Umweltkalender 2012 - Stadt Werther
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Du sagst mir was du isst – und ich sag dir, wer du bist?<br />
Für die Mehrheit der Deutschen ist Essen<br />
ein Genusserlebnis und Ausdruck der<br />
Lebenseinstellung. Das Ernährungsverhalten<br />
von Mann und Frau dient nach<br />
wissenschaftlichen Studien aber auch der<br />
natürlichen Demonstration des eigenen<br />
Geschlechts. Darüber haben Sie noch<br />
nicht nachgedacht? Dann passen Sie mal<br />
gut auf…<br />
Keineswegs realisieren wir bewusst, dass<br />
wir täglich tief verwurzelten gesellschaftlichen<br />
Denkmustern fo gen. Essen und<br />
Trinken gehört in unserer Gesellschaft<br />
schließlich zu den alltäglichsten Dingen<br />
überhaupt.<br />
Aber die Geschlechterordnung und auch<br />
die Ordnung des Essens – wie man/frau<br />
sich zu ernähren hat – orientieren sich an<br />
kulturell-historischen Regeln.<br />
Durchschnittlich nimmt der Mann täglich<br />
100 g Wurst- und Fl ischwaren zu<br />
sich, während Frauen sich gerade mal mit<br />
der Hälfte begnügen. Männer greifen im<br />
Durchschnitt zweimal täglich zu einem<br />
Obststück, während Frauen ihre Vitaminbilanz<br />
am Tag mit drei Portionen von Apfel,<br />
Birne & Co. steigern. Auch beim Trinkverhalten<br />
unterscheiden sich Frauen und<br />
Männer deutlich. Männer trinken viermal<br />
so viel Alkohol als Frauen und bevorzugen<br />
Bier, während Frauen Wein und Sekt<br />
bevorzugen.<br />
Gründe für diese Ungleichheiten liegen<br />
meist schon in der Kindheit. Eltern unterstützen<br />
häufig unbewusst geschlechtsspezifische<br />
Essstile und fördern somit die<br />
eigene Inszenierung als besonders weiblich<br />
oder männlich. Jungs müssen „groß<br />
und stark“ werden, dürfen große Portionen<br />
vertilgen und lustvoll zubeißen.<br />
Bei Mädchen wird wegen der schlanken<br />
Linie oftmals auf Zurückhaltung gesetzt,<br />
sch elles und maßloses zugreifen bei<br />
Tisch ist eher als „unweiblich“ verpönt.<br />
Experimente zeigen, dass eine Frau, die<br />
im Rahmen einer Mahlzeit wenig isst, als<br />
besonders weiblich erlebt wird. Sie erscheint<br />
attraktiver, besser aussehend und<br />
gefühlsbetonter, als wenn diese ordentlich<br />
zulangt „wie ein Mann“.<br />
Backen, kochen und schmoren gelten als<br />
weibliche Kompetenzfelder. Die Familie zu<br />
beköstigen und Mahlzeiten „mit Liebe zuzubereiten“<br />
bilden Gradmesser für gelungene<br />
Weiblichkeit. „Mild, leicht und soft“<br />
sind Beschreibungen, die den weiblichen<br />
Geschmack bedienen. Männer hingegen<br />
grillen, zelebrieren das Kochen als „Event“<br />
und erhoffen sich Bewunderung durch<br />
andere. Männer essen Holzfällersteaks,<br />
Jägerschnitzel und einen strammen Max.<br />
„Männliche Speisen“ sind deftig, kräftig<br />
und gehaltvoll. Längst werden Produkte<br />
mit diesen Attributen beworben, um den<br />
Kunden oder die Kundin zu definieren<br />
und gez elt anzusprechen. Wenn aber<br />
leichte Kost und Appetitlosigkeit von<br />
der Umwelt mit weiblicher Attraktivität<br />
assoziiert wird, fällt es Mädchen schwer,<br />
genussvoll den eigenen Essvorlieben<br />
nachzugehen. Weibliche Sozialisation ist<br />
in hohem Maße auf den Körper und seine<br />
Manipulation konzentriert, während Jungen<br />
eher ein instrumenteller leistungsorientierter<br />
Körpergebrauch vermittelt<br />
wird. Das damit verbundene Essverhalten<br />
und die Zufriedenheit mit dem eigenen<br />
Körper zeigen deutliche Geschlechterdifferenzen<br />
auf. Essstörungen wie<br />
Magersucht und Bulimie sind daher<br />
Krankheitsbilder, die leider immer öfter<br />
diagnostiziert werden und vornehmend<br />
das weibliche Geschle ht belasten.<br />
Es gilt also:<br />
Mädchen und Jungen sollten Geschlechterimages<br />
aufbrechen dürfen. Mädchen<br />
und Jungen sollten sowohl kochen als<br />
auch grillen. Mädchen dürfen ein Stück<br />
Fleisch mit den Händen verschlingen,<br />
Jungen einen Salat zubereiten und auch<br />
gern verspeisen dürfen.<br />
Kontakt:<br />
Gleichstellungsstelle der <strong>Stadt</strong> <strong>Werther</strong><br />
(Westf.), Elke Radon, Tel.: 05203/705-62<br />
oder E-Mail: elke.radon@gt-net.de