Johann-Nestroy-Ring für Michael Köhlmeier 2020

Der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier wurde am 15. Oktober 1949 in Hard in Vorarlberg geboren und lebt zusammen mit seiner Frau, der Schriftstellerin Monika Helfer, in Hohenems und Wien. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Feldkirch studierte er Politikwissenschaft und Germanistik in Marburg an der Lahn. Nach dem ersten Staatsexamen betrieb er ein Zweitstudium der Mathematik und Philosophie in Gießen. In den 1970er Jahren wurde er mit Hörspielen im Österreichischen Rundfunk und kürzeren Prosatexten als Schriftsteller bekannt. 1974 erhielt Michael Köhlmeier seine erste Auszeichnung, den Rauriser Förderungspreis für Literatur. Seit Anfang der 1980er Jahre entstand ein umfangreiches Romanwerk neben einer Vielzahl kürzerer Texte und feuilletonistischer Beiträge. 1983 entstand gemeinsam mit Peter Klein der Hörspiel-Klassiker „March Movie“, das zwischen 1988 und 2007 im Ausland meistgesendete ORF-Hörspiel, das das Verschwinden einer ganzen Blasmusikkapelle zum Thema hat. Die Darsteller in diesem skurril-phantastischen und zugleich aber auch heiteren Hörspiel sind Laien und zwei Vorarlberger Blaskapellen. Sehr erfolgreich waren seine auf Ö1 ausgestrahlten freien Nacherzählungen antiker Sagenstoffe und biblischer Geschichten, die später auch als CD-Editionen und Bücher erschienen sind. Das Mysterienspiel „Lamm Gottes“ Für die Bühne schrieb Michael Köhlmeier einige Theaterstücke. „Lamm Gottes“ wurde erst kürzlich am Theater Kosmos in Bregenz unter der Regie von Augustin Jagg uraufgeführt. Das Mysterienspiel über Gott und Teufel, die Liebe, über Leben und Tod, also über die Welt und wahrscheinlich auch darüber, was sie im Innersten zusammenhält, wird ab November 2020 im Schauspielhaus Salzburg aufgeführt. Der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier

wurde am 15. Oktober 1949 in Hard in Vorarlberg geboren und lebt zusammen mit seiner Frau, der Schriftstellerin Monika Helfer, in Hohenems und Wien. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Feldkirch studierte er Politikwissenschaft und Germanistik in Marburg an der Lahn. Nach dem ersten Staatsexamen betrieb er ein Zweitstudium der Mathematik und Philosophie in Gießen.

In den 1970er Jahren wurde er mit Hörspielen im Österreichischen Rundfunk und kürzeren Prosatexten als Schriftsteller bekannt. 1974 erhielt Michael Köhlmeier seine erste Auszeichnung, den Rauriser Förderungspreis für Literatur. Seit Anfang der 1980er Jahre entstand ein umfangreiches Romanwerk neben einer Vielzahl kürzerer Texte und feuilletonistischer Beiträge. 1983 entstand gemeinsam mit Peter Klein der Hörspiel-Klassiker „March Movie“, das zwischen 1988 und 2007 im Ausland meistgesendete ORF-Hörspiel, das das Verschwinden einer ganzen Blasmusikkapelle zum Thema hat. Die Darsteller in diesem skurril-phantastischen und zugleich aber auch heiteren Hörspiel sind Laien und zwei Vorarlberger Blaskapellen.

Sehr erfolgreich waren seine auf Ö1 ausgestrahlten freien Nacherzählungen antiker Sagenstoffe und biblischer Geschichten, die später auch als CD-Editionen und Bücher erschienen sind.


Das Mysterienspiel „Lamm Gottes“

Für die Bühne schrieb Michael Köhlmeier einige Theaterstücke. „Lamm Gottes“ wurde erst kürzlich am Theater Kosmos in Bregenz unter der Regie von Augustin Jagg uraufgeführt. Das Mysterienspiel über Gott und Teufel, die Liebe, über Leben und Tod, also über die Welt und wahrscheinlich auch darüber, was sie im Innersten zusammenhält, wird ab November 2020 im Schauspielhaus Salzburg aufgeführt.

31.08.2021 Aufrufe

Johann-Nestroy-Ring DER STADT BAD ISCHL 2020 Fotos © Ring: Wolfgang Stadler / Michael Köhlmeier: Daniela Weiland Michael Köhlmeier

<strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong><br />

DER STADT BAD ISCHL<br />

<strong>2020</strong><br />

Fotos © <strong>Ring</strong>: Wolfgang Stadler / <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>: Daniela Weiland<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>


JOHANN-NESTROY-RING<br />

DER STADT BAD ISCHL<br />

Der <strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> der Stadt Bad Ischl <strong>für</strong> <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong><br />

Mit <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> erhält heuer ein ausgesprochen vielseitig<br />

begabter und bekannter Künstler und Schriftsteller den <strong>Johann</strong>-<br />

<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> der Stadt Bad Ischl. Er erfüllt als solcher unbestritten<br />

jene „außerordentlichen und herausragenden Leistungen im<br />

Geiste von <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>“, die laut Verleihungsstatuten Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> die Zuerkennung des <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>s sind.<br />

Im Jahr 2005 freute sich Bad Ischl erstmalig über die ehrenvolle<br />

Aufgabe, im Gedenken an den bedeutendsten österreichischen<br />

Volksdramatiker den ersten <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> der Stadt Bad<br />

Ischl an seinen Träger Erwin Steinhauer überreichen zu dürfen.<br />

Seitdem führt die Stadtgemeinde Bad Ischl in Zusammenarbeit<br />

mit der Internationalen <strong>Nestroy</strong>-Gesellschaft die Tradition der Verleihung<br />

des <strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>s fort. Durch die Verleihung dieser besonderen<br />

Auszeichnung, die im heurigen Jahr bereits zum neunten<br />

Mal erfolgt, ist es gelungen, die Kaiser- und Kulturstadt auch zu<br />

einer <strong>Nestroy</strong>stadt zu machen.<br />

Vor dem Lehár-Theater, dem Verleihungsort der Auszeichnung, in<br />

dem <strong>Nestroy</strong> auf der Bühne stand oder bei Theateraufführungen<br />

als Zuschauer in einer der Logen Platz nahm, steht heute eine<br />

Büste, die an ihn und sein Leben in Bad Ischl erinnert. Das gilt<br />

auch <strong>für</strong> jene Villa am <strong>Nestroy</strong>weg, die <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>, dessen<br />

Aufenthalte in Ischl bereits seit 1845 belegt sind, 1859 kaufte und<br />

um welche er einen großzügigen Garten errichtete.<br />

Die ehemalige „Kaiser Franz Josef Knabenbürgerschule“ ist heute<br />

eine Neue Mittelschule und trägt den Namen „<strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong><br />

Schule“. Vielleicht auch, um mit einem Augenzwinkern an dessen<br />

Werk „Die schlimmen Buben in der Schule“ zu erinnern.<br />

Erwin Steinhauer, Karl Heinz Hackl, Peter Turrini, Karl Markovics,<br />

Nicholas Ofczarek, <strong>Michael</strong> Niavarani, Erni Mangold und Herbert<br />

Föttinger konnten bereits ihren <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> im historischen<br />

Ambiente des Lehár-Theaters entgegennehmen. Am 25. Oktober ist<br />

es <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>, der den <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> erhalten wird.<br />

Ich könnte mir keinen würdigeren Preisträger als <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong><br />

vorstellen. Nicht nur seine Bücher begeistern mich seit Jahren,<br />

auch seine Rede in der Wiener Hofburg anlässlich des Holocaust-Gedenkens<br />

im Jahre 2018, in der er gegen antisemitische<br />

und rassistische Äußerungen in der Politik auftrat, wird mir immer<br />

in Erinnerung bleiben.<br />

In diesem Sinne möchte ich mich bei <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> <strong>für</strong> seine<br />

satirisch kritische, phantasievolle künstlerische Auseinandersetzung<br />

mit den gesellschaftlichen Anliegen unserer Zeit, die Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> die Verleihung des <strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>s ist, bedanken und gratuliere<br />

ihm herzlich zum <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> der Stadt Bad Ischl!<br />

Ines Schiller BEd – Bürgermeisterin der Stadt Bad Ischl


Bedeutungsvolle Ehrung großer Persönlichkeiten<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> wird damit Teil einer langen Reihe großer<br />

Persönlichkeiten wie Helmut Qualtinger, Leopold Lindtberg,<br />

Gustav Manker, Hans Weigel, Gerhard Bronner, Alexander<br />

Steinbrecher, Peter Wehle, Axel von Ambesser, Otto Basil,<br />

Elfriede Ott, Attila und Paul Hörbiger, Herbert Lederer, Lukas<br />

Resetarits, Werner Schneyder, Robert Löffler, Kurt Sowinetz,<br />

Hans Kann, Heinz Petters, Lore Krainer, Fritz Muliar, Josef<br />

Meinrad, Erich Sokol, Inge Konradi, Christine Nöstlinger,<br />

Trude Marzik, Manfred Deix, Dolores Schmidinger, Helmuth<br />

Lohner, Hilde Sochor, Norbert Pawlicki, Karl Paryla, Karl Schuster,<br />

Houchang Allahyari, Otto Schenk, Gusti Wolf, Heli Deinboek,<br />

Robert Meyer, Roland Neuwirth, Elizabeth T. Spira, Peter<br />

Gruber, Marianne Mendt, Willi Resetarits, Otto Tausig, Brigitte<br />

Swoboda, H. C. Artmann, Louise Martini, Susi Nicoletti, Gertraud<br />

Jesserer, Paul Angerer, Reinhard Tramontana, Christine<br />

Ostermayer, Josef Hader, Gustav Peichl, Erwin Steinhauer,<br />

Karlheinz Hackl, Karl Markovics, Nicholas Ofczarek, <strong>Michael</strong><br />

Niavarani, Erni Mangold und Herbert Föttinger.<br />

Sie alle sind Träger des <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>es, der – von der<br />

Internationalen <strong>Nestroy</strong>-Gesellschaft verliehen – zwischen 1976<br />

bis 1999 von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt wurde. Seit<br />

2005 wird er von der Stadt Bad Ischl in Auftrag gegeben, zum<br />

Gedenken an <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>, der viele Sommer in seiner<br />

Ischler Villa lebte und sowohl als Gast im Publikum als auch als<br />

Darsteller auf der Bühne viel Zeit im Lehár-Theater verbrachte.<br />

Die Stadt Bad Ischl, die den <strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> als Auftraggeber<br />

von der Internationalen <strong>Nestroy</strong>-Gesellschaft zugesprochen<br />

bekam, beauftragte den Ischler Goldschmied Gerold Schodterer,<br />

ein neues Konzept zu entwickeln, das der Bedeutung<br />

dieses Preises gerecht wird. Sein Entwurf stellt eine Verbindung<br />

zwischen dem Genie <strong>Nestroy</strong>s, der Stadt Bad Ischl, den Verleihungskriterien,<br />

dem jeweiligen Preisträger, dessen Persönlichkeit<br />

und dessen künstlerischem Anliegen her.<br />

Bedeutungsvolle Ehrung großer Persönlichkeiten<br />

Fotos: Wolfgang Stadler / Gerhard Flohberger / Portraitfoto Ines Schiller: FotoHofer Bad Ischl


KONZEPTION und GESTALTUNG<br />

Gestalt ist mehr als die Summer der einzelnen Teile<br />

Die Zahl 5 spielt im Konzept <strong>für</strong> den <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong><br />

eine tragende und verbindende Rolle. 5 Kriterien werden<br />

von der Jury als Grundlage <strong>für</strong> die Verleihung des Ehrenringes<br />

herangezogen:<br />

• Pflege von <strong>Nestroy</strong>s Erbe<br />

• Höchste künstlerische Ebene<br />

• Zeitkritik<br />

• Satire<br />

• Phantasie<br />

Das Werk <strong>Nestroy</strong>s ruht auf den 5 Säulen seiner Begabungen.<br />

Diese 5 Säulen bilden den <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> und<br />

verbinden sein Werk, die Stadt Bad Ischl und die Kriterien,<br />

die zur Wahl des <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>-Trägers führen.<br />

• Lehrtätigkeit<br />

• Schauspiel<br />

• Gesang<br />

• Komik<br />

• Dichtkunst<br />

I<br />

nstruktion<br />

S chauspiel<br />

C ouplets<br />

H umor<br />

L yrik


Die Welt des <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong> war die Bühne<br />

So schwebt über dem <strong>Ring</strong> eine Bühne, auf welcher der/<br />

die jeweilige <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>-Träger/in auftritt. Form<br />

und Gestaltung der Bühne werden individuell auf die<br />

Persönlichkeit abgestimmt.<br />

Unter der Bühne wirkt „<strong>Nestroy</strong>s Geist“<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>, der es wie kein anderer verstand, den Menschen<br />

seiner Zeit einen Spiegel vorzuhalten, der im Laufe der<br />

Jahre nichts an Klarheit eingebüßt hat, gibt sich im <strong>Ring</strong> durch<br />

den Spiegel zu erkennen.<br />

Dieser Spiegel durchdringt aber auch die Bühne, wird an<br />

der Oberfläche sichtbar und stellt so den Bezug zwischen<br />

<strong>Nestroy</strong>s Vermächtnis und dem/der Künstler/in und Ehrenringträger/in<br />

her.<br />

Die außergewöhnliche und bizarre Formensprache des<br />

<strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>s mit seiner „schwebenden” Bühne<br />

unterstreicht die <strong>für</strong> <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong> so typische Ausdrucksweise<br />

und nimmt auf seine unvergleichlichen Satzgebilde<br />

Bezug, die trotz ihrer Tiefe und Treffsicherheit vollkommen<br />

leicht im Raum zu schweben scheinen.<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>s Welt war die Bühne<br />

So wie <strong>Nestroy</strong> auf der Bühne stand und so wie die<br />

Ausgezeichneten, die im Sinne <strong>Nestroy</strong>s wirken, auf der Bühne<br />

des Lebens bestehen, beweist auch der <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<br />

<strong>Ring</strong> sein „Stehvermögen“ als Kleinskulptur, sofern er nicht als<br />

<strong>Ring</strong> getragen wird.<br />

Fotos: Wolfgang Stadler / <strong>Nestroy</strong>-Gesellschaft Wien / Walter Zemlicka


ICH WÜRD‘ GERNE GEGEN MICH KÄMPFEN<br />

Ich würd‘ gerne gegen mich kämpfen!<br />

Da treffen sich zwei. Aus dem Reich im Westen der eine,<br />

aus dem Reich der Mitte der andere. Und wo treffen sie<br />

sich? Im Osten, genauer gesagt in der Hauptstadt dieses<br />

besonderen Reiches. Und worum geht es bei dem Treffen?<br />

Na, worum es in Märchen immer geht, um Lebenskunst,<br />

um Gold und Silber, um einen Edelstein und einen besonderen<br />

<strong>Ring</strong> und natürlich um Phantasie und Glück.<br />

Künstler sind sie beide. Jener aus dem Westen ein Schriftsteller,<br />

Musiker und Erzähler, der aus der Mitte ein Goldschmied.<br />

Der Goldschmied stellt Fragen und hört gebannt<br />

zu, während der Schriftsteller erzählt, denn er hat die Aufgabe,<br />

einen Ehrenring <strong>für</strong> diesen zu fertigen. Nicht irgendeinen<br />

<strong>Ring</strong>, sondern den „<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>“. In Auftrag gegeben<br />

von jener Stadt, die man im ganzen Reich als das „Herz<br />

des Salzkammergutes“ bezeichnet, der Stadt, in der <strong>Nestroy</strong><br />

seine Sommer verbrachte und in derem Theater er sich<br />

wohlfühlte, sei’s auf der Bühne oder im Zuschauerraum.<br />

Diesen <strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> also, der alle zwei Jahre von der Internationalen<br />

<strong>Nestroy</strong>-Gesellschaft <strong>für</strong> herausragende künstlerische<br />

Leistungen verliehen und <strong>für</strong> den Preisträger persönlich<br />

angefertigt wird, soll in diesem Jahr der Schriftsteller<br />

aus dem Westen des Reiches erhalten. Darum also treffen<br />

sich die beiden.<br />

<strong>Nestroy</strong> war ein Meister der Satire<br />

Was ihn mit <strong>Nestroy</strong> verbindet, will der Goldschmied wissen.<br />

„Nun“, meint der Schriftsteller und setzt zu einer ausführlichen<br />

Erklärung an, „meine Liebe gehört Shakespeare und<br />

darum ist mir die Verwandtschaft zwischen den beiden<br />

schon sehr früh aufgefallen. <strong>Nestroy</strong> war ja ein Meister der<br />

Satire. Obwohl, beim Wort ‚Satire‘ leuchten bei mir immer<br />

die Warnlichter auf, denn in den meisten Fällen spürt man<br />

den Autor; der will mich irgendwohin führen, der will mein<br />

Fotos: Residenz-Verlag Salzburg / Haymon-Verlag Innsbruck / Hanser Literaturverlage / Karoline Schodterer


Lehrer sein, der will mich manipulieren. Und nur bei ganz<br />

großen Satirikern, die Satire nicht nur auf eine politische Situation<br />

anwenden, sondern auf die Existenz des Menschen<br />

als Ganzes, ist diese Manipulation nicht da. <strong>Nestroy</strong> bezieht<br />

sich selber in die Satire mit ein. Insofern ist er verwandt mit<br />

seinem großen Bruder Shakespeare, der in seinen Komödien<br />

natürlich die politischen Situationen seiner Zeit aufgezeigt<br />

hat, aber weil er die Satire auf die ganze Menschheit<br />

ausdehnt, ist sie <strong>für</strong> uns heute immer noch gültig.“<br />

Es gibt keinen eindimensionalen Charakter<br />

„Auch <strong>Nestroy</strong> sagt uns heute immer noch was“, sinniert<br />

der Schriftsteller weiter, „was ich bei <strong>Nestroy</strong> bewundere,<br />

und ich betrachte ihn ja als Kollegen, sind seine Figuren.<br />

Als Schreiber weiß ich, wo die Fallen sind. Und eine<br />

Falle, in die man immer wieder tappt, ist die, dass man<br />

einem Charakter beim Schreiben zu wenige Widersprüche<br />

zutraut. Sowohl Shakespeare als auch <strong>Nestroy</strong> zeigen<br />

einen Melancholiker, der über einen ganz derben Witz<br />

schenkelklopfend lachen kann. Also <strong>für</strong> mich als Autor die<br />

Warnung: Pass auf, dass du nicht einen eindimensionalen<br />

Charakter schaffst, denn es gibt keinen eindimensionalen<br />

Charakter in der Wirklichkeit.“<br />

Wer ist stärker – ich oder ich?<br />

„Wenn ich <strong>Nestroy</strong> gelesen habe, hat er mich selber oft<br />

erwischt. Mit dem schönen Satz ‚Ich würd‘ gerne gegen<br />

mich kämpfen, nur um zu sehen, wer stärker ist, ich oder<br />

ich‘ hält er mir einen Spiegel vor. Das ist ein sehr kluger Satz,<br />

wenn man darüber nachdenkt. Er ist im Augenblick sehr<br />

witzig, heißt aber einfach, dass du selber sehen musst, ob<br />

du falsche Gefühle zeigst, und oft merkt man das ja selbst<br />

gar nicht.“<br />

„Wenn Sie mich fragen, was mir der <strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> bedeutet:<br />

Wenn ich ihn am Finger habe, erinnert er mich daran,


MEISTER DER WORTE<br />

achtzugeben, wann ich falsche Gefühle produziere oder<br />

zeige.“ Es sei ihm aufgefallen, meint der Goldschmied,<br />

dass der Schriftsteller in seinen Werken die besonders tiefe<br />

Bedeutung wie auch die Widersprüchlichkeit vieler Worte<br />

durchleuchte und auch die falsche Verwendung im<br />

Sprachgebrauch aufzeige.<br />

Das Wort ist Werkzeug und Werkstück zugleich<br />

„Das Wort“, meint dieser, „ist sowohl mein Werkzeug als<br />

auch das Werkstück, also muss ich ihm mit besonderer Liebe<br />

wie auch mit besonderem Misstrauen begegnen. Ich<br />

kann mir ja gar nicht vorstellen, dass die deutsche Sprache<br />

jemand erlernen kann. Ich geb’ Ihnen ein Beispiel: Wenn<br />

Sie das Wort ‚Aufgabe‘ nehmen, dieses Wort kommt von<br />

‚aufgeben‘, es ist mir etwas aufgegeben worden, aber ich<br />

kann auch sagen, ich habe aufgegeben. Also wie kann<br />

das sein, dass in einem einzigen Wort derartig widersprüchliche<br />

Aussagen stecken? Da sind wir wieder am Anfang, wie<br />

es Shakespeare und <strong>Nestroy</strong> gelingt, dass sie sich in einer<br />

einzigen Person gegen jede Typisierung sträuben.“<br />

Der Meister der Worte philosophiert weiter: „Wie soll das je<br />

jemand lernen? Stellen, anstellen, umstellen, einstellen – es<br />

ist eine so vieldeutige Sprache und gleichzeitig ist es eine<br />

so bilderreiche Sprache. Je älter ich geworden bin und je<br />

mehr ich geschrieben habe, desto rätselhafter und gewaltiger<br />

kommt mir die deutsche Sprache vor. Man muss wirklich,<br />

um sich halbwegs mit diesem Werkstück auseinanderzusetzen,<br />

jeden Tag daran sitzen, ansonsten geht das nicht,<br />

das ist wie Geige spielen. Sie würden das ja auch sagen<br />

können, Sie würden nie sagen, jetzt habe ich das irgendwann<br />

gelernt im Lehrbuch, jetzt hab ich’s. Das ist ein ständiger<br />

Prozess, der mein ganzes Leben in Anspruch nimmt,<br />

aber auch begeistert und wo man auch manchmal flucht.“<br />

„In einem Ihrer Bücher erzählen Sie“, so der Goldschmied,<br />

„dass Sie als naiver Zwanzigjähriger immer Bleistift und<br />

Fotos: © <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> / Hanser Literaturverlage / Haymon-Verlag Innsbruck


Notizbuch dabeigehabt hätten, diese beiden seien <strong>für</strong> Sie „heilige Gegenstände“ gewesen,<br />

gibt es die noch? Und wie geht es Ihnen mit dem Beginn eines neuen Werkes?“ Der<br />

Schriftsteller greift in seine Tasche und zieht seine beiden „heiligen Gegenstände“ heraus<br />

und meint: „Nur der Bleistift hat sich seit damals verändert, heute verwende ich den Faber-<br />

Castell, der hinten gleich den Spitzer und den Radiergummi dran hat.“<br />

Das erste Niederschreiben ist rauschhaft<br />

„Also wenn ich anfange“, beantwortet der Schriftsteller die Frage des Goldschmieds,<br />

„dann drängen die Personen, meistens sind‘s eine oder zwei, die drängen dann schon<br />

so, dass die Freude anzufangen groß ist. Bei dem Roman, der jetzt fertig ist, das ist der<br />

umfangreichste, den ich je geschrieben habe, da habe ich die Idee schon die ganze<br />

Zeit mit mir herumgetragen, und im Zug von Hohenems nach Bregenz habe ich mir<br />

gedacht, heute fange ich an. Ich bin dann nach dem Heimkommen noch schnell hinübergegangen<br />

in mein Arbeitszimmer und habe die erste Seite geschrieben. Das war so<br />

ein Glücksgefühl <strong>für</strong> mich!“<br />

„Meistens ist es so: Das erste Niederschreiben ist rauschhaft, also das geht so dahin, da überlege<br />

ich auch nicht, habe ich jetzt in einem Absatz dreimal dasselbe Wort verwendet, da<br />

halte ich mich mit dem gar nicht auf. Später folgen die Korrekturen. Am Anfang steht eine<br />

Person, und wenn Sie mich fragen, welches Thema, dann könnte ich’s Ihnen nicht sagen.<br />

Das Thema ergibt sich, indem ich einer Person folge, die gibt mir alles Weitere vor, und am<br />

Ende könnte ich sagen, das könnte das Thema gewesen sein.“<br />

Es ist, als würden mir die Geschichten geschenkt werden<br />

„Ich sehe also diese Person bildhaft vor mir, und zwar so genau bildhaft, dass ich sogar vergesse,<br />

sie zu beschreiben, weil ich mir denke, der Leser sieht sie ja auch, aber der sieht sie<br />

natürlich nicht, und dieser Person, wie gesagt, der folge ich dann. Erst im zweiten, dritten,<br />

vierten Durchgang schau ich dann hin, und ich sag ihnen, der Text wird beim zweiten Mal<br />

nicht kürzer, eher länger. Bei den Romanen gibt es kaum einen Absatz, bei dem ich nicht<br />

mindestens zwanzigmal drüber gegangen bin, aber manchmal öfter, und zuerst wird’s länger,<br />

indem ich mehr reingehe in die Materie, und dann, wenn ich sage, jetzt hab‘ ich die<br />

Materie, dann wird’s wieder weniger.“<br />

„Das klingt so“, meint der Goldschmied, „als würden Ihnen die Geschichten, die Sie schreiben,<br />

geschenkt werden, gibt es <strong>für</strong> Sie so etwas wie Eingebung?“


MEISTER DER WORTE<br />

„Natürlich. Die Begeisterung <strong>für</strong> etwas kann ich nicht erklären,<br />

die Form ist Eingebung. Aber die Eingebung ist roh<br />

und in einem Zustand, der noch einer Bearbeitung bedarf.<br />

Ein religiöser Mensch würde das als ‚göttlich‘ bezeichnen.<br />

Wie auch immer, ich kann die Eingebung nicht rational<br />

erklären und will es auch gar nicht. Aber ohne die Eingebung<br />

ist alles nichts. Wichtig ist mir immer der Gegenwartsbezug.<br />

Es geht ja gar nicht anders, auch wenn wir<br />

so tun, als würden wir historisieren, sind wir immer Kinder<br />

der Gegenwart. Wenn jemand sagt, er schreibe einen rein<br />

historischen Roman, dann würde er uns nur interessieren,<br />

wenn wir uns auch darin gespiegelt sehen.“<br />

Die Vergangenheit spiegelt uns die Gegenwart<br />

„Es gibt diese Geschichte von Perseus, der das Haupt der<br />

Medusa holen soll, und er weiß, wenn er sie anschaut,<br />

wird er zu Stein. Er hat aber diesen blank polierten Schild,<br />

den nimmt er als Spiegel, und so kann er verhindern, dass<br />

er Schaden erleidet, während er ihr den Kopf abschlägt.<br />

Manche Sachen kann man nicht direkt anschauen, und<br />

vielleicht kann man manche Dinge in der Gegenwart besser<br />

erkennen, indem man sie in die Vergangenheit spiegelt.“<br />

Der Goldschmied meint, dass sich viele Texte des<br />

Schriftstellers wie psychologische Gutachten lesen würden.<br />

Shakespeare hat uns heutige Menschen erst erfunden<br />

„Nun, je älter ich werde, desto mehr interessiere ich mich<br />

<strong>für</strong> Philosophie, ich glaube, das ist eine Alterserscheinung.<br />

Harold Bloom war ein amerikanischer Literaturwissenschaftler<br />

und ein Shakespearekenner, der hat immer gesagt,<br />

Shakespeare hat uns heutige Menschen erst erfunden und<br />

er hat auch das, was wir heute Psychologie nennen, erst<br />

erfunden.“ Nun will der Goldschmied wissen, wie es sich mit<br />

der Musik verhalte, denn das Musizieren ziehe sich ja durch<br />

die gesamte Schaffensperiode des Schriftstellers.<br />

Fotos: Hanser Literaturverlage / Haymon-Verlag Innsbruck / Portrait <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>: © Daniela Weiland


Es wird weder ein Mozart noch ein Bob Dylan aus mir<br />

„Ich habe immer eine Affinität zu Musik gehabt, aber es<br />

ist ja oft so: Manchmal hat man eine Geliebte, die einen<br />

mehr liebt, als man sie liebt. Ich hab‘ zwei solche Geliebte,<br />

die mich nicht so lieben, wie ich sie. Die eine ist die<br />

Musik, die andere die Mathematik. Bei der Musik habe<br />

ich relativ schnell gemerkt, wo meine Grenzen sind, ich<br />

habe gewusst, es wird weder ein Mozart noch ein Bob<br />

Dylan aus mir.“<br />

Ob er einen Edelstein kenne, <strong>für</strong> den er sich entflammen<br />

könne, fragt der Goldschmied den Schriftsteller und legt<br />

zwei Steine vor ihn hin: Die Monatssteine <strong>für</strong> den Oktober,<br />

den Turmalin und den Opal, denn der Oktober ist der<br />

Geburtsmonat des Schriftstellers. „Den Opal“, meint der<br />

Schriftsteller und dreht den in allen Farben des Regenbogens<br />

schillernden Stein in seinen Händen, „den würde ich<br />

gerne im <strong>Ring</strong> haben.“<br />

Schließlich sind die beiden am Ende des Gesprächs angekommen<br />

und weil sie sich in einem der <strong>für</strong> die Hauptstadt<br />

so typischen Kaffeehäuser befinden, bestellen sie sich<br />

Sacherwürstl mit Gulaschsaft, Kren und Senf, ein Körbchen<br />

mit knusprigen Semmeln und dazu ein dunkles Zwickel,<br />

und während sie hungrig und durstig auf das Bestellte<br />

warten, möchte der Goldschmied vom Schriftsteller wissen,<br />

ob es Momente gibt, in denen er sich vollkommen<br />

zufrieden fühle.<br />

Manchmal hat man eine Geliebte...<br />

„Ja“, meint der Schriftsteller, „diese Momente gibt es: zufrieden<br />

bin ich, wenn ich während des Schreibens selbstvergessen<br />

bin, also Hingabe, Hingabe muss ich sagen.“<br />

Und dann duftet es plötzlich und vor ihnen auf dem Teller<br />

liegen diese wunderbaren, dampfenden, überlangen<br />

Würstl und die beiden, der aus dem Westen und der aus<br />

der Mitte, nehmen ihre Gläser zur Hand und prosten sich<br />

zu – und fühlen sich wohl im Osten.<br />

(Zusammenfassung des Gesprächs von Gerold Schodterer mit <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>)


DIE HEILIGEN GEGENSTÄNDE<br />

Die heiligen Gegenstände<br />

„Aber ich red‘ jetzt so viel“, meint <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> während<br />

unseres Zusammenseins, „weil ich mich so gefreut<br />

hab auf das Gespräch mit Ihnen, es ist noch niemals in<br />

meinem Leben ein <strong>Ring</strong> <strong>für</strong> mich entworfen worden, noch<br />

niemals.“<br />

Ich freu mich natürlich über diesen Gefühlsausbruch<br />

und meine Frau Karoline, die mit uns am Tisch im Kaffee<br />

Museum in Wien Platz genommen hat, fängt vorausschauend<br />

mit ihrem Smartphone immer wieder besondere<br />

Momente ein, um sie <strong>für</strong> diese Nachlese verwenden<br />

zu können.<br />

Gut <strong>für</strong> mich, dass <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> so viel zu erzählen<br />

wusste, denn aus diesem Gespräch haben sich fünf Symbole<br />

herauskristallisiert, die im <strong>Ring</strong> zu einem Gesamtbild<br />

verschmelzen.<br />

Seine „heiligen Gegenstände“, den Bleistift und das Notizbuch,<br />

hat er gerade aus seiner Tasche geholt und vor mich<br />

hingelegt. Sie dürfen in der Geschichte des <strong>Nestroy</strong>rings<br />

<strong>2020</strong> nicht fehlen, stehen sie doch im Fall des Bleistifts <strong>für</strong><br />

das Auf-die-Welt-Bringen erster Eindrücke und Gedanken<br />

sowie <strong>für</strong> die handwerkliche Komponente des Schreibens.<br />

Ein Faber-Castell mit Radiergummi<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> benützt aber einen ganz besonderen<br />

Bleistift, einen von Faber-Castell, denn der ist an der<br />

Rückseite mit Spitzer und Radiergummi ausgestattet. Im<br />

<strong>Ring</strong> sitzt anstelle des Spitzers ein brillantgeschliffener<br />

Diamant, der den zündenden Funken symbolisiert und<br />

die Verbindung zwischen den Gedanken des Autors und<br />

der Bleistiftmine darstellt, durch die der Strom der Ideen<br />

fließt und Schrift wird.


„Denn Zufriedenheit“, so der Schriftsteller, „empfinde ich, wenn ich beim Schreiben völlig<br />

selbstvergessen bin, Hingabe muss ich sagen.“ Und dann steht der funkelnde Stein auch <strong>für</strong><br />

die vielen Glücksmomente, die er durch seine Arbeit erfahren darf und <strong>für</strong> die Eingebung,<br />

„denn ohne Eingebung“, so <strong>Köhlmeier</strong>, „ist alles nichts.“ Als er die erste Seite seines neuesten<br />

Romans niedergeschrieben hatte, erzählt er und lächelt dabei: „Das war so ein Glücksgefühl<br />

<strong>für</strong> mich!“<br />

Zwischenlager und Ideentummelplatz<br />

Das Notizbuch steht <strong>für</strong> das Bewahren erster Gedanken, das Festhalten von Geistesblitzen, ist<br />

Zwischenlager und Ideentummelplatz. Ist vor allem aber Aufbewahrungsort des Persönlichsten,<br />

das einen Schriftsteller ausmacht, seiner Handschrift.<br />

Auf dem Notizbuch sitzt eine Figur. Das Ebenbild eines Menschen, vielleicht der noch nicht<br />

ganz fertig modellierte Adam aus <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>s Bibelerzählung. „Wenn ich zu schreiben<br />

beginne“, so <strong>Köhlmeier</strong>, „seh‘ ich vor mir ganz bildhaft einen Menschen und dem<br />

folge ich dann, der gibt mir die Geschichte vor.“ Vielleicht handelt es sich bei der Figur<br />

auch um jemanden, der über die Welt und das Leben nachdenkt, vielleicht auch über<br />

den tiefen Sinn und die Bedeutung, aber auch über die Widersprüchlichkeit vieler Worte in<br />

der deutschen Sprache. Denn das Nachdenken und Abwägen zählt wohl zu den herausragenden<br />

Eigenschaften <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>s, der meint: „Je älter ich werde, desto mehr<br />

interessiere ich mich <strong>für</strong> Philosophie.“ Über das Wort sagt er, es sei sowohl sein Werkzeug als<br />

auch das Werkstück, also müsse er ihm mit besonderer Liebe wie auch mit besonderem<br />

Misstrauen begegnen.<br />

Das Leben muss aus der Möglichkeitsform erlöst werden<br />

Die Figur im <strong>Ring</strong> lehnt mit dem Rücken an einem Opal, dem Monatsstein des Oktobers.<br />

„Den würd‘ ich gern im <strong>Ring</strong> haben“, meint <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> und dreht den in allen Farben<br />

schillernden Stein in seiner Hand. Dieser Opal, finde ich, passt sehr gut zu ihm und<br />

vor allem zu einem seiner Sätze im Band „Von den Märchen“, in dem er schreibt: „Das<br />

Leben muss aus der Möglichkeitsform – die ja kein Leben sein kann – erlöst werden, erst<br />

dann kann es in die Wirklichkeit zurückkehren, die profan – also weltlich, alltäglich – ist<br />

und profan sein soll.“<br />

Fotos: Piper-Verlag München / Hanser Literaturverlage / Wolfgang Stadler Bad Ischl


DIE SYMBOLIK<br />

Die Opal-Ader dieses Steins ist hauchdünn, sodass das Muttergestein,<br />

also der Fels, mitgeschliffen werden muss, um ihn<br />

als Schmuckstein fassen zu können. Diese hauchdünne, in<br />

allen Farben schillernde Opalschicht steht <strong>für</strong> die Phantasie,<br />

das Traum- und Märchenhafte, <strong>für</strong> das Mögliche. Der mit der<br />

Opalschicht verbundene Fels versinnbildlicht das Irdische,<br />

Weltliche, schafft Erdung und Bodenhaftung, gibt Festigkeit.<br />

Der Spiegel als Symbol <strong>für</strong> Reflektion und Selbstreflektion<br />

Bleistift, Notizbuch, Figur und Opal liegen auf einer Spiegelfläche,<br />

die den blank polierten Schild des Perseus darstellt.<br />

Der Spiegel als Symbol <strong>für</strong> Reflektion und Selbstreflektion<br />

darf im <strong>Ring</strong> <strong>für</strong> <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> nicht fehlen, erzählt er<br />

doch sehr eindrucksvoll die Geschichte des Perseus, der<br />

den Kopf der Medusa deshalb unbeschadet an sich bringen<br />

kann, weil er sie nur über das Spiegelbild seines Schildes<br />

anschaut. „Vielleicht“, meint <strong>Köhlmeier</strong> dazu, „kann<br />

man Dinge in der Gegenwart besser erkennen, in dem<br />

man sie in die Vergangenheit spiegelt.“<br />

Über <strong>Nestroy</strong> sagt er: „Wenn ich <strong>Nestroy</strong> gelesen habe, hat<br />

er mich selber oft erwischt, er zeigt einem einen Spiegel.“<br />

Und im weiteren Verlauf unseres Gespräches meint er: „Ein<br />

rein historischer Roman würde uns nur interessieren, wenn<br />

wir uns auch darin gespiegelt sehen.“<br />

Die Krawatte am Finger<br />

Nun ist er also fertig, der <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> der Stadt<br />

Bad Ischl <strong>für</strong> <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong>, und ich hoffe, dass es<br />

mir gelungen ist, unserem Gespräch Ausdruck zu verlei-<br />

hen und dem großen Schriftsteller gerecht zu werden,<br />

der mir am Ende sagt: „Also nachdem ich jetzt weiß,<br />

was sie mit dem <strong>Ring</strong> anstellen, dann wird es so der<br />

Sonntagsschmuck, also die Krawatte am Finger sozusagen,<br />

oder der Sonntagsanzug.“ Vor allem aber ist<br />

er hoffentlich ein Spiegel geworden, in dem sich der<br />

<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>-Träger <strong>2020</strong> erkennt.<br />

© <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> / <strong>Ring</strong>: Wolfgang Stadler Bad Ischl


Der österreichische Schriftsteller <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong><br />

wurde am 15. Oktober 1949 in Hard in Vorarlberg geboren<br />

und lebt zusammen mit seiner Frau, der Schriftstellerin<br />

Monika Helfer, in Hohenems und Wien. Nach dem Besuch<br />

des humanistischen Gymnasiums in Feldkirch studierte er<br />

Politikwissenschaft und Germanistik in Marburg an der Lahn.<br />

Nach dem ersten Staatsexamen betrieb er ein Zweitstudium<br />

der Mathematik und Philosophie in Gießen.<br />

In den 1970er Jahren wurde er mit Hörspielen im Österreichischen<br />

Rundfunk und kürzeren Prosatexten als Schriftsteller<br />

bekannt. 1974 erhielt <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> seine erste<br />

Auszeichnung, den Rauriser Förderungspreis <strong>für</strong> Literatur.<br />

Seit Anfang der 1980er Jahre entstand ein umfangreiches<br />

Romanwerk neben einer Vielzahl kürzerer Texte und feuilletonistischer<br />

Beiträge. 1983 entstand gemeinsam mit Peter<br />

Klein der Hörspiel-Klassiker „March Movie“, das zwischen<br />

1988 und 2007 im Ausland meistgesendete ORF-Hörspiel,<br />

das das Verschwinden einer ganzen Blasmusikkapelle zum<br />

Thema hat. Die Darsteller in diesem skurril-phantastischen<br />

und zugleich aber auch heiteren Hörspiel sind Laien und<br />

zwei Vorarlberger Blaskapellen.<br />

MICHAEL KÖHLMEIER<br />

Sehr erfolgreich waren seine auf Ö1 ausgestrahlten freien<br />

Nacherzählungen antiker Sagenstoffe und biblischer<br />

Geschichten, die später auch als CD-Editionen und<br />

Bücher erschienen sind.<br />

Das Mysterienspiel „Lamm Gottes“<br />

Für die Bühne schrieb <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> einige Theaterstücke.<br />

„Lamm Gottes“ wurde erst kürzlich am Theater<br />

Kosmos in Bregenz unter der Regie von Augustin Jagg<br />

uraufgeführt. Das Mysterienspiel über Gott und Teufel, die<br />

Liebe, über Leben und Tod, also über die Welt und wahrscheinlich<br />

auch darüber, was sie im Innersten zusammenhält,<br />

wird ab November <strong>2020</strong> im Schauspielhaus Salzburg<br />

aufgeführt.<br />

Szenenfotos: Gerhard Kresser – Schauspielhaus Salzburg


Schriftsteller und begnadeter Erzähler<br />

2007 wurde im Bayrischen Rundfunk die 80-teilige Sendereihe<br />

„Mythen – <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> erzählt Sagen des klassischen<br />

Altertums“ ausgestrahlt, in welcher er griechische<br />

Sagen frei nacherzählt. Im selben Jahr wurde im ARD die 42<br />

Folgen umfassende Serie “<strong>Köhlmeier</strong>s Märchen“ mit freien<br />

Nacherzählungen bekannter, aber auch selten gedruckter<br />

Märchen gezeigt.<br />

Seiner Faszination <strong>für</strong> die geheimnisvolle Gattung der Märchen<br />

hat <strong>Köhlmeier</strong> ein Buch mit dem Titel „Von den Märchen:<br />

Eine lebenslange Liebe“ gewidmet, das im Jahr 2018<br />

erschienen ist. In einem Interview mit dem Haymon Verlag<br />

betont der Schriftsteller die Aktualität und Wichtigkeit<br />

von Märchen: „Ich bin der Überzeugung, dass im Kern von<br />

jeder guten Geschichte, ob es ein Roman oder eine historische<br />

Geschichte ist, ein Märchen sitzt.“<br />

Dem Rauriser Literaturpreis 1983 folgten der <strong>Johann</strong>-Peter-<br />

Hebel-Preis, der ORF-Hörspielpreis, der Anton-Wildgans-Preis,<br />

das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien, der Bodensee-Literaturpreis,<br />

der Österreichische Kinder- und Jugendpreis,<br />

das Österreichische Ehrenkreuz <strong>für</strong> Wissenschaft und<br />

Kunst, der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung und<br />

der Ferdinand-Berger-Preis des Dokumentationsarchivs des<br />

österreichischen Widerstands, um nur einige zu nennen.<br />

2019 erhielt <strong>Michael</strong> <strong>Köhlmeier</strong> die Poetikprofessur an der<br />

Otto-Friedrich-Universität in Bamberg und zu guter Letzt nun<br />

im Jahr <strong>2020</strong> den <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong> der Stadt Bad Ischl.<br />

Sein umfangreiches literarisches Werk in allen Einzelheiten<br />

aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, deshalb seien<br />

hier nur einige seiner bekanntesten Bücher angeführt:<br />

„Die Musterschüler“ 1989, „Sunrise“ 1994, „Dein Zimmer <strong>für</strong><br />

mich allein“ 1997, „Das große Sagenbuch des klassischen<br />

Altertums“ 1999, „Shakespeare neu erzählt“ 2004, „Idylle<br />

mit ertrinkendem Hund“ 2008, „Abendland“, „Die Abenteuer<br />

des Joel Spazierer“ 2013, „Zwei Herren am Strand“<br />

2014, „Der Mann, der Verlorenes wiederfindet“ 2017, „Bruder<br />

und Schwester Lenobel“ 2018, „Wenn ich wir sage“ 2019.


Goldschmied, Handwerker, Künstler und Designer<br />

Zitat: Prof. Leopold Rössler, Gemmologe, Goldschmiedemeister, Edelsteinexperte und ehemaliger Lehrer von Gerold Schodterer<br />

Für mich liegt die Faszination an meiner Arbeit als Goldschmied<br />

darin, ein Schöpfender und Erschaffender sein<br />

zu dürfen und zu erleben, wie der erste Funke einer Idee<br />

zu einem immer deutlicher werdenden inneren Bild heranwächst,<br />

das schließlich am Werktisch zu einem begreifbaren<br />

Schmuckstück, zu Materie wird.<br />

Durch Symbolik hauche ich meiner Arbeit Leben ein, um<br />

so etwas Einzigartiges zu erschaffen, das die Besonderheit<br />

eines Menschen zum Ausdruck bringt und Vollendung<br />

erfährt; wobei die Idee immer dem Dialog entspringt,<br />

sowohl dem mit meinen Kunden als auch dem mit besonderen<br />

Einschlussbildern in Edelsteinen.<br />

Der <strong>Nestroy</strong>ring ist <strong>für</strong> mich Freude und Herausforderung<br />

zugleich, denn es ist immer wieder spannend, nach eingehender<br />

Vorbereitung mit dem designierten Preisträger über<br />

sein künstlerisches Wirken zu sprechen und die gewonnenen<br />

Eindrücke in eine Form zu bringen, die die Essenz seiner<br />

Aussagen widerspiegelt.<br />

GEROLD SCHODTERER<br />

Dialog wird Gestalt<br />

ERRINGEN<br />

Wo Jahres<br />

<strong>Ring</strong>e<br />

Sein<br />

erfahren,<br />

ringt Leben<br />

mit dem<br />

Fluss der Zeit.<br />

Erwacht Jung,<br />

vergeht Alt,<br />

spiegelt Erlebtes<br />

Erkenntnis wider.<br />

Lässt Einsicht<br />

Bewusstheit<br />

sprießen.<br />

Aus <strong>Ring</strong>en<br />

wird Moder,<br />

Erde,<br />

Boden<br />

<strong>für</strong> neues<br />

Begründen.<br />

ERRINGEN – Hals- und Ansteckschmuck<br />

Wurzelholz / Boulderopal / 18 kt. Weiß- und Gelbgold / Brillant<br />

Erlangtes<br />

Bewusstsein<br />

bleibt.<br />

Für immer<br />

bewahrt,<br />

im Geist<br />

ewiger<br />

Beseeltheit.<br />

© Gerold Schodterer<br />

Portraitfoto: FotoHofer Bad Ischl / Karoline Schodterer / Schmuck: Wolfgang Stadler Bad Ischl


Die <strong>Johann</strong>-<strong>Nestroy</strong>-<strong>Ring</strong>e seit 2005<br />

ERNI MANGOLD<br />

Erwin Steinhauer<br />

„Ich will berühren, berühren auf allen<br />

drei Ebenen, die ich bespiele:<br />

auf der Kleinbühne, auf der ich<br />

begonnen habe, der Großbühne,<br />

wie dem Burgtheater, und der<br />

größten Bühne, dem Film.“<br />

2005<br />

Karlheinz Hackl<br />

„Wenn ich mir mein Leben so anschau‘,<br />

ich glaub‘, ich bin der Herr von Lips. Ich<br />

war schon immer ein Zerrissener. Ich<br />

muss die Figuren im Probieren<br />

erarbeiten, mich in die Rolle<br />

hineinfühlen, nur mit dem Hirn<br />

allein kann ich niemals Leben<br />

hineinbringen.“<br />

2007<br />

Peter Turrini<br />

„Im Grunde bin ich ein Handwerker wie<br />

mein Vater, nur dass meine Werkzeuge<br />

Bleistift und Schreibmaschine sind.<br />

Als ‚Katzlmacher-Bua‘ wurde ich<br />

immer ausgeschlossen, durfte nur<br />

zuschauen – und daraus hab‘ ich<br />

eine Würde gemacht und habe<br />

genauer hingeschaut.“<br />

2008<br />

Karl Markovics<br />

„Am liebsten sind mir wahrhaftige<br />

Rollen, die ich mit Leben füllen<br />

kann, die ein Geheimnis haben.<br />

In sie einzutauchen, um als Figur<br />

herauszuwachsen aus dem<br />

Werk, den Menschen Erkennen<br />

schenkend.“<br />

2010


Bedeutungsvolle Ehrung großer Persönlichkeiten<br />

Nicholas Ofczarek<br />

„Können Sie sich eine Black Box vorstellen,<br />

so ein Raum, in dem völlige<br />

Dunkelheit herrscht, und durch diese<br />

Dunkelheit schneidet ein scharfer,<br />

greller Lichtstrahl – das ist <strong>für</strong><br />

mich das Idealbild <strong>für</strong> vollkommene<br />

Klarheit und Struktur.“<br />

2012<br />

<strong>Michael</strong> Niavarani<br />

Das Studium der Gesamtausgabe von<br />

<strong>Nestroy</strong>s Werken hat einen Funken zum<br />

Überspringen gebracht, der bei<br />

jedem Auftritt ein satirisches Wortfeuerwerk<br />

entzündet, das aus dem<br />

Mund des heutigen Großmeisters<br />

zeitgeistiger Gesellschaftskritik<br />

einem begeisterten Publikum in<br />

voller Intensität entgegenfliegt.<br />

2014<br />

Prof. Erni Mangold<br />

„Wenn man die Rolle verinnerlicht hat,<br />

muss man sich aus ihr zurückziehen,<br />

weil nicht der Schauspieler,<br />

sondern die Geschichte wichtig<br />

ist! Man muss der Rolle ihren<br />

Glanz geben.“<br />

2015<br />

Herbert Föttinger<br />

„Ich wollte eigentlich schon immer<br />

Theaterdirektor werden. Ich hab‘<br />

nicht darauf gewartet, dass man<br />

mich holt, ich hab die Sache<br />

selbst in die Hand genommen<br />

und mir den Weg nach<br />

oben erkämpft.“<br />

2017<br />

Foto-Copyrights: <strong>Ring</strong>-Fotos: Wolfgang Stadler / Erwin Steinhauer: Nancy Horowitz / Karlheinz Hackl: Lukas Beck / Peter Turrini: Astrid Bartl / Karl Markovics: Moritz Schell<br />

Nicholas Ofczarek: Binh Truong / <strong>Michael</strong> Niavarani: Karoline Schodterer / Erni Mangold: Josef Gallauer / Herbert Föttinger: Jan Frankl


Wenn Sie gefunden haben, was Sie nie suchten, waren Sie bei uns...<br />

Goldschmiedeatelier Gerold und Karoline SCHODTERER<br />

Atelier <strong>für</strong> bedeutungsvolle Schmuckunikate und Unikat-Eheringe<br />

4820 BAD ISCHL, Pfarrgasse 11, T +43 6132 23729-0, M +43 664 3575004 od. 2253646<br />

office@schodterer.at / www.schodterer.at / www.unikat-eheringe.at<br />

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10.00 bis 18.00 Uhr<br />

Samstag 10.00 bis 17.00 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung<br />

Texte: Gerold Schodterer / Lektor Rudolf Bruckschlögl / BGM Ines Schiller BEd / Gestaltung: Karoline Schodterer, ARTist Werbegestaltung / WIGODRUCK Bad Ischl<br />

Fotos: Wolfgang Stadler / Walter Zemlicka

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