26. September 2021
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www.grazer.at <strong>26.</strong> SEPTEMBER <strong>2021</strong><br />
Expertengespräch:<br />
Drei Pfade zur<br />
Mobilität von morgen<br />
Helmut<br />
Eichlseder,<br />
Leiter des<br />
Instituts<br />
für<br />
Verbrennungskraftmaschinen<br />
und<br />
Thermodynamik,<br />
neben<br />
einem<br />
Brennstoffzellenprüfstand<br />
TU<br />
GRAZ/LUNGHAMMER<br />
INTERVIEW. Helmut Eichlseder leitet das Institut für Verbrennungskraftmaschinen der TU seit 20 Jahren.<br />
Im Interview spricht er über die Mobilität der Zukunft und die Frage, ob Wasserstoff klimafreundlich ist.<br />
Von Fabian Kleindienst<br />
fabian.kleindienst@grazer.at<br />
Herr Eichlseder, Sie leiten das Institut<br />
für Verbrennungskraftmaschinen<br />
und Thermodynamik der TU<br />
seit 20 Jahren – und hatten diese<br />
Woche Forscher aus aller Welt bei einer<br />
Tagung zum Thema „Nachhaltigkeit<br />
in Mobilität, Transport und<br />
Energieerzeugung“ zu Gast. Verkehr<br />
und Mobilität waren ja auch politisch<br />
zuletzt häufig Thema. Meine<br />
erste Frage wäre ganz plakativ: Hat<br />
der Verbrennungsmotor Zukunft?<br />
Helmut Eichlseder: Ja – in vielen<br />
Anwendungen, wo es heute nicht<br />
möglich ist, die Energiedichte zu<br />
speichern, wie bei Großmotoren.<br />
Die Schlüsselfrage ist, wo die Energie<br />
herkommt – wer der Energieträger<br />
ist. Das wird häufig vermengt,<br />
indem man nur das letzte Glied in<br />
der Kette anschaut, nämlich den<br />
Energiewandler. Die ganze Vorkette,<br />
wie die Energie bereitgestellt<br />
wird, das ist auch in der derzeitigen<br />
Binder+Co für Umwelt<br />
■ In einer Pressekonferenz im<br />
Grazer Presseklub berichteten die<br />
Vorstandsmitglieder der Firma<br />
Binder+Co Martin Pfeffer und<br />
Jörg Rosegger über eine deutliche<br />
Umsatzsteigerung im ersten<br />
Halbjahr <strong>2021</strong>. Die Umsatzsteigerung<br />
des Unternehmens mit Sitz<br />
Gesetzgebung nicht wirklich abgebildet.<br />
Verbrennungskraftmaschinen,<br />
die ich mit einem sogenannten<br />
E-Fuel betreibe oder einem<br />
nachhaltig bereitgestellten Kraftstoff,<br />
sind aber genauso CO 2<br />
-verträglich<br />
wie andere Anwendungen.<br />
Wie kann Mobilität in Zukunft<br />
also aussehen?<br />
Eichlseder: Der Schlüssel ist,<br />
dass wir auf nachhaltig bereitgestellte<br />
Energie zurückgreifen. Dann<br />
gibt es drei Pfade. Der erste wäre<br />
batterieelektrisch – das ist die effizienteste<br />
Variante. Das Problem ist,<br />
dass ich nicht ausreichend Energiemengen<br />
für alle Anwendungen<br />
speichern kann. Der zweite Pfad ist,<br />
dass ich die nachhaltig gewonnene<br />
elektrische Energie in einen Speicher<br />
umwandle. Wind oder Sonne<br />
kommen ja nicht immer, wenn wir<br />
sie brauchen. Deshalb speichert<br />
man sie in Wasserstoff. Der dritte<br />
Pfad sind die sogenannten E-Fuels.<br />
Der Wasserstoff aus der Elektrolyse<br />
wird in einem Syntheseschritt<br />
in Gleisdorf ist auf Nachholeffekte,<br />
Förderprogramme, aber auch auf<br />
den unerwartet starken wirtschaftlichen<br />
Aufschwung zurückzuführen.<br />
Europa, vor allem die EU-<br />
Länder, blieb mit über 70 Prozent<br />
der wichtigste Absatzmarkt für die<br />
Binder+Co AG.<br />
zu flüssigem Kohlenwasserstoff<br />
angereichert. Der Nachteil ist, dass<br />
der Wirkungsgrad mit der weiteren<br />
Umwandlung schlechter wird,<br />
der Vorteil, dass man ihn in großen<br />
Mengen speichern, transportieren<br />
und die bestehende Fahrzeugflotte<br />
damit antreiben kann.<br />
Also ist eine Kombination nötig?<br />
Eichlseder: Genau. Im Flugverkehr<br />
beispielsweise wird es ohne<br />
E-Fuels nicht gehen.<br />
Der Elektromotor hat den höchsten<br />
Wirkungsgrad. Wird er im Individualverkehr<br />
bei uns langfristig<br />
am häufigsten Anwendung finden?<br />
Eichlseder: Er wird auf jeden<br />
Fall viel Anwendung finden. Er<br />
wird aber seine Grenzen im Langstreckenverkehr<br />
haben, Stichwort<br />
Speicherung. Aber: Auch wenn ich<br />
ab 2030 nur noch batterieelektrische<br />
Fahrzeuge zulasse, dann dauert<br />
es, bis die Flotte durchdrungen<br />
ist. Das heißt, es geht sich mit den<br />
Klimazielen nicht aus, ohne dass<br />
ich zum Beispiel E-Fuels nehme,<br />
Finanz-Symposium<br />
um auf den bestehenden Fuhrpark<br />
zurückzugreifen.<br />
Stichwort Wasserstoff. Zuletzt<br />
gab es Kritik daran, dass der Großteil<br />
nicht aus der klimafreundlichen<br />
Elektrolyse gewonnen wird, sondern<br />
aus Erdgas. Ist das also überhaupt<br />
ein nachhaltiger Antrieb?<br />
Eichlseder: Heute wird tatsächlich<br />
ein Großteil so gewonnen. Darum<br />
betone ich immer: Das muss auf<br />
nachhaltiger Energie beruhen, die<br />
wir aber derzeit nicht ausreichend<br />
haben. Damit das gelingt, müssen<br />
wir massiv erneuerbare Energie bereitstellen.<br />
Ich persönlich sehe das<br />
als dringenden Anschub, damit das<br />
Ganze in Gang kommt.<br />
In Graz hat der Mobilitätssektor<br />
einen großen Stellenwert. Wie sehen<br />
Sie die Rolle des Standorts?<br />
Eichlseder: Graz hat eine Schlüsselrolle<br />
mit seinen Universitäten<br />
und Betrieben wie der AVL oder<br />
Magna. Das wird auch international<br />
wahrgenommen, wie zum Beispiel<br />
unsere Tagung beweist.<br />
■ Am Freitag fand das jährliche<br />
Symposium der steirischen Finanzdienstleister<br />
statt. Diesmal<br />
legte man einen Schwerpunkt<br />
auf das Thema Versicherungsvermittlung<br />
und Recht – von<br />
vernachlässigten Vertragsklauseln<br />
bis Compliance und Beraterhaftung.<br />
Hannes Dolzer,<br />
österreichweiter Fachverbandsund<br />
steirischer Fachgruppenobmann,<br />
betonte beispielsweise,<br />
dass man die von der EU-Kommission<br />
angedachte Einführung<br />
einer Zinsobergrenze bei Krediten<br />
kategorisch ablehnt.