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Udo Schnelle: Einführung in die Evangelische Theologie Leseprobe

Dieses Buch des international anerkannten Exegeten Udo Schnelle führt in die Grundfragen, die Grundlagen und in die Fächer der Evangelischen Theologie ein: Warum Theologie an der Universität? Weshalb Theologie und nicht Religion? Welche Bedeutung hat die Bibel? Was verbindet die einzelnen Fächer der Theologie und gibt es ein gemeinsames Zentrum? Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Frage nach dem Ort und der Leistungsfähigkeit von Theologie im Kontext neuzeitlichen Denkens. Es zeigt sich, dass Vernunft sowie Offenbarung, Glaube und Mythos keine Gegensätze darstellen, sondern unterschiedliche Bereiche der Wirklichkeit erfassen.

Dieses Buch des international anerkannten Exegeten Udo Schnelle führt in die Grundfragen, die Grundlagen und in die Fächer der Evangelischen Theologie ein: Warum Theologie an der Universität? Weshalb Theologie und nicht Religion? Welche Bedeutung hat die Bibel? Was verbindet die einzelnen Fächer der Theologie und gibt es ein gemeinsames Zentrum? Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Frage nach dem Ort und der Leistungsfähigkeit von Theologie im Kontext neuzeitlichen Denkens. Es zeigt sich, dass Vernunft sowie Offenbarung, Glaube und Mythos keine Gegensätze darstellen, sondern unterschiedliche Bereiche der Wirklichkeit erfassen.

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3.1 Begriffsbestimmung: Bibel, Schrift, Evangelium, Wort Gottes 53<br />

allerd<strong>in</strong>gs unterscheidet sich <strong>die</strong> Stellung e<strong>in</strong>zelner Schriften. So kommt<br />

z. B. der Jakobusbrief <strong>in</strong> den katholischen Bibelausgaben direkt nach den<br />

Paulusbriefen, <strong>in</strong> der lutherischen Tradition h<strong>in</strong>gegen steht er als drittletzte<br />

Schrift am Ende des Kanons. 94 Die Bibel ist also e<strong>in</strong> def<strong>in</strong>ierter<br />

Text, nämlich <strong>die</strong> Schriftensammlung des Alten und Neuen Testaments,<br />

<strong>die</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er komplexen Überlieferungs- und Deutungsgeschichte entstand.<br />

Die wohl zu Beg<strong>in</strong>n des 3. Jh. n. Chr. (Klemens von Alexandrien,<br />

Origenes) aufkommende Unterscheidung zwischen den beiden ,Testamenten‘<br />

verdankt sich 2Kor 3,6.14, wo Paulus mit dem Begriff διαθήκη<br />

(= ,Anordnung/Verfügung/Bund/Testament‘) von e<strong>in</strong>em ,neuen Bund/<br />

Testament‘ bzw. e<strong>in</strong>em ,alten Bund/Testament‘ spricht.<br />

Als Resultat e<strong>in</strong>er Textsammlung stellt <strong>die</strong> Bibel e<strong>in</strong>e Art Bibliothek<br />

<strong>in</strong> der E<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>es Buches dar. Umfang, Schriften- und Reihenfolge<br />

sowie <strong>die</strong> Übersetzungen der Bibel Alten und Neuen Testaments s<strong>in</strong>d<br />

konfessionell geprägt und sie wurde medial immer schon <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Form rezipiert; als gehörtes oder gelesenes Wort, als Ge -<br />

samttext oder <strong>in</strong> Ausschnitten, <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>schaft oder e<strong>in</strong>zeln, als<br />

Buch oder als elektronisch aufbereiteter Text.<br />

Schrift/Heilige Schrift<br />

Bereits bei Paulus ist mit γραφή (,Schrift‘) e<strong>in</strong> bestimmter Gebrauch<br />

und e<strong>in</strong> besonderes <strong>in</strong>haltliches Verständnis der Bibel (des Alten Testaments)<br />

geme<strong>in</strong>t, nämlich im H<strong>in</strong>blick auf ihre Glauben stiftende Wirkung.<br />

Die Schrift ,verheißt‘ und ,bezeugt‘ das Evangelium (Röm 1,2;<br />

1Kor 15,3f.); sie ,sagt/spricht‘ über das Kommende und nun <strong>in</strong> Christus<br />

Erfüllte (Röm 4,1; 10,11; Gal 4,30); sie ,beschließt‘ (Gal 3,22). Diese Zeugnisfunktion<br />

dom<strong>in</strong>iert auch im Johannesevangelium; <strong>die</strong> Jünger ,glauben‘<br />

dem Wort der Schrift (Joh 2,22); <strong>die</strong> Schrift wird im Christusgeschehen<br />

,erfüllt‘ (Joh 13,18; 19,24.36) bzw. ,vollendet‘ (Joh 19,28); nur als Zeug-<br />

94 Dies erklärt sich ursächlich aus den Wertungen Mart<strong>in</strong> Luthers, der <strong>in</strong> der Vorrede<br />

zum Jakobusbrief betont: „Darum will ich ihn nicht haben <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Bibel <strong>in</strong> der<br />

Zahl der rechten Hauptbücher, will damit aber niemanden wehren, dass er ihn setz<br />

und hebe, wie ihn gelüstet, denn es viel guter Sprüch sonst dr<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d“ (He<strong>in</strong>rich<br />

Bornkamm [Hrsg.], Luthers Vorreden zur Bibel, Gött<strong>in</strong>gen 3 1989, 217 f.).<br />

Ähnliches gilt für den Hebräerbrief; er schließt <strong>in</strong> der katholischen Tradition das<br />

Corpus Paul<strong>in</strong>um ab, <strong>in</strong> den lutherischen Bibelausgaben ist er <strong>die</strong> viertletzte Schrift.

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