30ZoomDasschwarzeSchafIm politischen Gespräch mit ChristopherAndersen, JU-Ortsvorsitzender Bärenkeller,Oberhausen und Kriegshaber
Zoom31Christopher Andersen ist wohl alles andere als das, was man sich unter dem typischen Vorsitzenden einer Ortsgruppe derJungen Union vorstellt. Hemd und Trachtenjanker sucht man bei dem 20-Jährigen vergebens, stattdessen präsentiert ersich lieber im lässigen Look und mit pinker Sonnenbrille. Auch politisch ist der Nachwuchspolitiker dafür bekannt, neueCWege zu gehen. Erst vor Kurzem sorgte sein Ortsverband mit dem Vorschlag einer Legalisierung von Cannabis für Furore.CWir haben ihn auf eine Runde Hot Wings bei Kentucky Fried Chicken getroffen. Interview und Bild: Moritz WinklerChristopher, wir sitzen im KFC in Augsburg. Sie würde den Fokus der Strafverfolgung vonCHier hast du zuletzt mit deinem Ortsverband harmlosen Kiffern auf echte Kriminelle verlagernCauch deinen Stammtisch abgehalten. Geht und mehr Hilfsangebote für Personen mit ungesundemKonsumverhalten schaffen.Cman als konservativer Nachwuchs der CSUCnicht normalerweise ins bayerische Wirts-haus?Wie steht deine Partei dazu?Das Wirtshaus ist natürlich der Klassiker.Diese sicherheits- und gesundheitspolitischenThemen sind eigentlich Kernanliegen derAber wie das bei Klassikern eben so ist, auf dieDauer kann es schnell langweilig werden. Ich Union – sie weiß das anscheinend nur noch nicht.wollte einfach mal etwas frischen Wind in die Stattdessen zeigen wir uns als Union, die anderenSache bringen, was übrigens auch bei den anderenMitgliedern sehr gut angekommen ist. Mal bei diesem Thema eher widersprüchlich.Parteien gerne vorwirft, Verbotsparteien zu sein,schauen, vielleicht geht‘s ja das nächste Mal zumDönerladen um die Ecke.Frischer Wind ist auch ein gutes Stichwort füreure letzte gemeinsame Ortsvorstandssitzung.Dort habt ihr euch für die Legalisierung vonCannabis ausgesprochen.Alles hat mit meiner Abiturprüfung im Sommerangefangen. Damals habe ich zur Feier desTages ein Bild mit einem Bier-beladenen Bollerwagenauf Twitter gepostet. Anscheinend hat dasauch der Bundesdrogenbeauftragten Daniela Ludwiggefallen. Jedenfalls hat sie den Beitrag gelikedund dafür einen riesigen Shitstorm unter demVorwurf der Doppelmoral abbekommen. Weil siebei Gras die harte Linie der Bundesregierung vertritt,dann aber bei einem „Saufbild“ auf Twittereinfach so einen Like dalässt. Richtig Öl ins Feuergegossen wurde aber erst, als die Story als Glossein der Süddeutschen Zeitung aufgetaucht ist. Daswar für mich dann der Stein des Anstoßes, umeine innerparteiliche Debatte anzuregen.Wo liegen denn die Vorteile einer Legalisierungvon Cannabis?Trotz Verbot konsumieren immer mehrMenschen Cannabis und setzen sich dabei nichtnur gesundheitlichen Gefahren aus. Kein Menschkontrolliert schließlich die Inhaltsstoffe der Wareoder das Alter der Kunden. Eine Legalisierungwürde das ändern und gleichzeitig auch unser Justizsystementlasten, das im Moment unglaublichviele Mittel für die Strafverfolgung von Konsumentenaufwendet, die woanders dringendergebraucht werden. Mit einer Besteuerung vonCannabis könnte der Staat dagegen sogar nochEinnahmen generieren und Aufklärungs- undPräventionsarbeit fördern. Damit wäre unsererGesellschaft, aber auch jedem einzelnen Konsumentenmehr geholfen als durch eine generelleKriminalisierung aller Kiffer. Eine Legalisierungwürde mehr Sicherheit für die Allgemeinheit undauch für den einzelnen Konsumenten bedeuten.Wie fielen denn bisher die Reaktionen vonPresse und Parteifreunden auf euren Vorschlagkonkret aus?Medial gab es großes Aufsehen. Dass die Entscheidungeines JU-Ortsverbandes für so großenWirbel sorgt, zeigt, dass die CSU an dieser Stelleeine offene Flanke hat. Von der Jungen Union,aber auch von alteingesessenen CSUlern gab esfür den Vorstoß Unterstützung. Viele MitgliederSicherheits- und gesundheitspolitische Themensind eigentlich Kernanliegen der Union – sie weißdas anscheinend nur noch nicht.haben sich gefreut, dass die JU wieder Themengegen die eigene Parteilinie vorantreibt. Schließlichgalt die Jugendorganisation früher einmalals der Stachel im Fleisch der CSU, dieses Profilkönnen wir, wenn es nach mir geht, gerne wiedermehr schärfen.Welche politischen Themen liegen dir, abgesehenvon der Drogenpolitik, noch am Herzen?Ganz klar Europa, vor allem im Hinblick aufChina. Ich bin deutsch-dänischer Staatsbürgerund auch bei unserer dänischen Schwesterpartei„Konservativ Ungdom“ aktiv. Der ehemaligeVorsitzende Anders Storgaard, der ein Freund vonmir ist, hat gemeinsam mit dem Vorsitzenden eineranderen Jugendpartei einem Demokratieaktivistenaus Hongkong geholfen, über Dänemark ins Exilzu flüchten. Anfang des Jahres wurden die beidendann vom dänischen Geheimdienst informiert,dass gegen sie ein internationaler Haftbefehl vorliegtund sie das Land nicht mehr ohne geheimdienstlicheAbsprache verlassen dürfen, da sie sonstGefahr laufen, nach China ausgeliefert zu werden.Das ging mir sehr nahe und hat mich schockiert.Es gibt tatsächlich viele solcher besorgniserregenderGeschichten über China.Allerdings! China versucht seine Kritikermundtot zu machen, um so Stück für Stückunsere demokratischen Systeme auszuhebeln.Und das schlimme ist, sie haben damit offensichtlichnoch Erfolg, denn keiner traut sich, aus Angstvor den Konsequenzen, etwas dagegen zu sagen.Das ist neben dem Klimawandel eines der größtenProbleme unserer Zeit, das es zu lösen gilt. Ichhoffe, dass die neue Bundesregierung beides nochetwas beherzter anpackt!Wer durch deine Social Media Accountsscrollt, dem fällt direkt die pinke Sonnenbrilleauf, die du auf fast all deinen Fotos trägst. Gibtes eine Geschichte dahinter?Na klar. Auf der JU-Landesversammlung 2019habe ich sie mir an einem Stand ergattert. EinigeWochen später waren wir dann mit der Schulein Berlin auf Klassenfahrt. Dort habe ich die Brillenkettegesehen und die perfekte Kombinationwar geboren! Was eigentlich als Witz nach einpaar Parteitags-Freibieren anfing, wurde so zumalltäglichen modischen Accessoire mit Wiedererkennungswert.Wie sehen denn deine Pläne nach bestandenemAbitur aus?Für mich geht es jetzt erst einmal gemeinsammit meinem Freund für zehn Monate nachKopenhagen auf ein Gap-Year. Wie es danachweitergeht, weiß ich noch nicht. Vielleicht hängeich einfach noch ein weiteres Jahr dran.Wie wäre es mit einer Karriere in der Politik?Die strebe ich bewusst nicht an und bleibedafür lieber unabhängig. Es gibt schon genügend„Berufs-JUler”, wie ich sie gern nenne, dieunbedingt in der Partei Karriere machen wollenund sich dafür vollkommen anpassen. Ich bleibelieber der bunte Vogel, der seine eigene Meinunghat und der eigenen Partei auch mal Kontra gibt,wenn er mit etwas nicht einverstanden ist. (mw)