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MAGNIFICAT September 2021

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Die Mitte erschließen<br />

gesammelt, aber auch auf regionale Gegebenheiten hin angepasst<br />

und überarbeitet. Sie standen dann zumindest den Spezialisten<br />

(Zeremoniaren) als Orientierung zur Verfügung, während<br />

die anderen sich am erlebten Vorbild orientierten und dieses<br />

nachahmten. Diese Ordines verloren im Mittelalter an Bedeutung,<br />

sobald z. B. Missale, Stundenbuch oder Rituale auch die<br />

Anweisungen über den guten Vollzug mit aufnahmen – später<br />

„Rubriken“ genannt, da sie in Rot geschrieben und gedruckt<br />

wurden.<br />

Libri ordinarii<br />

Dennoch gab es einzelne Kirchen, die ihren Rang als so hoch<br />

einschätzten bzw. große und komplexe Gottesdiensträume besaßen<br />

(wie Kathedralen, Stifte und Klöster), dass diese weiter<br />

ihre lokalen Ordnungen festhielten. Man spricht dann von<br />

einem Liber ordinarius. Dieses Buch bestimmt etwa, welche<br />

Messen an welchen der vielen Altäre im Kirchenraum an einem<br />

Fest oder Gedenktag gefeiert werden, wie besondere Formen<br />

des Chorgebets zu beten oder zu singen sind, aber auch, welche<br />

Prozessionen im Kirchenraum und um die Kirche herum<br />

vollzogen werden. Für die heutige Forschung sind solche Libri<br />

ordinarii wichtig, um einen umfassenderen Eindruck von der<br />

Feiergestalt im Mittelalter zu erhalten. Sie halten einen momentanen<br />

Stand fest, sind aber zudem aufgezeichnet, um auch<br />

nachfolgenden Generationen Anweisungen zu geben – bis Änderungen<br />

beschlossen werden. Anders als die Ordines Romani<br />

bezieht sich ein Liber ordinarius immer auf die Gesamtheit aller<br />

liturgischen Feiern und Vollzüge an einer Kirche. Ein wichtiges<br />

Gerüst ist dabei ein Kalendarium, das die Gedenktage und Feste<br />

in ihrem Rang kennzeichnet, mit dem sie vor Ort begangen<br />

werden. Obwohl die Bedeutung dieses Buchtyps im Spätmittelalter<br />

abnahm, gab es sogar noch gedruckte Libri ordinarii. Sie<br />

hielten z. B. Ordenstraditionen fest oder wurden von einem Bi-

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