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IDEAS FOR A BETTER FUTURE INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 02/2021<br />
LEBT<br />
DIESER<br />
MANN<br />
Ideas for a better future<br />
DAS<br />
PERFEKTE<br />
LEBEN?<br />
Biohacking-Pionier<br />
Ben Greenfield sagt nein.<br />
Aber er tut verdammt viel,<br />
um sehr alt zu werden.<br />
Und dabei sehr jung<br />
zu bleiben.<br />
Das Magazin für Innovation<br />
von The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
DAS<br />
GROSSE<br />
BIOHACKING-<br />
DOSSIER<br />
Es geht um Licht,<br />
Ernährung, Atmung,<br />
Wärme, Kälte<br />
und Schlaf.<br />
Und vor allem geht es<br />
um Eigenverantwortung.<br />
2,50<br />
EURO<br />
02 2021 AUSGABE<br />
DEUTSCHLAND
omegawatches.com<br />
NUR IM KINO<br />
JAMES BOND’S CHOICE<br />
Auf den Spuren eines geheimnisvollen Bösewichts<br />
stellt sich Bond seiner neuesten Mission in Keine<br />
Zeit zu sterben mit der OMEGA Seamaster Diver<br />
300M am Handgelenk. Dieser Zeitmesser<br />
im leichten Titandesign ist jederzeit einsatzbereit,<br />
mit einem Höchstmaß an Präzision und<br />
Antimagnetismus, auf das man sich dank Master<br />
Chronometer Zertifizierung immer verlassen kann.
INNOVATOR<br />
EDITORIAL<br />
CONTRIBUTORS<br />
Stefan Wagner<br />
In unserer Schwesterzeitschrift<br />
carpe diem berichtet er als<br />
Kolumnist aus dem Leben eines<br />
Hobby-Biohackers. Bei uns durfte<br />
Wagner ausführlich ran: Gemeinsam<br />
mit Top-Biohacker Andreas<br />
Breitfeld optimierte er unsere<br />
Sonderstrecke, die Ihnen Lust<br />
dar auf macht, Ihr Leben zu verbessern.<br />
Und die Welt obendrein.<br />
AB SEITE 29<br />
Ben Greenfield<br />
Der einflussreichste Biohacker<br />
der Welt eröffnet dieses Special<br />
als Interviewgast. Sein Gespräch<br />
mit The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong>Innovator</strong><br />
fand Greenfield so spannend,<br />
dass er es seinem Millionenpublikum<br />
sogar als Podcast<br />
zur Verfügung stellte.<br />
AB SEITE 32<br />
RESET YOUR LIFE!<br />
Michael Greve arbeitet daran, Krebs, Alzheimer,<br />
Diabetes, Herzinfarkt zu besiegen. Wieso der<br />
deutsche Internet-Milliardär das tut, wie atemberaubend<br />
weit die Wissenschaft schon heute<br />
ist und was Sie jetzt tun können, um ein Alter<br />
zu erreichen, das Sie niemals für möglich gehalten<br />
hätten: ab Seite 56. Greves Story ist Herzstück<br />
unseres Biohacking-Schwerpunkts, der<br />
randvoll mit spannenden Fragen und ebenso<br />
erstaun lichen Antworten ist. Können Sie Ihr<br />
Gehirn trainieren wie einen Muskel? (Antwort:<br />
Ja, Sie können.) Macht es Sie gesünder, barfuß<br />
im Wald zu spazieren? Und was hat das alles<br />
mit einer besseren Welt zu tun? Biohacking-<br />
Special, Seite 29 bis Seite 77.<br />
Fitness steigern, Pandemien bekämpfen,<br />
Sprachen lernen – spielend! Darum geht es<br />
ab Seite 78: Zehn Gaming-Pioniere verraten,<br />
welche Computerspiele unser Leben (und unsere<br />
Skills) auf geniale Art verbessern können.<br />
Viel Vergnügen mit diesem Heft!<br />
JOE PUGLIESE/AUGUST (COVER), MARTIN KREIL, BEN GREENFIELD FITNESS<br />
4 INNOVATOR
Ultron Air<br />
Elektrisiere die Stadt<br />
Der A-TO Ultron Air bringt dich schnell<br />
und umweltfreundlich von A nach B.<br />
Ausgestattet mit allen erforderlichen<br />
Sicherheits-Features und einem<br />
kräftigen Elektromotor sorgt der<br />
hochwertige E-Scooter für mehr<br />
Speed und Performance.<br />
Auch als eKFV-Variante erhältlilch.
INHALT<br />
BULLEVARD<br />
12<br />
14<br />
16<br />
17<br />
18<br />
Emission Impossible<br />
Die Luftfahrt kommt dem<br />
klimaneutralen Fliegen einen<br />
großen Schritt näher.<br />
Besser essen<br />
Dank einem dänischen Startup<br />
können wir Lebensmittel<br />
per App retten.<br />
Lebensretter<br />
Das smarte Armband Bluefox<br />
erkennt die Wassertiefe und<br />
rettet Ertrinkenden das Leben.<br />
Der Why-Faktor<br />
Eine Berliner Plattform hilft<br />
Menschen dabei, ihr persönliches<br />
„Warum?“ zu finden.<br />
Elektro-Hengst<br />
Wie Ford die DNA seines Sportwagens<br />
Mustang in die Zukunft<br />
übersetzt.<br />
20<br />
22<br />
24<br />
26<br />
Guardian Angel<br />
Ein Satelliten-Beobachtungssystem<br />
spürt aus großer Höhe<br />
Waldbrände auf.<br />
Die geben Stoff<br />
Zwei Bayern bauen Möbel aus<br />
einem neuen Material, das<br />
Kunststoff ersetzen kann.<br />
Modul-Auto<br />
Camper oder lieber Pick-up?<br />
Der XBUS ist vielseitig wie<br />
ein Schweizer Taschenmesser.<br />
Full Metal Jacket<br />
Die Jacke der Zukunft ist<br />
aus Kupfer – und desinfiziert<br />
sich von selbst.<br />
GUIDE<br />
90<br />
94<br />
SAVE THE DATE<br />
Geh da hin!<br />
Die besten innovativen Events<br />
im In- und Ausland.<br />
WETTBEWERB<br />
Kampf der Ideen<br />
<strong>Red</strong> Bull Basement fördert<br />
junge Vordenker.<br />
96<br />
98<br />
KOLUMNE<br />
Gut unterwegs<br />
Wie Mobilität unseren<br />
Zusammenhalt stärken kann.<br />
TECH-HIGHLIGHT<br />
Heißer als heiß<br />
Dieser Kernreaktor könnte<br />
die Energiewende einläuten.<br />
FEATURE<br />
78<br />
GAMING<br />
Smartes Zocken<br />
Diese Videospiele heben unser<br />
Leben und unsere Gesell schaft<br />
aufs nächste Level.<br />
6 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
DAS BIOHACKING<br />
SPECIAL<br />
29<br />
ESSAY<br />
Biohacking – ein Plädoyer<br />
für Selbstoptimierung<br />
Warum Sie jetzt Ihr Leben in die eigene<br />
Hand nehmen sollten. Und wie Sie<br />
damit sogar die Welt besser machen.<br />
32<br />
PORTRÄT<br />
Lebt dieser Mann<br />
das perfekte Leben?<br />
Gentests, High Intensity Workouts<br />
und Eisbäder: Ben Greenfield ist der<br />
einflussreichste Biohacker der Welt.<br />
50<br />
KÖRPER<br />
Smart Brain<br />
Dein Gehirn ist viel klüger, schneller,<br />
ausdauernder und leistungs fähiger,<br />
als du denkst.<br />
NORMAN KONRAD<br />
42<br />
GADGETS<br />
Richtig aufgedreht<br />
Mikrostrom, Blutzucker-<br />
Monitore und Co:<br />
die besten Bio hacking-<br />
Gadgets, die es bereits<br />
zu kaufen gibt.<br />
56<br />
ALTERN<br />
Michael Greve ist Milliardär und<br />
möglicherweise der Mann, der Sie<br />
150 Jahre alt werden lässt.<br />
Wie Sie jünger älter werden<br />
68<br />
NATUR<br />
Danke, Mama<br />
Hitze, Kälte, Wasser, Wald und Co:<br />
die zehn großzügigsten Biohacking-<br />
Geschenke von Mutter Natur.<br />
INNOVATOR 7
Das Besondere an einem<br />
Abenteuer ist nicht nur das Ziel,<br />
sondern auch der Weg dahin.<br />
Eine besondere Verbindung: drei <strong>Red</strong> Bull<br />
Athleten und der Taycan Cross Turismo.<br />
Mit Dominik Gührs, Corinna Schwiegershausen und Petra Klingler machen<br />
sich drei Topathleten auf den Weg, einen lange bestehenden Traum wahr<br />
werden zu lassen. Dank ihres Talents und dem vollelektrischen Taycan<br />
Cross Turismo als verlässlichen Begleiter sind sie dafür bestens gerüstet.<br />
Wie es endet, erfahrt ihr unter www.porsche.de/redbullathleten<br />
Taycan Cross Turismo Modelle: Stromverbrauch kombiniert in kWh/100 km: 29,4–28,1 (NEFZ); 26,4–22,4 (WLTP); CO₂-Emissionen<br />
kombiniert in g/km: 0 (NEFZ); 0 (WLTP); elektrische Reichweite in km: 388–456 (WLTP) · 438–541 (WLTP innerorts); Stand 08/2021
INNOVATOR<br />
BULLEVARD<br />
IDEEN<br />
FÜR EINE<br />
BESSERE<br />
WELT<br />
JOHANNES LANG<br />
INNOVATOR 11
BULLEVARD <br />
Flugzeug, neu gedacht: Der<br />
ZEROe-Wasserstoffantrieb<br />
erlaubt revolutionäre Designs<br />
mit neuer Innenraumaufteilung<br />
– wie hier<br />
in der „Blended Wing<br />
Body“-Variante.<br />
FLIEGEN OHNE CO<br />
EMISSION<br />
²<br />
IMPOSSIBLE<br />
Killt Fliegen das Klima? Ja.<br />
Präziser: Flugreisen, wie wir sie<br />
bisher kennen. Denn der Airbus<br />
ZEROe, das erste emissionsfreie<br />
Passagierflugzeug, soll Fliegen<br />
ab 2035 klimaneutral machen.<br />
AIRBUS ALEX LISETZ JOHANNES LANG<br />
12 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
Wer fliegt, sündigt. Einmal<br />
München – New York<br />
bläst pro Person so viel CO ²<br />
in<br />
den Himmel wie die Heizung<br />
eines Haushalts über ein Jahr.<br />
Ein Inlandsflug zum Businesslunch<br />
verursacht zwanzigmal<br />
so viel Treibhausgase wie die<br />
gleiche Strecke per Bahn.<br />
Doch bald könnte Fliegen<br />
die umweltfreundlichste Fortbewegungsart<br />
sein. Unter den<br />
Kerosin-Sündern der Gegenwart<br />
hat Airbus als Erster die<br />
Zeichen der Zeit erkannt. Der<br />
europäische Luftfahrt-Gigant<br />
(Umsatz 2020: 50 Mrd. Euro)<br />
entwickelt gerade das weltweit<br />
erste Passagierflugzeug,<br />
das keine Abgase produziert.<br />
Richtig gelesen: null. Eine<br />
Lockerungsübung für Ingenieure,<br />
die kreativen Auslauf<br />
erhalten? Ganz und gar nicht.<br />
Der Airbus ZEROe soll 2035<br />
serienreif sein und könnte<br />
eine neue Ära der Luftfahrtindustrie<br />
einläuten.<br />
WASSER MARSCH<br />
Während Airbus für andere<br />
Prototypen auch schon mit<br />
nachhaltigen und umweltfreundlichen<br />
Kerosin-Alternativen<br />
experimentierte,<br />
setzt der ZEROe komplett auf<br />
Wasserstoffantrieb. Airbus<br />
arbeitet dafür in Bremen und<br />
Nantes an drei Konzepten:<br />
einem Propellerflugzeug für<br />
100 Passagiere und zwei Jets<br />
mit je zwei Turbofan-Triebwerken<br />
für bis zu 200 Passagiere.<br />
Am aufregendsten sieht<br />
das tropfenförmige Jet-Konzept<br />
„BWB“ (Blended Wing<br />
Body) aus. Hier könnte die<br />
Raumaufteilung zwischen<br />
Passagier-, Gepäcks- und<br />
Motor bereich völlig neu gedacht<br />
werden, die Wasserstofftanks<br />
wären wahrscheinlich<br />
unterhalb der Flügel. Parallel<br />
dazu entwickelt Airbus<br />
gemeinsam mit Europas wichtigsten<br />
Flughäfen die nötige<br />
Infrastruktur. Das „Hydrogen<br />
Hubs at Airports“-Projekt<br />
sieht die flächendeckende Errichtung<br />
von Wasserstofftanks<br />
vor, die auch Servicefahrzeuge<br />
nützen können. Wenn die<br />
Konkurrenz da nur keinen<br />
Zeitenwandel verschläft …<br />
airbus.com<br />
Im klimaneutralen<br />
Airbus<br />
ZEROe könnte<br />
sogar Greta T.<br />
mit ruhigem<br />
Gewissen nach<br />
Malle jetten.<br />
INNOVATOR 13
BULLEVARD <br />
Ein Drittel aller noch genießbaren<br />
Lebensmittel<br />
weltweit ist für die Tonne.<br />
Allein in Deutschland landen<br />
pro Person und Jahr 75 Kilo<br />
Essen im Müll. * Was für ein<br />
Mist, dachte sich eine Gruppe<br />
junger Dänen und gründete<br />
2016 das Start-up „Too Good<br />
To Go“ zur Lebensmittelrettung.<br />
Dessen Nutzer können<br />
mit einer App täglich<br />
überschüssiges Essen in teilnehmenden<br />
Restaurants, Bäckereien<br />
oder Supermärkten<br />
finden und zum reduzierten<br />
Preis mit nach Hause nehmen.<br />
Frisches Brot, indisches<br />
Curry, belegte Brötchen –<br />
was genau das Angebot von<br />
„Too Good To Go“ umfasst,<br />
ist, na ja, eine Überraschung.<br />
Schließlich – und das ist die<br />
Ironie an der Sache – wissen<br />
ja nicht einmal die Betriebe<br />
selbst, was am Ende des Tages<br />
übrigbleiben wird. Nur dass<br />
es keine Zeit zu vergeuden<br />
gibt, ist allen klar. Deshalb<br />
sind im digitalen Stadtplan<br />
Abholorte und -zeiten für die<br />
User vermerkt.<br />
„Too Good To Go“ ist das<br />
Produkt einer Wegwerfgesellschaft,<br />
die sich damit einer<br />
ihrer brennendsten Fragen<br />
stellt. „Die Ver schwen dung<br />
von Lebensmitteln ist ein<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
EINMAHLIGES<br />
KONZEPT<br />
Das Start-up „Too Good To Go“ aus Dänemark<br />
hat die Lebensmittelverschwendung gehörig<br />
satt und deshalb eine App entwickelt, mit der<br />
sich noch genießbares Essen retten lässt.<br />
„FOOD-WASTE IST<br />
EIN GLOBALES<br />
PROBLEM, DAS<br />
DEN KLIMA-<br />
WANDEL ENORM<br />
BEEINFLUSST.“<br />
riesiges globales Problem, das<br />
einen enormen Einfluss auf<br />
den Klima wandel hat“, sagt<br />
CEO Mette Lykke, die die App<br />
mit aufgebaut hat. Acht Prozent<br />
aller Treibhausgase werden<br />
von unserem lieblosen<br />
Umgang mit Lebensmitteln<br />
verursacht. Wer sie vergeudet,<br />
verschwendet Ressourcen wie<br />
Wasser, Boden und Arbeitskraft.<br />
Damit treffen Lykke<br />
und ihr Team einen Nerv.<br />
NEUN MILLIONEN<br />
MAHLZEITEN GERETTET<br />
Seit dem Start von „Too Good<br />
To Go“ 2016 in Deutschland<br />
haben sich bereits 5,9 Millionen<br />
Menschen die zugehörige<br />
App herntergeladen – mehr<br />
als 9,1 Millionen Mahlzeiten<br />
konnten so vor dem Mülleimer<br />
gerettet werden. Tendenz:<br />
steigend. „Denn mit<br />
immer mehr neuen Partnern<br />
aus dem Handel werden wir<br />
in Zukunft noch viel mehr<br />
Lebensmittel gemeinsam retten<br />
können“, sagt „Too Good<br />
To Go“-Deutschlandchefin<br />
Laure Berment<br />
Apropos Partner: Schon<br />
8600 Cafés, Restaurants,<br />
Supermärkte, Bäckereien und<br />
Hotels ar beiten mit „Too Good<br />
To Go“ zusammen. Die Betriebe<br />
haben nicht nur weniger<br />
Abfall, sondern gewinnen mit<br />
der App auch neue Kunden.<br />
Eine klassische Win-Win<br />
Situation. Und wer weiß, vielleicht<br />
ist die Sache mit der<br />
Lebensmittel verschwen dung<br />
ja bald wirklich gegessen.<br />
toogoodtogo.de<br />
*<br />
Quelle: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html<br />
LES KANER SABRINA LUTTENBERGER JOHANNES LANG<br />
14 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
Mette Lykke,<br />
CEO von „Too Good<br />
To Go“, will keine<br />
Gedanken mehr<br />
an Lebensmittelverschwendung<br />
verschwenden<br />
müssen.<br />
INNOVATOR 15
BULLEVARD INNOVATOR<br />
NOTFALLSYSTEM<br />
BAY-WATCH<br />
Ertrinken ist die dritthäufigste<br />
Unfall-Todesursache weltweit<br />
– eine Gruppe von Schweizer<br />
Ingenieuren hat jetzt etwas<br />
dagegen entwickelt: BlueFox.<br />
Jährlich verlieren etwa<br />
320.000 Menschen ihr<br />
Leben im Wasser, schätzt die<br />
WHO. Dabei zeigen Statistiken,<br />
dass sich die Unfälle oft<br />
nahe am Ufer oder bei einem<br />
Boot ereignen und die meisten<br />
Opfer als gute Schwimmer<br />
galten. Viel mehr braungebrannte,<br />
muskulöse Rettungsschwimmer<br />
täten also not –<br />
doch es wäre zu aufwendig,<br />
an allen nahe am Wasser gebauten<br />
Orten einen Hochsitz<br />
zu installieren, der auch noch<br />
rund um die Uhr besetzt ist.<br />
Hilfe verspricht jetzt ein kleines<br />
buntes Armband aus<br />
Schweizer Produktion.<br />
EINZIGARTIGES SYSTEM<br />
Lange Jahre sammelte die<br />
Deep Blue AG Erfahrung mit<br />
Unterwasser-Technologien –<br />
etwa mit der Entwicklung von<br />
Sicherheitssoftware für Motorund<br />
Segelyachten – und<br />
brachte dann ein weltweit<br />
einzigartiges System zum<br />
Schutz vor Ertrinken auf<br />
den Markt: BlueFox.<br />
BALLON MIT SIRENE<br />
Herzstück ist ein 70 Gramm<br />
leichtes Armband mit eingebautem<br />
Mikrocomputer und<br />
einer Kapsel, die eine lebensrettende<br />
Safety-Einheit enthält.<br />
Während des Aufenthalts<br />
im Wasser überwacht<br />
das System permanent die<br />
Tiefe, in der sich die badende<br />
Person befindet. Bleibt diese<br />
zu lang unter einer bestimmten<br />
Wassertiefe, wird der<br />
Notfall ausgelöst: Ein Ventil<br />
öffnet sich. Gas, gespeichert<br />
DIE MEISTEN<br />
ERTRINKEN NAHE<br />
AM UFER ODER<br />
BEI BOOTEN.<br />
in flüssigem Zustand, bläst<br />
binnen Sekunden einen Ballon<br />
auf. Der drückt die Notfallkapsel<br />
aus dem Armband,<br />
findet seinen Weg an die<br />
Wasseroberfläche und schlägt<br />
Alarm: Eine Sirene kreischt<br />
drei Minuten mit 100 Dezibel<br />
unüberhörbar um Hilfe.<br />
KOMPLETTLÖSUNG<br />
BlueFox lässt sich ganz individuell<br />
programmieren, es<br />
werden aber auch Lösungen<br />
z. B. für öffentliche Schwimmbäder<br />
angeboten. Dieses Armband<br />
wacht nicht nur über<br />
Schwimmende, sondern dient<br />
gleich als Zahlsystem sowie<br />
als Türöffner am Eingang und<br />
an den Garderobekästchen.<br />
bluefox-swiss.com<br />
BlueFox:<br />
ein Armband, das<br />
im Notfall ganz<br />
laut um Hilfe<br />
schreien kann<br />
BLUEFOX-SWISS.COM GÜNTER KRALICEK JOHANNES LANG<br />
16 INNOVATOR
BULLEVARD INNOVATOR<br />
COACHING<br />
DER SINN<br />
DES LEBENS<br />
Die Kraft der Positiven<br />
Psychologie nutzt ein Berliner<br />
Start-up für lebenswichtige<br />
Entscheidungen ihrer Kunden.<br />
Effekt: mehr Glück, mehr<br />
Identifikation und neue<br />
Freundschaften mit<br />
Gleichgesinnten.<br />
WHY-LAB.COM DAVID MAYER JOHANNES LANG<br />
Ist dieses Versprechen<br />
womöglich ein wenig anmaßend?<br />
Nicht weniger als<br />
den Sinn ihres Lebens stellen<br />
Sarah Reitz, 30, Luca Lea<br />
Kleene, 31, und Nikola Berkmann,<br />
33, ihren Kunden in<br />
Aussicht. Auf whylab, einer<br />
digitalen Plattform für Purpose<br />
und Persönlichkeitsentwicklung,<br />
können sie herausfinden,<br />
warum genau sie auf<br />
diesem Planeten sein wollen.<br />
Anmaßend? „Die Beschäftigung<br />
mit uns selbst und der<br />
Frage, ob wir nach unseren<br />
Vorstellungen leben, ist ein<br />
Urbedürfnis – das wir nur verlernt<br />
haben“, entgegnet Reitz.<br />
RETTENDER AUSTAUSCH<br />
Wie sich das anfühlt, erlebte<br />
sie selbst. Nach ihrem Berufseinstieg<br />
in einer Unternehmensberatung<br />
fragte sich die<br />
Psychologin, weshalb sie sich<br />
die Überstunden antat und<br />
welches größere Ziel sie in<br />
ihrem Leben verfolgte. Erfolglos<br />
suchte sie in Büchern,<br />
Blogs und Podcasts nach<br />
Antworten. „Ich fühlte mich<br />
allein“, erinnert sie sich.<br />
Das änderte sich, als sie ihren<br />
Frust artikulierte. Freunde<br />
berichteten von ähnlichen<br />
Sorgen. Eine Freundin war es<br />
auch, die ihr Kleene und Berkmann<br />
vorstellte, die ebenfalls<br />
suchten. Sie beschlossen, ihre<br />
Erfahrungen zu bündeln und<br />
anderen zu helfen.<br />
whylab bietet verschiedene<br />
Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung.<br />
Wer etwa<br />
für 390 Euro einen Kurs<br />
bucht, trifft sich sechsmal<br />
wöchentlich mit fünf anderen<br />
Teilnehmern zur Videosession.<br />
Mit Tools der Positiven Psychologie,<br />
im gegenseitigen<br />
Austausch und angeleitet von<br />
einem Coach, ermitteln sie<br />
ihre Werte und Stärken und<br />
formulieren ihr persönliches<br />
„Purpose-Statement“.<br />
„Viele sehen sich danach<br />
mit neuen Augen“, sagt Reitz.<br />
Einer jungen Frau wurde klar,<br />
dass sie Menschen verbinden<br />
möchte – und sie bekam mit<br />
dem neu gewonnenen Selbstbewusstsein<br />
eine Zusage für<br />
einen Job als Pädagogin. Das<br />
klingt dann doch weniger anmaßend<br />
als, nun ja, sinnvoll.<br />
why-lab.com<br />
Grenzenlos verbunden:<br />
Alle whylab-Trainings finden<br />
per Videocall statt.<br />
Früher<br />
berieten sie<br />
Firmen, heute<br />
helfen sie<br />
Menschen<br />
(v. li.): Nikola<br />
Berkmann,<br />
Luca Lea<br />
Kleene, Sarah<br />
Reitz<br />
INNOVATOR 17
BULLEVARD <br />
STAMMBAUM<br />
57 Jahre, sechs Generationen:<br />
Mit dem Mach-E erfindet sich<br />
die traditionsreiche Mustang-<br />
Reihe völlig neu.<br />
1964 Die erste Generation wird<br />
vorgestellt und begründet die neue<br />
Coupé-Kategorie der „Pony Cars“.<br />
E-MOBILITÄT<br />
SAUBERER<br />
MUSKEL-<br />
PROTZ<br />
Wie Murat Güler, Pkw-Chefdesigner<br />
von Ford Europa, die<br />
DNA der Benzin-Ikone Mustang<br />
in die Zukunft übersetzte, um mit<br />
dem elektrisch angetriebenen<br />
Nachfolger Mach-E Kohlenstoffdioxid<br />
zu bekämpfen.<br />
gehen. Wie stellt man sicher, dass<br />
die Mustang-DNA unter völlig anderen<br />
Vorzeichen – länger, höher,<br />
moderner, elektrisch – immer<br />
noch erkennbar bleibt?<br />
„Der Anfang war tatsächlich<br />
nicht ganz einfach“, erinnert sich<br />
Murat Güler. „Im ersten Schritt<br />
haben wir die wichtigsten Grundcharakteristika<br />
des Mustangs<br />
herausgearbeitet: den Übergang<br />
einer langen Motorhaube in die<br />
A-Säule mit ihrer Windschutzscheibe,<br />
was dem Auto etwas<br />
Skulpturales gibt. Dann die Front<br />
mit aggressivem Blick und einem<br />
Kühlergrill, der hier nur noch angedeutet<br />
ist, weil man ihn technisch<br />
wegen des E-Antriebs nicht<br />
mehr braucht. Ganz wichtig im<br />
Seitenprofil ist die coupéartige<br />
Linie mit dem Hüftschwung über<br />
dem Hinterrad, den schon die<br />
ersten Mustang-Generationen<br />
hatten. Schließlich das Heck mit<br />
den charakteristischen drei vertikalen<br />
Leuchten, die wir modern<br />
interpretiert haben.“<br />
1973 Generation 2 folgt konsequent<br />
demselben Prinzip: kompakte Karosserie,<br />
großer Motor mit bis zu 320 PS.<br />
1979 Typisch für den Downsizing-<br />
Trend ihrer Zeit, setzt Generation 3<br />
auf gerade Linien und kleine Motoren.<br />
Die erste Assoziation mit<br />
„Ford Mustang“ ist bei den<br />
meisten Menschen „Bullitt“,<br />
jener legendäre Film mit Steve<br />
McQueen in der Hauptrolle, der<br />
sich vor allem wegen der atemberaubenden<br />
Verfolgungsjagd<br />
durch San Francisco ins kollektive<br />
Gedächtnis eingeprägt hat.<br />
Bei Murat Güler war das nicht<br />
anders, als ihn, den Pkw-Chefdesigner<br />
von Ford Europa, die<br />
Aufgabe ereilte, im Team mit US-<br />
Kollegen den Mustang Mach-E zu<br />
gestalten. Herausforderung: Statt<br />
eines Muscle-Cars mit V8-Motor<br />
sollte es um ein Elektro-Crossover<br />
WELTWEIT ERKENNBAR<br />
Generell sei es wichtig, meint er,<br />
nicht bloß zu kopieren oder zu<br />
übernehmen, sondern entscheidende<br />
Design-Elemente sanft zu<br />
modulieren, um sie in die Gegenwart<br />
zu überführen. Einflüsse der<br />
ersten Generation – der selbstbewusste,<br />
niedrige Auftritt – seien<br />
in den Mach-E genauso eingeflossen<br />
wie der letzten, natürlich<br />
immer unter Rücksichtnahme<br />
auf den technischen Nutzen. Man<br />
habe sich erst gar nicht mit Retro-<br />
Design aufgehalten, sondern,<br />
ausgehend von der Ikone, immer<br />
nach vorn in die Zukunft gedacht:<br />
„Uns war wichtig, dass der<br />
1994 Zum 30. Geburtstag folgt die<br />
wieder kräftigere vierte Generation –<br />
etwa mit 5-Liter-V8-Motor.<br />
FORD WERNER JESSNER JOHANNES LANG<br />
18 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
„GUTES DESIGN<br />
FUNKTIONIERT AUS<br />
SICH HERAUS, MAN<br />
MUSS ES NICHT<br />
ERKLÄREN.“<br />
2021<br />
Der Mustang Mach-E ist<br />
der erste Elektriker mit<br />
dem legendären Namen.<br />
2014 Ausgewachsenes Rennpferd:<br />
Generation 6 leistet in der Top-<br />
Version bis zu 771 PS.<br />
2004 Der fünften Generation sieht<br />
man die Gene des Ur-Mustangs dank<br />
Retro-Design wieder deutlich an.<br />
MURAT<br />
GÜLER<br />
PKW-CHEF-<br />
DESIGNER VON<br />
FORD EUROPA<br />
1971 geboren,<br />
studierte er in<br />
der Schweiz.<br />
Güler begann<br />
seine Karriere<br />
bei VW, ging danach<br />
zu Mercedes<br />
und arbeitet seit<br />
2009 bei Ford.<br />
Mach-E ein modernes Statement<br />
abgibt, kein rückwärts<br />
gewandtes.“ Dazu bringt<br />
Güler zwei Beispiele: „Das<br />
saubere Design der Front mit<br />
ihrem geschlossenen Kühlergrill<br />
und das Heck, das gerade<br />
bei E-Autos mit seiner Aerodynamik<br />
für die Reichweite<br />
eine große Rolle spielt.“<br />
Dass er und sein Team<br />
als ersten rein elektrisch entwickelten<br />
Ford grade einen<br />
Mustang entwerfen durften,<br />
empfindet Murat Güler als<br />
Glücksfall: „Es gibt jede Menge<br />
Firmen da draußen, die einen<br />
Tsunami an Elektroautos mit<br />
fancy Design-Features auf den<br />
Markt bringen. Wir als Ford<br />
Motor Company sind in der<br />
glücklichen Lage, eine Ikone<br />
im Haus zu haben, deren<br />
‚Sprache‘ sich gut auf den<br />
Elektroantrieb umsetzen<br />
ließ.“ Und zwar so, dass es<br />
auf der ganzen Welt funktioniert:<br />
„Egal ob man den Mustang<br />
Mach-E in Norwegen, in<br />
Los Angeles oder in Shanghai<br />
auf die Straße stellt – das<br />
Ding passt überall hin, und<br />
jeder weiß, worum es geht.<br />
Gutes Design funktioniert aus<br />
sich heraus. Man muss es<br />
nicht erklären.“<br />
Optik ist freilich nur das<br />
eine. Was aussieht wie ein<br />
Mustang, muss auch fahren<br />
wie einer. Schon die Basisversion<br />
ist mit 269 PS ausgesprochen<br />
gut aufgestellt.<br />
In seiner stärksten Variante<br />
(487 PS) beschleunigt der<br />
Mach-E in 3,5 Sekunden aus<br />
dem Stand auf 100 km/h –<br />
etwas, was sein berühmter<br />
Urahn aus „Bullitt“ niemals<br />
geschafft hätte. Die berühmteste<br />
Auto-Verfolgungsjagd<br />
der Filmgeschichte hat er<br />
trotzdem gewonnen.<br />
ford.de<br />
INNOVATOR 19
BULLEVARD <br />
Die OroraTech-<br />
Satelliten sind mit<br />
Infrarot sensoren<br />
versehen –<br />
zum Erkennen<br />
extrem hoher<br />
Temperaturen.<br />
Rechts: Satelliten-<br />
Live-Bild mit<br />
aufgespürten<br />
Bränden (rot) und<br />
zum Teil starker<br />
Rauchentwicklung.<br />
SATELLITEN-TECHNIK<br />
BRAND<br />
IN SICHT<br />
Ein Münchner Start-up<br />
ent wickelt kleine Satelliten,<br />
mit deren Hilfe Wald- und<br />
Buschbrände vom Weltall<br />
aus früh zeitig erkannt und<br />
bekämpft werden können.<br />
Meldungen über verheerende<br />
Waldbrände<br />
zählen seit einigen Jahren<br />
leider zum Standardrepertoire<br />
internationaler Nachrichtensendungen.<br />
Ob in Australien,<br />
Brasilien, Kalifornien oder<br />
auch in Europa: Es brennt an<br />
allen Ecken und Enden. Diese<br />
Feuer sind nicht nur eine<br />
unmittelbare Gefahr für Tier,<br />
Mensch und deren Lebensräume,<br />
sondern auch eine<br />
enorme Belastung für das<br />
globale Ökosystem. Flächenbrände<br />
setzen jährlich rund<br />
acht Milliarden Tonnen CO ²<br />
frei. Das ist mehr als der<br />
weltweite Ausstoß durch<br />
den Straßenverkehr.<br />
EHRGEIZIGE MISSION<br />
OroraTech ist ein bayerisches<br />
Start-up, das 2018 von vier<br />
ehemaligen Studenten der<br />
Technischen Universität München<br />
gegründet wurde. Das<br />
Team hat eine ambitionierte<br />
Mission: die zerstörerische<br />
Gewalt von Busch- und Waldbränden<br />
zu zähmen. Mithilfe<br />
von Satellitentechnik und<br />
einem ausgeklügelten Algorithmus<br />
gelingt es den Entwicklern,<br />
aktuelle Brandherde<br />
in den entlegensten Winkeln<br />
des Planeten frühzeitig zu erkennen.<br />
So kann verhindert<br />
werden, dass die Feuer außer<br />
Kontrolle geraten. Die Beobachtung<br />
aus dem Weltall spart<br />
wertvolle Zeit.<br />
EINEM AUSGEKLÜGELTEN<br />
ALGORITHMUS GELINGT<br />
ES, BRANDHERDE SELBST<br />
IN DEN ENTLEGENSTEN<br />
WINKELN DER ERDE FRÜH-<br />
ZEITIG AUFZUSPÜREN.<br />
20 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
ZUKUNFTSPLANUNG<br />
Das System ist schon heute<br />
erfolgreich im Einsatz: Staatliche<br />
Stellen, Versicherungsgesellschaften<br />
und große<br />
Forstbetriebe in mehreren<br />
Ländern nutzen es bereits.<br />
Derzeit greift der Algo rithmus<br />
auf Daten von 14 bestehenden<br />
Satelliten zurück.<br />
In Zukunft möchte das Startup<br />
eigene Nanosatelliten<br />
mit einer speziellen Thermal-<br />
Infrarot kamera bauen, um<br />
noch bessere Ergebnisse<br />
liefern zu können.<br />
SATELLITENNETZ 2026<br />
Vor kurzem hat das junge<br />
Unternehmen in seiner Series-<br />
A-Finanzierungsrunde 5,8 Millionen<br />
Euro eingesammelt.<br />
Mit dem Geld kann der erste<br />
selbst gebaute Kleinsatellit<br />
noch dieses Jahr ins All geschossen<br />
werden. Bis 2026<br />
soll dann ein ganzes Netz aus<br />
mehr als 100 Orora-Satelliten<br />
um die Erde kreisen, um<br />
globale Brandherde so zielsicher<br />
und zeitnah wie<br />
möglich zu melden.<br />
ororatech.com<br />
GÜNTER KRALICEK JOHANNES LANG<br />
THOMAS<br />
GRÜBLER<br />
CEO U N D<br />
CO-FOUNDER<br />
ORORATECH<br />
Der 29-Jährige<br />
gründete Orora-<br />
Tech gemeinsam<br />
mit Rupert<br />
Amann, Florian<br />
Mauracher und<br />
Björn Stoffers.<br />
2019 wurde<br />
das Team in die<br />
„Forbes DACH“-<br />
„30 Under 30“-<br />
Liste gewählt.<br />
INNOVATOR 21
BULLEVARD <br />
GRÜNES DESIGN<br />
GUTER STOFF<br />
Stylisch, stabil, komplett recycelbar:<br />
Zwei Bayern bauen Möbel aus einem<br />
selbst entwickelten Material, das umweltschäd<br />
lichen Kunststoff ersetzen kann.<br />
Manchmal liegt der<br />
Schlüssel zu einer<br />
großen Erfindung direkt vor<br />
dir – es fehlt nur der Geistesblitz,<br />
um ihn zu erkennen.<br />
Ferdinand Kraemer weiß das.<br />
Mit seinem WG-Mitbewohner<br />
Franziskus Wozniak träumte<br />
der Produktdesign-Student<br />
in München nicht etwa davon,<br />
Kopfhörer zu gestalten,<br />
sondern die beiden wollten<br />
ein Material erfinden, das die<br />
Umwelt möglichst wenig Ressourcen<br />
kostet.<br />
Zur selben Zeit arbeitete<br />
Kraemer im Studium beinahe<br />
täglich mit aus Holzresten<br />
gefertigten Pressspanplatten.<br />
Jahrelang beachtete<br />
er den Werkstoff nicht weiter,<br />
bis ihm plötzlich dieser<br />
Gedanke kam: Warum spielt<br />
dieses umweltschonende<br />
und bereits massenhaft eingesetzte<br />
Material im Design<br />
eigentlich immer nur eine<br />
Nebenrolle? Es war der geistige<br />
Startschuss zu WYE<br />
Design, einem Start-up, das<br />
2021 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis<br />
und den German<br />
Design Award gewann.<br />
Prämiert wurden die farbenfrohen,<br />
schlanken Tische und<br />
Hocker, gefertigt aus dem<br />
Stoff Neolign. Diesen lassen<br />
Kraemer und Wozniak – nach<br />
Vorbild der Pressspanplatte –<br />
aus Nebenproprodukten der<br />
Holzindustrie, Polymeren<br />
und Farbpigmenten fertigen.<br />
Ergebnis: ein outdoor fähiges,<br />
reparierfreundliches, komplett<br />
wiederverwertbares<br />
Material, das alle Vorteile von<br />
Kunststoff mit der warmen<br />
Oberfläche von Holz vereint.<br />
BALD AUF HOHER SEE?<br />
„Noch schrauben wir die Möbel<br />
zusammen, bald können<br />
DAVID MAYER JOHANNES LANG<br />
22 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
Design von Dauer:<br />
Dank ihrer schmalen<br />
Silhouetten haben<br />
die Möbel einen<br />
hohen Wiedererkennungswert.<br />
Die<br />
Preise starten bei<br />
169 Euro für einen<br />
Hocker, der Tisch<br />
kostet 899 Euro.<br />
FERDINAND<br />
KRAEMER, 34<br />
GRÜ N D ER &<br />
HEAD OF DESIGN<br />
FR ANZISKUS<br />
WOZNIAK, 33<br />
GRÜNDER & CEO<br />
Gespann mit Geschichte:<br />
Schon<br />
in ihrer Kindheit<br />
in Neuburg an der<br />
Donau nahe Ingolstadt<br />
verbrachten<br />
die Schulfreunde<br />
jeden Nachmittag<br />
miteinander. Heute<br />
leiten sie WYE<br />
Design: Wozniak<br />
verantwortet<br />
das Business,<br />
Kraemer die<br />
Formgebung.<br />
wir sie per Spritzguss oder<br />
3D-Druck in einem Stück<br />
herstellen“, sagt Designer<br />
Kraemer. Als Nächstes entwirft<br />
er neben Schneidebrettern<br />
ganze Küchen. Grundsätzlich<br />
kommt Neolign überall<br />
dort in Frage, wo bislang<br />
Kunststoff im Einsatz ist.<br />
Kürzlich signalisierte etwa<br />
ein Hersteller von Luxus-<br />
Yachten erstes Interesse.<br />
wye-design.com<br />
Mehr Struktur:<br />
Auf den ersten<br />
Blick erscheint<br />
Neolign künstlich,<br />
doch wer darüberstreicht,<br />
spürt<br />
am Profil das enthaltene<br />
Holz. Dieses<br />
stammt von<br />
Nebenprodukten<br />
der Industrie.<br />
INNOVATOR 23
BULLEVARD <br />
MOBILITÄT<br />
BASIC<br />
INSTINCT<br />
Mit dem Projekt XBUS hat das deutsche<br />
Unternehmen Electric Brands die Grundlinie<br />
des Autos neu vermessen. Herausgekommen<br />
ist ein lustiges, extrem<br />
wandlungsfähiges Gefährt mit 20 PS.<br />
Tolle Kiste: Der 3,65 Meter<br />
lange XBUS hat den gleichen<br />
Spirit wie einst der Citroën<br />
2CV, die legendäre „Ente“.<br />
ELECTRICBRANDS.DE ANDREAS WOLLINGER JOHANNES LANG<br />
24 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
Die individuelle Mobilität<br />
verändert sich aus<br />
gegebenem Anlass gerade<br />
massiv, da sind frische Ideen<br />
gefragt. Die großen Player<br />
der Autobranche tun sich mit<br />
radikalen Ansätzen schwer.<br />
Zu lang waren ihre Rezepte<br />
erfolgreich, und gewachsene<br />
Strukturen widersetzen sich<br />
revolutionären Bestrebungen<br />
für gewöhnlich heftig.<br />
DIE GRETCHENFRAGE<br />
Das erst 2017 in Münster gegründete<br />
Unternehmen Electric<br />
Brands hingegen hatte<br />
überhaupt kein Problem damit,<br />
das Auto zu hinterfragen.<br />
Wichtigster Zugang war<br />
die Frage: Was brauchen wir<br />
eigentlich wirklich, um unser<br />
Mobilitäts bedürfnis zu befriedigen?<br />
LEICHT & SPARSAM<br />
Mittlerweile hat das, was bei<br />
diesen Überlegungen herausgekommen<br />
ist, Gestalt angenommen:<br />
Der XBUS, der<br />
nach dem „Lego-Prinzip“ entwickelt<br />
worden ist, sieht aus<br />
wie eine Zeichentrick-Version<br />
des alten VW-Busses, hat aber<br />
das Zeug dazu, unser Weltbild<br />
in Sachen Auto nachhaltig<br />
zu verändern: Das ab<br />
Dezember dieses Jahres in<br />
Serienproduktion gehende<br />
Gefährt ist extrem leicht (Gewicht<br />
der Basisversion ohne<br />
Batterien: 450 Kilo) und hat<br />
Solar zellen auf dem Dach,<br />
die Strom für eine zusätzliche<br />
Reichweite von bis<br />
zu 200 Kilometern pro Tag<br />
erzeugen. Der Energieverbrauch<br />
liegt ungefähr bei<br />
einem Drittel von dem eines<br />
konventionellen Elektroautos,<br />
die Reichweite eher darüber:<br />
bis zu 800 Kilometer.<br />
DIE SOLARZELLEN<br />
ERZEUGEN PRO TAG<br />
200 KILOMETER<br />
REICHWEITE.<br />
MODUL-SYSTEM<br />
Dazu kommt noch seine<br />
Wandlungsfähigkeit – ein<br />
smartes Modul-System, das<br />
die verschiedensten Einsatzzwecke<br />
zulässt: vom Bus über<br />
einen Transporter (Zuladung:<br />
eine Tonne) und einen Pickup<br />
bis hin zum luxuriös ausgestatteten<br />
Campingbus. Die<br />
Preise sind moderat: zwischen<br />
15.800 und 26.800 Euro.<br />
TOP-SPEED: 100 KM/H<br />
Gewöhnungsbedürftig ist,<br />
dass der Antrieb nur 20 PS<br />
leistet; genug, um 100 km/h<br />
Höchst geschwindigkeit<br />
zu erreichen. Aber ehrlich:<br />
Braucht man an der mobilen<br />
Basis wirklich mehr?<br />
electricbrands.de<br />
INNOVATOR 25
BULLEVARD <br />
HIGHTECH-KLEIDUNG<br />
FULL<br />
METAL<br />
JACKET<br />
Das britische Designerlabel<br />
Vollebak kreiert Survival-<br />
Bekleidung für die Zukunft,<br />
darunter auch eine Jacke,<br />
die vor Viren und Bakterien<br />
schützen soll.<br />
Die englischen Zwillingsbrüder<br />
Nick und Steve<br />
Tidball (Jahrgang 1979) sind<br />
Designer, Extremsportler und<br />
Marketingprofis. Das merkt<br />
man gleich, wenn man sich<br />
durch die Homepage ihres<br />
Labels Vollebak klickt. Hier<br />
wird nicht gekleckert, hier<br />
wird geklotzt. Für Sätze ohne<br />
Superlative haben die Tidball-<br />
Twins wenig übrig. Wohin die<br />
Reise geht, macht bereits das<br />
Intro deutlich: „In jeder Branche<br />
baut jemand die Zukunft,<br />
sei es Technologie, Architektur,<br />
Lebensmittel, Autos oder<br />
Weltraumraketen. In der Kleidung<br />
sind wir es.“ Falsche Bescheidenheit<br />
kann man den<br />
beiden also nicht vorwerfen.<br />
Dazu passt auch der Name:<br />
Vollebak ist flämisch und bedeutet<br />
„Vollgas“. Gegründet<br />
wurde das Label 2015 als<br />
„experimentellste Adventure-<br />
Marke der Welt“ – wobei<br />
„Welt“ durchaus vollumfänglich<br />
gemeint ist. Die Survival-<br />
Wear von Vollebak soll die<br />
Menschheit nicht nur sicher<br />
durch die „nächste Eiszeit,<br />
vulkanische Winter und Mega-<br />
Dürren“ führen, sondern sich<br />
auch hervorragend für die<br />
ersten Missionen zum Mars<br />
eignen. Das Sortiment reicht<br />
von Jacken und Hosen bis hin<br />
zu Hemden und Hoodies. Die<br />
Kleinserien- Kollektion wechselt<br />
schnell, das innovative<br />
Konzept dahinter ist aber stets<br />
das gleiche: Verwendet werden<br />
ausschließlich Hightech-<br />
Materialien, die bisher so<br />
noch nie verarbeitet wurden.<br />
TERMINATOR-OUTFIT<br />
Das „Indestructible Jacket“<br />
(575 Euro) etwa besteht aus<br />
100 Prozent Dyneema, einer<br />
Polyethylen-Faser mit ultrahoher<br />
Molekülmasse, die<br />
gemeinhin für antiballistische<br />
Panzerungen oder Verstauungssysteme<br />
für Containerschiffe<br />
verwendet wird. Das<br />
vierlagige „50.000 BC Jacket“<br />
(1145 Euro) wiederum ist<br />
als mobile Höhle konzipiert,<br />
die jedem Steinzeitler ein<br />
verzücktes „Uahhrg!“ entlockt<br />
hätte, und die „100 Year“-<br />
Serie richtet sich an Kunden,<br />
die ihr modisches Erscheinungsbild<br />
eher längerfristig<br />
Die „Full Metal Jacket“ besteht zu 65 Prozent<br />
aus Kupfer. Das Metall gibt Ionen an die Oberfläche<br />
der Jacke ab. Und diese hindern Viren,<br />
Bakterien oder Pilze am Überleben.<br />
Ein mikroskopischer Blick ins Innere der<br />
Jacke: Insgesamt elf Kilometer Kupferfaden<br />
durchziehen das High-End-Kleidungsstück.<br />
anlegen – sie soll nämlich<br />
100 Jahre halten. Absolutes<br />
Highlight ist jedoch das „Full<br />
Metal Jacket“ (995 Euro),<br />
in dem elf Kilometer Kupferfaden<br />
verarbeitet sind: Kupferionen<br />
wirken auf Krankheitserreger<br />
– Bakterien, Viren<br />
oder Pilze – abtötend. Gar<br />
kein schlechtes Verkaufsargument<br />
in aktuellen Zeiten.<br />
Nebenbei ist die Jacke hochgradig<br />
wasser- und winddicht<br />
als auch atmungsaktiv. Wermutstropfen:<br />
Die Kollektion<br />
bedient derzeit nur Herren,<br />
aber laut Vollebak wird schon<br />
an einer Damen-Linie gearbeitet.<br />
Ergibt Sinn – denn<br />
das Überleben der Menschheit<br />
hängt nicht so sehr davon<br />
ab, welche Kleidung Mann<br />
und Frau anziehen, sondern<br />
mehr davon, was passiert,<br />
wenn sie diese ablegen.<br />
Onlineshop: vollebak.com<br />
VOLLEBAK JAKOB HÜBNER JOHANNES LANG<br />
26 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
„WIR NUTZEN<br />
WISSENSCHAFT UND<br />
TECHNOLOGIE,<br />
UM DIE ZUKUNFT<br />
DER KLEIDUNG<br />
VORWEGZUNEHMEN.“<br />
Ein Roboter-Model<br />
mit der „Full Metal<br />
Jacket“ – als Sinnbild<br />
für die Zukunft: Laut<br />
Vollebak soll dieses<br />
Kleidungsstück bald<br />
schon Marsreisende<br />
vor außerirdischen<br />
Mikroben schützen.<br />
INNOVATOR 27
AUF DEM SPRUNG IN<br />
DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT?<br />
Wie Sie alle<br />
Hürden meistern:<br />
www.wingfinder.com<br />
F R E E A S S E S S M E N T
BIOHACKING SPECIAL<br />
NIMM DEIN<br />
LEBEN<br />
SELBST IN<br />
DIE HAND<br />
Mach es schöner. Mach es länger.<br />
Mach es intensiver.<br />
Mach es spannender. Mach es lebenswerter.<br />
INNOVATOR 29
BIOHACKING SPECIAL<br />
... UND VERBESSERE<br />
DADURCH DIE WELT.<br />
DENN DARUM<br />
GEHT ES.<br />
Text Stefan Wagner<br />
ANDREAS BREITFELD<br />
ist das Mastermind hinter diesem<br />
Biohacking-Special und eine<br />
prägende Persönlichkeit der<br />
inter nationalen Szene. In seinem<br />
spektakulären Münchner Biohacking-Lab<br />
– der einzigen derartigen<br />
Ein richtung in Europa –<br />
stehen alle wesentlichen Tools,<br />
Technologien und Gadgets auch<br />
für Besucher zur Verfügung.<br />
breitfeld-biohacking.com,<br />
Instagram: breitfeld_biohacking<br />
Die folgenden Seiten haben sich einiges vorgenommen.<br />
Sie wollen die Welt verbessern, und zwar über einen<br />
kleinen Umweg, nämlich über den Umweg Ihres Lebens.<br />
Die folgenden Seiten folgen der Absicht, Ihre Entzündungswerte<br />
zu senken, Ihren Schlaf zu Ihrem besten<br />
Freund zu machen, Sie ins Eisbad zu locken, Ihnen<br />
zu zeigen, wie Sie Ihren Dopaminhaushalt in den Griff<br />
kriegen, Sie kreativer zu machen und intelligenter.<br />
Kurz gesagt: Die folgenden Seiten wollen Ihnen<br />
den Begriff „Biohacking“ nahebringen.<br />
30 INNOVATOR
„Biohacking“ ist ein relativ neues Wort. Sein Erfinder ist der<br />
Amerikaner Dave Asprey. Asprey ist IT-Genie (er betrieb die<br />
ersten Server für ein unbekanntes Start-up, das sich Google<br />
nannte), er verdiente Millionen Dollar, verlor sie wieder, wurde<br />
sehr fett und ziemlich krank. Dann hatte er die Idee, an seinen<br />
Organismus wie an ein Computersystem heranzugehen: Er begann<br />
experimentell zu erforschen, welche Interventio nen – im<br />
IT-Fachjargon „Hacks“ – welche Auswirkungen auf das gesamte<br />
System haben. Aber eben kein digitales System, sondern ein<br />
biologisches.<br />
Daher also Biohacking.<br />
Das alles funktionierte ziemlich gut. Heute ist Asprey der<br />
berühmteste Biohacker der Welt (ziemlich auf Augenhöhe<br />
mit Ben Greenfield, wir verweisen bei der Gelegenheit gleich<br />
auf Seite 32), Asprey ist reich und schlank und gesund und<br />
verfolgt sehr öffentlich den Plan, sein Leben nicht vor seinem<br />
180. Geburtstag zu beenden, also nicht vor dem Jahr 2153.<br />
Im Deutschen verwenden wir für „Biohacking“ ein sehr dummes<br />
Wort. Es lautet „Selbst optimierung“ und kapiert nicht im Allergeringsten,<br />
worum es geht.<br />
Denn es geht darum, zu erkennen, dass unsere eigene Lebensenergie,<br />
unsere Gesundheit und Vitalität die wirksamsten<br />
Hebel sind, die Welt zu verbessern. Ein gesunder Chirurg setzt<br />
seine Schnitte präziser als ein kranker. Eine entspannte Mutter<br />
erzieht liebevoller, eine energiegeladene Vorstandsvorsitzende<br />
trifft klügere Entscheidungen, ein lebensfroher Priester predigt<br />
überzeugender, ein konzen trierter Liebhaber liebt einfühlsamer<br />
und ausdauernder.<br />
Es liegt sehr wesentlich an uns selbst, wie entspannt, energiegeladen,<br />
lebensfroh und konzen triert wir durchs Leben gehen.<br />
Wir haben auf all das direkten Zugriff.<br />
Unser eigenes körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden<br />
bildet die Grundlage unserer Lebensenergie. Unsere<br />
Lebensenergie ist Voraussetzung dafür, dass wir unser eigenes<br />
Leben und das unserer Nächsten und Übernächsten so gestalten<br />
und so beeinflussen, dass es ein gutes wird, ein erfülltes,<br />
ein glückliches.<br />
Und wenn unser Leben und alles drumherum so gut geworden<br />
sind, dass wir das alles gerne länger genießen würden, dann<br />
kümmern wir uns natürlich auch darum, dass wir eben ein paar<br />
Jahre länger auf diesem Planeten bleiben, es müssen ja nicht<br />
gleich 180 sein.<br />
Das ist der Anspruch.<br />
Darum geht’s beim Biohacking.<br />
UNSER EIGENES KÖRPERLICHES,<br />
GEISTIGES UND SEELISCHES<br />
WOHLBEFINDEN BILDET<br />
DIE GRUNDLAGE<br />
UNSERER LEBENSENERGIE.<br />
Deswegen versuchen wir Biohacker,<br />
unseren Stress in den Griff<br />
zu kriegen, wir atmen und meditieren,<br />
wir machen Krafttraining<br />
und trinken gefiltertes Wasser,<br />
wir duschen kalt, wir nehmen<br />
Magnesium und Melatonin, wir<br />
fasten, wir baden im Wald.<br />
Wir trainieren damit unsere<br />
Mitochondrien. Das sind jene<br />
fernen Nachfahren von Bakterien,<br />
die im Inneren jeder einzelnen<br />
unserer Zellen wohnen und dort<br />
durch ihren Bakterien-Stoffwechsel<br />
jene Energie erzeugen,<br />
von der wir gar nicht genug<br />
kriegen können: ATP, Adenosintriphosphat,<br />
den Treibstoff des<br />
Lebens, ein wenig vereinfacht<br />
gesagt: Bakterienkacke.<br />
Auf den kommenden Seiten<br />
möchten wir Ihnen gerne Lust<br />
machen, Ihr Leben selbst in die<br />
Hand zu nehmen. Wir möchten<br />
Sie gerne anstiften, die Verantwortung<br />
für Ihre Gesundheit<br />
zu nehmen, die Verantwortung<br />
für Ihre Lebensenergie, für Ihre<br />
Lebensfreude, für Ihre Leistungsfähigkeit<br />
im Job und im Sport.<br />
Wir möchten gerne, dass Sie liebevoller,<br />
zugewandter, energischer,<br />
geduldiger, beharrlicher, aufrichtiger,<br />
zuversichtlicher durchs<br />
Leben gehen.<br />
Es ist gar nicht so schwer,<br />
Sie werden sehen.<br />
Wenn ich da jetzt von „wir“<br />
gesprochen habe, meine ich<br />
Andreas Breitfeld und mich,<br />
mein Name ist Stefan Wagner.<br />
Wir sind stolz, dass wir die kommenden<br />
Seiten gemeinsam für<br />
Sie entwickeln durften. Andreas<br />
ist professioneller Biohacker,<br />
und zwar nicht irgendeiner: Er ist<br />
unter den Biohackern ungefähr<br />
das, was Rafael Nadal unter den<br />
Tennisspielern ist. (Ich bin unter<br />
den Biohackern ungefähr das,<br />
was ich unter den Tennisspielern<br />
bin, aber darauf wollen wir jetzt<br />
nicht näher eingehen.)<br />
Viel Vergnügen mit den<br />
kommenden Seiten und damit,<br />
was Sie draus machen.<br />
INNOVATOR 31
BIOHACKING SPECIAL<br />
LEBT<br />
DIESER<br />
MANN<br />
DAS<br />
PERFEKTE<br />
LEBEN?<br />
Dieser Mann ist Ben Greenfield,<br />
der aktuell wahrscheinlich<br />
fitteste und gesündeste<br />
Mann und ziemlich sicher<br />
der einflussreichste Biohacker<br />
auf diesem Planeten.<br />
Er kommt einer – je nach<br />
Perspektive beängstigenden<br />
oder begeisternden – Idee von<br />
Perfektion der Lebensführung<br />
ziemlich nahe.<br />
Ein Gespräch über Gentests<br />
und Kälte, über das Verspeisen<br />
von Bandwürmern, über den<br />
Menschen als Maschine, übers<br />
Barfußlaufen, selbstsüchtigen<br />
Bullshit, über Gott (buchstäblich)<br />
und die Welt (ebenfalls<br />
buch stäblich) und warum es<br />
eine gute Idee ist, E-Mails erst<br />
nachmittags zu beantworten.<br />
Text Andreas Breitfeld, Stefan Wagner<br />
Fotos Joe Pugliese<br />
JOE PUGLIESE/AUGUST<br />
32 INNOVATOR
MACH’S DIR<br />
UNBEQUEM!<br />
Hitze und Kälte: „Es<br />
bringt deiner Langlebigkeit<br />
einen Riesenvorteil,<br />
wenn du regelmäßig<br />
deine Temperatur-<br />
Komfortzone verlässt.<br />
Hitze und Kälte machen<br />
deine Zellen widerstandsfähiger<br />
gegen<br />
Stress – sie sind<br />
Workouts für deine<br />
Zell gesundheit.“<br />
INNOVATOR 33
34 <br />
Ben Greenfield lebt auf einer Farm<br />
mitten im Wald in Spokane im<br />
Bundesstaat Washington, eigenes<br />
Eisbecken, eigenes Gym. Seine<br />
13-jährigen Zwillingsbuben unterrichtet<br />
er gemeinsam mit seiner<br />
Frau zu Hause, und nicht nur in<br />
den üblichen Fächern: Die Buben<br />
veröffentlichen einen Podcast<br />
und jagen mit ihrem Vater im<br />
Wald mit Speeren sowie Pfeil und<br />
Bogen, danach wird das erlegte<br />
Wild zubereitet. Ben Greenfield<br />
liest ein Buch und veröffentlicht<br />
zwei Podcasts pro Woche, er hält<br />
Vorträge in der ganzen Welt (Dollar-Honorar:<br />
komfortabel fünfstellig),<br />
hat mit „Kion“ eine Supplement-Company<br />
aufgebaut, mit<br />
„Boundless“ das aktuell gültige<br />
Standardwerk zum Thema Biohacking<br />
verfasst. Außerdem ist<br />
sein Sexleben erstklassig (er hat<br />
den Hacks eigene Podcast-Folgen<br />
gewidmet), und er hat das große<br />
Glück, ernsthaft gottgläubig zu<br />
sein. Er steht üblicherweise gegen<br />
vier Uhr morgens auf, seine<br />
Arbeitstage beginnen aber nicht<br />
vor zehn Uhr, denn davor lernt,<br />
liest und schreibt er, erledigt<br />
Workouts, Meditationen und<br />
kümmert sich um die Familie,<br />
außer INNOVATOR by The <strong>Red</strong><br />
<strong>Bulletin</strong> fragt um einen Interviewtermin<br />
an, dann lässt sich da<br />
ausnahmsweise auch vor zehn<br />
was machen. Wir wissen das zu<br />
schätzen.<br />
Das Interview führten Andreas<br />
Breitfeld und Stefan Wagner.<br />
Die beiden neigen ein wenig zum<br />
Atheismus. Breitfeld trägt sich<br />
seit dem Gespräch mit Greenfield<br />
aber ernsthaft mit dem Gedanken,<br />
eine Bibel anzuschaffen.<br />
„ MACH EINEN GENTEST,<br />
MANN! DER AUFWAND IST<br />
LÄCHERLICH GERING IM<br />
VERGLEICH ZUM WISSEN,<br />
DAS DU BEKOMMST.“<br />
the red bulletin inno vator: Ben, Headline<br />
dieses Artikels ist „Lebt dieser Mann das perfekte<br />
Leben?“. Tut er das?<br />
ben greenfield: Körperliche, geistige, spirituelle<br />
Perfektion? Nein. „Strebt dieser Mann nach<br />
dem perfekten Leben?“, stellt mir diese Frage,<br />
darauf sage ich ja. Aber lebt er es? Nein. Schafft<br />
kein Mensch. Will ich gar nicht.<br />
Wieso willst du das nicht?<br />
Es bereichert unser Leben, dass wir immer wieder<br />
verletzt sind, krank, unglücklich, unzufrieden.<br />
Dieses sisyphosartige uphill battle ist gut für uns.<br />
Es hält uns bescheiden, weil es uns klarmacht:<br />
Wir sind endlich. Stellt euch vor, wir wären alle<br />
perfekt. Gäbe es dann noch Fortschritt in Medizin,<br />
Technik, in allen Fragen der Gesundheit?<br />
Nein. Weil der Antrieb fehlen würde. Ich selbst<br />
hatte meine Themen mit dem Darm, mit dem<br />
Schlaf, und in der Beschäftigung damit habe ich<br />
viel gelernt, wie ich anderen helfen und damit<br />
letztlich auch die Welt ein kleines bisschen verbessern<br />
kann. Nein, ich lebe kein perfektes Leben,<br />
ich werde das nie tun, ich werde weiterhin<br />
jeden Tag danach streben, im Wissen, dass ich<br />
jeden Tag am Versuch scheitere.<br />
Ist das für einen professionellen Biohacker der<br />
Sinn des Lebens? Nach Perfektion streben?<br />
Jedenfalls geht es im Leben meiner Meinung<br />
nach darum, dem optimalen Level näher zu<br />
kommen, auf dem Körper, Geist und Seele funktionieren<br />
können. Dafür stehen uns unglaublich<br />
viele Möglichkeiten zur Verfügung, jahrtausendealte<br />
und hypermoderne Tools, Rotlichttherapiegeräte,<br />
hyperbare Sauerstoffkammern, Supplements,<br />
Nootropics, smart drugs, unser enormes<br />
Wissen über Ernährung, über Hyperthermie,<br />
Thermogenese. Es liegt nur an uns selbst, diese<br />
Möglichkeiten zu nützen. Und sehr, sehr viele<br />
Menschen könnten diesem optimalen Zustand<br />
sehr leicht sehr viel näher kommen.<br />
Du bist tiefgläubig. Wie verträgt sich der<br />
Glaube an eine höhere Macht mit der Grundidee<br />
des Biohacking? Biohacking heißt doch,<br />
konsequent die Verantwortung fürs eigene<br />
Leben zu übernehmen.<br />
Warum soll ich mich mit dieser Frage auseinandersetzen?<br />
Ich bin Judeo-Christ, Gott ist die<br />
Instanz der absoluten Wahrheit in meinem Leben.<br />
Dass diese Instanz nicht komplett erforscht<br />
werden kann, hab ich akzeptiert. Ich habe nicht<br />
zu 100 Prozent Einfluss auf mein Leben, werde<br />
ich nie haben, ich tue also einfach, was in meiner<br />
Hand liegt: Ich wache jeden Tag auf und suche<br />
nach Wegen, wie ich mehr Energie haben kann,<br />
wie ich meine geistige Leistungsfähigkeit verbessern,<br />
wie ich life span und health span –<br />
also wie lang mein Leben dauert und wie lang<br />
ich gesund bleibe – in ein optimales Verhältnis<br />
bringen kann. Wie ich mit den Belastungen umgehen<br />
kann, die immer mehr zunehmen, mit<br />
der Umweltverschmutzung, der unnatürlichen<br />
JOE PUGLIESE/AUGUST, GETTY IMAGES, GETTY IMAGES,<br />
@SARAHCRESSWELLPHOTO, MASSINE, GABRIEL MACHADO
BIOHACKING:<br />
DIE STARS<br />
DAVE ASPREY<br />
The Godfather of<br />
Biohacking, der den<br />
Begriff prägte und<br />
jahrelang die Szene<br />
weltweit dominierte.<br />
TIM GRAY<br />
Britischer Gesundheits-Guru.<br />
Europas<br />
Mischung aus Asprey<br />
und Greenfield.<br />
SIMONE KOCH<br />
Berliner Ärztin und<br />
wandelndes Lexikon.<br />
Was sie nicht weiß,<br />
gibt es nicht.<br />
MAX GOTZLER<br />
Früherer Leistungssportler,<br />
Münchner,<br />
das Biohacking-Gesicht<br />
in Deutschland.<br />
MELINA VICARIO<br />
Die Mindset-Expertin<br />
bringt NLP-Knowhow<br />
ins Biohacking.<br />
WORKOUT: KURZ,<br />
HART, LANGSAM<br />
Zwei Stunden Gym?<br />
„Nett. Aber unnötig. In<br />
20 oder 30 Minuten High<br />
Intensity Training oder<br />
Super Slow Training<br />
kannst du denselben<br />
Effekt erzielen. Es geht<br />
im Training wie in allen<br />
Fragen des Biohacking<br />
darum, die ‚minimal<br />
effective dose‘ herauszufinden.“<br />
XIMENA<br />
DE LA SERNA<br />
Expertin für weibliches<br />
Biohacking.<br />
Aufgewachsen in<br />
Kolumbien, lebt heute<br />
in Deutschland.<br />
INNOVATOR 35
elektromagnetischen Strahlung.<br />
Wie ich spirituell wachsen, Gott<br />
näherkommen kann. Ich wache<br />
jeden Tag auf und bin einfach nur<br />
neugierig, im Wortsinn gierig auf<br />
Neues, ich will diese Fachartikel<br />
lesen, die Bücher, die Audiobooks<br />
hören, Podcasts, ich will jeden<br />
Abend zu Bett gehen und sagen<br />
können: Ich weiß jetzt mehr über<br />
Körper, Geist und Seele als am<br />
Morgen. Und ich will das, was ich<br />
gelernt habe, nützen. Für mich,<br />
aber viel mehr für meine Familie,<br />
Freunde, für andere Menschen.<br />
Okay, in einem Satz: Was ist<br />
nun der Sinn des Lebens, in den<br />
Worten des einflussreichsten<br />
Biohackers der Welt?<br />
Gottes Schöpfung auskosten und<br />
genießen, das ist der Sinn des<br />
Lebens. Jeden Tag mit einem<br />
breiten Grinsen aufwachen, weil<br />
wir auf diesem magischen Planeten<br />
leben dürfen. Andere lieben<br />
und die goldene Regel befolgen:<br />
Behandle andere so, wie du von<br />
ihnen behandelt werden willst.<br />
Ent scheidungen so treffen, dass<br />
sie anderen nützen und nicht<br />
in erster Linie dir selbst. Herausfinden,<br />
was deine Fähigkeiten<br />
sind, und mit diesen Fähigkeiten<br />
Einfluss nehmen auf diesen Planeten,<br />
an jedem Tag, an dem du<br />
das Glück hast, hier sein zu dürfen.<br />
So sehe ich das. Von einem<br />
evolutionären Standpunkt aus<br />
betrachtet sind wir vielleicht nicht<br />
mehr als ein paar hoffnungslose<br />
Klumpen Fleisch auf einem Felsen,<br />
der durchs Weltall rast, während<br />
wir versuchen, uns an Maslows<br />
Pyramide der Bedürfnisse abzuarbeiten,<br />
essen, trinken, Sex<br />
haben, uns die soziale Leiter raufkämpfen.<br />
Damit gebe ich mich<br />
nicht zufrieden. Ich sage: Tu das,<br />
was du am besten kannst, mach<br />
damit die Welt besser. Und liebe.<br />
Grundlage von all dem ist die<br />
eigene Gesundheit. Korrekt?<br />
Uh, nein. Völlig falsch. Es geht<br />
nicht um deine Gesundheit. Es<br />
geht um die Gesundheit der anderen,<br />
die körperliche, geistige,<br />
seelische Gesundheit aller Menschen,<br />
mit denen du zu tun hast.<br />
Deine eigene Gesundheit ist dafür<br />
nur ein Tool. Du musst gesund<br />
genug sein, um für andere da sein<br />
zu können. Viele betreiben einen<br />
Kult um ihre Gesundheit, ihre<br />
Leistungsfähigkeit und Produktivität,<br />
um ihre Fitness, um toller<br />
auszusehen, noch mehr Geld zu<br />
verdienen. Das ist selbstsüchtig,<br />
selbstverliebt, egoistisch. Und<br />
wahnsinnig unbefriedigend. Es<br />
geht nicht darum, dich selbst zu<br />
optimieren. Es geht darum, dass<br />
du gut genug in Form bist, um für<br />
andere da sein zu können. Probier<br />
das mal aus, du wirst sehen, dann<br />
wird die Sache unglaublich befriedigend!<br />
Gesundheit, Fitness, Biohacking<br />
bekommen dadurch erst<br />
ihre Bedeutung, ihre Tiefe. Und<br />
sobald du das verstanden hast,<br />
setzt sich ganz automatisch ein<br />
Limit für die Zeit und den Aufwand, den du ins<br />
Biohacking investierst. Dann kommt ein Begriff<br />
wie minimal effective dose ins Spiel. Zwei Stunden<br />
Gym? Nett, aber du kannst in 20 oder 30 Minuten<br />
High Intensity Training oder Super Slow Training<br />
denselben Effekt erzielen. 30 Minuten Kälteexposition<br />
sind unnötig, wenn du zwei Minuten<br />
in Eiswasser mit null Grad sitzt. Selber Effekt,<br />
Bruchteil der Zeit, so gehe ich an Biohacking<br />
heran. Nicht wie viel Zeit ich damit verbringen<br />
kann, sondern wie wenig. Und wie viel mehr Zeit<br />
mir dadurch bleibt für meine Frau, meine Kids,<br />
für Leute, die meine Hilfe brauchen könnten.<br />
Wo ist die Grenze zwischen nötig und unnötig<br />
in der Praxis?<br />
Da geht es um Effizienz und Effektivität. Dabei<br />
helfen dir drei Dinge. Das erste: Selbstvermessung.<br />
Lass dein Blut, Mikrobiom, den Hormonstatus,<br />
Speichel, Urin, deine Genetik testen.<br />
Vor ein paar Jahren hat das noch zehntausende<br />
BEN GREENFIELD FITNESS<br />
36 INNOVATOR
„ ZIEMLICH WITZIG, DASS DIE FRANZÖSIN, DIE DERZEIT<br />
DEN REKORD HÄLT, MIT 121 ODER 122 JAHREN, JEDEN TAG<br />
EINE ZIGARETTE RAUCHTE UND IHR GLÄSCHEN TRANK.“<br />
JOE PUGLIESE/AUGUST<br />
TESTE ZUERST,<br />
OPTIMIERE DANN<br />
Training, Ernährung,<br />
Genetik,<br />
Hormone,<br />
Entspannung ...<br />
„Blut, Mikrobiom,<br />
Hormonstatus,<br />
Speichel, Urin,<br />
Genetik: Teste<br />
das alles! Vor ein<br />
paar Jahren hat<br />
das noch zehntausende<br />
Dollar<br />
gekostet, jetzt<br />
lässt du dir um<br />
ein paar Dollar all<br />
diese Tests nach<br />
Hause schicken.“<br />
... und Schlaf!<br />
„Es gibt richtig<br />
gute Devices, die<br />
deinen Schlaf<br />
messen. Nütze<br />
diese Devices, sie<br />
geben dir laserscharfes<br />
Feedback<br />
auf alles,<br />
was du tust.“<br />
Dollar gekostet, jetzt lässt du dir<br />
um ein paar Dollar all diese Tests<br />
nach Hause schicken. Der Fortschritt<br />
in diesem Bereich ist einfach<br />
nur unglaublich. Es gibt<br />
richtig gute Devices, die deine<br />
Herzratenvariabilität messen,<br />
deinen Schlaf. Das gibt dir laserscharfes<br />
Feedback auf alles, was<br />
du tust. Und vor allem: Du arbeitest<br />
nicht mehr im Blindflug an<br />
irgendwelchen Verbesserungen<br />
und verschwendest jede Menge<br />
Zeit mit dem Optimieren von<br />
Dingen, die ohnehin in Ordnung<br />
sind. Schritt eins ist also: Check<br />
dir ein Wearable, das deinen<br />
Schlaf trackt und deine HRV,<br />
Ruhepuls, tägliche Schritte, deine<br />
Körpertemperatur. Check dir<br />
einen ordentlichen Gentest. Mach<br />
einen Stuhltest und finde heraus,<br />
ob in deinem Darm alles okay ist,<br />
mit Hefen, Pilzen, Parasiten, wie<br />
die Entzündungswerte aussehen.<br />
Prüfe deinen Hormonstatus und<br />
deine Neurotransmitter über<br />
Speichel und Urin. Investiere<br />
in ein richtig gutes Blutbild mit<br />
Mikronährstoffstatus.<br />
Zu Hause einen Gentest zu<br />
machen ist noch nicht wirklich<br />
Mainstream. Kann man nicht<br />
ein wenig niederschwelliger<br />
starten?<br />
Es gibt keinen Grund, das nicht<br />
zu tun, Mann! Gentest heißt, ein<br />
Wattestäbchen in den Mund zu<br />
nehmen. Der Aufwand ist lächerlich<br />
gering im Vergleich zum<br />
Wissen und zur Klarheit, die dir<br />
all das gibt.<br />
Gut, Nummer eins war Testen.<br />
Nummer zwei?<br />
Mach es zu einem Teil deines<br />
Bewusstseins, für andere da zu<br />
sein. Andere zu lieben. Das ist der<br />
innerste, der wichtigste Fokus<br />
deines Lebens. Wenn du den verlierst,<br />
wachst du am Morgen auf,<br />
und die einzige Frage ist: Was<br />
kann ich mir heute Gutes tun?<br />
Dann kommen diese ganzen<br />
Affirmationen: Ich bin so toll, ich bin so großartig,<br />
ich kann alles im Leben erreichen. Das ist<br />
selbstsüchtiger Bullshit.<br />
Was tust du als Erstes, wenn du morgens<br />
aufwachst?<br />
Ich frage mich: Wofür bin ich dankbar? Wem<br />
kann ich Gutes wünschen, Gutes tun? Und am<br />
Abend frage ich mich: Was hätte ich heute besser<br />
tun können? Wann habe ich heute die innigste<br />
Verbindung zum Sinn des Lebens gespürt?<br />
Wenn ich an diesem Tag zwei Stunden im Gym<br />
verbracht habe, 45 Minuten in der hyperbaren<br />
Sauerstoffkammer, wenn ich ausgiebige Saunaund<br />
Kältesessions hinter mich gebracht habe,<br />
nun ja, dann wird nicht viel Zeit übrig geblieben<br />
sein, in der ich für andere da war. Das mag<br />
vielleicht ein perfekter Bio hacking-Tag gewesen<br />
sein, in den Augen anderer, in meinen Augen<br />
war es ein vergeudeter Tag, ein Tag mit zu viel<br />
Biohacking.<br />
INNOVATOR 37
Okay, wir hatten da jetzt Selbstvermessung<br />
und Liebe als die ersten beiden Orientierungspunkte<br />
an der Kreuzung von Effizienz und<br />
Effektivität. Was ist Nummer drei?<br />
Jetzt werden manche Leute sagen, das ist ein<br />
wenig, hm, wunderlich. Aber egal. Die Wurzel der<br />
menschlichen Emotionen war niemals und wird<br />
niemals das Gehirn sein. Das ist das Herz oder,<br />
wie man sagt, das Bauchgefühl. Nummer drei<br />
ist: Stell dir ehrliche Fragen, lass sie vom Herzen<br />
beantworten. Das Herz kennt die Wahrheit.<br />
Wie würdest du jemanden, der noch nie<br />
davon gehört hat, in zwei Minuten für Biohacking<br />
begeistern? Für die Möglichkeiten,<br />
sein eigenes und das Leben anderer zu verbessern,<br />
indem man Verantwortung für die<br />
eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit,<br />
für das eigene Lebensglück übernimmt?<br />
Ich würde es so sagen: Der menschliche Körper<br />
ist kein Computer, aber er ist programmierbar.<br />
Er hat etwas von einer Maschine, und du kannst<br />
sehr gut dafür sorgen, dass sie besser funktioniert,<br />
sauberer läuft.<br />
Was ist der erste Hack, den du empfiehlst?<br />
Ich würde dich als Erstes fragen: Womit bist du<br />
unhappy? Wenn jemand schon weiß, wie wichtig<br />
Training ist, und er sich im Alltag viel bewegt,<br />
statt nur rumzusitzen, brauchen wir über dieses<br />
Thema vorläufig nicht zu reden. Und auch wenn<br />
Schlaf fundamental ist: Ich werde dir nichts zu<br />
deinem Schlaf raten, wenn du zu einer vernünftigen<br />
Zeit ins Bett gehst, dein Zimmer dunkel,<br />
kühl und ruhig hältst und dein Schlafzimmer<br />
nicht zum Arbeiten oder Fernsehen missbrauchst.<br />
Denn dann machst du schon sehr vieles richtig.<br />
Natürlich kannst du, wenn du willst, immer noch<br />
optimieren. Dann würde ich dir ein Chilipad<br />
empfehlen, das 12, 13 Grad kaltes Wasser unter<br />
deinem Körper durchs Bett leitet, und ein Paar<br />
Wollsocken, um die Füße warm zu halten.<br />
Ich würde dir raten, drei Stunden vor dem<br />
Schlafengehen kalt zu duschen, damit deine<br />
„ GIB ANDEREN MENSCHEN<br />
ENERGIE. HILF IHNEN.<br />
DAS KOSTET DICH KEINE<br />
ENERGIE, ES GIBT DIR<br />
WELCHE. PROBIER ES AUS!“<br />
Körper kerntemperatur absinkt.<br />
Wenn jemand sagt, dass sein<br />
Darm Troubles macht: Stuhlanalyse.<br />
Daran führt kein Weg<br />
vorbei. Einen Nahrungs mittel-<br />
Allergietest, einen DNA-Test. Das<br />
hilft uns, genau zu sagen, aus welcher<br />
Weltgegend deine Vorfahren<br />
kommen, an welche Nahrungsmittel<br />
du daher evolu tionär<br />
angepasst bist und welche dein<br />
Immunsystem verrückt spielen<br />
lassen. Wir werden die Tools der<br />
Selbstvermessung nützen, um<br />
deine Ernährung optimal an dich<br />
anzupassen. Denn Ernährung ist,<br />
von ein paar Basics abgesehen,<br />
etwas Individuelles: Was für dich<br />
passt, kann für jemand anderen<br />
komplett falsch sein.<br />
Was sind diese Ernährungs<br />
Basics, die für jeden gelten?<br />
Verarbeitete Nahrungsmittel und<br />
raffinierte Pflanzenöle weglassen,<br />
wenig Zucker und Alkohol, Koffein<br />
nicht übertreiben. Einfach natürliches<br />
Zeug essen und hin und<br />
wieder ein bisschen fasten.<br />
Wenn jemand Bewegung, Schlaf<br />
und Ernährung schon halbwegs<br />
im Griff hat, dann beginnt<br />
richtiges Biohacking, nicht?<br />
Dann ist Zeit für diesen „From<br />
Good to Great“-Ansatz. Nummer<br />
eins ist dann ganz klar: die Kraft<br />
der Photonen nützen. Licht. Dieser<br />
riesige Stern über uns ist eine<br />
Quelle purer Energie. Geh raus ins<br />
Freie, täglich 20 bis 60 Minuten,<br />
und wenn du die Wirkung verstärken<br />
willst, nimm so etwas ein wie<br />
Methylenblau oder Chaga-Extrakt.<br />
Dein Körper kann die Photonen<br />
dann effizienter nützen, um Elektronen<br />
und ATP zu produzieren.<br />
Bringe Infrarot-Panels im Büro an,<br />
setze dich in eine Infrarotkabine.<br />
Du kannst deinen zirkadianen<br />
Rhythmus steuern, indem du<br />
punktuell Blaulicht einsetzt, morgens<br />
oder vormittags, mit Geräten<br />
wie dem Human Charger oder<br />
den Re-Timer Glasses. Nummer<br />
eins, wenn du die Themen Bewegung,<br />
Schlaf und Ernährung<br />
schon halbwegs im Griff hast, ist<br />
also Licht. Nummer zwei ist, das<br />
elektrische Potenzial des Planeten<br />
zu nützen, auf dem wir leben.<br />
Gehe barfuß auf natürlichem<br />
Boden, auf Gras oder im Wald.<br />
Stelle Kontakt zur Oberfläche des<br />
JOE PUGLIESE/AUGUST<br />
38 INNOVATOR
DER SINN<br />
DES LEBENS?<br />
„Gottes<br />
Schöpfung auskosten!<br />
Jeden<br />
Tag mit einem<br />
Grinsen aufwachen,<br />
weil wir<br />
auf diesem magischen<br />
Planeten<br />
leben dürfen.“<br />
Planeten her. Schwimme in einem<br />
natürlichen Gewässer. Klettere<br />
auf Felsen rum, auf Bäumen, zieh<br />
dein Shirt aus, leg dich in eine<br />
Wiese. Das ist unglaublich gut<br />
für dich, es hemmt Entzündungen,<br />
kurbelt deine ATP-Produktion an,<br />
ganz ähnlich wie die Photonen<br />
der Sonne. Nummer drei und vier<br />
sind Hitze und Kälte: Es ist völlig<br />
klar, dass es einen riesigen Vorteil<br />
für die Langlebigkeit bringt, wenn<br />
du regelmäßig deine Temperatur-<br />
Komfortzone verlässt. Hitze und<br />
Kälte sind Workouts für deine<br />
Zellgesundheit. Nächster Punkt:<br />
Wasser und Mineralien, vorzugsweise<br />
Wasser, das Quellwasser<br />
so nahe wie möglich kommt, das<br />
so strukturiert ist, dass es deine<br />
Zellen effizienter versorgen kann.<br />
Die meisten dieser Hacks sind<br />
wissenschaftlich akzeptiert.<br />
Andere nicht – oder noch nicht.<br />
Was ist dein Punkt dazu,<br />
zum Beispiel bei Erdung?<br />
Sieh dir die Dokumentation<br />
„Earthing“ an, lies das Buch von<br />
Clinton Ober, es gibt reichlich<br />
wissenschaftliche Belege für die<br />
entzündungshemmende Wirkung<br />
des Earthing. Sieh dir die Tonnen<br />
an Forschung von der NASA abwärts<br />
zu PEMF an, den gepulsten<br />
elektromagnetischen Feldern, der<br />
konzentrierten Biohack-Form des<br />
Erdens. Aber okay, sagen wir mal,<br />
dass es für etwas keine wissenschaftlichen<br />
Beweise gibt. Dann<br />
kommt die Selbstvermessung<br />
ins Spiel. Diese berühmte Biohacker-Studie<br />
mit n = 1, also du<br />
als einziger Teilnehmer deiner<br />
eigenen Studie. Du schaust, was<br />
deine HRV und deinen Schlaf<br />
verbessert, deine Power beim<br />
INNOVATOR 39
Training, deine Körpertemperatur,<br />
deine Blutwerte oder irgendwas<br />
anderes, was du eben messen<br />
kannst. Ich selbst mach das genauso,<br />
teste, messe, gehe dann auf<br />
PubMed und informiere mich<br />
über die bisherigen Studien zum<br />
Thema.<br />
PubMed ist die wichtigste<br />
wissenschaftliche Online-<br />
Datenbank. Wie viel Zeit verbringst<br />
du dort?<br />
PubMed und Fachartikel gemeinsam<br />
… so sieben bis acht Stunden<br />
pro Woche. Aber das muss niemand<br />
tun. Es ist Teil meines Jobs,<br />
dass ich diese Research mache<br />
und den Leuten das Wichtigste<br />
zusammenfasse.<br />
Auf deiner Website bezeichnest<br />
du dich als „unerbittlichen<br />
Selbstexperimentierer und<br />
Versuchskaninchen“. Was war<br />
das Verrückteste, was du je<br />
ausprobiert hast?<br />
Ich mache nichts, was ich für<br />
super crazy halte, so wie diese<br />
ursprünglichen Biohacker, die<br />
sich Chlorophyll in die Augäpfel<br />
injiziert haben, um ihre Nachtsicht<br />
zu verbessern. So etwas tue<br />
ich nicht. Was ihr vielleicht für<br />
verrückt halten könntet, war die<br />
Helminthen-Therapie, um mein<br />
Immunsystem zu stärken, als ich<br />
extrem viel auf Reisen war.<br />
SELBST-<br />
OPTIMIERUNG?<br />
Es geht nicht<br />
um dich.<br />
„Viele betreiben<br />
einen Kult um<br />
ihre Gesundheit,<br />
Leistungsfähigkeit,<br />
Produktivität<br />
und Fitness,<br />
um toller auszusehen,<br />
noch<br />
mehr Geld zu<br />
verdienen. Das<br />
ist selbstsüchtig,<br />
selbstverliebt,<br />
egoistisch. Und<br />
wahnsinnig unbefriedigend.<br />
Es<br />
geht nicht darum,<br />
dich selbst zu<br />
optimieren. Es<br />
geht darum, dass<br />
du gut genug<br />
in Form bist, um<br />
für andere da<br />
sein zu können.“<br />
Helminthen-Therapie?<br />
Ich hatte viel darüber gelesen,<br />
dass der Verzehr von gewissen<br />
Würmern das Immunsystem stärken<br />
kann. Ich besorgte mir also<br />
aus einem Labor solche Würmer,<br />
nahm sie sechs Monate lang<br />
ein und wurde tatsächlich kein<br />
ein ziges Mal krank, auch wenn<br />
ich jede Woche zwei-, dreimal<br />
im Flugzeug saß. Oder etwas anderes:<br />
Ich wollte herausfinden,<br />
ob ich ohne Training, nur durch<br />
elektrische Muskel stimulation,<br />
Muskeln aufbauen kann. Mein<br />
Experiment dauerte acht Wochen.<br />
Null Training, nur EMS,<br />
in hoher Intensität. Ergebnis:<br />
plus zehn Pfund Muskulatur.<br />
Bandwürmer zu schlucken<br />
oder sich Elektroschocks durch<br />
BEN GREENFIELD FITNESS<br />
40 INNOVATOR
die Muskulatur zu jagen mag verrückt klingen,<br />
aber in solchen Fällen beschäftige ich mich davor<br />
wochenlang sehr intensiv mit einem Thema.<br />
Und es gab da wie dort eindeutige Beweise, im<br />
EMS-Fall reichen die Forschungen ins Russland<br />
der Fünfzigerjahre zurück.<br />
Im Biohacking geht es immer auch um Langlebigkeit,<br />
vor allem darum, wie lang man im<br />
Alter gesund bleiben kann. Wie wird das sein,<br />
wenn Ben Greenfield alt ist?<br />
Die maximale menschliche Lebenserwartung<br />
scheint nach aktueller Forschung irgendwo zwischen<br />
115 und 121 Jahren zu liegen. Ziemlich<br />
witzig, dass die Französin, die derzeit den Rekord<br />
hält, mit 121 oder 122 Jahren, jeden Tag eine Zigarette<br />
rauchte und ihr Gläschen trank. Was war<br />
ihr Trick? Sie hatte wirklich gute Beziehungen in<br />
ihrem Leben, viel Liebe, das hielt sie gesund. Und<br />
wegen der Zigarette und des täglichen Gläschens:<br />
Wir wissen ja, dass manche Gifte aus Pflanzen,<br />
Kräutern und Gewürzen, wie auch Sonnenlicht<br />
und Hitze und Kälte, in kleinen Mengen unsere<br />
Gesundheit fördern. Drei Stunden in der Sauna,<br />
eine Stunde im Eisbad, ein Kilo Zimt essen, das ist<br />
natürlich alles schädlich, aber kleine Mengen:<br />
super. Es gibt sogar die Hypothese, dass die eine<br />
Zigarette, die diese Französin jeden Tag geraucht<br />
hat, sie tatsächlich stärker gemacht hat, nach dem<br />
Konzept der Hormesis: Durch den Kontakt mit<br />
einem Toxin stärkt sich dein Körper von selbst.<br />
Wie alt willst du werden?<br />
Es ist mir egal, wie lange ich lebe. Mir ist wichtig,<br />
dass ich, solange ich lebe, mit maximaler Wirkung<br />
für andere da sein kann. Wenn ich mit 80 Jahren<br />
sterbe, ist das für mich völlig in Ordnung. Es geht<br />
nicht um irgendeine Zahl. Es geht um meinen<br />
Beitrag zur Gesellschaft, den ich leisten kann,<br />
solange ich hier bin. Das ist auch eine Warnung,<br />
die ich den Leuten in der Biohacking-Industrie<br />
geben möchte: Wenn du unbedingt leben möchtest,<br />
bis du 150 bist, aber es geht dir beschissen,<br />
du frierst und hungerst, hast keine Libido und<br />
hängst die Hälfte der Zeit in einer Kryotherapie-<br />
Kammer rum, in einer Sauna, in einer hyperbaren<br />
Sauerstoffkammer oder in allen dreien.<br />
Was ist das dann außer purem Egoismus? Außer<br />
geistiger Masturbation, dass man ein bisschen<br />
länger lebt als andere Leute?<br />
„ IDENTIFIZIERE DEINEN EINZIGARTIGEN<br />
LEBENSZWECK. WOFÜR DU AUF DIESEM<br />
PLANETEN BIST. WENN DU DAS WEISST,<br />
IST ES VERDAMMT SCHWER, NICHT<br />
MOTIVIERT ZU SEIN.“<br />
Was tust du, wenn du mal keine<br />
Motivation hast, etwas Gutes<br />
für dich zu tun? Jeder kennt<br />
solche Tage, an denen man nur<br />
rumhängen möchte.<br />
Das Risiko, dass dir solche Tage<br />
passieren, kannst du sehr effektiv<br />
reduzieren. Auf beinahe null. Du<br />
musst dafür deinen einzigartigen<br />
Lebenszweck identifizieren, ich<br />
hab das in meinen letzten Büchern<br />
ausführlich erklärt, hier nur ganz<br />
kurz: Suche nach Dingen, die die<br />
Zeit vergehen lassen, ohne dass<br />
du es bemerkst, nach Dingen, in<br />
denen du von Natur aus gut bist.<br />
Daraus entwickelst du einen Satz,<br />
eine prägnante Aussage, die dir<br />
immer wieder in Erinnerung ruft,<br />
wofür du auf diesem Planeten bist,<br />
wie du das Leben der anderen<br />
verbessern kannst. Dieser eine<br />
Satz ist wie eine Linse, durch die<br />
du jeden Tag deines Lebens betrachtest.<br />
Und es ist, wenn du diesen<br />
Satz kennst, verdammt viel<br />
schwieriger, nicht motiviert zu<br />
sein. Wenn du deinen Satz kennst<br />
und dennoch mal demotiviert<br />
bist, dann ist das Beste, was du<br />
tun kannst – hab ich in einem<br />
Extrem camp gelernt, einer Art<br />
zivilem Gegenstück zur Hell Week<br />
der Navy SEALs –, also das absolut<br />
Beste: Gib anderen Menschen,<br />
so vielen wie möglich, Energie.<br />
Diese Energie kommt zu dir zurück.<br />
Hilf jemandem, kümmere<br />
dich um jemanden. Klingt seltsam,<br />
aber es kostet dich keine<br />
Energie, es gibt dir Energie.<br />
Probier es aus! Drittens: Vergiss<br />
nicht, dass es so etwas gibt wie<br />
decision fatigue, eine Müdigkeit<br />
deiner Entscheidungen. Tu also<br />
die Dinge, die Kreativität und<br />
Konzentration verlangen, früh<br />
am Tag. Ich produziere Podcasts,<br />
Bücher nur von vier bis elf Uhr<br />
morgens. Am Nachmittag kannst<br />
du Dinge tun wie E-Mails beantworten,<br />
Telefonate führen,<br />
was keine mentale Firepower benötigt.<br />
Und schließlich: Der beste<br />
schnelle Kick für Motivation und<br />
geistige Energie ist ein Sprung<br />
in kaltes Wasser, eine eiskalte<br />
Dusche oder dein Gesicht in Eiswasser<br />
zu tauchen wirkt besser<br />
als alle Stimulanzien, Drogen<br />
oder Nahrungsergänzungsmittel.<br />
INNOVATOR 41
BIOHACKING SPECIAL<br />
RICHTIG<br />
AUF<br />
GEDREHT<br />
DER GEHEIMTIPP<br />
MIKROSTROM<br />
Mikrostrom ist ein<br />
extrem spannendes<br />
Thema: Ganz minimale<br />
Strommengen, an den<br />
richtigen Stellen in den<br />
Körper geleitet, regen<br />
die ATP-Bildung enorm<br />
an, lassen Verletzungen<br />
schneller heilen,<br />
lindern Schmerzen.<br />
Gegen Kopfschmerzen<br />
weiß ich nichts Besseres.<br />
Mein liebstes<br />
Mikrostromgerät ist<br />
das unten abgebildete<br />
B-E-St von JeeCee.<br />
(Das leider 16.000 Euro<br />
kostet. Zum Rumspielen<br />
eignen sich<br />
aber auch Einsteigergeräte<br />
ab rund 500<br />
Euro wie das Healy.)<br />
Achtung, ganz wichtig:<br />
absolut nie, nie, niemals<br />
TENs-Geräte oder<br />
Ähnliches am Kopf<br />
anwenden, die sind<br />
etwas völlig anderes<br />
als Mikro strom.<br />
Zu Besuch in Andreas Breitfelds<br />
Biohacking-Lab in München:<br />
In welchen Bereichen können uns<br />
technische Tools und Gadgets<br />
helfen? Und welche empfiehlt er?<br />
Text Andreas Breitfeld<br />
Fotos Norman Konrad<br />
Hairstyling und Make-up<br />
Sabrina Reuschl<br />
B-E-St von JeeCee,<br />
ca. EUR 16.000,<br />
b-e-st.com/de;<br />
ohne Abb.: Healy,<br />
ab ca. EUR 500,<br />
healyworld.net<br />
42 INNOVATOR
Anna Neubert war<br />
so freundlich, uns<br />
beim Shooting zu<br />
unterstützen. Sie<br />
ist Fitnesstrainerin,<br />
Mitinhaberin eines<br />
Reha-Studios und<br />
war unter den ersten<br />
fünf Biohacking-<br />
Coaches, die ich<br />
ausbilden durfte.<br />
INNOVATOR 43
Human Charger 2 Mutter<br />
Natur hat aus unerfindlichen<br />
Gründen Lichtrezeptoren<br />
in unsere<br />
Ohren verpflanzt. Diesen<br />
Umstand machen wir<br />
uns mit diesem Device<br />
zunutze: Es greift mit<br />
Blaulicht in unseren<br />
zirkadianen Rhythmus<br />
ein und macht uns damit<br />
wacher. Sehr hilfreich<br />
gegen winterliche Verstimmungen<br />
(SAD –<br />
seasonal affective disorder)<br />
und ein geniales<br />
Tool bei Jetlag.<br />
Ca. EUR 219,<br />
de.humancharger.com<br />
44 INNOVATOR
Head Ullitiunt<br />
quunt labore<br />
et quiantis volore<br />
consequas<br />
nonserum<br />
facquam<br />
qui re sequ<br />
DER ZEITGEBER<br />
ROT- UND<br />
BLAULICHT<br />
Grundsätzlich: Das<br />
beste Licht ist immer<br />
das natürliche, und<br />
jedes technische Gerät<br />
ist bestenfalls ein<br />
ziemlich guter Ersatz.<br />
Dafür kann man diesen<br />
Ersatz sehr punktuell<br />
sehr wirkungsvoll einsetzen:<br />
um besser zu<br />
schlafen, wacher zu<br />
werden oder gar mit<br />
Jetlag besser umzugehen.<br />
Licht, könnte<br />
man sagen, ist für<br />
unsere innere Uhr das,<br />
was eine Krone für<br />
eine analoge Uhr ist:<br />
Damit wird die Uhr<br />
aufgezogen und –<br />
hoffentlich absichtlich<br />
– verstellt.<br />
Brillen Für mehr Blaulicht:<br />
Propeaq (wirkt<br />
wie der Humancharger<br />
auf der Gegenseite).<br />
Gegen Blaulicht: die Blueblocker-Brille<br />
Prisma<br />
von innovative eyewear.<br />
Trägt man abends, um<br />
dem Körper die Bildung<br />
des Schlafhormons<br />
Melatonin zu ermöglichen.<br />
Ein Must!<br />
Propeaq ca. EUR 199,<br />
nomadperformance.de<br />
Prisma ca. EUR 99,<br />
innovative-eyewear.shop<br />
HigherQI Helios Hier<br />
bin ich befangen: Meine<br />
Begeisterung für Rotlicht-Geräte<br />
und meine<br />
Unzufriedenheit mit dem<br />
bestehenden Angebot<br />
waren so groß, dass<br />
ich mit zwei Partnern<br />
HigherQI gegründet<br />
habe. Das Helios ist das<br />
mittel große unserer drei<br />
Geräte. Es strahlt wie die<br />
beiden anderen mit 633<br />
und 830 Nanometern,<br />
das Spektrum der Wirkungen<br />
ist beglückend<br />
groß: erhöhte ATP<br />
Produktion, <strong>Red</strong>uktion<br />
von oxidativem Stress,<br />
Aktivierung von Enzymen<br />
– oder kürzer: Zielgerichtet<br />
eingesetztes Rotlicht<br />
tut einfach nur saugut.<br />
Ca. EUR 699,<br />
higherqi.de<br />
INNOVATOR 45
DAS GEHEIME<br />
RIESENTHEMA<br />
BLUTZUCKER<br />
Das Thema Blutzucker<br />
ist eines der ganz<br />
entscheidenden der<br />
nächsten Jahre, auch<br />
gesellschaftlich, ich<br />
vermeide das Wort<br />
„Pandemie“ jetzt ungern.<br />
Sehr vereinfacht<br />
gesagt: Die Bauchspeicheldrüse<br />
produziert<br />
Insulin, sobald sie<br />
erfährt, dass Zucker<br />
(= Kohlenhydrate) im<br />
Körper gelandet ist.<br />
Das tut sie, um den<br />
Zucker aus dem Blut<br />
raus- und in die Zellen<br />
reinzukriegen. Aus<br />
dem Blut raus, weil<br />
er dort saugefährlich<br />
ist für die Organe. In<br />
die Zellen rein, weil<br />
er dort zu Energie verbrannt<br />
werden kann.<br />
Produzieren wir zu viel<br />
oder zu wenig oder<br />
gar pausenlos Insulin,<br />
ruiniert das unsere<br />
Gesundheit. Deswegen<br />
sind die Blutzucker-<br />
Tracker, die es seit<br />
einigen Jahren gibt,<br />
ein Segen. Unbedingt<br />
ausprobieren!<br />
Abbott Freestyle Libre<br />
So heißt der Sensor, den<br />
man sich in den Oberarm<br />
pikst. Entscheidend ist<br />
die Auswertungs-App<br />
am Handy: Veristable,<br />
Supersapiens oder Million<br />
Friends sind so etwas wie<br />
digitale Luxus-Tagebücher<br />
für Tracking und Auswertung<br />
von Ernährung<br />
und Lifestyle und den<br />
Auswirkungen auf den<br />
Blut zucker. Unglaublich<br />
erkenntnisreich, im allerwörtlichsten<br />
Sinn lifechanging.<br />
Freestyle Libre 2-Sensor,<br />
ca. EUR 80,<br />
freestyle.abbott<br />
AquaVolta H ²<br />
Rocket<br />
Ein sehr leistungsfähiges<br />
Gerät zur Wasserstoff-<br />
Anreicherung von<br />
Wasser. Zusatznutzen:<br />
Magnesiummalat ist<br />
idealer Bindungspartner<br />
von Wasserstoff und ist<br />
ja ganz generell etwas,<br />
was man gerne zu sich<br />
nimmt.<br />
Ca. EUR 1570,<br />
aquacentrum.de<br />
DAS SUPER-<br />
ANTIOXIDANS<br />
WASSERSTOFF<br />
Ich bin bekennender<br />
Fan von molekularem<br />
Wasserstoff, ich atme<br />
ihn ein und trinke jeden<br />
Morgen zwei Gläser<br />
davon. Das kleinste<br />
Element im Periodensystem<br />
tut unserer<br />
Gesundheit und Leistungsfähigkeit<br />
als<br />
perfektes Antioxidans<br />
sehr gut. Eine TV-<strong>Red</strong>aktion<br />
meinte einmal,<br />
dass es zur Wirksamkeit<br />
von Wasserstoff<br />
keine Studien gibt, was<br />
jedoch nur stimmt,<br />
wenn man die mehreren<br />
tausend publizierten<br />
Arbeiten, vor allem<br />
im asiatischen Raum,<br />
außer Acht lässt …
Aquavolta Nano<br />
Sehr praktisch, weil<br />
transportabel. Und mit<br />
4,8 ppm Wasserstoff-<br />
Ausbeute auch sehr<br />
leistungsfähig.<br />
Perfektes Einsteigergerät,<br />
verwende ich<br />
selbst sehr gerne.<br />
Ca. EUR 349,<br />
aquacentrum.de<br />
Ohne Abb.:<br />
Hydronade<br />
Magnesium-H ²<br />
-<br />
Brausetabletten,<br />
ca. EUR 57,<br />
aquacentrum.de<br />
INNOVATOR 47
DAS EINSTIEGS<br />
PAKET<br />
SCHLAF &<br />
MEDITATION<br />
Womit man die<br />
schnellsten größten<br />
Fortschritte erreicht,<br />
wenn man mit dem<br />
Biohacking beginnt?<br />
Nicht durch irgendwelche<br />
ausgefallenen<br />
Devices oder exotische<br />
Nahrungsergänzungsmittel.<br />
Sondern in den<br />
allermeisten Fällen<br />
durch besseren Schlaf<br />
und mehr Entspannung.<br />
Schlaf ist, das<br />
werde ich nicht müde<br />
zu betonen, die Grundlage<br />
jeder Gesundheit.<br />
Schlaf ist für unseren<br />
Körper wie ein Service<br />
für unser Auto in der<br />
Werkstätte: stehen<br />
bleiben, Motor abdrehen,<br />
alle Systeme<br />
checken, kleinere und<br />
größere Mängel beheben.<br />
Wir sollten<br />
die Service-Termine<br />
unseres Körpers ernst<br />
nehmen, jeden Tag ist<br />
ab etwa 22 Uhr einer<br />
für uns reserviert.<br />
Und nichts tut mehr<br />
für unsere Grundentspanntheit,<br />
als<br />
jeden Tag nur ein<br />
paar Minuten zu<br />
me ditieren.<br />
Nanovi Die geniale<br />
Entwicklung des in die<br />
USA ausgewanderten<br />
Deutschen Hans Eng<br />
geht zwar heftig ins Geld,<br />
aber die Wirkung ist mindestens<br />
bahnbrechend.<br />
Ab ca. EUR 10.000,<br />
biosa.de/nanovi<br />
DAS LUXUS<br />
GERÄT<br />
FALTHILFE<br />
FÜR<br />
PROTEINE<br />
Unser Körper ist in jedem<br />
Moment unseres<br />
Lebens damit beschäftigt,<br />
Proteine kunstvoll<br />
zu falten. Mit den<br />
Jahren passieren ihm<br />
dabei immer mehr<br />
Fehler, das lässt uns<br />
altern. Eine zentrale<br />
Rolle bei diesem<br />
lebenserschaffenden<br />
und -gestaltenden<br />
Prozess spielt intrazelluläres<br />
Wasser, das<br />
weder flüssig noch gefroren<br />
noch gasförmig,<br />
sondern als eine Art<br />
Gel auftritt (Background:<br />
Prof. Gerald<br />
Pollack, Universität<br />
Washington). Dieses<br />
Gerät, das Nanovi, erzeugt<br />
solches Wasser<br />
des vierten Aggregatzustandes<br />
als Nebel.<br />
Die feinen Tröpfchen<br />
nimmt der Körper auf,<br />
was ihm hilft, Proteine<br />
sauber und jugendlich<br />
zu falten. Ab dem<br />
etwa 40. Lebensjahr<br />
un bedingt einmal<br />
probieren!<br />
Oura-Ring Das Basic-<br />
Tool für den Biohacker:<br />
der Ring, der die Qualität<br />
unseres Schlafs misst.<br />
Ab ca. EUR 314,<br />
ouraring.com<br />
Biostrap Ein tolles Teil,<br />
die derzeit wohl beste<br />
Alternative zum<br />
Oura-Ring.<br />
Ab ca. EUR 259,<br />
biostrap.com<br />
48
Muse Headband<br />
Neurowissenschaftler<br />
Philipp Heiler (siehe<br />
Seite 50) lästert<br />
drüber, weil es kein<br />
echtes EEG ist. Aber<br />
egal: Das Muse Headband<br />
unterstützt<br />
mich beim Meditieren,<br />
gibt mir Feedback,<br />
motiviert mich.<br />
Das macht es für<br />
mich im Alltag wirklich<br />
wertvoll.<br />
Ab ca. EUR 269,<br />
choosemuse.com<br />
INNOVATOR 49
BIOHACKING SPECIAL<br />
DEIN<br />
GEHIRN<br />
IST ...<br />
SCHNELLER<br />
AUSDAUERNDER<br />
SCHLAUER<br />
KLÜGER<br />
STÄRKER<br />
NETTER<br />
GETTY IMAGES
DAS GRÖSSTE<br />
WUNDER DER WELT<br />
Das menschliche Gehirn<br />
ist so genial konstruiert,<br />
dass wir es bis<br />
heute nicht komplett<br />
erforscht haben. Aber<br />
wir können es trainieren.<br />
Und sogar ziemlich<br />
wirkungsvoll.<br />
... ALS<br />
DU<br />
DENKST<br />
Text Stefan Wagner<br />
D<br />
RUHIGER<br />
as Gehirn ist insgesamt noch<br />
ein relativ rätselhafter Teil<br />
unseres Körpers (zum Beispiel<br />
wissen wir immer noch nicht,<br />
wie es so etwas wie Bewusstsein<br />
herzustellen vermag).<br />
Aber wir wissen doch genug,<br />
um das Wichtigste gesichert<br />
sagen zu können:<br />
Es liegt in unserer Hand, unser<br />
Leben lang alle Funktionen<br />
unseres Gehirns zu verbessern.<br />
Tatsächlich: alle.<br />
Und tatsächlich: unser Leben<br />
lang.<br />
Wir können, solange wir leben,<br />
jeden Tag schlauer werden, konzentrierter,<br />
intelligenter, schneller,<br />
entspannter. Wir können<br />
jeden Tag gelassener werden<br />
51
im Umgang mit uns selbst und<br />
dem Rest der Welt.<br />
Wir können unser Gehirn trainieren<br />
wie unsere Muskeln und<br />
unser Herz-Kreislauf-System.<br />
Es gibt also, das ist der unbequeme<br />
Teil der Nachricht, ab<br />
sofort keine Ausreden mehr, das<br />
Gehirn weiter so ver lottern zu<br />
lassen.<br />
Das im deutschen Sprachraum<br />
führende Fitnessstudio für unser<br />
Gehirn steht in München, nennt<br />
sich „Brainboost“ und ist ein<br />
Start-up der Brüder Tobias und<br />
Philipp Heiler. Tobias ist Sportund<br />
Wirtschaftswissenschaftler,<br />
Philipp ist Arzt. Die beiden hatten<br />
ihren ersten großen Auftritt in<br />
der Biohacking-Szene vor zwei<br />
Jahren mit einer Modellautorennbahn,<br />
die nicht über herkömmliche<br />
Controller, sondern<br />
über Gehirnwellen gesteuert<br />
wird:<br />
Wer sich besser entspannen<br />
kann, kommt schneller voran.<br />
Genialität, 100 Milliarden Mal<br />
Bevor wir uns von Philipp Heiler<br />
sein Trainingsstudio für unser<br />
Gehirn zeigen und die Übungen<br />
fürs Heimtraining erklären lassen,<br />
ein wenig Biologie: Unser<br />
Gehirn wiegt ungefähr 1,5 Kilogramm,<br />
besteht zu 80 Prozent<br />
aus Wasser, zu zwölf Prozent aus<br />
Fett und zu acht Prozent aus Protein. (Erstes<br />
Learning gleich hier: Der zuverlässigste Weg<br />
zu verblöden ist, zu wenig Wasser zu trinken.)<br />
Unser Gehirn verbraucht rund 20 Prozent der gesamten<br />
Energie, die unser Organismus in Ruhe<br />
erzeugt. Das ist absolut und relativ viel mehr als<br />
jedes andere Organ.<br />
Das menschliche Gehirn rechtfertigt diesen<br />
Aufwand. Es ist nicht weniger als ein Meisterwerk<br />
der Evolution. Wir Menschen sind bisher<br />
daran gescheitert, einen Computer mit der Leistungsfähigkeit<br />
unseres Gehirns herzustellen: So<br />
gut ist nicht einmal unser Gehirn, dass es etwas<br />
Besseres erfindet als sich selbst.<br />
Was diese 1,5 Kilogramm matschige Masse<br />
im Schädelknochen zu einem so genialen, so<br />
unfassbar leistungsfähigen System macht, sind<br />
die etwa 100 Milliarden Zellen, aus denen es<br />
besteht, oder besser gesagt: wie diese Zellen mit<br />
sich selbst und den anderen Zellen umgehen.<br />
Wie sie elektrische und chemische Reize empfangen,<br />
verarbeiten, herstellen und weiterleiten,<br />
wann sie das tun – wir sprechen hier von einer<br />
Genauigkeit im Millisekundenbereich – und in<br />
welcher Frequenz.<br />
Die Begriffe dieser Frequenzen kennen wir,<br />
Alpha-, Beta-, Gamma-Wellen und so weiter, wir<br />
verwenden sie auch, aber kaum jemand weiß<br />
wirklich, was mit „Wellen“ gemeint ist.<br />
Eine Symphonie der Schwingungen<br />
Unser Gehirn schwingt sich ja nicht walzerschwabbelnd<br />
durch den Schädel wie durch einen<br />
Ballsaal, und es gurgelt und brabbelt auch nicht<br />
herum wie die Wellen einer Meeresbrandung.<br />
Wenn wir von „Wellen“ oder „Frequenzen“ sprechen,<br />
meinen wir die Gesamtheit des Rhythmus,<br />
in dem die Zellen miteinander elektrische Impulse<br />
austauschen, wie oft pro Sekunde sie, sehr<br />
vereinfacht, miteinander reden: Die Hirnwellen<br />
sind sozusagen der Pulsschlag unseres Hirns.<br />
Die 1 bis 4 Hertz der Deltawellen bedeuten,<br />
dass die Zellen ein- bis viermal pro Sekunde<br />
IM CHATROOM<br />
Hirnwellen sagen aus, wie<br />
intensiv unsere einzelnen<br />
Gehirnzellen miteinander<br />
kommunizieren – und was<br />
wir gerade damit tun.<br />
Man kann unseren Pulsschlag<br />
und die Hirnfrequenzen durchaus<br />
vergleichen: Beides folgt<br />
unserem Leben und lenkt es,<br />
beides bestimmt den Rhythmus<br />
dessen, was wir tun – und bildet<br />
ihn präziser ab, als wir das bewusst<br />
wahrnehmen. Das macht<br />
die Herzratenvariabilitätsmessung<br />
zu einem so wertvollen<br />
Tool, und das macht auch<br />
das EEG und Neurofeedback<br />
so wertvoll. Mit Hilfe von Neurofeedback<br />
können wir es tatsächlich<br />
schaffen, unser Gehirn in<br />
verschiedene Zustände zu bringen<br />
– und damit unser Leben<br />
zu verbessern. Erhol samer<br />
schlafen, sich länger konzentrieren,<br />
sich tiefer entspannen,<br />
mehr leisten: All das lässt sich<br />
trainieren, indem wir lernen,<br />
auf unsere Hirnfrequenzen<br />
Einfluss zu nehmen.<br />
52 INNOVATOR
BRAINBOOST.DE<br />
elektrische Impulse austauschen, das reicht gerade<br />
mal für tiefen Schlaf. Gammawellen, am<br />
anderen Ende des Spektrums, schwingen mit<br />
35 bis 45 Hertz, lassen uns Neues besonders gut<br />
lernen oder in der Meditation besonders gut<br />
fokussieren. (Oder Spielzeugautorennen gewinnen.)<br />
Stress und Angst schwingen zwischendrin<br />
in den 20 bis 35 Hertz der High-Beta-Wellen,<br />
Kreativität entfaltet sich in den 4 bis 8 Hertz der<br />
Theta-Wellen.<br />
Und, wichtig zu wissen, es schwingt nicht<br />
das gesamte Gehirn einheitlich (völlig stramme<br />
Messungen kennzeichnen gar einen epileptischen<br />
Anfall), das ist auch der Unterschied zum<br />
Herzschlag, sondern das Gehirn orchestriert in<br />
jeder Millisekunde eine eigene Symphonie der<br />
Gesamtheit der Milliarden von Schwingungen.<br />
Diese Symphonie ist abhängig von der Situation,<br />
der Persönlichkeit, dem Zustand des Gehirnbesitzers.<br />
Darüber hinaus ist sie absolut einzigartig.<br />
Wenn wir wollten, sagt Philipp Heiler, könnten<br />
wir die Grundstruktur der Gehirnfrequenzen<br />
anstelle des Fingerabdrucks als unverwechselbares<br />
persönliches Merkmal nützen. Die Wissenschaft<br />
ist außerdem so weit, dass sie aus dem<br />
Scan eines Gehirns Persönlichkeitsmerkmale<br />
herauslesen kann. Heiler: „Ein unteraktivierter<br />
Frontallappen, zum Beispiel, weist auf eine<br />
gewisse Neigung zu Konzentrationsschwierigkeiten<br />
und depressiven Symptomen hin, ein<br />
überaktivierter sensorischer Kortex auf eine<br />
Übersensibilität auf Geräusche und auf Einschlafschwierigkeiten.<br />
Und so weiter.“ Zeig mir dein<br />
EEG, und ich sag dir, ob ich dich mag.<br />
So trainiert man Entspannung<br />
Nach diesem kleinen Ausflug ins Theoretische<br />
kehren wir zurück nach München ins Gehirn-<br />
Fitnesscenter „Brainboost“.<br />
Mein Gehirn absolviert eine Trainingsstunde.<br />
Ich sitze auf einem Lehnstuhl, die Beine hochgelagert,<br />
mit einer Art Gumminetzhaube auf<br />
ICH SITZE DA, ELEKTRODEN<br />
AM KOPF, AM BILDSCHIRM VOR MIR<br />
SCHWEBT EIN MÖNCH.<br />
dem Kopf. An ihr sind EEG-<br />
Elektroden befestigt. Diese<br />
Elektroden messen durch den<br />
Schädelknochen die elektrischen<br />
Impulse, in denen meine<br />
Gehirnzellen miteinander<br />
kommunizieren. Die Daten<br />
werden in einen Computer<br />
geleitet, dort umgerechnet<br />
und auf einen Monitor übertragen,<br />
der vor mir steht.<br />
Brainboost hat nicht nur<br />
die gehirngesteuerte Autorennbahn<br />
entwickelt, sondern<br />
auch verschiedene Videospiele.<br />
Auf dem Monitor vor<br />
mir, zum Beispiel, sitzt ein<br />
Mönch mit gekreuzten Beinen.<br />
Je tiefer ich mich entspanne,<br />
desto höher steigt er.<br />
Das ist meine einzige Aufgabe:<br />
Entspannungsgehirnwellen<br />
erzeugen. Meine Gehirnzellen<br />
zwischen acht- und<br />
zwölfmal pro Sekunde elektrische<br />
und chemische Informationen<br />
austauschen zu lassen,<br />
nicht öfter, nicht seltener.<br />
Ich atme bewusster und<br />
langsamer aus: Der Mönch<br />
schwebt.<br />
SCHLAF<br />
Delta<br />
1–4 Hz<br />
ABSCHWEIFEN<br />
Theta<br />
4–8 Hz<br />
ENTSPANNUNG<br />
Alpha<br />
8–12 Hz<br />
KONZENTRATION<br />
Beta<br />
12–20 Hz<br />
AKTIVIERUNG<br />
High Beta<br />
20–35 Hz<br />
HYPERFOKUS<br />
Gamma<br />
35–45 Hz<br />
INNOVATOR 53
PHILIPP HEILER<br />
Gemeinsam mit<br />
seinem Bruder<br />
Tobias gründete<br />
der Arzt das<br />
Gehirn-Fitnessstudio<br />
„Brainboost“.<br />
brainboost.de<br />
Ich bemühe mich, noch bewusster<br />
zu atmen: Er plumpst<br />
runter.<br />
Zu unentspannt entspannt,<br />
okay.<br />
„Darum“, sagt Philipp Heiler,<br />
„geht es hier bei uns. Dass dein<br />
Gehirn sofort Feedback kriegt,<br />
ob das, was du gerade tust,<br />
richtig ist.“<br />
Und mein Gehirn kapiert das?<br />
„Ja. Es ist wie mit deiner Muskulatur<br />
und dem Fitnessstudio:<br />
Dein Organismus empfängt einen<br />
Trainingsreiz und verarbeitet ihn.<br />
Wie er das tut, kann dir ja egal<br />
sein. Dass deine Muskeln durch<br />
das Training stärker und größer<br />
werden, steuerst du ja auch<br />
nicht bewusst. Das passiert von<br />
allein.“<br />
Aber im Fitnesscenter kann ich<br />
einen ganz gezielten Reiz auf<br />
einen einzelnen Muskel setzen:<br />
Bizeps, Wade, Brustmuskel. Wie<br />
präzise kann ich einzelne Gehirnbereiche<br />
mit Neurofeedback ansteuern?<br />
„Das geht einigermaßen, ist<br />
aber in der Praxis nicht wesentlich.<br />
Wir möchten ja, dass du eine<br />
Fähigkeit verbesserst, eine Gewohnheit<br />
ablegst oder eine neue<br />
antrainierst, einen Zwang überwindest.<br />
Da spielen meist mehrere<br />
Gehirnbereiche zusammen. Es<br />
geht darum, dass du lernst, gewisse<br />
Regionen in gewisse Frequenzen<br />
zu bringen. Dein Gehirn<br />
kann das schon von allein. Vertrau<br />
ihm. Und je weiter du im<br />
DIE MATSCHIGEN 1,5 KILO<br />
IM KOPF SIND GENIALER ALS<br />
ALLES, WAS WIR MENSCHEN<br />
ERSCHAFFEN KÖNNEN.<br />
Training kommst, desto spezifischer stellen wir<br />
das Training ein.“<br />
Kann ich durch Neurofeedback kreativer<br />
werden?<br />
„Du kannst lernen, dich in einen Zustand<br />
zu bringen, der Kreativität fördert. Ja.“<br />
Entspannter?<br />
„Ja, ebenso.“<br />
Konzentrierter?<br />
„Ja.“<br />
Das Gehirn kann nicht nichts tun<br />
Kann ich mir abgewöhnen, alle 30 Sekunden<br />
aufs Handy schauen zu müssen? Dass ich jeden<br />
Abend eine Tafel Schokolade verdrücke? Meinen<br />
Hang zur Prokrastination?<br />
„Neurofeedback kann sehr gut bei allem<br />
helfen, was du in deinem Leben zwanghaft tust.<br />
Das kann sein, dass du jeden Tag fünf Bier trinken,<br />
zehn Kilometer laufen oder dass du dauernd<br />
aufs Handy schauen musst.“<br />
Wie bringe ich meinem Gehirn konkret bei,<br />
dass es nicht jeden Abend eine Tafel Schokolade<br />
wollen soll?<br />
„Ganz kurz zusammengefasst: Das Gehirn<br />
kann nicht nichts tun. Es kann nicht ‚keine Schokolade<br />
essen‘. Es kann nur etwas anderes stattdessen<br />
tun, und dieses andere musst du dir<br />
angewöhnen. Du musst eine Ersatzhandlung<br />
etablieren, etwas, was sich jeden Abend durchführen<br />
lässt. Wir hatten zum Beispiel mal eine<br />
Patientin mit Bulimie. Mit ihr haben wir erarbeitet,<br />
dass sie nach jeder Mahlzeit zunächst mal<br />
zehn Minuten spazieren geht. Ganz konsequent,<br />
nach jeder Mahlzeit, einfach um den Reiz ‚essen‘<br />
und die Reaktion ‚kotzen‘ zu entkoppeln.“<br />
Und? Hat es geklappt?<br />
„Ja.“<br />
Wie lange dauert es, bis ich mir etwas Altes<br />
ab- und etwas Neues antrainiert habe?<br />
„Der aktuelle Stand der Wissenschaft sagt:<br />
66 Tage dauert es, um sich etwas abzugewöhnen<br />
– also mit Hilfe einer Ersatzhandlung –, 66 weitere,<br />
um sich eine neue Gewohnheit anzueignen.<br />
Der einzige Weg zum Erfolg ist Beharrlichkeit.<br />
Jeden Tag ein paar Minuten bringen dich über<br />
Wochen und Monate gesehen unglaublich weit.“<br />
Erschöpft unter der Netzmütze<br />
Eine Trainingseinheit bei Brainboost dauert<br />
etwa 40 Minuten, und man ist am Ende recht<br />
erschöpft unter der Netzmütze, tatsächlich so,<br />
als hätte der Kopf ein Workout hinter sich.<br />
Wie oft muss man das machen, bis es einen<br />
Effekt bringt?<br />
„Es ist wie im Fitnessstudio. Einmal ausprobieren<br />
bringt nichts. Wir bemerken dauerhafte<br />
Ergebnisse nach 20, 30 Sitzungen.“<br />
Das heißt, ich muss 20-mal zu euch kommen,<br />
damit mein Gehirn besser funktioniert?<br />
„Nein. Du kannst sehr viel zu Hause machen,<br />
ganz allein, und du kannst damit sehr weit<br />
kommen.“<br />
GETTY IMAGES<br />
54 INNOVATOR
NIMM DIR<br />
DREI MINUTEN<br />
„Jeden Tag nur drei<br />
Minuten mit geschlossenen<br />
Augen, ruhig<br />
atmend, in Gedanken<br />
und Tagträume versinken<br />
– damit trainierst<br />
du die Fähigkeit deines<br />
Gehirns, in den Alpha-<br />
Zustand zu gehen und<br />
sich ganz bewusst<br />
zu entspannen. Ideal<br />
wirken diese drei<br />
Minuten, wann immer<br />
du auch einen Boost<br />
für deine Kreativität<br />
brauchst.“<br />
SCHLAFEN<br />
„Das Gehirn ist der wesentlichste Grund dafür, warum wir<br />
Menschen schlafen müssen. Denn seine Kapazität reicht<br />
nur für rund 16 Stunden – dann braucht es eine Pause,<br />
um Gelerntes zu verarbeiten, sich zu erholen und neue<br />
Synapsenverbindungen aufzubauen. Ausreichender, guter<br />
Schlaf ist die Grund voraussetzung dafür, dass unser Gehirn<br />
funktionieren kann.<br />
Es mag nicht besonders originell sein, aber auf seinen<br />
Schlaf zu achten ist so ziemlich das Wirkungsvollste, was<br />
man für die Leistungsfähigkeit seines Gehirns tun kann.<br />
Übrigens unterstützt ein Powernap untertags die Kreativität<br />
und die Problemlösungskompetenz, weil er unser<br />
Gehirn in den Theta-Bereich bringt.“<br />
LOS<br />
GEHT’S!<br />
… okay, und was kann<br />
ich zu Hause machen?<br />
Philipp Heiler mit dem<br />
Home-Gym für dein<br />
Gehirn.<br />
BEFRAGE DICH<br />
SELBST<br />
„Achtsamkeit ist weit mehr<br />
als ein Modebegriff: Wenn du<br />
es schaffst, dein Gehirn bewusst<br />
in den Alpha-Bereich zu<br />
ver setzen, schaffst du damit<br />
Raum zwischen Reiz und Reaktion<br />
– was nichts anderes<br />
heißt, als dass du gelassener,<br />
ausgeglichener, reflektierter<br />
durch den Tag kommst. Der<br />
beste Achtsamkeits-Trainingstipp<br />
im Alltag: Notiere zweimal<br />
täglich, was du körperlich<br />
spürst, welche Gedanken und<br />
welche Gefühle du hast.“<br />
FOLGE DEM SEKUNDENZEIGER<br />
Eine tolle Übung für den Beta-Zustand, der deinen Fokus<br />
schärft: Schaffst du es, eine Minuten lang deine ganze Aufmerksamkeit<br />
auf den Sekundenzeiger einer analogen Uhr<br />
zu richten? Denke an nichts anderes als an diesen Zeiger.<br />
Eine Minute durchzuhalten, ohne einen ablenkenden Gedanken,<br />
ist alles andere als einfach!“<br />
DANKBARKEITS <br />
TAGEBUCH FÜHREN<br />
Angst ist das häufigste Problem<br />
unserer Zeit, der stärkste<br />
und größte negative Antrieb.<br />
Hinter sehr vielen zwanghaften<br />
Handlungen, hinter sehr vielen<br />
Einschränkungen steht Angst.<br />
Angst vor Dingen, vor Entscheidungen,<br />
davor, etwas zu verpassen,<br />
dass mein Leben nicht<br />
so toll ist wie das der anderen,<br />
nicht genug Geld zu haben.<br />
Angst ist evolutionär gesehen<br />
lebens rettend – weil Angst immer<br />
auch Vorsicht bedeutet –,<br />
und darum ist sie unter allen<br />
Emo tionen auch die<br />
mächtigste.<br />
Aber mittlerweile bestimmt<br />
sie unser Leben, statt es zu<br />
erhalten. Angst macht krank.<br />
Was kann ich gegen Angst tun?<br />
„Ein Dankbarkeitstagebuch<br />
führen. Täglich morgens<br />
und abends drei Dinge aufschreiben,<br />
für die du dankbar<br />
bist, und sie außerdem laut<br />
aussprechen. Das ist Neurofeedbacktraining!<br />
Du bringst<br />
dein Gehirn jeden Tag für<br />
ein paar Minuten in einen<br />
Zustand der Angstfreiheit.<br />
Du aktivierst die Schleife für<br />
das positive Gefühl, das der<br />
Angst entgegengesetzt ist,<br />
machst dich resilienter. Das<br />
Aufschreiben und das Aussprechen<br />
verstärken die<br />
Wirkung erheblich.“<br />
INNOVATOR 55
BIOHACKING SPECIAL<br />
WIE SIE VIEL<br />
Wenn Sie es irgendwie schaffen,<br />
sich die kommenden – sagen<br />
wir fünf, zehn, fünfzehn – Jahre<br />
einigermaßen fit zu halten:<br />
Tun Sie’s! Wirklich. Es könnte sein,<br />
dass mindestens die Hälfte<br />
Ihrer möglichen Todesursachen<br />
dann ausgestorben sein wird.<br />
JÜNGER<br />
VIEL ÄLTER<br />
WERDEN<br />
Das ist vielleicht die Geschichte<br />
Ihrer Rettung vor Krebs, Herzinfarkt,<br />
Schlaganfall, Diabetes und Alzheimer,<br />
die Geschichte Ihres ersten Halbmarathons<br />
mit hundertzehn, Ihres<br />
Literatur studiums mit neunzig und<br />
Ihrer Harley-Davidson mit achtzig.<br />
Die Geschichte ist ihrem Happy End<br />
erstaunlich nahe.<br />
Text Stefan Wagner<br />
Fotos Sebastian Arlt<br />
56 INNOVATOR
CHANGEMYFACE.COM<br />
157 JAHRE<br />
So könnte Michael Greve in hundert Jahren aussehen.<br />
Wir schreiben das Jahr 2121: Der Mann, der Milliarden als Pionier einer<br />
längst überholten Technologie (Internet) und einer Selbstverständlichkeit<br />
(Rejuvenation) verdiente, investiert in experimentelle Projekte zum 3D-<br />
Druck auf Molekularbasis. Vor zehn Jahren hat er seine Liebe zum Marathon<br />
entdeckt, Bestzeit: 3:14 Stunden.<br />
INNOVATOR 57
B<br />
evor wir mit der Geschichte Ihrer Lebensrettung<br />
loslegen, ist es ganz gut, wenn Sie wissen, wo diese<br />
Geschichte begann und wo sie derzeit steht.<br />
Alles begann damit, dass Michael Greve<br />
sehr reich war und sehr ungesund.<br />
Reich war er als Generalimporteur des Internets<br />
nach Deutschland geworden: Gemeinsam mit seinem<br />
Bruder hatte er Anfang der 1990er web.de gegründet,<br />
die beiden bauten den Dienst zu Deutschlands<br />
digitalem Vorzeige-Start-up auf, verkauften<br />
es 2006 um einen dreistelligen Millionenbetrag.<br />
Ungesund war Greve geworden, weil er über<br />
zwanzig Jahre jedem Lebensstil-Klischee eines<br />
Hackers entsprochen hatte: Pizza, Rotwein, Cola,<br />
drei Packungen Zigaretten pro Tag, Bewegungsradius<br />
Schreibtisch–Bett–Kühlschrank. 20 Kilo zu viel.<br />
Nach dem web.de-Verkauf war Greve so reich,<br />
dass ein Leben auf ihn wartete, in dem die schwierigsten<br />
Entscheidungen zwischen Helikopter-Snowboarden<br />
in Alaska oder Surfen auf Bali zu fällen<br />
waren. Oder auf was für ein Internet-Start-up er als<br />
nächstes Lust hat. (Drei der Start-ups, auf die Greve<br />
Lust hatte, wurden zu Unicorns: Babbel, Staffbase,<br />
Mambu – er ist noch heute beteiligt.)<br />
Michael Greve dachte sich: Jetzt den Löffel abzugeben,<br />
das wäre aber doof.<br />
Er begann sich mit Ernährung zu beschäftigen,<br />
ließ das mit Cola, Pizza und Rotwein sein, nahm<br />
20 Kilo ab, gab das Rauchen auf, nahm die 20 Kilo<br />
wieder zu und wieder ab. Nach insgesamt drei Jahren<br />
war sein Körper bereit für ein Leben, dem jahrzehntelang<br />
nicht langweilig werden muss.<br />
Greve dachte sich: Jetzt den Löffel abzugeben,<br />
das wäre erst recht doof.<br />
Dann traf er die Entscheidung, die sein Leben<br />
veränderte und möglicherweise bald auch Ihres:<br />
Michael Greve beschloss, die Sache mit der Gesundheit<br />
so substanziell anzugehen, dass er begann, sich<br />
mit dem Bereich Longevity zu beschäftigen, mit der<br />
Wissenschaft der menschlichen Langlebigkeit. Er<br />
ackerte Studien durch und begann sich zu engagieren,<br />
so aktiv, wie man das eben mit einer neun- bis<br />
zehnstellig gefüllten Brieftasche kann, wenn man<br />
beschlossen hat, nicht als reichster Mann auf dem<br />
Friedhof zu enden.<br />
GREVE SIEHT DEN VERFALLSPROZESS<br />
DES ALTERNS ALS EINE<br />
BEHANDELBARE KRANKHEIT, NICHT<br />
ALS UNENTRINNBARES SCHICKSAL.<br />
Vor fünf Jahren überwies er die ersten zehn Millionen<br />
an die SENS Research Foundation im Silicon<br />
Valley, eine Instanz der Langlebigkeitsforschung.<br />
Im selben Jahr, 2016, gründete Greve die Forever<br />
Healthy Foundation mit Sitz in den ehemaligen<br />
web.de-Büros.<br />
Zum Stand der Geschichte per Juli 2021:<br />
Forever Healthy ist längst global tätig, Stiftungssprache<br />
ist Englisch, die zuletzt aufgenommenen<br />
Mitarbeiter sitzen in Istanbul und New York. Von<br />
Karlsruhe aus steuert Greve gemeinsam mit einem<br />
kleinen Team derzeit 14 Start-ups, die aus besonders<br />
vielversprechenden Forschungsinitiativen entstanden<br />
sind. Er organisiert in Zusammenarbeit mit<br />
der SENS Research Foundation eine jährliche Konferenz,<br />
bei der sich die namhaften Wissenschaftler<br />
und Meinungsbildner der Branche treffen („Undoing<br />
Aging“, Berlin, nächster Termin: Mai 2022). Als<br />
globaler Netzwerker sorgt er dafür, dass Longevity-<br />
Forscher in San Francisco, London, Bangkok und<br />
Basel nicht unkoordiniert an derselben Sache herumdoktern,<br />
sondern auf den Ergebnissen der Kollegen<br />
aufbauen (ein bisschen, wie Wings for Life im Bereich<br />
Rückenmarksforschung dies tut). Er erstellt<br />
mit seinem eigenen Team wissenschaftliche Papers,<br />
die man sich als Screenshot des aktuellen Weltwissens<br />
zu einem Thema vorstellen darf, pro Paper<br />
werden 2000 Abstracts und rund 150 Studien durchgearbeitet.<br />
Er veröffentlicht sie in einer Datenbank<br />
auf seiner Website, für jedermann jederzeit frei zugänglich,<br />
sauber portioniert, verständlich übersetzt<br />
in praktische Handlungsanregungen,* zum Beispiel<br />
die Sache mit dem Fisetin und die mit dem EDTA,<br />
wir werden darauf zurückkommen.<br />
Er hat sich weltweit zur führenden Figur einer<br />
neuen Herangehensweise ans Thema Langlebigkeit<br />
gemacht: Er spricht von Rejuvenation, dem Er halten<br />
und Wiederherstellen der Jugendlichkeit. Er spricht<br />
davon, den Verfallsprozess des Alterns wie eine behandelbare<br />
Krankheit zu sehen, nicht wie ein unentrinnbares<br />
Schicksal. Das alles nicht mit dem Ziel des<br />
ewigen Lebens, sondern der weitestmöglichen Verlängerung<br />
der gesunden Lebenszeit.<br />
Damit Sie eine Ahnung kriegen, welche Lawine<br />
Greve in den vergangenen fünf Jahren losgetreten<br />
hat: Eines der 14 Start-ups ist so weit, dass es Tumore<br />
mittels Spritze auflösen kann. Ein anderes kann<br />
kaputte Arterien reparieren.<br />
Im Tierversuch klappt das schon.<br />
Als Maus oder als Hase wären Sie mittlerweile<br />
einigermaßen safe vor Krebs und Arteriosklerose.<br />
Michael Greve ist 57, was man ihm nur mit Mühe<br />
ansieht.<br />
Aus dem Hacker ist ein Biohacker geworden, inklusive<br />
Morgenroutine, Dankbarkeitstagebuch, Yoga,<br />
Schlaftracking, 30 Nahrungsergänzungsmitteln pro<br />
Tag (sie ergänzen eine ohnehin handverlesene Er-<br />
* Wie man gemäß dem neuesten Stand der Wissenschaft<br />
nicht stirbt: brain.forever-healthy.org<br />
58 INNOVATOR
57 JAHRE<br />
So sieht Michael Greve heute aus.<br />
Wir schreiben das Jahr 2021: Aus dem früheren Hacker – drei Packungen<br />
Zigaretten pro Tag, 20 Kilo Übergewicht – ist ein Biohacker geworden.<br />
Inklusive Morgenroutine, Dankbarkeitstagebuch, Yoga, Schlaftracking,<br />
30 Nahrungsergänzungsmitteln pro Tag.<br />
INNOVATOR 59
„ OB WIR KREBS, HERZINFARKT,<br />
DEMENZ DE FACTO ABSCHAFFEN,<br />
IST KEINE FRAGE DES OB MEHR.<br />
ES IST EINE FRAGE DES WANN.“<br />
nährung), das ganze Programm. Er hat für sich<br />
das Ziel definiert, mit siebzig so fit zu sein wie ein<br />
Dreißigjähriger. Nicht den Wunsch, das Ziel.<br />
Greve sagt auch, Stichwort Ziel: „Ob es gelingt,<br />
dass wir die altersbedingten Krankheiten wie Krebs,<br />
Herzinfarkt, Demenz de facto abschaffen, ist mittlerweile<br />
keine Frage des Ob mehr. Es ist eine Frage des<br />
Wann.“<br />
Okay. Also … wann wird es so weit sein?<br />
„Manches wahrscheinlich bereits in fünf, zehn,<br />
fünfzehn Jahren. Mein Anspruch ist da eindeutig:<br />
Ich will das, was wir herausfinden, für mich nützen<br />
können, für mein Leben.“<br />
Kleine Pause, damit das Folgende wirken kann,<br />
es mag wie ein Eingeständnis klingen, aber es ist,<br />
wenn man genauer hinhört, ein Versprechen:<br />
„Meine Lebensspanne, das ist der Zeithorizont.“<br />
Das muss man jetzt so deutlich sagen, wie es<br />
geht: Der Mann ist kein durchgeknallter Milliardär,<br />
der sich das ewige Leben kaufen möchte und in der<br />
Mittagspause das Blut von bei Vollmond geopferten<br />
Jungfrauen trinkt. Der Mann ist ein extrem erfolgreicher<br />
Unternehmer, der gelernt hat, in Visionen,<br />
Zielen, Strategien und Ergebnissen zu denken,<br />
im Abwägen von Risiken, und der mit diesem unternehmerischen<br />
Know-how einen sehr jungen, sehr<br />
experimentellen Wissenschaftsbereich antreibt.<br />
Mit der schieren Power seiner Kohle natürlich, aber<br />
noch wesentlicher als eine Art Manager, Koordinator,<br />
Mastermind. „Wissenschaftler sind extrem schlechte<br />
Unternehmer“, sagt er. „Wir finanzieren die Startups<br />
nicht nur. Vor allem sind wir deren Mentoren.“<br />
Im schlechtesten Fall ist Michael Greve ein hoch<br />
motivierter und potenter Mäzen ganz spezieller<br />
medizinischer Forschung und ein mäßig geduldiger<br />
Antreiber, wenn es um deren praktische Umsetzung<br />
geht.<br />
Im besten ist er für die Menschheit ein Glücksfall<br />
historischen Ausmaßes.<br />
Hier stehen wir also gerade.<br />
Wie geht die Geschichte jetzt weiter? Und wie<br />
lange dauert’s noch bis zum Happy End?<br />
Was derzeit, Stand: September 2021, normal ist,<br />
das muss man nicht unbedingt großartig finden.<br />
Jeden Tag sterben weltweit rund 150.000 Menschen.<br />
50.000 davon durch Unfälle, Gewalt, Kriege,<br />
solche Dinge, 100.000 sterben durch Krankheiten<br />
wie Diabetes, Krebs, Alzheimer, Herzinfarkt. Man<br />
könnte vereinfacht sagen: 100.000 Menschen<br />
sterben jeden Tag an der schlimmsten Krankheit<br />
der Welt, am Altern. Weil Zellen durchdrehen, weil<br />
sich über Jahrzehnte zu viel Zeug im Körper angesammelt<br />
hat, das da nicht hingehört, weil irgendwas<br />
zerbröselt oder verstopft oder verklebt, Verschleiß<br />
auf allen Ebenen. All das formuliert sich<br />
eben irgend wann in einer dieser Krankheiten aus,<br />
jahrelanges Leiden, riesige gesellschaftliche Kosten,<br />
familiäre Dramen, Exodus.<br />
Damit haben wir Menschen ein paar Millionen<br />
Jahre gelebt, damit sind wir Menschen ein paar Millionen<br />
Jahre gestorben.<br />
Daran haben wir uns gewöhnt.<br />
Aber muss es deswegen so bleiben?<br />
Nein, sagt Michael Greve. Er erzählt von seiner<br />
Oma, die zehn Jahre brauchte, um an Demenz<br />
zugrunde zu gehen, vor den Augen und im Kreis<br />
der Familie. „Sie erkannte irgendwann niemanden<br />
mehr, nur meinen Bruder. So etwas soll normal<br />
sein? So etwas sollen wir akzeptieren?“<br />
„Wir reden nicht über irgendwann.“<br />
„Was wir jetzt machen“, sagt er, „ist, der ganzen<br />
Sache auf den Grund zu gehen. Wo fängt der Krebs<br />
an, wo Alzheimer? Wo liegt die Wurzel? Und viel<br />
wichtiger: Was können wir konkret dagegen tun?<br />
Mich interessiert nur Forschung, die in einer Maßnahme<br />
mündet. Wir reden also in der Arbeit mit<br />
unseren Start-ups und bei unserer Konferenz nicht<br />
über Fadenwürmer und regulatorischen Kram.<br />
Wir reden nicht über irgendwann. Wir reden über<br />
den Menschen, über Therapie, und wir reden über<br />
zeitnah. Wir reden über Realität, nicht über Science-<br />
Fiction.“<br />
Über die Karriere einer handelsüblichen altersbedingten<br />
Krankheit weiß man mittlerweile tatsächlich<br />
ziemlich gut Bescheid. Jeder der großen Killer<br />
der Menschheit hat seine eigene Wurzel, seine root<br />
cause, in Summe sind es rund 30 bis 40 Prozesse,<br />
die uns alt und krank machen, sie bedingen und<br />
begünstigen einander, das tödliche Spiel des biologischen<br />
Alterns ist Teamwork.<br />
Aber, und das ist eine wirklich gute Nachricht:<br />
Diese root causes sind isolierbar, jede für sich erforschbar<br />
– und damit jede für sich bekämpfbar.<br />
WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />
BEISPIEL: SENESZENTE ZELLEN<br />
Jeder von uns besteht aus rund 100 Billionen Zellen.<br />
Jede davon geht kaputt, manche alle paar Tage, andere<br />
alle paar Jahre. Eine kaputte Zelle wird zerstört, aufgefressen,<br />
recycelt, durch eine neue ersetzt. Ein geniales<br />
System, aber nicht ganz fehlerlos. Seneszente Zellen<br />
sind Zellen, die eigentlich kaputt sind und weggeräumt<br />
werden sollten. Aber aus irgendeinem Grund bleiben sie<br />
da. Zombies. Das spielt keine Rolle, solange es ein paar<br />
wenige sind. Aber im Lauf der Jahrzehnte sammeln sich<br />
mehr und mehr und mehr davon an. Nehmen frischen<br />
Zellen Platz weg. Und produzieren Gifte.<br />
Mehr seneszente Zellen bedeutet mehr Zellgift,<br />
mehr Zellschäden, mehr Altern, mehr Krankheit.<br />
60 INNOVATOR
77 JAHRE<br />
So könnte Michael Greve in zwanzig Jahren aussehen.<br />
Wir schreiben das Jahr 2041: Die ersten Start-ups, die er milliardenschwer<br />
finanzierte, hatten Erfolg. Sein Körper hat sich auf Zellebene von Grund auf<br />
regeneriert, er hat die Welt verändert. Und er hat sein Ziel erreicht, das er<br />
2021 formuliert hatte: „Ich will mit siebzig so fit sein wie ein Dreißigjähriger.“<br />
INNOVATOR 61
Was können wir derzeit gegen seneszente Zellen<br />
machen?<br />
Nichts. Außer vielleicht einmal im Monat Fisetin<br />
einnehmen, 1,5 Gramm am ersten, 1,5 Gramm am zweiten<br />
Tag. „Das klappt ziemlich wahrscheinlich“, sagt<br />
Greve. „Und es ist risikolos, die Studienlage eindeutig.<br />
Ich persönlich mache es. Kostet 30 Euro pro Monat,<br />
Fisetin kriegt man überall, kann jeder machen. Wenn<br />
wir in fünf Jahren über Fisetin lachen, ist nix passiert.<br />
Wenn wir in fünf Jahren draufkommen, dass Fisetin<br />
super funktioniert, hab ich fünf Jahre länger davon<br />
profitiert.“<br />
Wie schnell werden wir das Problem der seneszenten<br />
Zellen wirklich in den Griff bekommen? „Da arbeiten<br />
viele dran, nicht nur wir (das Start-up FoxBio im<br />
Staat New York ist eines der 14 in Greves Stall; Anm.).<br />
Ob wir durchkommen oder ein anderes Unternehmen,<br />
ist mir egal.“<br />
WAS GREVE TUT, IST<br />
AUS SICHT EINES<br />
HERKÖMMLICHEN INVESTORS<br />
VERRÜCKT. „ MIR IST DAS<br />
EGAL. ES IST MEIN GELD,<br />
ICH BIN NIEMANDEM<br />
RECHENSCHAFT SCHULDIG.“<br />
Was man sich als Laie gar nicht vorstellen kann:<br />
wie Medizin als Business funktioniert.<br />
Medizin, da brauchen wir nicht drum herumzureden,<br />
ist ein Wirtschaftszweig: Geld zieht kluge Köpfe an,<br />
mehr Geld klügere Köpfe, es ist ein schlichter Verteilungskampf<br />
der Brainpower, auch Lebensrettung<br />
gehorcht den Gesetzen der Marktwirtschaft.<br />
Wie geht man unternehmerisch an so ein Startup<br />
heran, das seneszente Zellen aus dem Körper<br />
oder Krebs aus der Welt schafft?<br />
Die Grundlagenforschung ist – Überraschung! –<br />
der wesentlich kleinere Teil. „Es kann schon nach<br />
ein paar Millionen so weit sein, dass du über die<br />
Gründung eines Start-ups nachdenken kannst.“<br />
Und das Start-up übersetzt einfach die Theorie<br />
in die Praxis? Man nimmt ein Reagenzglas, multipliziert<br />
es zehn Millionen Mal und schickt das Medikament<br />
raus in die Apotheken?<br />
Wäre das so, würden wir alle längst drei Tabletten<br />
pro Tag nehmen, und Krebs, Alzheimer, Diabetes,<br />
Schlaganfall wären kein Thema mehr.<br />
Es ist nicht so.<br />
Jedes Start-up im Rejuvenation-Bereich ist eine<br />
Expedition: Man hat eine ziemlich klare Idee vom<br />
Ziel, aber man hat nur eine ungefähre Ahnung, wo<br />
der Weg dorthin verläuft, keine Ahnung, welche<br />
Hindernisse unterwegs warten, und vielleicht gibt<br />
es ja überhaupt keinen Weg zum Ziel. Fix ist lediglich:<br />
Wer nicht mit 200, 300, 400 Millionen Euro im<br />
Gepäck startet, braucht gar nicht erst loszugehen.<br />
Was Greve tut, ist aus Sicht eines herkömmlichen<br />
Investors verrückt. „Das weiß ich natürlich, aber mir<br />
ist das egal. Wir gehen rein, wenn uns die Science<br />
dahinter überzeugt. Wir investieren, wir gründen,<br />
wir stellen ein Team zusammen. Ich kann das so<br />
machen, weil es ja mein Geld ist. Ich bin niemandem<br />
Rechenschaft schuldig. Ist es weg, ist es weg. Mein<br />
Ding.“<br />
WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />
BEISPIEL: KREBS<br />
Es gibt Menschen, deren Immunsystem killt Krebszellen.<br />
Sie sind immun gegen Krebs. Das Londoner<br />
Start-up Lift BioSciences nützt die rätselhafte Fähigkeit<br />
dieser Menschen. „Wir ernten quasi das Immunsystem<br />
dieser Leute“, sagt Greve. „Wir multiplizieren<br />
es im Bioreaktor und machen es injizierbar. Im Tierversuch<br />
sieht das bereits so aus: Mäuse mit daumengroßen<br />
Tumoren kriegen eine solche Spritze. 48 Stunden<br />
später ist der Krebs weg.“<br />
… weg? Krebs?<br />
„Ja. Weg. Krebs. Nicht Blutkrebs, da klappt es nicht,<br />
aber Tumore.“<br />
Wie lange dauert’s, bis die Krebsspritze den Weg<br />
von der Maus in unsere Krankenhäuser geschafft hat?<br />
„Das ist abhängig von den klinischen Phasen. Ich<br />
rechne mit fünf, sieben, zehn Jahren.“<br />
Und wie realistisch …?<br />
„… kannst du noch nicht sagen. Es schaut wirklich<br />
nicht schlecht aus. Aber ganz sicher weiß man bei all<br />
diesen Unternehmen ohnehin nur eines: Wenn es<br />
niemand macht, bleibt die Wahrscheinlichkeit immer<br />
bei null.“<br />
Game over, jederzeit.<br />
Bleiben wir noch beim Bild der Expedition. Ein Medikament<br />
kann in der Theorie, im Reagenzglas und<br />
im Tierversuch noch so gut funktionieren, das letzte,<br />
härteste Stück des Wegs besteht aus vier Etappen,<br />
es sind vier klinische Phasen vom perfekten Tierversuch<br />
in die Apotheke zu überwinden.<br />
In Phase 1 wird offiziell nur darauf geachtet, ob<br />
das Mittel dem Menschen schadet. Kleine Gruppe,<br />
meist gesunde Leute, intensive Kontrollen. „Inoffiziell<br />
achtest du natürlich darauf, ob das Mittel<br />
auch die Wirkung entfaltet, die du dir erwartest,<br />
sonst machst du gar nicht weiter.“ Wenn alles<br />
62 INNOVATOR
perfekt passt: weiter zu Phase 2, erste Anwendungen<br />
bei möglichen Patienten, Check von Wirksamkeit<br />
und Sicherheit, intensive Kontrollen. Wenn einer<br />
der Probanden Schlafstörungen kriegt, eine Allergie<br />
bemerkt oder ihm ein paar Haare ausfallen, steht<br />
das Ding, bis man ausschließen kann, dass es mit<br />
dem Mittel zu tun hat. Phase 2 überstanden, alles<br />
immer noch perfekt? Dann Phase 3. Eine klinische<br />
Studie mit rund 1000 Probanden, läuft in der Regel<br />
über zwei Jahre und in verschiedenen Krankenhäusern.<br />
In Phase 4 wird das neue Mittel, frisch<br />
zugelassen, in der Praxis beobachtet.<br />
Während des gesamten Prozesses – ja, auch nach<br />
der Zulassung – kann jeden Tag ein Ergebnis aus<br />
irgendeinem Labor, aus irgendeinem Krankenhaus<br />
kommen, das die ganze Geschichte kippt, Game over.<br />
Du bist fünf, zehn, fünfzehn Jahre lang buchstäblich<br />
nur einen Telefonanruf vom Totalausfall entfernt.<br />
Wenn niemand anruft, gehst du irgendwann<br />
in die Produktion. Das bedeutet dann: nicht mehr<br />
im Labor Kleinstmengen für Studien produzieren,<br />
sondern in einer großen Anlage marktfähige Mengen,<br />
wieder Millionen und Abermillionen zusätzliche<br />
Kosten, riesiger technischer, organisatorischer,<br />
personeller Aufwand.<br />
Aber dann sieht die Welt vielleicht ja schon anders<br />
aus als vorher.<br />
WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />
BEISPIEL: HERZINFARKT,<br />
SCHLAGANFALL<br />
„Wenn Cholesterin in den Wänden unserer Blutgefäße<br />
oxidiert, entsteht etwas, das von unserem System<br />
als Fremdkörper erkannt wird. Das Immunsystem wird<br />
gerufen, die sogenannten Makrophagen treten an,<br />
stecken dieses oxidierte Cholesterin in ihre interne<br />
Müllverbrennungsanlage, die Lysosomen. Dort werden<br />
Giftstoffe, Proteinreste und der ganze andere Müll zerlegt,<br />
den wir loswerden müssen. Nur kann im Lysosom<br />
unserer Zellen dummerweise dieses oxidierte Cholesterin<br />
nicht runtergebrochen werden. Dafür haben wir kein<br />
Enzym. Das ist Scheiße. Was nämlich dann passiert:<br />
DU INVESTIERST HUNDERTE MILLIONEN.<br />
UND BIST DIE NÄCHSTEN ZEHN,<br />
FÜNFZEHN JAHRE NUR EINEN TELEFON-<br />
ANRUF VOM TOTALAUSFALL ENTFERNT.<br />
Die Immunzellen nehmen immer mehr von diesem<br />
Cholesterin auf, die Lysosome dehnen sich weiter und<br />
weiter aus, es entsteht Plaque. Die Plaque sammelt sich<br />
in der Arterienwand, die reißt irgendwann, der Körper<br />
erkennt eine Verletzung, Blutgerinnung, es formt sich<br />
ein Blutklumpen-Plaque-Knäuel, die Arterie wird verstopft.<br />
Das nennen wir dann Herzinfarkt. Oder Schlaganfall,<br />
wenn der Klumpen ein Gefäß im Hirn verstopft.“<br />
Underdog Pharmaceuticals in Mountain View, Kalifornien,<br />
arbeitet an der Abschaffung von Herzinfarkt<br />
und Schlaganfall, und zwar so:<br />
„Wir haben einen speziellen Zucker entwickelt,<br />
der heißt Zyklodextrin. Er geht über die Blutgefäße<br />
in die Arterienwand in die Makrophagen ins Lysosom,<br />
greift sich das oxidierte Cholesterin, transportiert es<br />
aus dem Lysosom, aus der Makrophagen, raus aus<br />
dem Körper. Wie du ganz normal Giftstoffe entgiftest.<br />
Der Zucker arbeitet die Plaque weg, und sie wird ausgeschieden<br />
wie jeder andere Giftstoff.“<br />
Ich schlucke also eine Zuckerpille und scheide<br />
die Plaque meiner Arterien aus? Einfach so? Über, äh,<br />
Stuhl und den Harn?<br />
„Das ist der Plan.“<br />
Und wann wird das …?<br />
„Bei Mäusen klappt es so gut, dass wir nächstes,<br />
übernächstes Jahr in die Phase 1 gehen können.“<br />
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass beim<br />
Menschen funktioniert, was bei Mäusen funktioniert?<br />
„In diesem Fall ziemlich gut, weil Mäuseplaque und<br />
Menschenplaque einander sehr ähnlich sind. Aber wie<br />
weit der Weg wirklich ist, können wir noch nicht sagen,<br />
das ist einfach so in der Bioscience, da tauchen unterwegs<br />
die irrsten Dinge auf: Zyklodextrin zum Beispiel<br />
verursacht in extrem hoher Dosierung unter Umständen<br />
Hörschäden. Keiner weiß, warum. Daran arbeiten wir<br />
jetzt. Dann geht’s weiter.“<br />
Greves Ziel mit Zyklodextrin ist sehr konkret: eine<br />
Zuckerpille pro Tag als Schutz vor Herzinfarkt und<br />
Schlaganfall, Verkaufspreis maximal zehn Dollar pro<br />
Monat. „Alles, was wir entwickeln, soll für jeden auf der<br />
Welt erschwinglich sein“, sagt er. „Das ist mir extrem<br />
wichtig. Diese neuen Medikamente müssen nicht<br />
tausende Dollar kosten. Bei zehn Dollar pro Monat,<br />
in ärmeren Ländern vielleicht nur einen oder zwei,<br />
ver dienen wir immer noch mehr als genug.“<br />
„Das wird die größte Industrie der Welt.“<br />
Greve war immer Geschäftsmann und wird es für<br />
immer bleiben, wenn’s gut läuft, sogar für die nächsten<br />
hundert Jahre. Er verhält sich wie ein Mäzen,<br />
aber er denkt, fühlt, handelt, redet wie ein Unternehmer.<br />
„Rejuvenation wird die größte Industrie der Welt<br />
werden. Davon bin ich hundertprozentig überzeugt.<br />
Sieh dir das an“, er nimmt sein iPhone vom Tisch,<br />
„das ist die derzeit wertvollste Marke der Welt. Telefone.<br />
Man muss nicht lange überlegen, was mehr<br />
63
„ REJUVENATION IST SO ETWAS WIE DIE DIGITALE REVOLUTION,<br />
NUR VIEL, VIEL GRÖSSER: ES WIRD DIE GRUNDLEGENDSTE<br />
VERÄNDERUNG IN UNSERER GESAMTEN GESCHICHTE SEIN.“<br />
wert ist: ein Telefon oder ein Leben ohne Krebs,<br />
ohne Schlaganfall, ohne Demenz.“<br />
Greve weiß, was es heißt, Pionier zu sein. „Ich<br />
habe die Entwicklung von keinem PC zum PC mitgemacht,<br />
die Entwicklung des Internets, von Mobile,<br />
von Cloud Services, von all diesen Dingen, die unsere<br />
Welt komplett verändert haben. Und das hier wird<br />
genau so etwas werden wie die digitale Revolution,<br />
nur viel, viel größer. Rejuvenation wird die grundlegendste<br />
Veränderung sein, die wir überhaupt<br />
er leben in unserer gesamten Geschichte. Um zu<br />
erkennen, dass es auch das größte Business der Geschichte<br />
wird, dafür reicht ein klein wenig Mathematik:<br />
Vier Milliarden Menschen über vierzig Jahren,<br />
zehn Dollar im Monat, macht 480 Milliarden Dollar<br />
Jahr für Jahr. Das ist eine Fünf-Billionen-Dollar-<br />
Company. Das sind die Dimensionen, und da reden<br />
wir nur von einer root cause.“<br />
WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />
BEISPIEL: MITOCHONDRIEN<br />
Mitochondrien haben wir zu Zigtausenden in jeder<br />
einzelnen Körperzelle. Sie werden als „Zellkraftwerke“<br />
bezeichnet, zu Recht, denn sie erzeugen ATP, Adenosintriphosphat,<br />
unseren Lebenstreibstoff. Menschenbenzin.<br />
Wir produzieren und verbrauchen sehr viel<br />
davon, ein 70-Kilo-Mensch etwa 35 Kilo pro Tag, und<br />
wir hängen davon ab, dass unsere Mitochondrien in<br />
Topform sind: Legen sie zum Verschnaufen eine fünfsekündige<br />
Pause ein, sind wir tot.<br />
Mitochondrien werden mit dem Alter ein wenig<br />
nachlässig. Das ist keine gute Nachricht, denn das<br />
macht unser Immunsystem ebenfalls nachlässiger,<br />
wir werden insgesamt schlapper, müder, kranker.<br />
Die Forschung ist sich ziemlich sicher, dass gesunde<br />
Menschen gesunde Mitochondrien haben, schlappe<br />
schlappe und kranke kranke.<br />
Cellvie ist eines der 14 Start-ups aus Greves Stall,<br />
das Unternehmen mit Standorten in Zürich, Boston<br />
(Massachusetts) und Houston (Texas) arbeitet an<br />
etwas, was sich Therapeutic Mitochondrial Transfer<br />
nennt.<br />
Therapeutic Mitochondrial Transfer ist tatsächlich,<br />
wonach es klingt: der Transport von Mitochondrien.<br />
Im Office der Forever Healthy Foundation<br />
Von Karlsruhe aus verändert der ehemalige<br />
Internet-Pionier Michael Greve möglicherweise<br />
unser aller Leben grundlegend.<br />
Man entnimmt einem 25-jährigen Kraftsportler ein<br />
paar seiner Kraftwerke, vervielfältigt sie in einem Bioreaktor<br />
und injiziert sie zum Beispiel einem Siebzigjährigen,<br />
der nach einer schweren Operation auf der<br />
Intensivstation liegt.<br />
Cellvie ist so weit, dass man Mitochondrien nicht<br />
nur injizieren, sondern auch einatmen kann. Sie werden<br />
über die Lunge aufgenommen, ohne Immunreaktion,<br />
ohne Abstoßung, egal welcher Spender, egal welcher<br />
Empfänger.<br />
Es wird einen Mitochondrienspray geben. Er wird<br />
Millionen von Menschen mit Lungenkrankheiten das<br />
Leben vereinfachen und retten.<br />
64 INNOVATOR
Wir werden Lebensenergie, Gesundheit und Vita lität<br />
von einem Menschen zum anderen übertragen.<br />
Wir werden mithilfe von Mitochondrien alle Arten<br />
von Transplantationen vereinfachen. Und: Wir retten<br />
bereits jetzt Leben.<br />
„Wir sind so weit, die Technik konkret beim Menschen<br />
anzuwenden“, sagt Greve, „wir setzen sie bei<br />
Kindern ein, die mit einem bestimmten Fehler im Herzmuskel<br />
zur Welt kommen. Bisher starben 80 Prozent<br />
dieser Kinder. Wir injizieren Mitochondrien der Mutter<br />
in den Herzmuskel des Neugeborenen. Damit haben wir<br />
die Sterblichkeit runtergekriegt auf 30 Prozent.“<br />
Wie alt werden wir eigentlich werden?<br />
„Keine Ahnung“, sagt Greve. „Das wissen wir nicht.<br />
Irgendwas bei 120, 150, 180 vielleicht. Wenn du<br />
einen Oldtimer nicht pflegst, ist er nach 50.000 Kilometern<br />
kaputt. Wenn du ihn in die Garage stellst,<br />
wartest, Öl wechselst, auf den Rost schaust … dann<br />
läuft er wie lange? 300.000 Kilometer? 500.000?“<br />
Wie alt möchtest du werden?<br />
„Diese Frage stellt sich mir so nicht. Es geht um<br />
Qualität, nicht um Quantität. Ich will, solange ich<br />
lebe, alles tun können, was ich will, snowboarden,<br />
arbeiten, egal. Ich will am Ende meines Lebens nicht<br />
zehn Jahre unter einer grauenhaften Krankheit leiden,<br />
die man hätte verhindern können. Und ich will in<br />
einer Welt leben, in der das, was für mich möglich<br />
ist, für alle Menschen möglich ist.“<br />
WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />
BEISPIEL: VERKALKUNG<br />
Wir hatten das Thema Plaque ja vorhin schon, beim<br />
oxidierten Cholesterin und diesem Wunderzucker, an<br />
dem Underdog Pharmaceuticals arbeitet. Da ging es um<br />
die sogenannte weiche Plaque. Es gibt aber auch harte<br />
Plaque, Verkalkung, Knochenmaterial, das sich an<br />
falschen Stellen abgelagert hat. In Arterien, im Kapillarsystem,<br />
den Nieren, der Lunge, dem Herzmuskel. Die<br />
Gefäße werden spröde, brüchig und gehen kaputt.<br />
„Es gibt schon ziemlich lange eine Möglichkeit,<br />
Verkalkung zu entfernen. Sie nennt sich EDTA, das ist<br />
ein spezielles Protein, kostet kaum was, wird vielleicht<br />
deswegen in der Medizin kaum eingesetzt, wer weiß.<br />
EDTA wurde im vergangenen Jahrhundert bei Arbeitern<br />
in Batteriefabriken zur Bleientgiftung eingesetzt – und<br />
irgendwann bemerkte man: Die Arbeiter kriegen weniger<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen als andere Menschen.<br />
Lag am EDTA, kam man drauf. Heute gibt es EDTA-<br />
Infusionen, Routine, mach ich auch, hat einen Nachteil:<br />
Es ist ein Zufall, ob das injizierte EDTA im Körper die<br />
Stelle erreicht, an der sich diese Kalk-Plaque gebildet<br />
hat, oder ob es irgendwo im Körper verebbt.“<br />
Elastrin Therapeutics, Sitz in South Carolina, USA,<br />
hat eine Technik entwickelt, um EDTA punktgenau<br />
zur Kalk-Plaque zu führen: „Wir laden Nanopartikel<br />
mit EDTA auf, rüsten diese Nanopartikel so aus, dass<br />
sie genau an jenen Stellen in unserem Bindegewebe<br />
an docken, an denen Elastinfasern gebrochen sind.<br />
Also genau dort, wo Verkalkung entsteht. Die spüren<br />
sie auf, dort lassen sie das EDTA los. Und weil wir schon<br />
dabei sind, schicken wir weitere solcher Nanopartikel<br />
los mit einem anderen Wirkstoff, PGG, der repariert<br />
auch gleich das kaputte Elastin. Das heißt: Wir können<br />
verkalkte Arterien nicht nur entkalken, sondern sie<br />
auch heilen. Bei Hasen sind wir so weit, dass wir mit<br />
dieser Technik Aneurysmen wegbekommen.“<br />
Aneurysmen sind Arterienschäden, die völlig<br />
sym ptomfrei von einer Minute auf die andere weltweit<br />
über 500.000 Menschen pro Jahr aus dem Leben<br />
reißen.<br />
Wie sieht eine Welt aus, in der wir alle 120, 150,<br />
180 Jahre alt werden?<br />
Was passiert, wenn Ihnen Greve mit seiner Forever<br />
Healthy Foundation tatsächlich irgendwann das<br />
Leben rettet, und 20.000, 30.000, 70.000, irgendwann<br />
100.000 weiteren Menschen, Tag für Tag?<br />
Weil seine Start-ups ein Mittel gegen Krebs, gegen<br />
Herzinfarkt, gegen Demenz gefunden haben? Weil<br />
wir uns jeden Morgen einen Schub frische Mitochondrien<br />
reinziehen anstelle eines Kaffees – und<br />
uns nicht nur einen schnellen Koffein-Kick holen,<br />
sondern einen Turbo-Boost für unsere Jugendlichkeit<br />
und Vitalität?<br />
Das bedeutet weniger Leid, ja, immens reduzierte<br />
Kosten fürs Gesundheitssystem, ja, und man kann<br />
auch auf lustige Ideen kommen: Rafael Nadal gewinnt<br />
das Turnier in Paris 75-mal, Achtzigjährige<br />
stürmen die Unis, bei Marathons braucht man<br />
120-plus-Altersklassen, und Neunzigjährige stellen<br />
sich eine Harley-Davidson in die Garage, weil sie die<br />
Midlife-Crisis gepackt hat.<br />
Aber ganz im Ernst: Was passiert mit unserer Gesellschaft?<br />
Mit unserem Planeten? Verhungern wir<br />
RAFAEL NADAL GEWINNT DAS<br />
TURNIER IN PARIS 75-MAL,<br />
80-JÄHRIGE STÜRMEN DIE UNIS,<br />
BEI MARATHONS BRAUCHT MAN<br />
120-PLUS-ALTERSKLASSEN.<br />
INNOVATOR
alle, weil wir nicht mehr sterben? Auf dem Planeten<br />
Erde gibt’s nun mal nicht mehr als 149 Millionen<br />
Quadratkilometer Festland, und wer stirbt, macht<br />
letztlich ja auch … Platz für andere? Haben wir<br />
irgendwann alle zu wenig Platz?<br />
Das sind Fragen, die an Michael Greves Lebenszweck<br />
rühren: Er könnte seine Tage mit Snowboarden<br />
und Surfen verbringen, er könnte den Pilotenschein<br />
machen, zwischendurch ein paar IT-Unicorns<br />
hochziehen, seinen Kontostand beobachten wie<br />
unsereiner beim Tanken die Anzeige an der Zapfsäule,<br />
er könnte jeden Abend Partys schmeißen<br />
und mit den besten Wissenschaftlern der Welt eine<br />
Art persönliches Experiment der ewigen Jugend<br />
veranstalten.<br />
Das interessiert ihn aber nicht.<br />
Aus seinem persönlichen Gesundheitsprojekt ist<br />
eine Mission geworden.<br />
Wenn man die oben genannten Fragen stellt, sagt<br />
er: „Welche Krankheit sollen wir denn nicht heilen<br />
wollen? Sollen wir nichts gegen Krebs machen?<br />
Nichts gegen Schlaganfall? Nichts gegen Demenz?<br />
Was sollen wir auslassen, sag’s mir!“<br />
Aber was macht das mit uns als Menschheit,<br />
wenn es immer mehr von uns gibt? Wuchern die<br />
Städte einfach zu Mega-Zigmillionen-Molochen?<br />
Siedeln wir die Alpen kaputt? Führen wir Kriege um<br />
Lebensraum? Wirft uns der Planet eines Tages überhaupt<br />
nur mehr ab, weil er keine Luft mehr kriegt?<br />
Ich komme mir wahnsinnig unprogressiv vor,<br />
wenn ich diese Fragen stelle. Aber sind sie unberechtigt?<br />
Michael Greve hält sie für unberechtigt, weil er<br />
die Perspektive infrage stellt, aus der sie kommen.<br />
Es wird wohl zu einem Teil seiner Mission werden,<br />
nicht nur unsere Perspektive auf unsere Gesundheit<br />
und unsere Lebenserwartung zu verändern,<br />
sondern auch unsere Perspektive auf Zukunft, denn<br />
davon wird es möglicherweise relativ bald sehr viel<br />
mehr geben.<br />
Greve kann Zukunft, Greve liebt alles, was mit<br />
Zukunft zu tun hat, das hat er als digitaler Revolutionär<br />
bewiesen, und er ist ein völlig untalentierter<br />
Bedenkenträger. Er sieht Chancen, wo andere Bedrohungen<br />
sehen, sonst hätte er ja auch niemals<br />
diese ganzen Unicorns hochgezogen.<br />
„Unsere Welt ändert sich radikal, und es geht<br />
exponenziell schnell“, sagt er, „ob wir wollen oder<br />
nicht. Raumfahrt, künstliche Intelligenz, Robotik,<br />
selbstfahrende Autos, es wird superschnelles Internet<br />
an jedem Punkt der Welt geben. Du wirst vom<br />
Nordpol aus arbeiten können wie heute im Homeoffice.<br />
Nimm Nanotechnologie, da ist den meisten<br />
Leuten nicht einmal klar, was das bedeuten wird. Es<br />
kommt molecular assembling, 3D-Drucker, aber<br />
eben auf Atomebene. Weiß keiner, ist zum Teil sogar<br />
schon da. Unsere Welt wird eine andere sein, egal<br />
ob wir sie mitgestalten oder nicht, egal ob wir die<br />
Änderungen toll finden oder nicht. Die Veränderungen<br />
werden radikal sein, und sie bedeuten vor allem<br />
eines: jede Menge riesiger Chancen.“<br />
GREVE WILL AUCH<br />
UNSERE PERSPEKTIVE AUF<br />
DAS THEMA ZUKUNFT ÄNDERN,<br />
DENN DAVON WIRD ES<br />
MÖGLICHERWEISE RELATIV BALD<br />
SEHR VIEL MEHR GEBEN.<br />
WAS DA DRAUSSEN GERADE PASSIERT.<br />
BEISPIEL: FALTEN,<br />
BLUTHOCHDRUCK<br />
Dass unsere 100 Billionen Zellen keinen wabbeligen<br />
Haufen bilden, sondern einen meist recht ordentlich<br />
strukturierten, halbwegs festen Körper, liegt an der<br />
sogenannten extrazellulären Matrix. Die hält jede Zelle<br />
an ihrem vorgesehenen Platz, im Wesentlichen besteht<br />
diese dreidimensionale, wunderbar flexible und geschmeidige<br />
Matrix aus Kollagen.<br />
Flexibilität und Geschmeidigkeit der Matrix gehen<br />
mit dem Alter verloren, das ist es auch, was unsere<br />
Haut älter aussehen lässt. Der Grund für Falten und<br />
andere Verhärtungen und Versteifungen der Matrix ist<br />
Zucker, der sich mit dem Kollagen zu sogenannten<br />
Advanced Glycation Endproducts (AGEs) verbindet.<br />
Diesen Prozess können wir durch unseren Lebenswandel<br />
verlangsamen, aber nicht stoppen. (Und noch<br />
weniger umkehren, nicht einmal mit Cremes um<br />
400 Euro für 30 Gramm, leider.)<br />
Natürlich altern wir nicht nur äußerlich. Auch unsere<br />
Gefäße bilden AGEs, wir kriegen altersbedingten Bluthochdruck,<br />
mehr Plaque, mehr Arterienverletzungen,<br />
der Rest: siehe oben.<br />
Unser Körper kann diese AGEs nicht aufbrechen,<br />
und wenn wir das nicht in den Griff bekommen, sterben<br />
wir früher oder später an jenem Prozess, der für unsere<br />
Falten verantwortlich ist.<br />
Das möchte Revel Pharmaceuticals, Sitz in San<br />
Francisco, ändern. (Und, ja, weil Sie die Frage jetzt<br />
nicht aus dem Kopf kriegen: Sie haben recht, AGEs aufbrechen,<br />
das wäre der ganz große Anti-Falten-Durchbruch.<br />
Hat Revel Erfolg, sieht unsere Haut mit neunzig<br />
wirklich aus wie mit 25.)<br />
Als man versuchte, AGEs für die Forschungsarbeit<br />
zu isolieren – aus nachvollziehbaren Gründen nicht von<br />
lebenden Menschen –, machte man eine erstaunliche<br />
Entdeckung: Leichname haben keine AGEs.<br />
Sobald wir tot sind, werden diese garstigen Zucker-<br />
Protein-Verbindungen nämlich von Enzymen zersetzt,<br />
66 INNOVATOR
die wiederum von speziellen Bakterien hergestellt<br />
werden.<br />
Revel kann diese Bakterien kultivieren und die<br />
erzeugten Enzyme abernten, quasi in einer Art Nutzbakterienhaltung.<br />
Und mittlerweile kann man AGEs auch industriell<br />
herstellen (Finanzierung der entsprechenden Entwicklung:<br />
Forever Healthy Foundation). Am Beginn des<br />
Wegs zu AGEs, ohne lebenden Menschen Fleischstücke<br />
rauszuschnitzen, stand jedoch, festhalten jetzt:<br />
Hühnersuppe.<br />
Man extrahierte die Verklebungen, die uns alt und<br />
faltig machen, indem man Hühnerknochen auskochte.<br />
Vielleicht werden wir alle 150 Jahre alt, weil jemand<br />
auf die Idee gekommen ist, Bakterien mit Hühnersuppe<br />
zu füttern.<br />
Sage noch irgendwer, die Evolution hätte keinen<br />
Humor.<br />
DAS<br />
JAHRESABO<br />
10 The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>-Ausgaben<br />
+ 2 <strong>Innovator</strong>-Specials<br />
Schlusswort: Michael Greve.<br />
„Nur mal hypothetisch, du lebst 150 Jahre. Da<br />
machst du ja mehrere Karrieren, da lebst du mehrere<br />
berufliche Leben, bist vielleicht fünfzig Jahre Arzt<br />
und fünfzig Jahre Gärtner? Wir werden alle länger<br />
gesund sein, länger produktiv, wir werden alle länger<br />
im Saft stehen, stellen wir uns vor, was das bedeutet:<br />
Ingenieure, Forscher, Manager, Künstler, die achtzig,<br />
neunzig, hundert sind, mit all ihrer Lebenserfahrung,<br />
aber mit der Energie eines Dreißigjährigen! Wie toll<br />
ist das?“<br />
„Ich bin absolut überzeugt: So wie wir heute aufs<br />
Mittelalter gucken – die Gülle schwimmt die Gosse<br />
lang, die Leute stinken und sterben mit 35 –, so wird<br />
man auf unsere Zeit blicken. Man wird sich das alles<br />
nicht mehr vorstellen können. Man wird über uns<br />
sagen: ‚Die sind alle an diesen fürchterlichen Krankheiten<br />
zugrunde gegangen, an Herzinfarkt, Schlaganfall,<br />
Alzheimer. Die haben das Wasser und die<br />
Luft verseucht und giftige Sachen in sich reingestopft.<br />
Die haben sich auf dem Planeten benommen<br />
wie rotzige Teenager in ihrem Wohnzimmer.‘ Das<br />
werden die Menschen der Zukunft über uns sagen.<br />
Sie werden den Kopf schütteln und froh sein, dass<br />
sie in der zivilisierten Zeit, auf einem gesunden<br />
Planeten leben. Dass wir dorthin kommen, so<br />
schnell wie möglich, dazu möchte ich einen Beitrag<br />
leisten. Dass wir dafür natürlich sofort anfangen<br />
müssen, unser Wohnzimmer sauber zu halten, das<br />
ist klar, egal ob es Rejuvenation gibt oder nicht.<br />
Natürlich brauchen wir nachhaltige, saubere Landwirtschaft,<br />
nur noch erneuerbare Energien, radikal<br />
konsequenten Umweltschutz, am besten das alles<br />
sofort. Wir werden das Thema Einkommen neu<br />
denken müssen. Aber das müssen wir doch sowieso,<br />
auch ohne Rejuvenation.“<br />
„Was ich weiß – zu hundert Prozent –, ist, dass<br />
wir Menschen das alles schaffen können. Dass<br />
wir dazu in der Lage sind, eine Gesellschaft zu entwickeln,<br />
eine Welt zu erschaffen, in der einfach nur<br />
Spaß macht, richtig alt zu werden, und in der das<br />
auch für alle möglich ist.“<br />
FÜR NUR<br />
€21,90<br />
getredbulletin.com<br />
INNOVATOR
BIOHACKING SPECIAL<br />
DANKE ,<br />
MAMA<br />
Die tollsten Biohacks sind kostenlos.<br />
Die zehn großzügigsten Geschenke<br />
von Mutter Natur, vorgestellt von<br />
Andreas Breitfeld. Wie sie uns Gutes<br />
tun, wie wir sie am besten nützen<br />
und wer mehr drüber weiß.<br />
Illustrations Birgit Palma<br />
68 INNOVATOR
DIE GENIALE KRAFT<br />
Licht, Wasser, Kälte,<br />
Schlaf: Der Mensch<br />
hat noch kein Gadget,<br />
kein Medikament,<br />
kein Gerät erfunden,<br />
das so zuverlässig<br />
wirkt wie die Natur.<br />
INNOVATOR 69
LICHT<br />
Unser moderner<br />
Lebensstil<br />
verstellt unsere<br />
innere Uhr.<br />
Doch es ist gar<br />
nicht so schwer,<br />
sie wieder<br />
in den richtigen<br />
Rhythmus<br />
zu bringen.<br />
70 <br />
INNOVATOR
DORIS WUNSCH, MATTHIAS WEISSENGRUBER, PROF. DR. MED. H.C. GÜNTHER W. AMANN-JENNSON<br />
LICHT<br />
DER DIRIGENT UNSERER ZELLEN<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Unsere Zellen, unsere Organe, unser<br />
gesamter Organismus kann nur im<br />
Zusammenspiel funktionieren: Leber,<br />
Lunge, Niere, Herz und Gehirn, Haut<br />
und Mus keln müssen ja wissen, was<br />
die anderen tun, damit sie selbst<br />
in jedem Moment das tun, was zu<br />
tun ist, damit das ganze System<br />
läuft. Das muss alles sehr, sehr fein<br />
abgestimmt werden. Für diese Abstimmung<br />
verwendet der Körper<br />
Hormone und Botenstoffe. Aber der<br />
wichtigste Taktgeber ist das Licht,<br />
das wir aufnehmen, über die Augen<br />
und über die Haut. Licht ist der<br />
wichtigste Dirigent unseres Lebens:<br />
Das richtige Licht zur richtigen Zeit<br />
verwandelt den chaotischen Haufen<br />
der 100 Billionen Zellen unseres<br />
Körpers in ein perfekt abgestimmtes<br />
Orchester. Außerdem ist UV-B-Licht<br />
die Zutat, aus der unser Körper das<br />
lebens wichtige Vitamin D bildet.<br />
WAS TU ICH?<br />
Rausgehen! Morgens, mittags, abends<br />
natürliches Licht aufnehmen, und<br />
mittags am besten 10 bis 15 Minuten<br />
lang mit so viel unbedeckter Haut<br />
wie möglich. (Vitamin-D-Hack: Deine<br />
Haut bildet Vitamin D, wenn die<br />
Sonne steiler steht als 42 Grad. Wenn<br />
der Schatten, den du wirfst, kürzer<br />
ist als du selbst, klappt’s also mit der<br />
Vitamin-D-Bildung.) Abends blaues<br />
Licht aus Monitoren, Energiesparund<br />
LED-Lampen meiden und/oder<br />
eine Blueblocker-Brille verwenden.<br />
Apropos Zusammenspiel der Zellen:<br />
Ich trage keine Sonnenbrille mehr.<br />
Aus einem einfachen Grund: Wer eine<br />
Sonnenbrille trägt, erhöht die Gefahr<br />
eines Sonnenbrands. Denn der Körper<br />
erhält zwei einander widersprechende<br />
Signale – Schatten auf den Augen,<br />
Licht auf der Haut –, damit kann er<br />
schlicht nicht gut umgehen.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Dr. Alexander Wunsch. Wir haben<br />
das Glück, mit dem Heidelberger Arzt<br />
den wichtigsten Lichtbiologen der Welt<br />
IM SCHLAF WERDEN WIR KLÜGER,<br />
WIR WERDEN STÄRKER UND AUSDAUERNDER,<br />
WIR WERDEN GESÜNDER. GEBEN WIR DEM SCHLAF<br />
DIE OBERSTE PRIORITÄT IN UNSEREM LEBEN.<br />
im deutschen Sprachraum zu haben.<br />
Mit Alexander gibt es jede Menge<br />
spannende Podcasts, sein Videokanal<br />
ist auf der Plattform Vimeo zu finden.<br />
Und er hat die Bibel zur Lichtbiologie<br />
verfasst: „Die Kraft des Lichts“.<br />
SCHLAF<br />
DER BIOHACK NUMMER 1<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Es ist ganz einfach, und man kann es<br />
nicht oft genug sagen: Wer besser<br />
schläft, lebt besser. Schlaf ist das<br />
stärkste, wichtigste, wirkungsvollste<br />
Mittel für Entspannung, Erholung,<br />
Regeneration, Heilung. Schlaf ist das<br />
Fundament unserer Leistungsfähigkeit,<br />
unserer Gesundheit, unserer<br />
Langlebigkeit. Im Schlaf werden<br />
wir klüger, weil wir das untertags<br />
Gelernte in unser Gehirn sortieren.<br />
Wir werden stärker und ausdauernder,<br />
weil wir die Schäden, die jedes<br />
Training verursacht, nicht nur<br />
reparieren, sondern den Ausgangszustand<br />
sogar verbessern – das ist<br />
es, was wir Trainingseffekt nennen.<br />
Wir werden gesünder, weil das<br />
sogenannte glymphatische System<br />
unser Gehirn von Abfallstoffen<br />
reinigt, weil Schäden an Zellen im<br />
ganzen Körper repariert werden.<br />
Der häufig gebrauchte Vergleich<br />
des Schlafs mit dem Aufladen einer<br />
Handy-Batterie ist nicht korrekt.<br />
Denn wir Menschen laden unsere<br />
Batterien selbst auf – und nicht nur<br />
das. Wir verbessern dabei sogar<br />
die Ladekapazität unserer Batterien.<br />
Das Einzige, was wir dafür tun müssen:<br />
dem Schlaf die oberste Priorität<br />
in unserem Leben geben …<br />
WAS TU ICH?<br />
… und genau darum geht es: dem<br />
Schlaf die oberste Priorität im Leben<br />
zu geben! Ich verbessere meinen<br />
Schlaf aktiv, indem ich drei Stunden<br />
vor dem Zubettgehen nichts mehr<br />
esse, zwei Stunden davor anregende<br />
Lichtimpulse ausschalte (so wenig<br />
Bildschirmlicht wie möglich, nur<br />
Glühlampen verwenden, Blue blocker-<br />
Brille benützen) und ins gesamt<br />
abends Stress wo immer möglich<br />
meide. Das Schlafzimmer soll dunkel<br />
sein, im Idealfall wirklich Hand-vorden-Augen-nicht-sehen-dunkel<br />
und<br />
kühl, am besten zwischen 16 und<br />
20 Grad. Magnesium wirkt bei vielen,<br />
aber nicht bei allen, ebenso wie<br />
Ashwagandha, aber beides unbedingt<br />
einmal ausprobieren! Ich nehme zwei<br />
bis drei Stunden vor dem Schlafengehen<br />
Melatonin, das sogenannte<br />
„Schlafhormon“, das so viel mehr<br />
kann, als uns nur müde zu machen.<br />
Manche Ärzte warnen davor, aber die<br />
aktuelle Studienlage ist eindeutig: Die<br />
körpereigene Bildung wird durch eine<br />
Einnahme nicht gehemmt. Melatonin<br />
ist absolut einen Versuch wert.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Einer der spannendsten Schlaf-<br />
Experten der Welt kommt aus Vorarlberg:<br />
Prof. Dr. Günther Amann-<br />
Jennson hat das Schlafsystem Samina<br />
entwickelt, teuer, aber wohl das<br />
Beste, was man derzeit auf dem Markt<br />
kriegt. Amann-Jennson, Arzt und<br />
Psychologe, stellt auf seiner Website<br />
einfach-gesund-schlafen.com<br />
exzellenten Gratis-Content zur<br />
Verfügung.<br />
INNOVATOR 71
ERDUNG<br />
DAS POSITIVE AM NEGATIVEN<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Klingt nach Eso-Zauber, ist aber<br />
glasklare Physik: Der Ionenaustausch<br />
mit der negativ geladenen Erde<br />
reduziert oxidativen Stress und damit<br />
die saugefährlichen chronischen<br />
Entzündungsprozesse, weil diese<br />
unseren Organismus positiv aufladen.<br />
(Oxi dativer Stress ist übrigens ein<br />
Turbo für den Alterungsprozess.)<br />
Das Einzige, was wir dafür tun müssen:<br />
mit dem Planeten in direkte<br />
Berührung zu kommen. Dann können<br />
die Elektro nen fließen. Also<br />
barfuß über eine Wiese zu gehen<br />
oder in einem natürlichen Gewässer<br />
zu baden, zum Beispiel. Ein zweiter<br />
Benefit des direkten Kontakts zur<br />
Erde: Die 7,83 Hertz, mit denen die<br />
Erde schwingt – das ist die sogenannte<br />
Schumann-Frequenz –, können<br />
eventuell sogar elektromagnetischen<br />
Stress reduzieren.<br />
WAS TU ICH?<br />
Schuhe ausziehen und barfuß in<br />
meinem Garten, im Wald, auf einer<br />
Wiese herumspazieren. Hin und<br />
wieder in ein natürliches Gewässer<br />
hüpfen und nicht nur in meiner<br />
Eiswasser-Truhe im Lab planschen.<br />
Ich schlafe auch geerdet, aber das<br />
ist ein spezielles Thema, denn die<br />
Verwendung von Erdungslaken oder<br />
ähnlichen Produkten ergibt nur Sinn,<br />
wenn es keine Elektrosmog-Belastung<br />
durch WLAN oder Ähnliches gibt.<br />
Sonst verwandelt dich die Erdung<br />
in eine menschliche Antenne … und<br />
das ist so ziemlich das Gegenteil von<br />
dem, was wir erreichen wollen.<br />
ERDUNG<br />
Der direkte Kontakt<br />
zu natürlichem Boden<br />
(oder einem natürlichen<br />
Gewässer)<br />
bringt unseren<br />
Elektronen-Haushalt<br />
in Ordnung.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Marco Grosch alias „Minimalist Biohacker“,<br />
ein Vorarlberger, weiß in<br />
vielen Bereichen exzellent Bescheid.<br />
Einer davon ist das Erden, dem er sich<br />
immer wieder auf seiner Website<br />
(minimalist-biohacker.com) und<br />
in seinem Instagram-Feed widmet.<br />
DER MUND IST ZUM ESSEN, ZUM KÜSSEN UND –<br />
DAS WEISS ICH BESONDERS GUT – ZUM REDEN DA.<br />
ABER NICHT ZUM ATMEN. SCHON GAR NICHT<br />
ZUM EINATMEN!<br />
72 INNOVATOR
ATMUNG<br />
DIE FERNBEDIENUNG<br />
UNSERES GEHIRNS<br />
FÜHREN WIR UNSEREM ORGANISMUS VON AUSSEN<br />
KEINE ENERGIE ZU, HOLT ER SIE SICH VON INNEN –<br />
ER FRISST BESCHÄDIGTE ZELLEN AUF. FASTEN IST<br />
DIE BESTE INNERE REINIGUNG, DIE ES GIBT!<br />
MARCO GROSCH MINIMALIST BIOHACKER, MAARTEN DE KOK<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Atmung ist ein unfassbar mächtiges<br />
Tool: Ich kann mich ruhig atmen,<br />
ich kann mich in Rage und in Rausch<br />
atmen. Mit keiner anderen Intervention<br />
greife ich so direkt auf mein<br />
Gehirn und vegetatives Nervensystem<br />
zu. Boxbreathing etwa – vier Sekunden<br />
einatmen, vier Sekunden halten,<br />
vier Sekunden ausatmen, vier Sekunden<br />
halten, probieren Sie’s gleich! –<br />
hilft dem Scharfschützen genauso<br />
wie dem Referenten vorm Podium<br />
beim Ruhigwerden. Die berühmte<br />
Wim-Hof-Atmung kann das Immunsystem<br />
stärken und in Kombination<br />
mit Kälte Depressionen lindern.<br />
Wem es gelingt, im Alltag konsequent<br />
durch die Nase und nicht mehr<br />
durch den Mund zu atmen, hat allein<br />
dadurch einen ganz großen Schritt<br />
in Richtung Gesundheit geschafft.<br />
WAS TU ICH?<br />
Dem Thema der Nasenatmung widme<br />
ich mich seit einiger Zeit intensiver,<br />
inklusive Mouth Taping: Durch Zukleben<br />
des Mundes beim Schlaf zwinge<br />
ich mich zur Atmung durch die<br />
Nase, was gewöhnungsbedürftig ist<br />
(nicht nur für einen Bartträger), aber<br />
den Schlaf messbar und die Regenera<br />
tion spürbar verbessert. Der Mund<br />
ist zum Essen, zum Küssen und – das<br />
weiß ich besonders gut – zum <strong>Red</strong>en<br />
da. Aber nicht zum Atmen, schon gar<br />
nicht zum Einatmen. Denn die Vorteile<br />
der Nasenatmung sind heftig: Die<br />
Atemluft wird von Partikeln gereinigt,<br />
sie wird befeuchtet und auf Körpertemperatur<br />
erwärmt oder gekühlt. Der<br />
Körper erhält mehr Stickstoffmonoxid,<br />
was die Blutgefäße erweitert (damit<br />
den Blutdruck senkt, und – richtig –<br />
Männer wissen auch um eine zweite<br />
sehr zentrale Bedeutung von Stickstoffmonoxid,<br />
die dem Medikament<br />
Viagra zu Erfolg verholfen hat). Ich<br />
empfehle jedenfalls jedem, mit seiner<br />
Atmung zu experimentieren, es gibt<br />
so viel zu entdecken: allein die Ideen<br />
von Wim Hof und dem – noch – recht<br />
unbekannten Konstantin Buteyko<br />
kennenzulernen! Macht richtig Spaß.<br />
Und kann das Leben verändern.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Kasper van der Meulen ist mein<br />
Atem-Guru. Kasper bietet in den<br />
Niederlanden wirklich geile Atemtrainings<br />
an. Ein extrem angenehmer<br />
und kompetenter Typ, mehr unter<br />
kaspersfocus.com oder auch als<br />
kaspersfocus auf Instagram.<br />
FASTEN<br />
PUTZEN STATT ESSEN<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Fasten bedeutet, dass der Organismus<br />
keine Energie von außen zu geführt<br />
bekommt, also durch feste oder flüssige<br />
Nahrung. (Licht ist ja in Wahrheit<br />
auch Energie, aber die zählt hier<br />
nicht.) Nach einer gewissen Zeit<br />
beginnt der Körper, weil er ja Energie<br />
braucht, diese Energie aus seinen<br />
Reserven zu holen. Davon hat er jede<br />
Menge: Glykogen in Muskeln und<br />
Leber, das braucht er zunächst auf,<br />
und dann natürlich jede Menge<br />
Körperfett, auch bei schlanken Menschen.<br />
Das Ganze funktioniert aber<br />
viel schlauer als nur in Form des<br />
Aufbrauchens von gespeicherter<br />
Energie: Denn der Organismus beginnt<br />
im fastenden Zustand, eigene<br />
Zellen zu zerlegen und zur Energieproduktion<br />
zu verwenden. Und<br />
zwar – das ist das Faszinierende –<br />
sind es beschädigte, nicht mehr<br />
ganz funk tionstüchtige Zellen, die<br />
er verbrennt. Dieser Vorgang, die<br />
sogenannte Autophagie, ist nichts<br />
anderes als die effizienteste Form<br />
der inneren Reinigung.<br />
WAS TU ICH?<br />
Ich esse „OMAD“, kurz für „one meal<br />
a day“, ich nehme also nur eine Mahlzeit<br />
pro Tag zu mir, ein meist recht<br />
frühes Abendessen. Im allerstrengsten<br />
Sinn faste ich allerdings nicht, weil<br />
ich morgens und vormittags Kaffee<br />
mit Butter und MCT-Öl trinke.<br />
„Fasten“ ist ein relativ weit gefasster<br />
Begriff: Manche meinen, es reicht,<br />
Kohlenhydrate und Protein wegzulassen,<br />
andere sind ganz radikal<br />
und meinen, schon Tee oder Kaffee<br />
zu trinken, ein paar Vitamine oder<br />
Magnesium einzunehmen würde<br />
das Fasten brechen. Wie immer man<br />
es definiert: Lassen Sie als Anfänger<br />
ein paar Tage pro Woche das Frühstück<br />
aus (Wasser, schwarzer Kaffee<br />
und ungesüßter Tee sind erlaubt),<br />
essen Sie in einem zweiten Schritt<br />
die erste Mahlzeit des Tages frühestens<br />
16 Stunden nach der letzten<br />
Mahlzeit des Vortags.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Julia Tulipan. Die Wienerin ist<br />
eine der absoluten Expertinnen<br />
der ketogenen Ernährung, auch<br />
über den deutschen Sprachraum<br />
hinaus, und die Keto-Ernährung ist<br />
ja eine Art Vorstufe des Fastens.<br />
Julia und ihr Mann haben gemeinsam<br />
die Keto-Convenience-Food-<br />
Linie „Tulipans“ in den Supermarkt<br />
gebracht. Auf ihrer Website<br />
juliatulipan.com und ihrem<br />
Instagram- Feed (paleolc) bringt<br />
sie jede Menge freien Content,<br />
ihr Podcast „Evolution Radio Show“<br />
ist spannend und hochwertig.<br />
INNOVATOR 73
WALD<br />
DAS BAD IN GRÜN<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Der Begriff „Waldbaden“ hat zuletzt<br />
ziemlich Konjunktur gekriegt. Klingt<br />
natürlich spektakulär, meint aber<br />
in Wahrheit nichts anderes, als regelmäßig<br />
in den Wald zu gehen und dort<br />
ganz langsam und bewusst spazieren<br />
zu gehen. Was soll denn das bringen –<br />
für einen Biohacker? Viel mehr, als<br />
man im ersten Moment meint. Die<br />
Waldluft enthält tausende Terpene,<br />
das sind pflanzliche Aromastoffe, die<br />
unser Immunsystem anregen und angeblich<br />
sogar das Krebsrisiko senken.<br />
Das Grün des Waldes und die naturgemäße<br />
Ruhe bauen Stresshormone<br />
ab – und zwar nicht nur während des<br />
Waldbadens, sondern sogar messbar<br />
über mehrere Tage hinweg. In Japan<br />
und Südkorea wurde Waldbaden<br />
ausführlich erforscht und wird als<br />
anerkannte medizinische Methode<br />
eingesetzt. Dort schicken Hausärzte<br />
ihre Patienten tatsächlich in den<br />
Wald. Finde ich großartig!<br />
WAS TU ICH?<br />
Langsam durch den Wald zu spazieren,<br />
eine oder zwei Stunden pro<br />
Woche, am besten ganz allein und,<br />
wichtig, ohne Handy oder irgendwelche<br />
andere elektronischen Devices<br />
– das tut jedem gut. Im Idealfall<br />
geht man ein paar Schritte barfuß<br />
oder umarmt hin und wieder, wenn<br />
niemand zusieht, einen Baum, wegen<br />
der Erdung und des Ionenaustauschs,<br />
wie auf den vorigen Seiten angesprochen.<br />
Und wer den Besuch im Wald<br />
noch weiter optimieren möchte: Die<br />
Konzentration der Terpene ist bei<br />
Nebel und Regenwetter am höchsten.<br />
Wir Menschen haben einen Bedarf<br />
an Natur. Und wer genau darauf zu<br />
achten gelernt (oder wieder gelernt)<br />
hat, der erkennt: Unser Körper hat<br />
eine Art Füllstandsanzeige dafür, ob<br />
wir genug Natur aufgesaugt haben.<br />
IN JAPAN UND SÜDKOREA SCHICKEN ÄRZTE<br />
IHRE PATIENTEN ZUM SPAZIEREN<br />
IN DEN WALD. „ SHINRIN- YOKU“, WALDBADEN,<br />
IST EINE HOCHWIRKSAME THERAPIE.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Der Schweizer Rolf Duda alias<br />
Peak wolf, ein früherer Unternehmensberater,<br />
ist eine Perle<br />
unter den Biohackern. Er hat ein<br />
Faible für Natur, für den Wald, aber<br />
egal zu welchem Thema er redet,<br />
es ist immer fundiert, intelligent,<br />
kurzweilig, ich bin ein echter Fan.<br />
peakwolf.ch ist die Startrampe in<br />
Rolfs Welt, von dort kommt man<br />
zu seinem Blog, zu seinem Podcast<br />
und zu seinem Instagram-Feed.<br />
WASSER<br />
99/100<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Nur jedes 100. Molekül unseres<br />
Körpers ist kein Wassermolekül.<br />
Sie haben richtig gelesen: 99 von<br />
100 Molekülen in Ihrem Körper bestehen<br />
aus zwei Wasserstoff- und<br />
einem Sauerstoffatom. Wir Menschen<br />
sind eine (zugegeben clever strukturierte)<br />
wässrige Lösung. Wasser<br />
ist also Voraussetzung dafür, dass<br />
alles funktioniert, jeder Stoffwechselvorgang,<br />
jede Entgiftung, jeder<br />
Nervenimpuls, jeder Gedanke, jede<br />
Emotion. Schon ein paar Prozent<br />
zu wenig Wasser im Körper, und ich<br />
spreche hier von gerade mal einem<br />
oder zwei Litern, reduzieren unsere<br />
Leistungsfähigkeit radikal.<br />
WAS TU ICH?<br />
Wasser trinken. Ich persönlich trinke<br />
gefiltertes und belebtes Wasser, aber<br />
in Deutschland und Österreich kann<br />
man das Wasser auch direkt aus der<br />
Leitung einigermaßen bedenkenlos<br />
trinken. Wie viel? Alles unter 0,3 Liter<br />
pro 10 Kilo Körpergewicht ist ein<br />
aktiver Schaden an Ihrer Leistungsfähigkeit<br />
und Gesundheit. Sie wiegen<br />
70 Kilo? Dann sind 2,1 Liter pro Tag<br />
ausreichend, wenn Sie keinen Sport<br />
treiben, kaum Stress haben, nicht<br />
in die Sauna gehen. 0,3 Liter pro<br />
10 Kilo Körpergewicht sind das Minimum.<br />
Achten Sie mal eine Woche<br />
lang drauf, dass Sie wirklich genug<br />
trinken. (Den größten Teil vormittags,<br />
so, dass Ihr Harn mittags<br />
ganz klar ist.)<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Thomas Hartwig. Mit seinem<br />
Berliner Start-up Leogant stellt<br />
er Anlagen zusammen, die Wasser<br />
perfekt filtern und aufbereiten.<br />
Thomas ist ein Wasserphilosoph,<br />
beste Wissensquelle sind die<br />
Podcasts, bei denen er zu Gast<br />
war, zum Beispiel in der „Flowgrade<br />
Show“ meines Freundes<br />
Max Gotzler.<br />
TIM DOBROVOLNY<br />
74 INNOVATOR
WASSER<br />
Es ist so einfach<br />
wie grundlegend:<br />
Wer pro Tag weniger<br />
als 0,3 Liter Wasser<br />
pro 10 Kilo Körpergewicht<br />
trinkt, schadet<br />
seiner Gesundheit.<br />
INNOVATOR 75
MEDITATION<br />
DER GEHIRNVERBESSERER<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Da gibt’s gar nicht viel zu sagen außer<br />
das, was tausende und abertausende<br />
Studien bestätigt haben: Meditation<br />
macht uns intelligenter, kreativer<br />
und glücklicher. Sie ist wahrscheinlich<br />
das Beste und Einfachste, was<br />
wir für unsere Gehirngesundheit tun<br />
können. (Ganz abgesehen davon, dass<br />
sie positiv auf Blutdruck, Verdauung<br />
und andere Körperfunktionen wirkt.)<br />
Meditation ist so etwas wie die Fortsetzung<br />
der Atmung und der kleine<br />
Bruder des Schlafs. Es gibt beim<br />
Meditieren kein Richtig oder Falsch,<br />
man kann nur einen Fehler machen:<br />
es nicht regelmäßig zu tun.<br />
WAS TU ICH?<br />
Ich habe vergangenes Jahr im<br />
Sommer urlaub eine Art großes<br />
Mindset-Reset durchgeführt, indem<br />
ich mir zwei Wochen lang buchstäblich<br />
den Hintern abmeditiert<br />
habe, jeden Tag vier, fünf, sechs<br />
Stunden. Im Münchner Alltag nehme<br />
ich mir ganz bewusst diese paar<br />
Minuten zwischendurch, die jeder<br />
hat: Augen schließen, ruhig ein- und<br />
noch ruhiger ausatmen, nur auf den<br />
Atem achten. Richtig Spaß macht mir<br />
das Herumspielen mit dem Muse-<br />
Headband, das die Tiefe meiner<br />
Medita tion überwacht. Es gibt übrigens<br />
unglaublich gute Meditations-<br />
Apps. Die beste kostenlose: Oak.<br />
Die beste deutschsprachige: 7Mind.<br />
MEDITATION<br />
Die Augen schließen<br />
und in sich rein hören,<br />
nur ein paar Minuten<br />
pro Tag: Gäbe es ein<br />
Medikament, das es<br />
in puncto Wirksamkeit<br />
mit der Meditation<br />
aufnehmen könnte,<br />
es wäre zig Milliarden<br />
Euro wert.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Manuel Ronnefeldt. Der Gründer<br />
von 7Mind ist einer der Pioniere<br />
der Meditation in Deutschland.<br />
Auf 7mind.de gibt es auch<br />
kostenlos sehr viel und sehr<br />
detailreiche Information.<br />
... UND WER DIGITALEN SUPPORT IN ANSPRUCH<br />
NEHMEN MÖCHTE: DIE BESTE KOSTENLOSE<br />
MEDITATIONS- APP IST „ OAK“, DIE BESTE<br />
DEUTSCHSPRACHIGE IST „ 7MIND“.<br />
BENJAMIN MUELLER<br />
76 INNOVATOR
HITZE<br />
DIE LEBENSVERLÄNGERIN<br />
NICHT PERMANENT, NICHT ZU HEFTIG, NICHT<br />
ZU OFT, ABER REGELMÄSSIG: DIE KOMFORTZONE<br />
DER RAUMTEMPERATUR ZU VERLASSEN IST EIN<br />
HERRLICHES TRAINING FÜR UNSERE GESUNDHEIT.<br />
M.FRANK, CLEARLIGHT SAUNAS EUROPE GMBH<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Hitze … kostenlos? Nun ja, man<br />
kann sich in eine heiße Thermalquelle<br />
setzen oder im Sommer in<br />
die pralle Sonne, natürlich auch<br />
ins geschlossene Auto. (Was auch<br />
wirken würde, aber der Preis auf der<br />
Affigkeitsskala wäre vergleichsweise<br />
hoch.) Worauf ich aber eigentlich<br />
hin aus will, das ist die Sauna. Klas sische<br />
und Infrarotsauna, beides wirkt,<br />
es gibt in der Wirkung Unterschiede,<br />
aber das Prinzip ist dasselbe. Wichtigster<br />
Benefit: Schwitzen reinigt<br />
den Körper über unser größtes Entgiftungsorgan,<br />
die Haut. Zweit- und<br />
drittwichtigster Benefit (und es gibt<br />
noch eine ganze Menge mehr): verbessertes<br />
Herz-Kreislauf System und<br />
die so genannten Heat Shock Proteins,<br />
die der Körper bildet. Sauna ist sehr<br />
vereinfacht gesagt ein Bootcamp<br />
Training für unsere Zellen. Zur Wirksamkeit<br />
von regelmäßigem Saunabesuch<br />
gibt es atemberaubende<br />
Studien aus Finnland. Ergebnisse:<br />
bis zu 40 Prozent weniger „all-cause<br />
mortality“. In anderen Worten:<br />
Während des Vergleichszeitraums –<br />
die Studie lief über mehr als 20 Jahre<br />
– hatten die regelmäßigen Saunageher<br />
ein fast halbiertes Sterberisiko.<br />
WAS TU ICH?<br />
In meinem Lab steht eine Infrarotsauna,<br />
die ich mehrmals wöchentlich<br />
nütze. Manchmal gönne ich mir ein<br />
heißes Bad, eine bis zwei Stunden vor<br />
dem Zubettgehen, als perfekte Vorbereitung<br />
für guten Schlaf. Achtung:<br />
Hitze und Verdauung vertragen sich<br />
nicht gut. Nach dem Essen bitte zwei,<br />
besser drei Stunden nicht in die<br />
Sauna gehen. Hitze bedeutet Stress<br />
für den Körper, und unter Stress<br />
verdaut sich’s nicht gut.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Johannes Kettelhodt, Mastermind<br />
der Clearlight Infrarotkabinen.<br />
Ihm und seinem Team ist etwas Besonderes<br />
gelungen: Sie produzieren<br />
ihre Kabinen ohne Elektrosmog-<br />
Belastung. Das erleichtert dem<br />
Körper das Entgiften wesentlich.<br />
KÄLTE<br />
DER NATÜRLICHE FEIND<br />
DER ENTZÜNDUNG<br />
WAS BRINGT’S MIR?<br />
Entzündung ist super, weil sie als<br />
Alarmsignal im Körper am Beginn<br />
jeder Reparatur steht. Eine Verletzung<br />
heilt nicht trotz, sondern wegen der<br />
Entzündung, die rund um sie entsteht.<br />
Aber Entzündung macht auch sehr<br />
vieles sehr nachhaltig sehr kaputt,<br />
wenn sie zum Dauerzustand wird.<br />
Sogenannte „niederschwellige Entzündungen“<br />
sind absolut nichts, was<br />
man im Körper haben mag. Kälte ist<br />
ein Super-Hack: Kälte wirkt gegen<br />
Entzündungen, Kälte beschleunigt<br />
Regeneration nach dem Sport und<br />
Wundheilung, Kälte verbessert die<br />
Funktion unseres Immunsystems,<br />
Kälte stimuliert den Vagusnerv, damit<br />
die Herzratenvariabili tät, damit<br />
unsere Fähigkeit zu entspannen. Und<br />
noch vieles mehr … Kälte ist ein absoluter<br />
Super-Hack!<br />
WAS TU ICH?<br />
Ich selbst nehme in meinem Lab<br />
in einer umgebauten Tiefkühltruhe<br />
beinahe täglich ein fünfminütiges<br />
Eisbad, da hat das Wasser rund<br />
drei Grad. Aber wie beginnt man?<br />
Der einfachste Tipp für Anfänger<br />
sind Wechselduschen: einfach nach<br />
der morgendlichen Dusche das<br />
Wasser für 30 Sekunden kalt stellen,<br />
dann wieder 30 Sekunden warm.<br />
Dieses Heiß-Kalt fördert auch die<br />
Regeneration nach dem Sport sehr<br />
wirkungsvoll. Kleiner Hinweis für<br />
Hobby-Bodybuilder: Nach dem<br />
Training länger als zehn Minuten<br />
(bei zehn Grad) kalt zu duschen<br />
oder länger als drei Minuten (bei<br />
drei Grad) eiszubaden sorgt dafür,<br />
dass du schneller wieder erholt bist –<br />
aber dein Muskelwachstum wird<br />
ziemlich gedrosselt. Also kürzer<br />
kalt duschen, wechselduschen<br />
oder erst am nächsten Morgen die<br />
nächste Kälte-Einheit einlegen.<br />
WER WEISS MEHR?<br />
Josephine Worseck. Die promovierte<br />
Molekularbiologin aus Berlin ist<br />
Wim‐Hof-Coach und hat eines der<br />
Standardwerke zum Thema herausgebracht:<br />
„Die Heilkraft der Kälte“,<br />
absolute Empfehlung, ebenso wie<br />
ihre Workshops. Sehr viel Content hat<br />
Josephine auf ihrer Website verlinkt:<br />
josephineworseck.com<br />
INNOVATOR 77
10 GAMING-<br />
PIONIERE,<br />
SPIELEND<br />
DIE UNS<br />
Ängste überwinden,<br />
Gemeinschaft finden, Sprachen lernen,<br />
Pandemien besiegen: Immer mehr Ansätze<br />
aus der Gaming-Welt helfen uns dabei, das<br />
Beste aus unseren Möglichkeiten zu machen.<br />
Hier kommen zehn Computerspiel-<br />
Vordenker, die unser Leben bereichern.<br />
78 INNOVATOR
LEVEL<br />
AUFS<br />
NÄCHSTE<br />
HEBEN<br />
TEXT: MICHAEL MOORSTEDT<br />
INNOVATOR 79
V<br />
ANNA MARTIN-NIEDECKEN<br />
FITNESS BOOSTEN<br />
Vier Milliarden. Das ist die Anzahl der<br />
Menschen weltweit, die regelmäßig<br />
Videospiele nutzen. Eine Dimension,<br />
die nur schwer vorstellbar ist. Weitere<br />
Zahlen helfen vielleicht: Die Branche<br />
erwirtschaftet mit etwa 150 Milliarden<br />
US-Dollar dreimal so viel wie Hollywood.<br />
Die großen Streamer, die jeden Tag<br />
ihre Videospiel-Abenteuer live ins Netz<br />
übertragen, ziehen Tausende gleichzeitig<br />
in ihren Bann. Esports hat sich zu einem<br />
Spektakel entwickelt, das Millionen<br />
Menschen begeistert und das über kurz<br />
oder lang olympisch werden könnte.<br />
Videospiele haben nicht nur wirtschaftliche<br />
Relevanz, sondern auch<br />
kulturelle. Heutzutage schrecken Games<br />
vor unangenehmen Themen wie Klimawandel<br />
oder gar dem Holocaust nicht<br />
zurück. Warum auch? Immerhin handelt<br />
es sich hierbei um das Leitmedium einer<br />
ganzen Generation – und wohl auch noch<br />
vieler nach ihr. Die Corona-Pandemie<br />
wirkt zusätzlich als Katalysator. Von der<br />
häuslichen Quarantäne kann man sich<br />
zusammen mit Freunden per Knopfdruck<br />
in magische Königreiche teleportieren.<br />
Kann Distanzen überwinden und doch<br />
Nähe empfinden. Man loggt sich ein,<br />
trifft Freunde, guckt Filme, hängt einfach<br />
ab. Titel wie „Fortnite“, „Animal Crossing“<br />
oder „Roblox“ sind längst mehr als nur<br />
ein Spiel, nämlich ein ganzes soziales<br />
Netzwerk, zum Teil schon mit eigener<br />
Währung und Wirtschaftssystem.<br />
Wir stellen zehn Menschen vor, die<br />
darüber nachdenken, wie Games unser<br />
Leben und unsere Gesellschaft verbessern<br />
können. Die mit Spielen verändern, wie<br />
wir Sport treiben, Sprachen lernen, Kontakte<br />
knüpfen, auf Reisen gehen. Also<br />
wie wir unsere Welt sehen und erleben.<br />
Gaming mag die<br />
Reaktionsgeschwindigkeit<br />
fördern,<br />
körperliche Top-<br />
Form zählte bisher<br />
eher nicht zu den<br />
positiven Effekten.<br />
Das will Anna<br />
Martin-Niedecken<br />
ändern. Mit ihrem<br />
Start-up Sphery<br />
kombiniert die<br />
Gründerin Gaming<br />
und ganzheitliches<br />
Fitnesstraining. In<br />
einem raumgroßen<br />
High-Tech-Würfel,<br />
dem ExerCube,<br />
ackern sich die<br />
Sportler durch die<br />
Levels – weichen<br />
im Liegestütz virtuellen<br />
Hindernissen<br />
aus oder sammeln<br />
Mit Sternchen: Im<br />
ExerCube gibt’s digitale<br />
Belohnung für<br />
sportliche Leistung.<br />
Punkte durch<br />
Sprünge. Durch die<br />
multisensorischen<br />
Stimuli wird auch<br />
die kognitive Fitness<br />
gestärkt. Der Clou:<br />
„Du spürst die Erschöpfung<br />
nicht so<br />
sehr wie beim klassischen<br />
Training im<br />
Gym“, erklärt Martin-Niedecken.<br />
Flow<br />
nennt sich dieser<br />
Zustand – aber das<br />
ist noch nicht alles:<br />
Eine eigene Liga mit<br />
Wettbewerben ist<br />
bereits im Aufbau.<br />
Vielleicht entsteht<br />
hier der Sport der<br />
Zukunft.<br />
ZÜRCHER HOCHSCHULE DER KÜNSTE, URBAN TREE MEDIA/RED BULL CONTENT POOL,<br />
PHILIPP NEUBAUER, BERLIN INTERNATIONAL GAMING (BIG)<br />
80 INNOVATOR
DANUSCH FISCHER<br />
HELDEN FEIERN<br />
Kann das Verfolgen eines<br />
Fußballspiels unser Leben<br />
bereichern? Sportmuffel<br />
winken ab, klar, aber Fans<br />
bejahen mit leuchtenden<br />
Augen: die Spannung<br />
nach dem Anschlusstor,<br />
die Kunst eines Lionel<br />
Messi am Ball, das Erleben<br />
von Gemeinschaft.<br />
Nun, auch das Verfolgen<br />
von Esports kann unser<br />
Leben bereichern, da ist<br />
sich Danusch Fischer<br />
sicher. „Unsere Profi-Spieler<br />
treffen in kürzester<br />
Zeit extrem komplexe Entscheidungen“,<br />
sagt der<br />
Trainer der Mannschaft<br />
von Team BIG im Game<br />
„League of Legends“<br />
(„LoL“). In diesem Action-<br />
Strategie-Spektakel bekämpfen<br />
sich zwei Fünferteams<br />
mit Charakteren,<br />
die zuvor aus 150 Kandidaten<br />
ausgewählt wurden.<br />
Zehn Stunden am Tag<br />
trainieren die Profis – und<br />
entwickeln über die Zeit<br />
persönliche Stile. Geübte<br />
Zuschauer erkennen darin<br />
eine eigene Schönheit.<br />
Wie bei Messi. Nur gedankenschneller.<br />
Das „LoL“-<br />
Weltfinale 2019 haben<br />
bereits über 44 Millionen<br />
Menschen gesehen.<br />
Echte Champions:<br />
Danusch Fischers<br />
Team nach dem Sieg<br />
bei den EU Masters<br />
INNOVATOR 81
JANE Mc GONIGAL<br />
SUPERKRÄFTE AKTIVIEREN<br />
In Games schlüpfen wir<br />
oft in die Rolle eines<br />
Superhelden. Doch Videospiele,<br />
sagt Jane Mc<br />
Gonigal, können uns auch<br />
im Alltag Superkräfte<br />
verleihen. Vor einiger Zeit<br />
hat die US-Amerikanerin<br />
die App SuperBetter<br />
entwickelt. Um mehr<br />
Widerstandskraft zu entwickeln,<br />
teilt man seinen<br />
Alltag in Mikroaufgaben<br />
ein. Überwindet man sich<br />
und macht noch kurz den<br />
Abwasch? Schon steigt<br />
man ein Level auf. Endlich<br />
den Arzt-Check-up<br />
ausgemacht? Voilà, ein<br />
neues Schwert für den<br />
Avatar. Es gibt Quests,<br />
Power-ups und Endbosse.<br />
Nur dass es sich nicht<br />
um schreckliche Drachen<br />
handelt, sondern um die<br />
Monster der eigenen Psyche:<br />
die Selbstzweifel, die<br />
Prokrastination oder das<br />
Sofa, von dem man nicht<br />
hochkommt. Bis man seine<br />
Superkräfte aktiviert.<br />
Das Leben als<br />
Spiel: Über dieses<br />
Prinzip hat<br />
Jane McGonial<br />
auch einen eigenen<br />
Bestseller<br />
verfasst.<br />
EVENT<br />
Spiel für deine Stadt!<br />
Berliner und Kölner, aufgepasst: Am<br />
16. 10. könnt ihr bei <strong>Red</strong> Bull Superiocity<br />
antreten. Angeführt von den<br />
Streamern Papaplatte (im LVL Berlin)<br />
und Rewinside (im Xperion Köln),<br />
ermitteln die Teams im Shooter<br />
„PlayerUnknown’s Battlegrounds“<br />
Deutschlands Gaming-Haupstadt.<br />
Jetzt anmelden unter: redbull.com<br />
SEBASTIAN MEYER<br />
GEMEINSCHAFT SPÜREN<br />
Mehr denn je sehnen<br />
sich Menschen in Zeiten<br />
von Filter Bubbles und<br />
Social Distancing nach<br />
Gemeinschaft – und<br />
finden sie auf Twitch,<br />
einem Portal, auf dem<br />
Menschen ihre Gaming-<br />
Sessions streamen.<br />
Mit über 1,5 Millionen<br />
Followern ist Sebastian<br />
„Rewinside“ Meyer einer<br />
der größten Streamer<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum. Für viele seiner<br />
Fans ist der Chat im<br />
Stream eine zweite<br />
Heimat geworden.<br />
Der Streamer ist eine<br />
Kombination aus Moderator,<br />
Entertainer<br />
und Seelsorger. Er unterhält<br />
das Publikum<br />
und unterhält sich mit<br />
ihm. Stress im Job,<br />
Corona-Frust? Auf der<br />
Seite ihres Lieblings-<br />
Streamers finden die<br />
Menschen ein offenes<br />
Ohr. Das Geschäft wird<br />
immer professioneller,<br />
sagt Meyer. Schon heute<br />
produzieren Streamer<br />
Samstagabend-Shows<br />
– und bleiben trotzdem<br />
der gute Kumpel.<br />
82 INNOVATOR
GETTY IMAGES, PARADOXSENSE, UNIVERSITY OF CAILLE, NEW EDEN, NICOLAS RIGHETTI/MMOS, 2021 CCP EHF<br />
Feingefühl gefragt:<br />
Der Austausch mit<br />
der Community ist<br />
wichtiger Teil von<br />
Meyers Job. Hund<br />
Arkani ist absoluter<br />
Publikumsliebling.<br />
ATTILA SZANTNER<br />
PANDEMIEN BESIEGEN<br />
Zombies bekämpfen,<br />
Autorennen gewinnen,<br />
Streitäxte sammeln –<br />
alles gut und schön, Attila<br />
Szantner aber bietet Gamern<br />
einen tieferen Sinn.<br />
Mit dem MMO-Videospiel<br />
„Eve Online“ können sie<br />
helfen, drängende Fragen<br />
der Menschheit schneller<br />
zu lösen – von der Corona-<br />
Pandemie bis zum Entdecken<br />
von Exoplaneten.<br />
„Jeden Tag spielen die<br />
Menschen Millionen von<br />
Stunden“, sagt Szantner.<br />
„Wir haben uns gefragt,<br />
wie man daraus einen<br />
Neue Horizonte: Vordergründig<br />
spielst du ein Game, gleichzeitig<br />
wertest du Daten für die<br />
Forschung aus.<br />
Nutzen für alle extrahieren<br />
kann.“ Mit seinem Partner<br />
Bernard Revaz hat er das<br />
Projekt Massively Multiplayer<br />
Online Science<br />
gegründet. Die zu analysierenden<br />
Daten aus Forschungsprojekten<br />
binden<br />
die Entwickler ins Spiel<br />
ein. Beispiel Corona: Hier<br />
helfen die Spieler, Zelltypen<br />
des Virus auszuwerten.<br />
Konkret geht es ums<br />
Clustern, also ums Unterscheiden<br />
verschiedener<br />
Typen. Dafür markieren<br />
die Spieler etwa während<br />
einer Raumschifffahrt<br />
Ansammlungen als Punkte<br />
erkennbarer Zelltypen –<br />
und erwerben so Zusatzpunkte.<br />
Dafür werden die<br />
Zellaufnahmen optisch<br />
passend ins Spiel integriert.<br />
Über 500 Millionen<br />
solcher Beiträge zur<br />
Lösung von Forschungsfragen<br />
haben einzelne<br />
Spieler bis heute geleistet.<br />
INNOVATOR
Unter Giganten: In Beyond<br />
Blue erkundest du als<br />
Meeresbiologe die Ozeane<br />
– und wirst motiviert, sie<br />
zu schützen.<br />
ALEN GERSHENFELD<br />
WUNDER DER WELT ERLEBEN<br />
Plastikmüll vermeiden, umweltverträgliche<br />
Kosmetikprodukte<br />
benutzen, weniger<br />
Fisch essen – jeder Einzelne<br />
kann viel tun, um die Ozeane<br />
zu schützen. Nur: Wer denkt<br />
schon immer an die Weltmeere,<br />
wenn er zum Beispiel<br />
in Paderborn lebt? Deswegen<br />
hat der US-Amerikaner Alan<br />
Gershenfeld die Videospielwelt<br />
„Beyond Blue“ entwickelt,<br />
in der wir als Meeresbiologen<br />
etwa farbenfrohe Korallenriffe<br />
erforschen können. Das Kalkül:<br />
Wer in seinem Wohnzimmer<br />
in Paderborn dem Buckelwal<br />
ins Auge sieht, will alles tun,<br />
um dieses lebende Wunder<br />
zu schützen. Der Kampf um<br />
die Aufmerksamkeit des Publikums<br />
gegen Actionkracher<br />
wie „Call of Duty“ macht Gershenfeld<br />
dabei keine Sorge.<br />
„Manchmal wollen die Menschen<br />
Action und manchmal<br />
sinnvolle Inhalte“, sagt Gershenfeld.<br />
Warum sollte das<br />
bei Games anders sein als bei<br />
Filmen, Serien oder Büchern?<br />
84 INNOVATOR
BEYONDBLUEGAME.COM, SEBASTIAN BAHR, ESPORTWISSEN.DE, SEBASTIAN ST. SCHULZ, PAINTBUCKET.DE<br />
PROF. INGO FROBÖSE<br />
MENTALE SKILLS STÄRKEN<br />
Gaming könnte sich demnächst<br />
gut im Lebenslauf<br />
machen, da ist sich Professor<br />
Ingo Froböse sicher.<br />
Der Sportwissenschaftler<br />
an der Deutschen Sporthochschule<br />
Köln forscht<br />
zum Thema Esports und<br />
kennt viele Fähigkeiten, die<br />
durch gelegentliches Zocken<br />
trainiert werden. Zum<br />
Beispiel die Feinmotorik.<br />
Bis zu 400 Bewegungen<br />
pro Minute vollzieht ein<br />
Esports-Profi. Wer spielt,<br />
schult seine Kognition auf<br />
hohem Niveau: Überall<br />
Gegner, in jeder Ecke Explosionen.<br />
Was der Laie<br />
Spielspaß nennt, erkennt<br />
der Forscher als Training<br />
Fitness mal anders: Prof. Ingo Froböse<br />
untersucht die für Esports spezifischen<br />
Fähigkeiten wie Feinmotorik an der<br />
Deutschen Sporthochschule Köln.<br />
für Wahrnehmungs- und<br />
Analysefähigkeiten. „Auch<br />
Soft Skills kann Gaming<br />
schulen: unter Stress gemeinsam<br />
Aufgaben lösen,<br />
Fehler der anderen ausbügeln<br />
– Kompetenzen, die<br />
jeder Arbeitgeber sucht“,<br />
sagt Froböse. Sein Tipp:<br />
Unternehmen sollten ihre<br />
Angestellten jeden Morgen<br />
15 Minuten in einem Videospiel<br />
trainieren lassen. Für<br />
den Interessierten empfiehlt<br />
der Forscher übrigens<br />
„League of Legends“.<br />
Das Spiel sei wie Schach<br />
– nur noch komplexer.<br />
SEBASTIAN SCHULZ<br />
& JÖRG FRIEDRICH<br />
LEIBHAFTIG<br />
ERINNERN<br />
Wenn es in Videospielen<br />
gegen Nazis geht, ballert<br />
sich der Protagonist meist<br />
durch Horden von Erzschurken.<br />
Jörg Friedrich<br />
und Sebastian Schulz<br />
vom Berliner Studio Paintbucket<br />
Games gehen<br />
einen anderen Weg. Ihr<br />
Spiel „Through the Darkest<br />
of Times“ erzählt<br />
vom aufreibenden Widerstand<br />
im Kleinen – Flugblätter<br />
verteilen, Flüchtlinge<br />
verstecken, Mitglieder<br />
rekrutieren. Man kann die<br />
Nazis hier nicht besiegen,<br />
es ist schwer genug, bis<br />
zum Kriegsende durchzuhalten.<br />
So entsteht<br />
eine Ahnung des Ausgeliefertseins<br />
im totalitären<br />
System, das den Spieler<br />
mit mulmigem Gefühl zurücklässt.<br />
Während reale<br />
Konflikte sonst nur als<br />
Kulisse dienen, wollten sie<br />
einen „modernen Beitrag<br />
zur Erinnerungskultur<br />
leisten“. Ihr Spiel wurde<br />
mit Preisen überschüttet,<br />
selbst Historiker loben<br />
den Titel.<br />
Unter Beobachtung:<br />
„Through the Darkest<br />
of Times“ vermittelt eine<br />
Ahnung vom Leben in<br />
einem totalitären System.<br />
INNOVATOR 85
Streaming-Messe<br />
Twitchcon: Vor-Ort-<br />
Events schweißen<br />
die Community<br />
zusammen.<br />
PROF. LUIS VON AHN<br />
JAPANISCH LERNEN<br />
KRYSTAL HERRING<br />
GLOBAL FEIERN<br />
An virtuelle Meetings<br />
mit den Kollegen haben<br />
wir uns gewöhnt, auch<br />
Abhängen mit Freunden<br />
geht mal über Zoom. Aber<br />
gemeinsam feiern? Nun,<br />
in Gaming-Kosmen wie<br />
„Fortnite“ steigen weltweite<br />
Partys, an denen die<br />
Nutzer mit ihren Avataren<br />
teilnehmen und auf denen<br />
Stars wie US-Rapper Travis<br />
Scott auftreten (auch<br />
mit Avataren). In guten<br />
Momenten überträgt sich<br />
so die gemeinsame Euphorie<br />
ins Wohnzimmer. Auch<br />
für andere Events müssen<br />
die Menschen nicht mehr<br />
anreisen. Etwa zur US<br />
Megamesse Twitchcon,<br />
auf der sich jährlich die<br />
Streaming-Welt trifft.<br />
Neben Live-Streams der<br />
Macher senden auch<br />
Szene-Stars wie „Ninja“<br />
für ihre Millionen Follower,<br />
die mit Kommentaren<br />
und Videos reagieren. Ob<br />
der Vor-Ort-Kontakt noch<br />
nötig ist? Ja, meint Krystal<br />
Herring, Event Director bei<br />
Twitch: „Unsere lokalen<br />
Events stärken den Zusammenhalt<br />
unserer Nutzer.“<br />
Aber virtuellerweise<br />
können nun auch jene dabei<br />
sein, denen die Anreise<br />
zu aufwendig ist.<br />
So reizvoll die Vorstellung,<br />
neben Studium oder Job<br />
noch Französisch oder<br />
Japanisch zu lernen, so<br />
zäh die Realität des Deklinierens.<br />
Wären die Lektionen<br />
nur etwas leichter,<br />
spielerischer! Genau das<br />
hat sich der guatemaltekische<br />
Professor Luis von<br />
Ahn mit der App Duolingo<br />
vorgenommen. Angefeuert<br />
von einer kleinen Eule,<br />
erwirbt der Lernende mit<br />
jeder bestandenen Lektion<br />
Herzen, Edelsteine und<br />
Kronen. Mit künstlicher<br />
Intelligenz (KI) versteht<br />
die App Lerntempo, Stärken<br />
und Schwächen der<br />
Lernenden und passt die<br />
Übungen an. Der Nutzer<br />
bleibt motiviert, wird aber<br />
nicht überfordert. Mehr<br />
als 40 Millionen Menschen<br />
nutzen Duolingo bereits.<br />
Tausende von Universitäten<br />
akzeptieren das<br />
Duolingo-Sprachzertifikat,<br />
das preiswert und leicht<br />
verfügbar ist. „Syrische<br />
Flüchtlinge nutzen Duolingo<br />
ebenso wie Bill Gates“,<br />
sagt von Ahn. Für ihn ist es<br />
das beste Beispiel dafür,<br />
dass die Welt durch sein<br />
Spiel ein bisschen gerechter<br />
geworden ist.<br />
Im Namen der Weisheit:<br />
Diese kleine Eule begleitet<br />
die Lernfortschritte auf<br />
Duolingo – bei Kindern<br />
wie bei Erwachsenen.<br />
AUDA & COUDAYRE PHOTOGRAPHY, TWITCH, DUOLINGO/JUSTIN MERRIMAN<br />
86 INNOVATOR
SO LAUT<br />
KANN LEISE<br />
SEIN.<br />
Der vollelektrische<br />
Ford Mustang Mach-E.<br />
Bis zu 610 km Reichweite. 1<br />
Verbrauchswerte nach § 2 Nrn. 5, 6, 6 a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden Fassung: n. v.*<br />
Verbrauchswerte nach WLTP: Stromverbrauch: 20–16,5 kWh/100 km (kombiniert); CO 2 -Emissionen im<br />
Fahr betrieb: 0 g/ km (kombiniert).<br />
* n. v. = Daten nicht verfügbar. Der Gesetzgeber arbeitet an einer Novellierung der Pkw-EnVKV und empfiehlt in der Zwischenzeit für Fahrzeuge, die nicht mehr auf<br />
Grundlage des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) homologiert werden können, die Angabe der realitätsnäheren WLTP-Werte. Diese sind in der nachfolgenden<br />
Zeile zu finden.<br />
1<br />
Gemäß Worldwide Harmonised Light Vehicles Test Procedure (WLTP) können bis zu 610 km Reichweite bei voll aufgeladener Batterie erreicht werden – je nach<br />
vorhandener Konfi guration. Die tatsächliche Reichweite kann aufgrund unterschiedlicher Faktoren (Wetterbedingungen, Fahrverhalten, Fahrzeugzustand, Alter der<br />
Lithium-Ionen-Batterie) variieren.
EUR 5,80<br />
ZEIT FÜR EIN GUTES LEBEN<br />
EUR 5,80<br />
EUR 5,80<br />
Ernährung<br />
Gesund genießen.<br />
Bewegung<br />
Den Körper spüren.<br />
Erholung<br />
Durchatmen, loslassen.<br />
Bewusstsein<br />
Dir selbst vertrauen.<br />
carpe diem<br />
VON DER WURZEL<br />
BIS ZUM BLATT<br />
Nichts wegwerfen,<br />
a les genießen<br />
ANDERS ATMEN<br />
Besser einschlafen,<br />
sich weniger ärgern,<br />
neue Kraft schöpfen<br />
ZEIT FÜR EIN GUTES LEBEN<br />
carpe diem<br />
3/21<br />
FISCH AHOI!<br />
Feine Forelle, zarter Zander:<br />
6 leichte Sommerrezepte<br />
NUR DIE LIEBE<br />
IM GEPÄCK<br />
Geschichte einer<br />
Weltreise, die zur<br />
Paar-Therapie wurde<br />
carpe diem<br />
05/21<br />
ZEIT FÜR EIN GUTES LEBEN<br />
4/21<br />
„Wir brauchen die ganze Truppe, jeden Spieler des Teams, wenn wir erfolgreich s ein wollen.“<br />
Von Apfelschale bis Zahnbürste:<br />
Wie wir unserer Erde und uns selbst Gutes tun<br />
6 TAGE SHAOLIN Selbstversuch in Sachen Buddha HULA-HOOP So entdecken wir das Kreiseln neu<br />
GUT GEERDET Wenn uns die Natur unter Strom setzt MEHR MEER Magische Verwandlung unter Wasser<br />
Heute mach ich nichts<br />
Warum der kleine Leerlauf zwischendurch die beste Entscheidung<br />
fürs Gehirn und die Welt ist. Plus: So geht gut schlafen wirklich<br />
GENIALE GENE Nützen, was in uns steckt LEBENSMUT UND PINGUIN Wie ein Vogel fünf Herzen heilte<br />
SPRÜHENDES GLÜCK Sport mit Gartenschlauch GESCHMACKSSACHE Warum wir mögen, was wir mögen<br />
Warum buntes Essen mehr Energie und ein gutes Bauchgefühl schenkt<br />
Plus: Einfache Ideen für eine farbenfrohe Basenkur daheim<br />
RADFAHREN Eine Liebe fürs Leben SPIELEN Wie es uns aufblühen, wachsen und Mensch sein lässt<br />
TRÄUMEN Im Schlaf selber Regie führen KÖPFELN So gelingt der Mutsprung ins Wasser<br />
Cover [P]_2398590.in d 2 17.05.21 12:20<br />
Podcast<br />
Zeit zum Zuhören<br />
Magazin<br />
6× im Jahr<br />
Online<br />
Zeit für Inspiration<br />
FOTO: GETTYIMAGES<br />
carpediem.life
INNOVATOR<br />
GUIDE<br />
Insider-Infos und Events:<br />
Save the Date:<br />
Innovations-Highlights<br />
der nächsten Wochen //<br />
<strong>Red</strong> Bull Basement:<br />
Hier verändern<br />
Studenten die Welt //<br />
Kolumne:<br />
Besser fahren –<br />
wie Mobilität unseren<br />
Zusammenhalt stärkt //<br />
Tech -Highlight:<br />
Dieser Reaktor ist heißer<br />
als die Sonne //<br />
INNOVATOR 89
DO IT <br />
GEMEINSAM STAUNEN<br />
Endlich wieder unter Menschen: So es die Vorschriften zu lassen,<br />
öffnen die Innovations-Festivals wieder ihre Tore. Hier verraten wir<br />
die spannendsten Termine im nächsten halben Jahr.<br />
Servus, Roboter:<br />
Formel-1-Weltmeister<br />
Nico Rosberg trifft auf<br />
Technik von morgen.<br />
20<br />
und 21. Januar<br />
Bits and Pretzels<br />
Da sage noch einer, angesichts digitaler<br />
Möglichkeiten sei die Zeit von Vor-Ort-<br />
Events vorbei: Nur 30 Minuten nach Verkaufsstart<br />
hatte das Münchener „Bits &<br />
Pretzels“ bereits 64 Prozent aller Tickets<br />
verkauft. Nachdem die vorige Ausgabe rein<br />
virtuell stattfand, treffen nun auf dem Messegelände<br />
in Riem wieder 5000 Besucher<br />
auf über 200 Speaker, über 300 Aussteller<br />
und mehr als 500 Investoren. Welchen Stelenwert<br />
die Konferenz hat, zeigen die vielen<br />
prominenten Gäste der ver gangenen Jahre<br />
– von Alt-US‐Präsident Barack Obama über<br />
Virgin-Gründer Richard Branson bis Ex-<br />
Google-Chef Eric Schmidt. Bei Speed Dating<br />
Sessions, Table Captain Dinners und Pitches<br />
vor Investoren können Gründer ihre Ideen<br />
vorstellen, Unterstützer gewinnen und ihr<br />
Netzwerk erweitern. Neben dem Haupt-Event<br />
dürfen sich die Teilnehmer auf virtuelle<br />
How-to- Sessions und Masterclasses freuen.<br />
ISM München; bitsandpretzels.com<br />
STEFAN HOBMAIER, TEDXVIENNA<br />
90 INNOVATOR
SAVE THE DATE<br />
Auf dieser Bühne werden<br />
Dinge gesagt, von denen<br />
du nichts wusstest.<br />
Geniale Ideen, die die<br />
Welt – oder deine Sicht<br />
darauf – verändern<br />
können. Mehr wird nicht<br />
verraten.<br />
23<br />
Oktober<br />
TEDxVienna: UNTOLD<br />
„Unerzählte“ Geschichten stehen im Fokus dieses geheimnisvollen<br />
TEDx-Events im Wiener Volkstheater. TEDx – das<br />
sind unabhängig organisierte Ableger der weltberühmten<br />
TED-Talks, die es auch im Internet zum Nachklicken gibt.<br />
Die Veranstalter versprechen einen Blick durchs Schlüsselloch<br />
verborgenen Wissens – wobei so unterschiedliche<br />
Bereiche wie Technologie, Wissenschaft, Design und Ethik<br />
25<br />
München;<br />
sowie zwischenmenschliche Beziehungen Themen sind.<br />
Es ist davon auszugehen, dass dabei das eine oder andere<br />
interessante Geheimnis tatsächlich ausgeplaudert wird.<br />
Obwohl: Sicher ist hier gar nichts! Ganz im Sinne des<br />
Mottos UNTOLD wird das Line-up der Vortragenden erst<br />
am Tag der Veranstaltung bekannt gegeben.<br />
Volkstheater Wien; untold.tedxvienna.at<br />
14<br />
bis 29. Oktober 2und 3. Oktober<br />
Medientage<br />
The Founder<br />
München<br />
Summit<br />
Wie lassen sich Fake-News bekämpfen?<br />
Wie sieht die Zukunft<br />
Start-up aufzuziehen? Dann bist du<br />
Du träumst davon, dein eigenes<br />
von Podcasts aus? Bei diesem sowohl<br />
digital als auch vor Ort erleb-<br />
Festival genau richtig. Hier gewäh-<br />
auf Deutschlands größtem Gründerbaren<br />
Event dreht sich alles um<br />
ren Top-Unternehmen und innovative<br />
Start-ups seltene Einblicke<br />
die Potenziale des Journalismus.<br />
Angekündigt haben sich unter<br />
in ihre Strategien. Dazu kannst du<br />
anderem Sky Deutschland Chef<br />
mit vielen Investoren und Gleichgesinnten<br />
ins Gespräch kommen.<br />
Devesh Raj und „Tagesthemen“-<br />
Moderator Ingo Zamperoni.<br />
RMCC Wiesbaden;<br />
medientage.de<br />
thefoundersummit.de<br />
und 15. Oktober<br />
MO1N Startup<br />
Camp<br />
Newcomer aus dem Norden: Mit<br />
jeder Menge Herzblut haben die<br />
Macher ihr Festival in kurzer Zeit<br />
zum Fixstern der regionalen Startup-Szene<br />
gemacht – inzwischen<br />
sogar mit einer Filiale in Singapur.<br />
Dieses Jahr als Speaker mit<br />
von der Partie: „TikTok-Anwalt“<br />
Tim Hendrik Walter und Swapfiets-Gründer<br />
Richard Burger.<br />
Bremen; moin.camp<br />
INNOVATOR 91
DO IT <br />
Virtuelle Matterhornbesteigung:<br />
Innovative<br />
VR-Technologie und<br />
eine geradezu visionäre<br />
360-Grad-Filmproduktion<br />
machen’s möglich.<br />
29<br />
und 30. Oktober<br />
deGUT<br />
Die renommierte Berliner Messe für<br />
Gründer und Unternehmer geht in<br />
diesem Jahr bereits in die 37. Runde.<br />
Alles, was junge Start-ups an Knowhow<br />
benötigen, finden sie hier<br />
kompakt an einem Ort: praxisnahe<br />
Seminare, Workshops und Keynotes<br />
von Top-Gründern rund um Unternehmensführung<br />
und berufliche<br />
Selbständigkeit. Beim traditionellen<br />
BACB Speed Dating haben fünf ausgewählte<br />
Kandidaten fünf Minuten<br />
Zeit, um das Messepublikum und<br />
die illustre Business-Angel-Jury von<br />
ihrer Geschäftsidee zu überzeugen.<br />
Die Bewerbungsfrist dafür läuft noch<br />
bis 30. September.<br />
Arena Berlin; degut.de<br />
seit<br />
23<br />
Juni<br />
<strong>Red</strong> Bull The Edge<br />
Der Wind pfeift, das Adrenalin fließt. Wo ist der nächste sichere Griff? Gleich<br />
hast du den Gipfel des Matterhorns erreicht und genießt die atemberaubende<br />
Aussicht. Moment: Wir befinden uns nicht auf 4478 Meter Seehöhe, sondern<br />
in der neuen <strong>Red</strong> Bull The Edge Erlebnishalle im Verkehrshaus Luzern.<br />
360-Grad- Panorama-Bilder aus der VR-Brille und reale Elemente wie Bouldergriffe<br />
verschmelzen hier zu einem Gesamterlebnis, in dem Realität und Virtualität<br />
kaum zu unterscheiden sind. Ein Kick für wagemutige Gipfelstürmer.<br />
Verkehrshaus der Schweiz, Luzern;<br />
verkehrshaus.ch/besuchen/the-edge.html<br />
Speaker: Zuletzt trat<br />
etwa Christian Kroll, CEO<br />
der ökologischen Suchmaschine<br />
Ecosia, auf.<br />
ROMINA AMATO, DAVID AUSSERHOFER<br />
92 INNOVATOR
SAVE THE DATE<br />
22<br />
bis<br />
24. Oktober<br />
Entrepreneurship<br />
Summit<br />
Wirtschaft muss Antworten<br />
auf drängende Fragen unserer<br />
Zeit finden. Aus dieser<br />
Überzeugung gründete<br />
Günter Faltin seinen Summit,<br />
der sich dieses Jahr dem<br />
Thema Transparenz widmet.<br />
Tübingens Oberbürgermeister<br />
Boris Palmer gewährt<br />
Einblicke in die Zukunft der<br />
Stadtplanung. Je nach Vorschriften<br />
steigt das Event<br />
digital oder zudem vor Ort.<br />
Berlin; entrepreneurship.de<br />
5<br />
und 6. April<br />
hub.berlin<br />
Wer übermorgen prägen will,<br />
muss sich heute mit den richtigen<br />
Menschen zusammentun.<br />
Getreu dieser Überzeugung<br />
bietet die Zukunfts-Konferenz<br />
hub.berlin ihren mehr als<br />
8000 Teilnehmern jede Menge<br />
Möglichkeiten, sich miteinander<br />
zu vernetzen. Fast alle von<br />
ihnen haben einen Tech-Hintergrund<br />
und kommen aus innovativen<br />
Start-ups, der Politik<br />
oder Forschungsinstituten aus<br />
der ganzen Welt. Damit jeder<br />
Teilnehmende passende Gesprächspartner<br />
findet, bietet<br />
das Festival eine eigene „Kontakt-Vermittlung“,<br />
vier verschiedene<br />
Netzwerk-Bereiche<br />
sowie zahlreiche Kennenlern-<br />
Veranstaltungen.<br />
Station Berlin, hub.berlin<br />
19<br />
Oktober<br />
The Funding<br />
Cocktail<br />
Mit Innovationen die Welt verbessern:<br />
Dabei möchte Wayra,<br />
der weltweit größte unternehmenseigene<br />
Accelerator,<br />
Gründer unterstützen. 2020<br />
half das Programm des Telefónica-Konzerns<br />
Start-ups,<br />
über 2,7 Millionen Euro Umsatz<br />
zu generieren. Mit The<br />
Funding Cocktail bietet Wayra<br />
nun Investoren die Chance,<br />
sich von Tech-Pionieren zu<br />
aktuellen Themen inspirieren<br />
zu lassen und sich auszutauschen<br />
– sowohl vor Ort<br />
als auch virtuell.<br />
München; wayra.de<br />
Mit Höhenverstellung<br />
GO CURVED OR GO HOME!<br />
Mit den Gaming-Curved-Monitoren der 66er-Serie bist Du einfach näher dran!<br />
Tauche in Deine Welt ein und gewinne!<br />
65<br />
Finde Dein passendes Produkt unter<br />
gmaster.iiyama.com
DO IT RED BULL BASEMENT<br />
Bei <strong>Red</strong> Bull<br />
Basement sind<br />
Studierende aller<br />
Disziplinen und<br />
Fachrichtungen<br />
gefordert. Welche<br />
Idee hat das<br />
Zeug, die Welt<br />
zu verändern?<br />
<strong>Red</strong> Bull Basement<br />
STUDENTEN<br />
GEBEN STOFF<br />
<strong>Red</strong> Bull Basement geht in die<br />
nächste Runde. Von 1. September<br />
bis 24. Oktober sind wieder<br />
außergewöhnliche Ideen gefragt.<br />
Beim globalen Studenten-<br />
Event <strong>Red</strong> Bull Basement<br />
werden Ideen beflügelt, die<br />
die Welt zum Besseren verändern.<br />
Seit 2015 wurden<br />
und werden dabei zahlreiche<br />
innovative Einfälle ausgezeichnet,<br />
weiterentwickelt und bis zur<br />
Marktreife gebracht. Im Vorjahr<br />
schnappte sich ein junges Duo<br />
aus London den Preis – mit dem<br />
Entwurf einer nachhaltigen<br />
Waschmaschine, die noch in der<br />
kleinsten Studentenbude Platz<br />
hat. Man darf gespannt sein, wer<br />
dieses Jahr das Rennen macht.<br />
Voraussetzungen<br />
Um bei <strong>Red</strong> Bull Basement (Partner:<br />
global technology services<br />
company for a connected future<br />
NTT) anzudocken, muss man<br />
kein Start- up oder gar Nachfahre<br />
von Daniel Düsentrieb sein.<br />
Teilnahmeberechtigt sind alle<br />
Studierenden über achtzehn, die<br />
der englischen Sprache mächtig<br />
und in einem der 45 Teilnehmerstaaten<br />
wohnhaft sind. Wer das<br />
erfüllt, ist eingeladen, seine weltverändernde<br />
Idee einzusenden<br />
und mit der Community zu teilen.<br />
Teamwork<br />
Man bewirbt sich als Einzelperson<br />
oder im Zweierteam, um seine<br />
Idee zu verkörpern. Im Hintergrund<br />
dürfen auch noch mehr<br />
Teammitglieder mitwirken.<br />
redbullbasement.com, hello.global.ntt<br />
Call to Action<br />
DEINE IDEE ZÄHLT<br />
1. September – 24. Oktober<br />
BEWERBUNGSPHASE Idee<br />
auf den Punkt bringen, kurzes<br />
Video (max. 60 Sekunden)<br />
aufnehmen und hochladen<br />
auf: redbullbasement.com<br />
25. – 31. Oktober<br />
AUSWERTUNG durch lokale<br />
und globale Jurys auf Basis der<br />
Kriterien Machbarkeit, Impact,<br />
Kreativität sowie gemäß dem<br />
Ergebnis des Online-Publikumsvotings<br />
(„shout-out“).<br />
2. November<br />
BEKANNTGABE der Landessieger<br />
aus den 45 Teilnehmerstaaten.<br />
Danach Development-<br />
Phase: Alle Final-Teams<br />
werden bei der Aus arbeitung<br />
ihrer Präsentation professionell<br />
unterstützt.<br />
13. – 15. Dezember<br />
KÜR des Gewinners beim<br />
Global Final in Istanbul.<br />
ALEXANDER SCHWARZ/RED BULL CONTENT POOL (2)<br />
94 INNOVATOR
Spitz<br />
die Ohren<br />
The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> gibt’s nun auch zum<br />
Anhören: inspirierende Interviews, scharfe<br />
Porträts, abenteuerliche Reportagen.<br />
Jeden Mittwoch –<br />
überall, wo es Podcasts gibt.<br />
Jetzt reinhören<br />
und gleich abonnieren.<br />
Plus:<br />
MICHAEL KÖHLMEIERS<br />
Kolumne<br />
Boulevard der Helden<br />
als Podcast-Serie
KOLUMNE <br />
GEMEINSAM FÄHRT<br />
MAN BESSER<br />
Selbstfahrende Autos für Blinde und Hacker,<br />
die günstiges Bikesharing für alle ermöglichen:<br />
In ihrem neuen Buch zeigt Dr. Nari Kahle,<br />
wie Mobilitätskonzepte unsere Gesellschaft<br />
stärken können. Hier nennt sie vier Beispiele.<br />
Dr. Nari Kahle<br />
35, arbeitet seit 2015<br />
im Volkswagen Konzern,<br />
unter anderem als<br />
Leiterin für soziale<br />
Nachhaltigkeit. Aktuell<br />
ist sie Head of Strategic<br />
Programs bei CARIAD SE,<br />
dem Software- und<br />
Technologieunternehmen<br />
innerhalb des Volkswagen<br />
Konzerns.<br />
O<br />
b Hyperloop-Systeme, die<br />
uns in Kapseln mit bis zu<br />
1200 km/h durch Röhren<br />
von einer Stadt zur nächsten<br />
schießen, oder Flugtaxis,<br />
die uns zur Arbeit bringen:<br />
Denken wir an die Mobilität<br />
der Zukunft, geht es meist um Konzepte,<br />
die uns umweltschonender, schneller<br />
und komfortabler ans Ziel bringen. Und<br />
es stimmt ja auch: Solche Innovationen<br />
werden unser Leben und unsere Gesellschaft<br />
revolutionieren – und das auf<br />
so vielfältige Weise, dass manche Effekte<br />
noch gar nicht in unserem Bewusstsein<br />
angekommen sind, obwohl sie nicht<br />
weniger spektakulär sind als Hyperloop-<br />
Kapseln. Worum es mir geht, sind die<br />
Chancen, die neue Mobilitätsformen<br />
für unser Zusammenleben bedeuten,<br />
besonders für bisher benachteiligte Menschen.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass<br />
neue Verkehrskonzepte unsere Gemeinschaft<br />
fairer, sozialer und solidarischer<br />
machen können. Wie das funktionieren<br />
kann, erklären Pioniere aus verschiedenen<br />
Disziplinen in meinem neuen Buch<br />
„Mobilität in Bewegung“. Hier kommen<br />
vier Ansätze, die mich besonders faszinieren.<br />
Keine Visionen für übermorgen,<br />
sondern Ideen, die bereits umgesetzt<br />
werden (oder kurz davor sind), und neue<br />
Blickwinkel, die bestehende Möglichkeiten<br />
in neuem Licht erscheinen lassen.<br />
1. Busse auf Zuruf fürs Land<br />
Wenn Städter von E-Scootern zum<br />
Mieten an jeder Ecke oder Bike-Sharing<br />
erzählen, zucken Landbewohner oft mit<br />
den Schultern. Weil am Land weniger<br />
Menschen leben, lohnen sich solche Angebote<br />
dort nicht. Tatsächlich verfügen<br />
heute viele Dörfer noch nicht einmal<br />
über eine Busanbindung. Das ändert sich<br />
gerade. Schließlich erlauben digitale Technologien<br />
einen wesentlich effizienteren<br />
Einsatz von Mobilität. Die Idee: per<br />
Smartphone bestellbare Shuttles, die<br />
ihre Passagiere zu Knotenpunkten fahren.<br />
Kunden sehen in Echtzeit am Handy,<br />
wo ein Bus oder Transporter gerade ist,<br />
und können ihn kurzfristig für die benötigte<br />
Fahrt buchen. Vom Knotenpunkt,<br />
etwa einem (Bus-)Bahnhof, kann es<br />
dann weiter gehen – etwa in die nächste<br />
Stadt. Im niederbayerischen Freyung<br />
gibt es ein solches Angebot bereits.<br />
2. Bikes für alle<br />
Viele Menschen ziehen aus der Stadt weg,<br />
weil sie dem Trubel entfliehen, der Natur<br />
näher sein möchten. Andere wiederum<br />
können sich eine Wohnung im Zentrum<br />
schlicht nicht mehr leisten und leben deshalb<br />
in urbanen Randgebieten. Weil vielen<br />
von ihnen selbst das Geld für ein Monatsticket<br />
fehlt, verlieren sie den Anschluss<br />
an die Stadt und deren Angebote für Freizeit,<br />
Kultur, aber auch Bildung und Medizin.<br />
Um zu verhindern, dass unsere Gesellschaft<br />
noch weiter auseinanderdriftet,<br />
arbeiten Mobilitäts-Hacker an solidarischen<br />
Non-Profit-Lösungen. Für mein<br />
Buch habe ich etwa mit Hackern gesprochen,<br />
die in Ulm mit einer Open-Source-<br />
Software kostengünstiges Bikesharing<br />
anbieten wollen. Oder mit den Machern<br />
eines Sozio-Med-Mobils, das ältere Menschen<br />
digital buchen können, damit es<br />
sie zu Fach ärzten in der Stadt bringt.<br />
3. Autos für Blinde<br />
Während der Autofahrt ins Büro ein<br />
Buch lesen, auf der Rückfahrt ein Computerspiel<br />
zocken oder ein Nickerchen<br />
einlegen: Wenn wir an selbstfahrende<br />
Autos denken, fällt vielen neben der<br />
höheren Verkehrssicherheit zuerst der<br />
gewonnene Komfort ein. Für manche<br />
Menschen jedoch werden sie eine bis<br />
dahin undenkbare Freiheit ermöglichen.<br />
Niemand weiß das besser als Steve<br />
Mahan, der 2015 in Texas die erste Testfahrt<br />
mit einem selbstfahrenden Auto<br />
PAUL MEIXNER<br />
96 INNOVATOR
READ IT<br />
IMPRESSUM <br />
MICH FASZINIERT,<br />
WIE WIR GRENZEN ÜBER<br />
WINDEN KÖNNEN, WENN<br />
WIR REISEN NEU DENKEN.<br />
auf öffent lichen Straßen wagte und im<br />
dabei gedrehten Video berichtet, wie viel<br />
Hoffnung er als Blinder in diese Technik<br />
setzt. In der Forschung gibt es bereits<br />
Über legungen, wie fortschrittliche Sprachsteuerung<br />
oder haptisches Feedback<br />
Menschen mit Sehbehinderung die Bedienung<br />
erleichtern könnten. Auch andere<br />
Menschen mit körperlicher oder geistiger<br />
Behinderung werden Unabhängigkeit<br />
gewinnen – und selbst entscheiden, wann<br />
sie einen Freund im Nachbarort besuchen<br />
oder zu einem Konzert fahren.<br />
4. Weltreisen für Stubenhocker<br />
Wir alle haben in letzter Zeit wegen der<br />
Pandemie eine neue Form des Reisens<br />
ausprobiert, für die wir weder viel Geld<br />
benötigen, noch die Wohnung verlassen<br />
müssen. Die Videokonferenz ersetzte<br />
Dienstreisen. Gerade Menschen mit<br />
finanziellen oder körperlichen Einschränkungen<br />
wird das in Zukunft neue<br />
Perspektiven eröffnen. So werden sie an<br />
Schulen und Unis auf der ganzen Welt<br />
studieren können und Jobs rund um den<br />
Globus finden. Die Möglichkeiten, an<br />
Meetings, Vor trägen, Kursen und sogar<br />
ganzen Studiengängen digital teilzunehmen,<br />
werden immer besser. Natürlich<br />
bleibt der Vor-Ort-Kontakt von Mensch<br />
zu Mensch gerade für benachteiligte<br />
Menschen wichtig, und digitale Angebote<br />
allein sind nicht die Lösung. Aber mich<br />
fasziniert die Vorstellung, wie Menschen<br />
Grenzen überwinden können, wenn wir<br />
nicht nur Fortbewegungsmittel neu<br />
erfinden, sondern auch an einer neuen<br />
Vorstellung von Mobilität arbeiten.<br />
Reisen im Kopf: Das bedeutet mehr als<br />
bloß von A nach B zu kommen.<br />
Mehr Erkenntnisse,<br />
wie Mobilität unsere<br />
Gemeinschaft stärken<br />
kann, finden sich im<br />
Buch „Mobilität in Bewegung“<br />
von Dr. Nari<br />
Kahle (264 Seiten,<br />
25 Euro). narikahle.com<br />
Gesamtleitung The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
Alexander Müller-Macheck (Ltg.), Sara Car-Varming<br />
Chefredaktion The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
Andreas Rottenschlager (Ltg.), Andreas Wollinger<br />
Chefredakteur <strong>Innovator</strong><br />
Arek Piatek<br />
Creative Director <strong>Innovator</strong><br />
Kasimir Reimann (Ltg.), Erik Turek<br />
Art Direction Marion Bernert-Thomann,<br />
Miles English, Tara Thompson<br />
Grafik Martina de Carvalho-Hutter,<br />
Cornelia Gleichweit, Kevin Goll<br />
Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty<br />
(Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör<br />
Digitalredaktion Christian Eberle-Abasolo (Ltg.),<br />
Marie-Maxime Dricot, Melissa Gordon,<br />
Lisa Hechenberger, Elena Rodriguez Angelina,<br />
Benjamin Sullivan<br />
Head of Audio Florian Obkircher<br />
Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann<br />
Managing Editor Ulrich Corazza<br />
Publishing Management Ivona Glibusic, Bernhard<br />
Schmied, Melissa Stutz, Anna Wilczek<br />
Managing Director Stefan Ebner<br />
Head of Media Sales & Partnerships<br />
Lukas Scharmbacher<br />
Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger<br />
Projektmanagement Co-Publishing,<br />
B2B-Marketing & Communication<br />
Katrin Sigl (Ltg.), Mathias Blaha, Katrin Dollenz,<br />
Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B),<br />
Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner<br />
(Communication), Jennifer Silberschneider<br />
Creative Services<br />
Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka,<br />
Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart<br />
Commercial Management Co-Publishing<br />
Alexandra Ita<br />
Editorial Co-Publishing<br />
Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann,<br />
Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser<br />
Executive Creative Director Markus Kietreiber<br />
Senior Manager Creative Elisabeth Kopanz<br />
Art Direction Commercial & Co-Publishing<br />
Peter Knehtl (Ltg.), Erwin Edtmayer, Simone Fischer,<br />
Martina Maier, Andreea Parvu, Carina Schaittenberger,<br />
Alexandra Schendl, Julia Schinzel, Florian Solly,<br />
Dominik Uhl, Sophie Weidinger, Stephan Zenz<br />
Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Marija Althajm,<br />
Nicole Glaser, Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar<br />
Anzeigenservice<br />
Manuela Brandstätter, Monika Spitaler<br />
Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.),<br />
Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig<br />
Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis,<br />
Nenad Isailovic, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher<br />
Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Klaus Pleninger<br />
MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler<br />
Operations Melanie Grasserbauer,<br />
Alexander Peham, Thomas Platzer<br />
Projekt Management<br />
Dominik Debriacher, Gabriela-Teresa Humer<br />
Assistant to General Management Sandra Artacker<br />
Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer<br />
Verlagsanschrift Am grünen Prater 3, A-1020 Wien<br />
Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809<br />
Web redbulletin.com<br />
Medieninhaber, Verlag & Herausgeber<br />
<strong>Red</strong> Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-<br />
Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i,<br />
Landesgericht Salzburg, ATU63611700<br />
Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz,<br />
Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber<br />
INNOVATOR BY THE RED BULLETIN<br />
Deutschland, ISSN 2079-4258<br />
Länderredaktion<br />
David Mayer<br />
Country Project Management<br />
Nina Hahn<br />
Lektorat<br />
Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert, Monika<br />
Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda<br />
Mautner, Klaus Peham, Vera Pink<br />
Media Sales & Partnerships<br />
Thomas Hutterer (Markenlead),<br />
Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner,<br />
Ines Gruber, Thomas Gubier, Daniela Güpner,<br />
Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner,<br />
Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher,<br />
Jennifer Sabejew, Johannes Wahrmann-<br />
Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker,<br />
Christian Wörndle, Sabine Zölß<br />
INNOVATOR BY THE RED BULLETIN<br />
Österreich, ISSN 1995-8838<br />
Länderredaktion<br />
Arek Piatek<br />
Country Project Management<br />
Ivona Glibusic<br />
Lektorat<br />
siehe entsprechenden Eintrag<br />
bei Deutschland<br />
Media Sales & Partnerships<br />
Thomas Hutterer (Markenlead),<br />
Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner,<br />
Ines Gruber, Thomas Gubier, Daniela Güpner,<br />
Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner,<br />
Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher,<br />
Jennifer Sabejew, Johannes Wahrmann-<br />
Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker,<br />
Christian Wörndle, Sabine Zölß<br />
anzeigen@at.redbulletin.com<br />
Sales Operations & Development<br />
Anna Schönauer (Ltg.), David Mühlbacher<br />
Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz<br />
Informationen zum Medieninhaber<br />
sind ständig und unmittelbar unter<br />
folgender Web-Adresse auffindbar:<br />
redbull.com/im/de_AT<br />
Kontakt<br />
redaktion@at.redbulletin.com<br />
INNOVATOR BY THE RED BULLETIN<br />
Schweiz, ISSN 2308-5886<br />
Länderredaktion<br />
Arek Piatek<br />
Country Project Management<br />
Melissa Stutz (Ltg.), Ivona Glibusic<br />
Lektorat<br />
siehe entsprechenden Eintrag bei Österreich<br />
Media Sales & Brand Partnerships<br />
Stefan Brütsch (Team Lead),<br />
stefan.bruetsch@redbull.com<br />
Marcel Bannwart,<br />
marcel.bannwart@redbull.com<br />
Christian Bürgi,<br />
christian.buergi@redbull.com<br />
Jessica Pünchera,<br />
jessica.puenchera@redbull.com<br />
Goldbach Publishing<br />
Marco Nicoli<br />
marco.nicoli@goldbach.com<br />
INNOVATOR 97
TECHNIK- HIGHLIGHT <br />
Kühles Design, aber absolut uncool:<br />
Der Fusionsreaktor EAST<br />
stellte einen neuen Weltrekord<br />
bei der Kernfusion auf.<br />
150 Millionen Grad<br />
Arbeitstemperatur<br />
Im Juli dieses Jahres gelang chinesischen<br />
Forschern eine Sensation: Mit<br />
dem Kernfusionsreaktor EAST verschmolzen<br />
sie zwei Wasserstoff-Atomkerne<br />
– zehn Sekunden lang. Diese<br />
aufsehenerregend lange Fusionszeit<br />
(in der außerordentlich viel Energie frei<br />
wird) war allerdings nur unter Extrembedingungen<br />
möglich: Nicht weniger als<br />
150 Millionen Grad Celsius betrug dabei<br />
die Betriebstemperatur des EAST, also<br />
rund zehnmal so heiß wie die Temperatur<br />
im Sonnen-Inneren. Sinn des Experiments:<br />
Die bei Kernfusionen gewonnene<br />
Energie könnte künftig eine saubere<br />
Alternative zur Energiegewinnung aus<br />
fossilen Brennstoffen sein, da weder<br />
Treibhausgase freigesetzt werden noch<br />
radio aktiver Abfall entsteht, wie etwa bei<br />
der Kernspaltung in Atomkraftwerken.<br />
DIESER REAKTOR<br />
WIRD ZEHNMAL SO<br />
HEISS WIE DIE SONNE.<br />
EAST AREK PIATEK<br />
98 INNOVATOR
INNOVATE AT UNIVERSITY TODAY,<br />
DISRUPT THE WORLD TOMORROW<br />
APPLY BY OCT 24TH<br />
REDBULLBASEMENT.COM<br />
RED BULL GIVES YOU WIIINGS.
Pure Emotion.<br />
Streetfighter V4 S<br />
The Fight Formula<br />
www.ducati.de<br />
Die Streetfighter V4 verkörpert die “Fight Formula” von Ducati: eine Panigale V4 ohne Verkleidung. 178 Kilo leicht.<br />
Komplettes Ducati Elektronik-Paket. Breiter Lenker. Seitliche Winglets. Der 1.103 cm³ Desmosedici Stradale<br />
mit 208 PS macht sie zur ultimativen Ducati Super Naked – gefeiert von Motorradfahrern auf der ganzen Welt<br />
und den internationalen Medien. Alle Modelle der Ducati Streetfighter V4-Reihe erfüllen jetzt die strenge<br />
Euro 5-Abgasnorm zur Schadstoffreduzierung. Zu den Neuerungen zählen Features wie die verbesserte Bremsund<br />
Kupplungspumpe. Beide sind jetzt selbstentlüftend und wurden erstmals bei der Superleggera V4 eingesetzt.<br />
Als Farben stehen Ducati <strong>Red</strong> und Dark Stealth für die Streetfighter V4 S zur Wahl.<br />
Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Ducati Händler und auf www.ducati.de<br />
Hubraum 1.103 cm³ | Leistung 208 PS (153 kW) bei 12.750 U/min | Drehmoment 123 Nm bei 11.500 U/min | Trockengewicht 178 kg