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bull_03_01_Formel 1

Credit Suisse bulletin, 2003/01

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ulletin<br />

Das Magazin der Credit Suisse | www.credit-suisse.com/<strong>bull</strong>etin | Nr. 1 | Februar/März 20<strong>03</strong><br />

Sorgenbarometer<br />

Krankenkassenprämien rauben<br />

den Schweizern den Schlaf<br />

Phantomrisiken<br />

Wenn Technikbegeisterung<br />

in Skepsis umschlägt<br />

Lust und Laster<br />

Whisky – vom Keltentrunk<br />

zum Kultgetränk<br />

Im Bann der<br />

<strong>Formel</strong> 1


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Erhellend.<br />

Manches leuchtet viel schneller ein, wenn präzis informiert, luzid analysiert und überzeugend<br />

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EDITORIAL / INHALT<br />

Als ich Schumi dicht auf den Fersen war<br />

Ich vergesse nie den Augenblick, als ich<br />

das erste Mal Gas gab. Das war auf dem<br />

Mofa meines Bruders. Mit einem simplen<br />

Dreh einfach so loszufahren, das fand ich<br />

wunderbar – wie Harry Potter bei seinem<br />

ersten Ritt auf dem Besen! Es folgte das<br />

erste Mal im Auto, auf dem Motorrad,<br />

im Lastwagen. Sich mit Motorenkraft fortzubewegen,<br />

fasziniert. Mein Sohn feierte<br />

seinen zehnten Geburtstag mit Freunden<br />

auf der Kartbahn. Für die meisten wars<br />

das erste Mal am Steuer eines motorisierten<br />

Gefährts. Ehrfürchtig schauten sie am<br />

Anfang den vorbeisausenden Karts zu.<br />

Einer meinte gar schüchtern: «Ich fahr dann<br />

aber nicht so schnell.» Nach zwei Runden<br />

war davon nichts mehr zu spüren. Verwegen<br />

warfen sich die kleinen Heisssporne in<br />

die Kurven, kämpften verbissen um Sekunden<br />

und Plätze. In der Pause folgten hitzige<br />

Diskussionen über Bremsmanöver und<br />

Linienführung. Rennsport fasziniert. Und hat<br />

nicht auch Michael Schumacher seine<br />

Karriere auf der Kartbahn gestartet? Seither<br />

träumt mein Sohn davon, sich einmal mit<br />

dem deutschen Superstar zu messen.<br />

Genau diesen Bubentraum bekam ich vor<br />

ein paar Jahren erfüllt – zwar nicht in einem<br />

<strong>Formel</strong>-1-Rennwagen, doch immerhin in<br />

einem Ferrari Modena mit elektronischer<br />

F-1-Schaltung und enorm viel PS. Fünf<br />

Runden lang konnte ich mich auf der Teststrecke<br />

von Fiorano austoben – ich meine<br />

natürlich: an die Ideallinie herantasten. Im<br />

Ziel übergaben mir die Techniker die detaillierte<br />

Analyse der schnellsten Runde. Darauf<br />

war exakt zu sehen, wo ich wie schnell,<br />

in welchem Gang, mit wie viel Touren dahindonnerte.<br />

Der Clou: Unscheinbar daneben<br />

in Klammern waren auch die Vergleichsdaten<br />

von Michael Schumacher aufgeführt.<br />

Ich gebe es zu: Zwischen uns liegen Welten.<br />

Was mich aber am meisten erstaunte:<br />

weniger beim Gasgeben – da war ich ihm<br />

virtuell noch dicht auf den Fersen – als vielmehr<br />

beim Bremsen. Einmal mehr zeigte<br />

sich mir: Voll aufs Gaspedal drücken,<br />

das kann jeder; der echte Könner zeigt<br />

sich in der Fähigkeit, im entscheidenden<br />

Moment Gas wegzunehmen.<br />

Daniel Huber, Chefredaktor Bulletin<br />

Schwerpunkt: <strong>Formel</strong> 1<br />

Fotos: Oliver Lang (Titel), Pia Zanetti (Editorial)<br />

08 Hackordnung Wer was bekommt, ist in Stein gemeisselt<br />

12 Interview Bernie Ecclestone hält die Zügel fest in der Hand<br />

15 Emanzipation Erfahrungen einer Frau im Motorsport<br />

16 Laborbericht Woran Sauber in Hinwil tüftelt<br />

22 Service Die wichtigsten Daten und Fakten zur Saison 20<strong>03</strong><br />

23 Partnerschaft Was Sauber der Credit Suisse bringt<br />

26 Wirtschaft Wo die <strong>Formel</strong> 1 hinkommt, klingeln die Kassen<br />

28 VIP-Club Champagner, Kaviar und Motorengeheul<br />

31 F1-Glosse Unentbehrliche Meditation für Humanisten<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 3


Im Urlaub drohte mir<br />

meine Freundin mal damit,<br />

meine American Express Karte<br />

die Toilette runterzuspülen.<br />

Mach nur, sagte ich ihr.<br />

Erstens sinkt die Karte nicht.<br />

Und zweitens erhalte ich<br />

innerhalb eines Tages<br />

sowieso wieder eine neue.<br />

Das war allerdings das<br />

letzte Mal, dass ich mich<br />

auf eine Löwin einliess.<br />

Weltweit schneller Kartenersatz. What’s your reason?<br />

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INHALT<br />

1 2 2 2 2 2 2 2<br />

Aktuell<br />

49 40 37 37 33<br />

41<br />

53 55 20<br />

20 23 24<br />

22<br />

21<br />

18 22<br />

29 38 38 37 27 21 45 35<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

20<strong>01</strong><br />

2002<br />

34<br />

32 Kurz und bündig Analyse der Finanzsituation leicht gemacht<br />

33 Online Die Credit Suisse gibt sich neuen Internetauftritt<br />

33 Davos Jugend trifft sich im renovierten Youthpalace<br />

34 Sorgenbarometer Nationalratspräsident Christen nimmt Stellung<br />

39 Forum Bulletin-Umfrage stimmt optimistisch<br />

39 @propos Fische sind grottenschlechte Übersetzer<br />

40 Autofinanzierung Autofahren bleibt ein teurer Spass<br />

42 Investieren Bondprodukt bringt Sicherheit und Rendite<br />

43 Esprix Topreferenten für Topmanager<br />

43 Nach-Lese Buchtipps für Wirtschaftsleute<br />

44 Hinter den Kulissen VIP-Desk: Netzwerk für Prominente<br />

45 Neu im emagazine Gold glänzt wieder<br />

Wealth Management<br />

Strategy<br />

47 Finanzeditorial Chancen, Risiken und Nebenwirkungen<br />

48 Prognosen Die Aussichten für die nächsten zwölf Monate<br />

49 Konjunktur USA sind einmal mehr Konjunkturlokomotive<br />

50 Aktien Börsenwende könnte Mitte Jahr kommen<br />

52 Obligationen Anhaltend tiefe Inflation stützt Bondmärkte<br />

53 Währungen Franken steht unter Aufwertungsdruck<br />

54 Alternative Anlagen Hedge Funds erholen sich langsam<br />

55 Anlagetipp GIP März schlägt Benchmark<br />

56<br />

Topics<br />

56 Phantomrisiken Herausforderung für Finanzdienstleister<br />

60 Luftfahrt Billigflugsegment bricht traditionelle Strukturen auf<br />

63 Basel II Neue Eigenkapitalvereinbarung hat Folgen für KMU<br />

66 Immobilien US-Immobilienmarkt hält sich wacker<br />

69 Aktien Dividenden erobern die Gunst der Investoren zurück<br />

69<br />

Lust und Laster<br />

72 Whisky Keltentrunk, Kulturgut, Kultgetränk<br />

Sponsoring<br />

72<br />

75 Fussball EURO 2008: Wirtschaftsmotor und Werbeplattform<br />

76 Ausdauersport Der Reiz liegt zwischen Lust und Qual<br />

79 Agenda Kultur und Sport im Überblick<br />

79 Kultur in Kürze Jazzsaxofon, Fussballrowdys, Weltreisen<br />

Leaders<br />

80<br />

80 Paulo Coelho Glück misst man in Kubikzentimetern<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 5


0 AUF 200 KM/H<br />

DAUERT KNAPP<br />

5 SEKUNDEN.<br />

ODER<br />

UMGERECHNET<br />

140 METER.<br />

BEI 350 KM/H<br />

PRESST DER<br />

FAHRTWIND DIE<br />

F1-BOLIDEN MIT<br />

RUND 1,5 TONNEN<br />

AUF DEN ASPHALT.


FORMEL 1


Auf dem nobelsten Zeltplatz der<br />

Welt herrscht strenge Hackordnung<br />

Während auf der Rennstrecke immer mal wieder König Zufall einen Strich durch die Punkterechnung<br />

macht, ist neben der Strecke für die Teams alles bis ins letzte Detail geregelt. Ausschlaggebend ist ein<br />

ausgeklügelter Punkteschlüssel, der streng geheim ist. Elmar Brümmer, <strong>Formel</strong>-1-Journalist<br />

Wo genau die Ziellinie auf einer Rennstrecke<br />

verläuft, das lässt sich interpretieren,<br />

wie der von Michael Schumacher versehentlich<br />

an Rubens Barrichello verschenkte Sieg<br />

beim Grand Prix in Indianapolis gezeigt hat.<br />

Dagegen besteht hinter den Boxen im Fahrerlager<br />

in dieser Hinsicht keinerlei Diskussionsspielraum.<br />

Hier herrscht ausgeprägte<br />

Linientreue. Jeder LKW, jeder Bus, jedes<br />

Vorzelt hat seinen festen Platz und wird<br />

während der europäischen Saison zehnmal<br />

exakt gleich aufgestellt. Die weisse Linie, die<br />

das jeweilige Rennstallterritorium begrenzt,<br />

muss peinlich genau beachtet werden. Wer<br />

auch nur den Treppenaufgang zu seinem<br />

mobilen Heim ohne Ausnahmegenehmigung<br />

über den Pinselstrich hinauslugen lässt, der<br />

wird zu einer Konventionalstrafe verdonnert.<br />

Warum wir diese Episode aus der Psychologie<br />

parkender Nutzfahrzeuge erzählen?<br />

Weil sie viel darüber verrät, wie sich das<br />

grosse Rad der <strong>Formel</strong> 1 dreht: durch eine<br />

Regelung auch der kleinsten Kleinigkeiten.<br />

Natürlich ist die aktuelle Hackordnung der<br />

<strong>Formel</strong>1 zuallererst an den Startnummern zu<br />

erkennen, aber schon auf den Parkplätzen<br />

lässt sich ablesen, wer im letzten Rennjahr<br />

etwas erreicht hat: Nicht nur, dass die Garagen<br />

in der Boxengasse in der Reihenfolge<br />

des WM-Endstandes verteilt werden – auch<br />

deren Grösse orientiert sich an den erreichten<br />

Punkten. Wer (wie das Team Sauber<br />

Petronas) in den letzten beiden Jahren in der<br />

oberen Hälfte der Tabelle platziert war, der<br />

hat grundsätzlich mehr Quadratmeter zur<br />

Verfügung und profitiert damit von einer besseren<br />

Arbeitsatmosphäre. Hinter dem Garagenkomplex<br />

setzt sich der Raumgewinn fort:<br />

Da haben die besten und die besseren Rennställe<br />

dann noch die Möglichkeit, zusätzliche<br />

Transporter oder Motorhomes aufzustellen.<br />

Ein Wink mit der Antenne regelt Missstände<br />

Die Regeln auf dem wohl nobelsten Zeltplatz<br />

der Welt sind streng, sie werden persönlich<br />

überwacht von Bernie Ecclestone oder seiner<br />

rechten Hand Pasquale Lattuneddu. Da<br />

reicht ein Wink mit der Antenne der mächtigen<br />

Funkgeräte, die die beiden permanent<br />

mit sich tragen, und schon wird ein Missstand<br />

klaglos korrigiert. Den Herren der Ringe<br />

entgeht nichts im so genannten Paddock<br />

(der Begriff stammt ursprünglich aus der<br />

Reitersprache und bedeutet «Koppel»).<br />

Was nicht mit eigenen Augen oder dem<br />

Meterstab überprüft werden kann, wird ganz<br />

einfach per Magnetstreifenleser abgefragt.<br />

Die wahre Macht wird an den zwei bis<br />

drei Eingangstoren zum Fahrerlager demonstriert:<br />

Wer ins Allerheiligste der <strong>Formel</strong> 1<br />

Eintritt begehrt, der muss einen Pass mit<br />

dem richtigen Zugangscode und einem funktionierenden<br />

Chip haben. Diese Plastikeintrittskarte,<br />

die alle der Einfachheit halber<br />

an einer Kordel um den Hals baumeln haben,<br />

ist wertvoll – denn sie ist nicht käuflich. Es<br />

sei denn, ein Interessent kauft sich gleich<br />

einen ganzen Rennstall. Auch die Anzahl<br />

der zur Verfügung gestellten Ausweise für<br />

Mechaniker, Ingenieure und Gäste eines<br />

Teams hängt stark vom sportlich Erreichten<br />

ab. Das Leistungsprinzip funktioniert bis<br />

ins Detail.<br />

«ES GEHT UM PUNKTE<br />

UND PRESTIGE, UM<br />

MACHT UND MONETEN.»<br />

«Frankfurter Allgemeine Zeitung»<br />

Im Topf ist rund eine halbe Milliarde Dollar<br />

Im Concorde Agreement, dem Grundgesetz<br />

der <strong>Formel</strong> 1, ist alles bis ins Detail geregelt,<br />

allem voran, wie die Einnahmen aus den<br />

Fernseh- und Vermarktungsrechten wieder<br />

an die Rennställe ausgeschüttet werden<br />

(siehe Box). Vom Prinzip her soll das Vertragswerk<br />

es allen recht machen und dabei<br />

gerecht bleiben. Eine geschätzte halbe Milliarde<br />

Dollar im Jahr holt Bernie Ecclestone<br />

mit all seinen Unternehmen und Unternehmungen<br />

zur Vermarktung der <strong>Formel</strong> 1<br />

heraus, etwa die Hälfte davon wird wieder<br />

8 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


FORMEL 1<br />

Fotos: Schlegelmilch Photography (Seiten 6/7, 8, 10/11, 20/21, 24/25)<br />

an die Rennställe ausgeschüttet, geregelt<br />

über das Concorde Agreement. Natürlich<br />

geht es in der Vereinbarung nicht nur um<br />

Geld, sondern auch um Macht. Das reicht bis<br />

zu technischen und sportlichen Änderungen<br />

im Reglement, die einstimmig von den Teilnehmern<br />

verabschiedet werden müssen.<br />

Das Abkommen unterliegt strengster Geheimhaltung<br />

und läuft noch bis Ende 2007. Für<br />

die Zeit danach plant die Vereinigung der<br />

grossen Automobilhersteller (GWPC) eine<br />

eigene Serie, wenn nötig in Konkurrenz zur<br />

bisherigen <strong>Formel</strong> 1. Die Rennställe werden<br />

damit geködert, dass dann die Ausschüttungsbeträge<br />

höher sind als bisher.<br />

Aber wie hoch sind diese Ausschüttungsbeträge<br />

eigentlich? Transparenz gehört nicht<br />

gerade zu den herausragenden Tugenden im<br />

Motorsport, weder in technischer noch in finanzieller<br />

Hinsicht, was in gewisser Weise<br />

durchaus nachvollziehbar ist. Besonders ungewöhnlich<br />

ist es in der Welt der populären<br />

Sportarten, dass nicht einmal die Preisgelder<br />

pro Rennen, Fahrer und Team öffentlich<br />

ausgelobt werden. Beziehen nicht Golf- und<br />

Tennisturniere einen Teil ihres Reizes aus der<br />

Einstufung bis auf den letzten Dollar? In der<br />

<strong>Formel</strong> 1 werden auf dem Podium zwar funkelnde<br />

Pokale stolz in die Menge und vor die<br />

Kameras gereckt, aber was im Preisgeldtopf<br />

drin ist, das unterliegt strengster Geheimhaltungspflicht.<br />

An das Gentlemen’s Agreement<br />

halten sich auch alle, Zuwiderhandlungen<br />

hätten vergleichbare Konsequenzen wie<br />

das Nichtantreten bei einem Rennen: massive<br />

Konventionalstrafen.<br />

Ein Insider, der Einblick in das Vertragswerk<br />

hat, rechnet jedoch das Prinzip vor:<br />

Etwa zehn Prozent werden zu gleichen Teilen<br />

an alle teilnehmenden Rennställe ausgeschüttet.<br />

Danach wird die Gewinnbeteiligung<br />

sehr kompliziert. Der Verteilungsschlüssel<br />

orientiert sich zunächst an der Platzierung in<br />

den Konstrukteurswertungen während der<br />

letzten drei Jahre. Einen besonders grossen<br />

Part macht die historische Bewertung<br />

beim Verteilerschlüssel aus. Zuerst folgt die<br />

Berechnung der Dienstjahre in der <strong>Formel</strong> 1.<br />

Im ersten Jahr gibt es vier Zähler, für<br />

zehn Jahre (wie Sauber Petronas) deren<br />

165. Ferrari, seit einem halben Jahrhundert<br />

dabei, liegt bei 1200 Punkten. Wer<br />

Konstrukteurstitel errungen hat, bekommt<br />

jeweils 25 Bonuspunkte. Dazu werden die<br />

in den letzten beiden Jahren errungenen<br />

WM-Punkte in der Teamwertung doppelt<br />

gerechnet, die Gesamtsumme aller je errungenen<br />

Zähler in der Konstrukteursweltmeisterschaft<br />

zehnfach. Zehn Punkte gibt es<br />

für jeden Sieg in den letzten beiden Jahren.<br />

Jeder zuvor errungene Grand-Prix-Erfolg ist<br />

nochmals einen Punkt wert.<br />

Selbst die Anzahl Führungskilometer zählen<br />

Aus einem Extrapool werden noch einmal<br />

die Erfolge der Teams in der abgelaufenen<br />

Saison honoriert. Zu den Multiplikatoren<br />

gehören aber auch die Platzierungen in<br />

jedem einzelnen Rennen, sogar auf die Anzahl<br />

der Führungskilometer kann es ankommen.<br />

Im letzten Concorde Agreement, von dem<br />

Details publik wurden, bekam beispielsweise<br />

der Weltmeister 23,33 Prozent der ausgeschütteten<br />

Vermarktungseinnahmen, der<br />

Vize 16,67 Prozent und der Dritte 13,33 Prozent.<br />

Der Vierte und der Fünfte erhielten<br />

noch 10 Prozent, für den Zehnten blieben<br />

3,33 Prozent. Und: Nur die ersten Zehn bekommen<br />

auch die Sondervergütung, was in<br />

der neuen Saison noch eine Rolle spielt,<br />

obwohl 20<strong>03</strong> ohnehin nur zehn <strong>Formel</strong>-1-<br />

Teams gemeldet sind. Aber die Gelder<br />

werden immer rückwirkend ausgezahlt. Ganz<br />

einfach, um einen Ausstieg zu erschweren –<br />

bedeutet er doch gleichzeitig den Verzicht<br />

auf die Auszahlung. Um die Prämienansprüche<br />

der in die Insolvenz getriebenen<br />

Rennställen von Alain Prost und Tom<br />

Walkinshaw wird wohl hinter den Kulissen<br />

heftig gekämpft werden.<br />

Politikerherzen müssten hüpfen, wenn sie<br />

sich den Darwinismus im Grand-Prix-Sport<br />

zu Gemüte führen. Zumindest jene, die propagieren,<br />

dass sich Leistung wieder lohnen<br />

soll. Wer weiss, dass jeder Rennstall zwischen<br />

20 und 40 Prozent seines Etats aus<br />

dem Geldsäckel Ecclestones bestreitet, der<br />

kann nachvollziehen, warum vergangenes<br />

Jahr lange nach der WM-Entscheidung<br />

durch Ferrari im Mittelfeld noch so verbissen<br />

gekämpft wurde. Für die wenigsten hiess<br />

der grosse Gegner Michael Schumacher, für<br />

die meisten ging es bei den Anstrengungen<br />

eigentlich nur gegen die Teams, die in der<br />

Konstrukteurswertung gerade vor einem lag.<br />

Und jenes, das hinter einem rangierte.<br />

Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung»<br />

beschrieb das verbissene Treiben so: «Es<br />

geht um Positionen, Punkte und Prestige,<br />

um Macht und Moneten.» Jeder Platz weiter<br />

vorne in der Hierarchie kann Millionen ausmachen.<br />

Jedes Pünktchen bringt neben<br />

der stattlichen Jahresabschlussprämie noch<br />

weitere Annehmlichkeiten: mehr Platz im<br />

Fahrerlager, tonnenweise Freigepäck in den<br />

Frachtjumbos, zusätzliche Economy-Tickets<br />

für die Mannschaft. Für den Zuschauer hat<br />

diese Beteiligungsweltmeisterschaft den<br />

Vorteil, dass sie bis zur letzten Runde spannend<br />

bleibt. Denn zu verschenken hat in der<br />

<strong>Formel</strong> 1 niemand etwas.<br />

❙<br />

Das Grundgesetz der <strong>Formel</strong> 1<br />

Das Concorde Agreement regelt die Beziehungen zwischen allen Akteuren der <strong>Formel</strong>-1-<br />

Weltmeisterschaft, wie Sportverbänden, Veranstaltern, Rennställen, Fahrern, Sponsoren –<br />

es ist sozusagen das Grundgesetz der <strong>Formel</strong> 1. Ein Schwerpunkt ist die Verteilung des<br />

Reinerlöses aus den 16 Grand-Prix-Rennen und aus der Fernsehvermarktung. Ursprünglich<br />

handelte es sich um eine Vereinbarung zwischen der Formula One Constructor’s<br />

Association (FOCA) und der Fédération Internationale de Sport Automotive (FISA), die zu<br />

Beginn der Achtzigerjahre getroffen wurde. Seinen Namen hat das Vertragswerk vom<br />

Place de la Concorde in Paris, wo es im Gebäude des Automobilweltverbandes FIA<br />

(Fédération Internationale de l’Automobile) unterzeichnet worden war. Vorausgegangen<br />

war ein jahrelanger Streit zwischen der von Jean-Marie Balestre geführten Sportbehörde<br />

FISA und der von Bernie Ecclestone vertretenen Organisation der Rennställe. Balestre<br />

wollte den Einfluss der FOCA wieder beschneiden, die sich mehr und mehr um die Vermarktung<br />

der Serie kümmerte und dadurch an Einfluss gewann. Die <strong>Formel</strong> 1 drohte an<br />

dem Machtkampf zu zerbrechen, der bis zu einem Streik führte. Sponsoren und Hersteller<br />

machten ihr weiteres Engagement schliesslich von dauerhaft gesicherten Durchführungsbedingungen<br />

abhängig und forcierten den vertraglichen Abschluss. Die FISA gibt<br />

es nicht mehr, die FOCA ist in Ecclestones Holding Formula One Administration aufgegangen.<br />

Über die Regeln der <strong>Formel</strong> 1 bestimmt weiterhin die FIA, bei bestimmten Regeländerungen<br />

aber ist laut Concorde Agreement eine Zustimmung aller Teams vonnöten.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 9


FORMEL 1<br />

10 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


FORMEL 1<br />

200 AUF 0 KM/H<br />

DAUERT<br />

WENIGER ALS<br />

2 SEKUNDEN.<br />

ODER<br />

UMGERECHNET<br />

55 METER. DABEI<br />

WERDEN DIE<br />

BREMSSCHEIBEN<br />

600 GRAD HEISS.


«Natürlich will jeder mehr!»<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 ist das grösste Sportereignis der Welt. Massgeblichen Anteil an diesem Erfolg hat<br />

Bernie Ecclestone. Mit seinen 72 Jahren hält der milliardenschwere Brite die Zügel des Rennsporttrosses<br />

immer noch fest in der Hand. Interview: Marcus Balogh, Redaktion Bulletin<br />

Marcus Balogh Sie gelten als ungekrönter<br />

König der <strong>Formel</strong> 1. Wofür Sie genau<br />

verantwortlich sind, bleibt jedoch auch nach<br />

längerer Recherche ein wenig nebulös. Was<br />

tut Bernie Ecclestone für die F1?<br />

Bernie Ecclestone Ich bin ganz sicher kein<br />

König. Schliesslich ist die <strong>Formel</strong> 1 eine<br />

Demokratie.<br />

In der Sie am Ende aber immer recht<br />

behalten? Oft – aber nicht immer. Ich bin<br />

kein allmächtiger Herrscher, ich bin eher<br />

ein Feuerwehrmann. Ich lösche die Brände,<br />

die zwischen Teams, Organisatoren,<br />

Kommissionen und Ländern aufflackern.<br />

Das hört sich altruistisch an. Aber in Tat und<br />

Wahrheit hat Sie die <strong>Formel</strong> 1 zu einem der<br />

reichsten Männer Grossbritanniens gemacht.<br />

Natürlich habe ich mit der <strong>Formel</strong> 1 Geld<br />

verdient. Aber ich bin nicht der Einzige. Im<br />

Gegensatz zu vielen anderen bin ich aber<br />

oft beträchtliche Risiken eingegangen.<br />

Trotzdem murren die Hersteller und monieren<br />

Ihre Macht. Dabei geht es auch um Geld.<br />

Die Teams hätten zum Beispiel gern einen<br />

grösseren Anteil aus dem Verkauf der Fernsehübertragungsrechte.<br />

Heute bekommen sie<br />

47 Prozent. Wie stellen Sie sich dazu? Als<br />

Aussenstehender würde ich sagen: Sie<br />

sollen es versuchen. Es ist nicht mehr als<br />

natürlich, dass jeder mehr will.<br />

Werden Sie ihnen mehr geben? Ich habe<br />

bereits Geld in die <strong>Formel</strong> 1 investiert, als<br />

die meisten Hersteller noch keine Ahnung<br />

hatten, was die <strong>Formel</strong> 1 ist. Heute<br />

bekommen sie unter anderem auch dank<br />

diesem Engagement eine ganze Menge<br />

Geld von ihren Sponsoren. Insgesamt kassieren<br />

die Teams mehr als ich. Aber vielleicht<br />

sollte ich vorschlagen, dass wir alles<br />

in einen Topf tun und dann jeder gleich<br />

viel daraus bekommt. (Lacht schallend)<br />

Werden sich die Hersteller nicht eines Tages<br />

sagen: Wir zahlen die Show, wir wollen auch<br />

die Einnahmen? Die Hersteller stecken<br />

sehr viel Geld in die <strong>Formel</strong> 1. Daran gibt es<br />

keine Zweifel. Gibt ihnen das automatisch<br />

das Recht auf mehr? Niemand hat sie<br />

gezwungen mitzumachen. Und schliesslich<br />

ist die Ernte, die sie mit diesem Engagement<br />

einfahren, ebenfalls sehr gross. Sie<br />

benutzen die <strong>Formel</strong> 1 ja auch als Schaufenster,<br />

um sich selber in Szene zu setzen.<br />

Wenn Sie ihr Brot 30 Jahre lang in der<br />

selben Bäckerei kaufen, glauben Sie, dass<br />

Sie deshalb eines Tages das Recht auf<br />

einen Teil der Einnahmen haben?<br />

Beunruhigt es Sie, dass die Hersteller<br />

untereinander über eine eigene Rennserie<br />

sprechen? Überhaupt nicht. Eine Rennserie<br />

auf die Beine zu stellen, ist immens<br />

schwierig. Je mehr die Hersteller jetzt<br />

miteinander sprechen, desto deutlicher<br />

merken sie das. Ganz abgesehen davon:<br />

So langsam wird ihnen klar, dass sie<br />

mit einer zweiten Rennserie nicht mehr<br />

Geld verdienen, sondern weniger.<br />

Wieso würde dabei weniger Geld herausschauen?<br />

Weil die TV-Sender bei zwei<br />

Rennserien natürlich die Möglichkeit<br />

hätten, die Preise zu drücken.<br />

Bleiben wir noch beim Thema Geld: Sie<br />

haben die <strong>Formel</strong> 1 vom Wochenendvergnügen<br />

für Rennverrückte zur kommerziell<br />

erfolgreichsten Sportart der Welt gemacht.<br />

Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis? Ich weiss<br />

es nicht. Der Chefkoch eines exklusiven<br />

Restaurants mit drei Sternen im Guide<br />

Michelin wird Ihnen auf diese Frage auch<br />

keine Antwort geben können. Denn Erfolg<br />

hängt nicht von einer einzigen, geheimen<br />

Zutat ab. Er ergibt sich aus der Summe<br />

vieler Details und Aktivitäten. Zum Beispiel<br />

aus Erfahrung und Durchhaltevermögen.<br />

Ausserdem bin ich seit sehr langer Zeit<br />

im Geschäft. Das trägt mir Respekt<br />

und Vertrauen ein – was weitere Erfolgsfaktoren<br />

sind.<br />

Überfällt sie nach rund 50 Jahren Motorsportzirkus<br />

nicht gelegentlich die Langeweile?<br />

Nein, ganz und gar nicht. Jeden Tag passiert<br />

irgendetwas Aufregendes. Das ist halt<br />

dieses Feuerwehrmann-Ding. Man wacht<br />

morgens auf und weiss nicht, was passiert.<br />

Können Sie uns ein Beispiel geben?<br />

Teams legen Beschwerden gegen andere<br />

Teams ein, ein Rennstall steht plötzlich vor<br />

dem finanziellen Aus – es gibt jeden Tag<br />

etwas zu verhandeln, zu verkaufen oder<br />

zu vermitteln. Und das ist eben das, was<br />

ich am besten kann und was mir am<br />

meisten Spass macht.<br />

Weshalb, glauben Sie, lockt die F1 Hunderte<br />

Millionen von Zuschauern vor die Bildschirme?<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 ist glamourös, ein<br />

grosses Spektakel. Es ist ein bisschen so,<br />

als beobachte man Seiltänzer im Zirkus.<br />

Man will zwar dort sein, wenn etwas passiert,<br />

aber man will nicht, dass etwas<br />

passiert. Und wenn etwas passiert, dann<br />

will man, dass der Fahrer ohne Verletzung<br />

aus dem Auto steigt.<br />

Machen Fahrer wie Michael Schumacher<br />

die <strong>Formel</strong> 1 nicht monoton? Michael<br />

Schumacher spaltet die F1-Fans in zwei<br />

Lager. Die eine Gruppe möchte ihn siegen<br />

und siegen und siegen sehen, während die<br />

andere bei jedem Rennen hofft, dass er<br />

endlich geschlagen wird. Für mich ist das<br />

unglaublich. Das ist fantastisch für uns.<br />

Wird die F1 in Asien und Amerika so populär<br />

werden wie in Europa? In Asien ist die F1<br />

bereits sehr populär. In den USA sind wir<br />

damit konfrontiert, dass es bereits eine<br />

Foto: © Corbis/Swiss Press<br />

12 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


«GELD BEDEUTET<br />

MIR NICHTS;<br />

ES IST NUR EINE<br />

MÖGLICHKEIT,<br />

ERFOLG<br />

ZU MESSEN.»<br />

Bernie Ecclestone<br />

FORMEL 1


Unzahl an Motorsport-Veranstaltungen<br />

gibt, von ganz unterschiedlichem Kaliber.<br />

Aber auch in den USA ziehen wir eine<br />

grosse Zuschauermenge für das jeweilige<br />

F1-Rennen an und die Fernsehübertragung<br />

erreicht gute Zuschauerquoten.<br />

Können Sie sich vorstellen, die Anzahl der<br />

Rennen zu erhöhen? Vielleicht könnte man<br />

noch ein oder zwei Rennen mehr veranstalten.<br />

Doch kein Promoter, kein Sponsor<br />

ist bereit, noch tiefer in die Tasche zu<br />

greifen, als er das jetzt schon tut. Das ist<br />

unmöglich – vorher würden die Sponsoren<br />

davon- rennen. Der limitierende Faktor<br />

ist das Geld.<br />

Sind Sie mit der F1, so wie sie heute ist,<br />

glücklich? Ich bin nie wirklich glücklich. Es<br />

gibt immer Sachen, die ich gern verbessern<br />

würde – und die ich dann auch versuche<br />

zu ändern.<br />

Vermissen Sie die «guten alten Tage»?<br />

Ich vermisse es, 21 Jahre alt zu sein. Aber<br />

was die F1 angeht – nein, wir sind heute<br />

wesentlich professioneller, und das ist auch<br />

gut so. Was ich vermisse sind die Menschen,<br />

mit denen ich früher zu tun hatte:<br />

Colin Chapman, Enzo Ferrari.<br />

Worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie<br />

auf die letzten 30 Jahre zurückblicken? Auf<br />

die Entwicklung der Sicherheitstechnik.<br />

Wir haben mehr für die Sicherheit getan als<br />

für alles andere. Heute steigen die Fahrer<br />

selbst nach haarsträubenden Unfällen beinahe<br />

unverletzt aus ihren Autos aus.<br />

Gibt es Dinge, die Sie bereuen? In der F1?<br />

Spontan fällt mir nichts ein. Sicher würde<br />

ich gewisse Sachen heute anders machen<br />

– aber nicht weil sie «falsch» waren,<br />

sondern weil ich sie vielleicht hätte besser<br />

machen können.<br />

Das einträgliche Leben für den Sport<br />

Bernard Charles Ecclestone wird am 28. Oktober 1930 in Ipswich, Grossbritannien, als<br />

Sohn eines Fischerboot-Kapitäns geboren. Sein Faible fürs Geschäften zeigt der ungekrönte<br />

F1-König schon als Kind. Während der Schulpause verkauft Klein Bernie gegen<br />

einen Aufpreis Brötchen und Kuchen, die er auf dem Schulweg eingekauft hat.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg absolviert er eine Lehre als Chemielaborant, beginnt aber<br />

gleichzeitig während seiner Essenspause mit Motorradersatzteilen zu handeln. Die<br />

Geschäfte laufen gut und ein paar Jahre später besitzt Ecclestone eine der grössten<br />

Motorradhandelsketten Grossbritanniens.<br />

1949 versucht sich Ecclestone in der <strong>Formel</strong> 3 – erfolglos. Aller Leidenschaft zum Trotz<br />

ist er als Fahrer weniger begnadet denn als Manager. In dieser Funktion vertritt er später<br />

unter anderem den Rennfahrer Jochen Rindt und leitet das Team Lotus. 1972 kauft sich<br />

Ecclestone schliesslich das <strong>Formel</strong>-1-Team von Brabham. 1981 und 1983 gewinnt er<br />

mit Nelson Piquet als Fahrer die F1-Weltmeisterschaft, 1987 verkauft er schliesslich das<br />

Team erfolgreich weiter. Parallel zu seinem Engagement als Rennstallbesitzer gründet er<br />

1974 zusammen mit Colin Chapman, Max Mosley, Ken Tyrell und Frank Williams die<br />

Konstrukteurvereinigung der <strong>Formel</strong> 1 (FOCA).<br />

Wirklich reich geworden ist der knapp 1,60 m grosse Tausendsassa in den Neunzigerjahren.<br />

Erst sichert er sich die Fernsehrechte der <strong>Formel</strong> 1, anschliessend bringt er sie<br />

äusserst gewinnbringend an den Mann. Die Einnahmen aus dem jährlichen Verkauf der<br />

Fernsehrechte werden nach einem komplizierten Schlüssel verteilt. 47 Prozent bekommen<br />

die Teams.<br />

Wie reich Bernie Ecclestone aber wirklich ist, bleibt unergründlich. Schätzungen schwanken<br />

zwischen 10 bis 16 Milliarden Franken. Ecclestone ist in zweiter Ehe mit dem ehemaligen<br />

Armani-Model Slavica (43) verheiratet. Mit ihr und den gemeinsamen Töchtern<br />

Tamara (17) und Petra (13) lebt er in London. Seine Tochter Deborah (27) stammt aus<br />

seiner ersten Ehe.<br />

Was passiert, wenn Sie eines Tages zurücktreten?<br />

Niemand ist wirklich unersetzlich,<br />

auch ich nicht. Und da die F1 ein durch und<br />

durch gesundes Business ist, wird sie auch<br />

ohne mich weitergehen. Vielleicht in einer<br />

anderen Art, mit neuen Ideen. Wahrscheinlich<br />

wird sie deshalb sogar besser werden.<br />

Welche Fahrer haben Sie in den letzten Jahrzehnten<br />

am meisten bewundert? F1-Piloten<br />

sind ein spezielles Volk. Es gehören aussergewöhnliche<br />

Eigenschaften dazu, einen<br />

Rennwagen Runde für Runde konstant am<br />

Limit zu bewegen – und nur dann kann<br />

man gewinnen. Ich bewundere Leute mit<br />

Charakter. Piloten, die nicht nur mit<br />

ihrem fahrerischen Können aus der Masse<br />

herausragen – wie etwa Niki Lauda oder<br />

Nelson Piquet. Und natürlich Menschen wie<br />

Ayrton Senna oder Michael Schumacher.<br />

Aussenstehende verstehen Michael<br />

Schumacher nicht. Sie glauben, er sei<br />

kalt und berechnend. Aber er ist das<br />

Gegenteil. Scheu. Und sehr warmherzig.<br />

Gibt es jemanden, der Ihnen am Anfang<br />

geholfen hat? Eine Art Mentor? Einen<br />

Lehrmeister habe ich nicht gehabt. Aber<br />

viele Leute, die mir weitergeholfen<br />

haben. Persönlichkeiten wie Enzo Ferrari.<br />

Sie haben eine unglaubliche Karriere hinter<br />

sich. Was hat Sie angetrieben? Ich hatte<br />

nichts anderes zu tun. Es ist wie ein Hobby.<br />

Und ich hatte eine Menge Glück.<br />

In der Rennszene gelten Sie als harter<br />

Geschäftsmann – wie erlebt Sie Ihre Familie<br />

zu Hause? Ich bin seit 20 Jahren verheiratet<br />

– irgendetwas scheine ich da also richtig<br />

gemacht zu haben. Vielleicht gelingt es<br />

mir ja, die «Geschäftsseite» nicht mit nach<br />

Hause zu nehmen.<br />

Was bedeutet Geld für Sie? Geld bedeutet<br />

mir nichts; es ist nur eine Möglichkeit,<br />

den Erfolg zu messen. In erster Linie mache<br />

ich das Geld ja auch für die Teams. Je<br />

mehr Geld ich für die Teams mache, desto<br />

besser sind die Rennen – das ist es, was<br />

mich interessiert. Reich zu werden ist<br />

nie meine Triebfeder gewesen.<br />

Wie entspannen Sie sich? Ich bin entspannt!<br />

F1-Rennen entspannen mich.<br />

Können Sie sich ein Leben ohne F1 vorstellen?<br />

Daran denke ich nicht. Meine Frau<br />

meint, dass sie mich wahrscheinlich tot<br />

von der Strecke tragen müssen. Oder im<br />

Tour-Bus begraben können. Mir gefällt,<br />

was ich tue – warum sollte ich aufhören?<br />

14 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


FORMEL 1<br />

«Man wollte mir<br />

das Fliegen beibringen»<br />

Yolanda Tavoli, Ex-Rennfahrerin und Journalistin<br />

Am 3. Juni 1984 entlädt sich düsteres Gewölk über Monte Carlo.<br />

McLaren-Star Alain Prost liegt vorne, als das Rennen nach nur 31<br />

Runden abgebrochen wird. Und mit Ayrton Senna, knapp hinter ihm<br />

an zweiter Stelle, wird ein neuer Star geboren.<br />

Ausgerüstet mit Boxenkarte und Passepartout stehe ich knapp<br />

hinter den Leitplanken. Zum ersten Mal fühle und höre ich die<br />

1000-PS-Turboboliden in ihrem Kampf um Hundertstelsekunden.<br />

Sie sind unglaublich! Nur die gelben Ohrstöpsel verhindern ein<br />

Eintauchen in untolerierbare Phondimensionen. Schwer zu glauben,<br />

dass Menschen tatsächlich fähig sind, diese High-Tech- und High-<br />

Speed-Ungetüme zu kontrollieren!<br />

Genau diese Menschen sollte ich für die Tageszeitung «Blick» aus<br />

der Sicht einer Frau beschreiben, einer jungen, <strong>Formel</strong>-1-naiven<br />

Ringier-Journalistenschülerin, die vom abgebrühten F1-Spezialisten<br />

Roger Benoit den Löwen zum Frass vorgeworfen wird.<br />

Gefressen haben sie mich nicht! Aber wo sich mutige Männer<br />

exponieren, streichelt weibliche Bewunderung das nach aussen<br />

gekehrte Ego. Und so schreibe ich denn über Stefan Johanssons<br />

blaue Augen, Nelson Piquets südamerikanischen Charme und Elio<br />

de Angelis’ Vorliebe für leise Töne. Eingeladen aber werde ich überraschenderweise<br />

vom <strong>Formel</strong>-1-Piloten und Landsmann Marc Surer.<br />

Es war eine Begegnung mit Folgen.<br />

Ein Jahr drauf gelten wir in Monaco bereits als unzertrennlich, und<br />

ab 1986 gibts uns Surers nur noch im Doppelpack. Die <strong>Formel</strong> 1 wird<br />

für mich ein zweites Zuhause. Als Frau eines Piloten bin ich<br />

integriertes Teammitglied und als Journalistin privilegiert. Ich arbeite<br />

sogar für das <strong>Formel</strong>-1-Special von RTL – aber damals war ich eben<br />

«nur» die Freundin von Marc Surer und nicht eine eigenständige<br />

Rennpilotin.<br />

Die wenigen Frauen, die in den letzten Jahren im internationalen<br />

Rennzirkus mitwirkten, sind mittlerweile institutionalisiert – was rein<br />

gar nichts an den Hürden ändert, die man als Frau überwinden muss.<br />

Eine Sache, die sich beispielsweise durch meine ganze Karriere als<br />

Rennfahrerin gezogen hat: hämische Kommentare unterlegener<br />

Konkurrenten. So leicht fällt es den Herren der Schöpfung eben doch<br />

nicht, wenn man als Frau Lenkrad und Schaltstock mit der gleichen<br />

Selbstverständlichkeit bedienen möchte wie ein Mann. Für diese<br />

Erkenntnis habe ich Lehrgeld bezahlt. In meinem ersten <strong>Formel</strong>-Ford-<br />

Jahr 1989: An vierter Position in Hockenheim, in der letzten Runde<br />

eingangs Motodrom knallt mir ein Konkurrent in der engsten Kurve<br />

mit voller Absicht ins Heck. Später, im Fahrerlager, soll er gesagt<br />

haben: «Eine Frau – ich musste ihr einfach das Fliegen beibringen!»<br />

An dieser Einstellung hat sich bis heute nicht viel geändert: So<br />

erklärte die unumstrittene Rallye-Queen und Paris-Dakar-Siegerin<br />

von 2000 Jutta Kleinschmidt unlängst, dass sie dieses Jahr für die<br />

Wüstenrallye nur deswegen eine weibliche Beifahrerin gewählt habe,<br />

weil die Männer sonst ein eventuell erneut gutes Abschneiden<br />

wieder mit der Tatsache erklärt hätten, dass da eben ein männlicher<br />

Beifahrer beteiligt war.<br />

❙<br />

Foto: Eva-Maria Züllig<br />

Aber einmal Blut geleckt, konnte mich nichts mehr halten<br />

Monaco 1996. Vier Uhr früh. Noch ist es dunkel. Die letzten<br />

Paradiesvögel ziehen lärmend aus der Edeldisco «Jimmy’z». In der<br />

Zwischenzeit ist viel passiert. Seit einigen Jahren fahre ich selber<br />

Rennen. Und jetzt hänge ich schlaftrunken im Rennoverall über der<br />

Küstenmauer auf dem benachbarten Halbinselchen und warte auf<br />

das erste Training zum internationalen Renault-Spider-Cup. Die<br />

Qualifikationsrunden und -rennen bilden in diesem Jahr das<br />

Rahmenprogramm der <strong>Formel</strong> 1. Trotz Schaltproblemen erobere ich<br />

mir auf meiner Lieblingsstrecke einen respektablen 15. Platz – als<br />

einzige Frau im «Ratpack» von 25 jungen, wilden Männern. Eine<br />

Tatsache, an die ich mich gewöhnt habe. Denn auch wenn es<br />

zahlreiche Frauen im Kielwasser des F1-Zirkus gibt, war ich mit<br />

einer Ausnahme in allen Klassen immer die von ihren männlichen<br />

Kollegen etwas argwöhnisch beobachtete «Fahrer-Amazone». Von<br />

der <strong>Formel</strong> Ford über die <strong>Formel</strong> 3 bis zur italienischen Supertourenwagen-Meisterschaft<br />

1995.<br />

«EINE FRAU BEZAHLT<br />

IMMER NOCH<br />

EXTRA-LEHRGELD.»<br />

Yolanda Tavoli<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 15


280 LEUTE HABEN AM<br />

NEUEN C22 GEARBEITET.<br />

DER 10-ZYLINDER-<br />

3,0-LITER-MOTOR LEISTET<br />

RUND 800 PS.


FORMEL 1<br />

Die Bolidenbauer von Hinwil<br />

Im Januar jagte der C22 erstmals über eine Rennstrecke. Im März, wenn die <strong>Formel</strong>-1-Saison<br />

beginnt, folgt die eigentliche Feuerprobe für das jüngste Pferd aus dem Rennstall Sauber<br />

Petronas. Vom neuen Sauber-Boliden sollen die direkten Konkurrenten vor allem eines sehen:<br />

den Heckflügel. Andreas Thomann, Redaktion emagazine<br />

Foto: Oliver Lang<br />

Die Kulisse würde jedem Skiteam gut<br />

anstehen. Doch die 30 Männer von Sauber<br />

Petronas sehen irgendwie deplatziert aus auf<br />

der verschneiten Rennstrecke des norditalienischen<br />

Städtchens Fiorano. Fröstelnd<br />

posieren sie in ihren grün-blauen Overalls vor<br />

einem grün-blauen Rennwagen, auf dem<br />

noch keines der üblichen Sponsorenlogos<br />

prangt, weshalb das Gefährt fast nackt wirkt<br />

in der eisigen Kälte. Der C22 hat eben die<br />

Entwicklungsabteilung verlassen und hätte<br />

heute seine ersten Runden drehen sollen.<br />

Doch der über 800 PS starke Motor bleibt<br />

stumm. Der Wagen wird nur kurz fürs Gruppenbild<br />

hinausgeschoben, um alsbald wieder<br />

in der Garage zu verschwinden.<br />

«Der C22 läuft wie ein Uhrwerk»<br />

Erst vier Tage später, am 13. Januar, ist<br />

es so weit: Nachdem das Team kurzerhand<br />

Material und Rennwagen nach Barcelona<br />

verfrachtet hat, kann Sauber-Pilot Nick<br />

Heidfeld endlich erstmals ausprobieren, was<br />

im neuen C22 drinsteckt. Das Stimmungsbarometer<br />

steigt von Runde zu Runde. Als<br />

der Deutsche nach 61 Runden wieder an die<br />

Box zurückkehrt, knallt sogar im heimischen<br />

Hinwil der eine oder andere Champagnerkorken.<br />

«Wenn ein neues Rennauto auf<br />

Anhieb 290 Kilometer pannenfrei übersteht,<br />

kann man es wohl als zuverlässig bezeichnen»,<br />

sagt Jürg Flach, der bei der Entwicklung<br />

des C22 die Fäden zog. Die Fahrer<br />

stimmen ins Loblied ein: «Der C22 läuft wie<br />

ein Uhrwerk», lässt sich Nick Heidfeld vernehmen.<br />

«Das Auto fährt stabiler und lässt<br />

sich besser durch die Rennstrecke manövrieren»,<br />

doppelt sein neuer Teamkollege<br />

Heinz-Harald Frentzen nach, nachdem auch<br />

er am dritten Testtag erstmals den C22<br />

besteigen durfte.<br />

Doch so richtig will der Champagner in Barcelona<br />

und Hinwil nicht überschäumen.<br />

Schuld ist der Speed. «Die Rundenzeiten<br />

waren noch nicht ganz so schnell, wie wir das<br />

aufgrund der Windkanaltests erwartet hatten»,<br />

räumt Jürg Flach ein. Der C22 fährt auf<br />

Anhieb zwar schneller als der C21, allerdings<br />

bleibt die Differenz unter einer Sekunde<br />

pro Runde. «Wenn alles gut läuft, sollte ein<br />

Auto jedoch von Saison zu Saison um eine<br />

bis anderthalb Sekunden zulegen», so Jürg<br />

Flach. Auf dieses Ziel haben bei Sauber<br />

alle 280 Mitarbeiter neun Monate lang hingearbeitet.<br />

Wegen dieser anderthalb Sekunden<br />

hat man ein komplett neues Auto gebaut.<br />

Der gelernte Maschineningenieur,<br />

der bereits den vierten Sauber-Boliden mitentwickelt,<br />

weiss: Falls die Vorgabe nicht erreicht<br />

wird, ziehen die direkten Konkurrenten<br />

an Sauber vorbei.<br />

Motor, Reifen und Aerodynamik: Diese drei<br />

Variablen bestimmen nebst dem Können der<br />

Piloten darüber, wie schnell ein Rennwagen<br />

über eine Rennstrecke rasen kann. Bei<br />

Sauber sind die ersten beiden Variablen<br />

mehr oder weniger vorgegeben: Die Reifen<br />

stammen von der Firma Bridgestone. Und<br />

der neue Sauber-Motor baut auf dem letztjährigen<br />

Ferrari-Modell auf, wobei der Entwicklungsstand<br />

beim Grand Prix von Monza<br />

als Basis dient (September 2002). Das Drei-<br />

Liter-Aggregat aus gehärtetem Aluminium<br />

ist mit zehn Zylindern ausgestattet, schafft<br />

über 18 000 Umdrehungen pro Minute und<br />

liess Michael Schumacher letzte Saison der<br />

Konkurrenz davonfahren.<br />

Bei 170 km/h fährt das Auto an der Decke<br />

Bleibt die dritte Variable, die Aerodynamik.<br />

In deren Optimierung fliesst logischerweise<br />

praktisch die gesamte Energie im Sauber-<br />

Fast alles am C22 ist neu<br />

«Beim C22 haben wir neue Wege beschritten»,<br />

sagt Projektleiter Jürg Flach. Entstanden ist<br />

ein kompromissloses Rennauto. Der C22 hat<br />

eine verbesserte Aerodynamik und lässt sich<br />

auch besser manövrieren.<br />

Cockpit | Bei Sauber gibt es zwei verschiedene<br />

Ausführungen, denn der neue Sauber-<br />

Pilot Heinz-Harald Frentzen ist zehn Zentimeter<br />

grösser als sein Teamkollege Nick Heidfeld.<br />

Die Pedale sind bei Frentzen weiter vorne,<br />

der Beinschutz ist länger.<br />

Überrollbügel | Der Überrollbügel bildet den<br />

Einlass ins Airhorn, das den Ansaugtrakt des<br />

Motors darstellt. Bei einem Crash hält das<br />

filigrane Karbonteil die Wucht von zwölf Tonnen<br />

aus. Dank einer neuen Taillierung ist es<br />

beim C22 noch aerodynamischer geworden.<br />

Aufhängung | Sie hat einen grossen Einfluss<br />

darauf, wie das Auto auf der Strecke liegt.<br />

Beim C22 wurde sie nochmals etwas leichter,<br />

gleichzeitig aber auch steifer.<br />

Heckflügel | Er sorgt für über einen Drittel<br />

des totalen Abtriebs des Boliden. Der Heckflügel<br />

besteht aus vier Elementen, wobei das<br />

unterste Element nochmals komplett überarbeitet<br />

wurde, um mehr Abtrieb bei weniger<br />

Luftwiderstand zu erreichen.<br />

Frontflügel | Sie erzeugen über 25 Prozent<br />

des Abtriebs. Beim C22 ist vorläufig noch<br />

das letztjährige Modell montiert. Eine Neuerung<br />

soll schon bald folgen.<br />

Seitenkästen | Die langen Tage im Windkanal<br />

haben auch hier zu einer neuen Form<br />

geführt: Die Seitenkästen beim C22 liegen<br />

tiefer und stehen auch in einem veränderten<br />

Winkel zum Chassis.<br />

Chassis | Das Chassis bildet das Kernstück<br />

des <strong>Formel</strong>-1-Autos. Die Entwicklungszeit<br />

von 2,5 Monaten diktiert gleichzeitig den Ablauf<br />

der Fahrzeugentwicklung. Beim C22 ist<br />

das Chassis deutlich steifer geworden.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 17


Werk. Das erklärt auch, warum vieles bei<br />

Sauber eher an eine Flugzeugfabrik als an<br />

eine Autowerkstatt erinnert, denn <strong>Formel</strong>-1-<br />

Boliden funktionieren wie umgekehrte Flugzeuge:<br />

Was beim Flugzeug der Auftrieb, ist<br />

beim Rennwagen der Abtrieb (Downforce).<br />

Das Auto soll schliesslich auch bei hohem<br />

Tempo und in engen Kurven nicht von der<br />

Rennstrecke abheben, sondern gut auf dem<br />

Asphalt haften. Bereits bei 170 km/h übersteigt<br />

die Downforce das Gewicht des Autos<br />

(ca. 600 kg), womit der Bolide praktisch an<br />

der Decke fahren könnte.<br />

Bodenhaftung ist jedoch nicht alles. Der<br />

Wagen soll dem Wind auch möglichst wenig<br />

Angriffsfläche bieten. Diesem Problem<br />

begegnen die Herren der Lüfte mit immer<br />

gewagteren Formen. Bei Sauber hat man<br />

auf die kommende Saison hin den Innovationskräften<br />

besonders freien Lauf gelassen.<br />

«Beim C22 haben wir noch konsequenter als<br />

bisher neue Wege beschritten», sagt Jürg<br />

Flach. Ins Auge sticht die neu proportionierte<br />

Front- und Heckpartie, was dem Wagen<br />

ein aggressiveres Aussehen verleiht. Das<br />

Auto ist auch kompakter geworden: «Wir<br />

haben mehr Masse auf den Schwerpunkt<br />

konzentriert, wodurch sich das Auto agiler<br />

fahren lässt.» Daneben gibt es für die Kenner<br />

Eine virtuelle Tour durchs Sauber-Werk sowie<br />

mehr Fakten und Bilder über den Windkanal<br />

finden Sie unter www.credit-suisse.com/f1<br />

viele Details zu bestaunen, an denen die<br />

Hinwiler Tüftler monatelang gefeilt haben:<br />

ein neu geformter Heckflügel etwa, eine kleinere,<br />

tiefer geschnittene Motorabdeckung,<br />

eine leichtere Aufhängung, ein steiferes<br />

Chassis oder ein taillierter Überrollbügel.<br />

Die Spielwiese der Aerodynamiker hat<br />

sich noch vergrössert, seit das Benetton-<br />

Team (heute Renault) vor zehn Jahren<br />

erstmals aerodynamische Simulationen am<br />

Computer durchführte. Mittlerweile gibt es<br />

in jedem Team eine Abteilung für Computational<br />

Fluid Dynamics, kurz CFD. Dank enormen<br />

Rechnerleistungen können die Spezialisten<br />

hier viele Varianten in der virtuellen<br />

Welt testen, bevor man das neue Teil im<br />

Windkanal ausprobiert. Das spart Zeit und<br />

Kosten, denn viele Ideen können zum Vornherein<br />

verworfen, viel versprechende Varianten<br />

dagegen weiterverfolgt werden. Der<br />

Computer ersetzt das Testen in der realen<br />

Welt jedoch nur teilweise, sonst würde<br />

Sauber wohl kaum für 70 Millionen Franken<br />

einen hochmodernen Windkanal aus dem<br />

Boden stampfen (siehe Box). «Der Computer<br />

liefert uns ein ausgezeichnetes Verständnis<br />

für die aerodynamischen Kräfte», so Dirk de<br />

Beer, Projektleiter Aerodynamik beim neuen<br />

Windkanal. «Allerdings sind die Rechnerleistungen<br />

immer noch zu klein, um sämtliche<br />

Kräfte zu messen, die auf den Wagen<br />

wirken.»<br />

Karbon – Edelmaterial aus dem Backofen<br />

Haben die CFD-Leute einmal die Spreu vom<br />

Weizen getrennt, bauen die Konstrukteure<br />

die neuen Teile im Massstab 1:2 nach.<br />

Bewährt sich die neue Form auch im Windkanal,<br />

geht das Teil schliesslich in die Produktion.<br />

Um die aerodynamischen Geheimnisse<br />

nicht preiszugeben, stellt Sauber die<br />

meisten Teile selbst her. In Sachen Material<br />

ist Karbon seit langem die erste Wahl in der<br />

<strong>Formel</strong> 1: Bei praktisch allen Teilen des<br />

Boliden – mit Ausnahme des Motors und des<br />

Getriebes – wird Kohlefaser verwendet,<br />

denn das Material ist gleichzeitig sehr leicht<br />

und extrem resistent. Wer in den letzten<br />

Jahren gesehen hat, wie ein Fahrer nach<br />

einem spektakulären Crash oft unversehrt<br />

aus dem Cockpit gestiegen ist, erahnt, was<br />

die Karbonteile heutzutage aushalten. Leider<br />

ist Karbon auch unglaublich teuer – ein<br />

Grund, weshalb es für industriell gefertigte<br />

Autos nicht in Frage kommt. Bei der Herstellung<br />

werden mehrere Karbonlagen mit Kunstharz<br />

übereinander geklebt und in speziellen<br />

Öfen, so genannten Autoklaven, «gebacken».<br />

Fünf Jahre dauert es durchschnittlich,<br />

bis ein gewöhnlicher PKW zur Serienreife<br />

gelangt. Die <strong>Formel</strong>-1-Teams brauchen<br />

gerade mal acht Monate, bis ihr Baby zum<br />

ersten Mal auf die Rennstrecke darf. Doch<br />

der vermeintliche Endpunkt einer Entwicklung<br />

ist eigentlich bloss ein neuer Anfang.<br />

«Zufrieden sind wir nie», bringt Jürg Flach<br />

die <strong>Formel</strong>-1-Philosophie auf den Punkt.<br />

Seine Agenda bis zum ersten Grand Prix der<br />

Saison ist genauso voll wie in den Monaten<br />

davor. Alle Teams unterziehen ihre Wagen<br />

in dieser Zeit intensiven Tests auf der Rennstrecke.<br />

Bis zu 200 an den Rennwagen<br />

angebrachte Sensoren füttern die Computer<br />

in der Box per Funk mit ungefähr vier Megabyte<br />

Datenmaterial pro Runde. Praktisch<br />

alles wird ausgewertet, vom Öldruck bis<br />

zum Kurvenverhalten. Und natürlich geben<br />

auch die Feedbacks der Fahrer interessante<br />

Rückschlüsse, wie man den Wagen noch<br />

optimieren könnte. Die gesammelten Daten<br />

werden anschliessend ins Werk von Hinwil<br />

übermittelt, wo man sich unverzüglich an<br />

die Feinabstimmung macht. Ein Perpetuum<br />

mobile der Entwicklung.<br />

Je näher die Saison rückt, umso stärker<br />

steigt die Spannung im ganzen Team. Weil<br />

meist mehrere Teams gleichzeitig auf einem<br />

bestimmten Circuit testen, kommt bereits<br />

Wochen vor Saisonbeginn eine Art Wettkampfstimmung<br />

auf. Allerdings spielen die<br />

Teams noch mit verdeckten Karten, indem<br />

sie ihre Tankfüllungen nicht offen legen. «Die<br />

Rundenzeiten sind damit nie völlig vergleichbar»,<br />

so Jürg Flach. Spätestens am 7. März<br />

ist definitiv Schluss mit dieser Geheimniskrämerei.<br />

Dann nämlich wird in Melbourne<br />

zum ersten Qualifying für den Grand Prix von<br />

Australien gestartet.<br />

❙<br />

Wenn Sturmwinde durch die Röhre blasen<br />

Gleich neben dem Sauber-Werk in Hinwil ziehen Baukräne seit dem 20. Oktober 20<strong>01</strong> ein<br />

scheinbar gewöhnliches Bürogebäude in die Höhe. Das Innenleben hat es jedoch in sich:<br />

Acht Meter über dem Boden entsteht der weltweit modernste Windkanal im Automobilbau.<br />

Das 9,4 Meter dicke Rohr ist bereits eingesetzt, im eigentlichen Prüfstand klafft<br />

derzeit noch ein Loch. Auf einem Stahlrollband, das mit bis zu 300 Stundenkilometern<br />

rotieren wird, kann dort künftig ein originalgrosser <strong>Formel</strong>-1-Bolide auf seine Aerodynamik<br />

getestet werden. «Kein anderes <strong>Formel</strong>-1-Team kann ein Fahrzeug – gestützt auf seinen<br />

eigenen Rädern – bei diesem Tempo testen», sagt Dirk de Beer, Projektleiter Aerodynamik<br />

des Windkanals. Bis jetzt musste Sauber mit einem im Massstab 1:2 gefertigten<br />

Modell seine Tests im Windkanal des Flugzeugwerks Emmen durchführen. «In Hinwil werden<br />

wir doppelt so lang testen können, und zwar wann immer wir wollen», so Dirk de Beer.<br />

Im Windkanalgebäude entstehen auch ein Automobilmuseum und eine Event-Plattform.<br />

Dort können dereinst die Partner von Sauber Petronas und ihre Gäste den Windmachern<br />

bei der Arbeit zusehen.<br />

Fotos: Sauber Petronas<br />

18 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


FORMEL 1<br />

DER MODERNSTE WINDKANAL<br />

DES AUTOMOBILBAUS KOSTET<br />

70 MILLIONEN FRANKEN.<br />

Das meiste am Auto besteht aus Karbon:<br />

Das Material ist leicht und sehr resistent.<br />

20–40 Millisekunden dauert ein Gangwechsel<br />

im computergesteuerten Getriebe.<br />

Ausser Motor und Reifen wird praktisch jedes<br />

Teil von Sauber selbst hergestellt.


FORMEL 1<br />

DIE HERSTELLER<br />

BRINGEN<br />

3000 BIS 4000<br />

REIFEN AN DIE<br />

RENNSTRECKE.<br />

RUND 700 DAVON<br />

WERDEN<br />

VERBRAUCHT.<br />

WÄHREND DES<br />

RENNENS WERDEN<br />

DIE REIFEN<br />

100 GRAD HEISS.


Die wichtigsten Infos auf einen Blick<br />

Teams und Fahrer<br />

Team Ferrari BMW Williams McLaren Mercedes Renault Sauber Petronas<br />

Gegründet 1929 1968 1963 1977 1970<br />

F1-Debüt 1950 1975 1966 1977 1993<br />

Siege 159 108 135 15 0<br />

Fahrer 1 Michael Schumacher 3 Juan Pablo Montoya 5 David Coulthard 7 Jarno Trulli 9 Nick Heidfeld<br />

2 Rubens Barrichello 4 Ralf Schumacher 6 Kimi Räikkönen 8 Fernando Alonso 10 Heinz-Harald Frentzen<br />

Hauptsponsor Marlboro HP West Mild Seven Petronas<br />

Team Jordan Jaguar BAR Honda Minardi Toyota<br />

Gegründet 1981 1997 1998 1980 1999<br />

F1-Debüt 1991 2000 1999 1985 2002<br />

Siege 3 0 0 0 0<br />

Fahrer 11 Giancarlo Fisichella 14 Marc Webber 16 Jacques Villeneuve 18 Jos Verstappen 20 Olivier Panis<br />

12 Ralph Firmin 15 Antonio Pizzonia 17 Jenson Button 19 Justin Wilson 21 Cristiano da Matta<br />

Hauptsponsor Benson & Hedges HSBC Lucky Strike Gazprom Panasonic<br />

Die wichtigsten Änderungen im F1-Reglement<br />

p Die Datenübertragung von der Box zum Fahrzeug wird ab Saisonstart verboten.<br />

p Die Datenübertragung vom Auto zur Box wird ab 2004 durch ein Standardsystem ersetzt.<br />

p Eine Sprechverbindung zwischen Fahrer und Boxencrew darf eingesetzt werden, wenn das System eine zeitgleiche<br />

Datenübertragung unmöglich macht und die Kommunikation von der FIA und den TV-Stationen mitgehört werden kann.<br />

p Ein drittes Auto darf nur dann genutzt werden, wenn ein Rennfahrzeug nicht reparierbar ist. Ist ein Fahrzeug kurz vor dem<br />

Start nicht einsatzfähig, startet es aus der Boxengasse. Gleiches gilt für einen Rennabbruch in den ersten zwei Runden.<br />

p Die Autos werden zwischen dem Qualifying und dem Rennen unter den Bedingungen des Parc Fermé abgestellt.<br />

Dies kann auch in den Garagen der jeweiligen Teams geschehen, dann jedoch nur unter Aufsicht. Jegliche Arbeiten,<br />

ausser Routinewartungen, benötigen eine Erlaubnis.<br />

p Traktionskontrolle und Startautomatik werden ab dem britischen GP in Silverstone verboten. Für die Startautomatik gilt<br />

die Regelung, dass die Teams bis dahin eine Möglichkeit finden sollten, die Kupplungen wieder manuell zu bedienen.<br />

p Das Qualifying findet in zwei Teilen statt: Freitag und Samstag. Jeder Wagen hat jeweils eine fliegende Runde, jeder ist<br />

allein auf der Strecke. Für die Startaufstellung gelten nur die Zeiten vom Samstag.<br />

p Wer sich verpflichtet, von März bis November nicht mehr als zehn Tage zu testen, bekommt am Freitag vor dem Rennen<br />

zwei Stunden zusätzliche Testzeit. Von dieser Möglichkeit machen die Teams von Renault, Jordan und Minardi Gebrauch.<br />

p Die WM-Punkte werden bis zum achten Platz vergeben: 10-8-6-5-4-3-2-1.<br />

p Eine Stallorder ist verboten.<br />

Offizielle und inoffizielle F1-Homepages<br />

3 www.fia.com 3 www.formula1.com 3 www.f1-live.com<br />

3 www.f1-plus.com 3 www.grandprix.com<br />

3 www.f1total.com 3 www.autosport.com<br />

<strong>Formel</strong>-1-Weekend zu gewinnen<br />

Das Bulletin verlost als Hauptpreis eines Wettbewerbes ein <strong>Formel</strong>-1-Weekend. Einfach die drei Fragen auf dem<br />

beiliegenden Talon beantworten und den ausgefüllten Wettbewerbstalon bis zum 31. März 20<strong>03</strong> einsenden.<br />

1. PREIS<br />

2. PREIS<br />

3. PREIS<br />

Besuch des GP von Europa auf dem Nürburgring für zwei Personen<br />

inklusive Transfers und Hotelübernachtungen, exklusive Anreise.<br />

Datum: Freitag bis Sonntag, 27. Juni bis 29. Juni 20<strong>03</strong><br />

Besuch eines Sauber-Petronas-Testtages für zwei Personen in<br />

Europa inklusive Anreise. Datum: 19. Juni 20<strong>03</strong><br />

1 VIP-Package mit Rucksack, T-Shirt, Fahrercap und vielem mehr.<br />

Agenda<br />

9. März<br />

AUSTRALIEN, MELBOURNE<br />

23. März<br />

MALAYSIA, KUALA LUMPUR<br />

6. April<br />

BRASILIEN, INTERLAGOS<br />

20. April<br />

SAN MARINO, IMOLA<br />

4. Mai<br />

SPANIEN, BARCELONA<br />

18. Mai<br />

ÖSTERREICH, SPIELBERG<br />

1. Juni<br />

MONACO, MONTE CARLO<br />

15. Juni<br />

KANADA, MONTREAL<br />

29. Juni<br />

EUROPA, NÜRBURGRING<br />

6. Juli<br />

FRANKREICH, MAGNY-COURS<br />

20. Juli<br />

GROSSBRITANNIEN, SILVERSTONE<br />

3. August<br />

DEUTSCHLAND, HOCKENHEIMRING<br />

24. August<br />

UNGARN, BUDAPEST<br />

14. September<br />

ITALIEN, MONZA<br />

28. September<br />

USA, INDIANAPOLIS<br />

12. Oktober<br />

JAPAN, SUZUKA<br />

Bulletin Spezial<br />

Zum Thema <strong>Formel</strong> 1 können<br />

Sie mit dem beiliegenden<br />

Talon eine Bulletin-Sondernummer<br />

mit ausführlichem<br />

Serviceteil bestellen.<br />

22 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


FORMEL 1<br />

«Das Team Sauber bringt alles,<br />

um ganz vorne mitzufahren»<br />

Marketingchef Jan Nyholm erklärt, warum die <strong>Formel</strong> 1 und insbesondere das Team Sauber zum Bild der<br />

Credit Suisse passt und wohin die Partnerschaft in Zukunft steuert. Interview: Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />

Foto: Martin Stollenwerk<br />

Daniel Huber Was bedeutet Ihnen<br />

Geschwindigkeit?<br />

Jan Nyholm Ich mag Geschwindigkeit,<br />

sei es bei Autos oder aber im Geschäft.<br />

Und mit welchem Auto können Sie<br />

dieser Vorliebe frönen? Mit einem ganz<br />

normalen. Aber auch damit kann ich<br />

schnell fahren.<br />

Haben Sie noch nie Probleme mit der Polizei<br />

bekommen? Nein, in Sachen Geschwindigkeitsüberschreitung<br />

habe ich keine Probleme.<br />

Eher, wenn es ums Parkieren geht.<br />

Und wie äussert sich die Liebe zur<br />

Geschwindigkeit bei der Arbeit in der Bank?<br />

In zweierlei Hinsicht. So ist für mich ein<br />

guter Service fast zwingend immer auch ein<br />

schneller Service. Der Bankkunde will<br />

schnell seine Probleme gelöst und Wünsche<br />

erfüllt haben. Zum anderen braucht es in<br />

der heutigen Zeit auch häufig schnelle Entscheide.<br />

Natürlich müssen sie auch richtig<br />

sein, aber zu lange alles bis ins letzte<br />

Detail zu analysieren, bringt meistens nichts.<br />

Wofür steht für Sie die <strong>Formel</strong> 1? Die<br />

<strong>Formel</strong> 1 ist eine extrem innovative und<br />

perfektionistische Sportart. Um bei diesem<br />

Kampf um Tausendstelsekunden mithalten<br />

zu können, müssen Tausende von zum Teil<br />

handgemachten Teilen perfekt aufeinander<br />

abgestimmt werden. Das ist Hightech pur.<br />

Und wofür steht innerhalb der <strong>Formel</strong> 1<br />

das Team Sauber? Ausschlaggebend für<br />

den Einstieg in die <strong>Formel</strong> 1 war für uns die<br />

Partnerschaft mit Sauber. Über die <strong>Formel</strong> 1<br />

kann man unterschiedlicher Meinung sein.<br />

Dagegen gilt Sauber unbestritten als ein<br />

äusserst zuverlässiges, professionelles, innovatives<br />

und dynamisches Team, das sehr<br />

effizient und zielgerichtet arbeitet – also<br />

durchwegs positive Attribute, mit der die<br />

Credit Suisse gerne in Verbindung gebracht<br />

«GUTER SERVICE<br />

IST SCHNELLER<br />

SERVICE.»<br />

Jan Nyholm, Leiter Marketing, Credit Suisse<br />

werden möchte und meiner Meinung<br />

nach auch darf.<br />

Bei allem Wohlwollen gegenüber dem<br />

Schweizer Team, ganz zuoberst auf dem<br />

Podest wird man die Sauber-Fahrer wohl<br />

kaum je antreffen. Stört Sie das nicht?<br />

Das stimmt für mich so nicht. Wenn Sie<br />

heute alle <strong>Formel</strong>-1-Teams anschauen und<br />

sich fragen, welche Voraussetzungen<br />

erfüllt sein müssen, um ganz vorne mitzufahren,<br />

dann gehört für mich Sauber – vielleicht<br />

abgesehen vom Budget – sicher<br />

dazu. Das Team kann auf eine unheimliche<br />

Erfahrung zurückgreifen und es nutzt<br />

seine im Vergleich zu anderen Teams eher<br />

bescheidenen Ressourcen absolut optimal.<br />

Die Credit Suisse ist nun schon zwei Jahre<br />

dabei. Was hat das Engagement der Bank<br />

gebracht? Es hat uns in verschiedener<br />

Hinsicht viel gebracht. In der Schweiz sind<br />

wir sozusagen der offizielle Sponsor der<br />

Schweizer Nationalmannschaft im Motorsport.<br />

Das hat unser Image positiv beeinflusst.<br />

Das belegen auch unzählige<br />

Feedbacks von Kunden. Die <strong>Formel</strong> 1<br />

hat zudem den Vorteil, dass sich die Rennen<br />

praktisch übers ganze Jahr hinziehen<br />

und rund um die Erde stattfinden. Um<br />

den Namen Credit Suisse international<br />

bekannt zu machen, ist das ein entscheidender<br />

Vorteil. Ganz wichtig ist im Übrigen<br />

auch die Möglichkeit, Kunden ein sehr<br />

exklusives Erlebnis zu bieten. Unter dem<br />

Strich ist für uns die Rechnung ganz<br />

klar aufgegangen.<br />

Die Credit Suisse hat als Hauptsponsor<br />

der Kandidatur massgeblich dazu beigetragen,<br />

die Fussball-EM 2008 in die Schweiz<br />

zu holen. Sie wird es sich wohl kaum<br />

nehmen lassen, auch beim Anlass selbst<br />

als Sponsor präsent zu sein. Hätte das<br />

negative Folgen für das Engagement bei<br />

Sauber? Ich sehe da eigentlich keine<br />

Probleme. Grundsätzlich ist es noch weit<br />

bis 2008, und solange uns die <strong>Formel</strong> 1<br />

marketingmässig einen Nutzen bringt, werden<br />

wir dabei bleiben – und zurzeit bringt<br />

sie uns eine Menge. Wenn uns die EM<br />

2008 zusätzlich etwas bringen kann, dann<br />

machen wir das ebenfalls.<br />

Lange war der Motorsport in der Schweiz<br />

verpönt und auch die Credit Suisse lehnte<br />

es ab, in diesem Bereich Sponsoring zu<br />

betreiben. Woher kam der Sinneswandel?<br />

Persönlich denke ich, dass die ökologischen<br />

Bedenken gegenüber dem Motorsport<br />

an Relevanz verloren haben. Zum einen sind<br />

klare Verbesserungen gemacht worden,<br />

zum anderen ist jeder Grossanlass mit<br />

Tausenden von anreisenden Zuschauern<br />

eine Belastung. Heute gibt es bei jeder<br />

Sportart gewisse negative Aspekte. Es gilt<br />

also stets abzuschätzen, ob sie in einem<br />

vertretbaren Rahmen bleiben. Und bei<br />

Sauber sahen wir diesbezüglich keinerlei<br />

Probleme.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 23


24 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


FORMEL 1<br />

1600 LITER<br />

BENZIN<br />

VERBRAUCHT EIN<br />

TEAM AN EINEM<br />

RENNWEEKEND.<br />

DAZU RUND<br />

160 LITER<br />

MOTORENÖL.<br />

UND ETWA<br />

60 LITER<br />

GETRIEBEÖL.


Millionen für die Regionen<br />

Der wirtschaftliche Nutzen der Grands Prix ist für die Regionen, in denen die Rennen<br />

ausgetragen werden, beachtlich. Die möglichen Folgen des Verbotes der Tabakwerbung<br />

allerdings auch. Denn neue Sponsoren sind im Moment nicht in Sicht. Jürgen Freund, DF Momentum<br />

Der belgische Grand Prix 20<strong>03</strong> wurde<br />

kurz vor Ende des vergangenen Jahres<br />

von der <strong>Formel</strong> 1 ersatzlos gestrichen. Die<br />

belgische Regierung hatte sich mit den weltweiten<br />

Ausrichtern und Rechteinhabern der<br />

<strong>Formel</strong> 1 – dem Automobilweltverband (FIA)<br />

und Bernie Ecclestones Formula One Administration<br />

(FOA) – nicht darüber einigen können,<br />

das für den 1. Juli 20<strong>03</strong> vorgesehene<br />

Tabakwerbeverbot in Belgien bis nach der<br />

Austragung des Grand Prix zu verschieben.<br />

Ohnehin bedeutet das Inkrafttreten des<br />

Werbeverbots ein Vorpreschen des belgischen<br />

Staates, hatte sich doch die Europäische<br />

Union vorher mit der <strong>Formel</strong> 1 darauf<br />

geeinigt, ab 2007 keine Tabakwerbung<br />

auf Fahrzeugen, Fahrerkleidung und im<br />

Umfeld der Grands Prix zuzulassen.<br />

Bei den elf europäischen <strong>Formel</strong> 1 Grands<br />

Prix entsteht insgesamt ein volkswirtschaftlicher<br />

Effekt von 500 Millionen Euro, also<br />

fliessen durchschnittlich 45,5 Millionen Euro<br />

in die jeweilige Region. Damit liegen die<br />

Ausgaben, die anlässlich eines <strong>Formel</strong> 1<br />

Grand Prix getätigt werden, mehr als doppelt<br />

so hoch wie zum Beispiel bei vergleichbaren<br />

IndyCar Events in den USA. Fast alle europäischen<br />

<strong>Formel</strong>-1-Rennen haben sich nämlich<br />

zu Grossevents mit einem Einzugsgebiet<br />

von mehreren hundert Kilometern entwickelt,<br />

während die amerikanischen Teamsportevents<br />

sich meist auf eine eher lokale Fangemeinde<br />

beschränken.<br />

Zu den in einer Studie von InContext,<br />

einem US-amerikanischen Institut für Geoökonomie,<br />

analysierten Geldflüssen zählen<br />

neben den Eintrittsgeldern die Aufwendungen<br />

der Besucher für Verpflegung, Benzin<br />

und Hotels. Hinzu kommen alle Ausgaben,<br />

die der Grand-Prix-Tross selbst tätigt, und<br />

die Beschäftigungseffekte für etwa 3000<br />

lokal angeworbene Helfer. Weiterhin entsteht<br />

Einkommen durch die Vermietung von<br />

Privatgrundstücken und Sportplätzen als<br />

temporäre Camping- und Parkplätze.<br />

Nicht alles, was die Grand-Prix-Besucher<br />

vor Ort ausgeben, stiftet jedoch Nutzen für<br />

die Region: Bei einigen europäischen Grands<br />

Prix entgehen die Eintrittsgelder den<br />

Streckenbetreibern. Stattdessen tritt die FOA<br />

selbst als Veranstalter auf und vergütet den<br />

Rennstreckenbesitzern pauschal die Nutzung<br />

der Anlage. Für alle Fälle gilt, dass die<br />

<strong>Formel</strong> 1 für ihre Auftritte eine so genannte<br />

«weisse Rennstrecke» beansprucht, das<br />

heisst alle permanenten Werbeflächen<br />

müssen abgedeckt und für die Sponsoren<br />

der <strong>Formel</strong> 1 freigemacht werden. Ebenfalls<br />

arbeiten viele der Souvenirhändler, die bei<br />

jedem Grand Prix im Eingangsbereich der<br />

Rennstrecken ihre Waren anbieten, auch<br />

überregional und lassen lokalen Anbietern<br />

0<br />

10<br />

20<br />

30<br />

oft keinen Platz. Schliesslich verhält es sich<br />

ähnlich mit dem «Paddock Club», dem VIP-<br />

Treffpunkt der <strong>Formel</strong>-1-Besucher, der bei<br />

jedem Rennen mit zugereistem Personal und<br />

standardisiertem Catering betrieben wird.<br />

Für die meisten der Sponsoren- und<br />

Teampartner der <strong>Formel</strong> 1 sind die Werbeeffekte<br />

über die TV-Übertragung viel wichtiger<br />

als das Publikum an der Rennstrecke.<br />

Deshalb ist ihnen gleichgültig, in welchem<br />

Land das Rennen ausgetragen wird. Für die<br />

lokale Hotellerie und Restaurantszene stehen<br />

die anreisenden Fans und Zuschauer jedoch<br />

im Vordergrund.<br />

Der Verlust des Grand Prix wiegt schwer<br />

Besonders für eine strukturschwache Region<br />

wie die Provinz Lüttich, in welcher der<br />

Austragungsort des belgischen Grand Prix<br />

liegt, bedeutet die Streichung des Events<br />

den Absturz in ein ökonomisches schwarzes<br />

Der Tabak wartet auf seine Nachfolger<br />

Insgesamt schütteten die Tabakmultis letztes Jahr rund 270 Millionen Euro an die<br />

verschiedenen Rennställe aus. Die Suche nach «tabakfremden» Sponsoren läuft auf<br />

Hochtouren. Quelle: EuroBusiness Magazine, 4/20<strong>01</strong> und 4/2002, Credit Suisse Formula 1 Office<br />

Sponsoringvolumen 20<strong>01</strong>/2002<br />

Lucky Strike (BAT):<br />

BAR Honda<br />

Marlboro (Philip Morris):<br />

Ferrari<br />

West (Reemtsma):<br />

McLaren Mercedes<br />

Mild Seven (Japan Tobacco):<br />

Renault<br />

Benson & Hedges (Gallaher):<br />

Jordan<br />

40<br />

50<br />

Sponsoringvolumen 20<strong>01</strong><br />

Sponsoringvolumen 2002<br />

60<br />

70<br />

80<br />

90<br />

100 in USD Mio.<br />

26 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


FORMEL 1<br />

Loch. In Belgien war der <strong>Formel</strong> 1Grand Prix<br />

die mit Abstand wichtigste internationale<br />

Veranstaltung:<br />

p Der Grand Prix produzierte regelmässig<br />

Umsatzeffekte von 31 Millionen Euro. Darin<br />

sind die Auswirkungen des dann von den<br />

Empfängern ausgegebenen Geldes noch gar<br />

nicht enthalten.<br />

p Jährlich kamen für die Rennwoche über<br />

200 000 Zuschauer, mehr als 80 Prozent<br />

aus den Nachbarländern Deutschland, den<br />

Niederlanden, England und Frankreich. Die<br />

nächstgrösseren Events in Belgien erreichen<br />

höchstens 100 000 Besucher.<br />

p Firmen, die mehr oder weniger direkt mit<br />

der Rennwoche zu tun hatten, beschäftigten<br />

rund 6000 Arbeiter und Angestellte.<br />

p Während des Rennwochenendes wurden<br />

3000 temporäre Arbeitsplätze geschaffen;<br />

die Rennstrecke selber beschäftigt über das<br />

Jahr nur 25 Vollzeitkräfte.<br />

p Die FOA rekrutiert die temporären Mitarbeiter<br />

meist in Zusammenarbeit mit lokalen<br />

Verwaltungen und Clubs. Bei diesen fällt<br />

dadurch oft genug Zusatzeinkommen an, um<br />

die nächste Betriebsfeier zu finanzieren.<br />

Der F1-Zirkus weicht nach Asien aus<br />

Die Empörung, die gegenwärtig über die<br />

Streichung «ihres» Rennens herrscht, ist nur<br />

zu verständlich. Warum, so fragen sich nicht<br />

nur die betroffenen Belgier, verhält sich der<br />

belgische Staat noch restriktiver als die<br />

als tabakfeindlich bekannten Brüsseler? Der<br />

zumindest für 20<strong>03</strong> von der <strong>Formel</strong>1angebotene<br />

Kompromiss, das Rennen vorzuziehen<br />

und es nochmals vor dem Inkrafttreten des<br />

Werbeverbots auszutragen, scheiterte an den<br />

Querelen zwischen den flämischen und wallonischen<br />

Volksvertretern. Nach monatelangen<br />

Diskussionen riss den Verantwortlichen von<br />

FOA und FIA der Geduldsfaden, verfügt man<br />

doch über eine stattliche Warteliste von aussereuropäischen<br />

Bewerbern für einen Grand<br />

Prix. Für 2004 erhielten die Vereinigten<br />

Arabischen Emirate eine Zusage, Shanghai<br />

ist ebenfalls bald an der Reihe.<br />

Grund für das Abdriften der <strong>Formel</strong> 1 auf<br />

Strecken ausserhalb Europas ist neben der<br />

wachsenden Popularität der Autorennen<br />

auch die in diesen Ländern grössere Liberalität<br />

gegenüber Werbung und Promotion<br />

der Zigarettenhersteller. Schliesslich stellten<br />

die Tabakkonzerne mit 266 Millionen Euro<br />

im Jahr 2002 die wichtigste Finanzierungssäule<br />

der <strong>Formel</strong> 1. In einer Vereinbarung<br />

zwischen dem Automobilweltverband und<br />

der Tabakindustrie war im Jahr zuvor der<br />

geordnete Rückzug der Zigarettenwerbeaufschriften<br />

geregelt worden. Dieser hätte<br />

den Teams erlaubt, sich über einen Zeitraum<br />

von vier Jahren andere Sponsoren zu suchen,<br />

und hätte den Marketingstrategen der Zigarettenindustrie<br />

Zeit zur Entwicklung anderer<br />

Kommunikationswege gegeben. Durch den<br />

belgischen Vorstoss fühlt sich nun die Europäische<br />

Kommission ermutigt, das Thema<br />

wieder aufzugreifen und gegen den Willen<br />

von FIA–Präsident Max Mosley ein früheres<br />

Verbot europaweit durchzusetzen.<br />

Die Belgier preschen vor – und verlieren etliche Millionen Euro<br />

Der Grand Prix in Spa Francorchamps war die wichtigste Veranstaltung des Landes. Der<br />

nächstgrössere Event in Belgien zieht nur halb so viele Zuschauer an. Für die Region Lüttich<br />

ist der Verlust des Grand Prix ein herber Schlag und stösst auf Unverständnis. Quelle: InContext<br />

Ausgaben der Rennbesucher (Basis GP von Belgien)<br />

Zuschauer insgesamt<br />

2<strong>03</strong> 000<br />

Ausgaben insgesamt<br />

(in Euro)<br />

31 095 912<br />

Parken 2%<br />

Tickets 43%<br />

19% Verpflegung<br />

11% Unterkunft<br />

20% Shopping<br />

5% Benzin<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 lebt schon seit Jahrzehnten mit<br />

den Besonderheiten der national unterschiedlichen<br />

Gesetzeslagen zur Zigarettenwerbung:<br />

So war lange auf dem deutschen Nürburgring<br />

beim «Grossen Preis von Europa»<br />

Zigarettenwerbung auf Fahrzeugen und<br />

Rennoveralls erlaubt, beim «Grossen Preis<br />

von Deutschland» im nur 200 Kilometer entfernten<br />

Hockenheim hingegen verboten. In<br />

Grossbritannien tragen Rennwagen bei vielen<br />

Veranstaltungen Zigarettenlogos, beim<br />

<strong>Formel</strong> 1 Grand Prix müssen sie auf Grund<br />

einer Konvention der Tabakkonzerne abgedeckt<br />

werden. Bei Fahrten durch Frankreich<br />

müssen die Werbeaufschriften der Zigarettensponsoren<br />

selbst auf den Renntransportern<br />

unkenntlich gemacht werden. Das jeweilige<br />

Umlackieren der F1-Boliden, der<br />

Teamfahrzeuge, der Helme und das Mitführen<br />

einer neutralen Teamkleidung verschlingt<br />

jährlich sechsstellige Eurobeträge,<br />

die die Kassen der Teams belasten.<br />

Die Umgehung der Restriktionen trieb<br />

auch eigenwillige Blüten. Aus «West» wurde<br />

«East», «Benson & Hedges» mutierte zu<br />

«Be on Edge» und «Lucky Strike» wandelte<br />

sich zu «Look Alike». Marlboro konnte es<br />

sich immerhin leisten, nur dezente rot-weisse<br />

Dreiecke zu zeigen, und erzeugte trotzdem<br />

korrekte Markenassoziation.<br />

Mögliche Sponsoren zieren sich<br />

In der gegenwärtig herrschenden angespannten<br />

wirtschaftlichen Lage erscheint<br />

das Finden von neuen Sponsoren, die<br />

dem Sponsoringbeitrag der Tabakindustrie<br />

entsprechende Summen bereitstellen, als<br />

schwierig. Obwohl hier mit vergleichsweise<br />

bescheidenem Aufwand weltweit mehr als<br />

300 Millionen Zuschauer erreicht werden<br />

und sich dadurch Markenimages in kürzester<br />

Zeit aufpolieren und modernisieren lassen,<br />

stehen potenzielle Sponsoren nicht etwa<br />

Schlange. Die Krise der New Economy und<br />

der Telekommunikationsbranche hat die<br />

bereits designierten Nachfolger der Zigarettenhersteller<br />

vorzeitig aus dem Rennen genommen.<br />

Jüngste Initiativen zur Dämpfung<br />

der Kostenexplosion in der <strong>Formel</strong>1kommen<br />

deshalb gerade recht. Ob die Vorschläge der<br />

FIA zum möglichst raschen Einsatz dieser<br />

Kostenbremse von den Teamchefs der<br />

<strong>Formel</strong> 1 angenommen werden, müssen die<br />

nächsten Wochen bis zum ersten Rennen in<br />

Australien zeigen.<br />

❙<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 27


FORMEL 1<br />

Wo die Reichen und Schönen<br />

auf Touren kommen<br />

Der Paddock Club gehört zu den exklusivsten Adressen der Welt. Er wird bei jedem <strong>Formel</strong> 1 Grand Prix<br />

von neuem aufgebaut. 2000 Tonnen Material und rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen dafür,<br />

dass bis zu 4000 VIP-Gäste das Rennen rundum geniessen können. Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />

Angefangen hat alles mit einem kleinen<br />

Zirkuszelt und Spaghetti Bolognese. Die<br />

Teams der <strong>Formel</strong> 1 waren es leid, ihre Sponsoren<br />

und geladenen VIP-Gäste improvisiert<br />

aus Kühlboxen zu bewirten. Sie wünschten<br />

sich im Fahrerlager einen stilvolleren, zentralen<br />

Verköstigungsservice. Daraufhin rief<br />

<strong>Formel</strong>-1-Organisator Bernie Ecclestone<br />

1984 am Grand Prix in Dijon den Paddock<br />

Club ins Leben. Betrieben wird er von der<br />

Firma Allsport mit Sitz in Genf. Doch wo<br />

anfangs noch mit grosser Kelle die Fleischsauce<br />

über die Spaghetti für 200 hungrige<br />

Mäuler geschöpft wurde, serviert heute<br />

geschultes Personal erlesene Leckerbissen<br />

französischer Haute Cuisine. «Wir simulieren<br />

sozusagen auf der grünen Wiese ein Erlebnisrestaurant»,<br />

sagt Isabelle Kaufmann, die seit<br />

drei Jahren den Paddock Club leitet.<br />

Der englische Rasen kommt aus Bordeaux<br />

Für die 39-jährige Zürcherin ist nur das<br />

Beste gut genug. Angefangen beim Rasen,<br />

auf den das Zeltdorf jeweils gepflanzt wird.<br />

Entweder schafft es ein vor Ort angeheuertes<br />

Gärtnerteam, die bestehende Grünfläche<br />

innerhalb von zwei, drei Wochen auf Höchstform<br />

zu trimmen, oder ein neuer, von Bordeaux<br />

eingeflogener englischer Rasen wird<br />

ausgerollt.<br />

Drei Wochen vor dem Rennen beginnt<br />

ein eingespieltes Team von 30 Arbeitern<br />

mit dem Aufbau der Zeltstadt. Keine der<br />

Rennstrecken verfügt über ausreichend<br />

Räumlichkeiten und Infrastruktur, um den<br />

Ansprüchen des Paddock Club zu genügen.<br />

So wird das gesamte Material angekarrt:<br />

Zelte, Kücheneinheiten mit Kochherden,<br />

Kühl- und Gefrierschränken, Tische, Teppiche,<br />

Teller, Gläser, Besteck, Klimaanlagen,<br />

Dekoration, Blumen, Grossleinwand-TV und<br />

«WIR SIMULIEREN<br />

AUF DER GRÜNEN<br />

WIESE EIN ERLEBNIS-<br />

RESTAURANT.»<br />

Isabelle Kaufmann, Leiterin Paddock Club<br />

Unmengen von Lebensmitteln. Am glamourösen<br />

Heimrennen der englischen Teams in<br />

Silverstone fährt der Paddock Club jeweils<br />

mit einem Konvoi von 90 Trucks auf. Die<br />

Verköstigung der 3000 bis 4000 Gäste ist<br />

eine eigentliche Materialschlacht. Durchschnittlicher<br />

Verbrauch pro Grand Prix: 2300<br />

Hummer, 1,4 Tonnen Rindfleisch, 1,2 Tonnen<br />

Fisch, 400 Kilogramm Erdbeeren, 5500<br />

Magnumflaschen Champagner, 7700 Magnumflaschen<br />

Rotwein und 9270 Magnumflaschen<br />

Weisswein, um nur die wichtigsten<br />

Posten zu nennen.<br />

Gleichzeitig arbeiten bis zu 300 Servierleute<br />

Der organisatorische Aufwand ist enorm.<br />

Insgesamt beschäftigt Isabelle Kaufmann<br />

pro Veranstaltung inklusive Auf- und Abbau<br />

500 Mitarbeiter. Am Rennsonntag stehen bis<br />

zu 300 Servierleute sowie 80 Köche gleichzeitig<br />

im Einsatz. «Es sind durchwegs junge,<br />

aufgestellte und trendige Leute», sagt Isabelle<br />

Kaufmann. «Häufig sind es Studenten<br />

oder Hotelfachschüler, die uns oft durch die<br />

ganze Rennsaison begleiten. Sie werden alle<br />

vorgängig für diesen speziellen Cateringeinsatz<br />

geschult.» Als besonders wichtig<br />

erachtet Kaufmann den Einbezug von lokalem<br />

Personal, das in der Regel zehn Prozent<br />

ausmacht. Isabelle Kaufmann: «Die Gäste<br />

schätzen es, wenn sie in ihrer Muttersprache<br />

einen Schwatz halten können. Gerade in<br />

Japan oder Malaysia ist das allein schon<br />

wegen der Verständigung absolut zwingend.»<br />

Das eigentliche Catering läuft unter der<br />

Regie einer Wiener Firma, die mit 80 Köchen<br />

an die verschiedenen Grand Prix anreist.<br />

Obwohl die Arbeit für die Gourmet-Spezialisten<br />

extrem aufreibend sei, schätzten sie<br />

die Abwechslung und das Globetrotterleben,<br />

erzählt Isabelle Kaufmann. Etwas sei für<br />

den Job aber unabdingbar: «Unsere Angestellten<br />

dürfen nicht <strong>Formel</strong>-1-Fans sein.<br />

Sonst würden sie ständig das Rennen verfolgen<br />

wollen, statt zu arbeiten. Vor allem die<br />

Küchenzelte stehen häufig direkt neben der<br />

Strecke.»<br />

Entspannung und Unterhaltung inbegriffen<br />

Im Zeltdorf des Paddock Club wird den<br />

Gästen aber mehr als nur das hektische<br />

Renngeschehen geboten. So stehen unter<br />

anderem ein Masseur, eine Kosmetikerin und<br />

ein Coiffeur zu Diensten. Daneben sorgen<br />

ein Karikaturist sowie ein Kartentrickkünstler<br />

für Unterhaltung. Zudem bereiten Patissiers<br />

live kleine Kostproben ihres Könnens<br />

zu. Und selbst der freundliche Schuhputzer<br />

fehlt nicht. Zusätzlich zum Zeltdorf gibts für<br />

Fotos: © Allsport Management SA<br />

28 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


30000 TELLER,<br />

40000 GLÄSER<br />

UND 6 TONNEN<br />

BESTECK WARTEN<br />

AUF 4000 GÄSTE.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 29


die Gäste entweder direkt über der Boxenstrasse,<br />

wenn immer möglich auf dem Dach<br />

des Garagengebäudes, oder sonst an guter<br />

Lage Zuschauertribünenplätze. Im Vorfeld<br />

des Rennens können die Paddock-Club-<br />

Gäste zudem in geführten Gruppen die<br />

Boxenstrasse hautnah erleben.<br />

Die Teams geniessen erste Priorität<br />

Das exklusive <strong>Formel</strong>-1-Erlebnis hat aber<br />

auch seinen Preis. Ein Ticket im Paddock<br />

Club kostet zwischen 2400 und 3800 Dollar.<br />

Isabelle Kaufmann spricht nur ungern über<br />

Geld. Auch seien diese Ticketpreise fast<br />

schon eine hypothetische Grösse. Denn nur<br />

selten gelangten Tickets in den freien Verkauf.<br />

Kaufmann: «Erste Priorität geniessen<br />

die Teams und ihre Sponsoren. Für sie und<br />

ihre Gäste ist der Paddock Club in erster<br />

Linie da. Sie bekommen die Plätze auch zu<br />

Vorzugskonditionen.»<br />

Im Normalfall ist der Paddock Club bereits<br />

mit den Reservationen der Teams ausgebucht.<br />

Eine besondere Ehre ist es, beim<br />

Grand Prix von Monaco geladen zu sein. Dort<br />

ist der Paddock Club im exklusiven Yacht<br />

Club am Hafen einquartiert, wo nur gerade<br />

400 Gäste Platz finden. Über den Preis<br />

eines solchen Tickets schweigt sich Isabelle<br />

Kaufmann vornehm aus.<br />

❙<br />

Wettbewerb Gewinnen Sie zwei exklusive<br />

Paddock-Tickets für den Grand Prix am<br />

Nürburgring. Informationen zum Wettbewerb<br />

finden Sie auf dem beiliegenden Talon.<br />

EIN PLATZ IM PADDOCK CLUB KOSTET<br />

ZWISCHEN 2400 UND 3800 DOLLAR.<br />

Fotos: © Allsport Management SA<br />

Zusätzlich zum geruhsamen Zeltdorf auf grünem Rasen gibts für die Gäste des Paddock Club entweder direkt über der Boxenstrasse,<br />

wenn immer möglich direkt auf dem Dach des Garagengebäudes, oder sonst an guter Lage Zuschauertribünenplätze.


FORMEL 1<br />

Man könnte ein absurdes Stück<br />

über die Pneuwechsler schreiben<br />

Arnon Grünberg, Januar 20<strong>03</strong>, Übersetzung: Marek Boudny<br />

© by Arnon Grünberg<br />

Von Sport weiss ich nicht viel, aber von nichts weiss ich so wenig<br />

wie von Autorennsport. Vielleicht, dass gerade Korbball oder Dame<br />

in der Gegend gespielt wird. Auch wenn man sich wenig für Fussball<br />

interessiert, ist es fast unvermeidlich, etwas über diese Sportart zu<br />

wissen. So wie ein Atheist weiss, wer Gott ist, so weiss auch ein<br />

Fussballhasser, wer Maradona ist. Und manchmal sogar mehr als<br />

das. Doch Autorennsport? Da ich ein leidenschaftlicher Zeitungsleser<br />

bin und aus Pflichtbewusstsein auch schnell und ein kleines<br />

bisschen beschämt den Sportteil nach dem Wetterbericht durchsuche<br />

(die «New York Times» ist so vernünftig, den Wetterbericht regelmässig<br />

im Sportteil abzudrucken), kann ich den Namen Schumacher<br />

mit dem Autorennsport in Verbindung bringen. Und sonst? Nichts.<br />

Leere. Ferrari. Vielleicht. Porsche. Der Zandvoort-Ring.<br />

Ich besitze weder ein Auto noch einen Führerschein, und erst vor<br />

kurzem, an meinem Einunddreissigsten, habe ich auf den Bermudas<br />

zum ersten Mal auf einem Moped gesessen. Nach drei Tagen und<br />

einem unglücklichen Sturz habe ich es gewagt, auf manchen ruhigen<br />

und geraden Strecken beinahe 50 Kilometer pro Stunde zu fahren.<br />

Es war aufregend, und ich würde es auch gerne öfter tun, allerdings<br />

nicht mehr als einmal alle drei Monate.<br />

Wenn es mich bereits so viel Mühe kostet, etwas für Autos zu<br />

empfinden, wie soll ich mich jemals in einen Mann versetzen, dessen<br />

Lebensinhalt darin besteht, an einem <strong>Formel</strong>-1-Rennen teilzunehmen?<br />

Es gibt doch auch Bücher, die vollgeschrieben sind über<br />

Menschen, die leben – vergeblich oder nicht –, um Schau- oder<br />

Schachspieler zu werden. Und gerade von einem Schriftsteller dürfte<br />

man erwarten, dass er sich in etwas versetzt, in das sich kaum jemand<br />

versetzen kann, dass er das verteidigt, was zwar verteidigt werden<br />

muss, worauf der Rest der Welt jedoch keine Lust hat.<br />

Ich kenne keine Schriftsteller, denen Autorennsport gefällt, keine<br />

Romane, die von Autorennsport handeln. Ja, für Fussball, da wagen<br />

es die Schriftsteller, sich ohne Scham zu begeistern, einige brüsten<br />

sich sogar damit unter dem Motto: Wir schreiben zwar Literatur, sind<br />

aber doch nicht elitär, denn wir schauen uns jeden Sonntag «Studio<br />

Sport» an. Basketball kommt ganz knapp durch. In Amerika. Tennis<br />

wird akzeptiert. Und sogar Boxen kommt bei einer bestimmten aussterbenden<br />

Art Schriftsteller vor. Oder war es nicht Norman Mailer,<br />

der das Schreiben mit dem Boxen verglich?<br />

So beschäftige ich mich nun bereits seit einem oder zwei Tagen<br />

mit der Frage, woran es wohl liegen mag, dass der Autorennsport<br />

so unattraktiv für Intellektuelle ist, woher es kommt, dass der Geruch<br />

des Ordinären diesem Sport so hartnäckig anhaftet.<br />

Die Meinung, ein Täuschungsmanöver eines Fussballers sei eleganter<br />

als ein Rennwagen, der durch die Kurve fährt oder der sich<br />

überschlägt, scheint mir fraglich. Die kleinste Bewegung einer Ziege,<br />

und ich bin ein grosser Liebhaber von Ziegen, finde ich eleganter<br />

und beeindruckender als die meisten raffinierten Täuschungsmanöver<br />

von Ronaldo. Der Mensch ist nun einmal eine der hässlichsten Tierarten,<br />

die auf dem Erdball herumläuft. Mit Ästhetik erreichen wir in<br />

dieser Angelegenheit also gar nichts.<br />

Vielleicht liegt es am Lärm. Ich gebe zu, Lärm kann ein grosses<br />

Problem sein. Ein lautes Restaurant verlasse ich sofort, mag das<br />

Essen noch so gut sein.<br />

Ich verstehe, dass Aggressivität und Sport unvermeidlich miteinander<br />

einhergehen, doch Stille kann auch sehr aggressiv sein. Stille<br />

ist aggressiver und unheilverkündender als der meiste Lärm, den man<br />

auf der Erde hören kann. Vielleicht könnte der Autorennsport etwas<br />

leiser sein, zum Beispiel durch den Einsatz von Elektromotoren.<br />

Ein Schriftsteller muss schon lange mehr sein als Schriftsteller.<br />

Er kann aus einem Land stammen, das von einem blutigen Bürgerkrieg<br />

zerrissen ist, er kann Meinungen über Kriege verkünden, obwohl<br />

er nie Soldat gewesen ist und auch keine Karriere in der Politik anstrebt,<br />

er kann sich für das Leben von Schweinen und Freilandhühnern<br />

einsetzen, die in Wirklichkeit gar nicht frei laufend gehalten werden.<br />

Doch was bleibt einem Schriftsteller übrig, der von der Wahnvorstellung<br />

besessen war, seine Aufgabe bestünde einfach darin<br />

zu schreiben?<br />

Da eilt ihm der Autorennsport zu Hilfe. Oder ist es für ihn etwa<br />

keine schöne Aufgabe, diesen Sport bei der Elite salonfähig zu<br />

machen? Es kommt auch Eigennutz ins Spiel, ich gebe es zu, denn<br />

so unterscheidet er sich sofort von der Menge.<br />

Er könnte ein absurdes Stück über die Pneuwechsler schreiben.<br />

Er könnte erklären, dass der Sport nicht langweiliger ist als Korbball,<br />

dass niemand je von <strong>Formel</strong>-1-Hooligans gehört hat, dass, wenn<br />

rassistische Parolen im Stadion geschrien werden, sie niemand<br />

wegen des Lärms verstehen kann, und es in dieser Sportart nicht<br />

darum geht, den Gegner zu Fall zu bringen, und dass es daher<br />

eigentlich ein besonders friedliebender und angenehmer Zeitvertreib<br />

ist. Er könnte sogar so weit gehen zu sagen: Das Verfolgen von<br />

Autorennsport ist eine unentbehrliche Meditation für den postmodernen<br />

Humanisten.<br />

❙<br />

Arnon Grünberg wurde 1971 in Amsterdam geboren. Nach dem<br />

Rausschmiss aus dem Gymnasium jobbte er als Gehilfe in<br />

einer Apotheke und als Tellerwäscher. Der klassische Karrieresprung<br />

vom Tellerwäscher zum Millionär blieb aber aus. Statt<br />

dessen schrieb er mehrere Theaterstücke, ein preisgekröntes<br />

erstes Buch («Blauer Montag») und Kolumnen für die Zeitschrift<br />

des niederländischen Buchhandels. Furore machte Arnon<br />

Grünberg mit der Enthüllung, dass er auch unter dem Pseudonym<br />

Marek van der Jagt schreibt. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />

galt van der Jagt als publikumsscheuer «Phantomautor».<br />

Arnon Grünberg lebt in New York.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 31


Leonhard H. Fischer<br />

(links) und<br />

Josef Meier (rechts)<br />

Neue Führungskräfte<br />

Seit dem 1. Januar 20<strong>03</strong> ist der 39-jährige Leonhard<br />

H. Fischer neuer Chef der Winterthur-Gruppe. Der<br />

Betriebswissenschafter war 20<strong>01</strong> zum Vorstandsmitglied<br />

des Münchner Versicherungsunternehmens Allianz<br />

und dessen Tochter Dresdner Bank berufen worden<br />

und war dort vor seinem Wechsel zur Winterthur für<br />

den Unternehmensbereich Corporates & Markets<br />

Online-Analyse der persönlichen<br />

Vermögenssituation<br />

Der Financial Check-up erscheint in neuem Design, mit<br />

erweiterten Produkteempfehlungen und mit neuen Crosslinks.<br />

Der Besucher kann in kurzer Zeit seine persönliche<br />

Vermögenssituation analysieren. Schon mit der Eingabe<br />

weniger Eckdaten erhält er eine grafische Analyse<br />

mit möglichen Optimierungsvorschlägen in den Bereichen<br />

Steuern, Vorsorge, Anlagen, Finanzierung und Erbschaft.<br />

Die Vorteile im Überblick:<br />

p Grafische Analyse der persönlichen Finanzsituation<br />

p Optimierungsempfehlungen<br />

p Grafische Darstellung der Auswirkungen verschiedener<br />

Szenarien (z. B. vorzeitige Pensionierung oder Hauskauf)<br />

p Bericht zum Ausdrucken<br />

p Diverse Online-Rechner wie zum Beispiel der<br />

Steuerrechner<br />

Den Financial Check-up findet man unter dem<br />

Menüpunkt «Online Dienste» auf der Privatkunden-Seite<br />

von www.credit-suisse.com (schi)<br />

zuständig. Bereits seit dem 1. November 2002 ist Josef<br />

Meier – als Nachfolger von Rolf Dörig, dem neuen<br />

CEO Rentenanstalt/Swiss Life – neuer Leiter des<br />

Corporate & Retail Banking, dem Privat- und Firmenkundengeschäft<br />

der Credit Suisse in der Schweiz.<br />

Vor seiner Ernennung präsidierte Josef Meier die<br />

Geschäftsleitung der Neuen Aargauer Bank (NAB).<br />

Insgesamt ist Josef Meier bereits seit 22 Jahren in<br />

verschiedenen Führungsfunktionen für die Credit<br />

Suisse Group tätig. Die Nachfolge an der Spitze<br />

der NAB hat das bisherige Geschäftsleitungsmitglied<br />

Hans-Mathias Käppeli angetreten. (schi)<br />

Credit Suisse<br />

Sports Awards<br />

Partnerschaftliche Seite<br />

der Credit Suisse<br />

Die Credit Suisse hat eine Internetseite speziell für<br />

ihre Vertriebspartner erstellt. Dort finden die<br />

bestehenden und potenziellen Partner Informationen<br />

zur Zusammenarbeit mit der Credit Suisse über<br />

Produkte, Börsen und Märkte sowie Formulare<br />

und Berechnungsfunktionen. Mehr unter<br />

www.credit-suisse.com/vertriebspartner (schi)<br />

Der Skispringer Simon Ammann<br />

und die Triathletin Natascha<br />

Badmann wurden an den<br />

Credit Suisse Sports Awards zu<br />

den Sportlern des Jahres 2002<br />

gewählt. Per Internetabstimmung<br />

wurde die Tennisspielerin Myriam Casanova<br />

zur Newcomerin des Jahres gewählt. Weitere Awards<br />

erhielten Edith Hunkeler, Behindertensportlerin, Bernie<br />

Schödler, Skispringer-Trainer, sowie der FC Basel. Mehr<br />

Informationen unter www.sportsawards.ch (schi)<br />

Fotos: Daniela Badertscher<br />

32 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


AKTUELL<br />

Eine Adresse genügt<br />

Ab März 20<strong>03</strong> sind die vielfältigen Internetdienstleistungen der<br />

Credit Suisse unter einem Dach vereinigt: www.credit-suisse.com.<br />

Gleichzeitig wurde die Privatkunden-Seite völlig überarbeitet.<br />

Die einzige Zauberformel, die Bankkunden<br />

sich künftig merken müssen, lautet:<br />

www.credit-suisse.com<br />

Von dieser Startseite aus hat der Interessent<br />

schnellen Zugriff auf alle Banking-Angebote,<br />

die sich vorher unter diversen Websites<br />

und Internetadressen fanden.<br />

Die Credit Suisse Homepage ist in folgende<br />

vier Bereiche unterteilt:<br />

p Privatkunden Schweiz<br />

p Firmenkunden Schweiz<br />

p Private Banking<br />

p Investment Banking<br />

Der Bereich «Privatkunden Schweiz» wurde<br />

total überarbeitet und hat ein neues Design<br />

erhalten. Nun sind die Informationen noch<br />

übersichtlicher und die Bedienung ist noch<br />

benutzerfreundlicher gestaltet.<br />

Was ist sonst noch neu?<br />

p Alle interaktiven Tools finden sich an<br />

einem Ort. Speziell die Online-Rechner,<br />

wie zum Beispiel Steuer-, Hypotheken-,<br />

Die Privatkunden-Seite der Credit<br />

Suisse enthält nun noch mehr<br />

Informationen – zu finden unter<br />

www.credit-suisse.com<br />

Vorsorge- und Währungsrechner wurden<br />

mit weiteren wertvollen Möglichkeiten<br />

ergänzt.<br />

p Die Marke «yourhome» wird im April<br />

durch den neuen Auftritt unter dem Begriff<br />

«Hypotheken» abgelöst. Hier findet sich<br />

alles rund um die Themen Finanzierung,<br />

Beratung, Steuern und Recht.<br />

p Auch der Credit Suisse Economic<br />

Research und der Credit Suisse Private<br />

Banking Research wurden vereint.<br />

Exklusive Publikationen über Marktanalysen<br />

sowie Technical Research sind für die<br />

Private-Banking-Kunden nur im passwortgeschützten<br />

Investors’ Circle erhältlich.<br />

p Das Börsenkurs- und Marktdatenangebot<br />

diverser Plattformen wurde zusammengefasst,<br />

so dass das Abfragen der<br />

Credit Suisse Quote nur noch auf eine<br />

Applikation zurückgreift. Diese Applikation<br />

unter dem Namen «Börsen & Märkte» ist<br />

jetzt viersprachig, und die Abfragemöglichkeit<br />

wurde mit weiteren Instrumenten<br />

ergänzt wie: Credit Suisse Private Banking,<br />

Strukturierte Anlagen, Obligationen, Optionen<br />

und Futures (Eurex), Commodities,<br />

Devisen und Zinssätze.<br />

p Auch in der Watchlist werden zusätzliche<br />

Instrumente wie Bonds, Traded<br />

Options, Futures und Structured Investments<br />

angeboten.<br />

p Unter dem Navigationselement «Unsere<br />

Lösungen» finden sich Themen und ausgesuchte<br />

Bankprodukte zu den verschiedenen<br />

Lebensabschnitten. Ausserdem werden<br />

Frauen speziell angesprochen. (schi)<br />

Davos ist eine Übernachtung wert<br />

Mitte Januar 20<strong>03</strong> wurde in Davos die umgebaute Jugendherberge<br />

«Youthpalace» eingeweiht. Dank der Jubiläumsstiftung der Credit<br />

Suisse Group ist sie rollstuhlgängig.<br />

Jugendherbergen müssen kostengünstiges<br />

Übernachten ermöglichen, mittlerweile<br />

aber auch einen gewissen Standard aufweisen.<br />

Von der 1949 eröffneten Jugendherberge<br />

Davos-Höhwald, die modernen<br />

Qualitätsvorstellungen nicht mehr genügte,<br />

zügelte man im Winter 20<strong>01</strong> ins bekannte<br />

«Albula», das 1913 als Sanatorium erbaut<br />

und 1927 zum Kurhaus erweitert worden<br />

war. Nun ist – erstmals in der Schweiz –<br />

ein sechsmonatiger Umbau nach dem<br />

anspruchsvollen «Youthpalace»-Konzept<br />

erfolgt. Deshalb werden künftig jährlich<br />

rund 16000 Gäste, viermal mehr als bisher,<br />

erwartet. Darunter sollen sich auch möglichst<br />

viele Jugendliche befinden, die<br />

gehbehindert oder an den Rollstuhl gebunden<br />

sind. Deshalb hat die Jubiläumsstiftung<br />

der Credit Suisse Group diesen Umbau<br />

mitgetragen, indem sie den entsprechenden<br />

Aufzug finanziert hat. «Dieses Engagement<br />

stimmt mit den Zielen überein, die sich<br />

die Credit Suisse auch bei ihrer Geschäftstätigkeit<br />

bezüglich Reduktion der Mobilitätsschranken<br />

für Behinderte gesetzt hat»,<br />

betonte Josef Meier, Head Retail and<br />

Corporate Banking der Credit Suisse, anlässlich<br />

der Eröffnung vom 17. Januar 20<strong>03</strong>.<br />

«Bei grösseren Renovationen der Bankgebäude<br />

werden schon seit Jahren Zugänge<br />

und Schalterhallen rollstuhlgängig gestaltet<br />

und behindertengerechte Bancomaten<br />

installiert.»<br />

Das Engagement in Davos ist ein Beispiel,<br />

wie die Jubiläumsstiftung der Credit Suisse<br />

Group Projekte mit und zu Gunsten von<br />

Behinderten fördert. So ermöglichte sie 2000<br />

in Crans-Montana die 6. Ski-Weltmeisterschaft<br />

für Behinderte. Im Dezember 2002<br />

stellte sie, mit der Amag, vier Institutionen<br />

rollstuhlgerecht ausgestattete Transportbusse<br />

zur Verfügung, und in diesen Tagen<br />

wird eine von ihr finanzierte rollstuhlgängige<br />

Rampe zur Tagesschule für sehgeschädigte,<br />

mehrfachbehinderte Kinder in Oerlikon<br />

gebaut. Am 5./6. Juli 20<strong>03</strong> schliesslich ist<br />

sie zum dritten Mal Hauptpartnerin beim<br />

Magglinger Tag von Plusport Schweiz. (schi)<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 33


Die grössten Sorgen im Jahr 2002<br />

Probleme rund um das Gesundheitswesen<br />

bereiten den Schweizerinnen und Schweizern<br />

erneut die grössten Sorgen, gefolgt von<br />

Arbeitslosigkeit und AHV/Altersvorsorge.<br />

58<br />

52<br />

49<br />

43<br />

22<br />

21<br />

20<br />

19<br />

19<br />

18<br />

17<br />

17<br />

16<br />

12<br />

10<br />

9<br />

9<br />

Angabe in % Stimmberechtigter<br />

9<br />

8<br />

7<br />

AHV und Asylwesen bedrohlicher<br />

Im Vergleich zum Vorjahr haben die AHV und das<br />

Asylwesen über zehn Prozentpunkte zugelegt.<br />

Dafür wird die Sonderstellung in Europa immer<br />

weniger als Problem wahrgenommen.<br />

1996 1997 1998 1999 2000 20<strong>01</strong> 2002<br />

46 52 46 48 59 64 58<br />

75 81 74 57 34 45 52<br />

36 39 45 45 49 37 49<br />

25 30 47 56 41 32 43<br />

21 19 17 18 18 27 22<br />

34 39 40 43 45 34 21<br />

19 22 17 26 22 19 20<br />

– – – – – 22 19<br />

13 13 15 18 15 14 19<br />

20 19 19 18 25 15 18<br />

8 9 10 13 11 24 17<br />

19 20 15 11 8 16 17<br />

18 15 15 17 15 13 16<br />

30 28 22 16 15 11 12<br />

– – – – – 10 10<br />

12 10 8 5 10 10 9<br />

– – – – – 27 9<br />

13 14 12 13 13 19 9<br />

– – – – – 27 8<br />

22 21 24 22 15 10 7<br />

Gesundheitswesen<br />

Arbeitslosigkeit<br />

AHV/Altersvorsorge<br />

Gesundheitswesen<br />

Arbeitslosigkeit<br />

AHV/Altersvorsorge<br />

Flüchtlings-/Asylwesen<br />

neue Armut<br />

Europa<br />

Bundesfinanzen<br />

Ausländer<br />

persönliche Sicherheit<br />

Umwelt<br />

Globalisierung<br />

Wirtschaftsentwicklung<br />

soziale Sicherheit<br />

Drogen<br />

Verkehr/Neat<br />

Inflation/Teuerung<br />

Zusammenleben<br />

Löhne<br />

Extremismus/Terrorismus<br />

Rassismus/Fremdenfeindlichkeit<br />

Flüchtlings-/Asylwesen<br />

neue Armut<br />

Europa<br />

Bundesfinanzen<br />

Ausländer<br />

persönliche Sicherheit<br />

Umwelt<br />

Globalisierung<br />

Wirtschaftsentwicklung<br />

soziale Sicherheit<br />

Drogen<br />

Verkehr/Neat<br />

Inflation/Teuerung<br />

Zusammenleben<br />

Löhne<br />

Extremismus/Terrorismus<br />

Rassismus/Fremdenfeindlichkeit


AKTUELL<br />

Krankenkassenprämien rauben<br />

den Schweizern den Schlaf<br />

Probleme rund ums Gesundheitswesen, Arbeitslosigkeit und Altersvorsorge bereiten den Schweizerinnen<br />

und Schweizern am meisten Kopfzerbrechen. Zu diesem Schluss kommt das Sorgenbarometer 2002.<br />

Die repräsentative Umfrage des Bulletin wird alljährlich zusammen mit dem GfS-Forschungsinstitut in Bern<br />

durchgeführt. Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />

Foto: PhotoDisc, Quelle: GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern, Sorgenbarometer, Stand Oktober 20<strong>01</strong> (N = 1029)/Oktober 2002 (N = 1<strong>01</strong>0)<br />

Bereits zum dritten Mal in Folge ist die<br />

grösste Sorge der Schweizer Bevölkerung<br />

das Gesundheitswesen. Für 58 Prozent der<br />

insgesamt 1<strong>01</strong>0 Befragten gehört es zu<br />

den fünf grössten Problemen. Das sind im<br />

Vergleich zum Vorjahr zwar sechs Prozent<br />

weniger, doch an Dringlichkeit hat das<br />

Thema nichts eingebüsst. Auf Platz zwei<br />

mit 53 Prozent Anteil liegt die Arbeitslosigkeit,<br />

gefolgt von AHV/Altersvorsorge<br />

und Asyl- und Flüchtlingswesen. Letztere<br />

beiden haben im Problembewusstsein<br />

des Schweizers die grössten Sprünge nach<br />

vorne gemacht. Die Altersvorsorge hat um<br />

zwölf (neu 49 Prozent) und die Immigrationsproblematik<br />

um elf Prozent zugelegt.<br />

Dieser Trend bestätigt sich auch bei der<br />

Folgefrage nach dem als am dringlichsten<br />

eingestuften Problem. Zwar führt auch hier<br />

das Gesundheitswesen mit 15 Prozent die<br />

Tabelle an, doch wird es dicht gefolgt von<br />

Arbeitslosigkeit (13 Prozent), AHV/Altersvorsorge<br />

(10 Prozent) und Asylwesen (9<br />

Prozent). Vor einem Jahr war der Abstand<br />

zum Gesundheitswesen noch deutlich<br />

grösser. Claude Longchamp, Projektleiter<br />

der Studie seitens des GfS, kommt zum<br />

Schluss: «Wenn das Sorgenbarometer<br />

20<strong>01</strong> durch den 11. September und seine<br />

Folgen geprägt war, gilt dies für das Jahr<br />

2002 nicht mehr. Vielmehr sind jetzt die<br />

Probleme rund um die wirtschaftliche<br />

Entwicklung in den Vordergrund gerückt.»<br />

So ist auch der Terrorismus als Sorge vom<br />

sechsten auf den 19. Platz zurückgefallen.<br />

Auf der Liste der dringlichsten Probleme ist<br />

er schon nicht mehr vertreten.<br />

Werden die einzelnen Nennhäufigkeiten<br />

genauer untersucht, so ergibt sich gerade<br />

beim Problem Nummer eins, dem Gesundheitswesen,<br />

ein interessantes Bild. Die stei-<br />

genden Krankenkassenprämien werden nicht<br />

etwa von den unteren Einkommensklassen<br />

am meisten beklagt, sondern mit 64 Prozent<br />

von relativ gut situierten Schweizern mit einem<br />

monatlichen Haushaltseinkommen von<br />

zwischen 7000 und 9000 Franken. Auch<br />

innerhalb der Gruppierung «Kader der Privatwirtschaft»<br />

ist die Sorge mit 62 Prozent<br />

Nennungen überdurchschnittlich stark präsent.<br />

Erstaunliche Resultate bringt die Detailanalyse<br />

der Arbeitslosigkeitsnennungen.<br />

Diese Möglichkeit ist offenbar in der obersten<br />

Einkommenskategorie (über 9000<br />

Franken) mit 64 Prozent Nennungen besonders<br />

bedrohlich geworden. Daneben wird<br />

Arbeitslosigkeit insbesondere von 18- bis<br />

29-Jährigen (58 Prozent), einfachen Angestellten<br />

(58 Prozent) und gut verdienenden<br />

Personen mit 7000 bis 9000 Franken als<br />

sehr Besorgnis erregend wahrgenommen.<br />

Im Zuge der allgemeinen Verunsicherung<br />

hat sich das Vertrauen in die Wirtschaft insgesamt<br />

deutlich verschlechtert. So gaben<br />

erstmals über die Hälfte (53 Prozent)<br />

aller Befragten zu Protokoll, dass sie oft<br />

das Gefühl hätten, die Wirtschaft versage<br />

in entscheidenden Dingen. Seit der<br />

erstmaligen Erhebung des Sorgenbarometers<br />

1995 wurde noch nie ein derart<br />

hoher Wert ermittelt. Vor zwei Jahren vertraten<br />

lediglich 29 Prozent diese extrem<br />

kritischen Meinungen. Offenbar am stärksten<br />

enttäuscht sind Kaderleute der Privatwirtschaft.<br />

Sie vertreten die «oft»-Meinung<br />

zu 62 Prozent, gefolgt von den selbstständig<br />

Erwerbenden (55 Prozent) sowie<br />

Angestellten des öffentlichen Dienstes<br />

(51 Prozent).<br />

Nicht ganz so verheerend wie bei der<br />

Wirtschaft, aber immer noch sehr negativ<br />

Welches Problem muss zuerst gelöst werden?<br />

Auch bezogen auf die Dringlichkeit haben die Arbeitslosigkeit, die Altersvorsorge<br />

und vor allem das Asylwesen deutlich zugelegt. Dagegen hat die Globalisierung<br />

offenbar viel von ihrem Schrecken verloren und belegt nur noch Platz acht.<br />

Rang Problem Dringlichstes Dringlichstes Rang<br />

2002 Problem 2002 Problem 20<strong>01</strong> 20<strong>01</strong><br />

1. Nennung 1. Nennung<br />

1. Gesundheitswesen 15 17 1.<br />

2. Arbeitslosigkeit 13 9 2.<br />

3. AHV/Altersvorsorge 10 7 5.<br />

4. Asylwesen 9 4 9.<br />

5. Neue Armut 6 8 4.<br />

Wirtschaftsentwicklung 6 5 7.<br />

7. Steuern/Finanzen 5 4 9.<br />

8. Soziale Sicherheit 4 3 8.<br />

Überfremdung 4 3 9.<br />

Globalisierung 4 9 2.<br />

Angaben in % Stimmberechtigter<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 35


Sorgen im zeitlichen Wandel<br />

Zyklische Arbeitslosigkeit<br />

Geht es der Wirtschaft schlecht, steigen die<br />

Arbeitslosenzahlen und parallel dazu die<br />

Nennungen im Sorgenbarometer. Im Jahr<br />

2000 waren in der Schweiz 94 000 Menschen<br />

arbeitslos. 1997 waren es 194 000. Zurzeit ist<br />

der Trend wieder eindeutig steigend.<br />

Entproblematisiertes Europa<br />

Während der bilateralen Verhandlungen nahm<br />

die Zahl der Nennungen der Europa-Frage<br />

noch stetig zu. Seit dem Abschluss<br />

der Verträge mit der EU im Jahr 2000 zeichnet<br />

sich eine klare Entproblematisierung der<br />

Europa-Frage ab.<br />

Aktuelles Flüchtlingswesen<br />

Erhöhte Werte für das Problembewusstsein<br />

bezüglich Asylwesen lassen sich zumeist<br />

auf aktuelle äussere Umstände zurückführen.<br />

In den Jahren 1998 und 1999 war es die<br />

Flüchtlingswelle im Sog des Kosovo-<br />

Konflikts, 2002 die Asylinitiative der SVP.<br />

Wirtschaft versagt<br />

Frage: «Wie oft haben Sie das Gefühl, die<br />

Wirtschaft versage in entscheidenden<br />

Dingen?» Über die Hälfte der Schweizerinnen<br />

und Schweizer finden «oft». So ausgeprägt<br />

negativ war die Stimmung im Sorgenbarometer<br />

noch nie.<br />

■ keine Antwort ■ nie ■ selten ■ oft<br />

Politik versagt<br />

Frage: «Wie oft haben Sie das Gefühl, die<br />

Politik versage in entscheidenden Dingen?»<br />

Auch hier finden fast die Hälfte der Befragten<br />

«oft». Allerdings kommt dieser Anteil noch<br />

nicht ganz an die Spitzenwerte der Jahre<br />

1996 und 1997 heran.<br />

■ keine Antwort ■ nie ■ selten ■ oft<br />

Vertrauen in die Banken steigt<br />

Frage: «Wie gross ist Ihr persönliches<br />

Vertrauen in die Banken?» Die letztjährige<br />

Befragung war geprägt vom Niedergang der<br />

Swissair und von der Rolle der Banken dabei.<br />

2002 überwiegen dank einem Plus von acht<br />

Prozent wieder die Vertrauensnennungen.<br />

■ keine Antwort ■ Vertrauen ■ weder/noch ■ kein Vertrauen<br />

Angabe in % Stimmberechtigter<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

20<strong>01</strong><br />

2002<br />

70 75 81 74 57 34 45 52<br />

48 34 39 40 43 45 34 21<br />

31 25 30 47 56 41 32 43<br />

7 6 9 10 5 9 11<br />

5 4<br />

6 5<br />

5<br />

5 3<br />

33<br />

40 45<br />

45<br />

52 54 61<br />

48 45 33 31 29 41 53<br />

7 6 6 9 9 2 10 10<br />

4 5 4 5<br />

5 4 3 4<br />

40 36 40<br />

37<br />

51 48 50 49<br />

49 53 50 35 39 43 38 49<br />

1 2 2 2 2 2 2 2<br />

49 40 37 37 33<br />

41<br />

53 55 20<br />

20 23 24<br />

22<br />

21<br />

18 22<br />

29 38 38 37 27 21 45 35<br />

3 www.credit-suisse.com/<strong>bull</strong>etin<br />

Die vollständige Studie sowie weitere Highlights<br />

des Sorgenbarometers finden Sie im emagazine.<br />

fällt die Beurteilung der politischen Klasse<br />

aus. 49 Prozent der Schweizerinnen und<br />

Schweizer haben das Gefühl, die Politik<br />

versage oft in entscheidenden Dingen.<br />

Besonders ausgeprägt ist diese Sichtweise<br />

bei Leuten, die sich selbst als eher<br />

rechts einstufen (59 Prozent), gefolgt von<br />

Wählern der Mitte (46 Prozent) und<br />

Linksstehenden (44 Prozent). Mit 37<br />

Prozent «oft»-Nennungen verhältnismässig<br />

wohlwollend gehen jene Leute mit der<br />

Politik ins Gericht, die sich nicht in einen<br />

Links-rechts-Raster zwängen lassen<br />

wollen.<br />

Im Sorgenbarometer des Bulletin wird<br />

jeweils auch das Vertrauen der Wahlberechtigten<br />

in die wichtigsten politikrelevanten<br />

Institutionen erhoben. Dabei wird vom<br />

Anteil der Vertrauensvoten jeweils der Misstrauensanteil<br />

abgezogen. Daraus resultiert<br />

ein einziger Indexwert für das Vertrauen<br />

respektive Misstrauen (falls negativ). Viel<br />

Vertrauen bringen die Bürger und Bürgerinnen<br />

dem Schweizer Justizwesen entgegen.<br />

So bringt es das Bundesgericht als<br />

Spitzenreiter auf einen Indexwert von 45.<br />

Knapp dahinter platziert ist die Polizei mit<br />

44. Wieder etwas erholt vom massiven<br />

Vertrauenseinbruch im letzten Jahr haben<br />

sich die Banken. 20<strong>01</strong> fiel der Vertrauensanteil<br />

von 55 auf ein Rekordtief von 33<br />

Prozent. Die Befragung fiel damals in eine<br />

Phase, in der sich die Banken im Zuge des<br />

Swissair-Groundings viel Kritik gefallen<br />

lassen mussten. Ein Jahr später ist dieser<br />

Einbruch mit einem Plus von acht Prozentpunkten<br />

wieder etwas kompensiert worden.<br />

Ebenfalls deutlich an Vertrauen gewonnen<br />

haben die Arbeitnehmerorganisationen<br />

mit einem Plus von sechs Prozent. Dagegen<br />

haben die UNO und die Kirchen je acht<br />

Prozent eingebüsst. Doch während bei der<br />

UNO das Vertrauen mit einem Indexwert<br />

von plus 8 insgesamt überwiegt, sind bei<br />

den Kirchen mittlerweile die Misstrauensbekundungen<br />

in der Überzahl (Index –2).<br />

Das Gleiche gilt für die EU (–9) und in<br />

noch stärkerem Masse für die politischen<br />

Parteien (–16) sowie die Massenmedien<br />

(–24). Diese Tendenz dürfte insbesondere<br />

den Parteien einige Sorgen bereiten. ❙<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

20<strong>01</strong><br />

2002


AKTUELL<br />

«Unsere direkte Demokratie<br />

braucht starke Parteien»<br />

Nationalratspräsident Yves Christen nimmt Stellung zu den Resultaten des Bulletin-Sorgenbarometers<br />

2002. Eines der dringlichsten Anliegen des obersten Schweizers ist die Einführung einer tauglichen<br />

Einwanderungspolitik. Interview: Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />

Daniel Huber Was bereitet Ihnen als ranghöchstem<br />

Politiker die grösste Sorge?<br />

Yves Christen Meine Hauptsorge ist die<br />

gespaltene Einstellung der Schweizerinnen<br />

und Schweizer zu Fragen der Ausland- und<br />

Ausländerpolitik. Egal ob es um UNO-Beitritt,<br />

Friedenstruppen oder Asylpolitik geht,<br />

in den Abstimmungen fallen die Resultate<br />

immer sehr knapp aus. Um Lösungen<br />

für die grossen Probleme wie Gesundheitswesen,<br />

Altersvorsorge und Arbeitslosigkeit<br />

zu finden, brauchen wir aber eine gute,<br />

breit abgestützte Ausländer-, Asyl- und<br />

Integrationspolitik.<br />

Wo ist da der direkte Zusammenhang?<br />

Nehmen wir zum Beispiel die Altersvorsorge.<br />

Demografisch gesehen nimmt das<br />

Durchschnittsalter der Schweizer Bevölkerung<br />

im gleichen Masse zu, wie der Anteil<br />

der Werktätigen abnimmt. Um das Problem<br />

der AHV-Finanzierung in den Griff zu bekommen,<br />

sind wir auf ausländische Arbeitskräfte<br />

angewiesen. Dabei dürfen und können<br />

wir aber keine Rosinenpickerei<br />

betreiben. Bei den Immigranten gibt es in<br />

gleichem Masse schwarze und weisse<br />

Schafe wie bei den Schweizern.<br />

Gäbe es neben ausländischen Arbeitskräften<br />

nicht auch noch die Möglichkeit einer besseren<br />

Familienpolitik, um die Überalterung in<br />

den Griff zu bekommen? Die Schweizer<br />

Durchschnittsfamilie bringt es gerade mal auf<br />

1,4 Kinder. Natürlich ist es ganz wichtig,<br />

auch in dieser Richtung etwas zu unternehmen.<br />

Doch selbst mit einer sehr<br />

dynamischen Familienpolitik können wir<br />

das Problem in den nächsten zwei,<br />

drei Jahrzehnten nicht lösen. Das ist lediglich<br />

ein Tropfen auf den heissen Stein.<br />

Das Gesundheitswesen führt seit Jahren<br />

quer durch alle Bevölkerungsschichten die<br />

Nationalratspräsident<br />

Yves Christen findet<br />

das Schweizer<br />

Gesundheitswesen<br />

an sich zwar gut,<br />

doch müsse es<br />

bezahlbar bleiben.<br />

Fotos: PhotoDisc, Martin Stollenwerk, Quelle: GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern, Sorgenbarometer, Stand Oktober 2002 (N = jeweils ca. 1000)<br />

Schweizer Sorgenhitparade an. Ist unser<br />

System wirklich so schlecht? In Bezug auf<br />

die steigenden Prämien ist die Sorge sicher<br />

berechtigt. Unser Gesundheitssystem an<br />

sich ist gut, doch muss es für alle gleichermassen<br />

bezahlbar bleiben. Zurzeit steigen<br />

die Prämien zu stark.<br />

Und was können Sie dagegen tun? Die<br />

diskutierte Aufhebung der freien Arztwahl<br />

geht vielleicht etwas zu weit. Zudem lässt<br />

sich so etwas nur schwer gegen den Willen<br />

der Ärzte sinnvoll durchsetzen. Zur Lösung<br />

dieses Problems müssen Versicherer,<br />

Politiker und Ärzte eng zusammenarbeiten.<br />

Interessanterweise bereitet das Gesundheitswesen<br />

der Schweizer Mittelschicht<br />

grössere Sorgen als der befragten Gruppierung<br />

mit geringerem Einkommen. Wie<br />

erklären Sie sich das? Das ist ganz logisch.<br />

Im Kanton Genf haben 40 Prozent der<br />

Bevölkerung subventionierte Prämien. Die<br />

Leute aus der Mittelschicht am unteren<br />

Rand der Lohnskala ohne Subventionen<br />

spüren die Prämien am stärksten.<br />

Die zweitgrösste Sorge der Schweizer ist die<br />

Arbeitslosigkeit. Im Vergleich zu anderen<br />

europäischen Ländern sind wir mit weniger<br />

als vier Prozent Arbeitslosen aber immer<br />

noch sehr gut dran. Sind die Schweizer in<br />

dieser Beziehung zu ängstlich? Die Schweizer<br />

sind in jeder Beziehung sehr ängstlich.<br />

Sie wollen tendenziell keine Risiken eingehen,<br />

haben wenig Unternehmergeist und<br />

sind häufig doppelt versichert. Allerdings<br />

ging es mit der Schweizer Konjunktur in<br />

den vergangenen fünfzig Jahren auch praktisch<br />

nur bergauf. Ich bin seit 38 Jahren<br />

glücklich mit einer Französin verheiratet. In<br />

ihrer Familie wird das Thema Arbeitslosigkeit<br />

als weniger bedrohlich wahrgenommen.<br />

Arbeit und Geld zu verlieren, ist für jemanden,<br />

der im Krieg alles verloren hat, nicht<br />

so besorgniserregend.<br />

In der Schweiz hat die Sorge um die Arbeitslosigkeit<br />

insbesondere unter den Kaderleuten<br />

markant zugenommen. Erstaunt Sie das?<br />

Eigentlich nicht. Während meiner Zeit als<br />

Stadtpräsident hatten wir in Vevey 13 Prozent<br />

Arbeitslose. Das war Schweizer Rekord.<br />

Zwei grosse Fabriken mussten kurz<br />

nacheinander ihre Tore schliessen und<br />

mehrere Hundert Arbeiter standen plötzlich<br />

auf der Strasse. Doch viele von ihnen<br />

hatten bereits früher Erfahrungen mit der<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 37


Arbeitslosigkeit gemacht und Sozialgelder<br />

bezogen. Dagegen können sich Leute mit<br />

8000 oder 9000 Franken Einkommen<br />

nur schwer ein Leben ohne Arbeit vorstellen.<br />

Diese trifft es unvorbereiteter und somit<br />

irgendwie auch härter.<br />

Für die Schweizer ist die Integration in Europa<br />

immer weniger besorgniserregend. Das<br />

Thema ist in diesem Jahr auf Platz fünf abgerutscht.<br />

Hat die Schweizer Sonderstellung<br />

endgültig ihren Schrecken verloren? Den<br />

Schweizern ist in den vergangenen Jahren<br />

bewusst geworden, dass sie über die bilateralen<br />

Verträge auch ohne Mitgliedschaft<br />

von der EU profitieren können. Die Resultate<br />

der verschiedenen Abstimmungen<br />

haben deutlich gezeigt, dass ein Beitritt in<br />

nächster Zeit kaum zustande kommen wird.<br />

Wie bei der UNO wird er irgendwann in<br />

zehn, zwanzig Jahren ohne viel Aufhebens<br />

trotzdem Realität werden.<br />

Auf die Frage, wie oft die Wirtschaft in entscheidenden<br />

Dingen versage, sind die «oft»-<br />

Nennungen innerhalb von zwei Jahren von 29<br />

auf 53 Prozent hochgeschnellt. Wie kann die<br />

Wirtschaft das Vertrauen der Bevölkerung<br />

zurückgewinnen? Mit mehr Ethik und Moral.<br />

Die Unternehmen müssen wieder mehr<br />

Verantwortung übernehmen.<br />

Aber auch die Politik bekommt schlechte<br />

Noten. Fast die Hälfte der Befragten geht<br />

davon aus, dass sie oft versage. Wie<br />

stark fühlen Sie sich noch als Volksvertreter?<br />

Wenn es der Wirtschaft schlecht geht,<br />

schwindet automatisch auch das Vertrauen<br />

in die Politik. Das ist logisch. Besonders<br />

beunruhigend finde ich aber die Tatsache,<br />

dass sich die Leute immer mehr von den<br />

Parteien abwenden. Sie haben zurzeit ein<br />

«Um die AHV-Finanzierung<br />

in den Griff zu bekommen,<br />

sind wir dringend auf<br />

ausländische Arbeitskräfte<br />

angewiesen.»<br />

Yves Christen, Nationalratspräsident<br />

sehr schlechtes Image. Es wird momentan<br />

zu viel über Strategien und zu wenig über<br />

die eigentliche Parteiarbeit gesprochen.<br />

All die Freiwilligen, die sich mit viel Engagement<br />

für politische Anliegen einsetzen,<br />

gehen vergessen. Vielleicht hat die momentane<br />

Wirtschaftskrise insofern noch etwas<br />

Gutes, als wir wieder mehr Leute für die<br />

Politik und vielleicht auch für die Parteien<br />

interessieren können.<br />

Im Sorgenbarometer zeigt sich deutlich, dass<br />

sich mit einem Anteil von 59 Prozent vor<br />

allem Schweizer und Schweizerinnen, die<br />

sich politisch als eher rechts einstufen,<br />

von der momentanen Politik nicht vertreten<br />

fühlen. Überrascht Sie das? Eigentlich<br />

nicht. Wenn die Leute Angst haben, dann<br />

wollen sie einfache Lösungen. Und die<br />

gemässigten Mitte-rechts-Parteien, wie es<br />

die FDP oder auch die CVP sind, suchen<br />

vernünftige und durchführbare Lösungen.<br />

Und die können nicht einfach sein. Das<br />

führt dazu, dass viele Bürgerliche nach<br />

rechts abdriften.<br />

Wo die SVP einfache Lösungen bereithält?<br />

Wenn es darauf ankommt, sind die bürgerlichen<br />

Wähler immer noch sehr vernünftig<br />

und vorsichtig. So werden zwar viele SVP-<br />

Brückengänger Yves Christen<br />

Yves Christen wurde 1941 in Bern geboren. Seine Familie stammt aus der<br />

Westschweiz und zu Hause wurde Französisch gesprochen. Auch seine schulische<br />

Ausbildung erfolgte auf Französisch: zuerst an der Ecole française in<br />

Bern, dann am Collège Saint-Michel in Fribourg. Das Studium zum Bauingenieur<br />

absolvierte er dann an der ETH in Zürich. 1977 wurde er als FDP-Parteimitglied<br />

in den Gemeinderat von Vevey gewählt. Es folgten der Grosse<br />

Rat der Waadt (1981), der Stadtrat von Vevey (1985), schliesslich das Amt<br />

des Stadtpräsidenten (1989–20<strong>01</strong>). Dem Nationalrat gehört er seit 1995 an.<br />

Yves Christen ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.<br />

Politiker aus Protest in die Legislative<br />

gewählt, doch bei der Besetzung von wichtigen<br />

Ämtern der Exekutive ist die SVP<br />

längst nicht so erfolgreich. Sie ist keine<br />

Partei der Verantwortung.<br />

Sie gelten als Vermittler zwischen der Romandie<br />

und der Deutschschweiz. Wie gross<br />

ist für Sie das Problem des Röstigrabens?<br />

Es gibt viele Minderheiten in der Schweiz.<br />

Dadurch gibt es viele Gräben, die man<br />

füllen muss. Der Röstigraben ist für mich<br />

vergleichsweise unproblematisch. Den<br />

Graben zwischen Stadt und Land, wie zum<br />

Beispiel zwischen dem wirtschaftlichen<br />

Ballungszentrum Zürich und dem ländlichen<br />

Appenzell, erachte ich als viel grösser.<br />

Die direkte Demokratie der Schweiz hat viele<br />

Vorteile, aber auch Nachteile. Wären Sie<br />

nicht manchmal gerne der gute König<br />

aus dem Märchen, der Probleme schnell und<br />

unbürokratisch lösen kann? Die Idee hat<br />

sicher etwas Verlockendes. Trotzdem bin<br />

ich von unserem System überzeugt. Zwar<br />

mag es vergleichsweise langsam sein, doch<br />

ist das nicht immer ein Nachteil. So drückte<br />

zum Beispiel die englische Regierung die<br />

Liberalisierung des öffentlichen Verkehrs<br />

extrem schnell durch und machte dabei<br />

grosse Fehler. Auch in Deutschland wurden<br />

rückblickend verschiedene politische Entscheide<br />

zu überhastet umgesetzt. Natürlich<br />

besteht immer auch die Gefahr, einen Zug<br />

zu verpassen. Aber alles in allem glaube ich<br />

an unser System.<br />

Eine gute Fee gewährt Ihnen für Ihre Amtszeit<br />

die Erfüllung von drei Wünschen. Welche<br />

wären das? Einen hab ich schon erwähnt:<br />

dass die Parteien wieder ein besseres<br />

Image und beim Volk eine grössere Akzeptanz<br />

bekommen. Das ist enorm wichtig.<br />

In einer direkten Demokratie braucht es<br />

starke Parteien, um etwas bewegen<br />

zu können. Als zweiten Wunsch hätte ich<br />

gerne die Einführung unseres Bundesstaatmodells<br />

in ganz Europa und insbesondere<br />

in Ex-Jugoslawien. Meiner Meinung<br />

kann dort nur ein neuer föderalistischer<br />

Staat nach dem Vorbild der Schweiz eine<br />

friedliche Lösung für die vielen verschiedenen<br />

Völkergruppen bringen.<br />

Sie haben noch einen Wunsch offen. Gibt es<br />

noch etwas aus Ihrem persönlichen Umfeld?<br />

Dass ich auch in diesem Jahr wieder<br />

die Zeit finde, um 4000 Kilometer mit<br />

dem Velo zu fahren.<br />

❙<br />

38 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


AKTUELL<br />

@propos<br />

Reaktionen auf das<br />

Bulletin 06/2002<br />

Foto: Rainer Wolfsberger<br />

Bulletin-Meinungsumfrage<br />

im Medienspiegel<br />

«Berner Zeitung»:<br />

Ein Land von Optimisten?<br />

«Tribune de Genève»:<br />

Les Suisses restent confiants dans l’avenir<br />

«Corriere del Ticino»:<br />

Svizzeri ottimisti ma preoccupati<br />

Zahlreiche Medien haben die repräsentative Meinungsumfrage<br />

des Bulletin zum Thema Perspektiven (Nr.6/2002)<br />

aufgegriffen. Die über 1000 befragten Stimmbürgerinnen<br />

und Stimmbürger zeichnen zwar ein differenziertes<br />

Bild von der Zukunft, aber sie sind mehrheitlich, und das<br />

ist keineswegs selbstverständlich, immer noch sehr<br />

zuversichtlich und positiv eingestellt: «Familie Schweizer<br />

ist optimistisch» («Wiler Nachrichten»).<br />

Die Perspektive stimmt<br />

Ich möchte Ihnen für die Nummer 6 des Bulletin besonders<br />

danken. Ich fand die Artikel sehr spannend und äusserst<br />

interessant (vor allem Perspektiven, Weltuntergang/Prognosen,<br />

Salz, Gabe der Götter). Obwohl ich schon immer<br />

da und dort einen interessanten Artikel vorfand, ragt die<br />

aktuelle Nummer klar heraus.<br />

Christian King, Wallisellen<br />

Fachinformationen<br />

Das neue Bulletin hat mich gefreut, da es wieder lesenswert<br />

ist. Ich erwarte von einem Bank-Bulletin schwergewichtig<br />

Fachinformationen, und zwar in einer auch für<br />

Nichtbanker verständlichen Sprache. (...) Der Beitrag über<br />

Herrn Kielholz ist beispielhaft. Es geht darum, diese<br />

Menschen besser kennen zu lernen, um wieder Vertrauen<br />

in die Credit Suisse zu gewinnen. Es wäre auch ehrlich,<br />

über Negativschlagzeilen – zum Beispiel die happigen<br />

Bussen in den USA – eine Stellungnahme zu lesen. (...)<br />

Max Keller, per E-Mail<br />

Geärgert? Gefreut?<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Sagen Sie uns Ihre Meinung! Schicken Sie Ihre<br />

Leserbriefe an: Credit Suisse Financial Services,<br />

Redaktion Bulletin, XCPB, Postfach 2, 8070 Zürich<br />

oder an <strong>bull</strong>etin@credit-suisse.com<br />

ruth.hafen@credit-suisse.com<br />

«Für Hoffnung sind sie gut,<br />

aber verstehen, um zu hoffen»<br />

Ich habe kürzlich ein neues Computerspielzeug entdeckt. Seitdem<br />

verbringe ich Stunden vor dem Bildschirm, nur so zum Spass.<br />

Mein Mann macht sich auch schon Sorgen. Immer dieses Gekichere,<br />

manchmal auch explosionsartiges Gelächter. Mein neuer Zeitvertreib:<br />

Ich lasse mir Texte online übersetzen.<br />

Mein absoluter Liebling ist Babelfish. Hinter der Adresse<br />

http://babelfish.altavista.com/babelfish/tr verbirgt sich für mich ein<br />

nie versiegender Quell sprachlichen Aberwitzes. Eine kleine Kostprobe?<br />

«Willst du schon gehn? Der Tag ist ja noch fern. Es war die<br />

Nachtigall, und nicht die Lerche, die eben jetzt dein banges Ohr<br />

durchdrang.» Zugegeben, den armen Fisch mit einem Happen aus<br />

Shakespeares «Romeo und Julia» zu füttern, ist nicht gerade die<br />

feine Art, aber es ist immerhin eine der bekanntesten Zeilen aus<br />

der Weltliteratur, vielleicht kennt er sie ja. Babelfish übersetzt mir<br />

zuerst auf Englisch: «Do you want already gehn? The day is still<br />

far. It was the nightingale, and not the lark, which penetrated your<br />

banges ear evenly now.» Etwas faul und fantasielos, dieser Fisch.<br />

Gleich nochmal, jetzt soll er sein «Englisch» hurtig wieder ins<br />

Deutsch zurückübersetzen. Vielleicht ergibt das wieder die Originalversion.<br />

«Wünschen Sie bereits gehn? Der Tag ist noch weit. Es<br />

war die Nachtigall und nicht der Lark, der Ihr banges Ohr gleichmässig<br />

jetzt eindrang.»<br />

Ich frage mich, wer sich ernsthaft solcher maschineller Übersetzungen<br />

bedient. Vermutlich die arroganten Dummbeutel, die mich<br />

früher herablassend musterten, wenn ich die Frage nach meiner<br />

Studienrichtung beantwortete. «Englisch? Das muss man doch<br />

nicht studieren, das kann man doch so.» Bei Lernmethoden, die<br />

«Englisch ohne Mühe», «Japanisch in dreissig Tagen» oder «Suaheli<br />

im Sauseschritt» propagieren, sollten bei einem Menschen mit normalem<br />

Verstand die Alarmglocken klingeln. Eine Sprache zu lernen<br />

ist harte Arbeit, sie gut in eine andere zu übersetzen, eine hohe<br />

Kunst. Da bleibt nur die Hoffnung, dass es noch lange gute Übersetzer<br />

gibt, damit wir nicht auf Babelfish und Konsorten zurückgreifen<br />

müssen. Apropos Hoffnung: Rudolf Augstein, der Ende<br />

2002 verstorbene Gründer des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel»,<br />

hat etwas gesagt, das mich sehr beeindruckt: «Hoffnung ist gut,<br />

aber nicht zu hoffen ist Verstand.» Mein Freund Babelfish hingegen<br />

meint: «Für Hoffnung sind sie gut, aber verstehen, um zu hoffen.»<br />

Ruth Hafen<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 39


Drum prüfe, wer sich bindet<br />

Autofahren ist ein teurer Spass. Teurer, als es sich die meisten Autobesitzer eingestehen wollen.<br />

Daran ändert auch das neue Konsumkreditgesetz nichts. Marcus Balogh, Redaktion Bulletin<br />

Als Folge des siebentägigen<br />

Rücktritts- beziehungsweise<br />

Widerrufsrechts werden neu<br />

geleaste Fahrzeuge in Zukunft<br />

wohl erst nach einer ebenso<br />

langen Wartefrist ausgeliefert<br />

Für kein Konsumgut wird mehr Geld<br />

ausgegeben als für das Auto. Und es gibt<br />

wohl kein Alltagsobjekt, das derart<br />

stark emotional besetzt ist – es sei eben<br />

identitätsstiftend, erklären Psychologen.<br />

In der Tat kann der Kauf eines Autos nicht<br />

nur rationale Beweggründe haben. Wie<br />

sollte man auch erklären, dass sich im Zeitalter<br />

des (beinahe) globalen Tempolimits<br />

ausgerechnet die teuren und schnellen<br />

Autos besonders gut verkaufen? Schliesslich<br />

liesse sich ja praktisch jedes Mobilitätsbedürfnis<br />

auch mit günstigen und sparsamen<br />

Kleinwagen befriedigen. So aber<br />

beläuft sich in der Schweiz der Durchschnittspreis<br />

für ein fabrikneues Auto auf<br />

rund 34 000 Franken. «Diesen Betrag<br />

blättern die wenigsten aber einfach auf den<br />

Tisch. In der Schweiz ist etwa jedes<br />

zweite Auto geleast», erklärt Thomas Gulich,<br />

Leiter des Geschäftsbereichs Leasing<br />

der Credit Suisse. Werden dazu noch alle<br />

über Kredite finanzierten Fahrzeuge hinzugezählt,<br />

zeigt sich, dass vier Fünftel aller<br />

Autos in der Schweiz fremdinanziert sind.<br />

An dieser Tatsache wird sich auch mit<br />

der Einführung des neuen Konsumkreditgesetzes<br />

nicht viel ändern. «Das neue<br />

Konsumkreditgesetz gestaltet zwar das<br />

Kreditrecht mit Privatpersonen grundlegend<br />

um, auf unsere Geschäfte hat es aber<br />

keine grossen Auswirkungen. Die Prüfung<br />

der Einkommenssituation und die Meldung<br />

des Leasings oder des Kredits an eine<br />

zentrale Informationsstelle ist bei uns seit<br />

Jahren Standard», so Thomas Gulich.<br />

Die bekannten Probleme bleiben bestehen<br />

Neu kommen im Wesentlichen eine erweiterte<br />

Kreditfähigkeitsprüfung und Budgetberechnung<br />

sowie ein siebentägiges<br />

Rücktritts- beziehungsweise Widerrufsrecht<br />

des Leasingnehmers hinzu. Die Neuerungen<br />

haben auch Auswirkungen auf die<br />

Solidarbürgschaft. In Zukunft kann ein<br />

Ehemann nicht mehr Solidarbürge seiner<br />

Ehefrau sein. Dafür kann das Einkommen<br />

des Ehepartners zur Entlastung des Haushaltsbudgets<br />

in der neuen Kreditfähigkeitsprüfung<br />

anteilsmässig herangezogen<br />

werden. Und im Gegensatz zu vorher ist<br />

diese anteilsmässige Budgetentlastung nicht<br />

mehr nur durch den Ehepartner, sondern<br />

auch durch nicht verwandte Personen<br />

im gleichen Haushalt möglich, zum Beispiel<br />

durch den Konkubinatspartner.<br />

Auf die umfangreiche Kreditfähigkeitsprüfung<br />

kann übrigens verzichtet werden,<br />

wenn der Leasingnehmer ausreichende und<br />

nicht gebundene Vermögenswerte bei der<br />

Bank hält. In solchen Fällen unterliegt<br />

der Leasingvertrag nicht mehr dem neuen<br />

Konsumkreditgesetz und darf deshalb auch<br />

nicht der Informationsstelle für Konsumkredit<br />

(IKO) gemeldet werden. Alles in allem<br />

beurteilt Thomas Gulich das neue Konsumkreditgesetz<br />

als konsumentenfreundlich –<br />

wenn es auch an den grundsätzlichen Problemen<br />

nur wenig ändert. «Wir bekommen<br />

die trübe wirtschaftliche Lage zu spüren. Die<br />

Anzahl von Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten<br />

wächst. Die Leasingrate ist eben<br />

nicht der einzige Budgetposten, der aufs<br />

Portemonnaie schlägt. Dazu kommen noch<br />

die Versicherungen, die Steuern, der Be-<br />

Foto: Mark Gilbert/Stone<br />

40 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


AKTUELL<br />

trieb und der Unterhalt. Und ein Polster für<br />

Unvorhergesehenes schadet auch nicht.»<br />

Sollte sich ein Leasingnehmer dazu entschliessen,<br />

unter diesen Umständen vorzeitig<br />

seinen Vertrag zu kündigen, wird ihm<br />

eine rückwirkende Erhöhung der Leasingraten<br />

mit entsprechend verkürzter Leasingdauer<br />

in Rechnung gestellt – was vom<br />

neuen Konsumkreditgesetz gestützt wird.<br />

Die persönlichen Vorlieben sind entscheidend<br />

Der Entscheid, ob ein Auto vollständig mit<br />

Eigenmitteln gekauft wird, in einer Kombination<br />

von Eigenmitteln und Fremdmitteln<br />

oder ausschliesslich mit Fremdmitteln<br />

gekauft oder geleast werden soll,<br />

hängt im Wesentlichen von den Präferenzen<br />

in der persönlichen Finanzplanung,<br />

der Liquidität und den Möglichkeiten zu<br />

alternativen Anlagen ab. Zudem müssen<br />

die laufenden Kosten eines Fahrzeuges<br />

berücksichtigt werden. Ein bar bezahlter<br />

Kleinwagen in der Preiskategorie um 16 000<br />

Franken kostet je nach gefahrenen Kilometern<br />

jährlich bereits zwischen 5500 und<br />

8500 Franken. Ein Fahrzeug der oberen<br />

Mittelklasse, mit einem Kaufpreis von rund<br />

55 000 Franken, schlägt gar mit rund<br />

Merkmale Leasing<br />

p Keine Beanspruchung vorhandener liquider Mittel und/oder<br />

Privatkreditlimiten für den Barkauf.<br />

p Das Fahrzeug muss nach Ablauf oder Kündigung zurückgegeben<br />

werden.<br />

p Im Leasing gilt die neue Regelung nach KKG nicht, wonach Konsumkredite<br />

in maximal 36 Monaten budgetmässig rückzahlbar sein müssen.<br />

p Während der ganzen Leasingdauer muss das Fahrzeug<br />

vollkaskoversichert bleiben.<br />

Merkmale Kredit<br />

p Keine Beanspruchung von Eigenmitteln/Ersparnissen.<br />

p Kredite müssen – im Gegensatz zum Leasing – budgetmässig innert<br />

maximal 36 Monaten rückzahlbar sein, auch wenn eine längere<br />

Laufzeit vereinbart wird.<br />

12 000 bis 18 000 Franken zu Buche. Die<br />

Zahlen scheinen hoch. Doch rund ein<br />

Drittel machen alleine die Amortisation<br />

und der Wertverlust aus.<br />

Beim Leasing bleiben Eigenmittel und<br />

Kreditlimiten hingegen frei. Zudem vermeidet<br />

man alle Eigentümerrisiken eines<br />

Barkaufes. Und selbst die oftmals als<br />

Nachteil erwähnte Rückgabe des Fahrzeuges<br />

nach Ablauf der Leasingdauer<br />

entpuppt sich bei genauem Hinsehen als<br />

Vorteil: Denn schliesslich bezahlt der<br />

Leasingnehmer gerade dadurch mit seinen<br />

Raten nicht den vollen Preis des Autos,<br />

sondern nur die effektive Nutzung mit einem<br />

wirtschaftlich realistischen Restwert. ❙<br />

Leasing, Flottenleasing und Fleet Management<br />

Die fortschreitende Globalisierung zwingt<br />

auch in der Schweiz immer mehr Unternehmen,<br />

Rationalisierungs- und Ersatzinvestitionen<br />

vorzunehmen. Dabei werden die<br />

vorhandenen Ressourcen immer häufiger<br />

auf das Kerngeschäft konzentriert. In diesem<br />

Zusammenhang erweist sich das Outsourcing<br />

von Finanzierung und Management<br />

peripherer Unternehmensbereiche wie<br />

etwa Fahrzeugflotten, Telekommunikation<br />

und Energie, aber auch von Geschäftsimmobilien<br />

und von -flugzeugen als Gebot<br />

der Stunde und trägt nicht unwesentlich<br />

zur nachhaltigen Verbesserung der Gesamtkapitalrendite<br />

bei.<br />

Als Schweizer Marktführer im Investitionsgüterleasing<br />

konnte die Credit Suisse<br />

kürzlich mit der Feldschlösschen Getränke<br />

AG (FGG) als Leasingnehmerin und der<br />

Volvo Trucks (Schweiz) AG als Lieferantin<br />

eine Rahmenvereinbarung zur Gesamterneuerung<br />

der Last- und Lieferwagen-<br />

Flotte der FGG abschliessen.<br />

Auf Basis dieser strukturierten Finanzierungslösung<br />

geht die Feldschlösschen<br />

Getränke AG mit der Volvo Trucks<br />

(Schweiz) AG zunächst eine so genannte<br />

Systempartnerschaft ein. Sie beinhaltet<br />

unter anderem ein «Sale and Rent Back»<br />

der bestehenden Flotte, die im Lauf<br />

der nächsten anderthalb Jahre vollständig<br />

durch 200 neue Leasingfahrzeuge<br />

samt Aufbauten, Hebebühnen, Wartung<br />

und Reparatur durch die Volvo Trucks<br />

(Schweiz) AG ersetzt wird. Der erste neue<br />

Anhängerzug wurde von der Feldschlösschen<br />

Getränke AG bereits Anfang Januar<br />

in Empfang genommen.<br />

Diese partnerschaftliche Finanzierungslösung<br />

weist für alle beteiligten Parteien<br />

einen äusserst attraktiven Win-Win-Win-<br />

Charakter auf und soll daher auch als<br />

prototypischer Modellfall für europaweite<br />

Finanzierungen dienen. Im Zusammenhang<br />

mit der aktuellen C02-Problematik und<br />

dem dadurch erforderlichen hohen<br />

Erneuerungsbedarf an schadstoffreduzierten<br />

und betriebskostengünstigeren<br />

Fahrzeugflotten, aber auch im Hinblick<br />

auf «Basel II» (siehe auch Artikel auf Seite<br />

63) mit seinen verschärften Eigenmittelunterlegungsvorschriften<br />

für Finanzierungsinstitute<br />

wird sich das Leasing<br />

im Rahmen des «risk-adjusted pricing» als<br />

«star product» für Objektfinanzierungen<br />

sowohl mit KMU als auch Grossunternehmen<br />

erweisen. (nj)


Neues Bondprodukt bietet<br />

Kapitalschutz und Chance auf mehr<br />

Heute sind Anlagen gefragt, die einerseits Kapitalschutz bieten und andererseits dem Anleger<br />

die Chancen auf attraktive Renditen offen halten. Vor diesem Hintergrund lanciert die Credit Suisse<br />

den Man Performance Bond Ltd. Anke Haux, Structured Investments Group<br />

In schwierigen Zeiten wie heute wächst<br />

der Wunsch nach Sicherheit. Dies gilt<br />

besonders im Finanzbereich. Das aktuelle<br />

von Verunsicherungen geprägte Marktumfeld<br />

erschwert gezieltes Investieren.<br />

Gefragt sind heute Sicherheit und Kapitalschutz,<br />

ohne dabei die Möglichkeit von<br />

attraktiven Zusatzrenditen vollends auszuschliessen.<br />

Der neue Man Performance<br />

Bond Ltd. trägt diesem Markttrend Rechnung.<br />

Das Produkt setzt sich im Wesentlichen<br />

aus zwei Bausteinen zusammen: einer<br />

festverzinslichen Anlage und einem Handelsportfolio.<br />

Die festverzinsliche Anlage<br />

stellt die Kapitalrückzahlung am Ende der<br />

Laufzeit (durchschnittlich zwölf Jahre)<br />

von mindestens 120 Prozent des anfangs<br />

investierten Betrags sicher (respektive 100<br />

Prozent für die Franken-Tranche). Die<br />

Rückzahlung wird von einer unabhängigen<br />

Drittpartei garantiert, die über eine ausgezeichnete<br />

Bonität verfügt – das heisst,<br />

von der Ratingagentur Standard & Poors<br />

mit einem AA- bedacht wurde.<br />

Die Rendite des Handelsportfolios stellt –<br />

wie im Chart beschrieben – eine zusätzliche<br />

Gewinnmöglichkeit dar. Bei einer Netto-<br />

Performance, die zehn Prozent übertrifft,<br />

besteht die Möglichkeit, dass Niveau des<br />

Kapitalschutzes in Absprache mit dem<br />

Garantiegeber zu erhöhen (so genannter<br />

Profit Lock-in).<br />

Das Handelsportfolio besteht aus Alternativen<br />

Anlagen. Diese haben sich im<br />

schwierigen Marktumfeld der letzten Monate<br />

bewährt und je nach der Richtung der<br />

Gewinnbringende Sicherheit trotzt dem Marktumfeld<br />

Die Struktur des Man Performance Bond Ltd. besteht aus zwei Bausteinen:<br />

einer festverzinslichen Anlage, welche die Kapitalrückzahlung am Ende der Laufzeit<br />

sicherstellt, und einem Handelsportfolio, welches aus Alternativen Anlagestrategien<br />

besteht und zusätzliche Gewinne erwirtschaften soll. Quelle: CSFS Structured Investments Group<br />

in % Leverage: max. 120%<br />

des Anlagevermögens<br />

170<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

Handelsportfolio:<br />

90<br />

Alternative Anlagestrategien<br />

30%<br />

80<br />

70<br />

60<br />

Festverzinsliche<br />

50<br />

Anlage<br />

40<br />

70%<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Initialinvestition: 100%<br />

Leverage: max. 150%<br />

des Anlagevermögens<br />

Profit Lock-in<br />

Laufzeit: durchschnittlich 12 Jahre. Die Angaben beziehen sich auf die Euro- und die US-Dollar-Tranche.<br />

Potenzielle<br />

Handelsgewinne<br />

Kapitalschutz<br />

EUR/USD:<br />

120% des<br />

ursprünglich<br />

investierten<br />

Betrags<br />

Anke Haux,<br />

Structured<br />

Investments<br />

Group<br />

Märkte werden unterschiedliche Strategien<br />

zum Zugpferd der Rendite des Handelsportfolios.<br />

Dadurch, dass im Portfolio alle<br />

wichtigen Alternativen Strategien enthalten<br />

sind, kann dieses in sehr unterschiedlichen<br />

Märkten attraktive Renditen generieren.<br />

Die Alternativen Anlagestrategien, in die<br />

investiert wird, werden in vier Kategorien<br />

gegliedert: Managed-Futures-Strategien,<br />

Securities Selection (long/short), Event-<br />

Driven-Strategien und Arbitrage-Strategien.<br />

Der Manager des Man Performance Bond<br />

ist die Man Investment Products Ltd.<br />

mit Sitz in Pfäffikon, Schwyz. Sie ist eine<br />

der führenden Firmen im Bereich Alternativer<br />

Anlagestrategien. 1983 gegründet, hat<br />

Man Investment Products Ltd. bisher über<br />

200 Alternative Investmentvehikel lanciert,<br />

viele davon in Zusammenarbeit mit<br />

führenden Finanzinstituten. Auf Grund<br />

der Erfahrung und der Expertise der Man<br />

Investment Products Ltd. bietet das<br />

Anlagevehikel Zugang zu einem Portfolio<br />

Alternativer Anlagen, die von einer Anzahl<br />

ausgesuchter Manager sorgfältig ausgewählt<br />

und permanent überwacht werden.<br />

Die Kombination von Expertise im<br />

Management eines Portfolios Alternativer<br />

Anlagestrategien mit der Sicherheit einer<br />

Kapitalgarantie per Ende der Laufzeit<br />

macht den Man Performance Bond Ltd.<br />

im gegenwärtigen Marktumfeld zu einer<br />

attraktiven Anlagemöglichkeit.<br />

❙<br />

Foto: Martin Stollenwerk<br />

42 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


AKTUELL<br />

ESPRIX feiert<br />

Jubiläum<br />

Der ESPRIX, Schweizer Qualitätspreis für<br />

Business Excellence, wird am Mittwoch,<br />

12. März 20<strong>03</strong>, in Luzern bereits zum fünften<br />

Mal verliehen. Als Hauptsponsor möchte die<br />

Credit Suisse einen Beitrag zur Erhöhung<br />

der Konkurrenzfähigkeit von Schweizer Unternehmen<br />

leisten, denn ESPRIX vermittelt<br />

Impulse für das Streben nach umfassender<br />

Unternehmensqualität und fördert nachhaltige<br />

Spitzenleistungen.<br />

Letztes Jahr gewannen den begehrten<br />

Award die Getreidemühle Minoteries de Plainpalais<br />

SA, Granges-près-Marnand, bei den<br />

KMU sowie die Luzerner Elektronik- und<br />

Elektrofirma Schurter AG bei den Grossunternehmen.<br />

Ebenfalls ausgezeichnet wurden die<br />

beiden KMU Hotel Saratz, Pontresina, sowie<br />

die Pumpenherstellerin Biral AG, Münsingen.<br />

Das attraktive Programm des ESPRIX 20<strong>03</strong> –<br />

Forum für Excellence zum Thema «Erfolgreich<br />

führen im Wandel der Zeit» lohnt einen Gang<br />

nach Luzern in jedem Falle. Neben Bundesrat<br />

Kaspar Villiger referieren Jens Alder, CEO<br />

Swisscom, André Kudelski, CEO Kudelski-<br />

Gruppe, Richard F. Teerlink, ehemaliger CEO<br />

Harley-Davidson, sowie Klaus Kobjoll, Inhaber<br />

Hotel Schindlerhof, Nürnberg.<br />

Anmeldeschluss 24. Februar. Mehr unter<br />

www.esprix.ch (schi)<br />

Wer wird wohl am 12. März den Schweizer<br />

Qualitätspreis für Business Excellence –<br />

den ESPRIX 20<strong>03</strong> – aus Luzern nach Hause tragen?<br />

Nach-Lese<br />

Wer sagt, Elefanten<br />

können nicht tanzen?<br />

Von Louis V. Gerstner Jr., gebundene Ausgabe, 351 Seiten,<br />

etwa 52 Franken, ISBN 3-421-05696-X<br />

«Das Letzte, was IBM braucht, sind Visionen»,<br />

sagte Louis V. Gerstner Jr., als er 1993 seinen<br />

Posten als Exekutivdirektor von IBM antrat. Er<br />

hatte nach einigem Zögern die Herausforderung<br />

angenommen, einen der grössten amerikanischen<br />

Konzerne mit weltweit knapp 320 000 Mitarbeitern<br />

zu retten. In seinem Buch «Wer sagt, Elefanten<br />

können nicht tanzen» schildert er den Kraftakt, mit<br />

dem es ihm innerhalb von zehn Jahren gelang, den heruntergewirtschafteten<br />

Konzern wieder nach oben zu bringen. Eines der grössten<br />

Hindernisse, auf die der Branchenaussenseiter stiess, waren<br />

verkrustete Strukturen auf allen Ebenen und eine «ausserordentliche<br />

Verbohrtheit». In seinem teilweise sehr persönlich gefärbten Rückblick<br />

schildert Gerstner seine Strategie, macht sich Gedanken<br />

zu Unternehmens- und Kommunikationskultur, und prangert – ohne<br />

je die Contenance zu verlieren – die rüpelhaften Verhaltensweisen<br />

in der IT-Branche an. Auch wenn stellenweise eine gewisse<br />

IBM-Propaganda nicht zu überlesen ist, bietet das Buch aufschlussreiche<br />

Lektüre. Ruth Hafen, Redaktion Bulletin<br />

Funky Business<br />

von Jonas Ridderstrale und Kjell Nordström,<br />

broschiert, 252 Seiten, etwa 25 Franken, ISBN 3-426-82360-8<br />

«Marx ist zurück – und er hatte Recht. Die Arbeiter<br />

sollten die wesentlichen Produktionsmittel der<br />

Gesellschaft besitzen. Das tun wir jetzt. Das<br />

wichtigste Produktionsmittel ist klein, grau und<br />

wiegt etwa 1,3 Kilogramm: Es ist das menschliche<br />

Gehirn.» Diese Behauptung stammt von Kjell<br />

Nordström und Jonas Ridderstrale, zwei jungen<br />

Assistenzprofessoren an der Stockholm Business<br />

School. Gemäss den Autoren hängt der Geschäftserfolg von der<br />

Fähigkeit ab, den Intellekt vieler zu vereinigen. Ihre Alternative zum<br />

Konservatismus ist eine Geschäftsrevolution: kreatives Chaos soll<br />

produktiver sein als bürokratische Strukturen. Ihr theoretisches<br />

Modell heisst Funky Inc. und verlangt nach visionären Leadern,<br />

die Chaos nicht nur zulassen, sondern auch schaffen, und zwar in<br />

einem innovativen Umfeld mit hoher Fehlertoleranz. Funky Inc. erfordert<br />

mutige Einzelpersonen, die Risiken eingehen, Regeln brechen<br />

sowie neue schaffen und ihre Kunden überraschen, statt sie nur<br />

zufrieden zu stellen. «Funky Business» ist ein Buch über Geschäfte<br />

und Management mit einem New-Age-Touch; es ist erfrischend<br />

und unkonventionell,sozusagen der Rock ’n’ Roll der Volkswirtschaft.<br />

Maria Dolores Lamas, Analystin Credit Suisse Private Banking<br />

3 Weitere Rezensionen finden sich im Financial Bookshelf<br />

unter www.cspb.com<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 43


AKTUELL<br />

Henri Berchtold (links) und<br />

Daniel Dietrich bieten<br />

massgeschneiderte Lösungen<br />

für eine anspruchsvolle<br />

Kundschaft.<br />

Ein Blick hinter die Bankfassade<br />

«Unser Erfolg ist eine Frage der Glaubwürdigkeit»<br />

Sie sind berühmt oder unbekannt, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere oder im Ruhestand – und sie<br />

alle sind Kunden von Henri Berchtold. Als Leiter des so genannten Sport and Entertainment Desk betreut<br />

er Hochleistungssportler und die Prominenz der Unterhaltungsbranche. Marcus Balogh, Redaktion Bulletin<br />

Brauchen Spitzensportler oder Künstler<br />

wirklich spezielle Betreuung? «Ja, denn<br />

ihre Karrieren haben einige Besonderheiten»,<br />

so Daniel Dietrich, Managing<br />

Direktor der Credit Suisse in Genf. «Beide<br />

Gruppen häufen oft innert kurzer Zeit<br />

ein beträchtliches Vermögen an. Im Unterschied<br />

zu den normalen Kunden des<br />

Private Banking haben sie aber keine über<br />

Jahre etablierte Beziehung zu Vermögensverwaltern<br />

oder Anlageberatern. Und im<br />

Vergleich zu Geschäftsleuten fehlt ihnen in<br />

Geldsachen oft das Know-how.»<br />

Rund ein Dutzend Mitarbeitende der<br />

Credit Suisse in Genf arbeiten an eigens<br />

auf diese Kunden zugeschnittenen<br />

Vermögens- und Versicherungsprodukten.<br />

«Zusammen mit der Interbroke Ltd.,<br />

einem der grössten Broker der bekannten<br />

Londoner Versicherung Lloyd’s, bieten<br />

wir eine ganze Reihe von Spezialversicherungen<br />

an. Sie decken zum Beispiel den<br />

Verlust von Sponsorenverträgen, den Ausfall<br />

von Start- und Siegerprämien, den<br />

Lohnausfall bei Erwerbsunfähigkeit oder<br />

Invalidität und vieles andere mehr ab.»<br />

Leiter des so genannten Sport and<br />

Entertainment Desk ist Henri Berchtold.<br />

Seit Daniel Dietrich 1997 das Konzept des<br />

Sport and Entertainment Desk entwickelt<br />

hat, arbeitet Berchtold sehr erfolgreich<br />

an einem ständig wachsenden Netzwerk aus<br />

Rechtsanwälten, Agenten, Treuhändern,<br />

Trainern, Sportlern und Showbusiness-<br />

Prominenz. Dank dieser Bemühungen ist<br />

das Sport and Entertainment Desk heute<br />

auch in Genf beheimatet. «Die Kontakte<br />

sind das A und O – vorausgesetzt, man ist<br />

glaubwürdig und hält, was versprochen<br />

wurde.» Ein Teil dieser Glaubwürdigkeit<br />

ergibt sich aus der Grösse der Credit Suisse.<br />

Einen anderen steuern die Produkte bei.<br />

«Und schliesslich kommen zwei meiner<br />

Mitarbeiter aus der Sportszene, ein weiterer<br />

hat als Physiotherapeut Spitzensportler<br />

betreut, ein Dritter kann auf Kontakte zur<br />

anglophonen Sportszene zurückgreifen.»<br />

Das allein reicht aber immer noch nicht<br />

aus. Henri Berchtold kennt jeden einzelnen<br />

seiner rund 100 Kunden persönlich. Und<br />

er hat für sie jederzeit ein offenes Ohr.<br />

«Und damit meine ich wirklich jederzeit.<br />

Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Sportler<br />

mitten in der Nacht anruft, weil er grad<br />

am anderen Ende der Welt einen Wettkampf<br />

hat und es bei ihm 15 Uhr ist. Für ihn<br />

ist das eben kein Anruf bei einer Bank,<br />

sondern ein kollegiales Gespräch.»<br />

Im Idealfall knüpft Henri Berchtold den<br />

Kontakt schon ganz zu Beginn einer Laufbahn.<br />

Das erlaubt den Aufbau einer guten<br />

Beziehung und eine frühzeitige finanzielle<br />

und berufliche Planung für die Jahre nach<br />

der Aktivzeit. Diese Taktik erklärt auch die<br />

grossen finanziellen Unterschiede zwischen<br />

Berchtolds Kunden. «Einige haben noch<br />

sehr wenig Geld, dafür grosses Potenzial.<br />

Andere besitzen bereits ein immenses<br />

Vermögen.» Trotzdem muss die eine Gruppe<br />

ebenso persönlich betreut werden wie die<br />

andere. «Denn wen wir als Anfänger nicht<br />

zufrieden stellen, der kommt auch als Star<br />

nicht zu uns. Ausserdem finden die meisten<br />

ihren Weg zu uns durch Mund-zu-Mund-<br />

Propaganda. Wie gesagt, alles beruht auf<br />

persönlichen Kontakten – und es würde<br />

mich nicht wundern, wenn ich die höchste<br />

Handyrechnung der Credit Suisse hätte.» ❙<br />

Foto: Martin Stollenwerk<br />

44 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


AKTUELL<br />

emagazine<br />

Ihr Link zu unserem Know-how: http://www.credit-suisse.com/<strong>bull</strong>etin<br />

Profitieren Sie vom Wissen und von den Erfahrungen unserer Experten.<br />

emagazine bietet kostenlos<br />

p einen wöchentlichen Newsletter mit Beiträgen aus Wirtschaft, Kultur und Sport<br />

p ein umfangreiches Themenarchiv, welches laufend erweitert wird<br />

p einen Shop mit allen wichtigen Publikationen der Credit Suisse<br />

p Videointerviews mit Finanzanalysten, Ökonomen und Wirtschaftsführern<br />

p sämtliche Bulletin-Ausgaben der letzten fünf Jahre<br />

Im Februar 20<strong>03</strong> online:<br />

Invest<br />

Videointerview: Gold als Goldgrube für Anleger?<br />

Die Einstellung gegenüber Gold ist – nach dem Rekordtief im Sommer 1999 – grundsätzlich<br />

wieder positiver geworden. Die latente Terrorangst, Exzesse an den Aktienmärkten und<br />

in der Wirtschaft sowie «Corporate Governance»-Probleme haben Gold wieder zu einem<br />

attraktiven «safe haven» werden lassen. Der Goldkursanstieg war in den letzten Monaten<br />

beträchtlich. Bleibt dies so? Beat Schumacher, Ökonom der Credit Suisse, nimmt Stellung.<br />

Geld und Karriere<br />

Gutes Management ist lernbar<br />

Gerade in den heutigen schwierigen Zeiten sind gute Manager nötiger denn je. Richtiges<br />

Führungsverhalten wird den wenigsten in die Wiege gelegt, ist aber, so Professor Fredmund<br />

Malik von der Universität St. Gallen, lernbar. Malik nahm an einem Online-Forum der Credit<br />

Suisse teil. Dabei wurden ihm Fragen gestellt wie: «Was halten Sie vom Konzept ‹manage<br />

your manager›?» – «Liegt die Verantwortung für bessere Manager bei den Mitarbeitenden?»<br />

Fotos: Patrick Coughlin/Stone, Antonio Mo/Taxi, Alan Powdrill/Taxi, ©Tobias Everke/Swiss Press<br />

Schweizer Wirtschaft<br />

Investitionen in Mehrfamilienhäuser sind 20<strong>03</strong> top<br />

Die neue Studie der Credit Suisse zum Immobilienmarkt zeigt Chancen und Risiken direkter<br />

oder indirekter Immobilienanlagen auf und bietet Investoren eine Vielzahl von Entscheidungshilfen.<br />

So werden 20<strong>03</strong> nur 10 000 Einfamilienhäuser gebaut, während es 1999 noch<br />

30 Prozent mehr waren. Was bedeutet dies für den Investor? Und wie wirkt sich wohl der<br />

Stellenabbau von 30 000 Bürobeschäftigten auf die Büroflächenpreise aus?<br />

Kultur<br />

Maximilian Schell – ein Star mit Familiensinn<br />

Vor kurzem porträtierte «emagazine» die Schwestern Katja und Marielle Labèque. Ein noch<br />

bekannteres kulturell tätiges Geschwisterpaar sind Maximilian und Maria Schell. Schauspieler<br />

und Regisseur Maximilian Schell erwies sich im Gespräch als gewinnende Persönlichkeit<br />

mit viel Familiensinn. Seinen Erfolg führt er auf drei Dinge zurück: Glück, Befolgen der ungeschriebenen<br />

Gesetze Hollywoods und Wissen um die Vergänglichkeit des eigenen Ruhms.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 45


Warten Sie nicht länger auf umfassende Sicherheit.<br />

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von STRADA, der Motorfahrzeugversicherung<br />

der Winterthur. Wir sind für Sie da.<br />

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General Guisan-Strasse 40, 84<strong>01</strong> Winterthur<br />

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Wealth Management<br />

Chancen und Risiken 20<strong>03</strong><br />

Wie offen der Ausgang des Jahres 20<strong>03</strong> ist, illustrieren die höchst<br />

gegensätzlichen Einschätzungen, die heute von renommierten Ökonomen<br />

vertreten werden. Drei Szenarien skizzieren diese Positionen:<br />

I<br />

Mit glaubwürdigen Managemententscheiden werden unternehmerische<br />

Überkapazitäten und Ertragsprobleme angepackt. Das Vertrauen<br />

kehrt langsam wieder zurück und stabilisiert die Konjunkturperspektiven.<br />

Die Unsicherheit über den Ausgang der Irak-Krise nimmt ab und als<br />

Folge des psychologischen Stimmungsumschwungs haussieren die<br />

Aktienmärkte.<br />

II<br />

Schuldenabbau und Rückstellungen für die Lücken zahlreicher<br />

Vorsorgeeinrichtungen reduzieren unternehmerische und private Einkommen.<br />

Kapazitäts- und Stellenabbau belasten das Konsumentenvertrauen<br />

und schliesslich die Immobilienpreise. Weil sich auch im Irak<br />

keine rasche Lösung ergibt, bleibt das Anlegervertrauen vorerst aus. Die<br />

Aktienmärkte tendieren schwächer und Staatsanleihen halten ihre<br />

hohen Kurse.<br />

III<br />

Die wachsende Unterdeckung vieler Pensionspläne löst strengere<br />

Bilanzierungsregeln aus, welche manche Unternehmensergebnisse<br />

nachhaltig belasten. Trotz der schwachen Konjunktur steigt das Zinsniveau<br />

auf Grund wachsender Staatsschulden, wegen des Ölpreisanstiegs<br />

und der expansiven Geldpolitik der letzten Jahre. Das Anlegermisstrauen<br />

nimmt nochmals zu und neben den Aktienmärkten<br />

verzeichnen auch die Obligationenmärkte Kursverluste.<br />

Und nun?<br />

Die reale Rendite auf Geldmarktanlagen ist heute bereits<br />

negativ! An den Aktienmärkten sehen wir immer noch mehr Risiken als<br />

Chancen. Die Obligationenmärkte dürften ihren Höhepunkt dieses<br />

Jahr überschreiten. Die besten Perspektiven bieten heute Alternative<br />

Anlagen und intelligent strukturierte Finanzprodukte.<br />

Strategy<br />

48 Anlagestrategien<br />

Experten der Credit Suisse<br />

schätzen die konjunkturelle<br />

Lage ein, beleuchten Währungen,<br />

Obligationen, Aktien und<br />

Alternative Anlagen.<br />

55 Anlagetipp<br />

Das Global Investment Program<br />

hat im Dezember den Widrigkeiten<br />

des Marktes relativ gut getrotzt.<br />

Topics<br />

56 Phantomrisiken<br />

Schwer kalkulierbare Risiken<br />

stellen Finanzdienstleister vor<br />

neue Herausforderungen.<br />

60 Billigflugfirmen<br />

Das Billigflugsegment boomt<br />

und bricht in Europa traditionelle<br />

Strukturen auf.<br />

63 Kreditvergabe<br />

Neue Eigenkapitalvereinbarung<br />

«Basel II» hat Folgen für KMU.<br />

66 US-Immobilienmarkt<br />

Allen Unkenrufen zum Trotz<br />

steht der amerikanische<br />

Immobilienmarkt nicht vor dem<br />

Abgrund.<br />

Foto: Martin Stollenwerk<br />

Burkhard Varnholt Head Financial Products<br />

69 Aktien<br />

In der gegenwärtigen Aktienflaute<br />

wird die Dividendenrendite für<br />

viele Investoren wieder attraktiver.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 47


Prognosen<br />

Eurosätze (3 Monate)<br />

Ende 2002 aktuell 16.1.20<strong>03</strong> in 3 Monaten 1 in 12 Monaten 1<br />

USA 1.4 1.4 1.4 2.2<br />

EWU 2.9 2.8 2.4 2.6<br />

GB 4.0 4.0 4.0 4.5<br />

Japan 0.1 0.1 0.1 0.1<br />

Schweiz 0.6 0.6 0.8 1.2<br />

Renditen Staatsanleihen (10 Jahre)<br />

USA 3.8 4.2 3.9 4.6<br />

EWU 4.2 4.3 4.3 4.6<br />

GB 4.4 4.5 4.5 4.8<br />

Japan 0.9 0.9 0.9 1.0<br />

Schweiz 2.2 2.4 2.3 2.8<br />

Devisenkurse<br />

USD/EUR 1.05 1.05 1.05 1<br />

JPY/USD 118.79 119.35 120.0 128.0<br />

CHF/EUR 1.45 1.46 1.46 1.47<br />

CHF/USD 1.38 1.39 1.39 1.47<br />

CHF/GBP 2.23 2.22 2.28 2.26<br />

Wirtschaftswachstum<br />

(BIP-Veränderung gegenüber Vorjahr) 20<strong>01</strong> aktuell 2002 1 20<strong>03</strong> 1<br />

USA 0.3 3.2 (Q3/02) 2.4 2.2<br />

EWU 1.5 0.8 (Q3/02) 0.7 1.5<br />

GB 2.0 2.1 (Q3/02) 1.7 2.0<br />

Japan 0.3 1.5 (Q3/02) –0.9 0.7<br />

Schweiz 0.9 0.6 (Q3/02) 0 1.2<br />

Aktienindizes<br />

Ende 20<strong>01</strong> 14.1.20<strong>03</strong> in 12 Monaten 2<br />

USA S&P 500 1148.08 931.66 0<br />

Japan TOPIX 1<strong>03</strong>2.14 845.90 –<br />

Hongkong Hangseng 11397.21 9796.31 0<br />

Deutschland DAX 5160.10 3098.72 0<br />

Frankreich CAC 40 4624.58 3174.<strong>03</strong> 0<br />

Grossbritannien FTSE 100 5217.40 3945.60 0<br />

Italien BCI 1433.36 1139.42 0<br />

Spanien General 824.40 682.16 0<br />

Niederlande AEX 506.78 335.15 0<br />

Schweiz SMI 6417.80 4965.30 0<br />

1 Prognosen 2 Relativ zum MSCI Welt: + Outperformer 0 Marktperformer – Underperformer<br />

Strategische Asset Allocation in CHF<br />

Ausgewogen<br />

Geldmarkt Obligationen Aktien Alternative Anlagen Total<br />

20<br />

10<br />

Schweiz 10.0 35.0 15.0 60.0<br />

Europa (Euro) 3.5 3.5<br />

Europa (ohne EWU) 2.0 2.0<br />

35<br />

Nordamerika 13.0 13.0<br />

35<br />

Asien 1.5 1.5<br />

Gemischt 20.0 20.0<br />

Total 10.0 35.0 35.0 20.0<br />

Im emagazine der Credit Suisse finden Sie viele weitere Wirtschaftsdaten und -informationen: www.credit-suisse.com/emagazine<br />

48 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT STRATEGY<br />

Konjunktur<br />

Bringt die expansive US-Wirtschaftspolitik<br />

die Weltkonjunktur in Schwung?<br />

Beat Schumacher<br />

p Die Vereinigten Staaten übernehmen<br />

einmal mehr die Funktion einer<br />

Konjunkturlokomotive.<br />

p Das Wachstum des privaten Konsums<br />

bleibt vorerst wohl moderat.<br />

Präsident Bush hat jüngst ein neues, vor allem<br />

Steuerkürzungen umfassendes Stimulierungspaket<br />

von 670 Milliarden US-Dollar für die<br />

nächsten zehn Jahre vorgestellt. Zusammen<br />

mit der Zinssenkung von 525 Basispunkten<br />

auf rekordtiefe 1,25 Prozent in den letzen zwei<br />

Jahren ist die Wirtschaftspolitik in den USA<br />

so expansiv wie selten zuvor. Diese stimulierende<br />

Politik steht im Gegensatz zur Lage in<br />

Euroland, wo sich die Europäische Zentralbank<br />

bisher mit Zinssenkungen schwer tat,<br />

und das Maastricht-Korsett keinen Raum<br />

für eine expansive Fiskalpolitik lässt. Einmal<br />

mehr kommt somit die Funktion der Konjunkturlokomotive<br />

den USA zu.<br />

Die Credit Suisse erwartet, dass die in den<br />

letzten Monaten schwächer gewordene Wachstumsdynamik<br />

der Weltwirtschaft aber in der<br />

nächsten Zeit noch gering bleibt. Neben<br />

dem anhaltenden Bereinigungsprozess der<br />

Übertreibungen der Neunzigerjahre ist das<br />

geschwächte Konsumenten- und Unternehmensvertrauen<br />

dafür verantwortlich. Das<br />

Wachstum des privaten Konsums wird vorerst<br />

wohl moderat sein. In den USA verlieren<br />

die bisherigen Stützen (Autoverkäufe und<br />

Refinanzierungsboom am Häusermarkt) an<br />

Bedeutung und in der Eurozone belastet die<br />

anhaltende Unsicherheit am Arbeitsmarkt.<br />

Bei den Unternehmensinvestitionen ist eine<br />

gewisse Stabilisierung zu beobachten. Eine<br />

Belebung ist aber erst im zweiten Halbjahr<br />

wahrscheinlich, befindet sich die Kapazitätsauslastung<br />

doch noch immer auf einem tiefen<br />

Niveau. Bei einer baldigen Lösung des Irak-<br />

Konflikts würde der Erdölpreis dank dem Wegfall<br />

der Kriegsunsicherheit fallen und die allgemeine<br />

Stimmung sich verbessern. Zusammen<br />

mit den tiefen Zinsen würde dies eine<br />

spürbare Konjunkturerholung ermöglichen.<br />

Wirtschaftsdynamik in den USA, in Europa und Japan<br />

Die Erholung wird noch eine Weile auf sich warten lassen<br />

Das in den letzten Monaten schwächer gewordene Wachstum wird in der nächsten Zeit wohl kaum<br />

radikal an Dynamik gewinnen. Immer noch steht ein Prozess der Bereinigung der Übertreibungen der<br />

Neunzigerjahre an, ausserdem ist das Konsumenten- und Unternehmensvertrauen nach wie vor wacklig.<br />

6-Monats-Veränderung in %<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

–2<br />

–4<br />

–6<br />

Foto: Martin Stollenwerk<br />

–8<br />

–10<br />

Quelle: Datastream<br />

1995 1996 1997 1998 1999 2000 20<strong>01</strong> 2002<br />

USA Europa Japan<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 49


Aktien<br />

Das Börsentief zieht nur langsam ab<br />

Bernhard Tschanz<br />

p Einiges deutet darauf hin,<br />

dass Mitte 20<strong>03</strong> die lang ersehnte<br />

Börsenwende kommen könnte.<br />

p Die besseren konjunkturellen<br />

Perspektiven sprechen<br />

für amerikanische Aktien.<br />

Die globalen Aktienmärkte verzeichneten<br />

2002 zum dritten Mal in Folge Indexrückschläge.<br />

Das war seit der grossen Depression<br />

von 1929 bis 1933 nicht mehr der Fall.<br />

Und dennoch: Das neue Jahr an den Finanzmärkten<br />

mag zwar noch jung sein, die Themen<br />

sind die Alten geblieben. So bieten die<br />

unverändert hohen politischen und konjunkturellen<br />

Risiken, der schwache US-Dollar und<br />

die kräftig gestiegenen Erdöl- und Goldpreise<br />

kein ideales Umfeld für eine rasche, markante<br />

und dauerhafte Börsenerholung. Sie<br />

sprechen im Gegenteil sogar dafür, dass sich<br />

die hohen Indexschwankungen der zweiten<br />

Jahreshälfte 2002 auch im ersten Semester<br />

des laufenden Jahres wiederholen könnten.<br />

Der S&P 500 generierte damals nach vorhergehenden<br />

Börsenkorrekturen allein im<br />

Juli/August und im Oktober/November zwei<br />

Börsenrallys mit über 20 Prozent Indexanstieg.<br />

Der aggressive Policy-Mix der USA, der eine<br />

stark expansive Geld- und Fiskalpolitik zeigt,<br />

könnte dann aber gegen Mitte 20<strong>03</strong> durchaus<br />

die lang ersehnte Börsenwende einleiten.<br />

Eine V-förmige Börsenerholung ist indes<br />

wenig wahrscheinlich. Die Credit Suisse geht<br />

vielmehr davon aus, dass auf Grund der<br />

ungelösten strukturellen Probleme der Weltwirtschaft<br />

und vieler Unternehmen nur eine<br />

prozentual einstellige, aber positive Anlagerendite<br />

erzielbar ist. Zuerst müsste wohl aber<br />

die Unsicherheit über den Ausgang der<br />

Irak-Krise beseitigt werden. Dazu wäre eine<br />

politisch überzeugende Lösung oder eine<br />

militärisch rasch erfolgreiche Intervention<br />

notwendig. Diese würden zu rückläufigen<br />

Erdölpreisen führen und zusammen mit den<br />

dann freundlich tendierenden Finanzmärkten<br />

das Konsumentenvertrauen und letztlich das<br />

Wirtschaftswachstum stärken.<br />

SMI, Euro Stoxx, S&P 500, Nasdaq<br />

An den Börsen geht es weiterhin bergab<br />

Nach der monatelangen Talfahrt im letzten Jahr erholten sich die Börsen gegen Jahresende kurzfristig.<br />

Doch die lang ersehnte Börsenwende dürfte noch bis Mitte 20<strong>03</strong> auf sich warten lassen.<br />

120<br />

Indexpunkte<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

2000<br />

J<br />

Quelle: Datastream<br />

FMA<br />

MJ J<br />

20<strong>01</strong><br />

A S O N D J FM<br />

A M<br />

SMI<br />

S&P 500 Composite<br />

2002<br />

J J A S O N D J FM<br />

A M<br />

DJ Euro Stoxx 50<br />

Nasdaq Composite<br />

20<strong>03</strong><br />

J J A S O N D J<br />

Foto: Martin Stollenwerk<br />

50 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT STRATEGY<br />

Obwohl die US-Börse deutlich höher bewertet<br />

ist als die europäischen Aktienmärkte,<br />

bleibt die Credit Suisse angesichts der besseren<br />

konjunkturellen Perspektiven zumindest<br />

für die nächsten Monate bei ihrer Präferenz<br />

für US-Aktien. Die jüngste Schwächeneigung<br />

des US-Dollars hat das Vertrauen in die<br />

Konkurrenzfähigkeit der US-Unternehmen<br />

und deren besseres Gewinnmomentum<br />

zusätzlich gestärkt. Die diskutierte Steuerbefreiung<br />

der Dividendenausschüttungen würde<br />

ebenfalls positiv wirken. Nichts geändert<br />

hat sich an der negativen Einschätzung der<br />

japanischen Börse.<br />

Defensive Branchen wie Nahrungsmittel,<br />

Getränke oder Tabak bekunden zusehends<br />

Mühe, die seit längerer Zeit gezeigte gute<br />

relative Performance aufrechtzuerhalten.<br />

Trotzdem sollten sie auf Grund der oben erwähnten<br />

Risiken nicht vernachlässigt werden,<br />

mit Akzent auf Wachstum. Hier bieten sich<br />

primär Pharma und Medizinaltechnik (Pfizer,<br />

Aventis, Centerpulse) an. Für ein deutliches<br />

Aufstocken der zyklischen Titel ist es noch<br />

zu früh. Die Selektion von Unternehmen mit<br />

einem starken Cashflow ist hier besonders<br />

wichtig.<br />

Die Credit Suisse favorisiert Aktien aus<br />

den Branchen Papier (Stora Enso), Spezialitätenchemie<br />

(Lonza, DSM) und Software<br />

(Microsoft, SAP). Im Finanzbereich sind eher<br />

defensive Banken wie die Royal Bank of<br />

Scotland den Versicherern vorzuziehen.<br />

Länder-, Branchen- und Titelpräferenzen<br />

Nun müssen auch defensive Branchen mit Gegenwind rechnen<br />

Auch defensive Branchen wie Nahrungsmittel, Getränke oder Tabak bekunden zusehends Mühe, die bis anhin gute<br />

relative Performance weiterhin aufrechtzuerhalten.<br />

Europa Schweiz Nordamerika Japan Asien ohne Japan<br />

Länder Frankreich Korea<br />

Thailand<br />

Sektoren (regional) Versorger Medizinaltechnik Gesundheitswesen, Energie Gesundheitswesen Versorger<br />

Finanzwerte, Industrie Präzisionsgüter Transport<br />

Telekommunikation Automobil<br />

Sektoren (global) 1<br />

Fluglinien/Verkehr (–) China Southern Airlines<br />

Automobil (0) Peugeot Nissan Motor<br />

Banken (0) Royal Bank of Scotland UBS Wells Fargo & Co Kookmin Bank<br />

Rohstoffe (0)<br />

Chemie (0) DSM Lonza Dow Chemicals<br />

Baugewerbe (0)<br />

Verbrauchsgüter (0) The Swatch Group I Kao, Shiseido<br />

Energie (–) ENI Chevron Texaco<br />

Maschinenbau/<br />

Lockheed Martin<br />

Elektrotechnik (0) Caterpillar<br />

Getränke(–)/Nahrungsmittel (0) Danone Nestlé N<br />

Tabak (0)<br />

Versicherungen (0) Generali Swiss Re<br />

IT-Services/Software (0) SAP Microsoft<br />

Medien (–)<br />

Gesundheitswesen (+) Aventis Serono Johnson & Johnson Takeda Chemical<br />

Centerpulse<br />

Amgen<br />

Papier & Zellstoff (0)<br />

Immobilien (0) Wharf Holdings Ltd.<br />

Detailhandel (–) Wal-Mart<br />

Technologie-Hardware (0) Canon, Sharp<br />

Halbleiter (0) Samsung Electr.<br />

Telecom-Ausrüster (+) Alcatel<br />

Telecom-Dienstleister (0) Tele Danmark (TDC) BellSouth<br />

Versorger (+) RWE Huaneng Power<br />

Übrige (–)<br />

Empfohlene Anlagefonds: Mellon Asian Equity Pfl A USD, CS EF Global Pharma, Cordius Inv Euro Corp Bonds, ING (L) Renta Fd Corp USD P Cap<br />

Weitere Fonds unter www.fundlab.com<br />

1 Relativ zum MSCI Welt: + Outperformer 0 Marktperformer – Underperformer<br />

Quelle: CSPB, Stand 27.1.<strong>03</strong><br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 51


Obligationen<br />

Zwischen Konjunkturhoffen<br />

und Kriegsbangen<br />

Anja Hochberg<br />

p Wirtschaft und Finanzmärkte warten<br />

auf eine Lösung des Irak-Konflikts.<br />

p Die anhaltend tiefe Inflation stützt<br />

die Bondmärkte.<br />

Die internationalen Finanzmärkte gehen in<br />

kaum veränderter Ausgangsposition in das<br />

Ertragsrennen des neuen Jahres. Nach wie<br />

vor schwebt das Damoklesschwert des Irak-<br />

Konfliktes über der weltpolitischen Lage und<br />

beeinflusst die konjunkturentscheidende<br />

Stimmung bei den Wirtschaftsakteuren. Insbesondere<br />

in den USA setzt man mit Hilfe von<br />

geld- und fiskalpolitischen Anreizen auf eine<br />

Verbesserung der Rahmenbedingungen. Erst<br />

mit einer Lösung des Irak-Konfliktes können<br />

freilich die Wachstumskräfte in der US-Wirtschaft<br />

zum Tragen kommen. Eine Zinswende,<br />

lange bevor die US-Wirtschaft nach überstandener<br />

Irak-Krise wieder mit nachhaltigen<br />

Wachstumsraten aufwarten kann, braucht<br />

der Bondanleger in den nächsten Monaten<br />

jedoch kaum zu befürchten.<br />

Schützenhilfe für ein weiterhin attraktives<br />

Investitionsumfeld erhalten Obligationen durch<br />

die tiefe Teuerung, die allerdings zum grössten<br />

Teil zyklischer Natur ist. Der entlastende<br />

Effekt der niedrigen Inflation wird in den<br />

kommenden Monaten noch durch die expansive<br />

Geldpolitik der wichtigsten Notenbanken<br />

verstärkt werden.<br />

Zentralbanken nutzen Spielraum<br />

Das Fed wird angesichts der fragilen weltpolitischen<br />

Situation und der wackligen<br />

Konjunktur an seiner lockeren Geldpolitik<br />

festhalten und erst in einem stabilen Konjunkturumfeld<br />

die Leitsätze wieder anheben.<br />

Die Europäische Zentralbank verfügt sogar<br />

noch über zusätzlichen Zinssenkungsspielraum.<br />

Die anhaltend impulsarme Binnenkonjunktur,<br />

die insbesondere in Deutschland<br />

die Gemüter bewegt, sowie Teuerungsraten,<br />

die bald wieder ins Zielband der Europäischen<br />

Zentralbank zurückgleiten, dürften hier<br />

noch im Frühjahr eine Zinssenkung auf ein<br />

historisches Tief zur Folge haben. Bis zum<br />

Frühsommer 20<strong>03</strong> geht daher die ausgeprägte<br />

politische und wirtschaftliche Unsicherheit<br />

mit seitwärts tendierenden Zinsen<br />

einher.<br />

Kriegsgefahr bannt Wachstumskraft<br />

Langfristzinsen auf historischem Tiefstand<br />

Trotz überwundener US-Rezession verharren die Zinsen auf tiefem Niveau. Politische Unsicherheiten,<br />

schwunglose Konjunktur und tiefe Inflation lassen in den nächsten Monaten kaum Zinsdruck aufkommen.<br />

9<br />

Rendite10-jährige Staatsanleihen in %<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1995<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

1996<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

1997<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

1998<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

1999<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

2000<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

20<strong>01</strong><br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

2002<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>.<br />

<strong>01</strong>.05.<br />

<strong>01</strong>.09.<br />

<strong>01</strong>.<strong>01</strong>. 20<strong>03</strong><br />

Quelle: Bloomberg<br />

USA<br />

Deutschland<br />

Schweiz<br />

52 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT STRATEGY<br />

Währungen<br />

Irak-Konflikt setzt Franken unter<br />

Aufwertungsdruck<br />

Marcus Hettinger<br />

p Der Schweizer Franken notiert wegen<br />

des Irak-Konflikts so stark wie zuletzt<br />

im Mai 1999.<br />

p Das attraktive Zinsniveau sowie das<br />

robuste Wirtschaftswachstum stützen<br />

die Dollarblockwährungen.<br />

Die Abschwächung des Schweizer Frankens<br />

im November war nur von kurzer Dauer. Mit<br />

den gestiegenen geopolitischen Risiken und<br />

einer möglichen militärischen Intervention im<br />

Irak stellt der Franken wieder einmal seine<br />

Rolle als traditionell sicherer Hafen unter<br />

Beweis. Der stärkere Franken dämpft einerseits<br />

die Auswirkungen des gestiegenen<br />

Erdölpreises und verringert somit die Wahrscheinlichkeit<br />

einer Inflation in der Schweiz.<br />

Auf der anderen Seite verschlechtert sich die<br />

preisliche Wettbewerbsposition exportorientierter<br />

Branchen (zum Beispiel des Tourismus).<br />

Offenbar nehmen die Märkte eine militärische<br />

Intervention im Irak bereits heute vorweg,<br />

womit vorerst ein weiteres deutliches Erstarken<br />

des Frankens begrenzt sein dürfte. Länge,<br />

Dauer und Erfolg einer allfälligen Intervention<br />

im Irak dürften jedoch für die weitere Wechselkursentwicklung<br />

entscheidend sein. Zum<br />

Vergleich bietet sich die Entwicklung des<br />

Frankenkurses während des Irak-Krieges<br />

Anfang der Neunzigerjahre an. Die Grafik zeigt,<br />

dass der Franken deutlich schwächer wurde,<br />

als der Markt begann, einen erfolgreichen<br />

Ausgang des Konflikts zu erwarten.<br />

Spiegelbildlich zur Entwicklung des Schweizer<br />

Frankens dürfte der US-Dollar – bedingt<br />

auch durch die noch gemischten Wachstumsperspektiven<br />

und das tiefe Zinsniveau – vorerst<br />

unter Druck bleiben. Dies sollte jedoch nicht<br />

darüber hinwegtäuschen, dass auch in der<br />

Eurozone die Aussichten alles andere als rosig<br />

sind. Der begrenzte Spielraum der Fiskalpolitik<br />

sowie die die Konsumlust dämpfende hohe<br />

Arbeitslosigkeit werden in Euroland für keine<br />

grossen Wachstumssprünge sorgen. Vor diesem<br />

Hintergrund dürften Währungen, die über<br />

einen Zinsvorteil gegenüber dem US-Dollar<br />

und ein robustes gesamtwirtschaftliches<br />

Wachstum verfügen, eine gute Performance<br />

aufweisen. In dieser Kategorie sind die «Rohstoffwährungen»<br />

australischer, neuseeländischer<br />

und kanadischer Dollar zu finden.<br />

Historische Zyklen des Schweizer Frankens<br />

Schweizer Franken traditionell sicherer Hafen<br />

Ähnlich wie 1991 wertet sich der Schweizer Franken auch im gegenwärtigen Umfeld geopolitischer<br />

Unsicherheit auf. Die militärische Intervention schwächte den Franken 1991 jedoch in der Folge<br />

innerhalb weniger Monate deutlich.<br />

Index (419 Tage vor militärischer Intervention = 100)<br />

110<br />

Irak besetzt Kuwait<br />

2.8.90<br />

105<br />

Beginn Luftangriffe<br />

17.1.91<br />

100<br />

95<br />

90<br />

85<br />

80<br />

75<br />

Fotos: Martin Stollenwerk<br />

70<br />

–419<br />

–359<br />

–299<br />

–239<br />

–179<br />

–119<br />

–59<br />

CHF/USD Zyklus 1990/91<br />

CHF/USD Zyklus 2002/<strong>03</strong><br />

1<br />

61<br />

121<br />

181<br />

241<br />

3<strong>01</strong><br />

Tage<br />

Quelle: Bloomberg, CSPB<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 53


Alternative Anlagen<br />

Hedge Funds können sich<br />

Unsicherheiten zunutze machen<br />

Patrick Husistein<br />

p Bei den Hedge Funds<br />

zeichnet sich im ersten Quartal<br />

eine vorsichtige und fragile<br />

Erholung ab.<br />

p Die Performance der wichtigen<br />

Long/Short Equity Funds<br />

wird sich im ersten Halbjahr<br />

langsam erholen.<br />

Vielen Anlegern und Managern wird das<br />

Jahr 2002 in schlechter Erinnerung bleiben.<br />

Die Investoren verloren grosse Teile ihres<br />

Anlagevermögens und die regelmässigen<br />

negativen Schlagzeilen hinterliessen einen<br />

schalen Geschmack.<br />

Auch die meisten Hedge Funds Manager<br />

sahen sich im letzten Jahr mit einem schwierigen<br />

Marktumfeld konfrontiert, wobei vor<br />

allem die beiden letzten Monate ein sonst<br />

enttäuschendes Jahr retteten. Im Vergleich<br />

zu den traditionellen Aktienindizes gelang es<br />

den meisten Hedge Funds aber, ihr Kapital zu<br />

bewahren, und einzelne Strategien verzeichneten<br />

sogar zweistellige Zuwachsrenditen.<br />

Wie bei traditionellen Anlagen wird das<br />

Verhalten der Hedge Funds Manager im<br />

ersten Quartal des neuen Jahres besonders<br />

durch die Situation im Nahen Osten und die<br />

Folgen daraus bestimmt werden. Im Gegensatz<br />

zu Managern von traditionellen Investments<br />

liegt aber eine Stärke der Hedge<br />

Funds Manager gerade darin, von diesen<br />

Unsicherheiten profitieren zu können. Im Allgemeinen<br />

ist mit einer fortsetzenden, wenn<br />

auch fragilen und heterogenen Erholung in<br />

den verschiedenen Strategien zu rechnen.<br />

Für die volumenmässig grösste Strategie<br />

Long/Short Equity ist vorsichtiger Optimismus<br />

angesagt. Voraussetzungen für ein gutes<br />

Quartal werden ein stabiles Marktumfeld und<br />

sich an Fundamentaldaten orientierende<br />

Investoren sein. Gefahren drohen vor allem<br />

von kurzfristigen volatilen Marktveränderungen.<br />

Ab der zweiten Jahreshälfte rechnet die<br />

Credit Suisse mit einem stabilen Wachstum.<br />

Eine andere weit verbreitete Strategie<br />

zielt darauf ab, durch Beteiligungen an Unternehmen,<br />

die sich in finanziellen Schwierigkeiten<br />

befinden, Profite zu erzielen (Distressed<br />

Securities). Auch hier wird sich<br />

die im vierten Quartal 2002 begonnene<br />

Erholung weiter fortsetzen. Eine geringere<br />

Volatilität, eine sich verbessernde Kreditsituation<br />

und eine steigende Nachfrage nach<br />

Eigenkapital von Firmen versprechen interessante<br />

Renditen für Manager, die diese<br />

Strategie verfolgen.<br />

Performance von Hedge-Fund-Strategien<br />

Ein letztes Aufbäumen zum Jahresende 2002<br />

Dank der überdurchschnittlich guten Monate November und Dezember konnten die meisten Hedge Funds<br />

über das ganze Jahr 2002 gesehen das Kapital bewahren oder gar vermehren.<br />

Managed Futures<br />

Long/Short<br />

Global Macro<br />

Fixed Inc Arb<br />

Event-Driven<br />

Equity Mkt Ntrl<br />

Emerging Markets<br />

Convertible Arbitrage<br />

CSFB/Tremont<br />

Hedge Fund Index<br />

in %<br />

–0.20 0.00 0.20 0.40 0.60 0.80 1.00 1.20 1.40 1.60 1.80<br />

Durchschnittliche monatliche Rendite<br />

November bis Dezember 2002<br />

Durchschnittliche monatliche Rendite<br />

Jahr 2002<br />

Quelle: CSFB/Tremont Hedge Fund Index<br />

54 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT STRATEGY<br />

Anlagetipp 20<strong>03</strong><br />

«Mit dem Global Investment Program<br />

sind wir optimal positioniert»<br />

Credit Suisse Investmentexperte Pascal Pernet nimmt erstmals Stellung zur Performance seines<br />

Anlagetipps 20<strong>03</strong>, des Global Investment Program (GIP). Interview: Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />

Fotos: Martin Stollenwerk<br />

«Beim GIP fällen erfahrene externe<br />

Profis die wichtigen Entscheide für<br />

den Kunden.»<br />

Pascal Pernet, Financial Products<br />

Daniel Huber Wie hat sich Ihr Anlagetipp, das<br />

Global Investment Program, kurz GIP,<br />

in den vergangenen zwei Monaten entwickelt?<br />

Pascal Pernet Wir sind zufrieden. Die Performance<br />

der verschiedenen Anlagestrategien<br />

des GIP lag über dem Benchmark.<br />

Wenn Sie besser als der Benchmark sagen,<br />

heisst besser als die traditionellen Anlagekategorien.<br />

Aber absolut gesehen handeln<br />

die GIP-Units zurzeit negativ. Was sagen Sie<br />

dazu? Tatsächlich sind wir absolut gesehen<br />

unter dem Strich leicht negativ, aber in<br />

diesem Umfeld war auch keine positive<br />

Rendite zu erwarten. Trotzdem blicken wir<br />

optimistisch in die Zukunft.<br />

Und wie kommt das? Einerseits hat die Anlagestrategie<br />

eine grosse Resistenz gegenüber<br />

den Marktgegebenheiten bewiesen.<br />

Auf der anderen Seite sind wir mit dem GIP<br />

optimal positioniert. Wir halten uns verschiedene<br />

Möglichkeiten offen, um an den<br />

Entwicklungen, die sich zurzeit an den<br />

Finanzmärkten abzeichnen, gewinnbringend<br />

teilzunehmen.<br />

Die da wären? Wir gehen davon aus, dass<br />

sich die Aktienmärkte im ersten Halbjahr<br />

wegen der schwierigen Situation im<br />

Mittleren Osten weiter unsicher verhalten<br />

werden und erst danach eine positive<br />

Entwicklung einsetzt.<br />

Somit gehen heute, Anfang Februar 20<strong>03</strong>,<br />

die Finanzmärkte ganz klar vom Ausbruch<br />

eines Krieges im Irak aus? Die Art und Weise,<br />

wie die Optionen in den letzten Wochen<br />

positioniert wurden, sprechen eine deutliche<br />

Sprache. Es gibt Erhebungen, die zeigen,<br />

dass die Aktienmärkte zu 80 Prozent von<br />

einem Ausbruch des Krieges und einer relativ<br />

kurzen Kriegsdauer von wenigen Monaten<br />

ausgehen.<br />

Und was passiert mit dem GIP, wenn der Krieg<br />

nicht ausbricht? Das wäre natürlich in jeder<br />

Hinsicht besser. Für einen Investor ist die<br />

Alternative zum GIP, sein Portfolio selbst zu<br />

bewirtschaften und somit alle Entscheide<br />

selber zu fällen. Tendenziell kommen private<br />

Investoren aber immer zu spät, weil ihnen<br />

Relative Performance im Dezember 2002<br />

GIP März 2002 deutlich besser als der Benchmark<br />

GIP März Income<br />

Die GIP-Income-Tranche übertraf den Vergleichsindex<br />

im Monat Dezember 2002 deutlich. Das gute<br />

Ergebnis ist hauptsächlich auf die bessere<br />

Rendite der Alternativen Anlagen zurückzuführen.<br />

Diese sind je nach GIP-Anlagestrategie mit<br />

21 bis 24 Prozent gewichtet.<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

–0.5<br />

–1<br />

–1.5<br />

–2<br />

–2.5<br />

–3<br />

in %<br />

Dezember 2002 –<br />

Performance GIP Income vs. Benchmark<br />

CHF EUR<br />

Benchmark<br />

USD<br />

weniger Informationen zur Verfügung stehen<br />

und sie weiter vom Marktgeschehen entfernt<br />

sind. Beim GIP nehmen externe Profis<br />

den Kunden genau diese Entscheide ab.<br />

Nehmen wir noch den Fall, der Krieg bricht<br />

aus, zieht sich aber wider Erwarten in die<br />

Länge. Welche Folgen hätte das für das GIP?<br />

In diesem Fall ist es Sache unseres Investitionsausschusses<br />

zu entscheiden, wie die<br />

Zusammensetzung des GIP verändert<br />

werden soll und ob beispielsweise der Aktienanteil<br />

heruntergefahren wird oder nicht.<br />

Gibt es Pläne, eine weitere Tranche von GIP-<br />

Units zu lancieren? Tatsächlich ist es so,<br />

dass wir auf Grund der grossen Nachfrage<br />

in diesem März eine weitere GIP-Tranche<br />

auf den Markt bringen.<br />

GIP März Growth<br />

Im Monat Dezember 2002 hat die Growth-Tranche<br />

in einem schwierigen Marktumfeld eine positive<br />

relative Rendite erwirtschaftet. Mit 39 bis 41 Prozent<br />

Aktienanteil ist diese Strategie die meistgewichtete.<br />

Die Alternativen Anlagen sind mit ungefähr<br />

24 Prozent vertreten.<br />

Dezember 2002 –<br />

Performance GIP Growth vs. Benchmark<br />

1<br />

0<br />

–1<br />

–2<br />

–3<br />

–4<br />

–5<br />

–6<br />

–7<br />

in %<br />

CHF EUR USD<br />

Benchmark<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 55


Früher war vieles einfacher, die Risiken waren kalkulierbarer<br />

Es besteht ein Zusammenhang zwischen Risiken und Gefahren einerseits und dem Entwicklungsstand<br />

einer Gesellschaft und deren Wirtschaft anderseits. Waren in der vorindustriellen Gesellschaft Risiken<br />

noch eher einfach zu berechnen, sind sie in der modernen Risikogesellschaft zu schwer bis gar nicht<br />

kalkulierbaren Ausmassen angewachsen. Quelle: Credit Suisse Economic & Policy Consulting, in Anlehnung an Treibel<br />

Vorindustrielle Gesellschaft<br />

Industriegesellschaft<br />

Risikogesellschaft<br />

Vorherrschender<br />

Gefahren- bzw. Risikotyp<br />

Naturkatastrophen,<br />

Seuchen<br />

Begrenzte, von Menschen<br />

verursachte Unfälle<br />

(z.B. Fabriken)<br />

Unbegrenzte, von Menschen<br />

verursachte Unfälle,<br />

Phantomrisiken<br />

Verantwortung<br />

Vermutet bei<br />

transzendentalen Mächten<br />

Zurechenbar<br />

Schwer zurechenbar<br />

Kalkulierbarkeit<br />

Gegeben<br />

(Risiko = Schadenausmass x Eintretenswahrscheinlichkeit)<br />

Fraglich bis nicht gegeben<br />

56 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Fortschritt birgt auch Risiken<br />

Technischer Fortschritt ist immer auch mit Risiken verbunden. Dort, wo die Technikbegeisterung in Skepsis<br />

und Bedenken umschlägt, taucht das Phänomen der so genannten Phantomrisiken auf. Allein schon<br />

Verdachtsmomente können unabsehbare Folgen haben. Cesare Ravara und Thomas Enz, Economic & Policy Consulting<br />

Foto: Martin Barraud/Stone<br />

Unser heutiger Wohlstand basiert massgeblich<br />

auf den innovativen Leistungen vorangegangener<br />

Generationen. Doch Innovation<br />

ist risikobehaftet. Sie ist häufig das Resultat<br />

naturwissenschaftlicher Forschung und Experimente.<br />

Die Menschen nahmen das Risiko<br />

in Kauf und züchteten zum Beispiel aus<br />

Gräsern Getreidepflanzen oder aus wilden<br />

Tieren Haus- und Nutztiere. Aus Mikroorganismen<br />

wie Bakterien und Schimmelpilzen<br />

entwickelten sie Lebensmittel, Medikamente<br />

oder Waschmittel, aus Wasser- und Windkraft<br />

erzeugten sie Energie, oder sie nutzten<br />

physikalische Gesetze zur Entwicklung von<br />

Verkehrsträgern. Damit Innovation sich auszahlt,<br />

muss sie in nutzbringende Produkte<br />

und Dienstleistungen einfliessen. Je höher<br />

der Wohlstand, desto mehr hat ein Individuum<br />

beziehungsweise die Gesellschaft aber zu<br />

verlieren. Entsprechend gross ist das Sicherheitsbedürfnis.<br />

Dies drückt sich darin aus,<br />

dass die Ausgaben für Risikoforschung,<br />

Schadensprävention und Risikodeckung<br />

(Versicherungen) parallel zur Wirtschaftskraft<br />

3 Weitere Informationen zum Thema finden<br />

Sie im Economic Briefing Nummer 31<br />

«Phantomrisiken – real und relevant». Es ist<br />

verfügbar auf dem Internet unter<br />

www.credit-suisse.com/shop unter «economics».<br />

steigen. Innovationen sind somit erst dann<br />

marktfähig, wenn sie auch gesellschaftlichen<br />

Sicherheitsvorstellungen entsprechen.<br />

Technischer Fortschritt und naturwissenschaftliche<br />

Erkenntnisse eröffnen neue Möglichkeiten<br />

und beeinflussen Zeitgeist und<br />

Wertvorstellungen. Wie die Globalisierung,<br />

Deregulierung und Liberalisierung löst auch<br />

dieser Wandel Anpassungsprozesse aus,<br />

die Chancen und Gefahren in sich bergen.<br />

Weder die Anpassungsprozesse noch die<br />

durch sie hervorgebrachten Chancen und<br />

Gefahren sowie deren Verteilung unter den<br />

Individuen lassen sich jedoch genau vorhersagen.<br />

Gesellschaft und Wirtschaft unterstehen<br />

dem so genannten Änderungsrisiko.<br />

Wenn das Eintreten und das Ausmass von<br />

Chancen und Gefahren eines Entscheides,<br />

einer Handlung oder einer Neuerung nicht mit<br />

absoluter Sicherheit (wie sicher ist sicher?)<br />

bestimmt werden können, sondern nur mit<br />

einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dann<br />

sind die dafür aufgewendeten Mittel risikobehaftet.<br />

Dies gilt sowohl für die Nutzung<br />

industrieller Güter, den Einsatz von Produk-<br />

tionsanlagen, die Energiegewinnung, den<br />

Verkehr, die Luftfahrt, den Transport, die<br />

Pharma- und Chemieindustrie als auch für<br />

die Bildung von Ballungszentren mit hohem<br />

Verletzlichkeitspotenzial oder die Ausbreitung<br />

der Zivilisation in gefährdete Gebiete.<br />

Biotechnologie im Brennpunkt der Debatte<br />

In der Biotechnologie werden die biologischen<br />

Eigenschaften und Fähigkeiten von<br />

Mikroorganismen durch verschiedene naturwissenschaftliche<br />

Disziplinen erforscht.<br />

Die Gentechnologie ist eine davon. Sie<br />

erforscht, zerlegt und verändert gezielt die<br />

Änderungsrisiken sind Teil des Bank- und Versicherungsgeschäfts<br />

Die Assekuranz deckt Schäden aus unvorhergesehenen, aber kalkulierbaren Ereignissen.<br />

Dadurch ermöglicht sie risikobehaftete private und unternehmerische Entscheide. Die<br />

Banken tragen durch die Entgegennahme von Ersparnissen und die Vergabe von Krediten<br />

so genannte Zinsänderungs-, Kredit- und Zinsausfallrisiken. Durch Dienstleistungen, wie<br />

Finanzierungsberatung, Vermögensverwaltung, Emission von Wertpapieren, Handel mit<br />

Wertschriften und Devisen, leisten Banken einen wesentlichen Beitrag zur Optimierung<br />

des Kapitaleinsatzes.<br />

Banken und Versicherungen, aber auch private und institutionelle Investoren diversifizieren<br />

ihre Anlage- und Geschäftsportefeuilles entsprechend ihren Renditezielen und ihrer Risikoneigung.<br />

Die erwartete Rendite einer Investition hängt vom geschätzten Gegenwartswert<br />

der zukünftigen, risikobereinigten Zahlungsströme ab. Diese unterliegen nicht nur<br />

wirtschaftlichen Entwicklungs- und Anpassungsszenarien, sondern auch den nebenan<br />

beschriebenen gesellschaftlichen Änderungsrisiken. Das Sicherheitsdenken manifestiert<br />

sich zum Beispiel in den durch die Aufsichtsbehörden den Banken auferlegten Eigenmittelunterlegungsvorschriften,<br />

im Ausbau des Konsumentenschutzes, in der Ausweitung von<br />

Haftpflichten oder in der Ausbreitung von Sammelklagen. Wie Risiko definiert und im Wandel<br />

der Zeit neu bewertet wird, und welche Grundstimmungen gegenüber Neuerungen in der<br />

Gesellschaft vorherrschen, kann praktische Auswirkungen auf die Politik, den Einsatz und<br />

die Rendite von Ressourcen haben. Für Banken und Versicherungen sowie deren Kunden<br />

sind dies wesentliche Entscheidungsgrundlagen. Gesellschaftliche Änderungsrisiken sind<br />

Teil des Geschäftsrisikos von Banken, Versicherungen und Investoren.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 57


Erbsubstanz von Organismen. Dadurch werden<br />

neue genetische Variationen entwickelt,<br />

die dem Menschen dienen sollen. Gentechnik<br />

und Fortpflanzungsmedizin dürfen nicht<br />

miteinander verwechselt werden, obschon<br />

im Bereich der vorgeburtlichen Diagnostik<br />

Berührungspunkte bestehen.<br />

Bio- und gentechnologische Erkenntnisse<br />

dienen heute der Herstellung zum Beispiel<br />

von Waschmitteln, Farbstoffen, Plastik, Papier,<br />

Kosmetika, Medikamenten und Lebensmitteln.<br />

Ihre Anwendung in der Lebensmittelproduktion<br />

stösst zum Teil auf Abwehr.<br />

Insbesondere die Gentechnologie besitzt<br />

grosse politische Sprengkraft, weil sie sich<br />

zum Beispiel an Bereiche heranwagt, die von<br />

der Öffentlichkeit als Eingriffe in die Würde<br />

der Kreatur gewertet werden. In der Debatte<br />

über Gentechnik werden auch so genannte<br />

Stellvertreterdiskussionen geführt. Die Öffentlichkeit<br />

ist allgemein skeptisch, ob<br />

etwas Neues auch etwas Gutes ist. Also<br />

reagiert sie auf Neues sensibel. Dabei fliesst<br />

die missbräuchliche Nutzung der Gentechnik<br />

ebenso in die Diskussion ein wie Lebensmittelskandale,<br />

die nichts mit der Anwendung<br />

von Gentechnik zu tun haben, oder<br />

negative Erfahrungen mit Medikamenten<br />

«Risiken lösen Skepsis aus<br />

und können dadurch<br />

den Fortschritt hemmen.»<br />

Cesare Ravara (links) und Thomas Enz,<br />

Economic & Policy Consulting<br />

oder mit Hochtechnologien. Der Nutzen des<br />

Fortschritts wird dabei teils ausgeblendet.<br />

Ausgelöst wird die Skepsis gegenüber<br />

der Gentechnologie im Weiteren durch die<br />

komplexen Zusammenhänge, unterschiedliche<br />

Expertenmeinungen und die teils noch<br />

zu wenig erforschten Kausalzusammenhänge,<br />

was auch von Fachkreisen bemängelt<br />

wird. Genährt wird die Skepsis auch durch<br />

die Art und Weise, wie die Individuen von den<br />

Chancen und Gefahren der Gentechnik betroffen<br />

sind, oder zu sein glauben, und wie<br />

sie die Betroffenheit wahrnehmen. Für die<br />

Betroffenheit und Wahrnehmung wesentlich<br />

sind zum Beispiel der durch ein (hypothetisches)<br />

Risiko ausgelöste Schrecken, dessen<br />

Nachvollziehbarkeit und ob es freiwillig oder<br />

unfreiwillig eingegangen wird. Die Akzeptanz<br />

der Gentechnologie kann verbessert werden,<br />

wenn es gelingt, das Vertrauen zwischen<br />

Konsumenten, Industrie, Forschung und<br />

Gesetzgebung zu festigen. Ohne Vertrauen<br />

besteht dagegen die Gefahr, dass die Bevölkerung<br />

sich Entwicklungen widersetzt,<br />

deren Risiken nur hypothetisch sind.<br />

Jedes eingegangene Risiko birgt Chancen<br />

und Gefahren. Solange unklar ist, was<br />

bei einem vorliegenden Schaden die haftungsbegründende<br />

Ursache ist, lässt sich<br />

das Haftungsrisiko nicht kalkulieren. Die<br />

dadurch ausgelöste Skepsis hemmt den<br />

Fortschritt. Deshalb versucht die Forschung<br />

eine zuverlässige Basis für das Einschätzen<br />

von Risiken zu schaffen. In die Bewertung<br />

Risiko ist ein gesellschaftliches Konstrukt<br />

Die öffentliche Risikodiskussion ist Teil des politischen Prozesses. Das Risikobewusstsein ändert sich<br />

infolge des gesellschaftlichen Wertewandels. Ob und wie stark etwas als Risiko wahrgenommen wird,<br />

hängt auch wesentlich von den Medien ab. Quelle: Credit Suisse, in Anlehnung an Meier/Slembeck<br />

Medien<br />

Technische und<br />

naturwissenschaftliche Entwicklung<br />

Wirtschaftliche Entwicklung<br />

und Wohlstandsniveau<br />

Individuelle Ebene<br />

Unsicherheit<br />

Filter<br />

Problementstehung<br />

Kollektive Ebene<br />

= wirtschaftspolitischer Prozess<br />

Filter Agenda Setting<br />

Gesellschaftlicher Wertewandel<br />

Politische Entscheide und regulatorische Massnahmen<br />

Fotos: Martin Stollenwerk, Martin Barraud/Stone<br />

58 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Gentechnologie: Wer will was?<br />

Die Wirtschaft will:<br />

p Kenntnisse über bisher zu wenig<br />

erforschte Krankheiten<br />

p Neue Heilmittel, Impfstoffe und Therapien<br />

p Neue Diagnosemöglichkeiten und<br />

-instrumente<br />

p Biologisches statt chemisches Werkzeug<br />

in der Landwirtschaft<br />

p Nutzen der zum Teil weltbesten<br />

Forschungsbasis<br />

Die Wirtschaft will nicht:<br />

p Menschenzüchtung<br />

p Abtreibungen nach Zuchtwünschen<br />

p Eugenetik<br />

p Diskriminierung wegen genetischer<br />

Krankheitsveranlagung<br />

p Produktionssteigerungen zu Lasten<br />

der Nutztiere<br />

p Fertilität um jeden Preis<br />

Die Genlex will:<br />

p Begrenzung möglicher Risiken der<br />

Gentechnologie für Mensch und Umwelt<br />

p Erhaltung und nachhaltige Nutzung der<br />

biologischen Vielfalt<br />

p Achtung der Würde der Kreatur<br />

p Erhaltung der artspezifischen<br />

Eigenschaften und Lebensweisen wie<br />

Fortpflanzung und Bewegung<br />

p Förderung der Kenntnisse und des<br />

öffentlichen Dialogs über die<br />

Gentechnologie<br />

p Haftpflicht für Hersteller von<br />

gentechnisch veränderten Organismen<br />

p Transparenz<br />

von Risiken fliessen der gegenwärtige wissenschaftliche<br />

Erkenntnisstand und – trotz<br />

Bestreben nach einer möglichst hohen<br />

Objektivität – auch gesellschaftliche und<br />

wirtschaftliche Werturteile ein. Erkenntnisse<br />

aus der Risikoforschung können in Widerspruch<br />

zum gesellschaftlich wahrgenommenen<br />

Risiko stehen.<br />

In die politische Debatte über Nutzen und<br />

Gefahren von Risiken fliessen somit wissenschaftliche<br />

Urteile sowie die Wahrnehmungen<br />

der unterschiedlichen Betroffenen ein. Risiko<br />

ist daher nicht einzig naturgegeben, sondern<br />

ein gesellschaftliches Konstrukt, mit dem<br />

sich Ingenieur- und Naturwissenschaften<br />

genauso auseinander setzen wie Sozial- und<br />

Rechtswissenschaften. Die Auseinandersetzung<br />

mit dem Risiko führt zu neuen<br />

Erkenntnissen und zum Beispiel zur Entwicklung<br />

von besseren technischen Nachweisverfahren,<br />

kann aber auch zur Neubewertung<br />

von Risiken durch die Wissenschaft<br />

und Gesellschaft führen.<br />

Wenn Verdachtsmomente reale Folgen haben<br />

Lässt sich das Risiko auf Grund von Wahrscheinlichkeiten<br />

und Erfahrungswerten<br />

schätzen, kann es dank angemessenen<br />

Instrumenten (Prävention, Diversifikation,<br />

Versicherungspolicen) bewusst eingegangen,<br />

gesteuert bzw. eingedämmt werden.<br />

Versicherungen nehmen nicht Risiken in<br />

Kauf, sondern sie kaufen Optionen auf mit<br />

einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintretende<br />

Schäden. Wird keine Versicherungsdeckung<br />

angeboten, heisst dies nicht, dass<br />

keine Gefahr besteht. Wird eine solche<br />

befürchtet, ohne dass sie nach dem aktuellen<br />

Stand der Wissenschaft widerlegt oder<br />

bestätigt werden kann, entsteht Ungewissheit,<br />

ein so genanntes Phantomrisiko. Dieses<br />

taucht insbesondere dort auf, wo die Technikbegeisterung<br />

der Industriegesellschaft in<br />

Skepsis und Bedenken umschlägt. Allein der<br />

Verdacht einer mutmasslichen Schädigung<br />

kann reale Folgen haben.<br />

Phantomrisiken lösen negative Grundstimmungen<br />

aus. Sie sind real in der Angst,<br />

den Kaufverweigerungen und den Debatten,<br />

die sie auslösen, den gesundheitlichen<br />

Störungen, die ihnen angelastet werden, in<br />

den ihretwegen erlassenen Gesetzen und<br />

Verordnungen sowie in den erhobenen<br />

Schadenersatzansprüchen. Im Hinblick auf<br />

die Tatsache, dass Wohlstand nach immer<br />

mehr Sicherheit, Schadensprävention und<br />

Regelung der Haftungsverhältnisse (Verjährungsfristen,<br />

Ursachen-, Gefährdungsoder<br />

Vermutungshaftung) ruft, ist dies für die<br />

eingebrachten Finanzmittel der privaten und<br />

institutionellen Anleger, aber auch für Banken<br />

und Versicherungen von Bedeutung.<br />

Cesare Ravara<br />

Telefon <strong>01</strong> 333 59 12, cesare.ravara@credit-suisse.com<br />

Thomas Enz<br />

Telefon <strong>01</strong> 334 39 38, thomas.enz@credit-suisse.com<br />

«Eine Deckung<br />

ist immer begrenzt»<br />

Jean-Claude Werz,<br />

Functional Department Property &<br />

Casualty, Winterthur Insurance<br />

Wie definieren Sie Phantomrisiken?<br />

Wir sprechen oft von Entwicklungsrisiken,<br />

deren Existenz<br />

und/oder Ausmass noch nicht<br />

gefestigt sind. Sie können aber,<br />

wie das Beispiel Asbest zeigt,<br />

später sehr konkret werden.<br />

Was ist besonders daran?<br />

Im Wesentlichen kann man die<br />

Ursache eines eingetretenen<br />

oder befürchteten Schadens<br />

nicht sicher nachweisen, was<br />

eine Risikoanalyse erschwert.<br />

Zudem kann der Schaden erst<br />

Jahre nach dem Ereignis eintreten.<br />

Es kann auch sein, dass<br />

sich das rechtliche und gesellschaftliche<br />

Umfeld im Zeitpunkt<br />

des Schadens verändert hat.<br />

Sind diese Risiken versicherbar?<br />

Grundsätzlich ist die Haftung<br />

für Entwicklungsrisiken versicherbar.<br />

Im Einzellfall hängt die<br />

Deckung vom jeweiligen Stand<br />

der Wissenschaft, von der Zahl<br />

und vom Ausmass der befürchteten<br />

Schäden sowie vom<br />

rechtlichen und sozialpolitischen<br />

Umfeld ab.<br />

Wie sichert sich die Versicherung<br />

selbst ab?<br />

Wo Deckung gewährt wird,<br />

ist sie immer auch begrenzt –<br />

mit Bezug auf die Versicherungssumme<br />

und die Deckungsperiode.<br />

Hier verfolgen wir die<br />

Diskussionen in einzelnen<br />

Bereichen genau, um gegebenenfalls<br />

Einschränkungen in<br />

der Annahmepolitik zu<br />

beschliessen und unser Risiko<br />

einzuschränken. (dhu)<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 59


Billigfluglinien sind nicht zu schlagen<br />

Traditionelle Fluglinien können auf Grund ihrer komplexen<br />

Betriebsstruktur auch bei strengem Kostenmanagement<br />

nicht das Kostenniveau und die betriebliche Effizienz der<br />

Billigfluglinien erreichen. Quelle: MS-Research<br />

in Mio. Euro<br />

140<br />

13.37<br />

Sonstige Kosten<br />

Leasing<br />

Abschreibung<br />

Marketing- und Verkaufskosten<br />

Flughafengebühren<br />

Wartung<br />

Treibstoff<br />

Personal<br />

120<br />

100<br />

3.24<br />

12.52<br />

14.00<br />

28.05<br />

80<br />

10.94<br />

60<br />

16.72<br />

40<br />

39.17<br />

4.11<br />

5.32<br />

0.36<br />

11.86<br />

1.11<br />

20<br />

2.38<br />

9.36<br />

7.05<br />

British Airways<br />

Ryanair<br />

60 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Billigfluglinien brechen in Europa<br />

traditionelle Strukturen auf<br />

Das Billigflugsegment wächst und wächst. Und immer mehr etablierte Fluglinien im europäischen<br />

Streckennetz kommen unter Zugzwang. Auf der anderen Seite wird der Wettbewerbsdruck auch bei den<br />

Billigfluglinien in naher Zukunft massiv zunehmen. Oliver Schwarz, Investment Research<br />

Fotos: Magnum/Martin Parr, Martin Stollenwerk<br />

Neun Prozent der Passagiere im europäischen<br />

Streckennetz benutzen eine Billigfluglinie.<br />

Und man kann davon ausgehen, dass bis<br />

2<strong>01</strong>2 der Marktanteil des Billigflugsegments<br />

im europäischen Flugverkehr 30 Prozent<br />

erreichen wird. Eine Marktanteilszunahme von<br />

gegen 50 Prozent ist auf Grund des ausgedehnten<br />

Streckennetzes von Hochgeschwindigkeitszügen<br />

und Autobahnen, aus ökologischen<br />

Überlegungen, aber auch auf Grund<br />

der von den etablierten Airlines beherrschten<br />

Zubringerstrecken für Transatlantikflüge eher<br />

unwahrscheinlich.<br />

Das Marktwachstum wollen die Billigfluglinien<br />

vor allem über aggressive Angebotsausweitungen<br />

erreichen. Ryanair und easyJet<br />

haben für die kommenden Jahre einen jährlichen<br />

Kapazitätszuwachs von 20 bis 25 Prozent<br />

in Aussicht gestellt. Es hat sich gezeigt,<br />

dass immer mehr Passagiere auf europäischen<br />

Kurzstrecken auf den hochpreisigen<br />

Premiumservice der etablierten Fluglinien<br />

verzichten können. Vor allem flexiblere Freizeit-<br />

und Privatreisende sowie preisbewusste<br />

Geschäftsreisende bevorzugen auf<br />

kürzeren Strecken deshalb vermehrt Billigfluglinien.<br />

Der gegenwärtige Konjunkturabschwung<br />

hat diese Entwicklung in den letzten<br />

Monaten noch weiter verstärkt.<br />

Gute Chancen für Marktanteilsgewinne<br />

bieten sich auf hochpreisigen Hauptstrecken<br />

mit grossem Passagieraufkommen sowie auf<br />

wenig bedienten Regionalstrecken. Bereits<br />

stark etabliert ist der Billigflugmarkt in<br />

Deutschland und Grossbritannien. Noch<br />

unausgeschöpftes Wachstumspotenzial ist<br />

vor allem in skandinavischen und osteuropäischen<br />

Ländern vorhanden. In diesen<br />

Regionen dürften in den kommenden Jahren<br />

vor allem durch Ryanair zahlreiche neue<br />

Strecken lanciert werden. Das bedeutet<br />

«Höhere Frequenzen und<br />

neue Strecken bringen<br />

einen Kapazitätszuwachs.»<br />

Oliver Schwarz<br />

neue Konkurrenz für die traditionellen Fluglinien<br />

zum Beispiel auf den Routen zwischen<br />

Deutschland und Polen. Vor dem Hintergrund<br />

des gegenwärtig anspruchsvollen<br />

Konjunkturumfelds sind Preissenkungen für<br />

die traditionellen Airlines wohl die einzige<br />

realistische Möglichkeit, allzu grosse Marktanteilsverluste<br />

zu verhindern.<br />

Der Wettbewerbsdruck nimmt zu<br />

Ein Markt mit hohem Wachstumspotenzial<br />

und soliden Gewinnperspektiven verfügt<br />

über eine grosse Anziehungskraft für neue<br />

Mitbewerber. Im Jahr 2002 sind die Billigfluglinien<br />

Hapag-Llyod Express und German<br />

Wings neu in den Markt eingetreten. Für<br />

Sommer 20<strong>03</strong> plant Europas zweitgrösster<br />

Reisekonzern MyTravel die Lancierung einer<br />

eigenen Tiefpreis-Airline. Auf Grund der<br />

Attraktivität des Marktes wird es weitere<br />

Markteintritte geben, was den Konkurrenzdruck<br />

im Billigflugsegment verstärken wird.<br />

Lufthansa hat sich zum Beispiel gegen<br />

easyJet und Ryanair mit der Lancierung<br />

einer eigenen Tiefpreisfluggesellschaft mit<br />

dem Namen German Wings und Preissenkungen<br />

ausserhalb der Stosszeiten zur Wehr<br />

gesetzt. Diese aggressiven Kapazitätsausweitungen<br />

einiger Marktteilnehmer dürften<br />

schon bald zu Überkapazitäten führen. Da<br />

Air France hebt ab<br />

Für den etablierten Airline-Sektor bleibt das Marktumfeld auch im laufenden Jahr schwierig.<br />

Es empfiehlt sich daher weiterhin eine Untergewichtung des Sektors. Im Gegensatz<br />

zum traditionellen Airline-Markt verspricht das Billigflugsegment infolge des hohen Marktwachstums<br />

auch 20<strong>03</strong> solide Gewinnperspektiven. Die fairen Bewertungsniveaus limitieren<br />

jedoch das Kurssteigerungspotenzial von Ryanair und easyJet. Daher hat die Credit Suisse<br />

beide Fluglinien mit einem Hold-Rating eingestuft.<br />

Branchenfavorit bleibt nach wie vor Air France (Rating: Buy). Die fortschreitende<br />

Privatisierung – der Staat beabsichtigt, 20<strong>03</strong> seinen Aktienanteil von 56 Prozent auf unter<br />

20 Prozent zu reduzieren – bringt der Fluglinie die notwendige Freiheit für die Umsetzung<br />

einer wertorientierteren Unternehmensstrategie, was sich positiv in der künftigen<br />

Ergebnisentwicklung niederschlagen dürfte. Zudem verfügt Air France dank des effizienten<br />

Basisflughafens Charles de Gaulle und des attraktiven Streckennetzes über Wettbewerbsvorteile.<br />

Die Aktie weist im Sektorvergleich eine tiefe Bewertung auf.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 61


auch vermehrt etablierte Fluglinien mit Preisnachlässen<br />

reagieren, werden die Flugpreise<br />

vorerst weiter sinken, was zwangsläufig zu<br />

kleineren Gewinnmargen aller Branchenteilnehmer<br />

führen wird. Mittelfristig dürfte kaum<br />

mehr eine Billigfluglinie eine Betriebsgewinnmarge<br />

von mehr als zehn Prozent erreichen.<br />

Tiefe Kosten bei hoher Produktivität<br />

Den Erfolg verdanken die Billigfluglinien<br />

ihrem Geschäftsmodell. Es besteht aus drei<br />

zentralen Elementen: einem relativ einfachen<br />

Produkt (fehlender Bordservice), einer hohen<br />

Produktivität (kurze Umschlagszeiten an<br />

den Sekundärflughäfen, lediglich Direktverbindungen)<br />

und niedrigen Betriebskosten<br />

(geringer Personalbedarf).<br />

Kostenführer im Billigflugsegment ist<br />

nach wie vor die irische Ryanair. Im Vergleich<br />

zu British Airways liegen die Einheitskosten –<br />

variable und fixe Anteile – je Passagier bei<br />

42 Euro gegenüber 138 Euro. Den grössten<br />

Kostenvorteil erzielt die Billigfluglinie beim<br />

Personalaufwand. Da Ryanair auf einen<br />

regulären Bordservice verzichtet und etwa<br />

90 Prozent der Flugtickets übers Internet<br />

verkauft, benötigt Ryanair deutlich weniger<br />

Kabinen- und Verkaufspersonal als eine<br />

etablierte Airline.<br />

Die Konzentration auf Sekundärflughäfen<br />

führt zu einem weiteren deutlichen Kostenvorteil.<br />

Sekundärflughäfen, die meist etwas<br />

ausserhalb der grossen Metropolen liegen,<br />

verlangen von den Fluggesellschaften teilweise<br />

bis zu 70 Prozent tiefere Start- und<br />

Landegebühren. Dank der höheren Produktivität<br />

erzielt Ryanair ausserdem Skaleneffekt,<br />

was zu einem niedrigeren Fixkostenan-<br />

Der Wettbewerbsdruck beschränkt das Wachstum<br />

Auf Grund der langfristig zu erwartenden Marktsättigung wird sich der Anteil des Billigflugsegmentes<br />

auf einem Niveau von 30 bis 35 Prozent stabilisieren. Quelle: MS-Research, CS Group<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Anteil am europäischen Gesamtmarkt in Pozent<br />

1999<br />

2000<br />

20<strong>01</strong><br />

2002<br />

20<strong>03</strong><br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2<strong>01</strong>0<br />

2<strong>01</strong>1<br />

2<strong>01</strong>2<br />

2<strong>01</strong>3<br />

2<strong>01</strong>4<br />

2<strong>01</strong>5<br />

2<strong>01</strong>6<br />

2<strong>01</strong>7<br />

2<strong>01</strong>8<br />

2<strong>01</strong>9<br />

2020<br />

teil führt. Weitere operative Vorteile werden<br />

erreicht mit der höheren Sitzdichte in den<br />

Flugzeugen, der Flottenstandardisierung, der<br />

Vergabe der Wartung, der kleineren Verwaltungsapparate<br />

sowie der Einsparung von<br />

Verkaufsprovisionen zum Beispiel an Reisebüros.<br />

Branchenkonsolidierung ist unausweichlich<br />

Das langfristig beschränkte Wachstumspotenzial<br />

des Billigflugmarktes und der zunehmende<br />

Konkurrenzdruck werden mittelfristig<br />

zu einer Marktkonzentration führen. Mit der<br />

Übernahme von Go durch easyJet ist die Konsolidierungsphase<br />

bereits eingeleitet worden.<br />

Dank des Kaufs hat easyJet einen Marktanteil<br />

von rund 45 Prozent erreicht und ist zum<br />

Marktführer im Billigflugsegment aufgestiegen.<br />

An zweiter Stelle folgt Ryanair mit einem<br />

Anteil von rund 40 Prozent. Ein weiterer<br />

potenzieller Kandidat für eine Übernahme<br />

durch easyJet ist die Deutsche BA, eine<br />

Tochtergesellschaft von British Airways. Aus<br />

Profitabilitätsüberlegungen dürfte es in den<br />

kommenden Jahren zu einigen Akquisitionen<br />

kommen. Neu lancierte Billigfluggesellschaften,<br />

welche die Gewinnzone nicht in der geplanten<br />

Frist erreichen, werden dagegen aus<br />

dem Markt ausscheiden. Möglicherweise werden<br />

sich langfristig nur zwei bis drei innereuropäische<br />

Billigairlines durchsetzen. Die<br />

Überlebenschancen für etablierte europäische<br />

Regionalfluglinien, die nur Punkt-zu-Punkt-<br />

Verbindungen anbieten, in keinem Allianzverbund<br />

sind und ohne staatliche Subventionen<br />

auskommen, sind als relativ gering einzustufen.<br />

Oliver Schwarz<br />

Telefon <strong>01</strong> 334 56 44, oliver.schwarz@credit-suisse.com<br />

Die Grossen drohen die Kleinen zu kaufen<br />

Billigfluglinien beschränken sich aus Kostengründen auf einen oder zwei Flugzeugtypen und<br />

wählen einen Sekundärflughafen mit tiefen Grundgebühren als Basis. Trotzdem kommt es<br />

langfristig zu einer weiteren Marktkonzentration. Quelle: Unternehmensangaben, CS Group Daten<br />

Flotte Destinationen Wichtigste Eigentümer Marktanteil im<br />

Basisflughäfen<br />

Billigflugsegment<br />

easyJet/Go 53 (B737) 35 London-Gatwick/-Luton/-Stansted unabhängig 44.6%<br />

Ryanair 41 (B737) 80 Dublin, London-Stansted, Hahn unabhängig 39.3%<br />

Buzz 10 (8 BAE146 + 2 B737) 22 London-Stansted KLM 4.5%<br />

Virgin Express 14 (B737) 15 Brüssel Virgin Group 7.6%<br />

MyTravelLite 2 (A320) 7 Birmingham, Belfast MyTravel<br />

Hapag-Lloyd Express 8 (B737) 10 Köln, Bonn TUI<br />

German Wings 5 (A319) 10 Köln, Bonn Eurowings/Lufthansa 3.7%<br />

bmibaby 2 (B737) 22 Cardiff BMI<br />

Deutsche BA 16 (B737) 6 Berlin-Tegel British Airways<br />

Germania 20 (13 B737 + 7 MD82/83) 18 Köln, Bonn unabhängig<br />

Fotos: Magnum/Peter Marlow, Peter Tillessen<br />

62 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Neue Eigenkapitalvereinbarung<br />

belohnt gutes Management bei KMU<br />

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht will die geltenden Vorschriften über die erforderliche<br />

Unterlegung von gewährten Krediten mit Eigenmitteln der Banken weiterentwickeln. Welche Folgen hat<br />

diese als «Basel II» bekannte Regelung für Schweizer Firmen? Manuel Rybach, Economic & Policy Consulting<br />

Basel II<br />

Säule 1<br />

Mindesteigenkapitalanforderungen<br />

Säule 2<br />

Überprüfung durch<br />

Aufsichtsbehörden<br />

Säule 3<br />

Marktdisziplin<br />

p Kreditrisiko (neue<br />

Bemessungsansätze)<br />

p Marktrisiko (unverändert)<br />

p Operationelles Risiko (neu)<br />

Nationale Aufsichtsbehörden<br />

können nach erfolgter Überprüfung<br />

der bankinternen<br />

Verfahren und der sich daraus<br />

ergebenden Eigenmittelausstattung<br />

eine höhere Unterlegung<br />

verlangen.<br />

Vermehrte Offenlegung, u.a.<br />

bei der Berechnung der<br />

Eigenmittelausstattung und<br />

den Methoden der Risikobewertung,<br />

soll die Marktdisziplin<br />

fördern.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 63


In der Schweiz spielen Kredite eine wesentliche<br />

Rolle bei der Finanzierung des Wirtschaftskreislaufs.<br />

Anders als etwa in den<br />

USA, wo die Mittelbeschaffung über den<br />

Kapitalmarkt bedeutsamer ist, finanzieren<br />

sich viele kleinere und mittlere Unternehmen<br />

(KMU) hierzulande fast ausschliesslich mit<br />

Bankkrediten. Die Kapital- und Kreditvermittlung<br />

stellt daher eine wichtige Tätigkeit<br />

der Schweizer Banken dar.<br />

Knapp ein Drittel der Inlandkredite geht<br />

an private nicht finanzielle Unternehmungen,<br />

davon etwa 90 Prozent an KMU. Diese sind<br />

nicht nur ein wesentlicher Wachstumstreiber,<br />

sondern mit rund 70 Prozent Anteil an der<br />

Gesamtbeschäftigung auch ein wichtiger<br />

Arbeitgeber der Schweizer Wirtschaft. Deshalb<br />

ist die Frage, ob sich für diese Betriebe<br />

auf Grund von Basel II der Zugang zu Kapital<br />

verteuern wird, von grosser Bedeutung. Die<br />

neuen Vorschriften, deren Endfassung noch<br />

nicht vorliegt (siehe Box), werden die Finanzinstitute<br />

beeinflussen und die Art und Weise,<br />

wie diese Bankgeschäfte tätigen.<br />

«Im Rahmen von Basel II werden Schuldner mit hoher<br />

Bonität von tieferen Kreditsätzen profitieren können.»<br />

Manuel Rybach, Economic & Policy Consulting<br />

Zeitplan Basel II<br />

2. Quartal 20<strong>03</strong> | Drittes Konsultationspapier,<br />

danach Vernehmlassungsphase bis Ende<br />

Juli 20<strong>03</strong><br />

4. Quartal 20<strong>03</strong> | Veröffentlichung der<br />

Endfassung von Basel II<br />

Anfang 2006 | Beginn der einjährigen<br />

Übergangsphase<br />

Anfang 2007 | Inkrafttreten von Basel II<br />

Von Basel I zu Basel II<br />

Zur Erhöhung der Stabilität des Bankensystems<br />

und zur Förderung der Sicherheit<br />

der Kundeneinlagen haben Banken ihre<br />

Aktiven – und somit vor allem ihre Ausleihungen<br />

– schon seit einiger Zeit mit Eigenmitteln<br />

zu unterlegen. Ende der Achtzigerjahre<br />

wurden erstmals Schritte in Richtung<br />

der internationalen Harmonisierung der<br />

Regulierung des Kreditwesens getan. Zu<br />

diesem Zweck hat der Basler Ausschuss der<br />

Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden<br />

der wichtigsten Industriestaaten damals<br />

eine Eigenkapitalvereinbarung (Basel I) verabschiedet.<br />

Seither haben sich jedoch die<br />

Finanzmärkte, das Bankgeschäft und vor<br />

allem die Risikomanagement-Ansätze der<br />

Banken grundlegend verändert.<br />

In seinem Vorschlag für neue Eigenmittelvorschriften<br />

vom Januar 20<strong>01</strong> versuchte der<br />

Basler Ausschuss diesen Entwicklungen<br />

gerecht zu werden. In drei Säulen gegliedert,<br />

sieht der Entwurf grundsätzlich eine risikosensitivere<br />

Ausrichtung der Unterlegungspflichten<br />

vor, ohne dass sich der durchschnittliche<br />

Bestand an regulatorischem Eigenkapital<br />

im Bankensystem verändern soll.<br />

Die drei Säulen von Basel II<br />

In der ersten Säule von Basel II (Mindesteigenkapitalanforderungen)<br />

bleiben die geltende<br />

Eigenkapitaldefinition sowie die<br />

Mindesteigenkapitalquote unverändert. Als<br />

wichtige Neuerung werden die Regeln für<br />

Kreditrisiken verfeinert. Unverändert aus der<br />

alten Regelung übernommen werden die<br />

Vorschriften zum Marktrisiko, während mit<br />

dem Einschluss operationeller Risiken Neuland<br />

betreten wird. Die Bestimmungen der<br />

zweiten Säule regeln das Überprüfungsverfahren<br />

und die Überwachung der Kapitalunterlegung<br />

durch nationale Aufsichtsbehörden.<br />

Mit der dritten Säule strebt der<br />

Ausschuss durch weitestgehende Offenlegungspflichten<br />

an, die Banken einer verstärkten<br />

Disziplinierung durch die Märkte zu<br />

unterwerfen.<br />

Die Bemessung des Kreditrisikos wird<br />

sich in Folge von Basel II verändern. Während<br />

die geltende Eigenkapitalvereinbarung für<br />

Unternehmenskredite nur ein einziges Risikogewicht<br />

kennt, sieht der Entwurf in Säule I<br />

eine risikosensitive Eigenmittelunterlegung<br />

von Krediten vor. Das regulatorische Kapital<br />

der Banken muss zwar wie bisher acht Prozent<br />

der risikogewichteten Aktiven ausmachen,<br />

doch neu hängen die Risikogewichte<br />

von der Kreditqualität ab. Zur Bemessung<br />

der Risikogewichte werden zwei grundlegende<br />

Möglichkeiten vorgeschlagen. Liegt<br />

die Zustimmung der nationalen Aufsichtsbehörde<br />

– in der Schweiz der Eidgenössischen<br />

Bankenkommission (EBK) – vor, so<br />

können Banken eine auf internen Kreditratings<br />

basierende Methode (IRB-Ansatz;<br />

IRB: internal ratings-based) zur Ermittlung<br />

der erforderlichen Eigenkapitalunterlegung<br />

verwenden, woraus eine breite Palette von<br />

Risikogewichten resultiert. Bei Finanzinstituten,<br />

deren interne Ratingsysteme in den<br />

Augen der Aufsichtsbehörde den Basler Anforderungen<br />

noch nicht genügen, gelangt<br />

64 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Fotos: Martin Stollenwerk, Eva-Maria Züllig<br />

der vorgeschlagene Standardansatz zur Anwendung,<br />

bei dem die Risikogewichte von<br />

der Aufsichtsbehörde vorgegeben werden.<br />

Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen<br />

Der Revisionsvorschlag des Basler Ausschusses<br />

bestätigt und fördert die Differenzierung<br />

der Kunden und Kredite nach deren<br />

Risikogehalt und anerkennt die Anwendung<br />

von Ratings. Auf Grund der verfeinerten Vorschriften<br />

des Vorschlags müssen Darlehen<br />

an Kreditnehmer mit einer hohen Bonität mit<br />

weniger Eigenkapital unterlegt werden und<br />

verursachen demzufolge weniger Eigenmittelkosten.<br />

Basel II wird deshalb die sich<br />

bereits im Gang befindliche Entwicklung hin<br />

zu vermehrt abgestuften Konditionen für<br />

Firmenkunden verstärken: Während gute<br />

Kreditnehmer von tieferen Kreditzinssätzen<br />

profitieren können, haben Kreditnehmer mit<br />

einer niedrigeren Bonität höhere Zinssätze<br />

zu tragen.<br />

Einige Schweizer Banken verfügen bereits<br />

über differenzierte Kreditrisikomanagement-Systeme.<br />

Dies gilt insbesondere für<br />

die beiden Grossbanken und die grösseren<br />

Kantonalbanken, die zusammen die wichtigsten<br />

Darlehensgeber der hiesigen Betriebe<br />

sind. Schon heute werden Firmenkunden<br />

bei diesen Banken nach Risikogehalt in Ratingklassen<br />

eingeteilt, nach denen sich auch<br />

die Risikoprämie im Kreditzinssatz richtet.<br />

Für KMU, die über 99 Prozent der Schweizer<br />

Betriebe ausmachen, bedeutet dies nicht<br />

automatisch steigende Kapitalkosten.<br />

Grundsätzlich ist die vermehrte Risikodifferenzierung<br />

im Kreditgeschäft zu begrüssen,<br />

da sie der fragwürdigen Praxis der Quersubventionierung<br />

zwischen den einzelnen<br />

Bonitätsklassen – wie, im Falle von Basel I<br />

besonders problematisch, diejenige zwischen<br />

öffentlich-rechtlichen Körperschaften aus<br />

OECD-Ländern und privatrechtlichen Firmenkunden<br />

– ein Ende bereiten dürfte. Dies<br />

liegt einerseits im Interesse der gesamten<br />

Volkswirtschaft, da dadurch die Effizienz der<br />

Kapitalallokation gefördert wird. Für Firmen<br />

mit guter Bonität bedeutet dies andererseits,<br />

dass sich die Wettbewerbsbedingungen<br />

auf Grund der günstigeren Kreditkonditionen<br />

verbessern werden.<br />

Basel II wird deshalb für Firmenkunden<br />

die Anreize verstärken, ihre Einflussmöglichkeiten<br />

auf das Rating aktiv auszuschöpfen<br />

und eine offene Kommunikation mit den<br />

Fremdkapitalgebern zu pflegen. Gerade<br />

Unternehmen mit schlechter Zahlungsfähigkeit<br />

sind gefordert, durch vermehrte Innovation,<br />

aufgewertete Produkte und Prozesse<br />

sowie höhere Eigenkapitalquoten ihre<br />

Bonität zu verbessern. Dies gilt gleichermassen<br />

für grosse wie auch für kleine Firmenkunden,<br />

die nicht notwendigerweise<br />

schlechtere Ratings aufweisen als grössere<br />

Betriebe. Die wichtigsten Einflussfaktoren<br />

auf das Rating und somit die «Hebel» für<br />

günstigere Kreditkonditionen sind die Managementqualität<br />

eines Unternehmens, dessen<br />

Positionierung im Markt bzw. die verfolgte<br />

Geschäftsstrategie sowie die Finanzlage der<br />

Firma.<br />

Wie überall im Bankgeschäft steht auch<br />

bei der Kreditgewährung die Betreuung der<br />

Kunden im Vordergrund. Firmenkunden werden<br />

von ihrer Bank in Zukunft eine noch<br />

umfassendere Beratung in Finanzierungsfragen<br />

erwarten. Zentral sind dabei gegenseitiges<br />

Vertrauen und Transparenz. Bereits<br />

im Vorfeld der Einführung der neuen Eigenmittelvereinbarung,<br />

die Januar 2007 in Kraft<br />

treten soll, zeigt sich die Bedeutung einer<br />

aktiven Informationspolitik.<br />

Hohe Bonität zahlt sich aus<br />

Basel II wird die relative Attraktivität der<br />

Finanzierung mit Bankkrediten für verschiedene<br />

Firmenkunden auf unterschiedliche<br />

Weise beeinflussen. Die Qualität der<br />

Sicherheiten wird eine grössere Rolle spielen<br />

als bisher. Von tieferen Fremdkapitalkosten<br />

profitieren Betriebe mit einer hohen Bonität.<br />

Fällt diese hingegen tief aus, so verteuern<br />

sich Bankkredite. Ein gutes Rating zu erhalten<br />

ist für Firmenkunden keine Frage der<br />

Unternehmensgrösse. Entscheidend ist vielmehr<br />

die Qualität des Managements, eine<br />

aussichtsreiche Strategie und eine gute<br />

Finanzlage. Aus der Sicht der Banken führt<br />

Basel II dazu, dass enge Kontakte zu ihren<br />

Firmenkunden, eine umfassende Beratung<br />

sowie eine offene Informationspolitik in<br />

Zukunft noch wichtiger werden.<br />

Manuel Rybach<br />

Telefon <strong>01</strong> 334 39 40, manuel.rybach@credit-suisse.com<br />

Weiter führende Informationen:<br />

Economic Briefing Nummer 22, «Einblick in das<br />

Innenleben des Kreditgeschäfts».<br />

«Firmenkredite<br />

bleiben wichtig»<br />

Urs Füglistaller,<br />

Direktor des Instituts für gewerbliche<br />

Wirtschaft der Universität St. Gallen<br />

Welches sind die Erkenntnisse<br />

Ihrer Studie «Kredit-Rating durch<br />

Banken in der Schweiz»?<br />

Unser Institut hat die Studie im<br />

Auftrag und in Zusammenarbeit<br />

mit KPMG Schweiz durchgeführt.<br />

Es zeichnet sich ab, dass<br />

der traditionelle Firmenkredit<br />

auch in Zukunft seine bedeutende<br />

Rolle beibehält. Eine zentrale<br />

Erkenntnis der Studie ist,<br />

dass zwischen Unternehmen<br />

und Bank eine beidseitige Informationsasymmetrie<br />

besteht.<br />

Was sollten die Banken tun?<br />

Sie sollten ausführlicher über<br />

ihren Ratingprozess informieren.<br />

Die Prozesse und insbesondere<br />

die Bedeutung der einzelnen<br />

quantitativen und qualitativen<br />

Faktoren sollten transparent<br />

offen gelegt werden. Nur wenn<br />

der Unternehmer weiss, wie<br />

und wo er Einfluss auf ein<br />

besseres Rating nehmen kann,<br />

ist eine langfristige Kundenbeziehung<br />

gewährleistet.<br />

Und die KMU?<br />

Unternehmer sollten möglichst<br />

offen und frühzeitig über<br />

Ergebnisse und Änderungen<br />

im Betrieb informieren. Die<br />

Entscheidungsträger müssen<br />

aktiv mit ihrem Treuhänder<br />

auf die Banken zugehen und<br />

sich informieren. Das Rating ist<br />

im Grunde genommen ein<br />

systematisch erfasstes und in<br />

seiner Langzeitperspektive<br />

wertvolles Spiegelbild der Unternehmung,<br />

was ich als echte<br />

Chance für KMU ansehe.<br />

Michael Nold, Credit Suisse, Fachstelle KMU<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 65


Aktienverluste werden nicht kompensiert<br />

Die Preise für Eigenheime sind in den letzten Jahren um rund sieben Prozent gestiegen. Dennoch gleicht<br />

der Wertzuwachs der Immobilien nicht die erlittenen Verluste auf den Aktienvermögen aus. Quelle: Flow of Funds<br />

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

66 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Der Einfluss des amerikanischen<br />

Immobilienmarktes schwindet<br />

Der Preisanstieg für Wohneigentum schürt die Angst vor einem Kollaps des Immobilienmarktes. Bei<br />

genauem Hinsehen finden sich jedoch zahlreiche Faktoren, die dagegen sprechen. Erwartet wird eher ein<br />

moderates Wachstum. Beat Schumacher, Fixed Income and Forex Research<br />

Immobilienvermögen<br />

Aktienvermögen<br />

2000 20<strong>01</strong> 2002<br />

Jahresveränderung in Mrd. USD<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

–500<br />

–1000<br />

–1500<br />

–2000<br />

Allen Unkenrufen zum Trotz ist der private<br />

Konsum in den USA bisher recht robust<br />

geblieben. Tatsächlich war er vom vierten<br />

Quartal 20<strong>01</strong> bis zum dritten Quartal 2002<br />

für rund 80 Prozent des Wachstums des<br />

Bruttoinlandproduktes zuständig. Neben den<br />

Kaufanreizen im Autobereich hat dabei vor<br />

allem der Immobilienmarkt den privaten<br />

Konsum gestützt.<br />

Die Preise für Eigenheime sind in den<br />

letzten Jahren um durchschnittlich rund<br />

sieben Prozent gestiegen. Dennoch war der<br />

von den Haushalten erzielte Wertzuwachs<br />

bei den Immobilien geringer als die von<br />

ihnen erlittenen Verluste auf den Aktienvermögen.<br />

Dies wird allerdings dadurch aufgewogen,<br />

dass die Konsumausgaben stärker<br />

auf Preisveränderungen bei Wohnimmobilien<br />

als bei Aktien reagieren. Erklärbar ist dies<br />

unter anderem mit der gleichmässigeren Verteilung<br />

der Immobilienvermögen im Vergleich<br />

zu den Aktienvermögen.<br />

«Der Immobilienmarkt ist<br />

noch nicht in einer<br />

Übertreibungsphase.»<br />

Beat Schumacher, Fixed Income and Forex Research<br />

Refinanzierung lässt Milliarden fliessen<br />

Neben diesem Vermögenseffekt ist die Entwicklung<br />

der Refinanzierungen von Hypothekarkrediten<br />

bemerkenswert. Die Kombination<br />

von gestiegenen Hauspreisen und rekordtiefen<br />

Zinsen hat zu einem Refinanzierungsboom<br />

geführt. Dieser kann die effektive<br />

Kaufkraft auf zwei Arten erhöhen: Erstens<br />

können bestehende Hypotheken in neue mit<br />

tieferen Zinsen umgewandelt werden, so<br />

dass der Zinsaufwand sinkt. Zweitens kann<br />

dank der gestiegenen Immobilienpreise<br />

gleichzeitig der Belehnungswert erhöht<br />

werden, so dass den Hausbesitzern neue<br />

Barmittel zufliessen. 2002 wurde diese<br />

Möglichkeit bei gut der Hälfte der Refinanzierungen<br />

in Anspruch genommen. Die<br />

so genannten «cash-outs» betrugen im letzten<br />

Jahr schätzungsweise 200 Milliarden US-<br />

Dollar, was 2,5 Prozent des verfügbaren<br />

Einkommens ausmacht.<br />

Der Immobilienmarkt kollabiert nicht<br />

Nach dem spürbaren Preisanstieg der letzten<br />

Jahre wird von einigen Seiten argumentiert,<br />

dass sich der Immobilienmarkt bereits<br />

in einer «bubble» befindet und die Gefahr<br />

eines massiven Preiseinbruchs mit negativen<br />

Konsequenzen für den privaten Konsum<br />

besteht. Die Credit Suisse teilt diese Befürchtungen<br />

nicht ganz. Zwar ist der Immobilienmarkt<br />

in einzelnen Regionen angespannt,<br />

aber auf nationaler Ebene aus folgenden<br />

Gründen noch nicht in einer gefährlichen<br />

Übertreibungsphase:<br />

p Der Anstieg der Hauspreise in den letzten<br />

Jahren ist zwar beeindruckend, erweist<br />

sich im historischen Vergleich aber nicht als<br />

aussergewöhnlich.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 67


p Wie der so genannte Affordability Index<br />

(siehe Grafik unten) zeigt, können sich die<br />

Haushalte ihre Häuser immer noch etwa<br />

gleich gut leisten wie in den letzten Jahren,<br />

weil deutlich gestiegene Einkommen und<br />

gefallene Zinsen die höheren Immobilienpreise<br />

in etwa kompensiert haben.<br />

p Ein weiterer Faktor ist der generelle<br />

Anstieg des Wohlstands. Der Anteil der Ausgaben<br />

für Grundbedürfnisse (zum Beispiel<br />

Nahrungsmittel) am verfügbaren Einkommen<br />

hat von 38 Prozent in den Siebzigerjahren<br />

auf 30 Prozent in den Neunzigerjahren<br />

abgenommen. Diese relative Verschiebung<br />

der Konsumpräferenzen bedeutet, dass die<br />

Haushalte willens und fähig sind, sich höhere<br />

Immobilienpreise und einen etwas höheren<br />

Schuldendienst zu leisten.<br />

p Auch die im Verhältnis zum Einkommen<br />

gestiegene Hypothekarverschuldung ist zu<br />

relativieren, da der Anteil der Hauseigentümer<br />

von 64 Prozent Mitte der Neunzigerjahre<br />

auf 68 Prozent der privaten Haushalte<br />

gestiegen ist. Konsequenterweise ist –<br />

gesamtwirtschaftlich gesehen – auch der<br />

Hypothekarzinsaufwand in Relation zum Einkommen<br />

gestiegen. Oft wird dabei jedoch<br />

übersehen, dass es dafür weniger Mieter<br />

gibt und der Anteil der Mietzinszahlungen am<br />

Einkommen entsprechend gesunken ist.<br />

Wohneigentum ist bedeutender als Aktienbesitz<br />

Interessant ist ein Blick auf die Vermögensverteilung der US-Bevölkerung. Auf die 20 Prozent<br />

der Haushalte mit dem höchsten Einkommen entfallen 42 Prozent allen Wohneigentums<br />

und nicht weniger als 78 Prozent der Aktienbestände. Die 20 Prozent der Haushalte mit<br />

den geringsten Einkommen besitzen nur etwa ein Prozent der Aktien, aber immerhin acht<br />

Prozent der Immobilien. Aufgrund der viel gleichmässigeren Verteilung der Immobilienvermögen<br />

ist es verständlich, dass für einen Grossteil der Haushalte die Preisveränderungen<br />

am Häusermarkt für ihre finanzielle Lage wichtiger sind als diejenige an den Aktienmärkten.<br />

Dank dieser Faktoren ist nicht mit einem<br />

Kollaps am Immobilienmarkt zu rechnen.<br />

Realistisch betrachtet muss nach den kräftigen<br />

Preisanstiegen aber mit einer moderateren<br />

Entwicklung gerechnet werden und<br />

Preisrückgänge in einzelnen Regionen sind<br />

nicht auszuschliessen.<br />

Bereits jetzt hat der Preisanstieg begonnen,<br />

an Dynamik zu verlieren. Die sich anbahnende<br />

Beruhigung am Immobilienmarkt<br />

widerspiegelt sich in der leichten Abnahme<br />

der Anträge auf Hypothekarkredite. Die entscheidende<br />

Rolle spielt diesbezüglich die<br />

Zinsentwicklung. Man kann davon ausgehen,<br />

dass die Zinsen nahe dem Tiefpunkt<br />

sind und mittelfristig tendenziell ansteigen<br />

dürften, was die Nachfrage nach Immobilien<br />

dämpfen wird. Ein weiterer Faktor ist, dass<br />

vor dem Hintergrund der drastisch gefallenen<br />

Aktienkurse vermehrt in Immobilien<br />

investiert wurde. Mit der in der zweiten<br />

Jahreshälfte erwarteten Konjunkturerholung<br />

dürfte dieser Trend aber nachlassen.<br />

Diesen zyklischen Faktoren stehen positive<br />

strukturelle und demografische Entwicklungen<br />

gegenüber. Ein Grossteil der<br />

Baby-Boom-Generation besitzt unterdessen<br />

ein Eigenheim, nun kaufen sie vermehrt<br />

Zweitwohnungen und Ferienhäuser. Eine<br />

zunehmend wichtige Rolle spielen auch die<br />

Einwanderer in die USA, deren Anzahl weiter<br />

zunehmen wird. Zudem erlauben innovative<br />

Finanzierungsprodukte auch Familien mit<br />

niedrigeren Einkommen, ein Eigenheim zu<br />

erwerben. Die Attraktivität eines Eigenheimes<br />

wurde auch durch eine Änderung in<br />

der Besteuerung von Kapitalgewinnen auf<br />

Wohnhäusern, einen einfacheren Ablauf<br />

bei der Kreditvergabe und rückläufige Transaktionskosten<br />

erhöht.<br />

Trotz höherer Preise bleibt das Wohneigentum bezahlbar<br />

Die amerikanischen Haushalte könne sich ihre Häuser immer noch etwa gleich gut leisten wie<br />

in den letzten Jahren. Neben gestiegenen Einkommen und fallenden Zinsen ist dafür auch<br />

der generelle Anstieg des Wohlstands verantwortlich. Quelle: National Association of Realtors, Freddie Mac<br />

150<br />

145<br />

140<br />

135<br />

130<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

Index*<br />

100<br />

90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 <strong>01</strong> 02<br />

Hauspreise<br />

Affordability Index (rechte Skala)<br />

* Ein Wert über 100 bedeutet, dass ein Haushalt mit einem mittleren Einkommen sich eine Hypothek für ein Haus im<br />

mittleren Preissegment leisten kann.<br />

Jahresveränderung in %<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Die Refinanzierung verliert an Bedeutung<br />

Mit einer moderateren Preisentwicklung am<br />

Immobilienmarkt wird auch ein Rückgang der<br />

Anzahl der Refinanzierungen einhergehen.<br />

Denn da bereits im grossen Ausmass refinanziert<br />

wurde, ist der Anteil potenzieller<br />

Nutzniesser solcher Transaktionen nun viel<br />

geringer. Mit dem mittelfristig erwarteten<br />

Anstieg der Zinsen wird auch der Einfluss<br />

des wichtigsten Motivationsfaktors für Refinanzierungen<br />

geringer. Gefährlich wäre ein<br />

schneller, starker Zinsanstieg, der aber nicht<br />

prognostiziert ist. Die Mortgage Bankers<br />

Association of America erwartet, dass der<br />

Refinanzierungssatz von 58 Prozent im 2002<br />

auf 43 Prozent im laufenden Jahr zurückgehen<br />

wird. Damit verliert eine wichtige Stütze<br />

des privaten Konsums langsam an Bedeutung.<br />

Dank des anhaltenden Wachstums des<br />

verfügbaren Einkommens dürfte sich das –<br />

wenn auch nur moderate – Wachstum des<br />

privaten Konsums jedoch fortsetzen.<br />

Beat Schumacher<br />

Telefon <strong>01</strong> 334 56 91, beat.schumacher@credit-suisse.com<br />

Fotos: Cameron Davidson/Stone (S. 66, 68), Martin Stollenwerk (S. 67), Peter Tillessen (S. 69)<br />

68 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Die Dividendenrendite feiert<br />

eine Renaissance<br />

Mit Aktienengagements sind vorerst wohl noch keine grossen Kursgewinne zu erwarten. Deshalb<br />

interessiert sich eine zunehmende Zahl von Investoren wieder für die Dividendenrendite ihrer Aktien.<br />

Es lohnt sich aber, auch die «Dividendenperlen» genau zu analysieren. Damian Sigrist, Equity Research<br />

Ein Blick in die zur Jahreswende von den<br />

Strategen publizierten Prognosen zeigt, dass<br />

zwar insgesamt mit einer leichten Erholung<br />

der Aktienmärkte, nicht aber mit einem Kursfeuerwerk<br />

wie zu den «goldenen» Börsenzeiten<br />

gerechnet werden kann.<br />

Die Dividendenrendite hat deshalb an Attraktivität<br />

gewonnen. Selbst die US-Regierung<br />

hat sich indirekt dieses Themas angenommen.<br />

Sie sieht in ihrem neuen Steuerpaket<br />

unter anderem die Abschaffung der Doppelbesteuerung<br />

der Dividende vor.<br />

Papiere mit einer hohen Dividendenrendite<br />

sind für Investoren an der Schweizer Aktienbörse<br />

nicht nur unter dem Gesichtspunkt<br />

«Lieber den Spatz in der Hand als die Taube<br />

auf dem Dach» interessant, sondern auch deshalb,<br />

weil einige Papiere inzwischen besser<br />

Dividendenrenditen der letzten zehn Jahre<br />

Dividendenrenditen können im Laufe der Jahre grosse Schwankungen erfahren.<br />

Die vier Beispiele zeigen, dass man bei einem Aktienkauf nicht nur auf die<br />

letzte Dividende achten darf. Quelle: Datastream<br />

6<br />

Dividendenrendite in %<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1991<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 20<strong>01</strong><br />

CKW UBS Nestlé Novartis<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 69


entieren als eidgenössische Staatsanleihen.<br />

Risikoaverse Anleger sollten sich aber, bevor<br />

sie einfach auf Grund einer Rangliste der<br />

am besten rentierenden Schweizer Aktien zu<br />

investieren beginnen, erst Gedanken darüber<br />

machen, was denn diese Kennzahl überhaupt<br />

aussagt.<br />

Üblicherweise wird sie berechnet, indem<br />

man die zuletzt bezahlte Dividende – gegenwärtig<br />

also die für das Geschäftsjahr 20<strong>01</strong><br />

festgelegte, aber erst nach der Generalversammlung<br />

2002 bezahlte Gewinnausschüttung<br />

– durch den aktuellen Aktienkurs<br />

dividiert und mit 100 multipliziert. Die so<br />

errechnete Prozentzahl ist entsprechend ein<br />

vergangenheitsbezogener Wert. Sie stellt<br />

somit keine Garantie für eine gleich hohe<br />

oder sogar höhere Gewinnausschüttung in<br />

der Zukunft dar. Zwar tendieren die Unternehmen<br />

dazu, Kontinuität in ihren Dividendenzahlungen<br />

zu zeigen. Die jüngste<br />

Vergangenheit lehrt aber, dass es immer<br />

auch Zeiten gibt, in denen Gesellschaften<br />

die Dividenden aus ökonomischen Gründen<br />

kürzen. Entsprechend unterscheidet sich<br />

die Reihenfolge in der Rangliste so genannter<br />

Schweizer «Dividendenperlen», die sich<br />

auf Basis der zuletzt bezahlten Dividende<br />

«Die Dividendenrendite<br />

ist wieder ins Blickfeld der<br />

Investoren gerückt.»<br />

Damian Sigrist, Equity Research Credit Suisse<br />

Private Banking<br />

errechnet, von der Bestenliste mit den für<br />

das laufende Jahr geschätzten Dividenden<br />

(vgl. Tabelle).<br />

Steueraspekte sprechen gegen Dividende<br />

Es gibt auch Argumente, die gegen die Gewinnausschüttung<br />

an die Aktionäre sprechen.<br />

Dank der Einbehaltung von Erträgen verfügt<br />

ein Unternehmen über zusätzliche Mittel, die<br />

es in gewinnbringende oder wertsteigernde<br />

Projekte investieren kann. Die Aktionäre<br />

partizipieren über Kursgewinne am so generierten<br />

Mehrwert. Auch sprechen in der<br />

Schweiz Steueroptimierungsüberlegungen<br />

gegen die Ausrichtung einer Dividende, da<br />

diese der Verrechnungssteuer unterliegen.<br />

Diesem Steueraspekt trugen zwar verschiedene<br />

Gesellschaften dadurch Rechnung,<br />

dass sie den Aktionären an Stelle einer Dividendenausrichtung<br />

eine steuerfreie Nennwertreduktion<br />

gewährten. Nachdem diese<br />

Massnahme aber Schule gemacht hat, ist<br />

der Spielraum für weitere Reduktionen inzwischen<br />

begrenzt.<br />

Trotzdem dürften viele Anleger, die in den<br />

vergangenen zwei Jahren vor allem Buchverluste<br />

auf ihren Aktienengagements einfuhren,<br />

zurzeit eine Dividende wohl vorziehen.<br />

Geringe Liquidität begründet hohe Renditen<br />

Es gibt Branchen, die infolge sektorspezifischer<br />

Faktoren traditionell eine hohe Dividendenrendite<br />

ausweisen. Unternehmen, die wie<br />

etwa Papier- und Zellstoffgesellschaften in<br />

reifen Märkten operieren, verfügen nur noch<br />

Schweizer «Dividendenperlen» im Überblick<br />

Dividendenrenditen von über drei Prozent dürfen sich sehen lassen. Eine Analyse der unten stehenden Tabelle zeigt<br />

aber Schwankungen der Dividenden innerhalb eines Jahres von minus zwei Prozent bis plus 1,5 Prozent. Nicht jede<br />

«Dividendenperle» von heute muss also auch eine von morgen sein. Quelle: Unternehmensangaben/Bloomberg<br />

Aktie Marktkapital in Mio. CHF Valoren-Nr. Bloomberg Kurs am 9.1.<strong>03</strong> in CHF Dividende in CHF Dividendenrendite in %<br />

20<strong>01</strong> 2002E 20<strong>01</strong> 2002E<br />

Vontobel 2083.20 1233554/VONN SW 22.80 1.50 1.04 6.6 4.6<br />

Helvetia Patria 1069.80 1227168/HEPN SW 154.75 8.75 6.73 5.7 4.3<br />

Swisscom 27209.40 874251/SCMN VX 420.00 19.00 14.21 4.5 3.4<br />

Warteck 184.70 261948/WARN SW 1260.00 55.00 58.00 4.4 4.6<br />

Luzerner KB 1307.20 1169360/LUKN SW 158.00 6.50 6.25 4.1 4.0<br />

Züblin 236.10 976983/ZUB SW 8.34 0.35 0.39 4.2 4.7<br />

Allreal 468.70 883756/ALLN SW 77.00 3.00 4.15 3.9 5.4<br />

Zuger KB 597.00 130890/ZG SW 2390.00 85.00 90.00 3.6 3.8<br />

Baloise 3556.20 1241051/BALN VX 58.75 2.40 1.59 4.1 2.7<br />

CKW 588.20 157928/CKW SW 2200.00 70.00* 44.80** 3.2 2.0<br />

Valora 1099.70 208897/VALN SW 264.00 9.00 9.44 3.4 3.6<br />

PSP Swiss Property 1143.70 1042810/PSPN SW 149.00 5.00 5.38 3.4 3.6<br />

Pargesa Holding 3899.50 217375/PARG SW 2555.00 80.00 65.50 3.1 2.6<br />

Kühne&Nagel 2083.20 1254181/KNIN SW 89.00 2.90 2.88 3.3 3.2<br />

Rieter 1138.00 367144/RIEN SW 272.00 8.60 7.55 3.2 2.8<br />

*Geschäftsjahr per Ende September 2002 bzw. **20<strong>03</strong><br />

Fotos: Martin Stollenwerk, Peter Tillessen<br />

70 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

über limitierte Möglichkeiten, den hohen Cashflow<br />

mit einer ansprechenden Rendite im<br />

eigenen Unternehmen zu investieren. Hohe<br />

zurückbehaltene Gewinne würden somit den<br />

Return on Equity (ROE) unter Druck setzen.<br />

Die Gesellschaften schaffen in dieser Situation<br />

einerseits durch hohe Dividendenzahlungen<br />

(oft über den gesamten Zyklus konstant) und<br />

andererseits durch Akquisitionen Abhilfe.<br />

Unter Schweizer Werten stechen diesbezüglich<br />

die Immobilien- und Stromgesellschaften<br />

heraus. Die defensiven Immobilienaktien<br />

wurden mit dem Anspruch im Markt<br />

etabliert, ein Bond-Ersatz zu sein. Die meisten<br />

dieser Unternehmen verfügen über einen<br />

anständigen Streubesitz, doch weist die<br />

Mehrheit mit einer Marktkapitalisierung von<br />

unter einer Milliarde Franken für die gewichtigen<br />

institutionellen Anleger keine optimale<br />

Grösse aus. Entsprechend macht sich bei<br />

solchen Immobilienaktien eine vergleichsweise<br />

geringe Liquidität des Handels bemerkbar.<br />

Damit könnten sich für Privatinvestoren<br />

Probleme im Falle eines geplanten Ausstiegs<br />

ergeben.<br />

Die Schweizer Stromgesellschaften richten<br />

aus sektorspezifischen Gründen (Monopolgesellschaften<br />

in reifen Märkten) traditionell<br />

hohe und stetige Dividenden aus. Dieser Umstand<br />

hat die Titel in den letzten zwei Jahren<br />

für vorsichtige Investoren attraktiv gemacht.<br />

Dies schlug sich in deutlich gestiegenen<br />

Aktienkursen, inzwischen aber auch in gesunkenen<br />

Dividendenrenditen nieder. Indes verfügen<br />

auch Stromaktien über eine geringe<br />

Liquidität und einen tiefen Free Float.<br />

In der Rangliste der Schweizer Dividendenperlen<br />

belegen Finanzwerte die Spitzenplätze.<br />

Dabei handelt es sich allerdings um<br />

Werte, die – mit Ausnahme der Bâloise – zu<br />

den Mid Caps zu zählen sind. Zum einen ist<br />

die vergleichbar hohe Rendite auf die infolge<br />

des schwierigen Börsenumfelds gesunkenen<br />

Kurse der Banken- und Versicherungsaktien<br />

zurückzuführen, wovon auch die Mid Caps<br />

unter den Finanztiteln nicht verschont blieben.<br />

Zum andern befinden sich darunter mit<br />

der Luzerner und der Zuger Kantonalbank<br />

auch Werte, die auf Grund der Staatsgarantie,<br />

über die die beiden Institute verfügen,<br />

speziell von risikoaversen, einkommens- und<br />

langfristig orientierten Privatinvestoren gesucht<br />

sind.<br />

Im Falle von Vontobel und Baloise haben<br />

die Auguren, auf Grund des schwierigen<br />

Die amerikanische Anlagestrategie «Dogs of the Dow»<br />

Die geplante Aufhebung der Doppelbesteuerung der Dividenden in den USA rückt die<br />

bekannte Anlagestrategie «Dogs of the Dow» wieder in den Fokus des Marktes. Danach<br />

werden zu einem bestimmten Stichtag aus den 30 Werten des Dow Jones Industrial die<br />

zehn Titel mit der höchsten Dividendenrendite bestimmt, die so genannten «faulen Hunde».<br />

In diese wird jeweils exakt der gleiche Betrag investiert und die Aktien werden zwölf<br />

Monate nicht angerührt. Danach wird nach demselben Muster neu selektiert. Mit dieser<br />

Strategie konnte man zwar nicht immer, aber doch häufig eine bessere Performance erzielen<br />

als der Dow Jones. In der Blüte der Technologiehausse 1997 bis 1999 übertraf der Dow<br />

Jones Industrial die Dogs drei Jahre in Folge. Doch im vergangenen Jahr wäre man damit<br />

wieder besser gefahren. Zwar verbuchten die Dogs ein Minus von 6,1 Prozent, der Dow<br />

Jones erlitt aber im selben Zeitraum einen Rückschlag von 16,8 Prozent.<br />

Geschäftsumfeldes für diese Institute, ihre<br />

Dividendenprognosen für das laufende Geschäftsjahr<br />

2002 reduziert.<br />

Limitierte Auswahl am Schweizer Markt<br />

Eine optisch attraktive Dividendenrendite<br />

stellt für sich allein genommen also kein<br />

sicheres Investmentkriterium dar.<br />

Der Anleger kommt nicht darum herum<br />

zu überprüfen, ob die Rendite auf einer gesunden<br />

Bilanz und einer hohen Cashflow-<br />

Entwicklung abgestützt ist. Solide Gesellschaften<br />

bieten am ehesten Gewähr, dass<br />

die bisherige Dividendenpolitik aufrechterhalten<br />

wird. Entsprechend gehören unter<br />

den Schweizer Aktien zwangsläufig jene von<br />

grosskapitalisierten Werten in den Anlageraster.<br />

Die Titel kommen aber unabhängig<br />

von der Dividendenrendite als Engagement in<br />

Betracht. Sie bieten im momentan schwierigen<br />

Umfeld die Aussicht auf eine Barausschüttung,<br />

die das Vorjahresniveau erreicht,<br />

sowie die Chance, im Falle einer Erholung<br />

der Börsen Kursgewinne zu erzielen.<br />

Damian Sigrist<br />

Telefon <strong>01</strong> 334 36 39, damian.sigrist@credit-suisse.com<br />

Dividenden und Obligationen im Vergleich<br />

Die durchschnittliche Verzinsung staatlicher Obligationen ist meistens attraktiver als die<br />

durchschnittliche Dividende auf den Schweizer Aktien. In den letzten Jahren haben sich die<br />

Werte zunehmend angenähert. Die so genannten Dividendenperlen sind heute für den<br />

Anleger interessanter als die meisten Obligationen. Quelle: Datastream<br />

%<br />

5.0<br />

4.5<br />

4.0<br />

3.5<br />

3.0<br />

2.5<br />

2.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0<br />

Jun 95<br />

Okt 95<br />

Feb 96<br />

Jun 96<br />

Okt 96<br />

Feb 97<br />

Jun 97<br />

Okt 97<br />

Feb 98<br />

Jun 98<br />

Okt 98<br />

Feb 99<br />

Jun 99<br />

Okt 99<br />

Feb 00<br />

Jun 00<br />

Okt 00<br />

Feb <strong>01</strong><br />

Jun <strong>01</strong><br />

Okt <strong>01</strong><br />

Feb 02<br />

Jun 02<br />

Okt 02<br />

Rendite von 10-jähriger Bundesanleihe<br />

Dividendenrendite SMI<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 71


Jede Brennerei hat ein Farbsystem entwickelt, das es ihr ermöglicht festzustellen, wie oft ein Fass schon gefüllt wurde.


LUST UND LASTER<br />

Vom Gerstenmalz zum Single Malt<br />

Single-Malt-Whiskys haben die Bars der Welt erobert. Ihren Erfolg verdanken sie sowohl dem einmaligen<br />

Herstellungsprozess wie auch dem Können ihrer Destillateure. Marcus Balogh, Redaktion Bulletin<br />

Foto: David Lefranc<br />

Tamdhu, Bruichladdich, Dalwhinnie, Caol Ila,<br />

Caperdonich, Glenglassaugh – man sollte<br />

das laut aussprechen. Oder hinter vorgehaltener<br />

Hand beschwörerisch murmeln. Dann<br />

hört es sich wie der Zauberspruch eines<br />

keltischen Druiden an. In Tat und Wahrheit<br />

sind es die Namen von sechs Single-Malt-<br />

Whiskys. Für einen Connaisseur gelten<br />

Single Malts als Krone der Whiskyschöpfung<br />

und die Namen haben damit durchaus etwas<br />

Magisches.<br />

Der Name «Whisky» leitet sich vom gälischen<br />

«uisge beatha» ab, was übersetzt<br />

nichts anderes heisst als Lebenswasser –<br />

oder lateinisch «aqua vitae». 1494 wird dieses<br />

Aqua Vitae das erste Mal in einem offiziellen<br />

schottischen Dokument erwähnt: Der Mönch<br />

John Cor habe eine Ladung gemalzter Gerste<br />

bestellt, um damit Schnaps zu brennen,<br />

heisst es da. Man kann also davon ausgehen,<br />

dass sich die Schotten seit beinahe<br />

einem halben Jahrtausend mit der Herstellung<br />

von Whisky befassen – und das mit<br />

echter Hingabe. Ende des 16. Jahrhunderts<br />

wurde von den Destillerien so viel Gerste<br />

verbraucht, dass es zu einer Knappheit auf<br />

den Lebensmittelmärkten kam.<br />

Der Boom beflügelt die Preise<br />

Für eine Hungersnot sorgen die Single Malts<br />

heute gewiss nicht mehr. Ihr Anteil an der<br />

gesamten Whiskyproduktion beträgt nur<br />

fünf Prozent. Diese fünf Prozent haben<br />

allerdings eine rührige Gefolgschaft. In der<br />

Zwischenzeit gibt es kaum eine Grossstadt,<br />

die nicht mindestens eine auf Single Malt<br />

spezialisierte Bar hat. Und seltene Flaschen<br />

werden zu exorbitanten Preisen an Versteigerungen<br />

verkauft. Im Dezember 2002 erzielte<br />

beispielsweise ein 62 Jahre alter Dalmore<br />

den Rekordpreis von rund 63 000 Franken –<br />

macht pro Schluck rund tausend Franken.<br />

Aber auch jüngere Single Malts wechseln<br />

für beachtliche Summen ihren Besitzer. Wer<br />

sich einen 1998 abgefüllten, 21 Jahre im<br />

Fass gelagerten Port Ellen in die Hausbar<br />

stellen will, muss um die 1500 Franken auf<br />

den Tisch blättern. Ob diese Flaschen ihr<br />

Geld wirklich wert sind, lässt sich nicht so<br />

einfach beantworten. Wie bei den meisten<br />

Sammlerstücken – egal ob Porzellanfiguren<br />

oder Ölgemälde – bestimmt die Nachfrage<br />

den Preis. Und dementsprechend sind denn<br />

auch nicht alle Whiskyliebhaber begeistert<br />

über die Popularität ihres Leibgetränkes.<br />

Es lebe der Unterschied<br />

In jedem Fall ist ein Single Malt aber nicht<br />

einfach ein Single Malt. Zwischen einem<br />

Laphroaig und einem Highland Park stellt<br />

man mindestens so viele Unterschiede fest<br />

wie zwischen einem Château Cheval-Blanc<br />

und einem Châteauneuf-du-Pape.<br />

Diese Unterschiede sind von vielen Faktoren<br />

abhängig. Vom Wasser, vom mehr oder<br />

weniger rauchigen Trocknen der ausgekeimten<br />

Gerste und von den Fässern, in<br />

denen der Whisky reift. Daneben finden sich<br />

natürlich auch mehr oder minder magische<br />

Einflüsse. Wird beispielsweise ein Brennkessel<br />

ersetzt, so hat der neue nicht nur<br />

die gleiche Form wie sein Vorgänger, mit<br />

akribischem Gehämmer schlagen die Brennmeister<br />

in den neuen Sudkessel auch<br />

noch die gleichen Beulen wie bei der alten<br />

Brennblase. Das mag übertrieben scheinen.<br />

Doch die Single-Malt-Industrie lebt eben<br />

sowohl vom Mythos wie auch von den<br />

Geschmacksunterschieden zwischen den<br />

einzelnen Marken und Destillerien – und die<br />

Whiskyindustrie lebt recht gut. Die kleine<br />

Insel Islay, mit ihren 4000 Einwohnern und<br />

einer Handvoll Destillerien, füllt die britische<br />

Staatskasse zum Beispiel jährlich mit beinahe<br />

einer halben Milliarde Franken an<br />

Steuergeldern.<br />

Illegales Trinken wurde patriotische Pflicht<br />

Viel Geld. Und darüber freuen sich die<br />

Behörden nicht erst seit heute. Seit fast<br />

dreihundert Jahren schröpfen die britischen<br />

Steuervögte die Whiskyindustrie. Kein Wunder,<br />

tauchten in der Vergangenheit viele<br />

Brennereien in die Illegalität ab – und selbstverständlich<br />

galt das Trinken der unrechtmässig<br />

hergestellten Whiskys den Schotten<br />

als patriotischer Akt.<br />

Jede Region hat ihren Charakter<br />

Die Whiskybrennereien werden grob nach vier Regionen unterschieden. Die Single Malts<br />

aus den südlichen Lowlands haben oft einen sanften und leichten Charakter. Whiskys, die<br />

von der Insel Islay stammen, duften markant torfig, je nach Marke erinnern sie ein<br />

bisschen an Medizin oder sind eine Spur salzig. In den Highlands/Speyside finden sich<br />

die meisten Destillerien und dementsprechend gross sind die Unterschiede. Viele Single<br />

Malts aus dieser Region haben jedoch einen sanften Charakter und decken die ganze<br />

Bandbreite zwischen süsslich und trocken ab. Last but not least kommen die Whiskys von<br />

den Inseln Jura, Orkney, Mull und Skye. Geografisch gehören sie eigentlich noch zu den<br />

Highlands. Auch hier ist es schwierig, eine gemeinsame Charakteristik zu finden, reichen<br />

die Aromen doch von süsslich bis trocken, von torfig bis mild.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 73


Die meisten Destillerien überlassen das Wenden der austreibenden Gerste Maschinen –<br />

natürlich schwören Puristen, dass nichts über die Handarbeit eines Schotten geht.<br />

Heute ist das Geschäft mit dem Whisky ein<br />

Business wie jedes andere auch. Steuern<br />

sind ein lästiges Übel, aber kein Grund für<br />

Schwarzbrennerei. Wichtiger ist den Destillerien<br />

die Erhaltung des Charakters.<br />

Für diesen Charakter nehmen die als geizig<br />

verschrienen Schotten sogar etwas eher<br />

Unschottisches in Kauf: Im Verlauf der Fassreifung<br />

«verdampft» der Whisky jährlich um<br />

rund zwei Prozent seines Volumens, den<br />

«angels share» – den Anteil der Engel. Zwei<br />

Prozent, das hört sich nach wenig an, aber<br />

nach 15 Jahren ist ein Drittel verdampft.<br />

Ist der Single Malt erst mal in Flaschen<br />

abgefüllt, reift er nicht mehr nach. Jetzt geht<br />

es nur noch um den Genuss. Wie dieser sein<br />

soll, darüber streiten sich Laien genauso<br />

wie Experten. Die meisten Single-Malt-<br />

Anhänger trinken ihren Whisky pur. Ohne<br />

Wasser und schon gar nicht auf Eis. Die<br />

Schotten selber fügen ihrem Nationalgetränk<br />

hingegen ganz gerne ein paar Tropfen<br />

Wasser bei. So entwickelt sich der Duft<br />

besser und der typische Charakter tritt noch<br />

deutlicher hervor.<br />

Diese Charakterunterschiede machen den<br />

Single Malt zu einem alkoholischen Allrounder.<br />

Ein frischer, mit einem Hauch von Torf<br />

aromatisierter Caol Ila eignet sich durchaus<br />

als Aperitif, während ein Cardhu mit seiner<br />

Spur von Süsse einen guten Digestif abgibt.<br />

Und wer sich etwas Besonderes gönnen will,<br />

zündet sich zu seinem ein wenig nach Jod<br />

riechenden Lagavullin noch eine Havanna an.<br />

Single Malt ist nicht einfach Single Malt<br />

Single-Malt-Whiskys sind so kontrastreich wie<br />

Schottland selber. Der Herstellungsprozess aber<br />

ist immer der gleiche.<br />

1|Zuerst wird die Gerste gemälzt. Dazu<br />

wird sie für zwei bis drei Tage in Wasser<br />

eingeweicht, dann breitet man die Samen<br />

auf einem Felsen oder auf einem Betonboden<br />

aus.<br />

2|Hier treibt die Gerste nun aus. Dabei<br />

verwandelt ein Enzym einen Teil der Gerste<br />

in Zucker und Stärke. Während acht bis zwölf<br />

Tagen wird die keimende Gerste von fleissigen<br />

Schotten immer wieder umgeschaufelt<br />

und gewendet.<br />

3|Schliesslich wird der Keimungsprozess<br />

gestoppt. Dazu streut man die gemälzte<br />

Gerste auf einen Trockenboden aus. Unterhalb<br />

des Bodens glüht ein Feuer vor sich<br />

hin – eine Mischung aus Torf und anderen<br />

brennbaren Materialien. Der aufsteigende<br />

Rauch trocknet das Malz und verleiht ihm<br />

gleichzeitig einen Teil des charakteristischen,<br />

für jede Destillerie eigenen Geschmacks.<br />

4|Die getrocknete Gerste wird gemahlen<br />

und mit heissem Wasser gemischt. Die festen<br />

Bestandteile setzen sich am Boden ab,<br />

ein anderer Teil löst sich auf. Diese Flüssigkeit<br />

– in Schottland nennt man sie Wort –<br />

wird abgezogen und kommt in grosse Becken,<br />

die zwischen 9000 und 45000 Liter fassen.<br />

5|Bei einer konstanten Temperatur von<br />

rund 21 Grad und unter Beigabe von<br />

Hefe lässt man das schlammig aussehende<br />

Gemisch vor sich hin gären.<br />

6|Nach etwa 48 Stunden hat diese Flüssigkeit<br />

einen Alkoholgehalt von rund sieben<br />

Prozent. Erst jetzt beginnt der eigentliche<br />

Destillationsprozess. In einer Brennblase<br />

wird die Flüssigkeit aufgeheizt. Alkohol verdampft<br />

bei einer tieferen Temperatur als<br />

Wasser und verflüchtigt sich, lange bevor<br />

das Wasser zu kochen beginnt. Die kondensierte<br />

Flüssigkeit wird aufgefangen und<br />

anschliessend ein zweites Mal destilliert.<br />

Diese zweite Destillation verlangt grosse<br />

Routine. Denn nur der mittlere Teil der verdampfenden<br />

Flüssigkeit kann verwendet<br />

werden. Den richtigen Zeitpunkt muss ein<br />

Brennmeister einfach im Gefühl haben.<br />

7|Nun kommt der gewonnene Whisky – der<br />

immer noch völlig farblos ist und zwischen<br />

53 und 60 Alkoholprozent hat – zur Lagerung<br />

in die Fässer. Diese Fässer sind nicht etwa<br />

neu. Die einen ziehen Eichenfässer vor,<br />

die Sherry enthielten, andere solche, in denen<br />

Bourbon reifte. In beiden Fällen lagert der<br />

Single Malt nun aber mindestens drei Jahre.<br />

In der Regel beträgt die Reifezeit aber<br />

zwischen 8 und 15 Jahren – bei einzelnen<br />

Abfüllungen wesentlich länger.<br />

Foto: David Lefranc<br />

74 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


SPONSORING<br />

Die Schweiz wird zum EURO-Land<br />

und zu einer neuen Fussball-Grösse<br />

Das Jahr 2002 war das erfolgreichste in der 107-jährigen Geschichte des Schweizerischen Fussballverbands<br />

SFV. Das Tüpfelchen auf das «i» stellte dabei die erfolgreiche Kandidatur für die EURO 2008 dar. Wie geht<br />

es nun weiter? Was bedeutet dieser Grossanlass für die Schweiz? Andreas Schiendorfer, Redaktion Bulletin<br />

Mittwoch, 12. Dezember 2002, 14.32 Uhr:<br />

UEFA-Präsident Lennart Johannsson verkündet,<br />

dass die EURO 2008 in Österreich<br />

und in der Schweiz stattfindet.<br />

Trotz der guten Vorbereitung war der<br />

erfolgreiche Verlauf dieser sportpolitischen<br />

Abstimmung keineswegs sicher. Umso grösser<br />

der Jubel: «Ein Hauch von südländischer<br />

Freude», titelte selbst die nüchterne «NZZ».<br />

«Der Schweizer Fussball kann nun sechs<br />

Jahre dem Leitstern EURO 2008 folgen: ein<br />

ideales Förderband für das 1995 eingeführte<br />

Nachwuchskonzept des SFV», erklärt Thomas<br />

Helbling, Gesamtprojektleiter der Kandidatur<br />

EURO 2008. «Das Stichwort ‹EURO<br />

2008› ist für jedes Talent eine Antriebsfeder<br />

mit Langzeitwirkung.»<br />

Gerade dieses Nachwuchskonzept ist<br />

der Credit Suisse seit je ein Anliegen. Die<br />

Hälfte des finanziellen Engagements komme<br />

seit Beginn der Partnerschaft 1993 dem<br />

Nachwuchs zugute, betont Urs Wyss, Leiter<br />

Sponsoring Credit Suisse. Die Junioren<br />

hätten denn auch während der Durststrecke<br />

der A-Nationalmannschaft nach 1996 immer<br />

wieder für ausgezeichnete Resultate gesorgt.<br />

2002 erreichte der SFV mit dem Europameistertitel<br />

der U17-Junioren und dem Vordringen<br />

der U21 in den Halbfinal einen kaum<br />

zu überbietenden Höhepunkt.<br />

Für die Credit Suisse hat sich sowohl das<br />

Engagement für die Nationalmannschaften<br />

wie auch jenes für die Kandidatur EURO<br />

2008 gelohnt. Trotzdem ist die Zukunft noch<br />

ungewiss. «Der Vertrag mit dem SFV läuft<br />

nach der EURO 2004 in Portugal aus», erklärt<br />

Adrian Schüpbach, Leiter Sportsponsoring<br />

Schweiz. «Die Partnerschaft mit den Nationalmannschaften<br />

wird sicher weitergehen –<br />

sofern man sich über die Konditionen einigt.<br />

Zu bedenken gilt es dabei beispielsweise,<br />

dass nun die für einen Sponsor attraktiven<br />

Qualifikationsspiele wegfallen werden.»<br />

Auch die EURO 2008 selbst ist näher, als<br />

man denkt: Bereits im März wird in Genf das<br />

zweite EURO-Stadion eingeweiht, und im<br />

Herbst müssen die Zürcher per Abstimmung<br />

die letzte Unsicherheit über den Bau ihres<br />

Stadions beseitigen. Das Eröffnungsspiel<br />

steigt am 7. Juni 2008 im neuen Wankdorf.<br />

Nicht erst dann gilt es, vorbereitet zu sein. Die<br />

EURO 2008 wird 1,138 Millionen Menschen<br />

in die Stadien der beiden Länder locken.<br />

Bern, Basel, Genf und Zürich können mit<br />

rund 14 000 Zusatzübernachtungen pro Tag<br />

rechnen. Das allein ergibt, mit Verpflegung<br />

und Nebenkosten, einen Mehrumsatz von<br />

rund 150 Millionen Franken. Zweifellos bilden<br />

die Fernsehübertragungen mit total 10,5<br />

Milliarden Zuschauern auch eine ideale<br />

Werbeplattform für die Schweiz.<br />

Rot und Blau im Stade de Genève<br />

Der neue St. Jakob Park in Basel bringt der Schweizer Nationalmannschaft Glück:<br />

Das Team von Köbi Kuhn gewann dort das erste Qualifikationsspiel für die EURO<br />

2004 in Portugal gegen Georgien mit 4:1 und startete eine neue Erfolgsserie. Nun<br />

steht, am 2. April, in Tiflis das Rückspiel bevor. Verlieren verboten, lautet da die<br />

Devise, will man sich vor dem wichtigen Spiel in Basel gegen Russland (7. Juni)<br />

seine Chancen wahren. Am 30. April folgt die Länderspielpremiere im neuen,<br />

oben abgebildeten Stade de Genève. Die Squadra Azurra stellt dabei einen<br />

ausgesprochen attraktiven und starken Gegner der Rothemden dar. Das Freundschaftsspiel<br />

gegen Italien dürfte deshalb bald einmal ausverkauft sein. Die Credit<br />

Suisse, Hauptsponsor der Fussball-Nationalmannschaften, hat sich rechtzeitig<br />

für die Leser des Bulletin dreimal zwei Tickets gesichert. Die Verlosung wird im<br />

emagazine (www.credit-suisse.com/<strong>bull</strong>etin) durchgeführt.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 75


Dem Lauf der Zeit trotzen<br />

Am 9.März fällt der Startschuss des von der Credit Suisse gesponserten Engadin Skimarathons.13000 Frauen<br />

und Männer läuten damit die lange Saison der Torturen ein. Ob auf Inlineskates, Mountainbikes oder zu Fuss:<br />

Immer mehr suchen im Sport die grosse Herausforderung. Remo Geisser, Sportredaktor «NZZ am Sonntag» und Hobbyläufer<br />

Start zum Engadin Skimarathon: Um ans Ziel zu kommen, ist weder Talent noch Technik entscheidend, sondern vor allem eine grosse Portion Sturheit.


SPONSORING<br />

Foto: swiss-image/Remy Steinegger<br />

Im Ausdauersport ist das Mass aller Dinge<br />

nach wie vor der Marathon, der Mythos<br />

aller Disziplinen. Hunderttausende joggen<br />

weltweit in atmungsaktiven Kleidern und<br />

mit luftgefederten Schuhen auf den Spuren<br />

des griechischen Meldeläufers Pheidipides,<br />

der von Marathon nach Athen lief und<br />

gerade noch die Botschaft vom Sieg seiner<br />

Landsleute über die Perser murmeln<br />

konnte, bevor er tot zusammenbrach.<br />

Solche Bilder mögen in den Köpfen ablaufen,<br />

wenn moderne Menschen zum Wagnis<br />

Marathon aufbrechen. Nicht umsonst fällt<br />

im Gespräch mit Ausdauersportlern immer<br />

wieder der Begriff der Grenzerfahrung.<br />

Und es ist auch kein Zufall, dass diese<br />

Sportler meist über 35 sind, es in ihrem<br />

Leben zu etwas gebracht haben und sich<br />

allmählich zurücklehnen könnten. Aber<br />

plötzlich kommt die Frage: War es das jetzt?<br />

Es ist erstaunlich, wie viele Erfolgsmenschen<br />

in der zweiten Hälfte ihres Lebens<br />

beginnen, gegen die Zeit anzurennen.<br />

Joschka Fischer, Jörg Haider, Roger de<br />

Weck oder Roger Schawinski sind einige<br />

prominente Beispiele. Stehen sie wieder<br />

einmal an der Startlinie zu einem grossen<br />

Volkslauf, scheint es, als seien politische<br />

oder geschäftliche Erfolge nichts,<br />

gemessen an einer blechernen Finisher-<br />

Medaille und einer persönlichen Bestzeit.<br />

Der Mythos Marathon täuscht darüber<br />

hinweg, dass Ausdauersport für die breite<br />

Masse völlig einfach ist. Es braucht dazu<br />

weder Talent noch Technik, sondern vor<br />

allem Zeit und ein gerüttelt Mass an Sturheit.<br />

Das ist wohl die wichtigste Erklärung<br />

dafür, warum in Wohlstandsgesellschaften<br />

ein eigentlicher Marathonboom entstehen<br />

konnte. Der Trainingsplan gibt dem Leben<br />

einen strukturierten Inhalt, das Ziel gibt<br />

ihm einen Sinn. Dabei können die Grenzen<br />

bei Bedarf immer wieder verschoben<br />

werden: Der Marathon wird zum Ultralangstreckenlauf,<br />

zum Triathlon, zum Inferno-<br />

Triathlon, zum Gigathlon.<br />

Dass soziale Kontakte unter der permanenten<br />

Selbstkasteiung leiden, spielt<br />

in einer ohnehin entfremdeten Welt keine<br />

grosse Rolle. Als Entschädigung für die<br />

Einsamkeit des Langstreckentrainings gibt<br />

es entlang der grossen Stadtmarathonstrecken<br />

wohlige Duschen der Zuwendung.<br />

Hunderttausende tragen die Läufer mit<br />

ihrem Applaus ins Ziel. «You look good!»,<br />

rufen sie in New York. «Du schaffst es!»,<br />

schreien sie in Berlin. Und der Läufer<br />

erreicht das Ziel wie in Trance. Die Endorphine,<br />

die in seinem Gehirn ausgeschüttet<br />

werden, damit die Schmerzen überhaupt<br />

erträglich sind, spielen dabei eine mindestens<br />

so wichtige Rolle wie die Anfeuerungsrufe<br />

der Zuschauer. Psychologen sprechen<br />

vom «Flow», einer rauschhaften Empfindung,<br />

die sich aus einer leichten Überforderung<br />

und deren Überwindung ergibt.<br />

Dieses Gefühl hält auch nach dem Wettkampf<br />

noch einige Zeit an. Viele Finisher<br />

berichten von einer Euphorie, die bis zu<br />

einem Monat ihr Leben versüsst und für<br />

Grosstaten im Geschäftsalltag genutzt wird.<br />

Ohne die richtige Ausrüstung läuft nichts<br />

So viel positive Energie ist den Sportlern<br />

einiges wert. Das beginnt bei der Investition<br />

in die Ausrüstung: Laufschuhe, Socken,<br />

Shorts, Tops, Regenjacken – alles aus<br />

Hightechmaterialien, deren fantastische<br />

Namen allein schon Erfolg suggerieren.<br />

Hinzu kommen elektronische Pulsmesser<br />

zur Trainingssteuerung, Geräte zur Bestimmung<br />

des Körperfettanteils, Laktatmessgeräte<br />

und manch anderes Produkt der<br />

modernen Technik. Wie lange dauert es noch,<br />

bis auch reine Hobbysportler zur Vorbereitung<br />

auf den New York Marathon in einer<br />

Unterdruckkammer nächtigen, um die<br />

Vermehrung der roten Blutkörperchen zu<br />

stimulieren?<br />

Doch nicht nur die Sportartikelindustrie<br />

profitiert vom Boom des Ausdauersports,<br />

sondern auch die Reisebranche, denn für<br />

die meisten Teilnehmer zählt nicht nur<br />

die Leistung, sondern auch der Ort, an dem<br />

diese erbracht wird. New York, London oder<br />

Berlin heissen die Marathondestinationen<br />

mit dem höchsten Prestige; Triathleten zieht<br />

es nach Hawaii, Ultraläufer auf die Jungfrau.<br />

So kommt es, dass in der Millionenstadt<br />

Berlin nur gut zehn Prozent der<br />

40 000 Teilnehmenden Einheimische sind.<br />

Fast 10 000 kommen aus dem Ausland,<br />

davon über 1000 aus der Schweiz. Ähnlich<br />

sind die Verhältnisse in London oder New<br />

York. Die Schweizer Kontingente an Veranstaltungen<br />

im Ausland sind noch eindrücklicher,<br />

wenn man weiss, dass es in der<br />

Schweiz laut Fachleuten nur rund 3000<br />

Marathonläufer gibt. Auch die Anreise an<br />

Marathonanlässe ist nicht gerade billig.<br />

So kostet ein viertägiger Trip nach Berlin<br />

ohne Weiteres 1000 Franken, und für den<br />

Flug nach New York müssen mindestens<br />

2500 Franken hingeblättert werden. Dafür<br />

ist der Startplatz garantiert, und meist<br />

wird noch ein mehr oder weniger umfassender<br />

Zusatzservice geboten: T-Shirt, Massage<br />

und Betreuung durch prominente<br />

Ex-Läufer. Doch längst nicht alle geben<br />

sich mit dem Standardangebot zufrieden.<br />

Für die Reise zum New York Marathon<br />

leistet sich inzwischen jeder zehnte Schweizer<br />

ein Businessclass-Ticket. Schliesslich<br />

will man die Aussichten auf eine gute<br />

Zeit nicht schon beim Anflug in der Holzklasse<br />

gefährden.<br />

Am Veranstaltungsort angekommen,<br />

greifen die Sportler noch einmal tief in die<br />

Tasche. Eine Umfrage, die 1998 am Berlin-<br />

Marathon durchgeführt wurde, brachte<br />

eindrückliche Zahlen zu Tage: Die 25 000<br />

Teilnehmer reisten im Durchschnitt mit<br />

1,5 Begleitpersonen an, buchten insgesamt<br />

knapp 50 000 Übernachtungen und gaben<br />

pro Tag 132 (Deutsche) respektive 182<br />

(Ausländer) Franken aus. Das ergab für die<br />

Stadt Berlin eine Wertschöpfung von<br />

42,5 Millionen Franken. Der Organisations-<br />

Die Credit Suisse am<br />

35. Engadin Skimarathon<br />

Als Hauptsponsor trägt die Credit Suisse<br />

seit 1997 dazu bei, dass der Engadin Skimarathon<br />

und die Tage vorher zum Langlauf-Volksfest<br />

werden. Den Auftakt macht<br />

am 2.März 20<strong>03</strong> der Frauenlauf. Er führt über<br />

17 Kilometer von Samedan nach S-chanf.<br />

Am 7. März folgt der Mungga-Lauf, wo prominente<br />

Gäste für und mit der Engadiner<br />

Skijugend laufen.<br />

Im Marathon-Village in St. Moritz Bad können<br />

sich Langläuferinnen und Langläufer<br />

über die aktuellen Trends informieren und<br />

mit der neusten Ausrüstung eindecken.<br />

Daneben bietet die Credit Suisse ein Spektakel<br />

der besonderen Art: PS-Fans können<br />

im Cockpit eines <strong>Formel</strong>-1-Simulators von<br />

Sauber Petronas ihr Können unter Beweis<br />

stellen. Hauptpreis ist eine Führung für zwei<br />

Personen im Sauberwerk in Hinwil. Der Startschuss<br />

zum 35. Engadin Skimarathon fällt<br />

am 9. März um 8.40 Uhr in Maloja. Weitere<br />

Infos auf www.engadin-skimarathon.ch oder<br />

unter 081 850 55 55 (rh)<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 77


Im Land der Superlativen<br />

In keinem Land der Welt gibt es eine solche Dichte von Veranstaltungen<br />

im Langstreckenbereich wie in der Schweiz. Der Wohlstand der Bevölkerung,<br />

die ideale Topografie, die gute Verkehrserschliessung und die Vielzahl<br />

von Sportvereinen, aus denen freiwillige Helfer rekrutiert werden können, spielen<br />

dabei eine zentrale Rolle.<br />

Die wichtigsten Langstreckenwettbewerbe<br />

und ihre Charakteristika<br />

Engadin Skimarathon<br />

9. März 20<strong>03</strong><br />

Zürich Marathon<br />

13. April<br />

100 km von Biel<br />

13./14. Juni<br />

Swiss Alpine Marathon<br />

26. Juli<br />

Ironman Switzerland<br />

27. Juli<br />

Inline one-eleven<br />

10. August<br />

Jungfrau-Marathon<br />

6. September<br />

Etwas für Einsteiger. Die Strecke führt zwar über die klassische Marathondistanz<br />

von 42,2 Kilometern, aber mit Ski lassen sich diese mit vergleichsweise<br />

geringem Aufwand bewältigen. Sind der Anstieg zur Olympiaschanze<br />

und der Stazerwald einmal überwunden, geht es gemächlich das Engadin<br />

hinunter. Rund 13000 Frauen und Männer machen diesen Volkslauf jährlich<br />

zu einer der grössten Sportveranstaltungen der Schweiz.<br />

Seit Jahren wird darüber geschnödet, dass es in der Schweiz keinen<br />

grossen Stadtmarathon gibt. Nun nimmt Zürich einen weiteren Anlauf. Die<br />

Strecke führt zwar nur zum Teil durch die Innenstadt, scheint aber mit bloss<br />

30 Höhenmetern sehr schnell zu bewältigen zu sein. Dass es ein Bedürfnis<br />

für ein solches Rennen gibt, zeigt der Run auf die Tickets: Anfang<br />

Januar waren bereits knapp 3000 der 5000 Startplätze vergeben.<br />

Einmal musst du nach Biel, heisst es unter ambitionierten Langstreckenläufern.<br />

Die lange Nacht im Seeland ist tatsächlich ein eindrückliches<br />

Erlebnis. Einsames Laufen in völliger Dunkelheit und Passagen inmitten<br />

von Volksfesten wechseln sich immer wieder ab. In den Morgenstunden<br />

beginnt allerdings für alle ein langer Kampf gegen die Müdigkeit. Trotz der<br />

langen Tortur wurden 2002 immerhin 1400 Läufer klassiert.<br />

Wer ganz hoch hinaus will, reist nach Davos. Die ultimative Herausforderung<br />

heisst hier K78. Der grösste Ultraberglauf der Welt führt am Piz Kesch<br />

über 78,5 Kilometer, wobei 2320 Meter zunächst als Auf- und dann als<br />

Abstieg zu überwinden sind. Abwärts werden Gelenke und Muskeln<br />

extrem strapaziert. Trotzdem wurden im vergangenen Jahr 900 Ultraläufer<br />

klassiert.<br />

Für Triathleten ist die Ironman-Distanz noch immer das einzig Wahre. 3,8 Kilometer<br />

Schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und zum Schluss noch einen<br />

Marathon laufen – das verlangt eine ungeheure Ausdauer. Jahr für Jahr<br />

machen sich in Zürich gegen 2000 Ausdauersportler auf den langen Weg.<br />

Noch ein Superlativ: «Längstes Inline-Rennen der Welt» nennen die St.Galler<br />

Organisatoren ihre Veranstaltung. Auf Rollen geht es gelenkschonend,<br />

aber keineswegs anspruchslos über 111 Kilometer durch die Ostschweiz.<br />

Knapp 700 Skater bewältigten im vergangenen Jahr das Pensum.<br />

Einmal mehr die 42,195 Kilometer, aber hier in einer besonderen Variante.<br />

1823 Höhenmeter sind zu überwinden, bevor das Ziel erreicht ist. Immerhin<br />

geht es auf dem letzten Kilometer abwärts, so dass die Bilder bei der<br />

Ankunft etwas schmeichelhafter ausfallen. Dass fast ausschliesslich<br />

aufwärts gelaufen wird, hat einen grossen Vorteil: Die Gelenke werden<br />

viel weniger belastet. Wer am Jungfrau-Marathon teilnehmen will, braucht<br />

Glück. Das Interesse ist riesig, und die 3600 Startplätze werden verlost.<br />

aufwand war mit 7,1 Millionen Franken<br />

bescheiden. In der Schweiz wurden vergleichbare<br />

Studien durchgeführt. So bringt<br />

der Skimarathon dem Engadin jährlich<br />

eine Wertschöpfung von fünf Millionen<br />

Franken, und im Berner Oberland werden<br />

mit dem Jungfrau-Marathon gegen sechs<br />

Millionen Franken umgesetzt.<br />

Solche Zahlen haben auch die Zürcher<br />

aufgeweckt. Hinter dem Stadtmarathon,<br />

der am 13. April erstmals durchgeführt<br />

werden soll, steht als treibende Kraft denn<br />

auch nicht etwa ein Sportverein, sondern<br />

die Tourismusindustrie. Erich Ogi, einer der<br />

Initianten des Projekts, rechnet schon<br />

im ersten Jahr mit einer Wertschöpfung von<br />

über sechs Millionen Franken. Und dies,<br />

obwohl die Teilnehmerzahl auf 5000<br />

beschränkt wird. Damit sollen Strecke<br />

und Logistik getestet werden. Ist der erste<br />

Eindruck positiv, steht einem Wachstum<br />

nichts im Weg. 10 000 Läufer scheinen<br />

auch für den Zürich Marathon keine Utopie.<br />

Der Boom der Ausdauersportarten hat<br />

aber auch seine Schattenseiten, denn<br />

im Kampf um das Prestige einer persönlichen<br />

Bestzeit ist manchen jedes Mittel<br />

recht. Dass in der Hoffnung auf eine<br />

Leistungssteigerung neben Elektrolytgetränken<br />

auch Coramintabletten geschluckt<br />

werden, mag noch als naiver Akt abgetan<br />

werden. Aber je ambitionierter die Hobbysportler,<br />

desto skrupelloser die Methoden.<br />

So brachte eine Studie am Jungfrau-<br />

Marathon zu Tage, dass 34 Prozent aller<br />

Läufer vor dem Start Schmerz- oder<br />

Rheumatabletten zu sich nahmen, um die<br />

Leiden während des Wettkampfes zu<br />

lindern. Andere putschen sich bewusst auf<br />

oder schrecken selbst vor Anabolika und<br />

Epo nicht zurück. «Ich vermute, dass 20<br />

bis 30 Prozent der Teilnehmenden am<br />

Engadiner gedopt sind», sagt der Schweizer<br />

Olympia-Arzt Beat Villiger. Und auch der<br />

grosse italienische Dopingbekämpfer<br />

Alessandro Donato warnt: «Doping wird<br />

zur Volkskrankheit.»<br />

Darum Vorsicht: Im verbissenen Kampf<br />

um immer noch bessere Leistungen könnte<br />

sich der Kreis schliessen. Wer Ausdauersport<br />

nach den unerbittlichen Regeln der<br />

Leistungsgesellschaft betreibt, droht zum<br />

modernen Pheidipides zu werden. Und die<br />

Kunde vom Sieg über sich selbst könnte<br />

irgendwann eine Todesanzeige zieren.<br />

78 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


SPONSORING<br />

Agenda 1/<strong>03</strong><br />

Aus dem Kultur- und Sportengagement<br />

der Credit Suisse<br />

GEORGIEN<br />

2.4. EM-Qualifikation Georgien –<br />

Schweiz, Fussball<br />

KUALA LUMPUR<br />

23.3. Grand Prix von Malaysia, F1<br />

LAUSANNE<br />

5.4. All Blues Jazz Classics:<br />

Brad Mehldau Solo & Trio,<br />

Métropole<br />

LENZBURG<br />

3.4. CS Junior Awards, Fussball<br />

LUGANO<br />

6.4. All Blues Jazz Classics:<br />

Brad Mehldau Solo & Trio,<br />

La Cittadella<br />

MELBOURNE<br />

9.3. Grand Prix von Australien, F1<br />

SÃO PAULO<br />

6.4. Grand Prix von Brasilien, F1<br />

STANS<br />

22.–27.4. Stanser Musiktage<br />

ZÜRICH<br />

7.4. All Blues Jazz Recitals:<br />

Brad Mehldau Solo & Trio<br />

Kultsaxofon<br />

Der Saxofonist Wayne Shorter gilt als genialer<br />

Jazzkomponist und Ideengenerator. Der<br />

knapp 60-Jährige kann auf eine besonders<br />

fruchtbare und abwechslungsreiche Karriere<br />

zurückblicken. 1964 holte ihn Miles Davis in<br />

seine Band, wo er massgeblich an der Weiterentwicklung<br />

des Stils jenes Ausnahmetrompeters<br />

beteiligt war. 1970 gründete er<br />

zusammen mit dem Keyboarder Joe Zawinul<br />

die legendäre Fusiongruppe Weather Report. Für seine Kompositionen,<br />

darunter auch die Filmmusik zu «Round Midnight», erhielt der<br />

Saxer bis anhin drei Grammys. Zurzeit ist er auf Tour – seit langem<br />

wieder einmal mit einer akustischen Band. Shorter kann auf hochkarätige<br />

Unterstützung zählen: Danilo Pérez, panamaischer Piano-<br />

Flinkling und einer der neuen Sterne am Klavierhimmel, Bassist<br />

John Pattitucci, langjähriges Mitglied in Chick Coreas Electric und<br />

Acoustic Bands sowie Drummer Brian Blade. (rh)<br />

Wayne Shorter, All Blues Jazz Recitals.<br />

17.3., Tonhalle Zürich; 18.3. Victoria Hall Genf. Weitere Infos<br />

unter www.allblues.ch und www.vervemusicgroup.com<br />

Auf www.credit-suisse.com/emagazine können Sie Tickets gewinnen.<br />

Kultort Stadion<br />

Auch wenn Fussball gerne als völkerverbindender Sport auftritt,<br />

gefoult wird trotzdem. Auf dem Spielfeld und leider immer mehr auch<br />

auf den Zuschauerrängen. Die Wanderausstellung «Kultort Stadion»<br />

zeigt, wie die Inszenierung von Grossereignissen in Fussballstadien<br />

neben der Begeisterung für das sportliche Geschehen auch schlecht<br />

kontrollierbare Emotionen und Aggressionen auszulösen vermag und<br />

ein wirkungsvolles Forum für Demonstrationen bietet. Die Ausstellung<br />

thematisiert Gewalt, Rassismus und Diskriminierung in und um<br />

Fussballstadien. Sie stellt die Problematik, Mechanik und Dynamik<br />

solcher Exzesse dar und vor allem zur Diskussion. «Kultort Stadion»<br />

ist ein erster Schritt auf dem Weg, sich den soziokulturellen Hintergründen<br />

des Phänomens anzunähern. Die Ausstellung zeigt auch,<br />

welche Initiativen ergriffen werden, um dieser Entwicklung im medial<br />

genutzten Fussball wirkungsvoll zu begegnen und die Freude am<br />

Fussball wieder ins Zentrum zu rücken. Gerade auch aktuellste<br />

Ereignisse zeigen, wie wichtig es ist, durch das Bewusstmachen dieser<br />

Zusammenhänge die Fairness im Sport wieder zu verstärken. (rh)<br />

«Kultort Stadion», Wanderausstellung.<br />

Erste Station vom 28.1. bis 8.3.<strong>03</strong> im Gundeldinger Feld, Basel.<br />

Mehr Infos unter www.klauslittmann.com<br />

Lina Böglis Reise<br />

Sie klingt unglaublich, die Geschichte<br />

der Lina Bögli und ihrer<br />

Reise in die Welt. Geboren 1858<br />

als Bauerntochter in Oschwand<br />

BE, machte sich Lina Bögli 1892<br />

auf eine Reise, die auf den Tag<br />

genau zehn Jahre dauern sollte.<br />

Die Berichte von dieser Weltreise,<br />

die nach ihrer Rückkehr als<br />

Briefe an eine fiktive Freundin<br />

veröffentlicht wurden, widersprechen<br />

den gängigen Vorstellungen<br />

der Möglichkeiten, die reisende<br />

Frauen Ende des 19. Jahrhunderts<br />

hatten. Lina bereiste allein<br />

und ohne jegliche Sicherheit<br />

Australien, Neuseeland, die USA<br />

und Kanada. Eine Reise in die<br />

weite Welt, doch auch eine Flucht<br />

vor einer unglücklichen Liebe zu<br />

einem polnischen Offizier. Unter<br />

der Regie von Christoph Marthaler<br />

entführt das Ensemble,<br />

darunter Catriona Guggenbühl<br />

und Michael von der Heide, die<br />

Zuschauer in die innere und äussere<br />

Welt einer früh emanzipierten<br />

Frau, die das Exil und<br />

die eigene Unabhängigkeit einer<br />

bürgerlichen Existenz vorzog. (rh)<br />

«Lina Böglis Reise», 21. und 25.3.,<br />

Schauspielhaus Zürich. Bulletin<br />

verlost für beide Daten je fünf Mal<br />

zwei Tickets. Details siehe Talon.<br />

Impressum<br />

Herausgeber Credit Suisse, Postfach 2, 8070 Zürich, Telefon <strong>01</strong> 333 11 11, Fax <strong>01</strong> 332 55 55 Redaktion Daniel Huber (dhu) (Leitung), Marcus Balogh (ba) (Wealth Management), Ruth Hafen (rh)<br />

(Sponsoring), Andreas Schiendorfer (schi) (Aktuell), emagazine: Andreas Thomann (ath), Martina Bosshard (mb), Michèle Luderer (ml), Michael Schmid (ms), Redaktionssekretariat: Sandra Haeberli,<br />

Telefon <strong>01</strong> 333 73 94, Fax <strong>01</strong> 333 64 04, E-Mail redaktion.<strong>bull</strong>etin@credit-suisse.com, Internet: www.credit-suisse.com/<strong>bull</strong>etin Korrektorat text control, Zürich Gestaltung www.arnolddesign.ch:<br />

Karin Bolliger, Adrian Goepel, Urs Arnold, Alice Kälin, Maja Davé, Benno Delvai, Annegret Jucker, Saroeun Dan, Andrea Studer, Roland Hersche, Monika Isler (Planung und Durchführung) Inserate<br />

Yvonne Philipp, Strasshus, 8820 Wädenswil, Telefon <strong>01</strong> 683 15 90, Fax <strong>01</strong> 683 15 91, E-Mail yvonne.philipp@bluewin.ch Druck NZZ Fretz AG/Zollikofer AG Redaktionskommission Othmar Cueni<br />

(Head Corporate & Retail Banking Northern Switzerland, Private Clients), Claudia Kraaz (Head Corporate Communications Credit Suisse Financial Services), Eva-Maria Jonen (Customer Relation Services,<br />

Marketing Winterthur Life & Pensions), Karin Rhomberg (Chief Communications Officer Credit Suisse Group), Fritz Stahel (Credit Suisse Economic & Policy Consulting), Burkhard Varnholt (Head Financial<br />

Products), Christian Vonesch (Head Marktgebiet Privatkunden Zürich), Claudia Grüter (Head Private Clients Offers, e-Solutions) Erscheint im 108. Jahrgang (6 × pro Jahr in deutscher, französischer<br />

und italienischer Sprache). Nachdruck gestattet mit dem Hinweis «Aus dem Bulletin der Credit Suisse». Adressänderungen bitte schriftlich und unter Beilage des Original-Zustellcouverts an Ihre<br />

Credit Suisse Geschäftsstelle oder an: Credit Suisse, KISF 14, Postfach 600, 8070 Zürich<br />

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Sie bedeutet kein Angebot und keine Aufforderung seitens der Credit Suisse zum Kauf oder Verkauf von Wertschriften. Hinweise auf die frühere<br />

Performance garantieren nicht notwendigerweise positive Entwicklungen in der Zukunft. Die Analysen und Schlussfolgerungen in dieser Publikation wurden durch die Credit Suisse erarbeitet und könnten<br />

vor ihrer Weitergabe an die Kunden von Credit Suisse bereits für Transaktionen von Gesellschaften der CREDIT SUISSE GROUP verwendet worden sein. Die in diesem Dokument vertretenen Ansichten<br />

sind diejenigen der CREDIT SUISSE GROUP zum Zeitpunkt der Drucklegung. (Änderungen bleiben vorbehalten.) Credit Suisse ist eine Schweizer Bank.


LEADERS<br />

«Wir müssen die Bombe<br />

der Intoleranz entschärfen»<br />

Wenn er nicht gerade an einem Bestseller schreibt, kämpft der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho<br />

für eine bessere Welt. Interview: Ruth Hafen, Redaktion Bulletin<br />

Ruth Hafen In Ihren Büchern geht es in<br />

erster Linie um spirituellen, aber auch um<br />

handfesten Reichtum. In Ihrem neusten<br />

Werk «Der Dämon und Fräulein Prym» verdirbt<br />

die Aussicht auf plötzlichen Reichtum<br />

den Charakter eines ganzen Dorfes.<br />

Sie sind weltweit einer der erfolgreichsten …<br />

Paulo Coelho … und reichsten! (lacht<br />

schallend)<br />

… Autoren. Hat Sie das viele Geld verändert?<br />

Ich war immer reich. Reichtum ist nicht in<br />

erster Linie mit dem Geld verbunden, das<br />

man hat. Es geht vielmehr darum, was man<br />

damit macht, ob man es zu seinem Vorteil<br />

zu nutzen weiss. Als ich noch ein Hippie<br />

war, bereiste ich mit nur 200 Dollar die<br />

ganzen Vereinigten Staaten und einen Teil<br />

von Mexiko. Mit fehlte es an nichts: Ich<br />

hatte genug zu essen, eine Freundin und<br />

viel Spass. Was ist Reichtum? Doch nur<br />

die Möglichkeit, das zu tun, wonach einem<br />

gerade der Sinn steht. Und mit diesen<br />

200 Dollar konnte ich all das tun, was ich<br />

wollte. Heute habe ich zwar mehr Geld,<br />

aber wenn ich das Leben nicht geniessen<br />

kann, bin ich trotzdem arm dran. Worauf<br />

es wirklich ankommt, ist, dass der Mensch<br />

seine Träume verwirklichen kann. Das ist<br />

wahrer Reichtum.<br />

Geld allein macht also nicht glücklich. Da<br />

könnten Sie Ihres ja ebenso gut verschenken.<br />

Ich begann zu schreiben, als ich schon<br />

relativ alt war, mit 38, in einem Alter, in dem<br />

die meisten Leute nichts Neues mehr<br />

anfangen. Es wird eher von einem erwartet,<br />

endlich etwas zu Ende zu bringen. Es war<br />

immer mein Traum gewesen, Schriftsteller<br />

zu sein, ich hatte die Umsetzung aber immer<br />

wieder aufgeschoben. Als ich meinen<br />

Traum endlich erfüllt sah, war ich sehr zufrieden.<br />

Doch vielen Leuten in meiner Nähe<br />

geht es schlecht. Sie haben zu wenig zu<br />

essen, keine Chance, ihre Träume zu verwirklichen,<br />

sind frustriert. Ich merkte, dass<br />

ich keine Insel bin: Ich kann nicht zufrieden<br />

leben, wenns um mich herum unglückliche<br />

Leute gibt. Es gibt viele Dinge, die<br />

ich nicht ändern kann. Ich kann die Einstellung<br />

eines Menschen gegenüber seinem<br />

Schicksal nicht ändern. Also habe ich nicht<br />

versucht, die ganze Welt zu verändern,<br />

sondern beschloss, es in meinem Viertel zu<br />

versuchen. Ich habe das Instituto Paulo<br />

Coelho gegründet, das sich momentan um<br />

310 Kinder und deren Erziehung kümmert.<br />

Dafür steht ein jährliches Budget von<br />

400 000 Dollar zur Verfügung. Natürlich<br />

benütze ich auch meinen Ruhm, meinen<br />

Erfolg, um auf die Regierung Druck<br />

auszuüben, damit die Grundlage für die<br />

Ärmsten verbessert wird. Das Gewissen<br />

regt sich, wenn man merkt, dass man<br />

keine Insel ist.<br />

Wählen Sie die Projekte, die unterstützt<br />

werden, selbst aus? Nein, nein. Meine<br />

Frau Cristina kümmert sich darum. Als wir<br />

das Institut gründeten, war klar, dass das<br />

Geld für Projekte in unserer Nachbarschaft<br />

bestimmt sein sollte. In der Nähe meiner<br />

Wohnung in Rio gibts genug Favelas, wo<br />

die Leute unter grosser Armut leiden.<br />

Vor vier Jahren haben wir mit 100 Kindern<br />

begonnen, heute sinds 310, das Ziel<br />

liegt bei 800.<br />

Sie helfen Menschen in Ihrem engeren<br />

Umfeld. Haben Sie eine Idee, wie man den<br />

Reichtum global besser verteilen könnte?<br />

Ich bin mir der Probleme, die auf der Welt<br />

herrschen, bewusst. Ich bin davon überzeugt:<br />

Wenn ich helfe, wird mir gleichzeitig<br />

geholfen. Das ist positive Energie, die<br />

freigesetzt wird. Ich bin sicher, dass eine<br />

stille Kette der Solidarität die ganze Welt<br />

umspannt. Die Menschen beginnen, sich<br />

miteinander zu verbinden und Ideen auszutauschen,<br />

sie fangen an, zu kooperieren.<br />

Ich bin Vorstandsmitglied der «Schwab<br />

Foundation for Social Entrepreneurship»,<br />

einer Schweizer Stiftung. Klaus Schwab<br />

möchte durch diese Organisation weltweit<br />

Leute verbinden, die soziale Anliegen auch<br />

in ihre Arbeit einbringen. Wir möchten die<br />

Welt verbessern, aber ohne romantische<br />

Ideen, die nirgends hinführen, sondern mit<br />

einem ausgeprägten Realitätssinn. Eine<br />

neue ökonomische Struktur soll entstehen,<br />

welche die sozialen Anliegen der Gesellschaft<br />

mit einbinden soll. Die Schwab<br />

Foundation wird in zehn Jahren ein wichtiger<br />

Katalysator für die Förderung von<br />

sozialverträglichem Unternehmertum sein.<br />

Das tönt sehr nach Elfenbeinturm. Im Gegenteil!<br />

Es laufen bereits einige sehr konkrete<br />

Projekte: Nutzung von Solarenergie, Kondome<br />

für die Prostituierten in Thailand, ein<br />

Spiel, um die Kinder in Peru zu alphabetisieren.<br />

Insgesamt sind es etwa 40 Projekte.<br />

Klaus Schwab möchte die Leute, die an<br />

diesen Projekten arbeiten, mit den Teilnehmern<br />

am World Economic Forum (WEF)<br />

zusammenbringen, um so weitere finanzielle<br />

Unterstützung zu finden.<br />

Sie sind einer der wenigen WEF-Teilnehmer,<br />

die nicht aus Politik oder Wirtschaft kommen.<br />

Ich bin nicht der Einzige. Umberto Eco<br />

war schon da, Mario Vargas Llosa, Peter<br />

Gabriel, Bono. Wir müssen eine Dialogbasis<br />

schaffen. Die Gesellschaft ist zu<br />

komplex; Dinge, die uns hier beeinflussen,<br />

üben auch anderswo ihren Einfluss aus.<br />

Ein chinesisches Sprichwort sagt, dass der<br />

Flügelschlag eines Schmetterlings in China<br />

in Amerika einen Hurrikan auslösen kann.<br />

Es muss eine Diskussion zwischen den<br />

aktiven Mitgliedern der Gesellschaft stattfinden.<br />

Das WEF soll dafür sorgen, die<br />

Foto: Tom Haller<br />

80 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


«Mit 38 Jahren beschloss ich, mein bisheriges Leben über Bord zu werfen und Schriftsteller zu werden», verrät Paulo Coelho.<br />

Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong> 81


LEADERS<br />

«Wahrer Reichtum ist,<br />

wenn ein Mensch seine<br />

Träume verfolgen kann.»<br />

Paulo Coelho<br />

Welt zu verbessern. Doch es bestehen viele<br />

Vorurteile gegenüber dem Forum. Das ist<br />

schade, denn das Forum leistet sehr wertvolle<br />

Arbeit.<br />

Sie haben kein Verständnis für die Gegner,<br />

die befürchten, dass eine kleine Machtgruppe<br />

hinter verschlossenen Türen über<br />

den Lauf der Welt bestimmt? Klar, ich<br />

dachte früher ja auch so. Aber in Wirklichkeit<br />

ist es doch so, dass keiner diese Macht<br />

hat. Keiner hat diese Kontrolle. Heute<br />

besteht auf der Welt die ungesunde Tendenz<br />

zur Vereinfachung. Wir meinen immer,<br />

alles erklären zu müssen, also erklären<br />

wir die Dinge auf die einfachste – und<br />

schlechteste – Weise. Mir gefällt das Einfache,<br />

aber es ist unzulänglich, die Welt<br />

so simpel darzustellen, alles nur in Schwarz<br />

und Weiss. Alle Dinge sind miteinander<br />

verbunden.<br />

Neben Ihrer eigenen Stiftung und der<br />

Schwab Foundation arbeiten Sie auch für<br />

die Unesco. Worum geht es da? Ich bin für<br />

die Unesco und für die Shimon Perez<br />

Foundation tätig. Wir leben in einer Zeit, in<br />

der die Welt immer mehr aus den Fugen<br />

gerät und niemand mehr die Kontrolle hat.<br />

Das kann in zwei Richtungen führen: zu<br />

mehr Toleranz oder zu Fundamentalismus.<br />

Ich spreche hier von islamischem Fundamentalismus,<br />

den christlichen Fundamentalismus<br />

– der für mich nichts mit Glauben zu<br />

tun hat – möchte ich beiseite lassen. Die<br />

Idee der Unesco ist es, eine Diskussion einzufädeln.<br />

Es geht nicht darum, am grünen<br />

Tisch über Gott oder religiösen Synkretismus<br />

zu reden, sondern darum, gemeinsam<br />

Brücken zu finden; das ist nicht einfach.<br />

Wir stehen noch ganz am Anfang dieses<br />

Prozesses. Vor zwei Jahren wurde ich<br />

als erster nicht muslimischer Schriftsteller<br />

in den Iran eingeladen. Wir versuchen, Menschen<br />

unterschiedlicher Kulturen und<br />

Glaubensrichtungen dazu zu bringen, miteinander<br />

in den Dialog zu treten; wir müssen<br />

die Bombe der Intoleranz entschärfen.<br />

Sie wurden erst mit 38 Schriftsteller. Wieso?<br />

Weil es sehr einfach ist, einen Traum zu<br />

haben. Und sehr schwierig, den Preis dafür<br />

zu bezahlen. Sobald ich beginne, den Traum<br />

zu leben, muss ich mich darauf gefasst<br />

machen, dass ich nicht nur gewinnen, sondern<br />

auch verlieren kann. Die Angst ist<br />

immer präsent. Im «Alchimisten» beschreibe<br />

ich einen Kristallverkäufer, der seine Träume<br />

nicht verwirklichen will, weil er Angst<br />

hat, sein Leben verliere dann den Sinn. In<br />

meinem Fall war das anders: Ich dachte,<br />

mein Traum wäre nicht realisierbar. Also sei<br />

es besser, mit dieser romantischen Idee<br />

zu leben und mich über die Gesellschaft und<br />

alles Mögliche zu beschweren, anstatt zu<br />

versuchen, meinen Traum zu verwirklichen<br />

und vielleicht damit Schiffbruch zu erleiden.<br />

Als ich zum ersten Mal auf dem Jakobsweg<br />

pilgerte – der Wendepunkt meines<br />

Lebens –, wurde mir bewusst, was für ein<br />

Feigling ich 38 Jahre lang gewesen war.<br />

Ich hatte immer die komfortabelste Art zu<br />

leben gesucht, statt das Risiko einzugehen,<br />

meinen Traum zu verwirklichen. Dann aber<br />

habe ich mir gesagt, jetzt beginnst du,<br />

deinen Traum zu leben. Du kannst gewinnen<br />

oder verlieren. Es ist zwar spät, aber<br />

noch ist alles möglich. Und es war nicht<br />

zu spät. Ich beschloss, mein bisheriges<br />

Leben über Bord zu werfen.<br />

Welche Rolle spielen Religion und Glaube in<br />

Ihrem Leben? Glaube und Religion sind<br />

zwei verschiedene Dinge. Die Religion gibt<br />

mir Disziplin. Ich denke zwar nicht, dass<br />

Disziplin zu den wichtigsten Dingen der Welt<br />

gehört, aber für mich ist sie von grosser<br />

Bedeutung. Glaube ist ebenfalls sehr wichtig<br />

für mich. Den Glauben muss man sich<br />

täglich erobern, er gleicht einer Wette, die<br />

man mit sich selbst eingeht. Und wie es halt<br />

so ist mit allen Wetten, ist man sich nie ganz<br />

sicher. Deswegen brauchts den Glauben.<br />

Was tun Sie, wenn Sie nicht mehr weiterwissen?<br />

Ich halte mich an Zeichen. Ich<br />

glaube fest daran, dass alles aus Zeichen<br />

ersichtlich ist. Wenn ich meine ganze<br />

Aufmerksamkeit darauf konzentriere, sehe<br />

ich die Zeichen, das Alphabet Gottes. Die<br />

Antworten auf meine Fragen können überall<br />

sein – im Taxifahrer, im Concierge, in einem<br />

Passanten, überall. Die Zeichen können<br />

überall auftauchen, und ich folge ihnen.<br />

Sie haben Glück, solche Zeichen sieht nicht<br />

jeder. Ja, ich habe Glück. Der Schriftsteller<br />

Carlos Castaneda sagte einmal, dass alle<br />

Menschen einen Kubikzentimeter Glück<br />

haben. Das Geheimnis des Lebens besteht<br />

darin, diesem Kubikzentimeter zu folgen.<br />

Internetlinks:<br />

3 www.paulocoelho.com<br />

3 www.schwabfound.org<br />

3 www.diogenes.ch<br />

Vom Hippie und Magier zum millionenschweren Popliteraten<br />

Paulo Coelho, 1947 geboren, wurde erst mit 38 Jahren Schriftsteller. Nach einem abgebrochenen<br />

Jurastudium schrieb er in den Siebzigerjahren sozialkritische Songtexte für<br />

Raul Seixas, einen brasilianischen Rockstar. Der Militärjunta ein Dorn im Auge, wurde er<br />

wiederholt verhaftet, einmal während einer Woche sogar inhaftiert und gefoltert. Danach<br />

arbeitete er einige Zeit als Manager beim Plattenlabel Polygram. Mit seinem Buch «Der<br />

Alchimist» gelang ihm der Durchbruch. Von der Literaturkritik wird er als Leichtgewicht<br />

eingestuft, was seine Beliebtheit bei der Leserschaft jedoch nicht schmälert: Mit einer<br />

Auflage von rund 45 Millionen in 56 Sprachen gehört Coelho zu den fünf meistverkauften<br />

Autoren weltweit. Zu seiner Fangemeinde zählen auch Bill Clinton und Madonna. Ende<br />

Oktober 2002 wurde Paulo Coelho in die brasilianische Akademie der Geisteswissenschaften<br />

aufgenommen. Der Autor lebt mit seiner Frau, der Malerin Cristina Oiticica, in<br />

Rio de Janeiro und im südfranzösischen Tarbes.<br />

Foto: Tom Haller<br />

82 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>03</strong>


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