cav – Prozesstechnik für die Chemieindustrie 09.2021
Die Fachzeitschrift cav - Prozesstechnik für die Chemieindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die chemische und pharmazeutische Industrie. Weitere Themen sind IT-Technologien, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und Prozessanalysentechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Ex-Schutz, Anlagensicherheit, Arbeitsschutz, Instandhaltung, Standortmanagement und Energiemanagement.
Die Fachzeitschrift cav - Prozesstechnik für die Chemieindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die chemische und pharmazeutische Industrie. Weitere Themen sind IT-Technologien, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und Prozessanalysentechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Ex-Schutz, Anlagensicherheit, Arbeitsschutz, Instandhaltung, Standortmanagement und Energiemanagement.
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<strong>cav</strong> TREND CIRCULAR ECONOMY<br />
werden. Außerdem könnten Biomasseströme, <strong>die</strong> heute <strong>für</strong> Biokraftstoffe<br />
genutzt werden, im Zuge der Elektromobilität frei werden.<br />
Insgesamt wird <strong>die</strong> Biomasse allein jedoch nicht ausreichen, um genügend<br />
erneuerbaren Kohlenstoff bereitzustellen. Daher ist eine<br />
dritte Quelle <strong>für</strong> erneuerbaren Kohlenstoff notwendig: CO 2 .<br />
Globaler Kohlenstoffbedarf <strong>für</strong> Chemikalien und Folgeprodukte im Vergleich:<br />
2050 muss der Großteil des Kohlenstoffs über Recycling im Kreislauf<br />
geführt werden<br />
hebliche Investitionen in strukturelle Veränderungen sowie <strong>die</strong> Entwicklung<br />
und Integration neuer Technologien (z. B. Elektrochemie).<br />
Die dezi<strong>die</strong>rte Strategie ist stark von Forschung und Innovation geprägt,<br />
da es oft um <strong>die</strong> Schaffung neuer Produktionswege (z. B. biotechnologische<br />
Entwicklungen) <strong>für</strong> Produkte mit verschiedenen<br />
neuen und verbesserten Eigenschaften geht.<br />
Recycling<br />
Die heute überwiegenden, mechanischen Recyclingverfahren sind<br />
hinsichtlich der Art der nutzbaren Abfallströme und in der Qualität<br />
der Rezyklate beschränkt. Mit dem chemischen Recycling hingegen<br />
können praktisch alle Abfallfraktionen, insbesondere gemischte, recycelt<br />
und in hochwertige Einsatzstoffe umgewandelt werden. In<br />
Europa warten <strong>die</strong> Investoren darauf, dass <strong>die</strong> Politik mit klaren<br />
Rahmenbedingungen den Startschuss gibt, um <strong>die</strong> notwendigen<br />
großen Investitionen zu tätigen.<br />
Beim mechanischen und chemischen Recycling verbleiben große<br />
Teile des Kohlenstoffs (aber nicht alle) im Kreislauf. Neben dem Recycling<br />
werden daher andere Quellen <strong>für</strong> erneuerbaren Kohlenstoff<br />
benötigt, um Lücken im Kreislauf zu schließen und <strong>die</strong> Verluste zu<br />
minimieren. Diese Quellen erneuerbaren Kohlenstoffs stammen aus<br />
Biomasse und der direkten CO 2 -Nutzung.<br />
Biomasse<br />
Die Biomasse unterteilt sich in primäre Biomasse von Feldern und<br />
Wäldern und in sekundäre Biomasse, <strong>die</strong> aus biogenen Abfällen und<br />
Nebenströmen stammt (z. B. aus der Land- und Forstwirtschaft, der<br />
Lebensmittel-, Futtermittel- und <strong>Chemieindustrie</strong>, der Holz- und<br />
Papierproduktion sowie aus privaten Haushalten). Die Nutzung <strong>die</strong>ser<br />
„organischen Abfälle“ wird ein Schlüssel <strong>für</strong> den Übergang zu<br />
einer biobasierten Kreislaufwirtschaft sein.<br />
Die Verwertung von Biomasse ist vor allem dort sinnvoll, wo funktionale<br />
und komplexe molekulare Einheiten der Biomasse nach der<br />
chemischen Umwandlung erhalten bleiben und weiter genutzt werden<br />
können. Dies gilt z. B. <strong>für</strong> <strong>die</strong> Oleochemie, <strong>für</strong> Naturkautschuk<br />
und Lignin sowie <strong>für</strong> zahlreiche neuartige biobasierte Komponenten<br />
wie organische Säuren und Furan-basierte Produkte. Die industrielle<br />
Biotechnologie kann dabei helfen, komplexe Moleküle in<br />
kurzen und schonenden Verfahren und mit maßgeschneiderten Produktionsorganismen<br />
herzustellen. Lignin zum Beispiel, ein Nebenprodukt<br />
der Holzverarbeitung, wird bisher wenig genutzt, könnte<br />
aber in Zukunft zur Herstellung von Aromaten und Asphalt eingesetzt<br />
werden.<br />
Konflikte in der Landnutzung können gemindert werden, indem<br />
hocheffiziente Nutzpflanzen bzw. deren Nebenprodukte genutzt<br />
Bild: nova-Institut<br />
Direkte Nutzung von CO 2<br />
Carbon Capture and Utilisation bietet eine breite Palette von Anwendungen,<br />
bei denen CO 2 als Ausgangsstoff <strong>für</strong> Chemikalien, Polymere,<br />
Kraftstoffe, Mineralien und sogar Proteine verwendet werden<br />
kann. Durch <strong>die</strong> Kombination von CO 2 mit grünem Wasserstoff<br />
können verschiedene Zwischen- und Endprodukte hergestellt werden,<br />
wie z. B. Methan und Methanol, und über <strong>die</strong> Fischer-Tropsch-<br />
Reaktion kann aus CO 2 und Wasserstoff synthetisches Naphtha hergestellt<br />
werden. Aus synthetischem Naphtha lassen sich auch<br />
Grundchemikalien <strong>für</strong> <strong>die</strong> Produktion von höherwertigen Chemikalien<br />
und Polymeren sowie langkettigen Wachsen mit hohem Reinheitsgrad<br />
ableiten. Einige Chemikalien werden standardmäßig direkt<br />
aus CO 2 synthetisiert, wie z. B. Harnstoff und diverse Polymere<br />
(z. B. Polyurethane und Polycarbonate).<br />
Um den Kohlenstoff im CO 2 chemisch nutzbar zu machen, sind<br />
große Mengen Energie in Form von Wasserstoff notwendig. Aus<br />
ökologischer Sicht bedeutet <strong>die</strong>s, dass <strong>für</strong> CCU-Prozesse nur erneuerbare<br />
Energien oder vorhandene Prozessenergie genutzt werden<br />
können. Aus <strong>die</strong>sem Grund muss es in Zukunft einen massiven,<br />
weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien geben.<br />
Fazit<br />
Seit dem Beginn der industriellen Revolution hat sich <strong>die</strong> Menschheit<br />
<strong>für</strong> ihre Entwicklung fast ausschließlich auf billige, fossile Kohlenstoffquellen<br />
wie Kohle und Erdöl verlassen. Heute können wir<br />
zum ersten Mal <strong>die</strong> Produktion von Chemikalien und Folgeprodukten<br />
von der Verwendung von frischem fossilem Kohlenstoff entkoppeln.<br />
Alle heutigen Chemikalien und Folgeprodukte können mit erneuerbarem<br />
Kohlenstoff aus Biomasse, abgeschiedenem CO 2 oder<br />
Recycling hergestellt werden. Um den Bedarf der Chemie und ihrer<br />
Folgeprodukte zu decken, muss <strong>die</strong> Produktion von erneuerbarem<br />
Kohlenstoff bis 2050 jedoch um den Faktor 15 gesteigert werden.<br />
Diese äußerst anspruchsvolle Aufgabe erfordert eine sektorübergreifende<br />
Zusammenarbeit von Industrie, Regierungen und Verbrauchern.<br />
www.prozesstechnik-online.de<br />
Suchwort: nova-Institut<br />
AUTOR:<br />
FERDINAND KÄHLER<br />
Wissenschaftler <strong>für</strong> Nachhaltigkeit,<br />
nova-Institut<br />
AUTOR:<br />
MICHAEL CARUS<br />
CEO und Gründer,<br />
nova-Institut<br />
16 <strong>cav</strong> 09-2021