Weekend Magazin Vorarlberg 2021 KW 33
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tionsfrage gefällt einigen<br />
nicht. Aber ich versuche, nie<br />
jemanden persönlich anzugreifen.<br />
weekend: Wie sehr trifft es Sie,<br />
der Lüge bezichtigt zu werden?<br />
Sebastian Kurz: Sicher, das ist<br />
schon eine neue Dimension.<br />
Aber ich habe einige Jahre<br />
Zeit gehabt, mich auf schwierige<br />
Situationen vorzubereiten.<br />
Ich werde, seit ich Staatssekretär<br />
geworden bin, regelmäßig<br />
angezeigt. Als Bundeskanzler<br />
hat das freilich enorm<br />
zugenommen. Ich weiß die<br />
Dutzenden Anzeigen, Verleumdungen<br />
und falschen<br />
Unterstellungen daher gut<br />
einzuordnen. Das Protokoll<br />
des Untersuchungsausschusses<br />
habe ich mittlerweile<br />
Hunderte Male gelesen und<br />
immer noch nicht herausgefunden,<br />
was an meinen Aussagen<br />
falsch sein soll.<br />
weekend: Auch in der Bevölkerung<br />
werden die Auseinandersetzungen<br />
härter. Eine<br />
IMAS-Studie besagt, dass<br />
die Österreicher durch Corona<br />
noch mehr gespalten sind<br />
als nach der Migrationskrise.<br />
Ist das ein Spiegelbild der<br />
politischen Kultur im Land?<br />
Sebastian Kurz: Wir müssen<br />
die Gräben, die durch Corona<br />
entstanden sind, zuschütten.<br />
Es wäre fatal, wenn es uns<br />
zwar gelingt, die Pandemie zu<br />
besiegen und die Weltwirtschaftskrise<br />
zu überwinden,<br />
aber die Spaltung in der Bevölkerung<br />
würde bestehen<br />
bleiben.<br />
„AM MEISTEN HABEN<br />
MICH ABER DIE REAKTIONEN<br />
AUF DIE TAT SCHOCKIERT.“<br />
Sebastian Kurz über den Mord an der 13-jährigen Leonie<br />
weekend: Was ist dafür notwendig?<br />
Sebastian Kurz: Jeder kann<br />
dazu einen Beitrag leisten.<br />
Wir sollten zunächst damit<br />
aufhören, jeden, der die<br />
Krankheit auf die leichte<br />
Schulter nimmt, als Coronaleugner<br />
zu bezeichnen. Umgekehrt<br />
ist nicht jeder, der<br />
sich um seine Gesundheit<br />
sorgt, paranoid oder überängstlich.<br />
weekend: Die Agenda Austria<br />
hat errechnet, dass Corona<br />
einen Wohlstandsverlust<br />
von 140 Milliarden Euro<br />
verursacht hat. Wie wollen<br />
Sie diese Lücke wieder<br />
schließen?<br />
Sebastian Kurz: Gott sei<br />
Dank zählen wir zu den<br />
Ländern, die relativ gut<br />
durch die Krise gekommen<br />
sind. Besser als viele andere.<br />
Ziel muss es jetzt sein, dass<br />
unsere Wirtschaft in den<br />
nächsten Jahren stark<br />
wächst und wir<br />
so unseren Schuldenstand<br />
verringern<br />
können. Für<br />
heuer sind ja vier Prozent<br />
Wachstum zu erwarten,<br />
in den nächsten Jahren<br />
vielleicht sogar noch mehr.<br />
weekend: Neben Corona hat in<br />
den letzten Wochen vor allem<br />
der Mord an der 13-jährigen<br />
Leonie für Entsetzen gesorgt.<br />
Sie haben eine harte Bestrafung<br />
gefordert. Reichen unsere<br />
Gesetze Ihrer Ansicht nach<br />
für solche Fälle nicht aus?<br />
Sebastian Kurz: Es wird durch<br />
die illegale Migration nach Europa<br />
und nach Österreich leider<br />
auch ein bestimmtes Gedankengut<br />
und Gewalt importiert.<br />
Das hat in unserem Land<br />
keinen Platz. Am meisten haben<br />
mich aber die Reaktionen<br />
auf die Tat schockiert. Nämlich<br />
sofort zu hinterfragen, ob<br />
die Gesellschaft etwas falsch<br />
gemacht hat, weil die Migranten<br />
traumatisiert sind und sie<br />
daher nicht anders können, als<br />
solche Verbrechen zu begehen.<br />
Das hat mich sehr empört.<br />
Es muss klar angesprochen<br />
werden, dass es nicht nur<br />
viele Menschen gibt, die sich<br />
gut integrieren, sondern auch<br />
sehr viele, die ein bestimmtes<br />
Gedankengut und eine Brutalität<br />
nach Österreich bringen,<br />
die wir nicht tolerieren dürfen.<br />
weekend: Diese Haltung führt<br />
auch immer wieder zu Differenzen<br />
mit den Grünen. Lassen<br />
Sie Ihrem Koalitionspartner<br />
genug Luft zum Atmen?<br />
Sebastian Kurz: Selbstverständlich.<br />
<br />
V<br />
FOTOS: KATHARINA SCHIFFL