OEFB Corner 0321

„Wir hatten eine geile
Zeit miteinander!“ Daniel
Bachmann (rechts) mit Alex
Schlager und Pavao Pervan.
ÖFB/KELEMEN, GEPA-PICTURES.COM
» Hätte ich eine
Show abgezogen,
hätte der VAR das
Gegentor gegen
Nordmazedonien
mit Sicherheit
gecancelt. «
Team, das euch rausgekickt hat, verfolgt?
Ganz ehrlich: Nach unserem Ausscheiden
habe ich eine Woche lang nichts geschaut. Ich
hatte genug, war bedient, wollte nichts sehen.
Das Finale habe ich mir natürlich schon gegeben
und, klar, wenn es zwischen diesen beiden
Ländern zum Elfmeterschießen kommt, hat
Italien natürlich einen riesigen Vorteil. Nicht
nur wegen der Qualität der Torleute, wobei
Donnarumma natürlich ein besserer Keeper
als Pickford ist und er auch einen klaren Größenvorteil
hat. Das macht schon einen Unterschied
aus. Ich war mir jedenfalls sicher, dass
Italien gewinnt.
Du warst dir auch sicher, dass Österreich
aufsteigen würde, wenn es zum Elfmeterschießen
gegen Italien kommt. Woher kam
diese Zuversicht?
Meine Elferstatistik war dieses Jahr ja
nicht so schlecht, von den letzten fünf Strafstößen
gegen mich sind vier nicht reingegangen.
Ich hab da einen ganz guten Riecher, auch
wenn der Faktor Glück immer eine Rolle spielt.
Ich wäre jedenfalls mit riesigem Selbstvertrauen
ins Elfmeterschießen gegangen.
Hast du dich darauf vorbereitet?
Wir bereiten uns immer vor, auch bei
Spielen, in denen es kein Elfmeterschießen
geben kann. Ich schaue mir im Vorfeld die
Schützen an, die für einen Strafstoß infrage
kommen. Wenn ich genau weiß, welche
seine Lieblingsecke ist, nehme ich sie
schon meistens, ich versuche aber
genauso, den Schützen zu lesen:
Anlaufverhalten, wie stehen er
zum Ball, solche Dinge. Es ist
immer eine Mischung.
Machen wir einen Schritt
zurück. Nimm uns doch einmal
mit, wie dir kommuniziert
wurde, dass du die Nummer
1 bei der EURO sein würdest.
Erfahren habe ich es am Samstagabend
vor dem Slowakei-Spiel. An diesem
Tag sollten wir gesagt bekommen, wer
als Nummer 1 ins Turnier geht, es ist aber
lange nichts passiert. Um halb zehn, als ich
nicht mehr damit gerechnet habe, rief mich
Robert Almer (Anm.: Tormanntrainer) an, ich
solle in die Lobby kommen. Als er mir sagte,
dass ich nicht nur gegen die Slowakei, sondern
auch bei der EURO spiele, war das ein Riesenmoment
in meiner Karriere. Vor allem nach der
schweren Zeit, die ich bis zum Beginn des
Jahres hinter mich bringen musste.
Ich stelle es mir nicht einfach vor, wie man
dann den beiden unterlegenen Kontrahenten
gegenübertritt …
Nein, das ist überhaupt kein Problem! Wir
sind alle Profis, an unserem Verhältnis hat sich
nichts geändert. Jeder weiß, wie so etwas
läuft. Wir vier, inklusive Robert Almer, hatten
eine geile Zeit miteinander, die beiden Kollegen
haben mich überragend unterstützt. Für
Pavao (Anm.: Pervan) war es vielleicht etwas
leichter, er ist älter und erfahrener als Alex
(Schlager), der im März noch auf der Poleposition
stand.
Die EURO ging dann mit einem klaren Auftrag
los: Sieg gegen Nordmazedonien. Hast
du den Druck der acht Millionen Teamchefs
gespürt?
Mit dem Anpfiff ist das komplett egal, ob
ich bei der EURO im Tor stehe oder mit Watford
gegen Coventry spiele. Vorher im Tunnel schaut
es allerdings anders aus. Das Kribbeln im
Bauch war enorm, bei der Hymne habe ich
mächtig viel Stolz empfunden. Da bekomme
ich in dieser Sekunde eine Gänsehaut. Gott
sei Dank haben wir den Auftrag erfüllt. Ohne
Feuerwerk, aber solide.
Über das Gegentor wurde viel diskutiert:
Foul oder nicht. Was sagst du heute?
Ich habe es mir öfters angeschaut, klar.
Ich habe auch viel gehört, was teilweise gesagt
und geschrieben wurde – „Eiertor, Wahnsinn,
was der Bachmann aufführt …“ Mit dem stimme
ich nicht überein und ich bin wirklich der
Erste, der die Hand hebt, wenn er einen Fehler
macht. Es war ein Pressball, der Stürmer
rutscht mir mit seinen 80 Kilo auf die Brust,
das macht es mir schwer, den Ball bei mir zu
halten. Für mich ein klares Foul. Nur eines
muss ich mir vielleicht ankreiden.
Nämlich?
Wenn ich am Boden liegen bleibe und mir
die Hände vors Gesicht halte, hätte der VAR
das Tor sicher gecancelt. Ich bin aber keiner,
der solch eine Show abzieht.
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CORNER 03/21