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Interview von David Salimi

Ein Interview von David Salimi mit dem Berliner Journalisten Marvin Oppong über den Dauerbrenner Radioaktivität. Erschienen im März 2020 im Straubinger Tagblatt.

Ein Interview von David Salimi mit dem Berliner Journalisten Marvin Oppong über den Dauerbrenner Radioaktivität. Erschienen im März 2020 im Straubinger Tagblatt.

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Freitag, 13. März 2020 NIEDERBAYERN / OBERPFALZ 11

„Es ist noch immer ein heikles Thema“

Marvin Oppong bereiste für einen Dokumentarfilm radioaktive Gebiete in

Deutschland und machte dabei auch halt in der Oberpfalz und im Bayerischen Wald

Das Kernkraftwerk Isar 2 soll

2022 abgeschaltet werden.

Dass mit der Abschaltung

eines Atomkraftwerks keinesfalls

auch dessen gesundheitliche Risiken

für den Menschen von heute auf

morgen verschwinden, zeigt der Dokumentarfilm

„Ein strahlendes

Land“. Ausgerüstet mit einem Geigerzähler

geht der Berliner Journalist

Marvin Oppong darin der Frage

nach, wie radioaktiv verstrahlt einzelne

Gebiete in Deutschland sind

und filmt dabei auch in einem

Schlachthof in Amberg und in Spiegelau

im Bayerischen Wald.

Herr Oppong, im Januar waren

Sie in Zwiesel, um Ihren Film vorzustellen.

Haben Sie sich die Pilzgerichte

dort schmecken lassen?

Marvin Oppong: Ich habe mir

in Zwiesel ein klassisches Schnitzel

schmecken lassen. Nach meinen Recherchen

habe ich von den Pilzen

lieber die Finger gelassen.

Was haben Sie bei Ihren Recherchen

im Bayerischen Wald herausgefunden?

Oppong: Nach der Reaktorkatastrophe

von Tschernobyl wurden

vor allem die Pilze im Bayerischen

Wald mit Caesium 137 belastet. Ich

bin nach Spiegelau gefahren und

habe dort einen Mykologen getroffen.

Er hat mir erzählt, dass vor allem

der Maronenröhrling und der

Hirschtrüffel hohe Strahlenwerte

aufweisen. Hirschtrüffel werden

außerdem bevorzugt von Wildschweinen

gefressen, was letztlich

auch Auswirkungen auf das verarbeitete

Fleisch hat, das am Ende auf

dem Teller der Verbraucher landet.

Ausgerechnet der Hirschtrüffel

speichert von allen Waldpilzen am

meisten Caesium ab. Wildschweine

wühlen normalerweise im Boden

nach ihnen. Bei meinem Besuch in

Spiegelau hatten wir ganz besonderes

Glück und konnten sogar eine

entsprechende Grabestelle finden.

Marvin Oppong mit einem Geigerzähler.

Wie hoch ist im Schnitt die radioaktive

Belastung des Wildschweinfleisches?

Oppong: Diese Frage habe ich

mir auch gestellt. Pauschal lässt

sich das nicht sagen, es hängt von

der lokalen Belastung mit Caesium

137 ab, die im Bayerischen Wald besonders

hoch ist. Ich bin deshalb

nach Amberg in einen Schlachthof

gefahren, um direkt bei einer Radiocaesiummessung

einer Wildschweinprobe

dabei zu sein. Allerdings

war das an diesem Tag gemessene

Fleisch kaum belastet. Ich hatte

durchaus den Eindruck, dass der

zuständige Veterinär mich damals

im Glauben lassen wollte, dass mit

dem Fleisch in Bayern alles vollkommen

in Ordnung ist.

Radioaktivität im

Einkaufszentrum

Ist es das nicht?

Oppong: Wenn ein Jäger ein

Wildschwein schießt, das zu stark

strahlt, dann bekommt er als Ge–

schädigter eines nuklearen Unfalls

nach dem Atomgesetz eine staatliche

Entschädigung für den Wert des

dann entsorgten Tiers. Nach meinen

Recherchen hat das Bundesverwaltungsamt

allein im Jahr 2018 zu diesem

Zweck rund 1,3 Millionen Euro

an Jäger ausbezahlt. Seit 2004 summieren

sich die Überweisungen auf

über acht Millionen Euro. Auf Bayern

entfallen in diesem Zeitraum 77

Prozent der geleisteten Zahlungen.

Für Bayern steigen die Entschädigungen

seit Jahren an. Da die radioaktive

Belastung freilich nicht mehr

Foto: Oppong

aufgrund des Tschernobyl-Un–

glücks zunehmen kann, könnte der

Grund eine wachsende Wildschweinpopulation

sein. Fest steht

aber: Es gibt in Bayern jede Menge

Wildschweine, die, technisch betrachtet,

Sondermüll und nicht genießbar

sind.

Was war überhaupt der Anlass

dazu, einen investigativen Film

über die Auswirkungen radioaktiver

Strahlung zu machen?

Oppong: In der Zeitung habe ich

von kleineren Atomtransporten auf

der Schiene durch Bonn gelesen. Ich

habe mich danach gefragt, ob es

ohne Weiteres möglich ist, mit dem

Geigerzähler neben einem solchen

Transporter zu stehen und etwas zu

messen. Allerdings habe ich dann

festgestellt, dass das nicht so einfach

funktioniert. Erst ein paar Jahre

später habe ich wieder damit begonnen,

mich mit dem Thema „radioaktive

Orte“ auseinanderzusetzen.

Durch Recherchen bin ich unter

anderem auf ein radioaktiv verseuchtes

Einkaufszentrum in Süddeutschland

und eine Kita gestoßen

und wollte mir diese Orte mal genauer

ansehen. Also hab ich meine

Kamera genommen und bin losgezogen.

Eigentlich gibt es schon viele Medienbeiträge

zu diesem Thema.

Oppong: Viele Menschen wissen

gar nicht, dass es auch in Westdeutschland

Uranabbau gab und

Altlasten davon gibt. Auch über die

Atomtransporte ist vieles nicht bekannt.

Die Atomtransporte werden

aus Sicherheitsgründen, wie etwa

aus Schutz vor Terror, im Vorfeld

nicht bekannt gegeben. Problematisch

ist auch, dass die Sicherheitsbehörden

und die Feuerwehr nicht

darüber Bescheid wissen, falls es zu

einem Notfall kommt. Generell

werden häufig nur bestimmte

Aspekte thematisiert. Ich habe auch

die Erfahrung gemacht, dass nicht

alle Medien Interesse daran haben,

über Themen wie Radioaktivität zu

berichten. Es ist wohl noch immer

ein heikles Thema, das Angst erzeugt.

Im Film merkt man, dass Sie bei

Ihren Recherchen oft abgewiesen

wurden. Wie schwer war es, Auskünfte

zu erhalten?

Oppong: Für mich war es tatsächlich

eine Herausforderung, Gesprächspartner

zu finden und Informationen

von Behörden zu bekommen.

Ich habe versucht, direkt in ein

Kernkraftwerk zu gelangen, bin jedoch

überall abgewiesen worden.

Bei diesem Thema trifft man auf

eine sehr große Verschlossenheit.

Verstrahltes Material

für einen Bolzplatz

Mit welchen Erkenntnissen haben

Sie das Filmprojekt beendet?

Oppong: Ganz am Anfang hätte

ich nicht gedacht, dass es in Sachsen

tatsächlich frei zugängliche

Flächen gibt, die so verstrahlt sind.

Ich erinnere mich zum Beispiel an

einen Bolzplatz in Norddeutschland,

der in weiten Teilen verstrahlt

war. Später habe ich erfahren, dass

hier radioaktives Baumaterial verwendet

wurde. Außerdem ist mir

bewusst geworden, wie viel Atomindustrie

es tatsächlich in Deutschland

gibt und wie viele Transporte

zwischen diesen Standorten stattfinden.

Was meinen Sie mit Atomindustrie?

Oppong: Als Laie weiß man zumindest,

wo sich in Deutschland

Atomkraftwerke befinden. Ich

musste aber feststellen, dass es quer

durch Deutschland viele Firmen

gibt, die mit der Verarbeitung radioaktiver

Abfälle befasst sind. In

Duisburg etwa geschieht dies in einer

Firma mitten in einem Wohngebiet.

Daneben gibt es aber auch viele

Sammelstellen für Atommüll. In

Bayern befindet sich eine solche in

Mitterteich in der Oberpfalz. Ich

denke, dass noch immer viele Menschen

nicht wissen, dass der Atommüll

teilweise direkt vor ihrer

Haustür verarbeitet wird.

In welchen Gebieten Deutschlands

ist die Strahlung am höchsten?

Oppong: Diese Frage kann ich

so nicht beantworten. In Vorbereitung

auf meinen Film habe ich

schon im Vorfeld versucht, herauszufinden,

welche Orte besonders

belastet sind. Genau da bin ich

dann hingefahren. Eine Rangfolge

von Orten habe ich dabei nicht erstellt

– dafür wären es auch zu viele.

Mir ist aufgefallen, dass vor allem

in Sachsen die Strahlung flächenmäßig

etwas stärker verbreitet ist

als andernorts. Dass ganz Deutschland

atomar verstrahlt ist, davon

kann nicht die Rede sein. Das habe

ich auch versucht, den Besuchern

meiner Filmpräsentationen zu erklären,

die sich mehr erwartet haben.

Mein Ziel war es, aus einem

Experiment heraus eine Dokumentation

und keinen Hollywoodfilm zu

schaffen.

Interview: David Salimi

Zur Person

Marvin Oppong wurde 1982 in

Bonn geboren. Ab 2002 studierte

er Rechtswissenschaften in

Berlin, Paris und Bonn. Seit der

Jahrtausendwende ist er als freier

Journalist und auch als Dozent in

der Journalistenweiterbildung tätig.

Im Fokus seiner Berichterstattung

stehen Korruption, Lobbyismus,

Datenschutz und Medienthemen.

Zu seinen journalistischen Erfolgen

zählt er unter anderem die

Aufdeckung regelwidrig nicht gemeldeter

Nebentätigkeiten von

Bundestagsabgeordneten und die illegale

Finanzierung eines Landeswahlkampfs.

Oppong publizierte im Spiegel,

Stern, der Süddeutschen Zeitung,

der Zeit und der Frankfurter Allgemeinen

Zeitung.

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Schwierigkeitsgrad: leicht

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Spielregeln für SUDOKU:

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Vervollständigen Siedas SUDOKU-Puzzle so,dass in

jeder Zeile,injeder Spalte undinjedem der neun

Blöcke jede Ziffer von1bis 9genau einmal auftritt.

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Pyrenäenbewohner

weißer

Baustoff

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(Kosename)

innere

Sammlung

Stachelgewächs

Filmberühmtheit

Fuge,

Einfräsung

ital.:

Mailand

Krafteinheit

Mutter

Jesu

Gärstoff

früherer

Zarenerlass

vorhaben

Gaststätteninhaber

Hauptstadt

von Sizilien

Kosename

des

Vaters

Gesichtsausdruck

Bestandteil

schott.

Namen

Südstaat

der USA

Nagetier

in Süd-,

Mittelamerika

Tischlerwerkzeug

abweichend,

ungewöhnlich

Siegerin

im Wettkampf

Qual,

Schmerz

Aktienmarkt

Dramengestalt

b. Shakespeare

japanischer

Kaisertitel

Knochenfisch

Gemüsesorte

Republik

in Ostafrika

Maas-

Zufluss

niederländ.:

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Gelege

den

Inhalt

entnehmen

Honigbiene

Malergerät

Wandverkleidung

japanischer

Reiswein

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