FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 19
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
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q MATHIAS RÄTSCH ÜBER DIE VERTEILUNG VON »<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong>« IM STADTTEIL<br />
Gefüllte Briefkästen mit Beilagen<br />
A<br />
ls Kind habe ich mich tierisch gefreut, wenn ab<br />
und zu auch ein Brief für mich im Briefkasten<br />
war. Als Erwachsener weiß ich: Nur ein leerer<br />
Briefkasten ist ein guter Briefkasten. Findorff<br />
hat ungefähr 16.000 Haushalte und ebenso<br />
viele Briefkästen – von denen die meisten auch<br />
leer bleiben sollen, zumindest was kostenlose<br />
Werbung und Anzeigenblätter angeht.<br />
In meiner Jugend war der Job als<br />
AusträgerIn von Zeitungen und Prospektmaterial<br />
allerdings ein guter Einstieg, um erstmals<br />
in jungen Jahren eigenes (Taschen)Geld<br />
zu verdienen. In meiner Schulzeit habe<br />
ich Tausende von Anzeigenblättern,<br />
Prospekten und Handzetteln verteilt.<br />
Das war großartig und geht, gesetzlich<br />
nach Arbeitszeiten geregelt, ab<br />
einem Alter von 13 Jahren auch heute<br />
noch – nur das Interesse ist bei familiär<br />
finanziell vielseitig subventionierten<br />
Mittelstandskindern inzwischen deutlich<br />
geringer geworden. Aber das ist eine andere<br />
Geschichte.<br />
Der Wunsch nach weniger Werbung<br />
in den Briefkästen vieler<br />
FindorfferInnen verwundert<br />
nicht, angesichts der ungezählten Prospekte, Handzettel und<br />
kostenlosen Zeitungen, die jede Woche ihren Weg in die Haushalte<br />
der DorffbewohnerInnen finden. Wie groß die Werbeflut<br />
ist, lässt sich sichtbar am Beispiel von einigen sogenannten<br />
»toten« Briefkästen nachvollziehen, die oft vollgestopft werden,<br />
bis sie überquellen und nichts mehr hinein geht. Die vergilbten<br />
Anzeigenblätter zeugen dann wochenlang davon, dass die Briefkästen<br />
ohne InhaberInnen länger nicht geleert wurden.<br />
Über 50 Prozent aller Haushalte in Findorff sind sogenannte<br />
»Werbeverweigerer«. Diese hart klingende Bezeichnung ist keine<br />
Diskriminierung, sondern in der Werbebranche der Fachbegriff<br />
für Personen, die partout keine »Reklame« und unadressierten<br />
Postwurfsendungen erhalten wollen. Aber wie konnte es dazu<br />
kommen, dass viele Menschen keine Werbung wollen, obwohl<br />
sie sie in Wahrheit nutzen? Zu vermuten ist: Die Masse macht es.<br />
Zugleich ist auch der Informationsgehalt von einigen Anzeigenblättern<br />
eher gering. Sie wirken oft wie eine Ansammlung<br />
von Werbebeilagen – umrahmt mit etwas »Zeitung« mit wenig<br />
redaktionellen Inhalten. Die EmpfängerInnen erhalten viel bunt<br />
bedrucktes Papier mit Angeboten, wobei der Großteil von ihnen<br />
die Beilagen nicht sofort in der Papiertonne versenkt. Laut einer<br />
Studie werden die Prospekte von 61 Prozent der Befragten tatsächlich<br />
»immer« und von 33 Prozent »gelegentlich« gelesen.<br />
Wer hätte das gedacht ? Es passiert täglich – aber darf man in<br />
STADTTEILMARKETING<br />
einen Briefkasten einfach Werbung einwerfen ? Die Antwort lautet<br />
erstmal: »ja«. Werbung in Briefkästen ist erlaubt, es sei denn,<br />
der Einwurf ist ausdrücklich nicht erwünscht. Wer nicht will,<br />
der muss auch nicht: In diesem Fall ist ein sogenannter »Sperrvermerk«<br />
als sichtbarer Hinweis am Briefkasten anzubringen.<br />
Über die Hälfte aller FindorfferInnen haben es bereits getan, mit<br />
Aufklebern wie »Keine Werbung« – oft auch weniger freundlich<br />
formuliert (»Werbung unerwünscht«) – bis hin zu gestatteten<br />
Ausnahmen mit exakten Anweisungen, was (»Keinen Weser<br />
Report. Keinen Kurier der Woche. Kein <strong>FINDORFF</strong>«)<br />
man wie (»Zeitungen vollständig durch schieben«)<br />
und in welcher Anzahl (»Anzeigenblätter nur 3<br />
x«) doch gern hätte – oder eben auch nicht.<br />
Als InhaberInnen ihrer Briefkästen sind die<br />
KundInnen selbstverständlich KönigInnen:<br />
Alle Beschriftungen sind absolut legitim.<br />
Niemand soll durch kostenlose Anzeigenblätter<br />
oder Stadtteilzeitschriften belästigt<br />
werden. Die Verwaltung einiger »Poststellen«<br />
ist, bezogen auf den Zustand von mancher<br />
Beschriftung, allerdings optimierbar. Nicht selten<br />
sind Aufkleber stark verblichen und/oder komplett<br />
unleserlich. Findige AusträgerInnen<br />
werden dadurch gezwungen,<br />
anhand von typografischen Spurenelementen<br />
zu interpretieren, wie<br />
die »Werbebotschaft« auf den fast<br />
weißen Flächen wohl ursprünglich hieß – ähnlich wie Archäologen<br />
bei ägyptischen Hieroglyphen.<br />
Es geht noch besser: Gut getarnte WerbeverweigererInnen haben<br />
ihre »Keine Werbung«-Order nicht auf, sondern unter der Briefkastenklappe<br />
angebracht. Dadurch kann man den Aufkleber<br />
erst beim Anheben der Klappe erkennen – und die AusträgerInnen<br />
haben sich vergeblich auf den Weg gemacht. Wie soll man<br />
eine solche zunächst völlig unsichtbar versteckte Beschriftung<br />
interpretieren ? Werbung unerwünscht – Grundstücksbesuch<br />
aber schon – nicht selten inklusive Zugang über ein, zwei, drei<br />
Treppenstufen ? Fazit: Hinsichtlich mancher Kennzeichnung am<br />
Briefkasten ist noch Luft nach oben. Im Gegensatz dazu ist die<br />
Signalgebung an den Mehrparteien-Briefkastenanlagen der Wohnungsbaugesellschaften<br />
vorbildlich: »Keine Werbung« oder »Ja,<br />
Werbung« auf roter, beziehungsweise grüner Fläche signalisieren<br />
bereits aus Entfernung, wer möchte und wer nicht.<br />
Auch dieses Stadtteilmagazin ist kostenlos. Es hat viermal im<br />
Jahr das Ziel, 25.000 FindorfferInnen überall im Stadtteil zu<br />
erreichen. Mit einer Auflage von 10.000 gedruckten Exemplaren<br />
geht das im Stadtteil nur auch über die Verteilung in die Briefkästen.<br />
Die macht Sinn, kostet Geld und ist zulässig. Was man<br />
wissen sollte: Kostenlose Printmedien dürfen als sogenannte<br />
»Presseprodukte« WerbeverweigerInnen zugestellt werden. u<br />
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<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 18