

optimieren. Dann würde ich dir ein Chilipad<br />

empfehlen, das 12, 13 Grad kaltes Wasser unter<br />

deinem Körper durchs Bett leitet, und ein Paar<br />

Wollsocken, um die Füße warm zu halten.<br />

Ich würde dir raten, drei Stunden vor dem<br />

Schlafengehen kalt zu duschen, damit deine<br />

„ GIB ANDEREN MENSCHEN<br />

ENERGIE. HILF IHNEN.<br />

DAS KOSTET DICH KEINE<br />

ENERGIE, ES GIBT DIR<br />

WELCHE. PROBIER ES AUS!“<br />

Körper kerntemperatur absinkt.<br />

Wenn jemand sagt, dass sein<br />

Darm Troubles macht: Stuhlanalyse.<br />

Daran führt kein Weg<br />

vorbei. Einen Nahrungs mittel-<br />

Allergietest, einen DNA-Test. Das<br />

hilft uns, genau zu sagen, aus welcher<br />

Weltgegend deine Vorfahren<br />

kommen, an welche Nahrungsmittel<br />

du daher evolu tionär<br />

angepasst bist und welche dein<br />

Immunsystem verrückt spielen<br />

lassen. Wir werden die Tools der<br />

Selbstvermessung nützen, um<br />

deine Ernährung optimal an dich<br />

anzupassen. Denn Ernährung ist,<br />

von ein paar Basics abgesehen,<br />

etwas Individuelles: Was für dich<br />

passt, kann für jemand anderen<br />

komplett falsch sein.<br />

Was sind diese Ernährungs­<br />

Basics, die für jeden gelten?<br />

Verarbeitete Nahrungsmittel und<br />

raffinierte Pflanzenöle weglassen,<br />

wenig Zucker und Alkohol, Koffein<br />

nicht übertreiben. Einfach natürliches<br />

Zeug essen und hin und<br />

wieder ein bisschen fasten.<br />

Wenn jemand Bewegung, Schlaf<br />

und Ernährung schon halbwegs<br />

im Griff hat, dann beginnt<br />

richtiges Biohacking, nicht?<br />

Dann ist Zeit für diesen „From<br />

Good to Great“-Ansatz. Nummer<br />

eins ist dann ganz klar: die Kraft<br />

der Photonen nützen. Licht. Dieser<br />

riesige Stern über uns ist eine<br />

Quelle purer Energie. Geh raus ins<br />

Freie, täglich 20 bis 60 Minuten,<br />

und wenn du die Wirkung verstärken<br />

willst, nimm so etwas ein wie<br />

Methylenblau oder Chaga-Extrakt.<br />

Dein Körper kann die Photonen<br />

dann effizienter nützen, um Elektronen<br />

und ATP zu produzieren.<br />

Bringe Infrarot-Panels im Büro an,<br />

setze dich in eine Infrarotkabine.<br />

Du kannst deinen zirkadianen<br />

Rhythmus steuern, indem du<br />

punktuell Blaulicht einsetzt, morgens<br />

oder vormittags, mit Geräten<br />

wie dem Human Charger oder<br />

den Re-Timer Glasses. Nummer<br />

eins, wenn du die Themen Bewegung,<br />

Schlaf und Ernährung<br />

schon halbwegs im Griff hast, ist<br />

also Licht. Nummer zwei ist, das<br />

elektrische Potenzial des Planeten<br />

zu nützen, auf dem wir leben.<br />

Gehe barfuß auf natürlichem<br />

Boden, auf Gras oder im Wald.<br />

Stelle Kontakt zur Oberfläche des<br />

JOE PUGLIESE/AUGUST<br />

38 INNOVATOR


DER SINN<br />

DES LEBENS?<br />

„Gottes<br />

Schöpfung auskosten!<br />

Jeden<br />

Tag mit einem<br />

Grinsen aufwachen,<br />

weil wir<br />

auf diesem magischen<br />

Planeten<br />

leben dürfen.“<br />

Planeten her. Schwimme in einem<br />

natürlichen Gewässer. Klettere<br />

auf Felsen rum, auf Bäumen, zieh<br />

dein Shirt aus, leg dich in eine<br />

Wiese. Das ist unglaublich gut<br />

für dich, es hemmt Entzündungen,<br />

kurbelt deine ATP-Produktion an,<br />

ganz ähnlich wie die Photonen<br />

der Sonne. Nummer drei und vier<br />

sind Hitze und Kälte: Es ist völlig<br />

klar, dass es einen riesigen Vorteil<br />

für die Langlebigkeit bringt, wenn<br />

du regelmäßig deine Temperatur-<br />

Komfortzone verlässt. Hitze und<br />

Kälte sind Workouts für deine<br />

Zellgesundheit. Nächster Punkt:<br />

Wasser und Mineralien, vorzugsweise<br />

Wasser, das Quellwasser<br />

so nahe wie möglich kommt, das<br />

so strukturiert ist, dass es deine<br />

Zellen effizienter versorgen kann.<br />

Die meisten dieser Hacks sind<br />

wissenschaftlich akzeptiert.<br />

Andere nicht – oder noch nicht.<br />

Was ist dein Punkt dazu,<br />

zum Beispiel bei Erdung?<br />

Sieh dir die Dokumentation<br />

„Earthing“ an, lies das Buch von<br />

Clinton Ober, es gibt reichlich<br />

wissenschaftliche Belege für die<br />

entzündungshemmende Wirkung<br />

des Earthing. Sieh dir die Tonnen<br />

an Forschung von der NASA abwärts<br />

zu PEMF an, den gepulsten<br />

elektromagnetischen Feldern, der<br />

konzentrierten Biohack-Form des<br />

Erdens. Aber okay, sagen wir mal,<br />

dass es für etwas keine wissenschaftlichen<br />

Beweise gibt. Dann<br />

kommt die Selbstvermessung<br />

ins Spiel. Diese berühmte Biohacker-Studie<br />

mit n = 1, also du<br />

als einziger Teilnehmer deiner<br />

eigenen Studie. Du schaust, was<br />

deine HRV und deinen Schlaf<br />

verbessert, deine Power beim<br />

INNOVATOR 39


Training, deine Körpertemperatur,<br />

deine Blutwerte oder irgendwas<br />

anderes, was du eben messen<br />

kannst. Ich selbst mach das genauso,<br />

teste, messe, gehe dann auf<br />

PubMed und informiere mich<br />

über die bisherigen Studien zum<br />

Thema.<br />

PubMed ist die wichtigste<br />

wissenschaftliche Online-<br />

Datenbank. Wie viel Zeit verbringst<br />

du dort?<br />

PubMed und Fachartikel gemeinsam<br />

… so sieben bis acht Stunden<br />

pro Woche. Aber das muss niemand<br />

tun. Es ist Teil meines Jobs,<br />

dass ich diese Research mache<br />

und den Leuten das Wichtigste<br />

zusammenfasse.<br />

Auf deiner Website bezeichnest<br />

du dich als „unerbittlichen<br />

Selbstexperimentierer und<br />

Versuchskaninchen“. Was war<br />

das Verrückteste, was du je<br />

ausprobiert hast?<br />

Ich mache nichts, was ich für<br />

super crazy halte, so wie diese<br />

ursprünglichen Biohacker, die<br />

sich Chlorophyll in die Augäpfel<br />

injiziert haben, um ihre Nachtsicht<br />

zu verbessern. So etwas tue<br />

ich nicht. Was ihr vielleicht für<br />

verrückt halten könntet, war die<br />

Helminthen-Therapie, um mein<br />

Immunsystem zu stärken, als ich<br />

extrem viel auf Reisen war.<br />

SELBST-<br />

OPTIMIERUNG?<br />

Es geht nicht<br />

um dich.<br />

„Viele betreiben<br />

einen Kult um<br />

ihre Gesundheit,<br />

Leistungsfähigkeit,<br />

Produktivität<br />

und Fitness,<br />

um toller auszusehen,<br />

noch<br />

mehr Geld zu<br />

verdienen. Das<br />

ist selbstsüchtig,<br />

selbstverliebt,<br />

egoistisch. Und<br />

wahnsinnig unbefriedigend.<br />

Es<br />

geht nicht darum,<br />

dich selbst zu<br />

optimieren. Es<br />

geht darum, dass<br />

du gut genug<br />

in Form bist, um<br />

für andere da<br />

sein zu können.“<br />

Helminthen-Therapie?<br />

Ich hatte viel darüber gelesen,<br />

dass der Verzehr von gewissen<br />

Würmern das Immunsystem stärken<br />

kann. Ich besorgte mir also<br />

aus einem Labor solche Würmer,<br />

nahm sie sechs Monate lang<br />

ein und wurde tatsächlich kein<br />

ein ziges Mal krank, auch wenn<br />

ich jede Woche zwei-, dreimal<br />

im Flugzeug saß. Oder etwas anderes:<br />

Ich wollte herausfinden,<br />

ob ich ohne Training, nur durch<br />

elektrische Muskel stimulation,<br />

Muskeln aufbauen kann. Mein<br />

Experiment dauerte acht Wochen.<br />

Null Training, nur EMS,<br />

in hoher Intensität. Ergebnis:<br />

plus zehn Pfund Muskulatur.<br />

Bandwürmer zu schlucken<br />

oder sich Elektroschocks durch<br />

BEN GREENFIELD FITNESS<br />

40 INNOVATOR


die Muskulatur zu jagen mag verrückt klingen,<br />

aber in solchen Fällen beschäftige ich mich davor<br />

wochenlang sehr intensiv mit einem Thema.<br />

Und es gab da wie dort eindeutige Beweise, im<br />

EMS-Fall reichen die Forschungen ins Russland<br />

der Fünfzigerjahre zurück.<br />

Im Biohacking geht es immer auch um Langlebigkeit,<br />

vor allem darum, wie lang man im<br />

Alter gesund bleiben kann. Wie wird das sein,<br />

wenn Ben Greenfield alt ist?<br />

Die maximale menschliche Lebenserwartung<br />

scheint nach aktueller Forschung irgendwo zwischen<br />

115 und 121 Jahren zu liegen. Ziemlich<br />

witzig, dass die Französin, die derzeit den Rekord<br />

hält, mit 121 oder 122 Jahren, jeden Tag eine Zigarette<br />

rauchte und ihr Gläschen trank. Was war<br />

ihr Trick? Sie hatte wirklich gute Beziehungen in<br />

ihrem Leben, viel Liebe, das hielt sie gesund. Und<br />

wegen der Zigarette und des täglichen Gläschens:<br />

Wir wissen ja, dass manche Gifte aus Pflanzen,<br />

Kräutern und Gewürzen, wie auch Sonnenlicht<br />

und Hitze und Kälte, in kleinen Mengen unsere<br />

Gesundheit fördern. Drei Stunden in der Sauna,<br />

eine Stunde im Eisbad, ein Kilo Zimt essen, das ist<br />

natürlich alles schädlich, aber kleine Mengen:<br />

super. Es gibt sogar die Hypothese, dass die eine<br />

Zigarette, die diese Französin jeden Tag geraucht<br />

hat, sie tatsächlich stärker gemacht hat, nach dem<br />

Konzept der Hormesis: Durch den Kontakt mit<br />

einem Toxin stärkt sich dein Körper von selbst.<br />

Wie alt willst du werden?<br />

Es ist mir egal, wie lange ich lebe. Mir ist wichtig,<br />

dass ich, solange ich lebe, mit maximaler Wirkung<br />

für andere da sein kann. Wenn ich mit 80 Jahren<br />

sterbe, ist das für mich völlig in Ordnung. Es geht<br />

nicht um irgendeine Zahl. Es geht um meinen<br />

Beitrag zur Gesellschaft, den ich leisten kann,<br />

solange ich hier bin. Das ist auch eine Warnung,<br />

die ich den Leuten in der Biohacking-Industrie<br />

geben möchte: Wenn du unbedingt leben möchtest,<br />

bis du 150 bist, aber es geht dir beschissen,<br />

du frierst und hungerst, hast keine Libido und<br />

hängst die Hälfte der Zeit in einer Kryotherapie-<br />

Kammer rum, in einer Sauna, in einer hyperbaren<br />

Sauerstoffkammer oder in allen dreien.<br />

Was ist das dann außer purem Egoismus? Außer<br />

geistiger Masturbation, dass man ein bisschen<br />

länger lebt als andere Leute?<br />

„ IDENTIFIZIERE DEINEN EINZIGARTIGEN<br />

LEBENSZWECK. WOFÜR DU AUF DIESEM<br />

PLANETEN BIST. WENN DU DAS WEISST,<br />

IST ES VERDAMMT SCHWER, NICHT<br />

MOTIVIERT ZU SEIN.“<br />

Was tust du, wenn du mal keine<br />

Motivation hast, etwas Gutes<br />

für dich zu tun? Jeder kennt<br />

solche Tage, an denen man nur<br />

rumhängen möchte.<br />

Das Risiko, dass dir solche Tage<br />

passieren, kannst du sehr effektiv<br />

reduzieren. Auf beinahe null. Du<br />

musst dafür deinen einzigartigen<br />

Lebenszweck identifizieren, ich<br />

hab das in meinen letzten Büchern<br />

ausführlich erklärt, hier nur ganz<br />

kurz: Suche nach Dingen, die die<br />

Zeit vergehen lassen, ohne dass<br />

du es bemerkst, nach Dingen, in<br />

denen du von Natur aus gut bist.<br />

Daraus entwickelst du einen Satz,<br />

eine prägnante Aussage, die dir<br />

immer wieder in Erinnerung ruft,<br />

wofür du auf diesem Planeten bist,<br />

wie du das Leben der anderen<br />

verbessern kannst. Dieser eine<br />

Satz ist wie eine Linse, durch die<br />

du jeden Tag deines Lebens betrachtest.<br />

Und es ist, wenn du diesen<br />

Satz kennst, verdammt viel<br />

schwieriger, nicht motiviert zu<br />

sein. Wenn du deinen Satz kennst<br />

und dennoch mal demotiviert<br />

bist, dann ist das Beste, was du<br />

tun kannst – hab ich in einem<br />

Extrem camp gelernt, einer Art<br />

zivilem Gegenstück zur Hell Week<br />

der Navy SEALs –, also das absolut<br />

Beste: Gib anderen Menschen,<br />

so vielen wie möglich, Energie.<br />

Diese Energie kommt zu dir zurück.<br />

Hilf jemandem, kümmere<br />

dich um jemanden. Klingt seltsam,<br />

aber es kostet dich keine<br />

Energie, es gibt dir Energie.<br />

Probier es aus! Drittens: Vergiss<br />

nicht, dass es so etwas gibt wie<br />

decision fatigue, eine Müdigkeit<br />

deiner Entscheidungen. Tu also<br />

die Dinge, die Kreativität und<br />

Konzentration verlangen, früh<br />

am Tag. Ich produziere Podcasts,<br />

Bücher nur von vier bis elf Uhr<br />

morgens. Am Nachmittag kannst<br />

du Dinge tun wie E-Mails beantworten,<br />

Telefonate führen,<br />

was keine mentale Firepower benötigt.<br />

Und schließlich: Der beste<br />

schnelle Kick für Motivation und<br />

geistige Energie ist ein Sprung<br />

in kaltes Wasser, eine eiskalte<br />

Dusche oder dein Gesicht in Eiswasser<br />

zu tauchen wirkt besser<br />

als alle Stimulanzien, Drogen<br />

oder Nahrungsergänzungsmittel.<br />

INNOVATOR 41


BIOHACKING SPECIAL<br />

RICHTIG<br />

AUF­<br />

GEDREHT<br />

DER GEHEIMTIPP<br />

MIKROSTROM<br />

Mikrostrom ist ein<br />

extrem spannendes<br />

Thema: Ganz minimale<br />

Strommengen, an den<br />

richtigen Stellen in den<br />

Körper geleitet, regen<br />

die ATP-Bildung enorm<br />

an, lassen Verletzungen<br />

schneller heilen,<br />

lindern Schmerzen.<br />

Gegen Kopfschmerzen<br />

weiß ich nichts Besseres.<br />

Mein liebstes<br />

Mikrostromgerät ist<br />

das unten abgebildete<br />

B-E-St von JeeCee.<br />

(Das leider 16.000 Euro<br />

kostet. Zum Rumspielen<br />

eignen sich<br />

aber auch Einsteigergeräte<br />

ab rund 500<br />

Euro wie das Healy.)<br />

Achtung, ganz wichtig:<br />

absolut nie, nie, niemals<br />

TENs-Geräte oder<br />

Ähnliches am Kopf<br />

anwenden, die sind<br />

etwas völlig anderes<br />

als Mikro strom.<br />

Zu Besuch in Andreas Breitfelds<br />

Biohacking-Lab in München:<br />

In welchen Bereichen können uns<br />

technische Tools und Gadgets<br />

helfen? Und welche empfiehlt er?<br />

Text Andreas Breitfeld<br />

Fotos Norman Konrad<br />

Hairstyling und Make-up<br />

Sabrina Reuschl<br />

B-E-St von JeeCee,<br />

ca. EUR 16.000,<br />

b-e-st.com/de;<br />

ohne Abb.: Healy,<br />

ab ca. EUR 500,<br />

healyworld.net<br />

42 INNOVATOR


Anna Neubert war<br />

so freundlich, uns<br />

beim Shooting zu<br />

unterstützen. Sie<br />

ist Fitnesstrainerin,<br />

Mitinhaberin eines<br />

Reha-Studios und<br />

war unter den ersten<br />

fünf Biohacking-<br />

Coaches, die ich<br />

ausbilden durfte.<br />

INNOVATOR 43


Human Charger 2 Mutter<br />

Natur hat aus unerfindlichen<br />

Gründen Lichtrezeptoren<br />

in unsere<br />

Ohren verpflanzt. Diesen<br />

Umstand machen wir<br />

uns mit diesem Device<br />

zunutze: Es greift mit<br />

Blaulicht in unseren<br />

zirkadianen Rhythmus<br />

ein und macht uns damit<br />

wacher. Sehr hilfreich<br />

gegen winterliche Verstimmungen<br />

(SAD –<br />

seasonal affective disorder)<br />

und ein geniales<br />

Tool bei Jetlag.<br />

Ca. EUR 219,<br />

de.humancharger.com<br />

44 INNOVATOR


Head Ullitiunt<br />

quunt labore<br />

et quiantis volore<br />

consequas<br />

nonserum<br />

facquam<br />

qui re sequ<br />

DER ZEITGEBER<br />

ROT- UND<br />

BLAULICHT<br />

Grundsätzlich: Das<br />

beste Licht ist immer<br />

das natürliche, und<br />

jedes technische Gerät<br />

ist bestenfalls ein<br />

ziemlich guter Ersatz.<br />

Dafür kann man diesen<br />

Ersatz sehr punktuell<br />

sehr wirkungsvoll einsetzen:<br />

um besser zu<br />

schlafen, wacher zu<br />

werden oder gar mit<br />

Jetlag besser umzugehen.<br />

Licht, könnte<br />

man sagen, ist für<br />

unsere innere Uhr das,<br />

was eine Krone für<br />

eine analoge Uhr ist:<br />

Damit wird die Uhr<br />

aufgezogen und –<br />

hoffentlich absichtlich<br />

– verstellt.<br />

Brillen Für mehr Blaulicht:<br />

Propeaq (wirkt<br />

wie der Humancharger<br />

auf der Gegenseite).<br />

Gegen Blaulicht: die Blueblocker-Brille<br />

Prisma<br />

von innovative eyewear.<br />

Trägt man abends, um<br />

dem Körper die Bildung<br />

des Schlafhormons<br />

Melatonin zu ermöglichen.<br />

Ein Must!<br />

Propeaq ca. EUR 199,<br />

nomadperformance.de<br />

Prisma ca. EUR 99,<br />

innovative-eyewear.shop<br />

HigherQI Helios Hier<br />

bin ich befangen: Meine<br />

Begeisterung für Rotlicht-Geräte<br />

und meine<br />

Unzufriedenheit mit dem<br />

bestehenden Angebot<br />

waren so groß, dass<br />

ich mit zwei Partnern<br />

HigherQI gegründet<br />

habe. Das Helios ist das<br />

mittel große unserer drei<br />

Geräte. Es strahlt wie die<br />

beiden anderen mit 633<br />

und 830 Nanometern,<br />

das Spektrum der Wirkungen<br />

ist beglückend<br />

groß: erhöhte ATP­<br />

Produktion, <strong>Red</strong>uktion<br />

von oxidativem Stress,<br />

Aktivierung von Enzymen<br />

– oder kürzer: Zielgerichtet<br />

eingesetztes Rotlicht<br />

tut einfach nur saugut.<br />

Ca. EUR 699,<br />

higherqi.de<br />

INNOVATOR 45


DAS GEHEIME<br />

RIESENTHEMA<br />

BLUTZUCKER<br />

Das Thema Blutzucker<br />

ist eines der ganz<br />

entscheidenden der<br />

nächsten Jahre, auch<br />

gesellschaftlich, ich<br />

vermeide das Wort<br />

„Pandemie“ jetzt ungern.<br />

Sehr vereinfacht<br />

gesagt: Die Bauchspeicheldrüse<br />

produziert<br />

Insulin, sobald sie<br />

erfährt, dass Zucker<br />

(= Kohlenhydrate) im<br />

Körper gelandet ist.<br />

Das tut sie, um den<br />

Zucker aus dem Blut<br />

raus- und in die Zellen<br />

reinzukriegen. Aus<br />

dem Blut raus, weil<br />

er dort saugefährlich<br />

ist für die Organe. In<br />

die Zellen rein, weil<br />

er dort zu Energie verbrannt<br />

werden kann.<br />

Produzieren wir zu viel<br />

oder zu wenig oder<br />

gar pausenlos Insulin,<br />

ruiniert das unsere<br />

Gesundheit. Deswegen<br />

sind die Blutzucker-<br />

Tracker, die es seit<br />

einigen Jahren gibt,<br />

ein Segen. Unbedingt<br />

ausprobieren!<br />

Abbott Freestyle Libre<br />

So heißt der Sensor, den<br />

man sich in den Oberarm<br />

pikst. Entscheidend ist<br />

die Auswertungs-App<br />

am Handy: Veristable,<br />

Supersapiens oder Million<br />

Friends sind so etwas wie<br />

digitale Luxus-Tagebücher<br />

für Tracking und Auswertung<br />

von Ernährung<br />

und Lifestyle und den<br />

Auswirkungen auf den<br />

Blut zucker. Unglaublich<br />

erkenntnisreich, im allerwörtlichsten<br />

Sinn lifechanging.<br />

Freestyle Libre 2-Sensor,<br />

ca. EUR 80,<br />

freestyle.abbott<br />

AquaVolta H ²<br />

Rocket<br />

Ein sehr leistungsfähiges<br />

Gerät zur Wasserstoff-<br />

Anreicherung von<br />

Wasser. Zusatznutzen:<br />

Magnesiummalat ist<br />

idealer Bindungspartner<br />

von Wasserstoff und ist<br />

ja ganz generell etwas,<br />

was man gerne zu sich<br />

nimmt.<br />

Ca. EUR 1570,<br />

aquacentrum.de<br />

DAS SUPER-<br />

ANTIOXIDANS<br />

WASSERSTOFF<br />

Ich bin bekennender<br />

Fan von molekularem<br />

Wasserstoff, ich atme<br />

ihn ein und trinke jeden<br />

Morgen zwei Gläser<br />

davon. Das kleinste<br />

Element im Periodensystem<br />

tut unserer<br />

Gesundheit und Leistungsfähigkeit<br />

als<br />

perfektes Antioxidans<br />

sehr gut. Eine TV-<strong>Red</strong>aktion<br />

meinte einmal,<br />

dass es zur Wirksamkeit<br />

von Wasserstoff<br />

keine Studien gibt, was<br />

jedoch nur stimmt,<br />

wenn man die mehreren<br />

tausend publizierten<br />

Arbeiten, vor allem<br />

im asiatischen Raum,<br />

außer Acht lässt …


Aquavolta Nano<br />

Sehr praktisch, weil<br />

transportabel. Und mit<br />

4,8 ppm Wasserstoff-<br />

Ausbeute auch sehr<br />

leistungsfähig.<br />

Perfektes Einsteigergerät,<br />

verwende ich<br />

selbst sehr gerne.<br />

Ca. EUR 349,<br />

aquacentrum.de<br />

Ohne Abb.:<br />

Hydronade<br />

Magnesium-H ²<br />

-<br />

Brausetabletten,<br />

ca. EUR 57,<br />

aquacentrum.de<br />

INNOVATOR 47


DAS EINSTIEGS­<br />

PAKET<br />

SCHLAF &<br />

MEDITATION<br />

Womit man die<br />

schnellsten größten<br />

Fortschritte erreicht,<br />

wenn man mit dem<br />

Biohacking beginnt?<br />

Nicht durch irgendwelche<br />

ausgefallenen<br />

Devices oder exotische<br />

Nahrungsergänzungsmittel.<br />

Sondern in den<br />

allermeisten Fällen<br />

durch besseren Schlaf<br />

und mehr Entspannung.<br />

Schlaf ist, das<br />

werde ich nicht müde<br />

zu betonen, die Grundlage<br />

jeder Gesundheit.<br />

Schlaf ist für unseren<br />

Körper wie ein Service<br />

für unser Auto in der<br />

Werkstätte: stehen<br />

bleiben, Motor abdrehen,<br />

alle Systeme<br />

checken, kleinere und<br />

größere Mängel beheben.<br />

Wir sollten<br />

die Service-Termine<br />

unseres Körpers ernst<br />

nehmen, jeden Tag ist<br />

ab etwa 22 Uhr einer<br />

für uns reserviert.<br />

Und nichts tut mehr<br />

für unsere Grundentspanntheit,<br />

als<br />

jeden Tag nur ein<br />

paar Minuten zu<br />

me ditieren.<br />

Nanovi Die geniale<br />

Entwicklung des in die<br />

USA ausgewanderten<br />

Deutschen Hans Eng<br />

geht zwar heftig ins Geld,<br />

aber die Wirkung ist mindestens<br />

bahnbrechend.<br />

Ab ca. EUR 10.000,<br />

biosa.de/nanovi<br />

DAS LUXUS­<br />

GERÄT<br />

FALTHILFE<br />

FÜR<br />

PROTEINE<br />

Unser Körper ist in jedem<br />

Moment unseres<br />

Lebens damit beschäftigt,<br />

Proteine kunstvoll<br />

zu falten. Mit den<br />

Jahren passieren ihm<br />

dabei immer mehr<br />

Fehler, das lässt uns<br />

altern. Eine zentrale<br />

Rolle bei diesem<br />

lebenserschaffenden<br />

und -gestaltenden<br />

Prozess spielt intrazelluläres<br />

Wasser, das<br />

weder flüssig noch gefroren<br />

noch gasförmig,<br />

sondern als eine Art<br />

Gel auftritt (Background:<br />

Prof. Gerald<br />

Pollack, Universität<br />

Washington). Dieses<br />

Gerät, das Nanovi, erzeugt<br />

solches Wasser<br />

des vierten Aggregatzustandes<br />

als Nebel.<br />

Die feinen Tröpfchen<br />

nimmt der Körper auf,<br />

was ihm hilft, Proteine<br />

sauber und jugendlich<br />

zu falten. Ab dem<br />

etwa 40. Lebensjahr<br />

un bedingt einmal<br />

probieren!<br />

Oura-Ring Das Basic-<br />

Tool für den Biohacker:<br />

der Ring, der die Qualität<br />

unseres Schlafs misst.<br />

Ab ca. EUR 314,<br />

ouraring.com<br />

Biostrap Ein tolles Teil,<br />

die derzeit wohl beste<br />

Alternative zum<br />

Oura-Ring.<br />

Ab ca. EUR 259,<br />

biostrap.com<br />

48


Muse Headband<br />

Neurowissenschaftler<br />

Philipp Heiler (siehe<br />

Seite 50) lästert<br />

drüber, weil es kein<br />

echtes EEG ist. Aber<br />

egal: Das Muse Headband<br />

unterstützt<br />

mich beim Meditieren,<br />

gibt mir Feedback,<br />

motiviert mich.<br />

Das macht es für<br />

mich im Alltag wirklich<br />

wertvoll.<br />

Ab ca. EUR 269,<br />

choosemuse.com<br />

INNOVATOR 49


BIOHACKING SPECIAL<br />

DEIN<br />

GEHIRN<br />

IST ...<br />

SCHNELLER<br />

AUSDAUERNDER<br />

SCHLAUER<br />

KLÜGER<br />

STÄRKER<br />

NETTER<br />

GETTY IMAGES


DAS GRÖSSTE<br />

WUNDER DER WELT<br />

Das menschliche Gehirn<br />

ist so genial konstruiert,<br />

dass wir es bis<br />

heute nicht komplett<br />

erforscht haben. Aber<br />

wir können es trainieren.<br />

Und sogar ziemlich<br />

wirkungsvoll.<br />

... ALS<br />

DU<br />

DENKST<br />

Text Stefan Wagner<br />

D<br />

RUHIGER<br />

as Gehirn ist insgesamt noch<br />

ein relativ rätselhafter Teil<br />

unseres Körpers (zum Beispiel<br />

wissen wir immer noch nicht,<br />

wie es so etwas wie Bewusstsein<br />

herzustellen vermag).<br />

Aber wir wissen doch genug,<br />

um das Wichtigste gesichert<br />

sagen zu können:<br />

Es liegt in unserer Hand, unser<br />

Leben lang alle Funktionen<br />

unseres Gehirns zu verbessern.<br />

Tatsächlich: alle.<br />

Und tatsächlich: unser Leben<br />

lang.<br />

Wir können, solange wir leben,<br />

jeden Tag schlauer werden, konzentrierter,<br />

intelligenter, schneller,<br />

entspannter. Wir können<br />

jeden Tag gelassener werden<br />

51


im Umgang mit uns selbst und<br />

dem Rest der Welt.<br />

Wir können unser Gehirn trainieren<br />

wie unsere Muskeln und<br />

unser Herz-Kreislauf-System.<br />

Es gibt also, das ist der unbequeme<br />

Teil der Nachricht, ab<br />

sofort keine Ausreden mehr, das<br />

Gehirn weiter so ver lottern zu<br />

lassen.<br />

Das im deutschen Sprachraum<br />

führende Fitnessstudio für unser<br />

Gehirn steht in München, nennt<br />

sich „Brainboost“ und ist ein<br />

Start-up der Brüder Tobias und<br />

Philipp Heiler. Tobias ist Sportund<br />

Wirtschaftswissenschaftler,<br />

Philipp ist Arzt. Die beiden hatten<br />

ihren ersten großen Auftritt in<br />

der Biohacking-Szene vor zwei<br />

Jahren mit einer Modellautorennbahn,<br />

die nicht über herkömmliche<br />

Controller, sondern<br />

über Gehirnwellen gesteuert<br />

wird:<br />

Wer sich besser entspannen<br />

kann, kommt schneller voran.<br />

Genialität, 100 Milliarden Mal<br />

Bevor wir uns von Philipp Heiler<br />

sein Trainingsstudio für unser<br />

Gehirn zeigen und die Übungen<br />

fürs Heimtraining erklären lassen,<br />

ein wenig Biologie: Unser<br />

Gehirn wiegt ungefähr 1,5 Kilogramm,<br />

besteht zu 80 Prozent<br />

aus Wasser, zu zwölf Prozent aus<br />

Fett und zu acht Prozent aus Protein. (Erstes<br />

Learning gleich hier: Der zuverlässigste Weg<br />

zu verblöden ist, zu wenig Wasser zu trinken.)<br />

Unser Gehirn verbraucht rund 20 Prozent der gesamten<br />

Energie, die unser Organismus in Ruhe<br />

erzeugt. Das ist absolut und relativ viel mehr als<br />

jedes andere Organ.<br />

Das menschliche Gehirn rechtfertigt diesen<br />

Aufwand. Es ist nicht weniger als ein Meisterwerk<br />

der Evolution. Wir Menschen sind bisher<br />

daran gescheitert, einen Computer mit der Leistungsfähigkeit<br />

unseres Gehirns herzustellen: So<br />

gut ist nicht einmal unser Gehirn, dass es etwas<br />

Besseres erfindet als sich selbst.<br />

Was diese 1,5 Kilogramm matschige Masse<br />

im Schädelknochen zu einem so genialen, so<br />

unfassbar leistungsfähigen System macht, sind<br />

die etwa 100 Milliarden Zellen, aus denen es<br />

besteht, oder besser gesagt: wie diese Zellen mit<br />

sich selbst und den anderen Zellen umgehen.<br />

Wie sie elektrische und chemische Reize empfangen,<br />

verarbeiten, herstellen und weiterleiten,<br />

wann sie das tun – wir sprechen hier von einer<br />

Genauigkeit im Millisekundenbereich – und in<br />

welcher Frequenz.<br />

Die Begriffe dieser Frequenzen kennen wir,<br />

Alpha-, Beta-, Gamma-Wellen und so weiter, wir<br />

verwenden sie auch, aber kaum jemand weiß<br />

wirklich, was mit „Wellen“ gemeint ist.<br />

Eine Symphonie der Schwingungen<br />

Unser Gehirn schwingt sich ja nicht walzerschwabbelnd<br />

durch den Schädel wie durch einen<br />

Ballsaal, und es gurgelt und brabbelt auch nicht<br />

herum wie die Wellen einer Meeresbrandung.<br />

Wenn wir von „Wellen“ oder „Frequenzen“ sprechen,<br />

meinen wir die Gesamtheit des Rhythmus,<br />

in dem die Zellen miteinander elektrische Impulse<br />

austauschen, wie oft pro Sekunde sie, sehr<br />

vereinfacht, miteinander reden: Die Hirnwellen<br />

sind sozusagen der Pulsschlag unseres Hirns.<br />

Die 1 bis 4 Hertz der Deltawellen bedeuten,<br />

dass die Zellen ein- bis viermal pro Sekunde<br />

IM CHATROOM<br />

Hirnwellen sagen aus, wie<br />

intensiv unsere einzelnen<br />

Gehirnzellen miteinander<br />

kommunizieren – und was<br />

wir gerade damit tun.<br />

Man kann unseren Pulsschlag<br />

und die Hirnfrequenzen durchaus<br />

vergleichen: Beides folgt<br />

unserem Leben und lenkt es,<br />

beides bestimmt den Rhythmus<br />

dessen, was wir tun – und bildet<br />

ihn präziser ab, als wir das bewusst<br />

wahrnehmen. Das macht<br />

die Herzratenvariabilitätsmessung<br />

zu einem so wertvollen<br />

Tool, und das macht auch<br />

das EEG und Neurofeedback<br />

so wertvoll. Mit Hilfe von Neurofeedback<br />

können wir es tatsächlich<br />

schaffen, unser Gehirn in<br />

verschiedene Zustände zu bringen<br />

– und damit unser Leben<br />

zu verbessern. Erhol samer<br />

schlafen, sich länger konzentrieren,<br />

sich tiefer entspannen,<br />

mehr leisten: All das lässt sich<br />

trainieren, indem wir lernen,<br />

auf unsere Hirnfrequenzen<br />

Einfluss zu nehmen.<br />

52 INNOVATOR


BRAINBOOST.DE<br />

elektrische Impulse austauschen, das reicht gerade<br />

mal für tiefen Schlaf. Gammawellen, am<br />

anderen Ende des Spektrums, schwingen mit<br />

35 bis 45 Hertz, lassen uns Neues besonders gut<br />

lernen oder in der Meditation besonders gut<br />

fokussieren. (Oder Spielzeugautorennen gewinnen.)<br />

Stress und Angst schwingen zwischendrin<br />

in den 20 bis 35 Hertz der High-Beta-Wellen,<br />

Kreativität entfaltet sich in den 4 bis 8 Hertz der<br />

Theta-Wellen.<br />

Und, wichtig zu wissen, es schwingt nicht<br />

das gesamte Gehirn einheitlich (völlig stramme<br />

Messungen kennzeichnen gar einen epileptischen<br />

Anfall), das ist auch der Unterschied zum<br />

Herzschlag, sondern das Gehirn orchestriert in<br />

jeder Millisekunde eine eigene Symphonie der<br />

Gesamtheit der Milliarden von Schwingungen.<br />

Diese Symphonie ist abhängig von der Situation,<br />

der Persönlichkeit, dem Zustand des Gehirnbesitzers.<br />

Darüber hinaus ist sie absolut einzigartig.<br />

Wenn wir wollten, sagt Philipp Heiler, könnten<br />

wir die Grundstruktur der Gehirnfrequenzen<br />

anstelle des Fingerabdrucks als unverwechselbares<br />

persönliches Merkmal nützen. Die Wissenschaft<br />

ist außerdem so weit, dass sie aus dem<br />

Scan eines Gehirns Persönlichkeitsmerkmale<br />

herauslesen kann. Heiler: „Ein unteraktivierter<br />

Frontallappen, zum Beispiel, weist auf eine<br />

gewisse Neigung zu Konzentrationsschwierigkeiten<br />

und depressiven Symptomen hin, ein<br />

überaktivierter sensorischer Kortex auf eine<br />

Übersensibilität auf Geräusche und auf Einschlafschwierigkeiten.<br />

Und so weiter.“ Zeig mir dein<br />

EEG, und ich sag dir, ob ich dich mag.<br />

So trainiert man Entspannung<br />

Nach diesem kleinen Ausflug ins Theoretische<br />

kehren wir zurück nach München ins Gehirn-<br />

Fitnesscenter „Brainboost“.<br />

Mein Gehirn absolviert eine Trainingsstunde.<br />

Ich sitze auf einem Lehnstuhl, die Beine hochgelagert,<br />

mit einer Art Gumminetzhaube auf<br />

ICH SITZE DA, ELEKTRODEN<br />

AM KOPF, AM BILDSCHIRM VOR MIR<br />

SCHWEBT EIN MÖNCH.<br />

dem Kopf. An ihr sind EEG-<br />

Elektroden befestigt. Diese<br />

Elektroden messen durch den<br />

Schädelknochen die elektrischen<br />

Impulse, in denen meine<br />

Gehirnzellen miteinander<br />

kommunizieren. Die Daten<br />

werden in einen Computer<br />

geleitet, dort umgerechnet<br />

und auf einen Monitor übertragen,<br />

der vor mir steht.<br />

Brainboost hat nicht nur<br />

die gehirngesteuerte Autorennbahn<br />

entwickelt, sondern<br />

auch verschiedene Videospiele.<br />

Auf dem Monitor vor<br />

mir, zum Beispiel, sitzt ein<br />

Mönch mit gekreuzten Beinen.<br />

Je tiefer ich mich entspanne,<br />

desto höher steigt er.<br />

Das ist meine einzige Aufgabe:<br />

Entspannungsgehirnwellen<br />

erzeugen. Meine Gehirnzellen<br />

zwischen acht- und<br />

zwölfmal pro Sekunde elektrische<br />

und chemische Informationen<br />

austauschen zu lassen,<br />

nicht öfter, nicht seltener.<br />

Ich atme bewusster und<br />

langsamer aus: Der Mönch<br />

schwebt.<br />

SCHLAF<br />

Delta<br />

1–4 Hz<br />

ABSCHWEIFEN<br />

Theta<br />

4–8 Hz<br />

ENTSPANNUNG<br />

Alpha<br />

8–12 Hz<br />

KONZENTRATION<br />

Beta<br />

12–20 Hz<br />

AKTIVIERUNG<br />

High Beta<br />

20–35 Hz<br />

HYPERFOKUS<br />

Gamma<br />

35–45 Hz<br />

INNOVATOR 53


PHILIPP HEILER<br />

Gemeinsam mit<br />

seinem Bruder<br />

Tobias gründete<br />

der Arzt das<br />

Gehirn-Fitnessstudio<br />

„Brainboost“.<br />

brainboost.de<br />

Ich bemühe mich, noch bewusster<br />

zu atmen: Er plumpst<br />

runter.<br />

Zu unentspannt entspannt,<br />

okay.<br />

„Darum“, sagt Philipp Heiler,<br />

„geht es hier bei uns. Dass dein<br />

Gehirn sofort Feedback kriegt,<br />

ob das, was du gerade tust,<br />

richtig ist.“<br />

Und mein Gehirn kapiert das?<br />

„Ja. Es ist wie mit deiner Muskulatur<br />

und dem Fitnessstudio:<br />

Dein Organismus empfängt einen<br />

Trainingsreiz und verarbeitet ihn.<br />

Wie er das tut, kann dir ja egal<br />

sein. Dass deine Muskeln durch<br />

das Training stärker und größer<br />

werden, steuerst du ja auch<br />

nicht bewusst. Das passiert von<br />

allein.“<br />

Aber im Fitnesscenter kann ich<br />

einen ganz gezielten Reiz auf<br />

einen einzelnen Muskel setzen:<br />

Bizeps, Wade, Brustmuskel. Wie<br />

präzise kann ich einzelne Gehirnbereiche<br />

mit Neurofeedback ansteuern?<br />

„Das geht einigermaßen, ist<br />

aber in der Praxis nicht wesentlich.<br />

Wir möchten ja, dass du eine<br />

Fähigkeit verbesserst, eine Gewohnheit<br />

ablegst oder eine neue<br />

antrainierst, einen Zwang überwindest.<br />

Da spielen meist mehrere<br />

Gehirnbereiche zusammen. Es<br />

geht darum, dass du lernst, gewisse<br />

Regionen in gewisse Frequenzen<br />

zu bringen. Dein Gehirn<br />

kann das schon von allein. Vertrau<br />

ihm. Und je weiter du im<br />

DIE MATSCHIGEN 1,5 KILO<br />

IM KOPF SIND GENIALER ALS<br />

ALLES, WAS WIR MENSCHEN<br />

ERSCHAFFEN KÖNNEN.<br />

Training kommst, desto spezifischer stellen wir<br />

das Training ein.“<br />

Kann ich durch Neurofeedback kreativer<br />

werden?<br />

„Du kannst lernen, dich in einen Zustand<br />

zu bringen, der Kreativität fördert. Ja.“<br />

Entspannter?<br />

„Ja, ebenso.“<br />

Konzentrierter?<br />

„Ja.“<br />

Das Gehirn kann nicht nichts tun<br />

Kann ich mir abgewöhnen, alle 30 Sekunden<br />

aufs Handy schauen zu müssen? Dass ich jeden<br />

Abend eine Tafel Schokolade verdrücke? Meinen<br />

Hang zur Prokrastination?<br />

„Neurofeedback kann sehr gut bei allem<br />

helfen, was du in deinem Leben zwanghaft tust.<br />

Das kann sein, dass du jeden Tag fünf Bier trinken,<br />

zehn Kilometer laufen oder dass du dauernd<br />

aufs Handy schauen musst.“<br />

Wie bringe ich meinem Gehirn konkret bei,<br />

dass es nicht jeden Abend eine Tafel Schokolade<br />

wollen soll?<br />

„Ganz kurz zusammengefasst: Das Gehirn<br />

kann nicht nichts tun. Es kann nicht ‚keine Schokolade<br />

essen‘. Es kann nur etwas anderes stattdessen<br />

tun, und dieses andere musst du dir<br />

angewöhnen. Du musst eine Ersatzhandlung<br />

etablieren, etwas, was sich jeden Abend durchführen<br />

lässt. Wir hatten zum Beispiel mal eine<br />

Patientin mit Bulimie. Mit ihr haben wir erarbeitet,<br />

dass sie nach jeder Mahlzeit zunächst mal<br />

zehn Minuten spazieren geht. Ganz konsequent,<br />

nach jeder Mahlzeit, einfach um den Reiz ‚essen‘<br />

und die Reaktion ‚kotzen‘ zu entkoppeln.“<br />

Und? Hat es geklappt?<br />

„Ja.“<br />

Wie lange dauert es, bis ich mir etwas Altes<br />

ab- und etwas Neues antrainiert habe?<br />

„Der aktuelle Stand der Wissenschaft sagt:<br />

66 Tage dauert es, um sich etwas abzugewöhnen<br />

– also mit Hilfe einer Ersatzhandlung –, 66 weitere,<br />

um sich eine neue Gewohnheit anzueignen.<br />

Der einzige Weg zum Erfolg ist Beharrlichkeit.<br />

Jeden Tag ein paar Minuten bringen dich über<br />

Wochen und Monate gesehen unglaublich weit.“<br />

Erschöpft unter der Netzmütze<br />

Eine Trainingseinheit bei Brainboost dauert<br />

etwa 40 Minuten, und man ist am Ende recht<br />

erschöpft unter der Netzmütze, tatsächlich so,<br />

als hätte der Kopf ein Workout hinter sich.<br />

Wie oft muss man das machen, bis es einen<br />

Effekt bringt?<br />

„Es ist wie im Fitnessstudio. Einmal ausprobieren<br />

bringt nichts. Wir bemerken dauerhafte<br />

Ergebnisse nach 20, 30 Sitzungen.“<br />

Das heißt, ich muss 20-mal zu euch kommen,<br />

damit mein Gehirn besser funktioniert?<br />

„Nein. Du kannst sehr viel zu Hause machen,<br />

ganz allein, und du kannst damit sehr weit<br />

kommen.“<br />

GETTY IMAGES<br />

54 INNOVATOR


NIMM DIR<br />

DREI MINUTEN<br />

„Jeden Tag nur drei<br />

Minuten mit geschlossenen<br />

Augen, ruhig<br />

atmend, in Gedanken<br />

und Tagträume versinken<br />

– damit trainierst<br />

du die Fähigkeit deines<br />

Gehirns, in den Alpha-<br />

Zustand zu gehen und<br />

sich ganz bewusst<br />

zu entspannen. Ideal<br />

wirken diese drei<br />

Minuten, wann immer<br />

du auch einen Boost<br />

für deine Kreativität<br />

brauchst.“<br />

SCHLAFEN<br />

„Das Gehirn ist der wesentlichste Grund dafür, warum wir<br />

Menschen schlafen müssen. Denn seine Kapazität reicht<br />

nur für rund 16 Stunden – dann braucht es eine Pause,<br />

um Gelerntes zu verarbeiten, sich zu erholen und neue<br />

Synapsenverbindungen aufzubauen. Ausreichender, guter<br />

Schlaf ist die Grund voraussetzung dafür, dass unser Gehirn<br />

funktionieren kann.<br />

Es mag nicht besonders originell sein, aber auf seinen<br />

Schlaf zu achten ist so ziemlich das Wirkungsvollste, was<br />

man für die Leistungsfähigkeit seines Gehirns tun kann.<br />

Übrigens unterstützt ein Powernap untertags die Kreativität<br />

und die Problemlösungskompetenz, weil er unser<br />

Gehirn in den Theta-Bereich bringt.“<br />

LOS<br />

GEHT’S!<br />

… okay, und was kann<br />

ich zu Hause machen?<br />

Philipp Heiler mit dem<br />

Home-Gym für dein<br />

Gehirn.<br />

BEFRAGE DICH<br />

SELBST<br />

„Achtsamkeit ist weit mehr<br />

als ein Modebegriff: Wenn du<br />

es schaffst, dein Gehirn bewusst<br />

in den Alpha-Bereich zu<br />

ver setzen, schaffst du damit<br />

Raum zwischen Reiz und Reaktion<br />

– was nichts anderes<br />

heißt, als dass du gelassener,<br />

ausgeglichener, reflektierter<br />

durch den Tag kommst. Der<br />

beste Achtsamkeits-Trainingstipp<br />

im Alltag: Notiere zweimal<br />

täglich, was du körperlich<br />

spürst, welche Gedanken und<br />

welche Gefühle du hast.“<br />

FOLGE DEM SEKUNDENZEIGER<br />

Eine tolle Übung für den Beta-Zustand, der deinen Fokus<br />

schärft: Schaffst du es, eine Minuten lang deine ganze Aufmerksamkeit<br />

auf den Sekundenzeiger einer analogen Uhr<br />

zu richten? Denke an nichts anderes als an diesen Zeiger.<br />

Eine Minute durchzuhalten, ohne einen ablenkenden Gedanken,<br />

ist alles andere als einfach!“<br />

DANKBARKEITS ­<br />

TAGEBUCH FÜHREN<br />

Angst ist das häufigste Problem<br />

unserer Zeit, der stärkste<br />

und größte negative Antrieb.<br />

Hinter sehr vielen zwanghaften<br />

Handlungen, hinter sehr vielen<br />

Einschränkungen steht Angst.<br />

Angst vor Dingen, vor Entscheidungen,<br />

davor, etwas zu verpassen,<br />

dass mein Leben nicht<br />

so toll ist wie das der anderen,<br />

nicht genug Geld zu haben.<br />

Angst ist evolutionär gesehen<br />

lebens rettend – weil Angst immer<br />

auch Vorsicht bedeutet –,<br />

und darum ist sie unter allen<br />

Emo tionen auch die<br />

mächtigste.<br />

Aber mittlerweile bestimmt<br />

sie unser Leben, statt es zu<br />

erhalten. Angst macht krank.<br />

Was kann ich gegen Angst tun?<br />

„Ein Dankbarkeitstagebuch<br />

führen. Täglich morgens<br />

und abends drei Dinge aufschreiben,<br />

für die du dankbar<br />

bist, und sie außerdem laut<br />

aussprechen. Das ist Neurofeedbacktraining!<br />

Du bringst<br />

dein Gehirn jeden Tag für<br />

ein paar Minuten in einen<br />

Zustand der Angstfreiheit.<br />

Du aktivierst die Schleife für<br />

das positive Gefühl, das der<br />

Angst entgegengesetzt ist,<br />

machst dich resilienter. Das<br />

Aufschreiben und das Aussprechen<br />

verstärken die<br />

Wirkung erheblich.“<br />

INNOVATOR 55


BIOHACKING SPECIAL<br />

WIE SIE VIEL<br />

Wenn Sie es irgendwie schaffen,<br />

sich die kommenden – sagen<br />

wir fünf, zehn, fünfzehn – Jahre<br />

einigermaßen fit zu halten:<br />

Tun Sie’s! Wirklich. Es könnte sein,<br />

dass mindestens die Hälfte<br />

Ihrer möglichen Todesursachen<br />

dann ausgestorben sein wird.<br />

JÜNGER<br />

VIEL ÄLTER<br />

WERDEN<br />

Das ist vielleicht die Geschichte<br />

Ihrer Rettung vor Krebs, Herzinfarkt,<br />

Schlaganfall, Diabetes und Alzheimer,<br />

die Geschichte Ihres ersten Halbmarathons<br />

mit hundertzehn, Ihres<br />

Literatur studiums mit neunzig und<br />

Ihrer Harley-Davidson mit achtzig.<br />

Die Geschichte ist ihrem Happy End<br />

erstaunlich nahe.<br />

Text Stefan Wagner<br />

Fotos Sebastian Arlt<br />

56 INNOVATOR


CHANGEMYFACE.COM<br />

157 JAHRE<br />

So könnte Michael Greve in hundert Jahren aussehen.<br />

Wir schreiben das Jahr 2121: Der Mann, der Milliarden als Pionier einer<br />

längst überholten Technologie (Internet) und einer Selbstverständlichkeit<br />

(Rejuvenation) verdiente, investiert in experimentelle Projekte zum 3D-<br />

Druck auf Molekularbasis. Vor zehn Jahren hat er seine Liebe zum Marathon<br />

entdeckt, Bestzeit: 3:14 Stunden.<br />

INNOVATOR 57


B<br />

evor wir mit der Geschichte Ihrer Lebensrettung<br />

loslegen, ist es ganz gut, wenn Sie wissen, wo diese<br />

Geschichte begann und wo sie derzeit steht.<br />

Alles begann damit, dass Michael Greve<br />

sehr reich war und sehr ungesund.<br />

Reich war er als Generalimporteur des Internets<br />

nach Deutschland geworden: Gemeinsam mit seinem<br />

Bruder hatte er Anfang der 1990er web.de gegründet,<br />

die beiden bauten den Dienst zu Deutschlands<br />

digitalem Vorzeige-Start-up auf, verkauften<br />

es 2006 um einen dreistelligen Millionenbetrag.<br />

Ungesund war Greve geworden, weil er über<br />

zwanzig Jahre jedem Lebensstil-Klischee eines<br />

Hackers entsprochen hatte: Pizza, Rotwein, Cola,<br />

drei Packungen Zigaretten pro Tag, Bewegungsradius<br />

Schreibtisch–Bett–Kühlschrank. 20 Kilo zu viel.<br />

Nach dem web.de-Verkauf war Greve so reich,<br />

dass ein Leben auf ihn wartete, in dem die schwierigsten<br />

Entscheidungen zwischen Helikopter-Snowboarden<br />

in Alaska oder Surfen auf Bali zu fällen<br />

waren. Oder auf was für ein Internet-Start-up er als<br />

nächstes Lust hat. (Drei der Start-ups, auf die Greve<br />

Lust hatte, wurden zu Unicorns: Babbel, Staffbase,<br />

Mambu – er ist noch heute beteiligt.)<br />

Michael Greve dachte sich: Jetzt den Löffel abzugeben,<br />

das wäre aber doof.<br />

Er begann sich mit Ernährung zu beschäftigen,<br />

ließ das mit Cola, Pizza und Rotwein sein, nahm<br />

20 Kilo ab, gab das Rauchen auf, nahm die 20 Kilo<br />

wieder zu und wieder ab. Nach insgesamt drei Jahren<br />

war sein Körper bereit für ein Leben, dem jahrzehntelang<br />

nicht langweilig werden muss.<br />

Greve dachte sich: Jetzt den Löffel abzugeben,<br />

das wäre erst recht doof.<br />

Dann traf er die Entscheidung, die sein Leben<br />

veränderte und möglicherweise bald auch Ihres:<br />

Michael Greve beschloss, die Sache mit der Gesundheit<br />

so substanziell anzugehen, dass er begann, sich<br />

mit dem Bereich Longevity zu beschäftigen, mit der<br />

Wissenschaft der menschlichen Langlebigkeit. Er<br />

ackerte Studien durch und begann sich zu engagieren,<br />

so aktiv, wie man das eben mit einer neun- bis<br />

zehnstellig gefüllten Brieftasche kann, wenn man<br />

beschlossen hat, nicht als reichster Mann auf dem<br />

Friedhof zu enden.<br />

GREVE SIEHT DEN VERFALLSPROZESS<br />

DES ALTERNS ALS EINE<br />

BEHANDELBARE KRANKHEIT, NICHT<br />

ALS UNENTRINNBARES SCHICKSAL.<br />

Vor fünf Jahren überwies er die ersten zehn Millionen<br />

an die SENS Research Foundation im Silicon<br />

Valley, eine Instanz der Langlebigkeitsforschung.<br />

Im selben Jahr, 2016, gründete Greve die Forever<br />

Healthy Foundation mit Sitz in den ehemaligen<br />

web.de-Büros.<br />

Zum Stand der Geschichte per Juli 2021:<br />

Forever Healthy ist längst global tätig, Stiftungssprache<br />

ist Englisch, die zuletzt aufgenommenen<br />

Mitarbeiter sitzen in Istanbul und New York. Von<br />

Karlsruhe aus steuert Greve gemeinsam mit einem<br />

kleinen Team derzeit 14 Start-ups, die aus besonders<br />

vielversprechenden Forschungsinitiativen entstanden<br />

sind. Er organisiert in Zusammenarbeit mit<br />

der SENS Research Foundation eine jährliche Konferenz,<br />

bei der sich die namhaften Wissenschaftler<br />

und Meinungsbildner der Branche treffen („Undoing<br />

Aging“, Berlin, nächster Termin: Mai 2022). Als<br />

globaler Netzwerker sorgt er dafür, dass Longevity-<br />

Forscher in San Francisco, London, Bangkok und<br />

Basel nicht unkoordiniert an derselben Sache herumdoktern,<br />

sondern auf den Ergebnissen der Kollegen<br />

aufbauen (ein bisschen, wie Wings for Life im Bereich<br />

Rückenmarksforschung dies tut). Er erstellt<br />

mit seinem eigenen Team wissenschaftliche Papers,<br />

die man sich als Screenshot des aktuellen Weltwissens<br />

zu einem Thema vorstellen darf, pro Paper<br />

werden 2000 Abstracts und rund 150 Studien durchgearbeitet.<br />

Er veröffentlicht sie in einer Datenbank<br />

auf seiner Website, für jedermann jederzeit frei zugänglich,<br />

sauber portioniert, verständlich übersetzt<br />

in praktische Handlungsanregungen,* zum Beispiel<br />

die Sache mit dem Fisetin und die mit dem EDTA,<br />

wir werden darauf zurückkommen.<br />

Er hat sich weltweit zur führenden Figur einer<br />

neuen Herangehensweise ans Thema Langlebigkeit<br />

gemacht: Er spricht von Rejuvenation, dem Er halten<br />

und Wiederherstellen der Jugendlichkeit. Er spricht<br />

davon, den Verfallsprozess des Alterns wie eine behandelbare<br />

Krankheit zu sehen, nicht wie ein unentrinnbares<br />

Schicksal. Das alles nicht mit dem Ziel des<br />

ewigen Lebens, sondern der weitestmöglichen Verlängerung<br />

der gesunden Lebenszeit.<br />

Damit Sie eine Ahnung kriegen, welche Lawine<br />

Greve in den vergangenen fünf Jahren losgetreten<br />

hat: Eines der 14 Start-ups ist so weit, dass es Tumore<br />

mittels Spritze auflösen kann. Ein anderes kann<br />

kaputte Arterien reparieren.<br />

Im Tierversuch klappt das schon.<br />

Als Maus oder als Hase wären Sie mittlerweile<br />

einigermaßen safe vor Krebs und Arteriosklerose.<br />

Michael Greve ist 57, was man ihm nur mit Mühe<br />

ansieht.<br />

Aus dem Hacker ist ein Biohacker geworden, inklusive<br />

Morgenroutine, Dankbarkeitstagebuch, Yoga,<br />

Schlaftracking, 30 Nahrungsergänzungsmitteln pro<br />

Tag (sie ergänzen eine ohnehin handverlesene Er-<br />

* Wie man gemäß dem neuesten Stand der Wissenschaft<br />

nicht stirbt: brain.forever-healthy.org<br />

58 INNOVATOR


57 JAHRE<br />

So sieht Michael Greve heute aus.<br />

Wir schreiben das Jahr 2021: Aus dem früheren Hacker – drei Packungen<br />

Zigaretten pro Tag, 20 Kilo Übergewicht – ist ein Biohacker geworden.<br />

Inklusive Morgenroutine, Dankbarkeitstagebuch, Yoga, Schlaftracking,<br />

30 Nahrungsergänzungsmitteln pro Tag.<br />

INNOVATOR 59


„ OB WIR KREBS, HERZINFARKT,<br />

DEMENZ DE FACTO ABSCHAFFEN,<br />

IST KEINE FRAGE DES OB MEHR.<br />

ES IST EINE FRAGE DES WANN.“<br />

nährung), das ganze Programm. Er hat für sich<br />

das Ziel definiert, mit siebzig so fit zu sein wie ein<br />

Dreißigjähriger. Nicht den Wunsch, das Ziel.<br />

Greve sagt auch, Stichwort Ziel: „Ob es gelingt,<br />

dass wir die altersbedingten Krankheiten wie Krebs,<br />

Herzinfarkt, Demenz de facto abschaffen, ist mittlerweile<br />

keine Frage des Ob mehr. Es ist eine Frage des<br />

Wann.“<br />

Okay. Also … wann wird es so weit sein?<br />

„Manches wahrscheinlich bereits in fünf, zehn,<br />

fünfzehn Jahren. Mein Anspruch ist da eindeutig:<br />

Ich will das, was wir herausfinden, für mich nützen<br />

können, für mein Leben.“<br />

Kleine Pause, damit das Folgende wirken kann,<br />

es mag wie ein Eingeständnis klingen, aber es ist,<br />

wenn man genauer hinhört, ein Versprechen:<br />

„Meine Lebensspanne, das ist der Zeithorizont.“<br />

Das muss man jetzt so deutlich sagen, wie es<br />

geht: Der Mann ist kein durchgeknallter Milliardär,<br />

der sich das ewige Leben kaufen möchte und in der<br />

Mittagspause das Blut von bei Vollmond geopferten<br />

Jungfrauen trinkt. Der Mann ist ein extrem erfolgreicher<br />

Unternehmer, der gelernt hat, in Visionen,<br />

Zielen, Strategien und Ergebnissen zu denken,<br />

im Abwägen von Risiken, und der mit diesem unternehmerischen<br />

Know-how einen sehr jungen, sehr<br />

experimentellen Wissenschaftsbereich antreibt.<br />

Mit der schieren Power seiner Kohle natürlich, aber<br />

noch wesentlicher als eine Art Manager, Koordinator,<br />

Mastermind. „Wissenschaftler sind extrem schlechte<br />

Unternehmer“, sagt er. „Wir finanzieren die Startups<br />

nicht nur. Vor allem sind wir deren Mentoren.“<br />

Im schlechtesten Fall ist Michael Greve ein hoch<br />

motivierter und potenter Mäzen ganz spezieller<br />

medizinischer Forschung und ein mäßig geduldiger<br />

Antreiber, wenn es um deren praktische Umsetzung<br />

geht.<br />

Im besten ist er für die Menschheit ein Glücksfall<br />

historischen Ausmaßes.<br />

Hier stehen wir also gerade.<br />

Wie geht die Geschichte jetzt weiter? Und wie<br />

lange dauert’s noch bis zum Happy End?<br />

Was derzeit, Stand: September 2021, normal ist,<br />

das muss man nicht unbedingt großartig finden.<br />

Jeden Tag sterben weltweit rund 150.000 Menschen.<br />

50.000 davon durch Unfälle, Gewalt, Kriege,<br />

solche Dinge, 100.000 sterben durch Krankheiten<br />

wie Diabetes, Krebs, Alzheimer, Herzinfarkt. Man<br />

könnte vereinfacht sagen: 100.000 Menschen<br />

sterben jeden Tag an der schlimmsten Krankheit<br />

der Welt, am Altern. Weil Zellen durchdrehen, weil<br />

sich über Jahrzehnte zu viel Zeug im Körper angesammelt<br />

hat, das da nicht hingehört, weil irgendwas<br />

zerbröselt oder verstopft oder verklebt, Verschleiß<br />

auf allen Ebenen. All das formuliert sich<br />

eben irgend wann in einer dieser Krankheiten aus,<br />

jahrelanges Leiden, riesige gesellschaftliche Kosten,<br />

familiäre Dramen, Exodus.<br />

Damit haben wir Menschen ein paar Millionen<br />

Jahre gelebt, damit sind wir Menschen ein paar Millionen<br />

Jahre gestorben.<br />

Daran haben wir uns gewöhnt.<br />

Aber muss es deswegen so bleiben?<br />

Nein, sagt Michael Greve. Er erzählt von seiner<br />

Oma, die zehn Jahre brauchte, um an Demenz<br />

zugrunde zu gehen, vor den Augen und im Kreis<br />

der Familie. „Sie erkannte irgendwann niemanden<br />

mehr, nur meinen Bruder. So etwas soll normal<br />

sein? So etwas sollen wir akzeptieren?“<br />

„Wir reden nicht über irgendwann.“<br />

„Was wir jetzt machen“, sagt er, „ist, der ganzen<br />

Sache auf den Grund zu gehen. Wo fängt der Krebs<br />

an, wo Alzheimer? Wo liegt die Wurzel? Und viel<br />

wichtiger: Was können wir konkret dagegen tun?<br />

Mich interessiert nur Forschung, die in einer Maßnahme<br />

mündet. Wir reden also in der Arbeit mit<br />

unseren Start-ups und bei unserer Konferenz nicht<br />

über Fadenwürmer und regulatorischen Kram.<br />

Wir reden nicht über irgendwann. Wir reden über<br />

den Menschen, über Therapie, und wir reden über<br />

zeitnah. Wir reden über Realität, nicht über Science-<br />

Fiction.“<br />

Über die Karriere einer handelsüblichen altersbedingten<br />

Krankheit weiß man mittlerweile tatsächlich<br />

ziemlich gut Bescheid. Jeder der großen Killer<br />

der Menschheit hat seine eigene Wurzel, seine root<br />

cause, in Summe sind es rund 30 bis 40 Prozesse,<br />

die uns alt und krank machen, sie bedingen und<br />

begünstigen einander, das tödliche Spiel des biologischen<br />

Alterns ist Teamwork.<br />

Aber, und das ist eine wirklich gute Nachricht:<br />

Diese root causes sind isolierbar, jede für sich erforschbar<br />

– und damit jede für sich bekämpfbar.<br />

WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />

BEISPIEL: SENESZENTE ZELLEN<br />

Jeder von uns besteht aus rund 100 Billionen Zellen.<br />

Jede davon geht kaputt, manche alle paar Tage, andere<br />

alle paar Jahre. Eine kaputte Zelle wird zerstört, aufgefressen,<br />

recycelt, durch eine neue ersetzt. Ein geniales<br />

System, aber nicht ganz fehlerlos. Seneszente Zellen<br />

sind Zellen, die eigentlich kaputt sind und weggeräumt<br />

werden sollten. Aber aus irgendeinem Grund bleiben sie<br />

da. Zombies. Das spielt keine Rolle, solange es ein paar<br />

wenige sind. Aber im Lauf der Jahrzehnte sammeln sich<br />

mehr und mehr und mehr davon an. Nehmen frischen<br />

Zellen Platz weg. Und produzieren Gifte.<br />

Mehr seneszente Zellen bedeutet mehr Zellgift,<br />

mehr Zellschäden, mehr Altern, mehr Krankheit.<br />

60 INNOVATOR


77 JAHRE<br />

So könnte Michael Greve in zwanzig Jahren aussehen.<br />

Wir schreiben das Jahr 2041: Die ersten Start-ups, die er milliardenschwer<br />

finanzierte, hatten Erfolg. Sein Körper hat sich auf Zellebene von Grund auf<br />

regeneriert, er hat die Welt verändert. Und er hat sein Ziel erreicht, das er<br />

2021 formuliert hatte: „Ich will mit siebzig so fit sein wie ein Dreißigjähriger.“<br />

INNOVATOR 61


Was können wir derzeit gegen seneszente Zellen<br />

machen?<br />

Nichts. Außer vielleicht einmal im Monat Fisetin<br />

einnehmen, 1,5 Gramm am ersten, 1,5 Gramm am zweiten<br />

Tag. „Das klappt ziemlich wahrscheinlich“, sagt<br />

Greve. „Und es ist risikolos, die Studienlage eindeutig.<br />

Ich persönlich mache es. Kostet 30 Euro pro Monat,<br />

Fisetin kriegt man überall, kann jeder machen. Wenn<br />

wir in fünf Jahren über Fisetin lachen, ist nix passiert.<br />

Wenn wir in fünf Jahren draufkommen, dass Fisetin<br />

super funktioniert, hab ich fünf Jahre länger davon<br />

profitiert.“<br />

Wie schnell werden wir das Problem der seneszenten<br />

Zellen wirklich in den Griff bekommen? „Da arbeiten<br />

viele dran, nicht nur wir (das Start-up FoxBio im<br />

Staat New York ist eines der 14 in Greves Stall; Anm.).<br />

Ob wir durchkommen oder ein anderes Unternehmen,<br />

ist mir egal.“<br />

WAS GREVE TUT, IST<br />

AUS SICHT EINES<br />

HERKÖMMLICHEN INVESTORS<br />

VERRÜCKT. „ MIR IST DAS<br />

EGAL. ES IST MEIN GELD,<br />

ICH BIN NIEMANDEM<br />

RECHENSCHAFT SCHULDIG.“<br />

Was man sich als Laie gar nicht vorstellen kann:<br />

wie Medizin als Business funktioniert.<br />

Medizin, da brauchen wir nicht drum herumzureden,<br />

ist ein Wirtschaftszweig: Geld zieht kluge Köpfe an,<br />

mehr Geld klügere Köpfe, es ist ein schlichter Verteilungskampf<br />

der Brainpower, auch Lebensrettung<br />

gehorcht den Gesetzen der Marktwirtschaft.<br />

Wie geht man unternehmerisch an so ein Startup<br />

heran, das seneszente Zellen aus dem Körper<br />

oder Krebs aus der Welt schafft?<br />

Die Grundlagenforschung ist – Überraschung! –<br />

der wesentlich kleinere Teil. „Es kann schon nach<br />

ein paar Millionen so weit sein, dass du über die<br />

Gründung eines Start-ups nachdenken kannst.“<br />

Und das Start-up übersetzt einfach die Theorie<br />

in die Praxis? Man nimmt ein Reagenzglas, multipliziert<br />

es zehn Millionen Mal und schickt das Medikament<br />

raus in die Apotheken?<br />

Wäre das so, würden wir alle längst drei Tabletten<br />

pro Tag nehmen, und Krebs, Alzheimer, Diabetes,<br />

Schlaganfall wären kein Thema mehr.<br />

Es ist nicht so.<br />

Jedes Start-up im Rejuvenation-Bereich ist eine<br />

Expedition: Man hat eine ziemlich klare Idee vom<br />

Ziel, aber man hat nur eine ungefähre Ahnung, wo<br />

der Weg dorthin verläuft, keine Ahnung, welche<br />

Hindernisse unterwegs warten, und vielleicht gibt<br />

es ja überhaupt keinen Weg zum Ziel. Fix ist lediglich:<br />

Wer nicht mit 200, 300, 400 Millionen Euro im<br />

Gepäck startet, braucht gar nicht erst loszugehen.<br />

Was Greve tut, ist aus Sicht eines herkömmlichen<br />

Investors verrückt. „Das weiß ich natürlich, aber mir<br />

ist das egal. Wir gehen rein, wenn uns die Science<br />

dahinter überzeugt. Wir investieren, wir gründen,<br />

wir stellen ein Team zusammen. Ich kann das so<br />

machen, weil es ja mein Geld ist. Ich bin niemandem<br />

Rechenschaft schuldig. Ist es weg, ist es weg. Mein<br />

Ding.“<br />

WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />

BEISPIEL: KREBS<br />

Es gibt Menschen, deren Immunsystem killt Krebszellen.<br />

Sie sind immun gegen Krebs. Das Londoner<br />

Start-up Lift BioSciences nützt die rätselhafte Fähigkeit<br />

dieser Menschen. „Wir ernten quasi das Immunsystem<br />

dieser Leute“, sagt Greve. „Wir multiplizieren<br />

es im Bioreaktor und machen es injizierbar. Im Tierversuch<br />

sieht das bereits so aus: Mäuse mit daumengroßen<br />

Tumoren kriegen eine solche Spritze. 48 Stunden<br />

später ist der Krebs weg.“<br />

… weg? Krebs?<br />

„Ja. Weg. Krebs. Nicht Blutkrebs, da klappt es nicht,<br />

aber Tumore.“<br />

Wie lange dauert’s, bis die Krebsspritze den Weg<br />

von der Maus in unsere Krankenhäuser geschafft hat?<br />

„Das ist abhängig von den klinischen Phasen. Ich<br />

rechne mit fünf, sieben, zehn Jahren.“<br />

Und wie realistisch …?<br />

„… kannst du noch nicht sagen. Es schaut wirklich<br />

nicht schlecht aus. Aber ganz sicher weiß man bei all<br />

diesen Unternehmen ohnehin nur eines: Wenn es<br />

niemand macht, bleibt die Wahrscheinlichkeit immer<br />

bei null.“<br />

Game over, jederzeit.<br />

Bleiben wir noch beim Bild der Expedition. Ein Medikament<br />

kann in der Theorie, im Reagenzglas und<br />

im Tierversuch noch so gut funktionieren, das letzte,<br />

härteste Stück des Wegs besteht aus vier Etappen,<br />

es sind vier klinische Phasen vom perfekten Tierversuch<br />

in die Apotheke zu überwinden.<br />

In Phase 1 wird offiziell nur darauf geachtet, ob<br />

das Mittel dem Menschen schadet. Kleine Gruppe,<br />

meist gesunde Leute, intensive Kontrollen. „Inoffiziell<br />

achtest du natürlich darauf, ob das Mittel<br />

auch die Wirkung entfaltet, die du dir erwartest,<br />

sonst machst du gar nicht weiter.“ Wenn alles<br />

62 INNOVATOR


perfekt passt: weiter zu Phase 2, erste Anwendungen<br />

bei möglichen Patienten, Check von Wirksamkeit<br />

und Sicherheit, intensive Kontrollen. Wenn einer<br />

der Probanden Schlafstörungen kriegt, eine Allergie<br />

bemerkt oder ihm ein paar Haare ausfallen, steht<br />

das Ding, bis man ausschließen kann, dass es mit<br />

dem Mittel zu tun hat. Phase 2 überstanden, alles<br />

immer noch perfekt? Dann Phase 3. Eine klinische<br />

Studie mit rund 1000 Probanden, läuft in der Regel<br />

über zwei Jahre und in verschiedenen Krankenhäusern.<br />

In Phase 4 wird das neue Mittel, frisch<br />

zugelassen, in der Praxis beobachtet.<br />

Während des gesamten Prozesses – ja, auch nach<br />

der Zulassung – kann jeden Tag ein Ergebnis aus<br />

irgendeinem Labor, aus irgendeinem Krankenhaus<br />

kommen, das die ganze Geschichte kippt, Game over.<br />

Du bist fünf, zehn, fünfzehn Jahre lang buchstäblich<br />

nur einen Telefonanruf vom Totalausfall entfernt.<br />

Wenn niemand anruft, gehst du irgendwann<br />

in die Produktion. Das bedeutet dann: nicht mehr<br />

im Labor Kleinstmengen für Studien produzieren,<br />

sondern in einer großen Anlage marktfähige Mengen,<br />

wieder Millionen und Abermillionen zusätzliche<br />

Kosten, riesiger technischer, organisatorischer,<br />

personeller Aufwand.<br />

Aber dann sieht die Welt vielleicht ja schon anders<br />

aus als vorher.<br />

WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />

BEISPIEL: HERZINFARKT,<br />

SCHLAGANFALL<br />

„Wenn Cholesterin in den Wänden unserer Blutgefäße<br />

oxidiert, entsteht etwas, das von unserem System<br />

als Fremdkörper erkannt wird. Das Immunsystem wird<br />

gerufen, die sogenannten Makrophagen treten an,<br />

stecken dieses oxidierte Cholesterin in ihre interne<br />

Müllverbrennungsanlage, die Lysosomen. Dort werden<br />

Giftstoffe, Proteinreste und der ganze andere Müll zerlegt,<br />

den wir loswerden müssen. Nur kann im Lysosom<br />

unserer Zellen dummerweise dieses oxidierte Cholesterin<br />

nicht runtergebrochen werden. Dafür haben wir kein<br />

Enzym. Das ist Scheiße. Was nämlich dann passiert:<br />

DU INVESTIERST HUNDERTE MILLIONEN.<br />

UND BIST DIE NÄCHSTEN ZEHN,<br />

FÜNFZEHN JAHRE NUR EINEN TELEFON-<br />

ANRUF VOM TOTALAUSFALL ENTFERNT.<br />

Die Immunzellen nehmen immer mehr von diesem<br />

Cholesterin auf, die Lysosome dehnen sich weiter und<br />

weiter aus, es entsteht Plaque. Die Plaque sammelt sich<br />

in der Arterienwand, die reißt irgendwann, der Körper<br />

erkennt eine Verletzung, Blutgerinnung, es formt sich<br />

ein Blutklumpen-Plaque-Knäuel, die Arterie wird verstopft.<br />

Das nennen wir dann Herzinfarkt. Oder Schlaganfall,<br />

wenn der Klumpen ein Gefäß im Hirn verstopft.“<br />

Underdog Pharmaceuticals in Mountain View, Kalifornien,<br />

arbeitet an der Abschaffung von Herzinfarkt<br />

und Schlaganfall, und zwar so:<br />

„Wir haben einen speziellen Zucker entwickelt,<br />

der heißt Zyklodextrin. Er geht über die Blutgefäße<br />

in die Arterienwand in die Makrophagen ins Lysosom,<br />

greift sich das oxidierte Cholesterin, transportiert es<br />

aus dem Lysosom, aus der Makrophagen, raus aus<br />

dem Körper. Wie du ganz normal Giftstoffe entgiftest.<br />

Der Zucker arbeitet die Plaque weg, und sie wird ausgeschieden<br />

wie jeder andere Giftstoff.“<br />

Ich schlucke also eine Zuckerpille und scheide<br />

die Plaque meiner Arterien aus? Einfach so? Über, äh,<br />

Stuhl und den Harn?<br />

„Das ist der Plan.“<br />

Und wann wird das …?<br />

„Bei Mäusen klappt es so gut, dass wir nächstes,<br />

übernächstes Jahr in die Phase 1 gehen können.“<br />

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass beim<br />

Menschen funktioniert, was bei Mäusen funktioniert?<br />

„In diesem Fall ziemlich gut, weil Mäuseplaque und<br />

Menschenplaque einander sehr ähnlich sind. Aber wie<br />

weit der Weg wirklich ist, können wir noch nicht sagen,<br />

das ist einfach so in der Bioscience, da tauchen unterwegs<br />

die irrsten Dinge auf: Zyklodextrin zum Beispiel<br />

verursacht in extrem hoher Dosierung unter Umständen<br />

Hörschäden. Keiner weiß, warum. Daran arbeiten wir<br />

jetzt. Dann geht’s weiter.“<br />

Greves Ziel mit Zyklodextrin ist sehr konkret: eine<br />

Zuckerpille pro Tag als Schutz vor Herzinfarkt und<br />

Schlaganfall, Verkaufspreis maximal zehn Dollar pro<br />

Monat. „Alles, was wir entwickeln, soll für jeden auf der<br />

Welt erschwinglich sein“, sagt er. „Das ist mir extrem<br />

wichtig. Diese neuen Medikamente müssen nicht<br />

tausende Dollar kosten. Bei zehn Dollar pro Monat,<br />

in ärmeren Ländern vielleicht nur einen oder zwei,<br />

ver dienen wir immer noch mehr als genug.“<br />

„Das wird die größte Industrie der Welt.“<br />

Greve war immer Geschäftsmann und wird es für<br />

immer bleiben, wenn’s gut läuft, sogar für die nächsten<br />

hundert Jahre. Er verhält sich wie ein Mäzen,<br />

aber er denkt, fühlt, handelt, redet wie ein Unternehmer.<br />

„Rejuvenation wird die größte Industrie der Welt<br />

werden. Davon bin ich hundertprozentig überzeugt.<br />

Sieh dir das an“, er nimmt sein iPhone vom Tisch,<br />

„das ist die derzeit wertvollste Marke der Welt. Telefone.<br />

Man muss nicht lange überlegen, was mehr<br />

63


„ REJUVENATION IST SO ETWAS WIE DIE DIGITALE REVOLUTION,<br />

NUR VIEL, VIEL GRÖSSER: ES WIRD DIE GRUNDLEGENDSTE<br />

VERÄNDERUNG IN UNSERER GESAMTEN GESCHICHTE SEIN.“<br />

wert ist: ein Telefon oder ein Leben ohne Krebs,<br />

ohne Schlaganfall, ohne Demenz.“<br />

Greve weiß, was es heißt, Pionier zu sein. „Ich<br />

habe die Entwicklung von keinem PC zum PC mitgemacht,<br />

die Entwicklung des Internets, von Mobile,<br />

von Cloud Services, von all diesen Dingen, die unsere<br />

Welt komplett verändert haben. Und das hier wird<br />

genau so etwas werden wie die digitale Revolution,<br />

nur viel, viel größer. Rejuvenation wird die grundlegendste<br />

Veränderung sein, die wir überhaupt<br />

er leben in unserer gesamten Geschichte. Um zu<br />

erkennen, dass es auch das größte Business der Geschichte<br />

wird, dafür reicht ein klein wenig Mathematik:<br />

Vier Milliarden Menschen über vierzig Jahren,<br />

zehn Dollar im Monat, macht 480 Milliarden Dollar<br />

Jahr für Jahr. Das ist eine Fünf-Billionen-Dollar-<br />

Company. Das sind die Dimensionen, und da reden<br />

wir nur von einer root cause.“<br />

WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />

BEISPIEL: MITOCHONDRIEN<br />

Mitochondrien haben wir zu Zigtausenden in jeder<br />

einzelnen Körperzelle. Sie werden als „Zellkraftwerke“<br />

bezeichnet, zu Recht, denn sie erzeugen ATP, Adenosintriphosphat,<br />

unseren Lebenstreibstoff. Menschenbenzin.<br />

Wir produzieren und verbrauchen sehr viel<br />

davon, ein 70-Kilo-Mensch etwa 35 Kilo pro Tag, und<br />

wir hängen davon ab, dass unsere Mitochondrien in<br />

Topform sind: Legen sie zum Verschnaufen eine fünfsekündige<br />

Pause ein, sind wir tot.<br />

Mitochondrien werden mit dem Alter ein wenig<br />

nachlässig. Das ist keine gute Nachricht, denn das<br />

macht unser Immunsystem ebenfalls nachlässiger,<br />

wir werden insgesamt schlapper, müder, kranker.<br />

Die Forschung ist sich ziemlich sicher, dass gesunde<br />

Menschen gesunde Mitochondrien haben, schlappe<br />

schlappe und kranke kranke.<br />

Cellvie ist eines der 14 Start-ups aus Greves Stall,<br />

das Unternehmen mit Standorten in Zürich, Boston<br />

(Massachusetts) und Houston (Texas) arbeitet an<br />

etwas, was sich Therapeutic Mitochondrial Transfer<br />

nennt.<br />

Therapeutic Mitochondrial Transfer ist tatsächlich,<br />

wonach es klingt: der Transport von Mitochondrien.<br />

Im Office der Forever Healthy Foundation<br />

Von Karlsruhe aus verändert der ehemalige<br />

Internet-Pionier Michael Greve möglicherweise<br />

unser aller Leben grundlegend.<br />

Man entnimmt einem 25-jährigen Kraftsportler ein<br />

paar seiner Kraftwerke, vervielfältigt sie in einem Bioreaktor<br />

und injiziert sie zum Beispiel einem Siebzigjährigen,<br />

der nach einer schweren Operation auf der<br />

Intensivstation liegt.<br />

Cellvie ist so weit, dass man Mitochondrien nicht<br />

nur injizieren, sondern auch einatmen kann. Sie werden<br />

über die Lunge aufgenommen, ohne Immunreaktion,<br />

ohne Abstoßung, egal welcher Spender, egal welcher<br />

Empfänger.<br />

Es wird einen Mitochondrienspray geben. Er wird<br />

Millionen von Menschen mit Lungenkrankheiten das<br />

Leben vereinfachen und retten.<br />

64 INNOVATOR


Wir werden Lebensenergie, Gesundheit und Vita lität<br />

von einem Menschen zum anderen übertragen.<br />

Wir werden mithilfe von Mitochondrien alle Arten<br />

von Transplantationen vereinfachen. Und: Wir retten<br />

bereits jetzt Leben.<br />

„Wir sind so weit, die Technik konkret beim Menschen<br />

anzuwenden“, sagt Greve, „wir setzen sie bei<br />

Kindern ein, die mit einem bestimmten Fehler im Herzmuskel<br />

zur Welt kommen. Bisher starben 80 Prozent<br />

dieser Kinder. Wir injizieren Mitochondrien der Mutter<br />

in den Herzmuskel des Neugeborenen. Damit haben wir<br />

die Sterblichkeit runtergekriegt auf 30 Prozent.“<br />

Wie alt werden wir eigentlich werden?<br />

„Keine Ahnung“, sagt Greve. „Das wissen wir nicht.<br />

Irgendwas bei 120, 150, 180 vielleicht. Wenn du<br />

einen Oldtimer nicht pflegst, ist er nach 50.000 Kilometern<br />

kaputt. Wenn du ihn in die Garage stellst,<br />

wartest, Öl wechselst, auf den Rost schaust … dann<br />

läuft er wie lange? 300.000 Kilometer? 500.000?“<br />

Wie alt möchtest du werden?<br />

„Diese Frage stellt sich mir so nicht. Es geht um<br />

Qualität, nicht um Quantität. Ich will, solange ich<br />

lebe, alles tun können, was ich will, snowboarden,<br />

arbeiten, egal. Ich will am Ende meines Lebens nicht<br />

zehn Jahre unter einer grauenhaften Krankheit leiden,<br />

die man hätte verhindern können. Und ich will in<br />

einer Welt leben, in der das, was für mich möglich<br />

ist, für alle Menschen möglich ist.“<br />

WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />

BEISPIEL: VERKALKUNG<br />

Wir hatten das Thema Plaque ja vorhin schon, beim<br />

oxidierten Cholesterin und diesem Wunderzucker, an<br />

dem Underdog Pharmaceuticals arbeitet. Da ging es um<br />

die sogenannte weiche Plaque. Es gibt aber auch harte<br />

Plaque, Verkalkung, Knochenmaterial, das sich an<br />

falschen Stellen abgelagert hat. In Arterien, im Kapillarsystem,<br />

den Nieren, der Lunge, dem Herzmuskel. Die<br />

Gefäße werden spröde, brüchig und gehen kaputt.<br />

„Es gibt schon ziemlich lange eine Möglichkeit,<br />

Verkalkung zu entfernen. Sie nennt sich EDTA, das ist<br />

ein spezielles Protein, kostet kaum was, wird vielleicht<br />

deswegen in der Medizin kaum eingesetzt, wer weiß.<br />

EDTA wurde im vergangenen Jahrhundert bei Arbeitern<br />

in Batteriefabriken zur Bleientgiftung eingesetzt – und<br />

irgendwann bemerkte man: Die Arbeiter kriegen weniger<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen als andere Menschen.<br />

Lag am EDTA, kam man drauf. Heute gibt es EDTA-<br />

Infusionen, Routine, mach ich auch, hat einen Nachteil:<br />

Es ist ein Zufall, ob das injizierte EDTA im Körper die<br />

Stelle erreicht, an der sich diese Kalk-Plaque gebildet<br />

hat, oder ob es irgendwo im Körper verebbt.“<br />

Elastrin Therapeutics, Sitz in South Carolina, USA,<br />

hat eine Technik entwickelt, um EDTA punktgenau<br />

zur Kalk-Plaque zu führen: „Wir laden Nanopartikel<br />

mit EDTA auf, rüsten diese Nanopartikel so aus, dass<br />

sie genau an jenen Stellen in unserem Bindegewebe<br />

an docken, an denen Elastinfasern gebrochen sind.<br />

Also genau dort, wo Verkalkung entsteht. Die spüren<br />

sie auf, dort lassen sie das EDTA los. Und weil wir schon<br />

dabei sind, schicken wir weitere solcher Nanopartikel<br />

los mit einem anderen Wirkstoff, PGG, der repariert<br />

auch gleich das kaputte Elastin. Das heißt: Wir können<br />

verkalkte Arterien nicht nur entkalken, sondern sie<br />

auch heilen. Bei Hasen sind wir so weit, dass wir mit<br />

dieser Technik Aneurysmen wegbekommen.“<br />

Aneurysmen sind Arterienschäden, die völlig<br />

sym ptomfrei von einer Minute auf die andere weltweit<br />

über 500.000 Menschen pro Jahr aus dem Leben<br />

reißen.<br />

Wie sieht eine Welt aus, in der wir alle 120, 150,<br />

180 Jahre alt werden?<br />

Was passiert, wenn Ihnen Greve mit seiner Forever<br />

Healthy Foundation tatsächlich irgendwann das<br />

Leben rettet, und 20.000, 30.000, 70.000, irgendwann<br />

100.000 weiteren Menschen, Tag für Tag?<br />

Weil seine Start-ups ein Mittel gegen Krebs, gegen<br />

Herzinfarkt, gegen Demenz gefunden haben? Weil<br />

wir uns jeden Morgen einen Schub frische Mitochondrien<br />

reinziehen anstelle eines Kaffees – und<br />

uns nicht nur einen schnellen Koffein-Kick holen,<br />

sondern einen Turbo-Boost für unsere Jugendlichkeit<br />

und Vitalität?<br />

Das bedeutet weniger Leid, ja, immens reduzierte<br />

Kosten fürs Gesundheitssystem, ja, und man kann<br />

auch auf lustige Ideen kommen: Rafael Nadal gewinnt<br />

das Turnier in Paris 75-mal, Achtzigjährige<br />

stürmen die Unis, bei Marathons braucht man<br />

120-plus-Altersklassen, und Neunzigjährige stellen<br />

sich eine Harley-Davidson in die Garage, weil sie die<br />

Midlife-Crisis gepackt hat.<br />

Aber ganz im Ernst: Was passiert mit unserer Gesellschaft?<br />

Mit unserem Planeten? Verhungern wir<br />

RAFAEL NADAL GEWINNT DAS<br />

TURNIER IN PARIS 75-MAL,<br />

80-JÄHRIGE STÜRMEN DIE UNIS,<br />

BEI MARATHONS BRAUCHT MAN<br />

120-PLUS-ALTERSKLASSEN.<br />

INNOVATOR


alle, weil wir nicht mehr sterben? Auf dem Planeten<br />

Erde gibt’s nun mal nicht mehr als 149 Millionen<br />

Quadratkilometer Festland, und wer stirbt, macht<br />

letztlich ja auch … Platz für andere? Haben wir<br />

irgendwann alle zu wenig Platz?<br />

Das sind Fragen, die an Michael Greves Lebenszweck<br />

rühren: Er könnte seine Tage mit Snowboarden<br />

und Surfen verbringen, er könnte den Pilotenschein<br />

machen, zwischendurch ein paar IT-Unicorns<br />

hochziehen, seinen Kontostand beobachten wie<br />

unsereiner beim Tanken die Anzeige an der Zapfsäule,<br />

er könnte jeden Abend Partys schmeißen<br />

und mit den besten Wissenschaftlern der Welt eine<br />

Art persönliches Experiment der ewigen Jugend<br />

veranstalten.<br />

Das interessiert ihn aber nicht.<br />

Aus seinem persönlichen Gesundheitsprojekt ist<br />

eine Mission geworden.<br />

Wenn man die oben genannten Fragen stellt, sagt<br />

er: „Welche Krankheit sollen wir denn nicht heilen<br />

wollen? Sollen wir nichts gegen Krebs machen?<br />

Nichts gegen Schlaganfall? Nichts gegen Demenz?<br />

Was sollen wir auslassen, sag’s mir!“<br />

Aber was macht das mit uns als Menschheit,<br />

wenn es immer mehr von uns gibt? Wuchern die<br />

Städte einfach zu Mega-Zigmillionen-Molochen?<br />

Siedeln wir die Alpen kaputt? Führen wir Kriege um<br />

Lebensraum? Wirft uns der Planet eines Tages überhaupt<br />

nur mehr ab, weil er keine Luft mehr kriegt?<br />

Ich komme mir wahnsinnig unprogressiv vor,<br />

wenn ich diese Fragen stelle. Aber sind sie unberechtigt?<br />

Michael Greve hält sie für unberechtigt, weil er<br />

die Perspektive infrage stellt, aus der sie kommen.<br />

Es wird wohl zu einem Teil seiner Mission werden,<br />

nicht nur unsere Perspektive auf unsere Gesundheit<br />

und unsere Lebenserwartung zu verändern,<br />

sondern auch unsere Perspektive auf Zukunft, denn<br />

davon wird es möglicherweise relativ bald sehr viel<br />

mehr geben.<br />

Greve kann Zukunft, Greve liebt alles, was mit<br />

Zukunft zu tun hat, das hat er als digitaler Revolutionär<br />

bewiesen, und er ist ein völlig untalentierter<br />

Bedenkenträger. Er sieht Chancen, wo andere Bedrohungen<br />

sehen, sonst hätte er ja auch niemals<br />

diese ganzen Unicorns hochgezogen.<br />

„Unsere Welt ändert sich radikal, und es geht<br />

exponenziell schnell“, sagt er, „ob wir wollen oder<br />

nicht. Raumfahrt, künstliche Intelligenz, Robotik,<br />

selbstfahrende Autos, es wird superschnelles Internet<br />

an jedem Punkt der Welt geben. Du wirst vom<br />

Nordpol aus arbeiten können wie heute im Homeoffice.<br />

Nimm Nanotechnologie, da ist den meisten<br />

Leuten nicht einmal klar, was das bedeuten wird. Es<br />

kommt molecular assembling, 3D-Drucker, aber<br />

eben auf Atomebene. Weiß keiner, ist zum Teil sogar<br />

schon da. Unsere Welt wird eine andere sein, egal<br />

ob wir sie mitgestalten oder nicht, egal ob wir die<br />

Änderungen toll finden oder nicht. Die Veränderungen<br />

werden radikal sein, und sie bedeuten vor allem<br />

eines: jede Menge riesiger Chancen.“<br />

GREVE WILL AUCH<br />

UNSERE PERSPEKTIVE AUF<br />

DAS THEMA ZUKUNFT ÄNDERN,<br />

DENN DAVON WIRD ES<br />

MÖGLICHERWEISE RELATIV BALD<br />

SEHR VIEL MEHR GEBEN.<br />

WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />

BEISPIEL: FALTEN,<br />

BLUTHOCHDRUCK<br />

Dass unsere 100 Billionen Zellen keinen wabbeligen<br />

Haufen bilden, sondern einen meist recht ordentlich<br />

strukturierten, halbwegs festen Körper, liegt an der<br />

sogenannten extrazellulären Matrix. Die hält jede Zelle<br />

an ihrem vorgesehenen Platz, im Wesentlichen besteht<br />

diese dreidimensionale, wunderbar flexible und geschmeidige<br />

Matrix aus Kollagen.<br />

Flexibilität und Geschmeidigkeit der Matrix gehen<br />

mit dem Alter verloren, das ist es auch, was unsere<br />

Haut älter aussehen lässt. Der Grund für Falten und<br />

andere Verhärtungen und Versteifungen der Matrix ist<br />

Zucker, der sich mit dem Kollagen zu sogenannten<br />

Advanced Glycation Endproducts (AGEs) verbindet.<br />

Diesen Prozess können wir durch unseren Lebenswandel<br />

verlangsamen, aber nicht stoppen. (Und noch<br />

weniger umkehren, nicht einmal mit Cremes um<br />

400 Euro für 30 Gramm, leider.)<br />

Natürlich altern wir nicht nur äußerlich. Auch unsere<br />

Gefäße bilden AGEs, wir kriegen altersbedingten Bluthochdruck,<br />

mehr Plaque, mehr Arterienverletzungen,<br />

der Rest: siehe oben.<br />

Unser Körper kann diese AGEs nicht aufbrechen,<br />

und wenn wir das nicht in den Griff bekommen, sterben<br />

wir früher oder später an jenem Prozess, der für unsere<br />

Falten verantwortlich ist.<br />

Das möchte Revel Pharmaceuticals, Sitz in San<br />

Francisco, ändern. (Und, ja, weil Sie die Frage jetzt<br />

nicht aus dem Kopf kriegen: Sie haben recht, AGEs aufbrechen,<br />

das wäre der ganz große Anti-Falten-Durchbruch.<br />

Hat Revel Erfolg, sieht unsere Haut mit neunzig<br />

wirklich aus wie mit 25.)<br />

Als man versuchte, AGEs für die Forschungsarbeit<br />

zu isolieren – aus nachvollziehbaren Gründen nicht von<br />

lebenden Menschen –, machte man eine erstaunliche<br />

Entdeckung: Leichname haben keine AGEs.<br />

Sobald wir tot sind, werden diese garstigen Zucker-<br />

Protein-Verbindungen nämlich von Enzymen zersetzt,<br />

66 INNOVATOR


die wiederum von speziellen Bakterien hergestellt<br />

werden.<br />

Revel kann diese Bakterien kultivieren und die<br />

erzeugten Enzyme abernten, quasi in einer Art Nutzbakterienhaltung.<br />

Und mittlerweile kann man AGEs auch industriell<br />

herstellen (Finanzierung der entsprechenden Entwicklung:<br />

Forever Healthy Foundation). Am Beginn des<br />

Wegs zu AGEs, ohne lebenden Menschen Fleischstücke<br />

rauszuschnitzen, stand jedoch, festhalten jetzt:<br />

Hühnersuppe.<br />

Man extrahierte die Verklebungen, die uns alt und<br />

faltig machen, indem man Hühnerknochen auskochte.<br />

Vielleicht werden wir alle 150 Jahre alt, weil jemand<br />

auf die Idee gekommen ist, Bakterien mit Hühnersuppe<br />

zu füttern.<br />

Sage noch irgendwer, die Evolution hätte keinen<br />

Humor.<br />

DAS<br />

JAHRESABO<br />

10 The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>-Ausgaben<br />

+ 2 <strong>Innovator</strong>-Specials<br />

Schlusswort: Michael Greve.<br />

„Nur mal hypothetisch, du lebst 150 Jahre. Da<br />

machst du ja mehrere Karrieren, da lebst du mehrere<br />

berufliche Leben, bist vielleicht fünfzig Jahre Arzt<br />

und fünfzig Jahre Gärtner? Wir werden alle länger<br />

gesund sein, länger produktiv, wir werden alle länger<br />

im Saft stehen, stellen wir uns vor, was das bedeutet:<br />

Ingenieure, Forscher, Manager, Künstler, die achtzig,<br />

neunzig, hundert sind, mit all ihrer Lebenserfahrung,<br />

aber mit der Energie eines Dreißigjährigen! Wie toll<br />

ist das?“<br />

„Ich bin absolut überzeugt: So wie wir heute aufs<br />

Mittelalter gucken – die Gülle schwimmt die Gosse<br />

lang, die Leute stinken und sterben mit 35 –, so wird<br />

man auf unsere Zeit blicken. Man wird sich das alles<br />

nicht mehr vorstellen können. Man wird über uns<br />

sagen: ‚Die sind alle an diesen fürchterlichen Krankheiten<br />

zugrunde gegangen, an Herzinfarkt, Schlaganfall,<br />

Alzheimer. Die haben das Wasser und die<br />

Luft verseucht und giftige Sachen in sich reingestopft.<br />

Die haben sich auf dem Planeten benommen<br />

wie rotzige Teenager in ihrem Wohnzimmer.‘ Das<br />

werden die Menschen der Zukunft über uns sagen.<br />

Sie werden den Kopf schütteln und froh sein, dass<br />

sie in der zivilisierten Zeit, auf einem gesunden<br />

Planeten leben. Dass wir dorthin kommen, so<br />

schnell wie möglich, dazu möchte ich einen Beitrag<br />

leisten. Dass wir dafür natürlich sofort anfangen<br />

müssen, unser Wohnzimmer sauber zu halten, das<br />

ist klar, egal ob es Rejuvenation gibt oder nicht.<br />

Natürlich brauchen wir nachhaltige, saubere Landwirtschaft,<br />

nur noch erneuerbare Energien, radikal<br />

konsequenten Umweltschutz, am besten das alles<br />

sofort. Wir werden das Thema Einkommen neu<br />

denken müssen. Aber das müssen wir doch sowieso,<br />

auch ohne Rejuvenation.“<br />

„Was ich weiß – zu hundert Prozent –, ist, dass<br />

wir Menschen das alles schaffen können. Dass<br />

wir dazu in der Lage sind, eine Gesellschaft zu entwickeln,<br />

eine Welt zu erschaffen, in der einfach nur<br />

Spaß macht, richtig alt zu werden, und in der das<br />

auch für alle möglich ist.“<br />

FÜR NUR<br />

€21,90<br />

getredbulletin.com<br />

INNOVATOR


BIOHACKING SPECIAL<br />

DANKE ,<br />

MAMA<br />

Die tollsten Biohacks sind kostenlos.<br />

Die zehn großzügigsten Geschenke<br />

von Mutter Natur, vorgestellt von<br />

Andreas Breitfeld. Wie sie uns Gutes<br />

tun, wie wir sie am besten nützen<br />

und wer mehr drüber weiß.<br />

Illustrations Birgit Palma<br />

68 INNOVATOR


DIE GENIALE KRAFT<br />

Licht, Wasser, Kälte,<br />

Schlaf: Der Mensch<br />

hat noch kein Gadget,<br />

kein Medikament,<br />

kein Gerät erfunden,<br />

das so zuverlässig<br />

wirkt wie die Natur.<br />

INNOVATOR 69


LICHT<br />

Unser moderner<br />

Lebensstil<br />

verstellt unsere<br />

innere Uhr.<br />

Doch es ist gar<br />

nicht so schwer,<br />

sie wieder<br />

in den richtigen<br />

Rhythmus<br />

zu bringen.<br />

70 <br />

INNOVATOR


DORIS WUNSCH, MATTHIAS WEISSENGRUBER, PROF. DR. MED. H.C. GÜNTHER W. AMANN-JENNSON<br />

LICHT<br />

DER DIRIGENT UNSERER ZELLEN<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Unsere Zellen, unsere Organe, unser<br />

gesamter Organismus kann nur im<br />

Zusammenspiel funktionieren: Leber,<br />

Lunge, Niere, Herz und Gehirn, Haut<br />

und Mus keln müssen ja wissen, was<br />

die anderen tun, damit sie selbst<br />

in jedem Moment das tun, was zu<br />

tun ist, damit das ganze System<br />

läuft. Das muss alles sehr, sehr fein<br />

abgestimmt werden. Für diese Abstimmung<br />

verwendet der Körper<br />

Hormone und Botenstoffe. Aber der<br />

wichtigste Taktgeber ist das Licht,<br />

das wir aufnehmen, über die Augen<br />

und über die Haut. Licht ist der<br />

wichtigste Dirigent unseres Lebens:<br />

Das richtige Licht zur richtigen Zeit<br />

verwandelt den chaotischen Haufen<br />

der 100 Billionen Zellen unseres<br />

Körpers in ein perfekt abgestimmtes<br />

Orchester. Außerdem ist UV-B-Licht<br />

die Zutat, aus der unser Körper das<br />

lebens wichtige Vitamin D bildet.<br />

WAS TU ICH?<br />

Rausgehen! Morgens, mittags, abends<br />

natürliches Licht aufnehmen, und<br />

mittags am besten 10 bis 15 Minuten<br />

lang mit so viel unbedeckter Haut<br />

wie möglich. (Vitamin-D-Hack: Deine<br />

Haut bildet Vitamin D, wenn die<br />

Sonne steiler steht als 42 Grad. Wenn<br />

der Schatten, den du wirfst, kürzer<br />

ist als du selbst, klappt’s also mit der<br />

Vitamin-D-Bildung.) Abends blaues<br />

Licht aus Monitoren, Energiesparund<br />

LED-Lampen meiden und/oder<br />

eine Blueblocker-Brille verwenden.<br />

Apropos Zusammenspiel der Zellen:<br />

Ich trage keine Sonnenbrille mehr.<br />

Aus einem einfachen Grund: Wer eine<br />

Sonnenbrille trägt, erhöht die Gefahr<br />

eines Sonnenbrands. Denn der Körper<br />

erhält zwei einander widersprechende<br />

Signale – Schatten auf den Augen,<br />

Licht auf der Haut –, damit kann er<br />

schlicht nicht gut umgehen.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Dr. Alexander Wunsch. Wir haben<br />

das Glück, mit dem Heidelberger Arzt<br />

den wichtigsten Lichtbiologen der Welt<br />

IM SCHLAF WERDEN WIR KLÜGER,<br />

WIR WERDEN STÄRKER UND AUSDAUERNDER,<br />

WIR WERDEN GESÜNDER. GEBEN WIR DEM SCHLAF<br />

DIE OBERSTE PRIORITÄT IN UNSEREM LEBEN.<br />

im deutschen Sprachraum zu haben.<br />

Mit Alexander gibt es jede Menge<br />

spannende Podcasts, sein Videokanal<br />

ist auf der Plattform Vimeo zu finden.<br />

Und er hat die Bibel zur Lichtbiologie<br />

verfasst: „Die Kraft des Lichts“.<br />

SCHLAF<br />

DER BIOHACK NUMMER 1<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Es ist ganz einfach, und man kann es<br />

nicht oft genug sagen: Wer besser<br />

schläft, lebt besser. Schlaf ist das<br />

stärkste, wichtigste, wirkungsvollste<br />

Mittel für Entspannung, Erholung,<br />

Regeneration, Heilung. Schlaf ist das<br />

Fundament unserer Leistungsfähigkeit,<br />

unserer Gesundheit, unserer<br />

Langlebigkeit. Im Schlaf werden<br />

wir klüger, weil wir das untertags<br />

Gelernte in unser Gehirn sortieren.<br />

Wir werden stärker und ausdauernder,<br />

weil wir die Schäden, die jedes<br />

Training verursacht, nicht nur<br />

reparieren, sondern den Ausgangszustand<br />

sogar verbessern – das ist<br />

es, was wir Trainingseffekt nennen.<br />

Wir werden gesünder, weil das<br />

sogenannte glymphatische System<br />

unser Gehirn von Abfallstoffen<br />

reinigt, weil Schäden an Zellen im<br />

ganzen Körper repariert werden.<br />

Der häufig gebrauchte Vergleich<br />

des Schlafs mit dem Aufladen einer<br />

Handy-Batterie ist nicht korrekt.<br />

Denn wir Menschen laden unsere<br />

Batterien selbst auf – und nicht nur<br />

das. Wir verbessern dabei sogar<br />

die Ladekapazität unserer Batterien.<br />

Das Einzige, was wir dafür tun müssen:<br />

dem Schlaf die oberste Priorität<br />

in unserem Leben geben …<br />

WAS TU ICH?<br />

… und genau darum geht es: dem<br />

Schlaf die oberste Priorität im Leben<br />

zu geben! Ich verbessere meinen<br />

Schlaf aktiv, indem ich drei Stunden<br />

vor dem Zubettgehen nichts mehr<br />

esse, zwei Stunden davor anregende<br />

Lichtimpulse ausschalte (so wenig<br />

Bildschirmlicht wie möglich, nur<br />

Glühlampen verwenden, Blue blocker-<br />

Brille benützen) und ins gesamt<br />

abends Stress wo immer möglich<br />

meide. Das Schlafzimmer soll dunkel<br />

sein, im Idealfall wirklich Hand-vorden-Augen-nicht-sehen-dunkel<br />

und<br />

kühl, am besten zwischen 16 und<br />

20 Grad. Magnesium wirkt bei vielen,<br />

aber nicht bei allen, ebenso wie<br />

Ashwagandha, aber beides unbedingt<br />

einmal ausprobieren! Ich nehme zwei<br />

bis drei Stunden vor dem Schlafengehen<br />

Melatonin, das sogenannte<br />

„Schlafhormon“, das so viel mehr<br />

kann, als uns nur müde zu machen.<br />

Manche Ärzte warnen davor, aber die<br />

aktuelle Studienlage ist eindeutig: Die<br />

körpereigene Bildung wird durch eine<br />

Einnahme nicht gehemmt. Melatonin<br />

ist absolut einen Versuch wert.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Einer der spannendsten Schlaf-<br />

Experten der Welt kommt aus Vorarlberg:<br />

Prof. Dr. Günther Amann-<br />

Jennson hat das Schlafsystem Samina<br />

entwickelt, teuer, aber wohl das<br />

Beste, was man derzeit auf dem Markt<br />

kriegt. Amann-Jennson, Arzt und<br />

Psychologe, stellt auf seiner Website<br />

einfach-gesund-schlafen.com<br />

exzellenten Gratis-Content zur<br />

Verfügung.<br />

INNOVATOR 71


ERDUNG<br />

DAS POSITIVE AM NEGATIVEN<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Klingt nach Eso-Zauber, ist aber<br />

glasklare Physik: Der Ionenaustausch<br />

mit der negativ geladenen Erde<br />

reduziert oxidativen Stress und damit<br />

die saugefährlichen chronischen<br />

Entzündungsprozesse, weil diese<br />

unseren Organismus positiv aufladen.<br />

(Oxi dativer Stress ist übrigens ein<br />

Turbo für den Alterungsprozess.)<br />

Das Einzige, was wir dafür tun müssen:<br />

mit dem Planeten in direkte<br />

Berührung zu kommen. Dann können<br />

die Elektro nen fließen. Also<br />

barfuß über eine Wiese zu gehen<br />

oder in einem natürlichen Gewässer<br />

zu baden, zum Beispiel. Ein zweiter<br />

Benefit des direkten Kontakts zur<br />

Erde: Die 7,83 Hertz, mit denen die<br />

Erde schwingt – das ist die sogenannte<br />

Schumann-Frequenz –, können<br />

eventuell sogar elektromagnetischen<br />

Stress reduzieren.<br />

WAS TU ICH?<br />

Schuhe ausziehen und barfuß in<br />

meinem Garten, im Wald, auf einer<br />

Wiese herumspazieren. Hin und<br />

wieder in ein natürliches Gewässer<br />

hüpfen und nicht nur in meiner<br />

Eiswasser-Truhe im Lab planschen.<br />

Ich schlafe auch geerdet, aber das<br />

ist ein spezielles Thema, denn die<br />

Verwendung von Erdungslaken oder<br />

ähnlichen Produkten ergibt nur Sinn,<br />

wenn es keine Elektrosmog-Belastung<br />

durch WLAN oder Ähnliches gibt.<br />

Sonst verwandelt dich die Erdung<br />

in eine menschliche Antenne … und<br />

das ist so ziemlich das Gegenteil von<br />

dem, was wir erreichen wollen.<br />

ERDUNG<br />

Der direkte Kontakt<br />

zu natürlichem Boden<br />

(oder einem natürlichen<br />

Gewässer)<br />

bringt unseren<br />

Elektronen-Haushalt<br />

in Ordnung.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Marco Grosch alias „Minimalist Biohacker“,<br />

ein Vorarlberger, weiß in<br />

vielen Bereichen exzellent Bescheid.<br />

Einer davon ist das Erden, dem er sich<br />

immer wieder auf seiner Website<br />

(minimalist-biohacker.com) und<br />

in seinem Instagram-Feed widmet.<br />

DER MUND IST ZUM ESSEN, ZUM KÜSSEN UND –<br />

DAS WEISS ICH BESONDERS GUT – ZUM REDEN DA.<br />

ABER NICHT ZUM ATMEN. SCHON GAR NICHT<br />

ZUM EINATMEN!<br />

72 INNOVATOR


ATMUNG<br />

DIE FERNBEDIENUNG<br />

UNSERES GEHIRNS<br />

FÜHREN WIR UNSEREM ORGANISMUS VON AUSSEN<br />

KEINE ENERGIE ZU, HOLT ER SIE SICH VON INNEN –<br />

ER FRISST BESCHÄDIGTE ZELLEN AUF. FASTEN IST<br />

DIE BESTE INNERE REINIGUNG, DIE ES GIBT!<br />

MARCO GROSCH MINIMALIST BIOHACKER, MAARTEN DE KOK<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Atmung ist ein unfassbar mächtiges<br />

Tool: Ich kann mich ruhig atmen,<br />

ich kann mich in Rage und in Rausch<br />

atmen. Mit keiner anderen Intervention<br />

greife ich so direkt auf mein<br />

Gehirn und vegetatives Nervensystem<br />

zu. Boxbreathing etwa – vier Sekunden<br />

einatmen, vier Sekunden halten,<br />

vier Sekunden ausatmen, vier Sekunden<br />

halten, probieren Sie’s gleich! –<br />

hilft dem Scharfschützen genauso<br />

wie dem Referenten vorm Podium<br />

beim Ruhigwerden. Die berühmte<br />

Wim-Hof-Atmung kann das Immunsystem<br />

stärken und in Kombination<br />

mit Kälte Depressionen lindern.<br />

Wem es gelingt, im Alltag konsequent<br />

durch die Nase und nicht mehr<br />

durch den Mund zu atmen, hat allein<br />

dadurch einen ganz großen Schritt<br />

in Richtung Gesundheit geschafft.<br />

WAS TU ICH?<br />

Dem Thema der Nasenatmung widme<br />

ich mich seit einiger Zeit intensiver,<br />

inklusive Mouth Taping: Durch Zukleben<br />

des Mundes beim Schlaf zwinge<br />

ich mich zur Atmung durch die<br />

Nase, was gewöhnungsbedürftig ist<br />

(nicht nur für einen Bartträger), aber<br />

den Schlaf messbar und die Regenera<br />

tion spürbar verbessert. Der Mund<br />

ist zum Essen, zum Küssen und – das<br />

weiß ich besonders gut – zum <strong>Red</strong>en<br />

da. Aber nicht zum Atmen, schon gar<br />

nicht zum Einatmen. Denn die Vorteile<br />

der Nasenatmung sind heftig: Die<br />

Atemluft wird von Partikeln gereinigt,<br />

sie wird befeuchtet und auf Körpertemperatur<br />

erwärmt oder gekühlt. Der<br />

Körper erhält mehr Stickstoffmonoxid,<br />

was die Blutgefäße erweitert (damit<br />

den Blutdruck senkt, und – richtig –<br />

Männer wissen auch um eine zweite<br />

sehr zentrale Bedeutung von Stickstoffmonoxid,<br />

die dem Medikament<br />

Viagra zu Erfolg verholfen hat). Ich<br />

empfehle jedenfalls jedem, mit seiner<br />

Atmung zu experimentieren, es gibt<br />

so viel zu entdecken: allein die Ideen<br />

von Wim Hof und dem – noch – recht<br />

unbekannten Konstantin Buteyko<br />

kennenzulernen! Macht richtig Spaß.<br />

Und kann das Leben verändern.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Kasper van der Meulen ist mein<br />

Atem-Guru. Kasper bietet in den<br />

Niederlanden wirklich geile Atemtrainings<br />

an. Ein extrem angenehmer<br />

und kompetenter Typ, mehr unter<br />

kaspersfocus.com oder auch als<br />

kaspersfocus auf Instagram.<br />

FASTEN<br />

PUTZEN STATT ESSEN<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Fasten bedeutet, dass der Organismus<br />

keine Energie von außen zu geführt<br />

bekommt, also durch feste oder flüssige<br />

Nahrung. (Licht ist ja in Wahrheit<br />

auch Energie, aber die zählt hier<br />

nicht.) Nach einer gewissen Zeit<br />

beginnt der Körper, weil er ja Energie<br />

braucht, diese Energie aus seinen<br />

Reserven zu holen. Davon hat er jede<br />

Menge: Glykogen in Muskeln und<br />

Leber, das braucht er zunächst auf,<br />

und dann natürlich jede Menge<br />

Körperfett, auch bei schlanken Menschen.<br />

Das Ganze funktioniert aber<br />

viel schlauer als nur in Form des<br />

Aufbrauchens von gespeicherter<br />

Energie: Denn der Organismus beginnt<br />

im fastenden Zustand, eigene<br />

Zellen zu zerlegen und zur Energieproduktion<br />

zu verwenden. Und<br />

zwar – das ist das Faszinierende –<br />

sind es beschädigte, nicht mehr<br />

ganz funk tionstüchtige Zellen, die<br />

er verbrennt. Dieser Vorgang, die<br />

sogenannte Autophagie, ist nichts<br />

anderes als die effizienteste Form<br />

der inneren Reinigung.<br />

WAS TU ICH?<br />

Ich esse „OMAD“, kurz für „one meal<br />

a day“, ich nehme also nur eine Mahlzeit<br />

pro Tag zu mir, ein meist recht<br />

frühes Abendessen. Im allerstrengsten<br />

Sinn faste ich allerdings nicht, weil<br />

ich morgens und vormittags Kaffee<br />

mit Butter und MCT-Öl trinke.<br />

„Fasten“ ist ein relativ weit gefasster<br />

Begriff: Manche meinen, es reicht,<br />

Kohlenhydrate und Protein wegzulassen,<br />

andere sind ganz radikal<br />

und meinen, schon Tee oder Kaffee<br />

zu trinken, ein paar Vitamine oder<br />

Magnesium einzunehmen würde<br />

das Fasten brechen. Wie immer man<br />

es definiert: Lassen Sie als Anfänger<br />

ein paar Tage pro Woche das Frühstück<br />

aus (Wasser, schwarzer Kaffee<br />

und ungesüßter Tee sind erlaubt),<br />

essen Sie in einem zweiten Schritt<br />

die erste Mahlzeit des Tages frühestens<br />

16 Stunden nach der letzten<br />

Mahlzeit des Vortags.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Julia Tulipan. Die Wienerin ist<br />

eine der absoluten Expertinnen<br />

der ketogenen Ernährung, auch<br />

über den deutschen Sprachraum<br />

hinaus, und die Keto-Ernährung ist<br />

ja eine Art Vorstufe des Fastens.<br />

Julia und ihr Mann haben gemeinsam<br />

die Keto-Convenience-Food-<br />

Linie „Tulipans“ in den Supermarkt<br />

gebracht. Auf ihrer Website<br />

juliatulipan.com und ihrem<br />

Instagram- Feed (paleolc) bringt<br />

sie jede Menge freien Content,<br />

ihr Podcast „Evolution Radio Show“<br />

ist spannend und hochwertig.<br />

INNOVATOR 73


WALD<br />

DAS BAD IN GRÜN<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Der Begriff „Waldbaden“ hat zuletzt<br />

ziemlich Konjunktur gekriegt. Klingt<br />

natürlich spektakulär, meint aber<br />

in Wahrheit nichts anderes, als regelmäßig<br />

in den Wald zu gehen und dort<br />

ganz langsam und bewusst spazieren<br />

zu gehen. Was soll denn das bringen –<br />

für einen Biohacker? Viel mehr, als<br />

man im ersten Moment meint. Die<br />

Waldluft enthält tausende Terpene,<br />

das sind pflanzliche Aromastoffe, die<br />

unser Immunsystem anregen und angeblich<br />

sogar das Krebsrisiko senken.<br />

Das Grün des Waldes und die naturgemäße<br />

Ruhe bauen Stresshormone<br />

ab – und zwar nicht nur während des<br />

Waldbadens, sondern sogar messbar<br />

über mehrere Tage hinweg. In Japan<br />

und Südkorea wurde Waldbaden<br />

ausführlich erforscht und wird als<br />

anerkannte medizinische Methode<br />

eingesetzt. Dort schicken Hausärzte<br />

ihre Patienten tatsächlich in den<br />

Wald. Finde ich großartig!<br />

WAS TU ICH?<br />

Langsam durch den Wald zu spazieren,<br />

eine oder zwei Stunden pro<br />

Woche, am besten ganz allein und,<br />

wichtig, ohne Handy oder irgendwelche<br />

andere elektronischen Devices<br />

– das tut jedem gut. Im Idealfall<br />

geht man ein paar Schritte barfuß<br />

oder umarmt hin und wieder, wenn<br />

niemand zusieht, einen Baum, wegen<br />

der Erdung und des Ionenaustauschs,<br />

wie auf den vorigen Seiten angesprochen.<br />

Und wer den Besuch im Wald<br />

noch weiter optimieren möchte: Die<br />

Konzentration der Terpene ist bei<br />

Nebel und Regenwetter am höchsten.<br />

Wir Menschen haben einen Bedarf<br />

an Natur. Und wer genau darauf zu<br />

achten gelernt (oder wieder gelernt)<br />

hat, der erkennt: Unser Körper hat<br />

eine Art Füllstandsanzeige dafür, ob<br />

wir genug Natur aufgesaugt haben.<br />

IN JAPAN UND SÜDKOREA SCHICKEN ÄRZTE<br />

IHRE PATIENTEN ZUM SPAZIEREN<br />

IN DEN WALD. „ SHINRIN- YOKU“, WALDBADEN,<br />

IST EINE HOCHWIRKSAME THERAPIE.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Der Schweizer Rolf Duda alias<br />

Peak wolf, ein früherer Unternehmensberater,<br />

ist eine Perle<br />

unter den Biohackern. Er hat ein<br />

Faible für Natur, für den Wald, aber<br />

egal zu welchem Thema er redet,<br />

es ist immer fundiert, intelligent,<br />

kurzweilig, ich bin ein echter Fan.<br />

peakwolf.ch ist die Startrampe in<br />

Rolfs Welt, von dort kommt man<br />

zu seinem Blog, zu seinem Podcast<br />

und zu seinem Instagram-Feed.<br />

WASSER<br />

99/100<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Nur jedes 100. Molekül unseres<br />

Körpers ist kein Wassermolekül.<br />

Sie haben richtig gelesen: 99 von<br />

100 Molekülen in Ihrem Körper bestehen<br />

aus zwei Wasserstoff- und<br />

einem Sauerstoffatom. Wir Menschen<br />

sind eine (zugegeben clever strukturierte)<br />

wässrige Lösung. Wasser<br />

ist also Voraussetzung dafür, dass<br />

alles funktioniert, jeder Stoffwechselvorgang,<br />

jede Entgiftung, jeder<br />

Nervenimpuls, jeder Gedanke, jede<br />

Emotion. Schon ein paar Prozent<br />

zu wenig Wasser im Körper, und ich<br />

spreche hier von gerade mal einem<br />

oder zwei Litern, reduzieren unsere<br />

Leistungsfähigkeit radikal.<br />

WAS TU ICH?<br />

Wasser trinken. Ich persönlich trinke<br />

gefiltertes und belebtes Wasser, aber<br />

in Deutschland und Österreich kann<br />

man das Wasser auch direkt aus der<br />

Leitung einigermaßen bedenkenlos<br />

trinken. Wie viel? Alles unter 0,3 Liter<br />

pro 10 Kilo Körpergewicht ist ein<br />

aktiver Schaden an Ihrer Leistungsfähigkeit<br />

und Gesundheit. Sie wiegen<br />

70 Kilo? Dann sind 2,1 Liter pro Tag<br />

ausreichend, wenn Sie keinen Sport<br />

treiben, kaum Stress haben, nicht<br />

in die Sauna gehen. 0,3 Liter pro<br />

10 Kilo Körpergewicht sind das Minimum.<br />

Achten Sie mal eine Woche<br />

lang drauf, dass Sie wirklich genug<br />

trinken. (Den größten Teil vormittags,<br />

so, dass Ihr Harn mittags<br />

ganz klar ist.)<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Thomas Hartwig. Mit seinem<br />

Berliner Start-up Leogant stellt<br />

er Anlagen zusammen, die Wasser<br />

perfekt filtern und aufbereiten.<br />

Thomas ist ein Wasserphilosoph,<br />

beste Wissensquelle sind die<br />

Podcasts, bei denen er zu Gast<br />

war, zum Beispiel in der „Flowgrade<br />

Show“ meines Freundes<br />

Max Gotzler.<br />

TIM DOBROVOLNY<br />

74 INNOVATOR


WASSER<br />

Es ist so einfach<br />

wie grundlegend:<br />

Wer pro Tag weniger<br />

als 0,3 Liter Wasser<br />

pro 10 Kilo Körpergewicht<br />

trinkt, schadet<br />

seiner Gesundheit.<br />

INNOVATOR 75


MEDITATION<br />

DER GEHIRNVERBESSERER<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Da gibt’s gar nicht viel zu sagen außer<br />

das, was tausende und abertausende<br />

Studien bestätigt haben: Meditation<br />

macht uns intelligenter, kreativer<br />

und glücklicher. Sie ist wahrscheinlich<br />

das Beste und Einfachste, was<br />

wir für unsere Gehirngesundheit tun<br />

können. (Ganz abgesehen davon, dass<br />

sie positiv auf Blutdruck, Verdauung<br />

und andere Körperfunktionen wirkt.)<br />

Meditation ist so etwas wie die Fortsetzung<br />

der Atmung und der kleine<br />

Bruder des Schlafs. Es gibt beim<br />

Meditieren kein Richtig oder Falsch,<br />

man kann nur einen Fehler machen:<br />

es nicht regelmäßig zu tun.<br />

WAS TU ICH?<br />

Ich habe vergangenes Jahr im<br />

Sommer urlaub eine Art großes<br />

Mindset-Reset durchgeführt, indem<br />

ich mir zwei Wochen lang buchstäblich<br />

den Hintern abmeditiert<br />

habe, jeden Tag vier, fünf, sechs<br />

Stunden. Im Münchner Alltag nehme<br />

ich mir ganz bewusst diese paar<br />

Minuten zwischendurch, die jeder<br />

hat: Augen schließen, ruhig ein- und<br />

noch ruhiger ausatmen, nur auf den<br />

Atem achten. Richtig Spaß macht mir<br />

das Herumspielen mit dem Muse-<br />

Headband, das die Tiefe meiner<br />

Medita tion überwacht. Es gibt übrigens<br />

unglaublich gute Meditations-<br />

Apps. Die beste kostenlose: Oak.<br />

Die beste deutschsprachige: 7Mind.<br />

MEDITATION<br />

Die Augen schließen<br />

und in sich rein hören,<br />

nur ein paar Minuten<br />

pro Tag: Gäbe es ein<br />

Medikament, das es<br />

in puncto Wirksamkeit<br />

mit der Meditation<br />

aufnehmen könnte,<br />

es wäre zig Milliarden<br />

Euro wert.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Manuel Ronnefeldt. Der Gründer<br />

von 7Mind ist einer der Pioniere<br />

der Meditation in Deutschland.<br />

Auf 7mind.de gibt es auch<br />

kostenlos sehr viel und sehr<br />

detailreiche Information.<br />

... UND WER DIGITALEN SUPPORT IN ANSPRUCH<br />

NEHMEN MÖCHTE: DIE BESTE KOSTENLOSE<br />

MEDITATIONS- APP IST „ OAK“, DIE BESTE<br />

DEUTSCHSPRACHIGE IST „ 7MIND“.<br />

BENJAMIN MUELLER<br />

76 INNOVATOR


HITZE<br />

DIE LEBENSVERLÄNGERIN<br />

NICHT PERMANENT, NICHT ZU HEFTIG, NICHT<br />

ZU OFT, ABER REGELMÄSSIG: DIE KOMFORTZONE<br />

DER RAUMTEMPERATUR ZU VERLASSEN IST EIN<br />

HERRLICHES TRAINING FÜR UNSERE GESUNDHEIT.<br />

M.FRANK, CLEARLIGHT SAUNAS EUROPE GMBH<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Hitze … kostenlos? Nun ja, man<br />

kann sich in eine heiße Thermalquelle<br />

setzen oder im Sommer in<br />

die pralle Sonne, natürlich auch<br />

ins geschlossene Auto. (Was auch<br />

wirken würde, aber der Preis auf der<br />

Affigkeitsskala wäre vergleichsweise<br />

hoch.) Worauf ich aber eigentlich<br />

hin aus will, das ist die Sauna. Klas sische<br />

und Infrarotsauna, beides wirkt,<br />

es gibt in der Wirkung Unterschiede,<br />

aber das Prinzip ist dasselbe. Wichtigster<br />

Benefit: Schwitzen reinigt<br />

den Körper über unser größtes Entgiftungsorgan,<br />

die Haut. Zweit- und<br />

drittwichtigster Benefit (und es gibt<br />

noch eine ganze Menge mehr): verbessertes<br />

Herz-Kreislauf­ System und<br />

die so genannten Heat Shock Proteins,<br />

die der Körper bildet. Sauna ist sehr<br />

vereinfacht gesagt ein Bootcamp­<br />

Training für unsere Zellen. Zur Wirksamkeit<br />

von regelmäßigem Saunabesuch<br />

gibt es atemberaubende<br />

Studien aus Finnland. Ergebnisse:<br />

bis zu 40 Prozent weniger „all-cause<br />

mortality“. In anderen Worten:<br />

Während des Vergleichszeitraums –<br />

die Studie lief über mehr als 20 Jahre<br />

– hatten die regelmäßigen Saunageher<br />

ein fast halbiertes Sterberisiko.<br />

WAS TU ICH?<br />

In meinem Lab steht eine Infrarotsauna,<br />

die ich mehrmals wöchentlich<br />

nütze. Manchmal gönne ich mir ein<br />

heißes Bad, eine bis zwei Stunden vor<br />

dem Zubettgehen, als perfekte Vorbereitung<br />

für guten Schlaf. Achtung:<br />

Hitze und Verdauung vertragen sich<br />

nicht gut. Nach dem Essen bitte zwei,<br />

besser drei Stunden nicht in die<br />

Sauna gehen. Hitze bedeutet Stress<br />

für den Körper, und unter Stress<br />

verdaut sich’s nicht gut.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Johannes Kettelhodt, Mastermind<br />

der Clearlight Infrarotkabinen.<br />

Ihm und seinem Team ist etwas Besonderes<br />

gelungen: Sie produzieren<br />

ihre Kabinen ohne Elektrosmog-<br />

Belastung. Das erleichtert dem<br />

Körper das Entgiften wesentlich.<br />

KÄLTE<br />

DER NATÜRLICHE FEIND<br />

DER ENTZÜNDUNG<br />

WAS BRINGT’S MIR?<br />

Entzündung ist super, weil sie als<br />

Alarmsignal im Körper am Beginn<br />

jeder Reparatur steht. Eine Verletzung<br />

heilt nicht trotz, sondern wegen der<br />

Entzündung, die rund um sie entsteht.<br />

Aber Entzündung macht auch sehr<br />

vieles sehr nachhaltig sehr kaputt,<br />

wenn sie zum Dauerzustand wird.<br />

Sogenannte „niederschwellige Entzündungen“<br />

sind absolut nichts, was<br />

man im Körper haben mag. Kälte ist<br />

ein Super-Hack: Kälte wirkt gegen<br />

Entzündungen, Kälte beschleunigt<br />

Regeneration nach dem Sport und<br />

Wundheilung, Kälte verbessert die<br />

Funktion unseres Immunsystems,<br />

Kälte stimuliert den Vagusnerv, damit<br />

die Herzratenvariabili tät, damit<br />

unsere Fähigkeit zu entspannen. Und<br />

noch vieles mehr … Kälte ist ein absoluter<br />

Super-Hack!<br />

WAS TU ICH?<br />

Ich selbst nehme in meinem Lab<br />

in einer umgebauten Tiefkühltruhe<br />

beinahe täglich ein fünfminütiges<br />

Eisbad, da hat das Wasser rund<br />

drei Grad. Aber wie beginnt man?<br />

Der einfachste Tipp für Anfänger<br />

sind Wechselduschen: einfach nach<br />

der morgendlichen Dusche das<br />

Wasser für 30 Sekunden kalt stellen,<br />

dann wieder 30 Sekunden warm.<br />

Dieses Heiß-Kalt fördert auch die<br />

Regeneration nach dem Sport sehr<br />

wirkungsvoll. Kleiner Hinweis für<br />

Hobby-Bodybuilder: Nach dem<br />

Training länger als zehn Minuten<br />

(bei zehn Grad) kalt zu duschen<br />

oder länger als drei Minuten (bei<br />

drei Grad) eiszubaden sorgt dafür,<br />

dass du schneller wieder erholt bist –<br />

aber dein Muskelwachstum wird<br />

ziemlich gedrosselt. Also kürzer<br />

kalt duschen, wechselduschen<br />

oder erst am nächsten Morgen die<br />

nächste Kälte-Einheit einlegen.<br />

WER WEISS MEHR?<br />

Josephine Worseck. Die promovierte<br />

Molekularbiologin aus Berlin ist<br />

Wim‐Hof-Coach und hat eines der<br />

Standardwerke zum Thema herausgebracht:<br />

„Die Heilkraft der Kälte“,<br />

absolute Empfehlung, ebenso wie<br />

ihre Workshops. Sehr viel Content hat<br />

Josephine auf ihrer Website verlinkt:<br />

josephineworseck.com<br />

INNOVATOR 77


10 GAMING-<br />

PIONIERE,<br />

SPIELEND<br />

DIE UNS<br />

Ängste überwinden,<br />

Gemeinschaft finden, Sprachen lernen,<br />

Pandemien besiegen: Immer mehr Ansätze<br />

aus der Gaming-Welt helfen uns dabei, das<br />

Beste aus unseren Möglichkeiten zu machen.<br />

Hier kommen zehn Computerspiel-<br />

Vordenker, die unser Leben bereichern.<br />

78 INNOVATOR


LEVEL<br />

AUFS<br />

NÄCHSTE<br />

HEBEN<br />

TEXT: MICHAEL MOORSTEDT<br />

INNOVATOR 79


V<br />

ANNA MARTIN-NIEDECKEN<br />

FITNESS BOOSTEN<br />

Vier Milliarden. Das ist die Anzahl der<br />

Menschen weltweit, die regelmäßig<br />

Videospiele nutzen. Eine Dimension,<br />

die nur schwer vorstellbar ist. Weitere<br />

Zahlen helfen vielleicht: Die Branche<br />

erwirtschaftet mit etwa 150 Milliarden<br />

US-Dollar dreimal so viel wie Hollywood.<br />

Die großen Streamer, die jeden Tag<br />

ihre Videospiel-Abenteuer live ins Netz<br />

übertragen, ziehen Tausende gleichzeitig<br />

in ihren Bann. Esports hat sich zu einem<br />

Spektakel entwickelt, das Millionen<br />

Menschen begeistert und das über kurz<br />

oder lang olympisch werden könnte.<br />

Videospiele haben nicht nur wirtschaftliche<br />

Relevanz, sondern auch<br />

kulturelle. Heutzutage schrecken Games<br />

vor unangenehmen Themen wie Klimawandel<br />

oder gar dem Holocaust nicht<br />

zurück. Warum auch? Immerhin handelt<br />

es sich hierbei um das Leitmedium einer<br />

ganzen Generation – und wohl auch noch<br />

vieler nach ihr. Die Corona-Pandemie<br />

wirkt zusätzlich als Katalysator. Von der<br />

häuslichen Quarantäne kann man sich<br />

zusammen mit Freunden per Knopfdruck<br />

in magische Königreiche teleportieren.<br />

Kann Distanzen überwinden und doch<br />

Nähe empfinden. Man loggt sich ein,<br />

trifft Freunde, guckt Filme, hängt einfach<br />

ab. Titel wie „Fortnite“, „Animal Crossing“<br />

oder „Roblox“ sind längst mehr als nur<br />

ein Spiel, nämlich ein ganzes soziales<br />

Netzwerk, zum Teil schon mit eigener<br />

Währung und Wirtschaftssystem.<br />

Wir stellen zehn Menschen vor, die<br />

darüber nachdenken, wie Games unser<br />

Leben und unsere Gesellschaft verbessern<br />

können. Die mit Spielen verändern, wie<br />

wir Sport treiben, Sprachen lernen, Kontakte<br />

knüpfen, auf Reisen gehen. Also<br />

wie wir unsere Welt sehen und erleben.<br />

Gaming mag die<br />

Reaktionsgeschwindigkeit<br />

fördern,<br />

körperliche Top-<br />

Form zählte bisher<br />

eher nicht zu den<br />

positiven Effekten.<br />

Das will Anna<br />

Martin-Niedecken<br />

ändern. Mit ihrem<br />

Start-up Sphery<br />

kombiniert die<br />

Gründerin Gaming<br />

und ganzheitliches<br />

Fitnesstraining. In<br />

einem raumgroßen<br />

High-Tech-Würfel,<br />

dem ExerCube,<br />

ackern sich die<br />

Sportler durch die<br />

Levels – weichen<br />

im Liegestütz virtuellen<br />

Hindernissen<br />

aus oder sammeln<br />

Mit Sternchen: Im<br />

ExerCube gibt’s digitale<br />

Belohnung für<br />

sportliche Leistung.<br />

Punkte durch<br />

Sprünge. Durch die<br />

multisensorischen<br />

Stimuli wird auch<br />

die kognitive Fitness<br />

gestärkt. Der Clou:<br />

„Du spürst die Erschöpfung<br />

nicht so<br />

sehr wie beim klassischen<br />

Training im<br />

Gym“, erklärt Martin-Niedecken.<br />

Flow<br />

nennt sich dieser<br />

Zustand – aber das<br />

ist noch nicht alles:<br />

Eine eigene Liga mit<br />

Wettbewerben ist<br />

bereits im Aufbau.<br />

Vielleicht entsteht<br />

hier der Sport der<br />

Zukunft.<br />

ZÜRCHER HOCHSCHULE DER KÜNSTE, URBAN TREE MEDIA/RED BULL CONTENT POOL,<br />

PHILIPP NEUBAUER, BERLIN INTERNATIONAL GAMING (BIG)<br />

80 INNOVATOR


DANUSCH FISCHER<br />

HELDEN FEIERN<br />

Kann das Verfolgen eines<br />

Fußballspiels unser Leben<br />

bereichern? Sportmuffel<br />

winken ab, klar, aber Fans<br />

bejahen mit leuchtenden<br />

Augen: die Spannung<br />

nach dem Anschlusstor,<br />

die Kunst eines Lionel<br />

Messi am Ball, das Erleben<br />

von Gemeinschaft.<br />

Nun, auch das Verfolgen<br />

von Esports kann unser<br />

Leben bereichern, da ist<br />

sich Danusch Fischer<br />

sicher. „Unsere Profi-Spieler<br />

treffen in kürzester<br />

Zeit extrem komplexe Entscheidungen“,<br />

sagt der<br />

Trainer der Mannschaft<br />

von Team BIG im Game<br />

„League of Legends“<br />

(„LoL“). In diesem Action-<br />

Strategie-Spektakel bekämpfen<br />

sich zwei Fünferteams<br />

mit Charakteren,<br />

die zuvor aus 150 Kandidaten<br />

ausgewählt wurden.<br />

Zehn Stunden am Tag<br />

trainieren die Profis – und<br />

entwickeln über die Zeit<br />

persönliche Stile. Geübte<br />

Zuschauer erkennen darin<br />

eine eigene Schönheit.<br />

Wie bei Messi. Nur gedankenschneller.<br />

Das „LoL“-<br />

Weltfinale 2019 haben<br />

bereits über 44 Millionen<br />

Menschen gesehen.<br />

Echte Champions:<br />

Danusch Fischers<br />

Team nach dem Sieg<br />

bei den EU Masters<br />

INNOVATOR 81


JANE Mc GONIGAL<br />

SUPERKRÄFTE AKTIVIEREN<br />

In Games schlüpfen wir<br />

oft in die Rolle eines<br />

Superhelden. Doch Videospiele,<br />

sagt Jane Mc­<br />

Gonigal, können uns auch<br />

im Alltag Superkräfte<br />

verleihen. Vor einiger Zeit<br />

hat die US-Amerikanerin<br />

die App SuperBetter<br />

entwickelt. Um mehr<br />

Widerstandskraft zu entwickeln,<br />

teilt man seinen<br />

Alltag in Mikroaufgaben<br />

ein. Überwindet man sich<br />

und macht noch kurz den<br />

Abwasch? Schon steigt<br />

man ein Level auf. Endlich<br />

den Arzt-Check-up<br />

ausgemacht? Voilà, ein<br />

neues Schwert für den<br />

Avatar. Es gibt Quests,<br />

Power-ups und Endbosse.<br />

Nur dass es sich nicht<br />

um schreckliche Drachen<br />

handelt, sondern um die<br />

Monster der eigenen Psyche:<br />

die Selbstzweifel, die<br />

Prokrastination oder das<br />

Sofa, von dem man nicht<br />

hochkommt. Bis man seine<br />

Superkräfte aktiviert.<br />

Das Leben als<br />

Spiel: Über dieses<br />

Prinzip hat<br />

Jane McGonial<br />

auch einen eigenen<br />

Bestseller<br />

verfasst.<br />

EVENT<br />

Spiel für deine Stadt!<br />

Berliner und Kölner, aufgepasst: Am<br />

16. 10. könnt ihr bei <strong>Red</strong> Bull Superiocity<br />

antreten. Angeführt von den<br />

Streamern Papaplatte (im LVL Berlin)<br />

und Rewinside (im Xperion Köln),<br />

ermitteln die Teams im Shooter<br />

„PlayerUnknown’s Battlegrounds“<br />

Deutschlands Gaming-Haupstadt.<br />

Jetzt anmelden unter: redbull.com<br />

SEBASTIAN MEYER<br />

GEMEINSCHAFT SPÜREN<br />

Mehr denn je sehnen<br />

sich Menschen in Zeiten<br />

von Filter Bubbles und<br />

Social Distancing nach<br />

Gemeinschaft – und<br />

finden sie auf Twitch,<br />

einem Portal, auf dem<br />

Menschen ihre Gaming-<br />

Sessions streamen.<br />

Mit über 1,5 Millionen<br />

Followern ist Sebastian<br />

„Rewinside“ Meyer einer<br />

der größten Streamer<br />

im deutschsprachigen<br />

Raum. Für viele seiner<br />

Fans ist der Chat im<br />

Stream eine zweite<br />

Heimat geworden.<br />

Der Streamer ist eine<br />

Kombination aus Moderator,<br />

Entertainer<br />

und Seelsorger. Er unterhält<br />

das Publikum<br />

und unterhält sich mit<br />

ihm. Stress im Job,<br />

Corona-Frust? Auf der<br />

Seite ihres Lieblings-<br />

Streamers finden die<br />

Menschen ein offenes<br />

Ohr. Das Geschäft wird<br />

immer professioneller,<br />

sagt Meyer. Schon heute<br />

produzieren Streamer<br />

Samstagabend-Shows<br />

– und bleiben trotzdem<br />

der gute Kumpel.<br />

82 INNOVATOR


GETTY IMAGES, PARADOXSENSE, UNIVERSITY OF CAILLE, NEW EDEN, NICOLAS RIGHETTI/MMOS, 2021 CCP EHF<br />

Feingefühl gefragt:<br />

Der Austausch mit<br />

der Community ist<br />

wichtiger Teil von<br />

Meyers Job. Hund<br />

Arkani ist absoluter<br />

Publikumsliebling.<br />

ATTILA SZANTNER<br />

PANDEMIEN BESIEGEN<br />

Zombies bekämpfen,<br />

Autorennen gewinnen,<br />

Streitäxte sammeln –<br />

alles gut und schön, Attila<br />

Szantner aber bietet Gamern<br />

einen tieferen Sinn.<br />

Mit dem MMO-Videospiel<br />

„Eve Online“ können sie<br />

helfen, drängende Fragen<br />

der Menschheit schneller<br />

zu lösen – von der Corona-<br />

Pandemie bis zum Entdecken<br />

von Exoplaneten.<br />

„Jeden Tag spielen die<br />

Menschen Millionen von<br />

Stunden“, sagt Szantner.<br />

„Wir haben uns gefragt,<br />

wie man daraus einen<br />

Neue Horizonte: Vordergründig<br />

spielst du ein Game, gleichzeitig<br />

wertest du Daten für die<br />

Forschung aus.<br />

Nutzen für alle extrahieren<br />

kann.“ Mit seinem Partner<br />

Bernard Revaz hat er das<br />

Projekt Massively Multiplayer<br />

Online Science<br />

gegründet. Die zu analysierenden<br />

Daten aus Forschungsprojekten<br />

binden<br />

die Entwickler ins Spiel<br />

ein. Beispiel Corona: Hier<br />

helfen die Spieler, Zelltypen<br />

des Virus auszuwerten.<br />

Konkret geht es ums<br />

Clustern, also ums Unterscheiden<br />

verschiedener<br />

Typen. Dafür markieren<br />

die Spieler etwa während<br />

einer Raumschifffahrt<br />

Ansammlungen als Punkte<br />

erkennbarer Zelltypen –<br />

und erwerben so Zusatzpunkte.<br />

Dafür werden die<br />

Zellaufnahmen optisch<br />

passend ins Spiel integriert.<br />

Über 500 Millionen<br />

solcher Beiträge zur<br />

Lösung von Forschungsfragen<br />

haben einzelne<br />

Spieler bis heute geleistet.<br />

INNOVATOR


Unter Giganten: In Beyond<br />

Blue erkundest du als<br />

Meeresbiologe die Ozeane<br />

– und wirst motiviert, sie<br />

zu schützen.<br />

ALEN GERSHENFELD<br />

WUNDER DER WELT ERLEBEN<br />

Plastikmüll vermeiden, umweltverträgliche<br />

Kosmetikprodukte<br />

benutzen, weniger<br />

Fisch essen – jeder Einzelne<br />

kann viel tun, um die Ozeane<br />

zu schützen. Nur: Wer denkt<br />

schon immer an die Weltmeere,<br />

wenn er zum Beispiel<br />

in Paderborn lebt? Deswegen<br />

hat der US-Amerikaner Alan<br />

Gershenfeld die Videospielwelt<br />

„Beyond Blue“ entwickelt,<br />

in der wir als Meeresbiologen<br />

etwa farbenfrohe Korallenriffe<br />

erforschen können. Das Kalkül:<br />

Wer in seinem Wohnzimmer<br />

in Paderborn dem Buckelwal<br />

ins Auge sieht, will alles tun,<br />

um dieses lebende Wunder<br />

zu schützen. Der Kampf um<br />

die Aufmerksamkeit des Publikums<br />

gegen Actionkracher<br />

wie „Call of Duty“ macht Gershenfeld<br />

dabei keine Sorge.<br />

„Manchmal wollen die Menschen<br />

Action und manchmal<br />

sinnvolle Inhalte“, sagt Gershenfeld.<br />

Warum sollte das<br />

bei Games anders sein als bei<br />

Filmen, Serien oder Büchern?<br />

84 INNOVATOR


BEYONDBLUEGAME.COM, SEBASTIAN BAHR, ESPORTWISSEN.DE, SEBASTIAN ST. SCHULZ, PAINTBUCKET.DE<br />

PROF. INGO FROBÖSE<br />

MENTALE SKILLS STÄRKEN<br />

Gaming könnte sich demnächst<br />

gut im Lebenslauf<br />

machen, da ist sich Professor<br />

Ingo Froböse sicher.<br />

Der Sportwissenschaftler<br />

an der Deutschen Sporthochschule<br />

Köln forscht<br />

zum Thema Esports und<br />

kennt viele Fähigkeiten, die<br />

durch gelegentliches Zocken<br />

trainiert werden. Zum<br />

Beispiel die Feinmotorik.<br />

Bis zu 400 Bewegungen<br />

pro Minute vollzieht ein<br />

Esports-Profi. Wer spielt,<br />

schult seine Kognition auf<br />

hohem Niveau: Überall<br />

Gegner, in jeder Ecke Explosionen.<br />

Was der Laie<br />

Spielspaß nennt, erkennt<br />

der Forscher als Training<br />

Fitness mal anders: Prof. Ingo Froböse<br />

untersucht die für Esports spezifischen<br />

Fähigkeiten wie Feinmotorik an der<br />

Deutschen Sporthochschule Köln.<br />

für Wahrnehmungs- und<br />

Analysefähigkeiten. „Auch<br />

Soft Skills kann Gaming<br />

schulen: unter Stress gemeinsam<br />

Aufgaben lösen,<br />

Fehler der anderen ausbügeln<br />

– Kompetenzen, die<br />

jeder Arbeitgeber sucht“,<br />

sagt Froböse. Sein Tipp:<br />

Unternehmen sollten ihre<br />

Angestellten jeden Morgen<br />

15 Minuten in einem Videospiel<br />

trainieren lassen. Für<br />

den Interessierten empfiehlt<br />

der Forscher übrigens<br />

„League of Legends“.<br />

Das Spiel sei wie Schach<br />

– nur noch komplexer.<br />

SEBASTIAN SCHULZ<br />

& JÖRG FRIEDRICH<br />

LEIBHAFTIG<br />

ERINNERN<br />

Wenn es in Videospielen<br />

gegen Nazis geht, ballert<br />

sich der Protagonist meist<br />

durch Horden von Erzschurken.<br />

Jörg Friedrich<br />

und Sebastian Schulz<br />

vom Berliner Studio Paintbucket<br />

Games gehen<br />

einen anderen Weg. Ihr<br />

Spiel „Through the Darkest<br />

of Times“ erzählt<br />

vom aufreibenden Widerstand<br />

im Kleinen – Flugblätter<br />

verteilen, Flüchtlinge<br />

verstecken, Mitglieder<br />

rekrutieren. Man kann die<br />

Nazis hier nicht besiegen,<br />

es ist schwer genug, bis<br />

zum Kriegsende durchzuhalten.<br />

So entsteht<br />

eine Ahnung des Ausgeliefertseins<br />

im totalitären<br />

System, das den Spieler<br />

mit mulmigem Gefühl zurücklässt.<br />

Während reale<br />

Konflikte sonst nur als<br />

Kulisse dienen, wollten sie<br />

einen „modernen Beitrag<br />

zur Erinnerungskultur<br />

leisten“. Ihr Spiel wurde<br />

mit Preisen überschüttet,<br />

selbst Historiker loben<br />

den Titel.<br />

Unter Beobachtung:<br />

„Through the Darkest<br />

of Times“ vermittelt eine<br />

Ahnung vom Leben in<br />

einem totalitären System.<br />

INNOVATOR 85


Streaming-Messe<br />

Twitchcon: Vor-Ort-<br />

Events schweißen<br />

die Community<br />

zusammen.<br />

PROF. LUIS VON AHN<br />

JAPANISCH LERNEN<br />

KRYSTAL HERRING<br />

GLOBAL FEIERN<br />

An virtuelle Meetings<br />

mit den Kollegen haben<br />

wir uns gewöhnt, auch<br />

Abhängen mit Freunden<br />

geht mal über Zoom. Aber<br />

gemeinsam feiern? Nun,<br />

in Gaming-Kosmen wie<br />

„Fortnite“ steigen weltweite<br />

Partys, an denen die<br />

Nutzer mit ihren Avataren<br />

teilnehmen und auf denen<br />

Stars wie US-Rapper Travis<br />

Scott auftreten (auch<br />

mit Avataren). In guten<br />

Momenten überträgt sich<br />

so die gemeinsame Euphorie<br />

ins Wohnzimmer. Auch<br />

für andere Events müssen<br />

die Menschen nicht mehr<br />

anreisen. Etwa zur US­<br />

Megamesse Twitchcon,<br />

auf der sich jährlich die<br />

Streaming-Welt trifft.<br />

Neben Live-Streams der<br />

Macher senden auch<br />

Szene-Stars wie „Ninja“<br />

für ihre Millionen Follower,<br />

die mit Kommentaren<br />

und Videos reagieren. Ob<br />

der Vor-Ort-Kontakt noch<br />

nötig ist? Ja, meint Krystal<br />

Herring, Event Director bei<br />

Twitch: „Unsere lokalen<br />

Events stärken den Zusammenhalt<br />

unserer Nutzer.“<br />

Aber virtuellerweise<br />

können nun auch jene dabei<br />

sein, denen die Anreise<br />

zu aufwendig ist.<br />

So reizvoll die Vorstellung,<br />

neben Studium oder Job<br />

noch Französisch oder<br />

Japanisch zu lernen, so<br />

zäh die Realität des Deklinierens.<br />

Wären die Lektionen<br />

nur etwas leichter,<br />

spielerischer! Genau das<br />

hat sich der guatemaltekische<br />

Professor Luis von<br />

Ahn mit der App Duolingo<br />

vorgenommen. Angefeuert<br />

von einer kleinen Eule,<br />

erwirbt der Lernende mit<br />

jeder bestandenen Lektion<br />

Herzen, Edelsteine und<br />

Kronen. Mit künstlicher<br />

Intelligenz (KI) versteht<br />

die App Lerntempo, Stärken<br />

und Schwächen der<br />

Lernenden und passt die<br />

Übungen an. Der Nutzer<br />

bleibt motiviert, wird aber<br />

nicht überfordert. Mehr<br />

als 40 Millionen Menschen<br />

nutzen Duolingo bereits.<br />

Tausende von Universitäten<br />

akzeptieren das<br />

Duolingo-Sprachzertifikat,<br />

das preiswert und leicht<br />

verfügbar ist. „Syrische<br />

Flüchtlinge nutzen Duolingo<br />

ebenso wie Bill Gates“,<br />

sagt von Ahn. Für ihn ist es<br />

das beste Beispiel dafür,<br />

dass die Welt durch sein<br />

Spiel ein bisschen gerechter<br />

geworden ist.<br />

Im Namen der Weisheit:<br />

Diese kleine Eule begleitet<br />

die Lernfortschritte auf<br />

Duolingo – bei Kindern<br />

wie bei Erwachsenen.<br />

AUDA & COUDAYRE PHOTOGRAPHY, TWITCH, DUOLINGO/JUSTIN MERRIMAN<br />

86 INNOVATOR


SO LAUT<br />

KANN LEISE<br />

SEIN.<br />

Der vollelektrische<br />

Ford Mustang Mach-E.<br />

Bis zu 610 km Reichweite. 1<br />

Verbrauchswerte nach § 2 Nrn. 5, 6, 6 a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden Fassung: n. v.*<br />

Verbrauchswerte nach WLTP: Stromverbrauch: 20–16,5 kWh/100 km (kombiniert); CO 2 -Emissionen im<br />

Fahr betrieb: 0 g/ km (kombiniert).<br />

* n. v. = Daten nicht verfügbar. Der Gesetzgeber arbeitet an einer Novellierung der Pkw-EnVKV und empfiehlt in der Zwischenzeit für Fahrzeuge, die nicht mehr auf<br />

Grundlage des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) homologiert werden können, die Angabe der realitätsnäheren WLTP-Werte. Diese sind in der nachfolgenden<br />

Zeile zu finden.<br />

1<br />

Gemäß Worldwide Harmonised Light Vehicles Test Procedure (WLTP) können bis zu 610 km Reichweite bei voll aufgeladener Batterie erreicht werden – je nach<br />

vorhandener Konfi guration. Die tatsächliche Reichweite kann aufgrund unterschiedlicher Faktoren (Wetterbedingungen, Fahrverhalten, Fahrzeugzustand, Alter der<br />

Lithium-Ionen-Batterie) variieren.


EUR 5,80<br />

ZEIT FÜR EIN GUTES LEBEN<br />

EUR 5,80<br />

EUR 5,80<br />

Ernährung<br />

Gesund genießen.<br />

Bewegung<br />

Den Körper spüren.<br />

Erholung<br />

Durchatmen, loslassen.<br />

Bewusstsein<br />

Dir selbst vertrauen.<br />

carpe diem<br />

VON DER WURZEL<br />

BIS ZUM BLATT<br />

Nichts wegwerfen,<br />

a les genießen<br />

ANDERS ATMEN<br />

Besser einschlafen,<br />

sich weniger ärgern,<br />

neue Kraft schöpfen<br />

ZEIT FÜR EIN GUTES LEBEN<br />

carpe diem<br />

3/21<br />

FISCH AHOI!<br />

Feine Forelle, zarter Zander:<br />

6 leichte Sommerrezepte<br />

NUR DIE LIEBE<br />

IM GEPÄCK<br />

Geschichte einer<br />

Weltreise, die zur<br />

Paar-Therapie wurde<br />

carpe diem<br />

05/21<br />

ZEIT FÜR EIN GUTES LEBEN<br />

4/21<br />

„Wir brauchen die ganze Truppe, jeden Spieler des Teams, wenn wir erfolgreich s ein wollen.“<br />

Von Apfelschale bis Zahnbürste:<br />

Wie wir unserer Erde und uns selbst Gutes tun<br />

6 TAGE SHAOLIN Selbstversuch in Sachen Buddha HULA-HOOP So entdecken wir das Kreiseln neu<br />

GUT GEERDET Wenn uns die Natur unter Strom setzt MEHR MEER Magische Verwandlung unter Wasser<br />

Heute mach ich nichts<br />

Warum der kleine Leerlauf zwischendurch die beste Entscheidung<br />

fürs Gehirn und die Welt ist. Plus: So geht gut schlafen wirklich<br />

GENIALE GENE Nützen, was in uns steckt LEBENSMUT UND PINGUIN Wie ein Vogel fünf Herzen heilte<br />

SPRÜHENDES GLÜCK Sport mit Gartenschlauch GESCHMACKSSACHE Warum wir mögen, was wir mögen<br />

Warum buntes Essen mehr Energie und ein gutes Bauchgefühl schenkt<br />

Plus: Einfache Ideen für eine farbenfrohe Basenkur daheim<br />

RADFAHREN Eine Liebe fürs Leben SPIELEN Wie es uns aufblühen, wachsen und Mensch sein lässt<br />

TRÄUMEN Im Schlaf selber Regie führen KÖPFELN So gelingt der Mutsprung ins Wasser<br />

Cover [P]_2398590.in d 2 17.05.21 12:20<br />

Podcast<br />

Zeit zum Zuhören<br />

Magazin<br />

6× im Jahr<br />

Online<br />

Zeit für Inspiration<br />

FOTO: GETTYIMAGES<br />

carpediem.life


INNOVATOR<br />

GUIDE<br />

Insider-Infos und Events:<br />

Save the Date:<br />

Innovations-Highlights<br />

der nächsten Wochen //<br />

<strong>Red</strong> Bull Basement:<br />

Hier verändern<br />

Studenten die Welt //<br />

Kolumne:<br />

Besser fahren –<br />

wie Mobilität unseren<br />

Zusammenhalt stärkt //<br />

Tech -Highlight:<br />

Dieser Reaktor ist heißer<br />

als die Sonne //<br />

INNOVATOR 89


DO IT <br />

GEMEINSAM STAUNEN<br />

Endlich wieder unter Menschen: So es die Vorschriften zu lassen,<br />

öffnen die Innovations-Festivals wieder ihre Tore. Hier verraten wir<br />

die spannendsten Termine im nächsten halben Jahr.<br />

Servus, Roboter:<br />

Formel-1-Weltmeister<br />

Nico Rosberg trifft auf<br />

Technik von morgen.<br />

20<br />

und 21. Januar<br />

Bits and Pretzels<br />

Da sage noch einer, angesichts digitaler<br />

Möglichkeiten sei die Zeit von Vor-Ort-<br />

Events vorbei: Nur 30 Minuten nach Verkaufsstart<br />

hatte das Münchener „Bits &<br />

Pretzels“ bereits 64 Prozent aller Tickets<br />

verkauft. Nachdem die vorige Ausgabe rein<br />

virtuell stattfand, treffen nun auf dem Messegelände<br />

in Riem wieder 5000 Besucher<br />

auf über 200 Speaker, über 300 Aussteller<br />

und mehr als 500 Investoren. Welchen Stelenwert<br />

die Konferenz hat, zeigen die vielen<br />

prominenten Gäste der ver gangenen Jahre<br />

– von Alt-US‐Präsident Barack Obama über<br />

Virgin-Gründer Richard Branson bis Ex-<br />

Google-Chef Eric Schmidt. Bei Speed Dating<br />

Sessions, Table Captain Dinners und Pitches<br />

vor Investoren können Gründer ihre Ideen<br />

vorstellen, Unterstützer gewinnen und ihr<br />

Netzwerk erweitern. Neben dem Haupt-Event<br />

dürfen sich die Teilnehmer auf virtuelle<br />

How-to- Sessions und Masterclasses freuen.<br />

ISM München; bitsandpretzels.com<br />

STEFAN HOBMAIER, TEDXVIENNA<br />

90 INNOVATOR


SAVE THE DATE<br />

Auf dieser Bühne werden<br />

Dinge gesagt, von denen<br />

du nichts wusstest.<br />

Geniale Ideen, die die<br />

Welt – oder deine Sicht<br />

darauf – verändern<br />

können. Mehr wird nicht<br />

verraten.<br />

23<br />

Oktober<br />

TEDxVienna: UNTOLD<br />

„Unerzählte“ Geschichten stehen im Fokus dieses geheimnisvollen<br />

TEDx-Events im Wiener Volkstheater. TEDx – das<br />

sind unabhängig organisierte Ableger der weltberühmten<br />

TED-Talks, die es auch im Internet zum Nachklicken gibt.<br />

Die Veranstalter versprechen einen Blick durchs Schlüsselloch<br />

verborgenen Wissens – wobei so unterschiedliche<br />

Bereiche wie Technologie, Wissenschaft, Design und Ethik<br />

25<br />

München;<br />

sowie zwischenmenschliche Beziehungen Themen sind.<br />

Es ist davon auszugehen, dass dabei das eine oder andere<br />

interessante Geheimnis tatsächlich ausgeplaudert wird.<br />

Obwohl: Sicher ist hier gar nichts! Ganz im Sinne des<br />

Mottos UNTOLD wird das Line-up der Vortragenden erst<br />

am Tag der Veranstaltung bekannt gegeben.<br />

Volkstheater Wien; untold.tedxvienna.at<br />

14<br />

bis 29. Oktober 2und 3. Oktober<br />

Medientage<br />

The Founder<br />

München<br />

Summit<br />

Wie lassen sich Fake-News bekämpfen?<br />

Wie sieht die Zukunft<br />

Start-up aufzuziehen? Dann bist du<br />

Du träumst davon, dein eigenes<br />

von Podcasts aus? Bei diesem sowohl<br />

digital als auch vor Ort erleb-<br />

Festival genau richtig. Hier gewäh-<br />

auf Deutschlands größtem Gründerbaren<br />

Event dreht sich alles um<br />

ren Top-Unternehmen und innovative<br />

Start-ups seltene Einblicke<br />

die Potenziale des Journalismus.<br />

Angekündigt haben sich unter<br />

in ihre Strategien. Dazu kannst du<br />

anderem Sky Deutschland Chef<br />

mit vielen Investoren und Gleichgesinnten<br />

ins Gespräch kommen.<br />

Devesh Raj und „Tagesthemen“-<br />

Moderator Ingo Zamperoni.<br />

RMCC Wiesbaden;<br />

medientage.de<br />

thefoundersummit.de<br />

und 15. Oktober<br />

MO1N Startup<br />

Camp<br />

Newcomer aus dem Norden: Mit<br />

jeder Menge Herzblut haben die<br />

Macher ihr Festival in kurzer Zeit<br />

zum Fixstern der regionalen Startup-Szene<br />

gemacht – inzwischen<br />

sogar mit einer Filiale in Singapur.<br />

Dieses Jahr als Speaker mit<br />

von der Partie: „TikTok-Anwalt“<br />

Tim Hendrik Walter und Swapfiets-Gründer<br />

Richard Burger.<br />

Bremen; moin.camp<br />

INNOVATOR 91


DO IT <br />

Virtuelle Matterhornbesteigung:<br />

Innovative<br />

VR-Technologie und<br />

eine geradezu visionäre<br />

360-Grad-Filmproduktion<br />

machen’s möglich.<br />

29<br />

und 30. Oktober<br />

deGUT<br />

Die renommierte Berliner Messe für<br />

Gründer und Unternehmer geht in<br />

diesem Jahr bereits in die 37. Runde.<br />

Alles, was junge Start-ups an Knowhow<br />

benötigen, finden sie hier<br />

kompakt an einem Ort: praxisnahe<br />

Seminare, Workshops und Keynotes<br />

von Top-Gründern rund um Unternehmensführung<br />

und berufliche<br />

Selbständigkeit. Beim traditionellen<br />

BACB Speed Dating haben fünf ausgewählte<br />

Kandidaten fünf Minuten<br />

Zeit, um das Messepublikum und<br />

die illustre Business-Angel-Jury von<br />

ihrer Geschäftsidee zu überzeugen.<br />

Die Bewerbungsfrist dafür läuft noch<br />

bis 30. September.<br />

Arena Berlin; degut.de<br />

seit<br />

23<br />

Juni<br />

<strong>Red</strong> Bull The Edge<br />

Der Wind pfeift, das Adrenalin fließt. Wo ist der nächste sichere Griff? Gleich<br />

hast du den Gipfel des Matterhorns erreicht und genießt die atemberaubende<br />

Aussicht. Moment: Wir befinden uns nicht auf 4478 Meter Seehöhe, sondern<br />

in der neuen <strong>Red</strong> Bull The Edge Erlebnishalle im Verkehrshaus Luzern.<br />

360-Grad- Panorama-Bilder aus der VR-Brille und reale Elemente wie Bouldergriffe<br />

verschmelzen hier zu einem Gesamterlebnis, in dem Realität und Virtualität<br />

kaum zu unterscheiden sind. Ein Kick für wagemutige Gipfelstürmer.<br />

Verkehrshaus der Schweiz, Luzern;<br />

verkehrshaus.ch/besuchen/the-edge.html<br />

Speaker: Zuletzt trat<br />

etwa Christian Kroll, CEO<br />

der ökologischen Suchmaschine<br />

Ecosia, auf.<br />

ROMINA AMATO, DAVID AUSSERHOFER<br />

92 INNOVATOR


SAVE THE DATE<br />

22<br />

bis<br />

24. Oktober<br />

Entrepreneurship<br />

Summit<br />

Wirtschaft muss Antworten<br />

auf drängende Fragen unserer<br />

Zeit finden. Aus dieser<br />

Überzeugung gründete<br />

Günter Faltin seinen Summit,<br />

der sich dieses Jahr dem<br />

Thema Transparenz widmet.<br />

Tübingens Oberbürgermeister<br />

Boris Palmer gewährt<br />

Einblicke in die Zukunft der<br />

Stadtplanung. Je nach Vorschriften<br />

steigt das Event<br />

digital oder zudem vor Ort.<br />

Berlin; entrepreneurship.de<br />

5<br />

und 6. April<br />

hub.berlin<br />

Wer übermorgen prägen will,<br />

muss sich heute mit den richtigen<br />

Menschen zusammentun.<br />

Getreu dieser Überzeugung<br />

bietet die Zukunfts-Konferenz<br />

hub.berlin ihren mehr als<br />

8000 Teilnehmern jede Menge<br />

Möglichkeiten, sich miteinander<br />

zu vernetzen. Fast alle von<br />

ihnen haben einen Tech-Hintergrund<br />

und kommen aus innovativen<br />

Start-ups, der Politik<br />

oder Forschungsinstituten aus<br />

der ganzen Welt. Damit jeder<br />

Teilnehmende passende Gesprächspartner<br />

findet, bietet<br />

das Festival eine eigene „Kontakt-Vermittlung“,<br />

vier verschiedene<br />

Netzwerk-Bereiche<br />

sowie zahlreiche Kennenlern-<br />

Veranstaltungen.<br />

Station Berlin, hub.berlin<br />

19<br />

Oktober<br />

The Funding<br />

Cocktail<br />

Mit Innovationen die Welt verbessern:<br />

Dabei möchte Wayra,<br />

der weltweit größte unternehmenseigene<br />

Accelerator,<br />

Gründer unterstützen. 2020<br />

half das Programm des Telefónica-Konzerns<br />

Start-ups,<br />

über 2,7 Millionen Euro Umsatz<br />

zu generieren. Mit The<br />

Funding Cocktail bietet Wayra<br />

nun Investoren die Chance,<br />

sich von Tech-Pionieren zu<br />

aktuellen Themen inspirieren<br />

zu lassen und sich auszutauschen<br />

– sowohl vor Ort<br />

als auch virtuell.<br />

München; wayra.de<br />

Mit Höhenverstellung<br />

GO CURVED OR GO HOME!<br />

Mit den Gaming-Curved-Monitoren der 66er-Serie bist Du einfach näher dran!<br />

Tauche in Deine Welt ein und gewinne!<br />

65<br />

Finde Dein passendes Produkt unter<br />

gmaster.iiyama.com


DO IT RED BULL BASEMENT<br />

Bei <strong>Red</strong> Bull<br />

Basement sind<br />

Studierende aller<br />

Disziplinen und<br />

Fachrichtungen<br />

gefordert. Welche<br />

Idee hat das<br />

Zeug, die Welt<br />

zu verändern?<br />

<strong>Red</strong> Bull Basement<br />

STUDENTEN<br />

GEBEN STOFF<br />

<strong>Red</strong> Bull Basement geht in die<br />

nächste Runde. Von 1. September<br />

bis 24. Oktober sind wieder<br />

außergewöhnliche Ideen gefragt.<br />

Beim globalen Studenten-<br />

Event <strong>Red</strong> Bull Basement<br />

werden Ideen beflügelt, die<br />

die Welt zum Besseren verändern.<br />

Seit 2015 wurden<br />

und werden dabei zahlreiche<br />

innovative Einfälle ausgezeichnet,<br />

weiterentwickelt und bis zur<br />

Marktreife gebracht. Im Vorjahr<br />

schnappte sich ein junges Duo<br />

aus London den Preis – mit dem<br />

Entwurf einer nachhaltigen<br />

Waschmaschine, die noch in der<br />

kleinsten Studentenbude Platz<br />

hat. Man darf gespannt sein, wer<br />

dieses Jahr das Rennen macht.<br />

Voraussetzungen<br />

Um bei <strong>Red</strong> Bull Basement (Partner:<br />

global technology services<br />

company for a connected future<br />

NTT) anzudocken, muss man<br />

kein Start- up oder gar Nachfahre<br />

von Daniel Düsentrieb sein.<br />

Teilnahmeberechtigt sind alle<br />

Studierenden über achtzehn, die<br />

der englischen Sprache mächtig<br />

und in einem der 45 Teilnehmerstaaten<br />

wohnhaft sind. Wer das<br />

erfüllt, ist eingeladen, seine weltverändernde<br />

Idee einzusenden<br />

und mit der Community zu teilen.<br />

Teamwork<br />

Man bewirbt sich als Einzelperson<br />

oder im Zweierteam, um seine<br />

Idee zu verkörpern. Im Hintergrund<br />

dürfen auch noch mehr<br />

Teammitglieder mitwirken.<br />

redbullbasement.com, hello.global.ntt<br />

Call to Action<br />

DEINE IDEE ZÄHLT<br />

1. September – 24. Oktober<br />

BEWERBUNGSPHASE Idee<br />

auf den Punkt bringen, kurzes<br />

Video (max. 60 Sekunden)<br />

aufnehmen und hochladen<br />

auf: redbullbasement.com<br />

25. – 31. Oktober<br />

AUSWERTUNG durch lokale<br />

und globale Jurys auf Basis der<br />

Kriterien Machbarkeit, Impact,<br />

Kreativität sowie gemäß dem<br />

Ergebnis des Online-Publikumsvotings<br />

(„shout-out“).<br />

2. November<br />

BEKANNTGABE der Landessieger<br />

aus den 45 Teilnehmerstaaten.<br />

Danach Development-<br />

Phase: Alle Final-Teams<br />

werden bei der Aus arbeitung<br />

ihrer Präsentation professionell<br />

unterstützt.<br />

13. – 15. Dezember<br />

KÜR des Gewinners beim<br />

Global Final in Istanbul.<br />

ALEXANDER SCHWARZ/RED BULL CONTENT POOL (2)<br />

94 INNOVATOR


Spitz<br />

die Ohren<br />

The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> gibt’s nun auch zum<br />

Anhören: inspirierende Interviews, scharfe<br />

Porträts, abenteuerliche Reportagen.<br />

Jeden Mittwoch –<br />

überall, wo es Podcasts gibt.<br />

Jetzt reinhören<br />

und gleich abonnieren.<br />

Plus:<br />

MICHAEL KÖHLMEIERS<br />

Kolumne<br />

Boulevard der Helden<br />

als Podcast-Serie


KOLUMNE <br />

GEMEINSAM FÄHRT<br />

MAN BESSER<br />

Selbstfahrende Autos für Blinde und Hacker,<br />

die günstiges Bikesharing für alle ermöglichen:<br />

In ihrem neuen Buch zeigt Dr. Nari Kahle,<br />

wie Mobilitätskonzepte unsere Gesellschaft<br />

stärken können. Hier nennt sie vier Beispiele.<br />

Dr. Nari Kahle<br />

35, arbeitet seit 2015<br />

im Volkswagen Konzern,<br />

unter anderem als<br />

Leiterin für soziale<br />

Nachhaltigkeit. Aktuell<br />

ist sie Head of Strategic<br />

Programs bei CARIAD SE,<br />

dem Software- und<br />

Technologieunternehmen<br />

innerhalb des Volkswagen<br />

Konzerns.<br />

O<br />

b Hyperloop-Systeme, die<br />

uns in Kapseln mit bis zu<br />

1200 km/h durch Röhren<br />

von einer Stadt zur nächsten<br />

schießen, oder Flugtaxis,<br />

die uns zur Arbeit bringen:<br />

Denken wir an die Mobilität<br />

der Zukunft, geht es meist um Konzepte,<br />

die uns umweltschonender, schneller<br />

und komfortabler ans Ziel bringen. Und<br />

es stimmt ja auch: Solche Innovationen<br />

werden unser Leben und unsere Gesellschaft<br />

revolutionieren – und das auf<br />

so vielfältige Weise, dass manche Effekte<br />

noch gar nicht in unserem Bewusstsein<br />

angekommen sind, obwohl sie nicht<br />

weniger spektakulär sind als Hyperloop-<br />

Kapseln. Worum es mir geht, sind die<br />

Chancen, die neue Mobilitätsformen<br />

für unser Zusammenleben bedeuten,<br />

besonders für bisher benachteiligte Menschen.<br />

Ich bin davon überzeugt, dass<br />

neue Verkehrskonzepte unsere Gemeinschaft<br />

fairer, sozialer und solidarischer<br />

machen können. Wie das funktionieren<br />

kann, erklären Pioniere aus verschiedenen<br />

Disziplinen in meinem neuen Buch<br />

„Mobilität in Bewegung“. Hier kommen<br />

vier Ansätze, die mich besonders faszinieren.<br />

Keine Visionen für übermorgen,<br />

sondern Ideen, die bereits umgesetzt<br />

werden (oder kurz davor sind), und neue<br />

Blickwinkel, die bestehende Möglichkeiten<br />

in neuem Licht erscheinen lassen.<br />

1. Busse auf Zuruf fürs Land<br />

Wenn Städter von E-Scootern zum<br />

Mieten an jeder Ecke oder Bike-Sharing<br />

erzählen, zucken Landbewohner oft mit<br />

den Schultern. Weil am Land weniger<br />

Menschen leben, lohnen sich solche Angebote<br />

dort nicht. Tatsächlich verfügen<br />

heute viele Dörfer noch nicht einmal<br />

über eine Busanbindung. Das ändert sich<br />

gerade. Schließlich erlauben digitale Technologien<br />

einen wesentlich effizienteren<br />

Einsatz von Mobilität. Die Idee: per<br />

Smartphone bestellbare Shuttles, die<br />

ihre Passagiere zu Knotenpunkten fahren.<br />

Kunden sehen in Echtzeit am Handy,<br />

wo ein Bus oder Transporter gerade ist,<br />

und können ihn kurzfristig für die benötigte<br />

Fahrt buchen. Vom Knotenpunkt,<br />

etwa einem (Bus-)Bahnhof, kann es<br />

dann weiter gehen – etwa in die nächste<br />

Stadt. Im niederbayerischen Freyung<br />

gibt es ein solches Angebot bereits.<br />

2. Bikes für alle<br />

Viele Menschen ziehen aus der Stadt weg,<br />

weil sie dem Trubel entfliehen, der Natur<br />

näher sein möchten. Andere wiederum<br />

können sich eine Wohnung im Zentrum<br />

schlicht nicht mehr leisten und leben deshalb<br />

in urbanen Randgebieten. Weil vielen<br />

von ihnen selbst das Geld für ein Monatsticket<br />

fehlt, verlieren sie den Anschluss<br />

an die Stadt und deren Angebote für Freizeit,<br />

Kultur, aber auch Bildung und Medizin.<br />

Um zu verhindern, dass unsere Gesellschaft<br />

noch weiter auseinanderdriftet,<br />

arbeiten Mobilitäts-Hacker an solidarischen<br />

Non-Profit-Lösungen. Für mein<br />

Buch habe ich etwa mit Hackern gesprochen,<br />

die in Ulm mit einer Open-Source-<br />

Software kostengünstiges Bikesharing<br />

anbieten wollen. Oder mit den Machern<br />

eines Sozio-Med-Mobils, das ältere Menschen<br />

digital buchen können, damit es<br />

sie zu Fach ärzten in der Stadt bringt.<br />

3. Autos für Blinde<br />

Während der Autofahrt ins Büro ein<br />

Buch lesen, auf der Rückfahrt ein Computerspiel<br />

zocken oder ein Nickerchen<br />

einlegen: Wenn wir an selbstfahrende<br />

Autos denken, fällt vielen neben der<br />

höheren Verkehrssicherheit zuerst der<br />

gewonnene Komfort ein. Für manche<br />

Menschen jedoch werden sie eine bis<br />

dahin undenkbare Freiheit ermöglichen.<br />

Niemand weiß das besser als Steve<br />

Mahan, der 2015 in Texas die erste Testfahrt<br />

mit einem selbstfahrenden Auto<br />

PAUL MEIXNER<br />

96 INNOVATOR


READ IT<br />

IMPRESSUM <br />

MICH FASZINIERT,<br />

WIE WIR GRENZEN ÜBER­<br />

WINDEN KÖNNEN, WENN<br />

WIR REISEN NEU DENKEN.<br />

auf öffent lichen Straßen wagte und im<br />

dabei gedrehten Video berichtet, wie viel<br />

Hoffnung er als Blinder in diese Technik<br />

setzt. In der Forschung gibt es bereits<br />

Über legungen, wie fortschrittliche Sprachsteuerung<br />

oder haptisches Feedback<br />

Menschen mit Sehbehinderung die Bedienung<br />

erleichtern könnten. Auch andere<br />

Menschen mit körperlicher oder geistiger<br />

Behinderung werden Unabhängigkeit<br />

gewinnen – und selbst entscheiden, wann<br />

sie einen Freund im Nachbarort besuchen<br />

oder zu einem Konzert fahren.<br />

4. Weltreisen für Stubenhocker<br />

Wir alle haben in letzter Zeit wegen der<br />

Pandemie eine neue Form des Reisens<br />

ausprobiert, für die wir weder viel Geld<br />

benötigen, noch die Wohnung verlassen<br />

müssen. Die Videokonferenz ersetzte<br />

Dienstreisen. Gerade Menschen mit<br />

finanziellen oder körperlichen Einschränkungen<br />

wird das in Zukunft neue<br />

Perspektiven eröffnen. So werden sie an<br />

Schulen und Unis auf der ganzen Welt<br />

studieren können und Jobs rund um den<br />

Globus finden. Die Möglichkeiten, an<br />

Meetings, Vor trägen, Kursen und sogar<br />

ganzen Studiengängen digital teilzunehmen,<br />

werden immer besser. Natürlich<br />

bleibt der Vor-Ort-Kontakt von Mensch<br />

zu Mensch gerade für benachteiligte<br />

Menschen wichtig, und digitale Angebote<br />

allein sind nicht die Lösung. Aber mich<br />

fasziniert die Vorstellung, wie Menschen<br />

Grenzen überwinden können, wenn wir<br />

nicht nur Fortbewegungsmittel neu<br />

erfinden, sondern auch an einer neuen<br />

Vorstellung von Mobilität arbeiten.<br />

Reisen im Kopf: Das bedeutet mehr als<br />

bloß von A nach B zu kommen.<br />

Mehr Erkenntnisse,<br />

wie Mobilität unsere<br />

Gemeinschaft stärken<br />

kann, finden sich im<br />

Buch „Mobilität in Bewegung“<br />

von Dr. Nari<br />

Kahle (264 Seiten,<br />

25 Euro). narikahle.com<br />

Gesamtleitung The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

Alexander Müller-Macheck (Ltg.), Sara Car-Varming<br />

Chefredaktion The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

Andreas Rottenschlager (Ltg.), Andreas Wollinger<br />

Chefredakteur <strong>Innovator</strong><br />

Arek Piatek<br />

Creative Director <strong>Innovator</strong><br />

Kasimir Reimann (Ltg.), Erik Turek<br />

Art Direction Marion Bernert-Thomann,<br />

Miles English, Tara Thompson<br />

Grafik Martina de Carvalho-Hutter,<br />

Cornelia Gleichweit, Kevin Goll<br />

Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty<br />

(Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör<br />

Digitalredaktion Christian Eberle-Abasolo (Ltg.),<br />

Marie-Maxime Dricot, Melissa Gordon,<br />

Lisa Hechenberger, Elena Rodriguez Angelina,<br />

Benjamin Sullivan<br />

Head of Audio Florian Obkircher<br />

Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann<br />

Managing Editor Ulrich Corazza<br />

Publishing Management Ivona Glibusic, Bernhard<br />

Schmied, Melissa Stutz, Anna Wilczek<br />

Managing Director Stefan Ebner<br />

Head of Media Sales & Partnerships<br />

Lukas Scharmbacher<br />

Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger<br />

Projektmanagement Co-Publishing,<br />

B2B-Marketing & Communication<br />

Katrin Sigl (Ltg.), Mathias Blaha, Katrin Dollenz,<br />

Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B),<br />

Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner<br />

(Communication), Jennifer Silberschneider<br />

Creative Services<br />

Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka,<br />

Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart<br />

Commercial Management Co-Publishing<br />

Alexandra Ita<br />

Editorial Co-Publishing<br />

Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann,<br />

Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser<br />

Executive Creative Director Markus Kietreiber<br />

Senior Manager Creative Elisabeth Kopanz<br />

Art Direction Commercial & Co-Publishing<br />

Peter Knehtl (Ltg.), Erwin Edtmayer, Simone Fischer,<br />

Martina Maier, Andreea Parvu, Carina Schaittenberger,<br />

Alexandra Schendl, Julia Schinzel, Florian Solly,<br />

Dominik Uhl, Sophie Weidinger, Stephan Zenz<br />

Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Marija Althajm,<br />

Nicole Glaser, Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar<br />

Anzeigenservice<br />

Manuela Brandstätter, Monika Spitaler<br />

Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.),<br />

Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig<br />

Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis,<br />

Nenad Isailovic, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher<br />

Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Klaus Pleninger<br />

MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler<br />

Operations Melanie Grasserbauer,<br />

Alexander Peham, Thomas Platzer<br />

Projekt Management<br />

Dominik Debriacher, Gabriela-Teresa Humer<br />

Assistant to General Management Sandra Artacker<br />

Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer<br />

Verlagsanschrift Am grünen Prater 3, A-1020 Wien<br />

Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809<br />

Web redbulletin.com<br />

Medieninhaber, Verlag & Herausgeber<br />

<strong>Red</strong> Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-<br />

Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i,<br />

Landesgericht Salzburg, ATU63611700<br />

Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz,<br />

Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber<br />

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN<br />

Deutschland, ISSN 2079-4258<br />

Länderredaktion<br />

David Mayer<br />

Country Project Management<br />

Nina Hahn<br />

Lektorat<br />

Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert, Monika<br />

Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda<br />

Mautner, Klaus Peham, Vera Pink<br />

Media Sales & Partnerships<br />

Thomas Hutterer (Markenlead),<br />

Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner,<br />

Ines Gruber, Thomas Gubier, Daniela Güpner,<br />

Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner,<br />

Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher,<br />

Jennifer Sabejew, Johannes Wahrmann-<br />

Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker,<br />

Christian Wörndle, Sabine Zölß<br />

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN<br />

Österreich, ISSN 1995-8838<br />

Länderredaktion<br />

Arek Piatek<br />

Country Project Management<br />

Ivona Glibusic<br />

Lektorat<br />

siehe entsprechenden Eintrag<br />

bei Deutschland<br />

Media Sales & Partnerships<br />

Thomas Hutterer (Markenlead),<br />

Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner,<br />

Ines Gruber, Thomas Gubier, Daniela Güpner,<br />

Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner,<br />

Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher,<br />

Jennifer Sabejew, Johannes Wahrmann-<br />

Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker,<br />

Christian Wörndle, Sabine Zölß<br />

anzeigen@at.redbulletin.com<br />

Sales Operations & Development<br />

Anna Schönauer (Ltg.), David Mühlbacher<br />

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz<br />

Informationen zum Medieninhaber<br />

sind ständig und unmittelbar unter<br />

folgender Web-Adresse auffindbar:<br />

redbull.com/im/de_AT<br />

Kontakt<br />

redaktion@at.redbulletin.com<br />

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN<br />

Schweiz, ISSN 2308-5886<br />

Länderredaktion<br />

Arek Piatek<br />

Country Project Management<br />

Melissa Stutz (Ltg.), Ivona Glibusic<br />

Lektorat<br />

siehe entsprechenden Eintrag bei Österreich<br />

Media Sales & Brand Partnerships<br />

Stefan Brütsch (Team Lead),<br />

stefan.bruetsch@redbull.com<br />

Marcel Bannwart,<br />

marcel.bannwart@redbull.com<br />

Christian Bürgi,<br />

christian.buergi@redbull.com<br />

Jessica Pünchera,<br />

jessica.puenchera@redbull.com<br />

Goldbach Publishing<br />

Marco Nicoli<br />

marco.nicoli@goldbach.com<br />

INNOVATOR 97


TECHNIK- HIGHLIGHT <br />

Kühles Design, aber absolut uncool:<br />

Der Fusionsreaktor EAST<br />

stellte einen neuen Weltrekord<br />

bei der Kernfusion auf.<br />

150 Millionen Grad<br />

Arbeitstemperatur<br />

Im Juli dieses Jahres gelang chinesischen<br />

Forschern eine Sensation: Mit<br />

dem Kernfusionsreaktor EAST verschmolzen<br />

sie zwei Wasserstoff-Atomkerne<br />

– zehn Sekunden lang. Diese<br />

aufsehenerregend lange Fusionszeit<br />

(in der außerordentlich viel Energie frei<br />

wird) war allerdings nur unter Extrembedingungen<br />

möglich: Nicht weniger als<br />

150 Millionen Grad Celsius betrug dabei<br />

die Betriebstemperatur des EAST, also<br />

rund zehnmal so heiß wie die Temperatur<br />

im Sonnen-Inneren. Sinn des Experiments:<br />

Die bei Kernfusionen gewonnene<br />

Energie könnte künftig eine saubere<br />

Alternative zur Energiegewinnung aus<br />

fossilen Brennstoffen sein, da weder<br />

Treibhausgase freigesetzt werden noch<br />

radio aktiver Abfall entsteht, wie etwa bei<br />

der Kernspaltung in Atomkraftwerken.<br />

DIESER REAKTOR<br />

WIRD ZEHNMAL SO<br />

HEISS WIE DIE SONNE.<br />

EAST AREK PIATEK<br />

98 INNOVATOR


INNOVATE AT UNIVERSITY TODAY,<br />

DISRUPT THE WORLD TOMORROW<br />

APPLY BY OCT 24TH<br />

REDBULLBASEMENT.COM<br />

RED BULL GIVES YOU WIIINGS.


Pure Emotion.<br />

Streetfighter V4 S<br />

The Fight Formula<br />

www.ducati.de<br />

Die Streetfighter V4 verkörpert die “Fight Formula” von Ducati: eine Panigale V4 ohne Verkleidung. 178 Kilo leicht.<br />

Komplettes Ducati Elektronik-Paket. Breiter Lenker. Seitliche Winglets. Der 1.103 cm³ Desmosedici Stradale<br />

mit 208 PS macht sie zur ultimativen Ducati Super Naked – gefeiert von Motorradfahrern auf der ganzen Welt<br />

und den internationalen Medien. Alle Modelle der Ducati Streetfighter V4-Reihe erfüllen jetzt die strenge<br />

Euro 5-Abgasnorm zur Schadstoffreduzierung. Zu den Neuerungen zählen Features wie die verbesserte Bremsund<br />

Kupplungspumpe. Beide sind jetzt selbstentlüftend und wurden erstmals bei der Superleggera V4 eingesetzt.<br />

Als Farben stehen Ducati <strong>Red</strong> und Dark Stealth für die Streetfighter V4 S zur Wahl.<br />

Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Ducati Händler und auf www.ducati.de<br />

Hubraum 1.103 cm³ | Leistung 208 PS (153 kW) bei 12.750 U/min | Drehmoment 123 Nm bei 11.500 U/min | Trockengewicht 178 kg

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