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HAUS OHNE BETON

Dieses Einfamilienhaus in Breitenfurt bei Wien kommt

nicht nur ohne synthetische, sondern auch ohne gebrannte

mineralische Baustoffe aus. Beton, Gips oder

Ziegel sucht man bei diesem Haus vergeblich. Wie geht

das? Man braucht doch zumindest am Boden eine Bodenplatte

oder ein Fundament aus Beton? Man kann

das auch eleganter lösen, in dem man ein Holzhaus auf

Schrauben stellt. Diese Schraubfundamente haben

einen Durchmesser von 15 cm und ragen je nach Belastungsanforderung

1 bis 3 m in die Tiefe. Dazu muss man

den bestehenden Erdboden nicht aufbereiten. So wie er

ist, werden die Schrauben in den Boden gedreht. Wie tief

wird bestimmt durch die Beschaffenheit des Bodens. So

kann man das Ökosystem im Boden belassen und zerstört

es nicht durch mechanische und chemische Eingriffe.

Wenn man am Ende das Haus abbricht schraubt

man die Fundamente wieder heraus und füllt die 15 cm

großen Löcher mit Erde. Es bleiben keinerlei Rückstände

im Boden. Auf die Schraubfundamente wird eine Holzbodenplatte

gelegt, die unten natürlich belüftet ist. Dadurch

kann das Holz unbehandelt bleiben, weil die natürliche

Konvektion die Feuchtigkeit abführt. Es gibt also

keinerlei Kontakt zwischen Gebäude und Erdboden. Ein

weiterer Vorteil ist also, dass keine Abdichtungsmaßnahmen

nötig sind. Man kann auf XPS (Styropordämmung

im Erdbereich) und auf die dort erforderlichen

bituminösen Abdichtungen verzichten. Durch das gänzliche

Vermeiden von synthetischen Baustoffen spart

man eine Menge CO2 ein. Die Herstellung synthetischer

Baustoffe ist ein wesentlicher Verursacher von CO2

Emissionen. Hier werden erst gar keine gebildet! Auch

der weitere Aufbau ist einfacher, weil es ja keinen Kontakt

zum feuchten Boden gibt. Auf der Holzbodenplatte

können Holzfaserdämmstoffe und Holzböden aufge-

baut werden. Das wird hier auch konsequent ausgenutzt.

Die verwendeten Materialien sind unverleimte Hölzer in

der Konstruktion, Holzfaser als Dämmstoff und Lehm als

innere Schicht, die das Raumklima regelt. Das Holzhaus

ist mit einer unverleimten Brettstapelwand konstruiert,

deren Festigkeit ausschließlich durch das mechanische

Verdübeln von Holzpfosten erzeugt wird. Innen sind dicke

Lehmschichten aufgebracht, die die Wandheizung umschließen

und wesentlich zur Feuchtigkeitsregulierung der

Raumluft beisteuern. Es ist also nicht nur von der Fußsohle

bis zum Scheitel ohne Beton gebaut worden, sondern

auch noch ohne die Verwendung von synthetischen Baustoffen.

Das Raumklima ist behaglich, gesund und emissions-

bzw. chemiefrei. Um sich den Herausforderungen

von noch nicht begangenen Pfaden zu stellen, braucht

es offene und engagierte Bauherren und Bauherrinnen.

Das ist hier der Fall. Denn schon beim ersten Treffen wurde

das Holzhaus auf dem Schraubfundament ins Auge

gefasst. Neben der Kernfamilie mit zwei Kindern soll das

Haus auch vom gehandicapten Bruder genutzt werden

können. Alle Erschließungen in der Erdgeschosszone sollten

barrierefrei sein, damit ein ungehindertes, familiäres

Zusammensein möglich ist. Vom Eingang weg führt einerseits

eine ebene Fläche zur Wohneinheit des Bruders, und

geradeaus eine lange Rampe in den 50 cm tiefer gelegenen

Wohnbereich. Eine Abtreppung im Gebäude die dem

abfallenden Gelände entgegenkommt, konnte so - trotz

der erhöhten Anforderungen - ausgeführt werden. Entlang

der Rampe sind alle infrastrukturellen Räume barrierefrei

erreichbar: Garderobe, WC, Abstellräume und

Speis. Auf der gegenüberliegenden Seite der Rampe und

entlang des Niveausprunges sind offene Regale angesiedelt,

die einerseits Durch- und Wechselblicke zulassen

und andererseits Stauraum für Bücher, Spiele, Vasen

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