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Udo Schnelle: Einführung in die Evangelische Theologie Leseprobe

Dieses Buch des international anerkannten Exegeten Udo Schnelle führt in die Grundfragen, die Grundlagen und in die Fächer der Evangelischen Theologie ein: Warum Theologie an der Universität? Weshalb Theologie und nicht Religion? Welche Bedeutung hat die Bibel? Was verbindet die einzelnen Fächer der Theologie und gibt es ein gemeinsames Zentrum? Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Frage nach dem Ort und der Leistungsfähigkeit von Theologie im Kontext neuzeitlichen Denkens. Es zeigt sich, dass Vernunft sowie Offenbarung, Glaube und Mythos keine Gegensätze darstellen, sondern unterschiedliche Bereiche der Wirklichkeit erfassen.

Dieses Buch des international anerkannten Exegeten Udo Schnelle führt in die Grundfragen, die Grundlagen und in die Fächer der Evangelischen Theologie ein: Warum Theologie an der Universität? Weshalb Theologie und nicht Religion? Welche Bedeutung hat die Bibel? Was verbindet die einzelnen Fächer der Theologie und gibt es ein gemeinsames Zentrum? Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Frage nach dem Ort und der Leistungsfähigkeit von Theologie im Kontext neuzeitlichen Denkens. Es zeigt sich, dass Vernunft sowie Offenbarung, Glaube und Mythos keine Gegensätze darstellen, sondern unterschiedliche Bereiche der Wirklichkeit erfassen.

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4.1 Der e<strong>in</strong>e Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist 129<br />

v. Chr.) mit der Bemerkung wiedergibt: „Es gibt für <strong>die</strong> Götter so viele Namen, wie<br />

es menschliche Sprachen gibt.“ 290 Weil <strong>die</strong> Menge der Götter gar nicht zu bestimmen<br />

ist, stellt sich <strong>die</strong> Frage, welche Gottheiten eigentlich <strong>in</strong> welchem S<strong>in</strong>n verehrt<br />

werden müssen. Vor allem der Mittelplatoniker Plutarch entwickelte <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem<br />

Kontext e<strong>in</strong>en bis heute aktuellen Gedanken; zwar wird <strong>die</strong> Gottheit bei den verschiedenen<br />

Völkern jeweils anders genannt, dennoch ist sie für alle Menschen <strong>die</strong>selbe:<br />

„So gibt es e<strong>in</strong>en Logos …; aber es gibt nach den Gesetzen bei den verschiedenen<br />

Völkern verschiedene Ehren und Bezeichnungen, und <strong>die</strong> e<strong>in</strong>en gebrauchen<br />

undeutliche, <strong>die</strong> anderen klarere geheiligte Symbole, welche den S<strong>in</strong>n auf das Göttliche<br />

lenken sollen.“ 291 Je mehr <strong>die</strong> Anthropomorphie der griechischen Göttermythen<br />

skeptischer Kritik unterzogen wurde, desto mehr gewann der E<strong>in</strong>gottglaube,<br />

der Henotheismus und damit verbunden der exklusive Monotheismus auch <strong>in</strong> der<br />

griechischen Welt notwendigerweise an Überzeugungskraft.<br />

Der Monotheismus entstand nicht <strong>in</strong> Israel, wohl aber war das Judentum<br />

der wirkmächtigste Träger <strong>die</strong>ser Gottesvorstellung. In Ägypten<br />

und Mesopotamien gab es Vorformen und Varianten des Monotheismus<br />

292 und <strong>in</strong> der Levante begann er sich ab dem 7. Jh. v. Chr. <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Traditionsströmen durchzusetzen, auch im theologischphilosophischen<br />

Denken der Griechen. E<strong>in</strong>e geistesgeschichtlich 293<br />

290 Cicero, De Natura Deorum I 84.<br />

291 Plutarch, Über Isis und Osiris 378A.<br />

292 Für Ägypten ist <strong>die</strong> Amarnazeit von Bedeutung, wo um 1350 v. Chr. der Pharao<br />

Echnaton <strong>die</strong> alle<strong>in</strong>ige Verehrung des Sonnen- und Lichtgottes Aton mit Gewalt<br />

durchsetzen wollte; e<strong>in</strong> Versuch, der scheiterte (vgl. dazu Jan Assmann, Die<br />

Mosaische Unterscheidung, 54–71).<br />

293 Karl Jaspers, Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, 20, verb<strong>in</strong>det <strong>die</strong>sen epochalen<br />

Wandel h<strong>in</strong> zur Ethisierung der Religion mit vergleichbaren Entwicklungen<br />

<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a und In<strong>die</strong>n und prägt dafür den Begriff der ,Achsenzeit‘, wonach um 500 v.<br />

Chr. (plus/m<strong>in</strong>us 300 Jahre) für das Denken aller Menschen grundlegende Wandlungen<br />

e<strong>in</strong>setzten: „Alles … erwuchs <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen wenigen Jahrhunderten annähernd<br />

gleichzeitig <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, In<strong>die</strong>n und dem Abendland, ohne daß sie gegenseitig vone<strong>in</strong>ander<br />

wußten.“ Es entsteht e<strong>in</strong>e „empirisch e<strong>in</strong>sehbare Achse der Weltgeschichte<br />

für alle Menschen“ (a. a. O., 40). Die Idee e<strong>in</strong>er Weltbildrevolution <strong>in</strong> der Achsenzeit<br />

greift Jürgen Habermas, Auch e<strong>in</strong>e Geschichte der Philosophie I, 309, auf und<br />

nennt dafür drei Gründe: „ – der Durchbruch zu e<strong>in</strong>er Weltperspektive, <strong>die</strong> mit dem<br />

Bezugspunkt Gottes (oder e<strong>in</strong>es göttlichen Gesetzes) alles Innerweltliche transzen<strong>die</strong>rt;<br />

– <strong>die</strong> Koppelung des kommunikativen (oder e<strong>in</strong>es funktional äquivalenten)<br />

Zugangs zu Gott (oder dem Göttlichen) mit e<strong>in</strong>em Heilsweg, der das Versprechen<br />

rettender Gerechtigkeit an <strong>die</strong> Befolgung e<strong>in</strong>es universalistischen Ethos b<strong>in</strong>det und<br />

e<strong>in</strong>e Individualisierung der Heilskommunikation fördert; – e<strong>in</strong>e um heilige Schrif-

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